P.b.b., Vertr. Nr. GZ 02Z030418M; Verlagspostamt 1150 Wien biomed austria, Grimmgasse 31, 1150 Wien
biomed austria – Fachzeitschrift für Biomedizinische AnalytikerInnen
3 / 2016
Kommunikation im Berufsfeld der MTD Motivierende Gesprächsführung
biomed austria – Fachzeitschrift für Biomedizinische AnalytikerInnen, Nr. 4/2016; ISSN 1997-5503; VP: € 15,–
Kommunikative Kompetenzen
Neue Rubrik: FAQs
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INHALT | EDITORIAL
INHALT
Liebe LeserInnen!
U
WISSENSCHAFT & PRAXIS Motivierende Gesprächsführung
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Kommunikative Kompetenzen in der Biomedizinischen Analytik
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BERUFSPOLITIK Aktuelle Informationen zum Gesundheitsberufe-Register Gesetz
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Neue Regelungen zur Fortbildungspflicht
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AKTUELLES & INTERNES Ihre Fragen – unsere Antworten
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LEBEN & LESEN Buchtipp: Unser Gehirn kann alles – außer aufgeben
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Webtipp: Gesundheitspolitisches Forum
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nsere letzte Ausgabe dieses wohl in vielerlei Hinsicht bemerkenswerten, bewegten und bedeutsamen Jahres 2016 ist dem Thema Kommunikation im Berufsfeld der MTD gewidmet. Doch warum hat sich das Redaktionsteam von biomed austria für diesen Schwerpunkt entschieden? Und was, bitte, hat Kommunikation mit Biomedizinischer Analytik zu tun? Wenn Sie sich diese Fragen gerade eben stellen, haben wir das Ziel, das wir uns mit dieser Edition gesetzt haben, schon zur Hälfte erreicht. Denn Kommunikation erfordert zuallererst Bewusstsein: für das, was die Menschen – ob in unserer unmittelbaren Umgebung oder in der Ferne - bewegt; für die weltpolitischen Machtverschiebungen, die gerade im Gange sind und einen eindeutigen Trend erkennen lassen; und nicht zuletzt für unseren Beruf, der uns so vertraut scheint und dennoch der Dynamik von Veränderung und Weiterentwicklung unterworfen ist. Darüber hinaus ist Kommunikation ein „Powertool“: Wer erfolgreich kommuniziert, ist erfolgreich. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine spannende, aufschlussreiche Lektüre und wenn Ihnen ein Beitrag besonders gut gefallen hat: bitte weitersagen! Frohe Weihnachten und alles Gute für 2017 wünschen Ihre Chefredakteurinnen Birgit Luxbacher und Nicole Burdis, im Namen des gesamten Redaktionsteams
Die Redaktion berichtet:
Impressum biomed austria – Fachzeitschrift für Biomedizinische AnalytikerInnen, Nr. 4/2016 P.b.b., Vertr.Nr. GZ 02Z030418M Verlagspostamt 1150 Medieninhaber und Herausgeber: biomed austria - Österreichischer Berufsverband der Biomedizinischen AnalytikerInnen, Grimmgasse 31, 1150 Wien, ZVR-Zahl: 011243159, Tel. 01-817 88 270, Fax 01-817 88 27-27, E-Mail: office@biomed-austria.at, Web: www.biomed-austria.at Jahresabo (Inland), 3 Ausgaben: € 45
Vollständige Literaturangabe in der Ausgabe biomed austria 2/2016 zu Artikel: „Mikrobiologische Untersuchungen zur antimikrobiellen Wirkung von Lärchenholz mit Fokus auf den Einsatz in hygienisch sensiblen Bereichen“ Kavian J. N.1, Schagerl L.1, Dürschmied B.1*, Enzinger S.1*, Schnabl C.1, Schnabel T.2, Petutschnigg A.2 1
Redaktion: Nicole Burdis, MSc (Chefredakteurin); Stefanie Burger, MSc; Marianne Fliesser-Steiner, Michaela Hassler, Monika Knötig, Mag. Birgit Luxbacher, BSc (Chefredakteurin); MMag. Dr. Ute Seper MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Nicole Burdis, MSc; Marianne Fliesser-Steiner, Sylvia Handler, MBA; Mag. Birgit Luxbacher, BSc; Mag. Nicole Muzar; Eva-Maria Rosenmayr-Khemiri, MABScSLT; MMag. Dr. Ute Seper Assoziierte Redakteurinnen: Margit Anglmayer, Prof. Helene Breitschopf, Alisa Coric, MSc Lektorat: Mag. Birgit Luxbacher, BSc Layout: typothese.at/Robert Scheifler Druck: Resch KEG, 1150 Wien
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University of Applied Sciences, Department of Biomedical Science, Favoritenstraße 226, 1100 Vienna, Austria 2
Salzburg University of Applied Sciences. Department of forest products technology and wood constructions. Marktstraße 136a, 5431 Kuchl, Austria *corresponding authors: bernhard. duerschmied@fh-campuswien.ac.at; sabine.enzinger@fh-campuswien.ac.at
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Kommunikation bewegt
Motivierende Gesprächsführung Motivational Interviewing, eine Basiskompetenz für Health Professionals Eva-Maria ROSENMAYR-KHEMIRI
Fachhochschule Wiener Neustadt für Wirtschaft und Technik, Studiengang Logopädie
KURZFASSUNG: Gesprächskompetenz wird für alle Gesundheitsberufe als Basiskompetenz erachtet, Kommunikation interprofessionell und Kommunikation mit PatientInnen und KlientInnen charakterisieren die Arbeit von Health Professionals. Das Konzept der Motivierenden Gesprächsführung wird vorgestellt, speziell im Kontext der Gesundheitsberufe und in der Interaktion mit PatientInnen und KlientInnen. Exemplarische Beispiele lassen Anwendungsmöglichkeiten erkennen. Motivierende Gesprächsführung (MI) versteht sich als KlientInnenenzentrierter/PatientInnenzentrierter Beratungsansatz, der zusätzlich eine direktive Komponente miteinbringt, ursprünglich 1991 von William Miller und Stephen Rollnick zur Beratung für Menschen mit Suchtproblemen entwickelt. Die von Carl Rogers eingeführten Grundhaltungen Empathie, Echtheit, Akzeptanz werden durch aktive, kognitiv-behaviorale Strategien erweitert. Miller und Rollnik bezeichnen die Prinzipien von MI als „MI-Spirit“, der von „Health Professionals“ in der Kommunikation gelebt werden sollte, ähnlich der Aussagen von Carl Rogers zur Grundhaltung in seiner Arbeit. Ziel dabei ist es eine intrinsische Motivation zur Verhaltensänderung aufzubauen, indem in der Kommunikation mit der PatientIn/der KlientIn Diskrepanzen zwischen bestehendem und gewünschtem Verhalten aufgelöst werden. Kernstück des Konzepts stellt die Strategie „Change Talk“ dar. 4
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WISSENSCHAFT UND PRAXIS
„Zuerst heile durch das Wort, dann durch die Arznei, und zum Schluss mit dem Messer“ (Paracelsus o.J. zit. nach Bechmann 2014, S 125).
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1 KOMMUNIKATION UND GESPRÄCHSFÜHRUNG ALS KOMPETENZ IN GESUNDHEITSBERUFEN Watzlawick et al. (2011) und Schulz von Thun (1981) als zwei der bekanntesten Kommunikationspsychologen beschreiben in den von ihnen erstellten Kommunikationstheorien und Kommunikationsmodellen die Rolle von Kommunikation in zwischenmenschlichen Beziehungen als soziale Handlung. Aus dem Lateinischen übersetzt bedeutet communicare „teilen, mitteilen, teilnehmen lassen, gemeinsam machen, vereinigen“. Als Gespräch wird heute nicht nur die verbale Kommunikation von Menschen bezeichnet, sondern es finden sich auch viele Formen des schriftlichen Wortwechsels sowie des Austauschs auf nonverbaler Ebene (Schmölders, 1986). „Kommunikation im Allgemeinen ist als ein zentraler Bestandteil medizinischer als auch therapeutischer Behandlungen und Präventionsmaßnahmen zu betrachten“ (Dehn-Hindenberg 2010, S11). Die in Österreich gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe – Health Professionals – werden vom Bundesministerium für Gesundheit in einer 2013 verfassten Broschüre beschrieben. Gesundheitsberufe dienen der Obsorge der Bevölkerung für den allgemeinen Gesundheitszustand. „Darunter sind Tätigkeiten im Rahmen der Gesundheitsversorgung zu verstehen, die unmittelbar am bzw. unmittelbar oder mittelbar für den Menschen zum Zwecke der Förderung, Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung der Gesundheit im ganzheitlichen Sinn und in allen Phasen des Lebens erbracht werden“ (Bundes Ministerium für Gesundheit, Gesundheitsberufe in Österreich 2013, S6). Folgende Health Professionals werden in dieser Veröffentlichung beschrieben: ÄrztIn, ZahnärztIn, Klinische PsychologIn, GesundheitspsychologIn, PsychotherapeutIn, MusiktherapeutIn, ApothekerIn, TierärztIn, Hebamme, PhysiotherapeutIn, Biomedizinische AnalytikerIn, DiätologIn, ErgotherapeutIn, LogopädIn, OrthoptistIn, Gesundheits- und KrankenpflegerIn, PflegehelferIn, Kardiotechnischer Dienst, Medizinische Assistenzberufe (Desinfektionsassistenz, Gipsassistenz, Laborassistenz, Obduktionsassistenz, Operationsassistenz, Ordinationsassistenz, Röntgenassistenz, Medizinische Fachassistenz, Trainingstherapie durch SportwissenschaftlerInnen), Medizinische MasseurIn, HeilmasseurIn, SanitäterIn, Zahnärztliche AssistentIn (ebenda). Kompetenzerwerb im Bereich Kommunikation und Gesprächsführung findet sich in allen Curricula der Gesundheitsberufe wieder, weist auf den hohen Stellenwert hin und wird zum Teil auf den Homepages der einzelnen Studiengänge dargestellt. Die Lehrpläne zeigen unterschiedliche Benennungen, wie zum Beispiel Interaktion, Kommunikation, Gesprächsführung, Beratung, Beratungstechniken, etc. (exemplarisch: Diätologie, Beratungstechniken 2015). Zielgruppen wären in dieser Ausrichtung des Erlernens KlientInnen und PatientInnen. Interprofessioneller Austausch durch Kommunikation wird wiederum im Rahmengesundheitsziel 10, R-GZ-10 deutlich. „Integrierte multiprofessionelle und gesundheitsförderliche Versorgungssysteme und Netzwerkstrukturen biomed austria 3 / 2016
leisten einen wichtigen Beitrag zur Qualität, Effektivität und Effizienz“ (Rahmengesundheitsziele 2015). In einer Pressekonferenz zum Thema „Gesundheit neu denken“ zum Thema Primary Health Care System im März 2014 betont Wechselberger, Präsident der österreichischen Ärztekammer, unter anderem „Eine wirksame Kommunikation und Koordination aller, die sich um die PatientInnen bemühen, ist Grundlage einer funktionierenden integrierten Gesundheitsversorgung in Netzwerken und zeitgemäßen Zusammenarbeitsformen“ (Gesundheit neu denken, Pressekonferenz 2014). Seit 2012 beinhaltetet auch das neue „Curriculum für Medizin“ als festen Bestandteil den Kompetenzerwerb für Gesprächsführung. Unterstrichen wird die Wichtigkeit der kommunikativen Kompetenzen für MedizinerInnen auch durch die Verleihung des „Ars Docendi“ – des österreichischen Staatspreises für exzellente Lehre an Österreichs Universitäten, Fachhochschulen und Privatuniversitäten 2015 – an die Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften, für die Lehrveranstaltung „History Talking“ (Anamnese Training). Das Training mit SchauspielpatientInnen in kleinen Gruppen dient der schrittweisen Umsetzung von kommunikativen Kompetenzen. Gleiches Lehrangebot findet sich an der Medizinischen Universität Wien, wie auch an vielen anderen Universitäten im In- und Ausland, zum Beispiel in Heidelberg als Medi-KIT Unterrichtsmodell für MedizinerInnen (KLPU 2015). An der Medizinischen Universität Wien werden SchauspielerInnen als SimulationspatientInnen im Rahmen des Medizinstudiums im 2., 3. und 4. Studienjahr sowie auch in Seminaren zur Personalentwicklung und Weiterbildung der Lehrenden eingesetzt. Das seit dem Studienjahr 2012 von SchauspielerInnen unterstützte Programm zur Erlernung von kommunikativen Kompetenzen wird jährlich evaluiert, ergänzt und weiter ausgebaut. Unterricht in kommunikativen Kompetenzen dient als essentielle Basis zur Heranbildung von Persönlichkeiten, die eine PatientInnenzentrierte Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung anbieten und „leistet einen wesentlichen Beitrag zur professionellen Entwicklung und ärztlichen Sozialisation“ (Löffler-Stastka 2013, S 227). ORF-Beitrag „heute konkret“, (Schauspielpatienten 2015) und Ö1-Radio-Beitrag (Der simulierte Patient 2013) geben Einblick und Information in dieses interessante und nach internationalen Standards konzipierte Programm an der Medizinischen Universität Wien. Gesprächstherapeutische Kompetenzen unterstützen die Vertrauensbildung zwischen Health Professionales und PatientIn/KlientIn. Die Motivation von PatientInnen wird gesteigert und in weiterer Folge erhöht sich die Effektivität der Therapie (Dehn-Hindenberg 2008). Mikesell (2013) beschreibt einen direkten biomedizinischen Einfluss einer vertrauensvollen Gesprächsführung auf die Gesundheit von PatientInnen. Der Stellenwert von kommunikativen Kompetenzen für alle Health Professionals wird als eine der Basiskompetenzen betrachtet. Im Folgenden wird das Konzept der „Motivierenden Gesprächsführung“ – „Motivational Interviewing“ – „MI“ – nach William R. Miller und Stephen Rollnick (2004) vorgestellt und stellvertretend für alle Health Professionals Bezug zur Logopädie, zur Medizin, zur Pflege und zur Psychotherapie genommen. 5
WISSENSCHAFT UND PRAXIS
2 T HEORETISCHE HINTERGRÜNDE ZUR MOTIVIERENDEN GESPRÄCHSFÜHRUNG 1991 als Beratungsansatz von Miller und Rollnick (2004) entwickelt, kommt das Konzept ursprünglich zum Einsatz in der Behandlung von suchtabhängigen Menschen, findet aber im Laufe der Jahre Anwendung in der Medizin, Prävention und Gesundheitsförderung, Sozialarbeit, Pädagogik sowie Psychotherapie, sowohl in der Behandlung von Erwachsenen als auch von Jugendlichen. Die zugrunde liegende Idee, der „Spirit“ von MI zeigt großer Nähe zu den von Carl Rogers benannten Grundhaltungen einer Personenzentrierten Gesprächsführung – Empathie, Akzeptanz, Kongruenz (Rogers 1985). MI setzt aber zusätzlich aktivierende, direktive, auf ein Zielverhalten gerichtete Gesprächsstrategien ein, mit der speziellen Strategie von Change Talk.
MI vermittelt als Konzept partnerschaftliche Grundhaltung sowie die daraus resultierende Autonomie der PatientInnen und KlientInnen und versucht unter Einsatz verschiedener Strategien die Motivation zur Veränderung von Gewohnheiten, Verhaltensweisen, wie zum Beispiel Ernährungsgewohnheiten, etc. einzuleiten. Vier Prinzipien des Konzepts MI stehen als tragende Säulen für die praktische Anwendung.
2.2 Basisprinzipien Vier Prinzipien der motivierenden Gesprächsführung (Miller, Rollnick 2004, S 58).
TAB. 2: BASISPRINZIPIEN 1. Empathie ausdrücken 2. Diskrepanzen entwickeln
2.1 Grundhaltungen Die Grundhaltung der motivierenden Gesprächsführung (Miller, Rollnick 2004, S 55). Siehe Tabelle 1 unten. Die partnerschaftliche Rolle von Health Professionals soll Verständnis, Einsicht und Realität der PatientIn hervorlocken (Evokation). PatientInnen übernehmen die Verantwortung für ihr eigenes Handeln, somit die Selbstbestimmung für ihr Tun, was sich aktuell in den Rahmengesundheitszielen wiederfinden lässt. Das Rahmengesundheitsziel R-GZ-3 „Die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärken“ wird 2012 zur Maßnahmenplanung in Auftrag gegeben. Das Bundesministerium für Gesundheit übernimmt mit Unterstützung der Expertise der Österreichischen Plattform Gesundheitskompetenz (ÖPGK) die Umsetzung und Zielsteuerung. PatientInnen sollen in Form von partnerschaftlichen Interaktionen mit Health Professionals einen Gesundheitskompetenzerwerb erreichen, sich zu mündigen PatientInnen entwickeln (Rahmengesundheitsziele 2012).
3. Widerstand umlenken 4. Selbstwirksamkeit fördern Im Folgenden werden die vier Basisprinzipien näher erläutert. Prinzip 1: Empathie ausdrücken Ganz im Sinne von Carl Rogers (1985) wird Empathie als Fähigkeit sich in andere Menschen einzufühlen, deren Einstellungen und Empfindungen und Betrachtungsweisen zu verstehen, ohne diese zu bewerten, und trotzdem auch andere Standpunkte zu vertreten, verstanden. Ein respektvolles, aktives Zuhören, ein wertfreies Erkennen und Verstehen des Gesprächspartners gewährt den Freiraum sich zu verändern und zu entwickeln. Eine tragende Gesprächsbeziehung aufzubauen ist für Miller, Rollnick (2004) der erste und wesentliche Schritt für den weiteren Ablauf der Behandlung.
Tab. 1: Grundhaltungen
GRUNDSÄTZLICHE EINSTELLUNGEN DER MOTIVIERENDEN GESPRÄCHSFÜHRUNG
GEGENSÄTZLICHE EINSTELLUNGEN ANDERER THERAPIEVERFAHREN
Partnerschaftlichkeit Es besteht eine Partnerschaft, die die Kenntnisse und Standpunkte des Klienten würdigt. Der Therapeut schafft eine Atmosphäre, die Veränderungen eher fördert als erzwingt.
Konfrontation Da das Realitätsverständnis des Klienten beeinträchtigt ist, beinhaltet die Therapie, ihn durch Konfrontation zu einer Wahrnehmung und Akzeptanz der „Realität“, die er nicht sehen kann oder zugeben will, zu bewegen.
Evokation Es wird angenommen, dass Ressourcen und Motivation zur Veränderung im Klienten selbst vorhanden sind. Diese intrinsische Motivation zur Veränderung wird durch Einbeziehung der Wahrnehmung, Ziele und Werte des Klienten verstärkt.
Ratschläge Es wird angenommen, dass dem Klienten notwendiges Wissen, Einsicht oder Fertigkeiten, die für eine Veränderung notwendig sind, fehlen. Der Therapeut versucht, diese Defizite durch entsprechende Ratschläge auszugleichen.
Autonomie Der Therapeut bestätigt das Recht und die Fähigkeit des Klienten auf Selbstbestimmung und fördert eine ausgewogene Entscheidungsfindung.
Autorität Der Therapeut sagt dem Patienten, was er tun muss.
Tabelle 1 beschreibt auf der einen Seite die Grundhaltungen der Motivierenden Gesprächsführung und setzt diesen auf der andren Seite stark konträre Einstellungen als Gegenpart gegenüber.
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MI beinhaltet 4 Basisprinzipien
Gesprächsstrategien dazu wären unter anderem offene Fragestellungen, aktives Zuhören, Zusammenfassungen, bestätigende Äußerungen. Prinzip 2: Diskrepanzen entwickeln Im zweiten Schritt sollen Diskrepanzen entwickelt werden, die bestehende Widersprüche und Dissonanzen aufdecken. Ganz deutlich werden Ambivalenzen aufgegriffen und diese aufgelöst. MI unterscheidet sich an dieser Stelle von der klassischen Klientenzentrierten Gesprächsführung und stellt sich im zweiten Schritt direktiver und ausgerichtet auf Verhaltensänderung dar. Eine Diskrepanz zwischen einem gegenwärtigem Verhalten und einem gewünschten Verhalten wird genutzt um die intrinsische Motivation zu stärken, an die Ressourcen einer Person anzudocken und um gezielt eine Verhaltensänderung einzuleiten. (Miller, Rollnick 2004). Gesprächsstrategien dazu wären zum Beispiel aktives-direktes Ansprechen. Prinzip 3: Wiederstand umlenken Ähnlich wie in asiatischen Kampfkünsten fließt MI mit dem Wiederstand, geleitet diesen empathisch und respektvoll um. Widerstand wird somit „genommen“ und umgelenkt, in eine andere Richtung gebracht, indem die PatientIn/KlientIn aktiv in den Problemlösungsprozess mit einbezogen wird. Es entstehen neue Gedanken zum Thema, Impulse und Lösungsstrategien (Miller, Rollnick 2004). Gesprächsstrategien dazu wären zum Beispiel aktiv steuerndes und verbalisierendes Aufgreifen des Widerstandthemas sowie Angebote zur Umlenkung. Prinzip 4: Selbstwirksamkeit fördern Selbstwirksamkeit bezeichnen Miller, Rollnick (2004) als den Glauben an sich, sich verändern zu können. In das Zentrum des Veränderungsprozesses werden die Ressourcen, Fähigkeiten und Stärken gestellt, unterstützt durch Health Professionals, die wiederum ihren Glauben an den Veränderungsprozess vermitteln. Die Energie für die konbiomed austria 3 / 2016
struktive Bewältigung des Veränderungsprozesses wird generiert durch Entscheidung, diese trifft die begleitete Person mit Unterstützung, jedoch eigenverantwortlich. Gesprächsstrategien dazu wären zum Beispiel starke positive Verstärkung der Entscheidung und des anvisierten Zielverhaltens. Kollaborativ, evokativ und die Autonomie der PatientIn respektierend zeigen nach Auffassung der Autoren die Geisteshaltung, den Spirit von MI (Rosengren 2012, S 24). In dem Akronym RULE wird der von Miller und Rollnick (2004) vertretene MI-Spirit durch Rosengren (2012) aufgegriffen, konkretisiert und zusammengefasst: 1. Resist „Widerstehe dem Reflex, den Patienten zu korrigieren“ 2. Understand „Verstehe und erforsche die Motivation des Patienten“ 3. Listen „Höre dem Patienten empathisch zu“ 4. Empower „Befähige den Patienten und fördere bei ihm Hoffnung und Optimismus“ (Rosengren 2012, S 24)
2.3 Change Talk Change Talk bezeichnen die Autoren (Rollnick et al. 2012) als Herzstück von MI. Change Talk wird deutlich in verschiedenen verbalen Äußerungen in der Gesprächssituation und beschreibt positive Aussagen bezüglich einer möglichen Verhaltensänderung. Aufgabe von Health Professionals ist es, Change Talk hervorzulocken, zu entwickeln, Argumente für eine Veränderung zu erkennen, zu bestätigen, zusammenzufassen und die PatientIn / die KlientIn weiter zu geleiten. Gesundheitsrelevantes Verhalten wird somit dauerhaft gestützt. Erfolgreich wird Change Talk dann, wenn sich eine Diskrepanz zwischen bestehendem und gewünschtem Zustand offen zeigt und im Wechsel der verschiedenen Kommunikationsstile die Veränderung unterstützt wird. 7
WISSENSCHAFT UND PRAXIS
Sustain Talk bezeichnen die Autoren als neutrale Äußerungen zum Thema, die keine Absicht zur Veränderung erkennen lassen (ebenda). Discord Talk bezeichnen die Autoren als eindeutig formulierten Widerstand gegen jegliche Veränderung zum Thema (ebenda). „In der Anwendung des MI in den Gesundheitsberufen werden sechs Arten von Change-Talk unterschieden, die durch die Schlüsselfähigkeiten Fragen, Informieren und Zuhören hervorgerufen werden. Change Talk können folgende Äußerungen einer PatientIn sein: • Äußerungen zu Wünschen • Äußerungen zu Fähigkeiten • Äußerungen zu Gründen • Äußerungen zu Bedürfnissen • Äußerungen zu Notwendigkeiten • Äußerungen zu Selbstverpflichtungen • und dem Einleiten von Schritten zur Verhaltensänderung“ (Beushausen, Paarz. Forum Logopädie, 29, S21)
Für Durchführende von MI werden folgende 12 Lernaufgaben definiert: 1. Den Geist (Spirit) von MI erfassen 2. Personenzentrierte Skills erlernen 3. Veränderungsbereich(e) identifizieren (target behavior) 4. Informationen und Empfehlungen i.S.d. MI einbringen 5. Change talk und sustain talk erkennen 6. Change talk entlocken 7. Change talk stärken 8. Sustain talk und discord (“Widerstand”) reduzieren 9. Hoffnung und Zuversicht stärken (confidence) 10. Einen Veränderungsplan entwickeln 11. Das Commitment festigen 12. MI mit anderen Interventionsmethoden integrieren (Miller, Moyers 2006; Miller, Rollnick 2013)
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Für Rollnick et al. (2008) stehen drei Kommunikationsstile – strategische Ansätze – im Vordergrund: „Geleiten, Lenken, Folgen“. Im PatientInnengespräch werden strategisch fließende Übergänge zwischen den Stilen geschaffen, je nach Thematik, Befindlichkeit und Notwendigkeit. • Beispielhaft wird „Folgen“ auf folgende Situation bezogen: eine PatientIn weint nach Übermittlung einer Diagnose, empathisches Folgen und Verbalisieren der Erlebnisinhalte stehen im Vordergrund. • Beispielhaft wird „Lenken“ auf folgende Situation bezogen: eine PatientIn ist auf die Vorgabe von Medikamenteneinnahme oder Übungsdurchführung angewie-
sen. Ein direkter lenkender Kommunikationsstil steht im Vordergrund. • Beispielhaft wird „Geleiten“ auf folgende Situation bezogen: eine PatientIn /KlientIn findet mit Hilfe des Geleitens der TherapeutIn, der ÄrztIn, der PflegerIn – ähnlich der Rolle einer TutorIn – Lösungen zur konkreten Umsetzung von Verhaltensänderungen. Die Schlüsselfähigkeit „Informieren“ nimmt im Rahmen der Arbeit aller Health Professionals einen hohen Stellenwert und eine besondere Rolle ein. Durch Gewandtheit und Flexibilität in den von Rollnick et al. (2012) beschriebenen Kommunikationsstilen lassen sich Informationen für PatientInnen im Spirit von MI übermitteln. Beushausen und Paarz (2015) weisen auf die besondere Rolle des Informierens in der Therapie von Gesundheitsberufen hin, welches geleitenderweise umgesetzt werden sollte, immer die Autonomie der PatientIn wahrend.
Health Professionals und PatientInnen/KlientInnen profitieren gleichermaßen von MI 8
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In aktuellen Publikationen der Autoren und in Überarbeitungen der Standardwerke stehen nicht primär Phasen im Vordergrund, sondern eher Prozesse, Beziehungsaufbau, Fokussierung, Evokation und Planung (Miller, Rollnick 2015).
2.4 Anwendungsbeispiele von MI in Gesundheitsberufen Im weiteren Verlauf wird der Einsatz von MI in Gesundheitsberufen anhand von exemplarisch ausgewählten Beispielen dargestellt • MTD-Beruf Logopädie • Gesundheits- und Krankenpflege • Medizin • Psychotherapie
Beispiel zum Einsatz von MI in der Logopädie, Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, Hildesheim: Im Rahmen einer Masterarbeit an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, Hildesheim, wird der Einsatz von MI in der Dysphagietherapie/Logopädie untersucht (Beushausen, Paarz 2015). Ziel logopädischer Beratung und Therapie ist in den meisten Fällen eine Veränderung von Verhaltensweisen. Für DysphagiepatientInnen erscheint oft der Einsatz von kompensatorischen Schlucktechniken im Beisein anderer Personen, zum Beispiel im Restaurant, schwierig. Information über Zusammenhänge, Hervorrufen von Change Talk und der Einsatz von visuellen Hilfestellungen – der Entscheidungswaage – eine visuelle Skaleneinschätzung, unterstützen die Motivation zur Veränderung. Vorausgesetzt einer ausführlichen Schluckdiagnostik werden weitere Informationen auf Wunsch der PatientIn gegeben. Ein MI-Leitfaden zur Exploration von Ambivalenzen wird erstellt (Beushausen, Paarz 2015). Auch merken die Autorinnen an, dass eine Ergänzung mit anderen Verfahren in der logopädischen Therapie wirkungsvoll sei. Change Talk in der Dysphagietherapie wird in der Darstellung mit folgenden Schritten aufgebaut: • „Was wünschen Sie sich ….. (Schlucken) ? – Wunsch • Was, wie werden Sie ….. durchführen/anwenden können? – Fähigkeit • Was verbessert sich für Sie, wenn …..? – Gründe • Wie wichtig ist es Ihnen, das Schlucken zu verbessern? – Bedürfnis/Notwendigkeit • Was beabsichtigen Sie jetzt zu tun? – Selbstverpflichtung • Wie ist Ihnen die Anwendung/Durchführung ….. gelungen? – Schritte einleiten“ (Beushausen, Paarz. Forum Logopädie, 29, S23) Auch wird festgehalten, wie von Rollnick und Milller (2012) mehrmals angemerkt, dass eine Verhaltensänderung nur dann möglich ist, wenn diese mit den Werten und Zielen einer Person übereinstimmt, sowie, dass eine kognitive Reflexionsmöglichkeit vorhanden sein sollte, was besonders bei neurologischen Diagnosen an Bedeutung gewinnen kann. Elemente des MI – zur Schaffung von Motivation – können sicher auch bei allen PatientInnen in der logopädischen Therapie eingesetzt werden.
Beispiel zum Einsatz von MI in der Gesundheits- und Krankenpflege, Universitätsspital Bern, Schweiz: Im Rahmen der Fachtagung für Gesundheitsberufe bebiomed austria 3 / 2016
richtet Cécile Kessler am 6. März 2010 in Bern über den Einsatz von MI durch Pflegefachkräfte als Kurzzeitintervention auf der Kardiologie und kommt zu folgendem Schluss: • „MI eignet sich sehr gut als Kurzzeitintervention • MI wäre für alle erlernbar • MI auch geeignet für unmotivierte PatientInnen • MI braucht weniger Zeit als andere Methoden • MI geeignet für beider Geschlechter jeden Alters • Grundsätzlich passt MI als KI auf Kardiologie • Im Bereich Kardiologie waren weniger Beratungsabbrüche zu verzeichne als usuell • Im Bereich Kardiologie waren bessere Endresultat zu verzeichnen als usuell • Positive Effekte auf andere Risikofaktoren • Die Erwartungen der MitarbeiterInnen entsprechen den Charakteristika der MI • eher ungeeignet für Gruppenbehandlung“. Das Universitätskrankenhaus Genf (Hopitaux Universitaires de Genève ) stellt 2011 einen Informationsfilm über „Die motivierende Gesprächsführung“ auf die Plattform You tube, der in Vorbereitung zu einer Herzkathederuntersuchung das Konzept der MI anschaulich vermittelt. Deutlich werden die empathische Grundhaltung in der Gesprächsführung und die wertschätzende Arbeit an Veränderungsprozessen in der Lebensführung von HerzpatientInnen.
Beispiel zum Einsatz von Ärztlicher Gesprächsführung anhand des Kommunikationscurriculums der Medizinischen Universität Wien: Mit Inkrafttreten des reformierten Medizincurriculums 2012 wird die ÄrztIn - PatientIn- Kommunikation als eine der Kernkompetenzen definiert. Die Themenblöcke zur Kommunikation ziehen sich als zu erlernende Skills vom ersten bis zum letzten Semester des Studiums (Hladschik-Kermer 2013). Mit zunehmender Semesterzahl werden komplexere Themen in diesem Bereich vermittelt. Die Arbeit mit SchauspielpatientInnen stellt ein Skill Lab internationalen Standards dar und vermittelt in geschütztem Rahmen in Kleingruppen kompetente ärztliche Gesprächsführung zu somatischen und psychiatrischen Themenkreisen. Eine positive ÄrztIn-PatientIn-Beziehung soll aufgebaut werden. Die Methode der vermittelten ärztlichen Gesprächsführung wird explizit nicht als MI bezeichnet, lässt aber eine starke Nähe zum Konzept MI erkennen. Empathie, Akzeptanz, Echtheit, aktives Zuhören verbale Strategien und nonverbale Signale werden von Studierenden in Kleingruppen im Rollenspiel mit SchauspielpatientInnen erprobt und von SeminarleiterInnen sowie von den geschulten SchauspielerInnen, die als SimulationspatientInnen eine Rolle übernehmen, reflektiert. Die Schlüsselfunktionen Folgen, Lenken, Geleiten, sowie Informieren werden per se eingesetzt. Direkte Gesprächsführung wird durch indirekte Gesprächsführung erweitert, wobei Informationen geben, sowie das Erheben von gezielten Anamnesen, das Erstellen von Diagnosen und ein professionelles Handeln im medizinischen Arbeitsfeld im Vordergrund stehen. Eine große Herausforderung bedeutet das Erheben von psychiatrischen Einschätzungen in Bezug auf die ärztliche Alltagspraxis im selbigen Kontext. 9
WISSENSCHAFT UND PRAXIS
Beispiel zum Einsatz von MI in der Behandlung von psychischen Störungen, University of Arizona, University Toronto, University of New Mexico, Cardiff University: Die Autoren Arkowitz, Westra, Miller, Rollnick (2010) sind den oben benannten Universitäten zuzuordnen und zeigen in ihrer Publikation als Herausgeber die Erfahrungen verschiedener Experten zum Einsatz von MI bei verschiedenen psychischen Störungen. Fallbeispiele bei Depression, Suizidalität, Essstörungen, Zwangshandlungen, Angststörungen sowie posttraumatischen Belastungsstörungen schildern eindrücklich den Einsatz von MI, und die Möglichkeiten der Modifizierung sowie Integration von MI in andere Behandlungsformen im Rahmen der PatientInnen - Zielgruppe. Hervorgehoben wird in allen Darstellungen immer wieder das Grundprinzip Echtheit, Empathie, positive Wertschätzung, Verbesserung der intrinsischen Motivation, sowie die Unterstützung durch Change Talk.
3 EFFEKTIVITÄT UND FAZIT 2003 führen Burke et al. eine Metaanalyse von 30 randomisiert-kontrollierten Studien zu MI durch. Die Ergebnisse zeigen, dass beste Erfolgschancen bei Suchterkrankungen, sowie Einhalten von Diäten, Adipositas, bei PatientInnen mit Bluthochdruck nachweisbar sind, jedoch MI eindeutig nicht erfolgreich ist bei Rauchen. Wie Rogers betont (1985) reicht der Einsatz von Technik in der Gesprächsführung alleine nicht aus, der Stellenwert der beschriebenen inneren Grundhaltung für die Motivierende Gesprächsführung – MI-Spirit – wird auch von Miller, Rollnick (2013) immer wieder als wesentlich bezeichnet. Im Rahmen des 26. Heidelberger Kongress des Fachverbands Sucht e.V., 10.-12.Juni 2013 fasst Joachim Körkel, Institut für innovative Suchtbehandlung und Suchtforschung (ISS) c/o Evangelische Hochschule Nürnberg Fakultät für Sozialwissenschaften, seinen Vortrag zu MI wie folgt zusammen: • “MI hat sich international v.a. bei heiklen, tabuisierten und schwierigen Themen als basale Methode der geschmeidigen, Widerstand vermeidenden Gesprächsführung und Ansatz zur Förderung von Veränderungsmotivation etabliert – weit über den Suchtbereich hinaus. • MI fördert die aktive Beteiligung des Klienten an der Behandlung („adherence“). • MI empfiehlt sich als Basiskompetenz für alle Berufsfelder, in denen eine professionelle Gesprächsführung erforderlich ist. • MI kann gut mit anderen Interventionsverfahren (z. B. Kognitiver Verhaltenstherapie) kombiniert werden. • Wirksame MI-Anwendung erfordert ausreichende, über 1–3-tägige Einführungskurse hinausgehende Schulung und Supervision und – institutionell betrachtet – Organisationsentwicklung.“ • (Körkel 2013) In Kapitel 2.4 finden sich stellvertretend für alle Gesundheitsberufe exemplarische Beispiele zum Einsatz von MI. Zusammenfassend kann jedoch festhalten werden, dass der Einsatz von MI sich in allen Settings im Bereich Gesundheit verwirklichen lässt. Die grundsätzliche PatientInnenbezogene / KlienteInnenbezogene Haltung, 10
sich anlehnend an Rogers (1985), unterstützt die Vertrauensbildung und den Aufbau von Beziehungen zwischen Health Professionals und PatientIn. Dieser Partnerschaftliche Ansatz und die Berücksichtigung der Autonomie der PatientIn wiederum führen zur mündigen PatientIn, zu Gesundheitskompetenz als eines der Rahmengesundheitsziele, R-GZ-3 (2012) und folgen der Diskussion zu einer zukunftsvisionären Nachhaltigkeit. Miller, Rollnick (2013) verweisen auf den Einsatz von MI in Gesprächssituationen beider Geschlechter und jeden Alters. MI zu modifizieren, sodass das Konzept auch einsetzbar wird in der Gesprächsführung mit jüngeren Kindern wäre eine Weiterentwicklung und ein weiterer denkbarer Einsatz von Motivierender Gesprächsführung. Die Aktualität des Themas wird von Damm, Leiss (2014) aufgegriffen indem die Partizipation und PatientInnenzentriertheit in der ärztlichen Versorgung von Kindern, die Interaktion, das Gespräch selbst als wichtiges Instrument zur Gesundung beschrieben wird. Gespräche mit Kindern greifen auch Büttner, Quindel (2013, S145 -149) auf und geben Anregungen speziell für das Arbeitsfeld der SprachtherapeutInnen, betonen die Wichtigkeit der Klientenzentrierten Grundhaltung und fordern zusätzlich eine spezielle Sensitivität sowie die Anpassung an das unterschiedliche Lebensalter von Kindern. Ein weiterer vorstellbarer Einsatz und eine aktuelle Modifizierung des Konzeptes wären denkbar für den Bereich der interkulturellen Gesprächsführung. Der Umgang mit kultureller Vielfalt in allen Gesundheitsberufen bedarf einer sensiblen, nicht von Missverständnissen geprägten Gesprächsführung (Hoffman 2015). MI bietet eine Grundlage zur Weiterentwicklung und zum Einsatz in interkultureller und transkulturellen Kommunikation und Diversität. „Motivierende Gesprächsführung“ – „Motivational Interviewing“ – „MI“ eignet sich als Konzept für viele Arten von Interventionen. Da vor allem die empathische und wertschätzende Grundhaltung in der Beratungssituation den Einsatz von MI prägt (MI-Spirit), lässt sich dieser Ansatz auch mit anderen Beratungs- und Therapieformen vereinbaren. n
Der Nachdruck des Artikels erfolgt mit ausdrücklicher Genehmigung des Leykam-Verlages sowie der Fachhochschule Burgenland. Dieser ist folgendem Band entnommen: Maurer, U. (Hg.). (2015). Health Professionals auf neuen Wegen. Perspektivenwechsel, Neuausrichtungen und Kompetenzerweiterungen in den Gesundheitsberufen. SCIENCE.RESEARCH.PANNONIA. Graz: Leykam Verlag.
LITERATURVERZEICHNIS Arkowitz, H. ; Westra, H.A. ; Miller, H. R. ; Rollnick, S. (2010). Motivierende Gesprächsführung bei der Behandlung psychischer Störungen. (Hrsg.). Weinheim: Beltz Bechmann, S. (2014). Medizinische Kommunikation. Grundlagen der ärztlichen Gesprächsführung. Tübingen: UTB Beushausen, U. ; Paarz, L. (2015). Motivational Interviewing in der Dysphagietherapie. Forum Logopädie, 29, 20-25 Büttner, C. ; Quindel, R. (2013). Gesprächsführung und Beratung. Sicherheit und Kompetenz im Therapiegespräch. Heidelberg: Springer Bundesministerium für Gesundheit. (2013). Gesundheitsberufe in Österreich. Wien: Bundesministerium für Gesundheit, Sektion II
3 / 2016 biomed austria
WISSENSCHAFT UND PRAXIS
Burke et al. (2003). The efficacy of motivational interviewing: A metaanalysis of controlled clinical trials. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 71, 843-861 Damm, L. ; Leiss, U. (2014). Partnerschaft mit Kindern. In: Damm, L. et al. (Hrsg.). Ärztliche Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen. Wien: LIT Dehn-Hindenberg, A. (2011). Gesundheitskommunkation im Therapieprozess. Idstein: Schulz-Kirchner Der simulierte Patient Ö1-Radio-Beitrag: Moment - Leben - Heute, 11.07.2013 http://oe1.orf.at/programm/342699 / Zugriff erfolgte am 15.07.2015 Die motivierende Gesprächsführung www.youtube.com/watch?v=GtFvvpnSrQ4 / 04.01.2011 - Hochgeladen von Hopitaux Universitaires de Genève / Zugriff erfolgte am 15.07.2015 Diätologie https://www.fh-campuswien.ac.at/studium / Zugriff erfolgte am 15.07.2015 Hladschik-Kermer, B. (2013). Das Kommunikationscurriculum der Medizinischen Universität Wien. In: Frischenschlager, O. ; HladschikKermer, B. (Hrsg.). Gesprächsführung in der Medizin. Wien: Facultas Gesundheit neu denken, Pressekonferenz http://www.bmg.gv.at/cms/home/attachments/3/8/4/CH1426/ CMS1389279419763/pk-unterlage_gesundheitsversorgung_neu_ denken_31032014.pdf / Zugriff erfolgte am 15.07.2015 Hoffmann, E, ; (2015). Interkulturelle Gesprächsführung. Heidelberg: Springer KLPU, Karl Landsteiner Privatuniversität http://www.kl.ac.at/aktuelles/news/ars-docendi-fuer-michaelschmidts-von-der-stabstelle-lehre / Zugriff erfolgte am 15.07.2015 Körkel, J. (2013). 30 Jahre Motivational Interviewing: Stand des Ansatzes und Ableitungen für die Praxis. Nürnberg: Vortrag Lange, S. (2012). Kommunikationskompetenz in den Therapieberufen: Gemeinsam ans Ziel. Idstein: Schulz-Kirchner Löffler-Stastka, H. (2013). Unterricht in kommunikativen Kompetenzen. In: Frischenschlager, O. ; Hladschik-Kermer, B. (Hrsg.). Gesprächsführung in der Medizin. Wien: Facultas Löffler-Stastka, H. ; Holzinger, A. (2013). Psychiatrische Exploration. In: Löffler-Stastka. H ; Doering. S. (Hrsg.). Psychische Funktionen in Gesundheit und Krankheit. Ärztliche Gesprächsführung. Wien: Facultas Mikesell, L. (2013). Medicinal relationships: caring conversation. Medical Education, 47 (5), 443-452 Miller, W. R. ; Rollnick, S. (2004). Motivierende Gesprächsführung. Freiburg: Lambertus Miller, W. R. ; Rollnick, S. (2013). Motivierende Gesprächsführung. Freiburg: Lambertus Miller, W. R. ; Rollnick, S. (2015). Motivierende Gesprächsführung. Freiburg: Lambertus Miller, W. R. ; Moyers, T. B. (2006). Eight stages in learning motivational interviewing. Journal of Teaching in the Addictions, 5, 3-17. Österreichische Plattform Gesundheitskompetenz (ÖPGK) http://www.bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Gesundheitsreform/ Gesundheitskompetenz/Plattform_Gesundheitskompetenz / Zugriff erfolgte am 15.07.2015 Rahmengesundheitsziele http://www.gesundheitsziele-oesterreich.at/ 2012 / Zugriff erfolgte am 15.07.2015 Rogers, C. (1985). Die nicht direktive Beratung. Frankfurt: Fischer Rollnick, S. ; Miller, W.R. ; Butler, C. C. (2012). Motivierende Gesprächsführung in den Heilberufen. Core Skills für Helfer. Lichtenau / Westf. : Probst Rosengren, D.B. (2012). Arbeitsbuch Motivierende Gesprächsführung. Lichtenau: Probst Schauspielpatienten – Kommunikationstraining für angehende Ärzte ORF- Beitrag, ORF2, „heute konkret“, 25.03.2015 http://tv.orf.at/heutekonkret / Zugriff erfolgte am 15.07.2015 Schluz von Thun, F. (1981). Störungen und Klärungen 1. Allgemeine Psychologie der Kommunikation. Rowohlt: Reinbek Schmölders, C. (1986). (Hrsg.): Die Kunst des Gesprächs. Texte zur Geschichte der europäischen Konversationstheorie. DTV: München Watzlawick, P.; Beavin, J. H.; Jackson, D. D. ; (2011). Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien. Huber, Hogrefe: Bern
biomed austria 3 / 2016
LITERATURSTUDIUM Die Beantwortung der Fragen erfolgt ausschließlich elektronisch über die Homepage (www.biomed-austria.at/fortbildung). Beantworten Sie drei der vier Fragen richtig, erhalten Sie eine Bestätigung über einen CPD-Punkt. Beachten Sie bitte, dass es mehr als eine richtige Antwortmöglichkeit geben kann.
1. Die Grundhaltung von MI beinhaltet: a. Partnerschaftlichkeit und Wertschätzung b. Evokation c. Konfrontation d. Autonomie 2. Das Kernstück von MI bezeichnen Miller, Rollnick als: a. Sustain Talk b. Discord Talk c. Change Talk d. Dialogue Talk 3. Welche Prinzipien werden als Basisprinzipien benannt? a. Empathie ausrücken b. Diskrepanzen entwickeln c. Widerstand umlenken d. Selbstwirksamkeit fördern 4. Wie lässt sich Einsatz und Wirkungsweise von MI beschreiben? a. MI ist nicht mit anderen Interventionsverfahren einsetzbar b. MI fördert die aktive Beteiligung von PatientIn c. MI hat sich international als Basiskompetenz für Health Professionals etabliert – ein Ansatz in der Gesprächsführung zur Förderung von Veränderungsprozessen d. Der Stellenwert der inneren Grundhaltung – MI-Spirit – ist unwichtig
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VORARLBERGER LANDESKRANKENHÄUSER
Die fünf Landeskrankenhäuser Vorarlbergs verpflichten sich für 450.000 Patienten jährlich medizinische Leistungen auf höchstem Niveau und professionelle Servicequalität anzubieten. 4.000 Mitarbeiter geben dafür ihr Bestes.
Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir ab Januar 2017 eine/einen
BIOMEDIZINISCHE/-N ANALYTIKER/-IN IN TEILZEIT (50 %) Bereich allgemeine Histologie am Institut für Pathologie Landeskrankenhaus Feldkirch Ihr Aufgabenbereich - Probenanlage und Befundung, unterstützt durch modernste Analysengeräte - Probeannahme, Anfertigung histologischer Schnitte, Gefrierschnitte, Makrodienst, allgemeine histologische Tätigkeiten Ihre Kompetenzen - abgeschlossenen Ausbildung als Biomedizinische/-r Analytiker/-in - Kommunikations- und Kritikfähigkeit - großes Verantwortungsbewusstsein und Engagement Wir bieten Ihnen - eine entwicklungsfähige Position - eine interessante und verantwortungsvolle Tätigkeit - attraktive und modernste Arbeitsbedingungen - Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten - angenehmes Arbeitsklima in einem Team von 13 Ärzte/innen, 48 Biomedizinische Analytiker/innen und 10 Mitarbeiterinnen in der Administration - geregelte Arbeitszeiten (keine Nacht- und Wochenenddienste) - attraktive Sozialleistungen (Unterstützung bei der Wohnungssuche, ggf. Dienstwohnung, Unterstützung bei der Kinderbetreuung, etc.) - leistungsgerechte Entlohnung nach dem Landesbedienstetengesetz - sicheren Arbeitspatz Interesse geweckt? Bitte bewerben Sie sich online unter http://karriere.vlkh.net oder senden Sie Ihre Bewerbung an die Personalabteilung des Landeskrankenhauses Feldkirch, Carinagasse 47, 6800 Feldkirch, personalabteilung@lkhf.at Fragen zur ausgeschriebenen Position beantworten Ihnen Prim. Univ.-Prof. Dr. Felix Offner, Vorstand des Institutes für Pathologie, Facharzt für Pathologie, (Zytodiagnostik, Humangenetik), Tel. +43 (0)5522 303-3400, Fax: +43 (0)5522 303-7521, E-Mail: felix.offner@lkhf.at oder Frau Pipal Friederike, leitende Biomedizinische Analytikerin Tel. +43 (0)5522 303-3411, E-Mail: friederike.pipal@vlkh.net, Akademisches Lehrkrankenhaus Feldkirch, Carinagasse 47, 6800 Feldkirch – AUSTRIA.
WISSENSCHAFT UND PRAXIS
Erfolgreich kommunizieren
„Weil jeder Kontakt zählt“ - Kommunikative Kompetenzen bei Health Professionals im Focus
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Kernelemente der kommunikativen Kompetenz sind Kommunikationsfähigkeit und Kommunikationsbereitschaft. Diese werden bereits in der Ausbildung von therapeutischen und diagnostischen Health Professionals, gemäß der gesetzlichen Verordnung, geschult und geschärft. In der beruflichen Praxis werden kommunikative Kompetenzen beim biomedizinischen Personal insbesondere in der Funktionsdiagnostik gefordert. Hier haben Biomedizinische AnalytikerInnen vielfältige Rollen unter dem Focus kommunikativer Kompetenzen inne.
Was ankommt, zählt!
„Making every contact count“, so heißt es im britischen National Health Service (NHS). Die Aufforderung liegt darin, dass alle Berufsgruppen jeden Kontakt zu PatientInnen für die Vorsorge und zur Verbesserung ihrer Gesundheit aktiv nutzen sollen. Miteinander sprechen - Kommunikation – wird als Grundlage für den Arbeitsalltag in Krankenhäusern und Spitälern gesehen und beeinflusst nicht nur die MitarbeiterInnen- und PatientInnenzufriedenheit, sondern hat auch positive Auswirkungen auf die ökonomischen Schrauben. Schließlich verursachen Missverständnisse, mangelnde oder fehlende Kommunikations- oder Besprechungskultur Kosten. In Zeiten der stetigen Leistungsverdichtung im Kontext zunehmender Komplexität der PatientInnenversorgung kristallisiert sich die kommunikative Kompetenz als Schlüsselkompetenz für Health biomed austria 3 / 2016
Professionals zunehmend heraus. Im folgenden Beitrag werden die Begriffe Kommunikation und Kompetenz separat betrachtet. Im Weiteren werden die gesetzlichen Verankerungen des Erwerbs kommunikativer Kompetenzen in der Ausbildung von Personal im gehobenen medizinisch-technischen Dienst (MTD) beleuchtet sowie ein Blick in die berufliche Praxis gegeben.
KOMPETENZ Der Begriff „Kompetenz“ (lat. competere) wird gemäß Heyse und Giger (2015, S. 13) als „die Fähigkeit, situationsadäquat zu handeln“ und „die Relation zwischen den an eine Person oder Gruppe herangetragenen oder selbst gestalteten Anforderungen und ihren Fähigkeiten bzw. Potenzialen, diesen Anforderungen gerecht zu werden“ 13
WISSENSCHAFT UND PRAXIS
Personale Kompetenz • "Learning to be" • persönlichkeitsabhängige Fähigkeiten, auf Basis von Selbstwert, Wertehaltung, Grundeinstellung sowie Leistungsbereitschaft des/der Einzelnen
Aktivitäts- und Handlungskompetenz • "Learning to do" • Fähigkeit, Tätigkeiten zur Gänze autonom zu bewältigen
Fach- und Methodenkompetenz • "Learning to know" • Fähigkeit, Tätigkeiten durch angeeignetes Fachwissen selbstständig zu bewerkstelligen
Sozialkommunikative Kompetenz • "Learning to live together" • Fähigkeit, Tätigkeiten mithilfe von Kooperation in einer Arbeitsgemeinschaft eigenständig durchzuführen.
Abb. 1: Arten der Basiskompetenzen (in eigener Darstellung modifiziert nach Heyse, 2015, S. 15) Abb. 1: Arten der Basiskompetenzen (in eigener Darstellung modifiziert nach Heyse, 2015, S. 15)
Erfolgreiche Kommunikation wird durch das Zusammenspiel von verbalen Inhalten und nonverbalen Elementen der Körpersprache determiniert. Die Qualität der Kommunikation wird dabei durch den Empfänger der Nachricht bestimmt - nicht durch den Sender.
beschrieben. Demnach gelten Kompetenzen als Handlungsfähigkeiten, welche nicht mit Persönlichkeitseigenschaften zu verwechseln sind. Diese können ferner je nach Bedarf und Situation zielgerecht eingesetzt und geschult werden. „Individuelle Kompetenzen werden von Wissen fundiert, durch Werte konstituiert, als Fähigkeiten disponiert, durch Erfahrungen konsolidiert und aufgrund von Willen realisiert“, so Heyse & Giger (2015, S. 14). Laut Literatur werden vier Arten von Basiskompetenzen differenziert (nach Heyse, 2015, S. 15), welche in Abb. 1. anschaulich dargestellt sind.
KOMMUNIKATION Das Wort „Kommunikation“ wird aus dem lateinischen communicare hergeleitet und bedeutet „mitteilen“ oder „gemeinsam machen“. Kommunikation wird im Alltag als etwas Selbstverständliches wahrgenommen, schließlich ist das Hauptziel der Kommunikation der Austausch von Informationen. Bereits Paul Watzlawick (1921-2007) hat festgestellt, dass man „nicht nicht kommunizieren“ kann. Der Kommunikationsprozess ist meist sehr facettenreich und kann auf verbaler und nonverbaler Ebene stattfinden. Eine erfolgreiche Kommunikation wird nach Albert Mehrabian (*1939) determiniert durch das Zusammenspiel von verbalen Inhalten und nonverbalen Elementen der Körpersprache. Es gilt: Die Qualität der Kommunikation wird durch den Empfänger der Nachricht bestimmt und nicht durch den Sender. Hinterfragt wird die Kommunikation meist erst, wenn Missverständ14
nisse durch unterschiedliche Wahrnehmung auftreten (Welk, 2015, S.8). Kommunikative Kompetenz zählt zu den sogenannten Soft Skills. Diese werden zunehmend unter erforderliche Personaleigenschaften - insbesondere bei Führungskräften - gefordert und beinhalten (Welk, 2015, S.12): I) die Fähigkeit zur Kommunikation (verständlich, situationsadaptiv und empfängerorientiert) und II) die Bereitschaft selbst kommunizieren zu wollen (Austausch mit anderen, Wissenstransfer, verbale Klärung). Kommunikationsfähigkeit und Kommunikationsbereitschaft sind Kernelemente der kommunikativen Kompetenz. Diese zielen darauf ab mit dem Gesprächspartner eine verständnisvolle, vertrauensbasierte und kooperative Interaktionsbasis zu gestalten (Welk, 2015, S.13).
Gesetzliche Verankerung der kommunikativen Kompetenzen in Ausbildungsverordnung Unter § 1 der MTD-Ausbildungsverordnung (FH-MTD-Ausbildungsverordnung – FH-MTD-AV, StF: BGBl. II Nr. 2/2006) findet man hinsichtlich dem Kompetenzerwerb folgendes dargelegt: „Im Rahmen von Fachhochschul-Bakkalaureatsstudiengängen für die Ausbildung in den gehobenen medizinisch-technischen Diensten ist sicherzustellen, dass die Absolventen oder Absolventinnen mindestens folgende Kompetenzen erworben haben: • die der jeweiligen Sparte entsprechenden fachlich-methodischen Kompetenzen • sozialkommunikative Kompetenzen und Selbstkompetenzen und • wissenschaftliche Kompetenzen.“ 3 / 2016 biomed austria
In Anlage 8 ist weiters beschrieben, welche sozialkommunikativen und Selbstkompetenzen im Rahmen der Ausbildung eines gehobenen medizinisch-technischen Dienstes zu erwerben sind. Dazu zählen Kommunikationsfähigkeit, Kritikfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Rollendistanz, Frustrationstoleranz, Selbstbestimmungsfähigkeit, Selbstreflexionsfähigkeit, Gestaltungs- und Mitbestimmungsfähigkeit.
Als Beispiel für den Einsatz von sozialkommunikativen Kompetenzen in der beruflichen Praxis wird im vorliegenden Beitrag die Funktionsdiagnostik herausgegriffen. Wie bereits Ulrike Fötschl in ihrem Beitrag (2014, Schwerpunktausgabe „Vielfalt Funktionsdiagnostik“) skizziert hat, gibt es in der Funktionsdiagnostik unterschiedliche Bereiche, in welchen biomedizinisches Personal direkten PatientInnenkontakt hat und somit kommunikative Kompetenzen besonders gefordert werden. Dies kann beispielsweise in der Angiologie der Fall sein, in einem schlafmedizinischen Labor oder eben bei der Durchführung von Ergometrien. Fokussiert man nun die Durchführung von Ergometrien aus Sicht des biomedizinischen Personals, so setzt sich jene Tätigkeit aus einer intensiven Vor- und Nachbereitungsphase zusammen. Vor der eigentlichen Durchführung einer Ergometrie haben Biomedizinische AnalytikerInnen gewisse Voraussetzungen zu examinieren. Neben apparativen und räumlichen Voraussetzungen sind auch die klinischen Voraussetzungen der PatientInnen zu prüfen (Haber, 2005; Löllgen, 2001). Im Rahmen des Aufklärungsgespräches werden den PatientInnen der Zweck der Belastungsuntersuchung, das Untersuchungsprinzip sowie die wichtigsten Messgrößen der Untersuchung (Herzfrequenz, EKG, Puls, Watt) erklärt. Nach der Wahl des Ergometerprotokolls erfolgt die Positionierung des/der Patienten/Patientin auf dem Fahrrad, anschließend geht es in die Belastungsphase. In dieser Phase führt das biomedizinische Personal ein
Inspektion
©: fotovonzinner
Kommunikative Kompetenzen in der beruflichen Praxis
Untersuchungen bei Kindern stellen eine besondere Herausforderung dar.
permanentes klinisches Monitoring der PatientInnen (Haber, 2005) durch. Dazu werden folgende Kriterien evaluiert, siehe Abb. 2. Im Focus der Kommunikation nimmt das biomedizinische Personal beim klinischen Monitoring eine besondere Rolle durch aktives Zuhören ein. Hier gilt es auf die Spontanäußerungen der PatientInnen zu achten: Diese können einerseits über Schmerzen, Schwindel, Ermüdung oder Erschöpfung klagen. Diese Äußerungen
Befragung/ Spontanäußerung
Zu den wichtigsten sozialkommunikativen Kompetenzen im Rahmen der Ausbildung gehobener medizinisch-technischer Dienste zählen Kommunikationsfähigkeit, Kritikfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Rollendistanz, Frustrationstoleranz, Selbstbestimmungsfähigkeit, Selbstreflexionsfähigkeit, Gestaltungs- und Mitbestimmungsfähigkeit.
Messung
Hautkolorit
Schmerzen
HF und RR am Ende jeder Belastungsstufe
Blässe
Luftnot
HR und RR am Ende jeder Erholungsminute
Kaltschweißigkeit
Erschöpfungsgefühl
Zusatzparameter (z.B. Laktat)
Abb. 2: Klinisches Monitoring bei der Ergometrie Abb. 2: Klinisches Monitoring bei der Durchführung einerDurchführung Ergometrie (eigeneeiner Darstellung) biomed austria 3 / 2016
(eigene Darstellung) 15
WISSENSCHAFT UND PRAXIS
BeraterIn
• Information, Anleitung und Beratung • Verhinderung von Fehlanwendungen • Förderung des Empowerments
MotivatorIn
• Stärkung der Partizipation • Steigerung der Adhärenz
Coach
• Erkennen von Ressourcen, Problemen und Wünschen • Unterstützung bei Nebenwirkungen
ControllerIn
• Dokumentation zur Qualitätssicherung • Umsetzung von Standards und Leitlinien • Therapiemanagement
Abb. 3: Vielfältige Rollen von Health Professionals unter dem Focus kommunikativer Kompetenzen (eigene Darstellung)
können Indikatoren für einen vorzeitigen Untersuchungsabbruch darstellen. Andererseits können durch Spontanäußerungen Wohlbefinden sowie Leistungsbereitschaft ausgedrückt werden. Oftmals möchten PatientInnen in der Belastungsphase motiviert werden und fordern verbale Begleitung in der Erholungsphase. Dies verdeutlicht die vielfältigen Rollen Biomedizinischer AnalytikerInnen in der Funktionsdiagnostik unter dem Focus kommunikativer Kompetenzen (Abb. 3). Als Fazit kann gesagt werden, dass sowohl therapeutische als auch diagnostische Gesundheitsberufe kommunikative Kompetenzen in ihrer Ausbildung erwerben müssen. Am Beispiel der Funktionsdiagnostik wurde dieser Bedarf auch für biomedizinisches Personal dargelegt und unterstrichen. Soft Skills gelten als wichtiges Tool für erfolgreiche Kommunikation, die im Sinne von lifelong-learning regelmäßig geschult werden sollten, um bestens für die berufliche Praxis gerüstet zu sein. n
LITERATUR: Heyse, V. (2015). Schlüsselkompetenzen: Erfolgreiche Brücken zu selbstbestimmten Patienten. In Heyse/Giger (Hrsg.), Erfolgreich in die Zukunft: Schlüsselkompetenzen in Gesundheitsberufen (S. 3–28). Heyse, V. & Giger, M. (2015). Erfolgreich in die Zukunft: Schlüsselkompetenzen in Gesundheitsberufen. Heidelberg: medhochzwei Verlag. Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über Fachhochschul-Bakkalaureatsstudiengänge für die Ausbildung in den gehobenen medizinisch-technischen Diensten (FH-MTD-Ausbildungsverordnung – FH-MTD-AV), StF: BGBl. II Nr. 2/2006 Welk, I. (2015). Mitarbeitergespräche in der Pflege. Springer-Verlag. Fötschl, U. (2014). Funktionsdiagnostik in Lehre und Praxis. In biomed austria – Fachzeitschrift für Biomedinzinische AnalytikerInnen, Nr. 4/2014; ISNN 1997-5503, S. 4-6. Löllgen, H. & Erdmann, E. (2001). Ergometrie, Belastungsuntersuchungen in Klinik und Praxis (2.Auflage).Berlin Heidelberg: Springer Verlag. Haber, P. (2005). Leitfaden zur medizinischen Trainingsberatung. Rehabilitation bis Leistungssport (2. Auflage). Wien: Springer Verlag
Ute Seper
Biomedizinische Analytikerin und Hochschul lehrende an der Fachhochschule Burgenland, Department Gesundheit
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BERUFSPOLITIK
Registrierung ist fix
Aktuelle Informationen zum Gesundheitsberufe-Register Gesetz (GBRG) Am 14. September endete die Einspruchsfrist der Bundesländer gegen das Anfang des Sommers vom Parlament beschlossene Gesetz betreffend Registrierung der gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe (GBRG). MTD-Austria und biomed austria haben laufend über die Prozessschritte im Vorfeld bis hin zur Gesetzwerdung berichtet. Die offizielle Kundmachung des Gesetzes erfolgte am 27. September, womit das Gesetz allgemeine Gültigkeit erlangt und in Kraft tritt. Doch was bedeutet dies nun für Angehörige der gehobenen MTD-Berufe? 1. Bis 01.01.2018 besteht für die Berufsangehörigen der MTD kein Handlungsbedarf! Die verpflichtende Registrierung beginnt frühestens mit 01.01.2018. 2017 wird seitens der Registrierungsbehörde (=Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, BMGF) am Aufbau des Registers gearbeitet. 2. Über etwaige relevante/interessante Entwicklungen im Zuge der Ausverhandlung von Details zum GBRG werden wir Sie laufend auf dem aktuellen Stand halten.
4. Eine Registrierung bei MTD-Austria, dem Dachverband der gehobenen medizinisch-technischen Dienste, fand nicht die notwendige politische Mehrheit und konnte daher nicht durchgesetzt werden. Im Zuge der seit Jahren laufenden, intensiven Verhandlungen und mehrerer Entwürfe zu oben genanntem Gesetz konnte jedoch ein Kompromiss geschlossen werden, der die Interessen unserer Berufsgruppen bestmöglich berücksichtigt: • Die beruflichen Interessenvertretungen der MTD sind über MTD-Austria erstmals in ihrer Geschichte gesetzlich legitimiert und haben gesetzlich definierte Funktionen in der Gesundheitspolitik. • Freiberuflich und überwiegend freiberuflich tätige MTD werden von der Gesundheit Österreich GmbH als interessenpolitisch unabhängige Organisationen registriert. • Die Meldung der freiberuflichen Tätigkeit bei der Bezirksverwaltungsbehörde entfällt künftig. • Die Gesundheit Österreich GmbH als interessenspolitisch unabhängige Organisation stellt die Berufs-ausweise für alle MTD aus, egal ob angestellt und/oder freiberuflich tätig. • MTD-Austria nominiert 7 Mitglieder des sog. Registrierungsbeirates (im GBRG zwingend vorgesehen) und hat damit maßgeblichen Einfluss auf die Aufgabenwahrnehmung des Beirates. • MTD-spezifische Angelegenheiten werden in einem eigenen MTD-Ausschuss des Registrierungsbeirates beraten. biomed austria 3 / 2016
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3. Ab 2018 wird die Registrierung an zwei vom BMGF dafür vorgesehenen Stellen möglich sein: der Gesundheit Österreich GmbH (für freiberuflich bzw. überwiegend freiberuflich tätige MTD) und der Arbeiterkammer (für angestellte bzw. überwiegend im Angestelltenverhältnis tätige MTD).
Die verpflichtende Registrierung kommt 2018
• MTD-Austria spricht bei der Gesundheitsplanung mit: MTD-Austria erhält auf Verlangen anonymisierte Datensätze und –auswertungen aus der Registerdatenbank. • Beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen wird eigens ein MTD-Fachbeirat für Angelegenheiten der MTD eingerichtet. Jede MTD-Sparte wird von einer/einem fachlich und wissenschaftlich geeigneten Berufsangehörigen vertreten. n Gabriele Jaksch
Präsidentin MTD-Austria
Sylvia Handler
Vorsitzende biomed austria
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BERUFSPOLITIK
Fortbildungsverpflichtung NEU
Qualitätsmerkmal Weiterbildung Neue Regelungen zur Fortbildungspflicht
biomed austria und die anderen MTD-Berufsverbände haben bereits seit geraumer Zeit das MTD-CPD-Zertifikat entwickelt, welches den Nachweis einer kontinuierlichen Fort- und Weiterbildung im Ausmaß von 100 Punkten in drei Jahren vorsieht. Ein Modell, das bereits seit Jahren erfolgreich umgesetzt und u. a. auch von KostenträgerInnen goutiert wird. Etwas zaghaft - aber doch - zieht nun der Gesetzgeber nach. Bisher hatten sich Biomedizinische AnalytikerInnen per Gesetz „über die neuesten Entwicklungen und Erkenntnisse [der Biomedizinischen Analytik] sowie der medizinischen Wissenschaft, soweit diese für den [medizinisch-technischen Laboratoriums-] Dienst relevant ist, regelmäßig fortzubilden.“ Mit 2016 erfuhr die Fortbildungsverpflichtung – auch bedingt durch die Entwicklungen um das Registrierungsgesetz – gleich zweimal eine Änderung. Die nunmehr letztgültige Regelung im MTD-Gesetz, welche mit 28.09.2016 Geltung erlangt hat, lautet wie folgt: „§ 11d (1) Angehörige der gehobenen medizinisch-technischen Dienste sind verpflichtet, zur 1. Information über die neuesten Entwicklungen und Erkenntnisse des jeweiligen medizinisch-technischen Dienstes sowie der medizinischen Wissenschaft oder 2. Vertiefung der in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten innerhalb von jeweils fünf Jahren Fortbildungen in der Dauer von mindestens 60 Stunden zu besuchen.“ Zudem wird in § 11 d festgehalten, dass „Über den Besuch einer Fortbildung […] eine Bestätigung über die Dauer und den Inhalt der Fortbildung auszustellen [ist] und „Der (Die) Bundesminister(in) für Gesundheit und Frauen […] durch Verordnung Richtlinien über die Anerkennung von Fortbildungen unter Bedachtnahme auf die vom MTD-Beirat erarbeiteten Standards erlassen [kann].“
DER MTD-BEIRAT IM BMGF Mit der aktuellen Novellierung des MTD-Gesetzes wurde die Einrichtung eines MTD-Beirates beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (BMGF) gesetzlich verankert. Die Aufgaben des Beirates sind insbesondere die Beratung in fachlichen Angelegenheiten des MTD-Gesetzes sowie die Erarbeitung von Standards für die Anerkennung von Fortbildungen. Der MTD-Beirat setzt sich neben VertreterInnen des BMGF und der GÖG auch aus jeweils einer Vertretung der MTD-Berufe – und damit einer Vertretung aus der Biomedizinischen Analytik – zusammen. biomed austria 3 / 2016
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Biomedizinische und medizinische Entwicklungen machen eine kontinuierliche berufliche Fort- und Weiterbildung für eine qualitätsvolle Arbeit mit und für unsere PatientInnen unabdingbar. Dieses Erfordernis ist bereits seit 1996 auch im MTD-Gesetz, dem Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste verankert. Neu ist, dass die Fortbildungsverpflichtung 2016 für die Angehörigen der MTD-Berufe im Berufsgesetz erstmals quantifiziert wurde.
Fortbildungsverpflichtung: 60 Stunden in 5 Jahren lautet die neue Regelung im MTD-Gesetz.
Nicht zu verwechseln ist der MTD-Beirat mit dem Registrierungsbeirat, welcher explizit im Zusammenhang mit der Registrierung eingerichtet wird. n
Nicole Muzar Leiterin Ressort Berufspolitik, Physio Austria
Der Artikel wurde von Birgit Luxbacher für biomed austria adaptiert, die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Physio Austria.
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AKTUELLES & INTERNES
Ihre Fragen – unsere Antworten
Welche Themen und Anliegen beschäftigen Biomedizinische AnalytikerInnen? Eine unserer Hauptaufgaben als Interessenvertretung der Biomedizinischen AnalytikerInnen besteht darin, Fragen unserer Mitglieder zu berufsbezogenen Themen, Situationen oder Problemstellungen rasch, fundiert und unbürokratisch zu beantworten. Davon sollen künftig auch die LeserInnen unserer Fachzeitschrift profitieren. Haben Sie sich vielleicht auch schon einmal gefragt, wie hoch das durchschnittliche Einstiegsgehalt für Biomedizinische AnalytikerInnen ist, ob es einen Kollektivvertrag für unsere Berufsgruppe gibt, in welchem Gesetz unser Berufsbild geregelt ist, ob Biomedizinische AnalytikerInnen venöse Zugänge legen dürfen oder worauf Sie achten sollten, wenn Sie beabsichtigen als BiomedizinischeR AnalytikerIn freiberuflich tätig zu werden? Wenn ja, dann sind Sie mit Ihren Fragen keineswegs allein – im Gegenteil: Bei den E-Mails und Anrufen, die uns täglich erreichen, geht es häufig um idente oder thematisch sehr ähnlich gelagerte Fragestellungen. Aus diesem Grund werden wir uns in den kommenden Ausgaben der Fachzeitschrift (ab Ausgabe 01/2017) immer wieder mit Ihren
berufsspezifischen Dauerbrennern – den „FAQs der Biomedizinischen Analytik“ sozusagen – auseinandersetzen. Einen Link zu den wichtigsten Fragen und Antworten rund um das topaktuelle Thema Gesundheitsberuferegister-Gesetz finden Sie bereits jetzt auf der Startseite unserer Homepage (www.biomed-austria.at) unter der Rubrik „Aktuelles“. Scrollen Sie sich einmal durch – es zahlt sich bestimmt aus! n Birgit Luxbacher Geschäftsführerin biomed austria
fh gesundheit master of science in wir bilden die zukunft biomedical sciences akademische/r analytikerIn für medizinisch-diagnostische laboratorien Die jüngsten Entwicklungen in den Naturwissenschaften wie in der Biotechnologie, Mikro- und Molekularbiologie, Gentechnologie und in der Medizintechnik haben die Aufgabengebiete der Biomedizinischen AnalytikerInnen deutlich verändert. Die fh gesundheit in Innsbruck bietet Ihnen mit zwei Lehrgängen eine Stärkung Ihrer berufsfeldspezifischen Kompetenzen und die Vermittlung von wissenschaftlichen Kompetenzen, die Sie auf Leitungsfunktionen und eine wissenschaftliche Laufbahn bestens vorbereiten. Master of Science in Biomedical Sciences ■■Dauer und Ablauf: 5 Semester, berufsbegleitend, 120 ECTS ■■Abschluss: Master of Science in Biomedical Sciences (MSc) ■■Lehrgangsbeginn: 27. April 2017 ■■Bewerbungszeitraum: 03.10. bis 15.12.2016 Akademischer Lehrgang in Biomedizinischer Analytik ■■Dauer und Ablauf: 2 Semester, berufsbegleitend, 60 ECTS ■■Abschluss: Akademische/r AnalytikerIn für medizinisch-diagnostische Laboratorien ■■Lehrgangsbeginn: 27. April 2017 ■■Bewerbungszeitraum: 03.10. bis 15.12.2016 www.fhg-tirol.ac.at fhg-biomedical-science-210x146.indd 1
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LEBEN & LESEN
BUCHTIPP UNSER GEHIRN KANN ALLES – AUSSER AUFGEBEN Die enorme Plastizität des Gehirns bewirkt, dass der Mensch mit fast unbegrenzter Lernfähigkeit beschenkt, aber auch gestraft ist. Birbaumers faszinierendes Buch mit hohem Lesegenussfaktor wurde zum Wissenschaftsbuch des Jahres 2015 gekürt. Es beschäftigt sich unter anderem damit, wie wir Werte wie Respekt, Empathie und Toleranz etablieren. In den ersten beiden Kapiteln geht es um Selbstregulation des Gehirns am Beispiel der Schizophrenie sowie allgemein um Auswirkungen der Neuroplastizität auf Verhalten, Denken und Fühlen. Beeindruckend ist das schier unendliche Bemühen Birbaumers, mit so genannten Locked-in-PatientInnen in Kontakt zu treten. So gelingt es ihm über ein Brain-Machine-Interface (BMI), selbst mit komplett eingeschlossenen PatientInnen noch zu kommunizieren. Er hat dabei nicht, wie sonst üblich, die hirnelektrischen Vorgänge analysiert, sondern die Veränderung des
Blutflusses in bestimmten Hirnarealen durch Infrarotspektroskopie dargestellt und somit Kommunikationsfähigkeit mit weit fortgeschrittenen Locked-in-PatientInnen erreicht. So ist es auch verständlich, dass Birbaumer ein Gegner der Sterbehilfe ist. Er betitelt provokant ein Kapitel mit „Patientenverfügungen: Verführung zum Selbstmord“. Für einen an ALS Erkrankten könnte dies bedeuten, dass er eine Patientenverfügung, die er bei voller Entscheidungsfähigkeit niedergeschrieben hat, nicht mehr rückgängig machen kann. In Kapitel 5 werden die enormen Selbstheilungskräfte unseres Gehirns am Beispiel von SchlaganfallpatientInnen dargestellt. Auch die Dauermedikation von EpilepsiepatientInnen wird kritisch hinterfragt und die Möglichkeit der Therapie durch alternative Selbstkontrolle vorgestellt. Spektakulär sind die Methoden bei der Behandlung von Ängsten und Zwängen durch
die Konfrontationstherapie. So werden PatientInnen mit Waschzwang nicht wie etwa bei der paradoxen Intervention zu noch häufigerem Waschen angehalten, sondern mit Hundekot beschmiert und tagelang am Waschen gehindert. Das Ziel der Konfrontationstherapie besteht darin, das Gehirn zu einem intensiven und emotionalen Aha-Erlebnis zu führen. Auch die Gehirne von PsychopathInnen, denen empathische Fähigkeiten fehlen, sind laut Birbaumer offen für Veränderungen. Birbaumer mahnt auch zu differenzierter Betrachtung der Altersdemenz. Seine Studien zeigen, dass die Betroffenen ihre Hirnvorgänge mithilfe von Musik besser kontrollieren können. Auch mit dem heute weit verbreiteten Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom ADS beschäftigt sich ein Kapitel. So können ohne pharmakologische Intervention mittels Training über Neurofeedback Erfolge erzielt werden.
Unter dem Titel „Sucht - die neurobiologische Einstellung auf Wollen“ wird gezeigt, dass durch das mesolimbische Dopaminsystem in jedem Gehirn ein enormes Suchtpotential schlummert. Laut Birbaumer kann die Behandlung einer gesundheitsschädlichen Sucht nach dem Prinzip der Konditionierung mit Aversionstherapie (Suchtmittel in Kombination mit stark negativem Reiz) erfolgreich sein. Viele weitere interessante Aspekte der Funktion unseres Gehirns und daraus resultierende, nicht pharmakologische therapeutische Maßnahmen werden in diesem Buch aufgezeigt - nach dem Credo des renommierten Hirnforschers Birbaumer: Das Gehirn kann sich selbst von schwersten Schäden wieder erholen, indem es sich quasi „neu erschafft.“ ■
nungs- und Erfahrungsaustausch zwischen ReferentInnen und Fachpublikum übergehen. Auf der Homepage des Gesundheitspolitischen Forums (www.gesundheitspolitischesforum.at) können Beiträge vergangener Veranstaltungen angesehen und Vortragsfolien gratis heruntergeladen werden. Themen
wie beispielsweise ELGA, PatientInnensicherheit, Primärversorgung und Zwei-Klassen-Medizin sind zweifellos für alle im Gesundheitswesen tätigen Berufsgruppen relevant und garantieren interessante und kurzweilige (Nach-) Lesestunden. ■
Gelesen von Marianne Fliesser
Birbaumer, N. (2015). Dein Gehirn weiß mehr als du denkst. Ullstein Verlag Berlin, ISBN: 978-3-54837594-6
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GESUNDHEITSPOLITISCHES FORUM
Seit 2008 bietet das Gesundheitspolitische Forum Interessierten eine Informationsund Diskussionsplattform zu aktuellen Fragestellungen des österreichischen Gesundheitswesens. Einmal im Monat treffen sich AkteurInnen und EntscheidungsträgerInnen aus Wirtschaft, Medizin, Recht und Politik im Rah22
men der gleichnamigen Veranstaltungsreihe am Schwarzenbergplatz 7 im 3. Wiener Gemeindebezirk zum offenen Dialog. Zentrales Werkzeug dafür sind Podiumsdiskussionen, welche mit Vorträgen hochrangiger ExpertInnen aus den oben genannten Gebieten eingeleitet werden und anschließend in einen Mei-
Zusammengestellt von Birgit Luxbacher
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