BIO KÜCHE A U S G A B E 2020 • W W W.B I O R A M A .E U • € 7,90
Ö S T E R R E I C H • 2020
f a h c S e g e i Z &
Ein kulinarisches Comeback?
BROT & G E B Ä C K
Warum die angesagten Bäckereien auf Bio setzen
BIOMÄRKTE
Eine österreichweite Übersicht
ORGANIC C AT E R I N G Immer mehr wollen Biocatering
,
: s t u a h c Jรถ s g von Bio Hoanuid ,s! St
VON TOLLEN BIENEN AUS ร STERREICH! STAUDS.COM
Liebe Genießerinnen und Genießer,
B I L D E R : M A N F R E D W E I S , I S T O C K .C O M / S A Q U I Z E TA
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in Jahr ist nun vergangen, seit wir im biorama Verlag zum ersten Mal unser jährliches Bookazine Bioküche Österreich veröffentlicht haben. Schon Anfang dieses Jahres haben uns sowohl der Erfolg und das positive Feedback der Leser als auch der Proponenten der Biobewegung bestärkt, an der neuen Ausgabe für 2020 zu arbeiten. Die Redaktion und unsere Autoren haben sich wieder viele neue Bioprojekte in Österreich angesehen, Produzenten besucht, Lebensmittel und Rezepte verkostet und viele neue Biogastronomen besucht. Jürgen Schmücking hat sich in der Welt der Ziegenhöfe umgesehen und war den Bioschafen auf der Spur. Unser Herausgeber Thomas Weber ist begeistert von frischem, duftendem Biobrot und dem Geheimnis des Sauerteigs. Dass fast alle neuen Vorzeigebäcker rein biologisch arbeiten, ist uns schon früh aufgefallen. Ab Seite 24 blickt er hinter die Kulissen der neuen Bäckerszene Österreichs. Den fleischigen Rezeptanteil in unserem Bookazine haben wir gemeinsam mit der Jagd Österreich diesmal Wildspezialitäten gewidmet. Aus interessanten Buchneuerscheinungen der letzten Monate stammen unsere vegetarischen und veganen Rezepte – allesamt von Gründergeistern und langjährigen Begleitern der Biobewegung. Die nächsten 116 Seiten geben Ihnen einen guten Überblick über richtig gut essen und trinken in Österreich.
Guten Appetit wünscht Micky Klemsch
I N H A LT
Darum setzen die angesagten Bäckereien auf Bio.
24
Biolandbau: Stationen einer anderen Landwirtschaft.
50
70 Sekt Sells: Bioweingut Ebner-Ebenauer.
t l a Inh 6
NEWS
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LAMM & ZIEGE
32
SMART KITCHEN
34
W I S S E N , WA S W I R E S S E N
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TINO PÖLZER
40
WIENER DIRNDL
44
BIOPRODUKT DES JAHRES
55
B I O R E S TA U R A N T S
60
BIOMÄRKTE
68
ERICH MACHHERNDL:
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WILDREZEPTE
82
BIOHONIG
87
REZEPTE / BÜCHER
94
TEST BIOSIRUP
98
MEET THE PRODUCER
Über ein Comeback am Teller Projekt zur Restevermeidung Nachhaltige Kampagne Essig und Bier brauen
Luftburg, Weinhaus Arlt, Bioheuriger Hofer, Humboldt Stubn
Ein Winzer tanzt aus der Reihe
Ausflugsziel BioproduzentInnen
B I L D E R : WA L D H E R R / S T E P H Y Z I N Z-E W E R S , R E I N H A R D G E S S L , W E I N G U T E B N E R E B E N A U E R /M A X I M I L I A N S A L Z E R
4
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BIOGASTRONOMIE:
108
B I O C AT E R I N G
113
BIOSIEGEL EIN ÜBERBLICK
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B I O T E R M I N E 20 20
Nachhaltigkeit außer Haus
monopol.at/shop
IMPRESSUM PRODUKTION & MEDIENINHABERIN
biorama GmbH, Wohllebengasse 16/6, 1040 Wien G E S C H Ä F T S F Ü H R E R Martin Mühl H E R A U S G E B E R Thomas Weber C H E F R E D A K T E U R Micky Klemsch G E S TA LT U N G Selina Alge C O V E R Cathrine Stukhard, Kerstin Rohrer, Christian Fleiss, iStock.com/taratata A U T O R E N Iris Eichtinger, Reinhard Gessl, Michael Klemsch, Martin Mühl, Lucia Scarpatetti, Jürgen Schmücking, Thomas Stollenwerk, Thomas Weber, Nikolaus Zelewitz, Irina Zelewitz L E K T O R AT Katja Schifferegger D R U C K NP Druck, 3100 St. Pölten K O N TA K T redaktion@biorama.eu V E R K A U F S P R E I S ¤ 7,90 oder als Bonus im Rahmen eines biorama-Abos (¤ 25,– für 6 Ausgaben + Bioküche Österreich 2020) www.monopol.at/ shop/biorama-abo V E R T R I E B österreichweit über Trafiken, im Biohandel und im Direktvertrieb
Limitiert auf wenige Hundert Flaschen ist der BIORAMA Bio-Gin 2017 das Ergebnis unserer BIORAMA Lesersafari ins Waldviertel. Biopionier Martin Artner hat uns in seine Biobaumschule eingeladen und mit uns aus der Ernte seiner Apfel-Mutterbäume einen feinen Gin destilliert. Erhältlich in unserem Onlineshop.
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12.02.19 15:08
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NEWS
2019
GASTRONOMIE
»Richtig Gut Essen« waren die Testesser von biorama über die Sommermonate in diversen Gastro-Partnerbetrieben der Bio Austria. Auf dem gleichnamigen Foodblog www.richtiggutessen.at werden seit Jahren nachhaltige Gastro- und Hoteleriebetriebe mit hohem Bioanteil getestet und mit einem Punktesystem bewertet. Hier wird neben Geschmack und Auswahl der Speisen auch das Ambiente, das Service und die nachhaltige Ausrichtung bewertet. Gemeinsam mit der Bio Austria wurde 2019 schon zum fünften Mal die Bio Gastro Trophy ausgerichtet, bei der aus den TeilnehmerInnen durch den Testbericht, die Publikumswertung und einem finalen Juryentscheid die Sieger in drei Kategorien ausgezeichnet wurden. Als bestes Biorestaurant ging diesmal Kolariks Luftburg im Wiener Prater hervor. Hier wurde insbesondere hervorgehoben, welche Anstrengungen das Team um Elisabeth Kolarik hatte, einen Betrieb in dieser Größenordnung bei den Speisen komplett auf Bio umzustellen. Mithilfe der Stadt in Form von Oekobusiness Wien ist man nun seit diesem Jahr bei den Speisen zu 100% biozertifiziert. Die Auszeichnung für das »Beste Bio-Frühstück« ging an »die Tortenkomponisten«, welche auch aus dem Pulikumsvoting als Gewinner hervorgingen.
Sabrina und Manuel Mauerhofer sind im steirischen Söding Biokonditormeister aus Leidenschaft. Für das größte Bio-Engagement wurde 2019 das Lokal und Catering »BioMio« ausgezeichnet. Seit 2015 begeistert Christian Fleiss, der unter anderem bei Haubenkoch Josef Illinger gelernt hat, seine KundInnen mit gehobenem Biocatering. Aufgrund seiner nachhaltigen Einstellung, seiner Begeisterung zur Natur und zur Lebensmittelqualität stand für sein Catering MioBio von Beginn an fest, 100% Biospeisen anzubieten. MioBio verbindet Leidenschaft für hochwertige Kulinarik mit einem klaren Bekenntnis zu Bio. »Als Verband der österreichischen Biobäuerinnen und Biobauern unterstützt Bio Austria-GastronomInnen im ganz Österreich bei der Umstellung auf Bioprodukte und bei der Ausweitung ihres Biosortiments. Mit der bio gastro trophy wollen wir herausragende, biozertifizierte Gastronomiebetriebe vor den Vorhang holen und so auch anderen Gastronominnen und Gastronomen Lust auf die Verwendung biologischer Lebensmittel aus der Region machen«, so Bio Austria Obfrau Gertraud Grabmann anlässlich der Preisübergabe. Die Geschichte geht weiter – mit der Bio Gastro Trophy 2020.
BILDER: FRANZ WEINGARTNER
Bio Gastro Trophy 2019
2 erfrischende Gründe mehr zu dudeln Almdudler Organic Ingwer & Lemon Schon seit über 132 Jahren hegt die Familie Klein eine Leidenschaft für Limonaden. Es sprach damals zwar noch keiner von Bio, aber Natürlichkeit und Qualität waren schon immer oberstes Gebot bei Almdudler. So auch bei der neuen Almdudler Organic Linie, einem Herzensprojekt der Familie, das perfekt mit dem
Gertraud Grabmann (Bio Austria Obfrau), Manuel Mauerhofer (die Tortenkomponisten), Elisabeth Kolarik (Kolariks Luftburg), Micky Klemsch (BIORAMA), Marianne Kolarik (Kolariks Luftburg), Ursula Melchhammer und Mike Sperr (Gastschmiede), Familie Fleiss (MioBio), Wolfgang Fink (VFI), Horst Moser (Biogast), Veronika Weber (Gewinnerin des Urlaub am Biobauernhof), Agnes Grobner (Bio Austria)
Original Almdudler Geschmackserlebnis harmoniert. Die zwei neuen Almdudler Organic Sorten Ingwer und Lemon sind 100 % BIO und 100 % VEGAN. Made in Austria. Bei Almdudler heißt es schon seit Beginn: Keine Konservierungsstoffe und keine künstlichen Aromen – Almdudler ist und bleibt natürlich echt. „Das Beste: Mit Almdudler Organic hält man ein echtes Stück ,Made in Austria‘ in den Händen, das sorgfältig ausgewählte Inhaltsstoffe enthält und von einem österreichischen Familienunternehmen kommt“, erklärt Sprudelfabrikant Thomas Klein stolz. almdudler.com
Gratulierten den SiegerInnen: Micky Klemsch (BIORAMA) und Agnes Grobner (Bio Austria) P RO M OTI O N
8
NEWS
B I O H O F G L AT Z L
Es ist schon lange her, dass im Tiroler Oberland mehr als die Hälfte der Ackerfläche mit den sogenannten Tirggen (Körnermais) bebaut wurde. Nun wird die Sorte wieder kultiviert. Ein Biobauer brennt daraus auch Whiskey. Am Biohof der Familie Glatzl in Haiming wird der Anbau von Tirggen schon wieder viele Jahre gepflegt und verschiedene Produkte wie Polenta, Mehl und Cornflakes erzeugt. Ein alter Müller hat einmal erzählt, dass er aus dem sogenannten Muesmehl Schnaps gebrannt hat. Das brachte die Familie auf die Idee, das Maismehl zu verflüssigen. 2015 startete dann das Projekt Mais-Whiskey. Die letzten drei Jahre lagerte der Maisbrand in heimischen Eichen-
fässern und wurde heuer abgefüllt. Hergestellt wurde der Whiskey nach amerikanischer Bourbon-Art – und übertrifft diesen sogar: Der Tiroler Whiskey wird aus 100 % reinem, biologischem Maismehl hergestellt. Er besticht durch eine komplexe dunkelgoldene Farbe. In der Nase sind angenehm nussige, karamellige Düfte wahrnehmbar, die durch eine dezente Vanillenote untermauert werden. Die Karamellnote begleitet bis auf den Gaumen, wo sie sich mit Nuancen von dunkler Schokolade abwechselt. Am Gaumen füllig dicht mit einer schönen, fast brotigen Getreidenote, die durch einen leichten Holzcharakter untermauert wird.
B I L D E R : H A I M I N G E R B I O W H I S K E Y, B I O H O F G L AT Z L
Tiroler Bio Whiskey
Prickelnder Biogenuss Das Döblinger Traditionsunternehmen Kattus, heimischer Pionier am Sektmarkt, hat im September seinen ersten Biosekt präsentiert. Die schlicht gehaltene Flasche gibt es vorerst nur in einer limitierten Edition von 10.000 Flaschen. Im nachhaltigen, regionalen Anbau erzeugt, zeichnet sich das flotte Mousseux durch ausgeprägte Veltlineraromatik aus.
B I L D E R : K AT T U S
kattus.at
Lebensmittelverpackungen aus Bioplastik – Zukunftsmusik? Österreich ist Vorreiter bei der Vermeidung von Einweg-Kunststofftragetaschen. Ein Gesetz zum Umgang mit Lebensmittelverpackung im Handel tritt mit 1. Jänner 2020 in Kraft und verbietet Plasticksackerl. Doch Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff – biologisch abbaubare Produkte sind nach wie vor erlaubt. Das ruft TÜV AUSTRIA auf den Plan. Das Unternehmen ist seit 25 Jahren als unabhängige Prüfgesellschaft Weltmarktführer bei Bioplastik-Zertifizierung und bietet mit dem OK compost-Logo Orientierung. Weiterhin erlaubt sind „sehr leichte Knotenbeutel“ (Obst- und Gemüsesackerl), die aus nachwachsenden Rohstoffen z.B. aus Maisstärke, hergestellt werden und zur Eigenkompostierung geeignet sind. Zu erkennen sind die Alternativ-Produkte anhand des aufgedruckten TÜV AUSTRIA OK compost-Logos. Diese Produkte zersetzen sich innerhalb von maximal zwölf Wochen am Heimkompost und zerfallen spätestens nach sechs Monaten zu mindestens 90%. tuv-at.be/de/ok-compost/
E N TG E LTLICH E E I N S C HA LT U N G
K AT T U S O R G A N I C
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NEWS
Tiroler
e s ä K o Bi
Das Beste vom Berg
AUS BIO HEUMILCH
Aus der Tiroler Bio-Heumilch entstehen in 10 Tiroler Kleinsennereien variantenreiche Käsespezialitäten. Hier im Bild Franz Hollaus von der Bio-Sennerei Hatzenstädt. Die Erzeugung von Lebens- und Genussmitteln höchster Güte stärkt die regionale Wirtschaft und sichert den Fortbestand der Berglandwirtschaft. BIO vom BERG unterstützt die Zukunft im Berggebiet aus Überzeugung und Leidenschaft. Für den Tiroler Ursprung bürgt das Gütesiegel „Qualität Tirol“. biovomberg.at
B I O K Ü C H E Ö S T E R R E I C H 2 020
MAX UND MALZ
BILDER: MICHAEL MICKL
Ein neuer Stern am BiobierHimmel Seit 2017 braut Maximillian Meindl in Kallham im oberösterreichischen Hausruckviertel. Bei Bierprofessor Alex Jäger an der FH Wels hat der Newcomer Bierbrauen gelernt. Ab diesem Zeitraum hat er sein Herz, das bis dato der Musik – insbesondere Techno – gehörte, an das Bierbrauen verloren. Vier verschiedene Sorten, alle rein biozertifizierte Biere, bietet er mittlerweile an. Hauptsorten sind Zwickl, Weizen, Red Ale und Oatmeal Stout – dazu kommen saisonal im Winter ein Mehrkornbier, im Frühling ein Maibock, im Sommer ein Limelight Kölsch und für den Herbst der Bock und ein Powidlbier. Dass die ersten Malze von Ploberger in Bioqualität gekauft wurden, war für Max selbstverständlich. Mittlerweile hat er sich zertifizieren lassen und ist Mitglied der Bio Austria. Gebraut wird übrigens auf einem 3-Geräte-Sudwerk mit einem Tagesausstoß von etwa 280 Litern Bier. Untergebracht ist die eigene Brauerei in einem alten bis dahin leerstehenden Schlachthaus in der Nachbarschaft. Ziel ist vor allem die regionale Versorgung der Bierliebhaber und die Konstanz der Qualität. Trotz erster Listungen in regionalen Supermärkten und den Bioläden in der Umgebung hält sich der Expansionsdrang in Grenzen. Small is beautiful, und schmeckt auch gut. maxundmalz.at
Vom Musikmanager zum Biobrauer: Max Meindl.
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NEWS
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Krönung für Bio-Leitfigur Sepp Zotter Josef Zotter ist für seine innovativen und kreativen Leistungen mit der Walter-Scheel-Medaille 2019 geehrt worden. Seit 2014 zeichnet diese alljährlich Personen aus, die sich in ganz besonderer Weise um die europäische Genusskultur verdient gemacht haben – auch der Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann sowie die Austernzucht-Familie Gillardeau oder die Champagnerlegende Pierre-Emmanuel Taittinger befanden sich schon unter den Preisträgern. Für Josef Zotter ist die Walter Scheel Medaille aus kulinarischer Sicht eine der größten Auszeichnungen in seiner Unternehmensgeschichte. Walter Scheel war ein starker Vordenker, auch was Migration betrifft. Er hat erkannt, dass Entwicklungshilfe und die Ökologisierung der Landwirtschaft am besten über fairen Handel funktionieren, weil jeder der HandelspartnerInnen seine menschliche Würde und Wertschätzung bekommt. zotter.at
Verdient um die europäische Genusskultur: Josef Zotter.
B I L D E R : Z O T T E R ( M AT T H I A S J U N G , R O B E R T L E I T N E R )
S C H O KO L A D E M A N U FA K T U R Z O T T E R
~ NATUR ~ RESORT BIO Seminar Hotel Wellness Restaurant Pöllauberg Oststeiermark www.retter.at
Wellness mit Bio-Genuss Ein Seminarangebot oberster Güte und individueller Green Spa Genuss und Entspannung sind im Hotel Retter kein Wi- Im Wellnessreich „Bewusst Sein“ erwartet die Gäste auf derspruch. Das garantieren die idyllische Hotel-Anlage, 1.200 m² ein beheizter Außenpool und ein Innen-Whirldas Bio-Restaurant und über allem das Engagement pool. Wohlfühlen bedeutet hier, dass eine Naturparksauder Familie Retter sowie die prächtige Natur-Alleinlage na mit Naturschwimmteich für Erbauung sorgt und dass im steirischen Pöllauberg. Auch mit dem der Gast mit reiner Biokosmetik und regioenergieoptimierten Retter BioGut, gleich nalen Behandlungen verwöhnt wird. neben dem Hotel, hat sich die Familie RetSpür die Natur – ein Angebot ter einen Traum erfüllt. Das Hotel ist von 12 ha Bio-Obstbau umgeben und im Kreislauf • 2 oder 3 Nächte inkl. Allzeit-Bio-Genuss der Natur vom Ursprung zur Vollendung • 1Teilmassage (25 Min.) oder werden Quitten, Birnen, Äpfel selbst ver1 Gesichts-Relax-Massage (25 Min.) arbeitet. In der Bäckerei werden Bio-Brot, • GenussCard mit 200 Ausflugszielen Gebäck und Mehlspeisen, in der Eiserei (März bis Oktober) feinstes Bio-Eis, in der Brennerei Destilla• Führung und Verkostung im te, in der Einkocherei Marmeladen und in Retter BioGut (freitags und samstags) „Mein der Kräuterei feine Tees hergestellt. • Zeit für S‘ICH im Wellnessreich RETTER „Bewusst ,Sein‘“ auf 1200 m² für zu Hause“ BIO am Teller • Abschiedsgeschenk vom Retter BioGut Das spezielle 2 Nächte ab € 284,– / 3 Nächte ab € 405,– Verarbeitet werden ausschließlich BiofreiRetter-Feeling für landtiere, und das im Ganzen. Fleisch ist zu Hause. Mit Tipps Für die Gäste gibt es 10 E-Tankstellen sofür die Retters etwas Besonderes und kein und Tricks, Anekdowie 1 Öko-Genuss-Mobil (BMW i3) und ein Massenprodukt. ten und Anregungen, Gartengeheimnisse Gäste-Abholservice im Tesla Model S. Der Obstbau um das Hotel Retter ist seit und köstliche (Bio-) Retter Bio-Natur-Resort 1992 biozertifiziert, die Küche seit 2004. Kochrezepte. A-8225 Pöllauberg 88, Steiermark, Statt Weizen wird generell mit Bio-Dinkel www.retter.at/shop hotel@retter.at, T: +43 3335 2690, gekocht, und auch Allergiker und Veganer (Styria Books) www.retter.at finden ein großes Angebot.
E N T G E LT L I C H E E I N S C H A LT U N G
ZEIT FÜR S’ICH
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r e l Sa" e k c ü st NEWS
Wohin mit überschüssigen Nüssen? Nussland-Gründerin Julia Taubinger über Österreichs neue Nussplantagen – und das Eichhörnchen als wichtigsten Mitarbeiter.
Interview vо
THOMAS WEBER
Sie kaufen und veredeln sowohl Bionüsse als auch unzertifizierte aus privaten Gärten und auch solche aus konventionellen Nussgärten. Warum?
Walnüsse von Biobetrieben mit Zertifikat werden bei uns genauso angekauft wie die Nuss aus privaten Gärten – wir nennen sie die NussSammler-Nuss – oder eben auch die konventionelle Walnuss aus landwirtschaftlichen Flächen. Wichtig ist für uns, dass wir nachvollziehen können, wie viele Walnussbäume der Lieferant besitzt. Wir trennen bei der Lagerung, beim Knacken und Verarbeiten strikt zwischen den verschiedenen Anlieferungen. Biobetriebe sollten ihren Walnussbaumbestand überprüfen und zertifizieren lassen. Unsere Lie-
feranten sind aktuell noch keine Plantagenbesitzer. Unsere Ankaufskriterien und Qualitätskontrollen bei der Übernahme sind genau und strikt. Das garantiert auch, dass wir die Ware frisch und hygienisch sauber anbieten können. Wir bieten somit regionales Superfood. Wie unterscheidet sich die konventionelle Nussproduktion in unseren Breiten von der kontrolliert biologischen?
Natürlich betrachtet noch nicht sehr. Sobald es in Österreich Plantagennüsse geben wird, wird der Unterschied groß sein. Deshalb beginnen wir bereits, bei den ProduzentInnen das Bewusstsein zu schärfen. In Österreich wurden in den letzten Jahren 1.500 Hektar Walnussplantagen angelegt.
Auch Privatpersonen können mit selbst im Garten oder wild am Wald- und Wegesrand gesammelten Nüssen zu Ihnen kommen. Wie viele private Lieferanten hat denn Nussland?
Über 2.000 – und es dürfen mehr werden. Damit die Nuss zu uns kommt, kommen wir zu den Nüssen. Wir haben einige Übernahmestellen für Walnüsse bereits verteilt in Ober- und Niederösterreich. Mit der Nähe zu den LieferantInnen erreichen wir österreichweit auch kleinere ProduzentInnen und SammlerInnen. So werden unnötige Auto-Kilometer vermieden und wir erhöhen das Sammelvolumen. Wenn ich Ihnen ein Kilogramm selbst gesammelter Nüsse aus dem Garten bringe, was bekomme ich denn dann dafür?
Die Preise variieren von Jahr zu
Für die BioPause im Büro
Nussland aus Bergland in Niederösterreich kauft ungeknackte Walnüsse, löst sie in der modernsten Nussknackanlage Europas aus und veredelt sie u.a. zu würzigen Nuss-Snacks, Pestos und Musen. Jahr und von Nussbaum zu Nussbaum und von konventionell zu bio. Dieses Jahr gab es europaweit gute Ernten. Trotzdem haben wir für österreichische Walnüsse versucht, den Preis stabil zu halten. In einem schlechteren Nussjahr wünschen wir uns, dass wir viele Menschen motivieren können, uns Ware zu bringen. Die Preise lagen heuer zwischen ¤ 1,20 und ¤ 2,50 – abhängig von den genannten Parametern.
BILDER: NUSSL AND
Gibt es bei Walnüssen eigentlich richtige Schädlinge? Das Eichhörnchen, das Sie im Logo führen, ist ja nicht wirklich einer, oder?
Das Eichhörnchen ist unser bester Mitarbeiter. Jede Walnuss, die das Eichhörnchen vergräbt und nach dem Winter nicht mehr findet, ist ein weiterer potentzieller Baum.
Das ADAMAH BioBüroKistl versorgt kleine und große Teams ganz bequem mit frischen BioVitaminen, fair gehandeltem Kaffee, fruchtigen Säfte, Nüssen und anderen BioEnergiespendern. Probier‘s aus: Wir schicken ein BüroKistl kostenlos auch in dein Büro. www.adamah.at/biobuero
nussland.at
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LAMM & ZIEGE
Eyeyeyey, die Goas is
! k c a b
B I O K Ü C H E Ö S T E R R E I C H 2 020
BILD: MICKY KLEMSCH
Erleben wir gerade das Comeback von Schaf & Ziege? Was haben sie am Teller – abgesehen von Milch und Käse – zu bieten? Welche Köche holen gerade Schaf und Ziege aus ihrer kulinarischen Versenkung? Jürgen Schmücking hat sich auf Schafweiden und in Ziegenställen umgehört.
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Text vо
JÜRGEN SCHMÜCKING
I
ch bin kein Freund von Zahlen. Die »Schönheit und Präzision« der Mathematik hat sich mir nie erschlossen. Allein den herrlichen Unschärfen der Wahrscheinlichkeitsrechnung und der Statistik ist es zu verdanken, dass ich mich durch die Schul- und Studienzeit retten konnte. Genau dort ist mir das Ziegenproblem zum ersten Mal begegnet. Vor über 30 Jahren. Es ist ein Gedankenexperiment, das überhaupt nichts mit Essen, Trinken oder Genuss zu tun hat. Eher mit Glücksspiel. Und nachdem ich auch damit nichts am Hut habe, verschwand das Ziegenproblem aus meinen Gedanken. Dass es mir Jahre später ausgerechnet in den Tiroler Alpen wieder begegnet, damit hätte ich nicht gerechnet. Zugegeben, es hat mit ersterem – vom Namen abgesehen – nicht viel gemein. Es geht schlicht um das reale Dilemma, dass Ziegenmilch und Ziegenkäse ohne Kitze nicht möglich sind. Das ist noch kein Dilemma an sich, wäre da nicht der Umstand, dass es – vor allem für männliche Kitze – keinen Markt gibt, sodass ein großer Teil der Bockbabies im günstigen Fall als Billigstfleisch exportiert und/oder zu Hundefutter verarbeitet, im ungünstigen Fall anderweitig »entsorgt« wird. Bei den Schafen ist das nicht anders. Wer Schafkäse will, muss wissen, dass das nur funktioniert, wenn die Schafe auch Lämmer kriegen dürfen. Der einzige Unterschied ist, dass das Lammfleisch um einiges besser beleumundet ist als das Kitzfleisch. Woran das liegt? Schwer zu sagen. Tatsache ist, dass wir sehr weit zurückblicken müssen. Die Wurzel der Ungerechtigkeit ist schon in der Bibel finden. Während auf der einen Seite vom »Lamm Gottes« die Rede ist (wobei zugegebenermaßen »Geiß Gottes« doch einigermaßen seltsam klingt), wird die Ziege eher in Verbindung mit dem Teufel gebracht, und wenn wir von Zicken reden, denken wir in der Regel nicht wohlwollend von den so Genannten.
LAMM & ZIEGE
Am kulinarischen Wert kann es nicht liegen. Kitzfleisch ist eleganter und nimmt die Aromen der Gewürze viel dankbarer auf als Lammfleisch. Die Rezepte dazu sind klassisch und vielfältig. Vom ganzen Milchkitz aus dem Bräter (einfach & mit garantiertem Wow-Effekt),
»Das Kitz bietet kulinarische Vielfalt.« über traditionelle gebackene Gustostückerl vom Kitz bis hin zum Kitzbeuschel: Das Kitz bietet kulinarische Vielfalt, und wer sich jetzt für Kitzfleisch entscheidet, leistet einen erheblichen Beitrag zu Arterhaltung und Tierschutz. Leicht abzulegen ist das Stigma nicht. Lange war die Ziege als »Eisenbahnerkuh« und Armeleute-Essen in Verruf geraten. Der Verkauf an die Gastronomie gestaltet sich daher ausgesprochen schwierig. Einer, der es wissen muss, ist Peter Senftlechner aus Ehrwald, bekannt als »Ziegenpeter« oder »Ziegenpeterhof«. Auf dem Biohof leben etwa 50 Gämsfarbige Gebirgsziegen, eine schwarz-braune Rasse mit Schweizer Wurzeln. Eigentlich sind die Gämsfarbigen eine Milchrasse, weshalb es auch sensationellen Käse und gute Milch vom
Hof gibt. Es wird aber auch geschlachtet (und großteils ab Hof vermarktet). Frisches Kitzfleisch gibt es klarerweise um Ostern herum. Das Fleisch von Jung- oder Altziegen auch ganzjährig, wobei daraus in der Regel diverse Würste und Aufstriche gemacht werden. Das hat in Tirol durchaus Tradition. Es gibt kaum einen Bauernmarkt, der nicht auch einen Stand mit Ziegenboxeln oder Ziegensalami im Programm hätte. Ein Betrieb (den es heute allerdings leider nicht mehr gibt) ging sogar noch einen Schritt weiter. Brigitte und Thomas Eberharter aus dem Alpbachtal haben sich – vom Problem selbst massiv betroffen – andere Lösungen überlegt. Gemeinsam mit einem Tiroler Metzger stellten sie Kitzbratwürste, Leberknödel und Leberkäse her. Die Produkte waren umwerfend und fehlen heute auf der kulinarischen Landkarte des Landes. D I E Z I E G E N M A M A VO N E I S E N S TA D T (Viel) weiter im Osten, am Ortsrand von Eisenstadt liegt der Biohof Klampfer. Ein Biobetrieb der ersten Stunde und seit – gefühlt – Jahrzehnten für herausragende Bioweine bekannt. Aber eben nicht nur. Andrea Klampfer, verantwortlich für die Ziegen am Hof, hat sich für die Vermarktung etwas Besonderes einfallen lassen. Ursprünglich ging die Karriere der jungen Hirtin in eine ganz andere Richtung: Theater- und FilmStudium, danach Produktions- und Regie-Assistentin an verschiedenen Wiener Theatern. »Irgendwas mit Medien«, wie das damals den Eltern am Land erklärt wurde. Aber genau da zog es Andrea wieder hin. Aufs Land und zu den Tieren. Die Tiere, das sind eine lebendige kleine Herde von schneeweißen Saanen- und graubraunen
Von der Kultur hat es Andrea Klampfer zu ihren Ziegen nach Eisenstadt gezogen.
BILDER: JÜRGEN SCHMÜCKING
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Tierwohl im Kreislauf des Lebens Hochwertige Lebensmittel können nur von Tieren stammen, die sich rundum wohl fühlen. Somit ist es selbstverständlich, dass Tierwohl für die Ursprungs-Bauern und -Bäuerinnen höchsten Stellenwert haben. Im Rahmen der wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsbewertung spielen diese Kriterien auch im „Kreislauf des Lebens“ von Zurück zum Ursprung eine
große Rolle. Beispielhaft für die Ziegenhaltung bedeutet das: Die Tiere dürfen ganzjährig ins Freie, es gibt verpflichtende Weidehaltung, sie werden nicht enthornt und erhalten sojafreies, wiederkäuergerechtes Gras- und Raufutter. Dabei kommt nur österreichisches Bio-Futter zum Einsatz, wobei 75% vom jeweiligen Betrieb stammen müssen. zurueckzumursprung.at
amedeo modigliani | lieGender aKt
Meisterwerke in Öl Seit jeher sind die größten Künstler auf der Suche nach Schönheit, um sie in einzigartigen Meisterwerken zu verewigen. unser tipp: eine regelmäßige dosis Omega-3-fettsäuren. Zum Beispiel in form unseres wohltuenden Hanföls zur innerlichen reinigung. aber auch in unserem Hanfmehl finden Sie eine Portion davon – glutenfrei, zusammen mit wertvollen Ballaststoffen und pflanzlichen Proteinen. denn wahre Schönheit entsteht dort, wo Körper, Geist und Seele in Harmonie sind. Ölmühle Fandler | Pöllau | www.fandler.at
E N TGE LTLICH E E I N SC H ALTUN G
Beispielhafte Tierhaltung: Die Ziegen der Ursprungs-Bauern und -Bäuerinnen dürfen ganzjährig ins Freie und werden nicht enthornt.
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LAMM & ZIEGE
Toggenburger-Ziegen. Für diese Ziegen – eigentlich für den Kindergarten der Herde, die Kitze – kann man Patentante oder Patenonkel werden. Man übernimmt rund um Ostern einen Schützling und erwirbt damit das Recht, über das Leben der Ziege informiert zu bleiben. Und natürlich das eine oder andere Produkt aus dem Sortiment des Biohofs. Ein Fleischprojekt ist die Biogoas-Patenschaft nicht. Obwohl auch klarerweise Tiere geschlachtet und vom Dorfmetzger zu köstlicher Salami verarbeitet werden. Im Vordergrund steht das aber nicht. Immerhin ist es gar nicht selten, dass den Kitzen am Beginn der Patenschaft Namen gegeben werden. Womit das mit der Schlachtung erst einmal vom Tisch ist. Nur wenige Kilometer von Eisenstadt entfernt liegt Purbach. Das ist in diesem Zusammenhang deshalb wichtig, weil dort die Wirkstätte von Max Stiegl liegt: das Gut Purbach. Max Stiegl ist landesweit als Koch mit zwei Fetischen bekannt: radikal pannonische Küche mit (herkunftsbedingt) slowenischem Einschlag und eine fast schon provokante Ader für ausgefallene Tiere und deren Innereien. Legendär sind mittlerweile seine Sautänze (mit den geschmorten Rüsseln) oder die Wildvogelmenüs (mit Singvogelzungen und Schnepfendreck). Seit Kurzem gibt es auch ein Ziegenmenü. Mit einer im Tempura-Teig gebackenen Ziegenleber. Ziegenherzcurry mit Pilzen und als Hauptgang einen rosa gebratenen Ziegenrücken. Genau da liege aber der Hund begraben, meint Stiegl. Denn was beim Lammkrönchen gewünscht ist, nämlich, dass es genau nicht völlig durchgebraten ist, ist bei der Ziege noch suspekt. Das Beste von der gämsfärbigen Gebirgsziege: Käse von Ziegenhof Haidacher.
Der charakteristische (und intensive) Geschmack der Ziege ist noch nicht im Mainstream der kulinarischen Vorlieben angekommen. Übrigens leistet nicht nur Stiegl Pionierarbeit in Sachen Ziege. Auch die Healthy Boy Band, eine Gruppe ausgeflippter junger Köche aus Österreich, wurde mit ein paar Freunden nach Lyon eingeladen, um am Attable Festival der Ziege zu frönen. »Goat save the Queen« nannten sie ihren Auftritt, an dem sie sich nose-to-tail an der Ziege abarbeiteten und dabei einen bleibenden Eindruck hinterließen. Dass es Menschen gibt, die sich kleine Zicklein vor-
»Der charakteristische (und intensive) Geschmack der Ziege ist noch nicht im Mainstream der kulinarischen Vorlieben angekommen.« stellen und danach keinen Bissen hinunterbringen, ist klar. Es gibt kaum ein Tier, das mit seiner hohen Stirn und den treuherzigen Augen dem Kindchenschema so gut entspricht wie ein junges Kitz. Aber junge Lämmer sind auch süß anzusehen. Und schmecken trotzdem großartig. Aber dazu kommen wir gleich. Davor noch ein paar Hinweise, wo in Österreich gutes Ziegenfleisch zu bekommen ist. Max Stiegl holt sich zum Beispiel regelmäßig eine Geiß von Monika Liehl in Parndorf. Wer sie sucht, muss nur »Ziegenliebe« in die Suchmaschine klopfen. Oder einfach – im echten Leben – den Markt der Erde in Parndorf besuchen. In Oberösterreich, genauer im Mühlviertel, bekommt man am Ziegenhof Haghofer Biokitze von Gämsfarbigen Gebirgsziegen. Während der Großteil der Ziegen-Heumilch an die Biogenossenschaft Schlierbach verkauft wird, werden die Kitze über die Vermarktungsplattform Nahgenuss.at vertrieben, bei der Tiere erst geschlachtet und zerlegt werden, wenn ausreichend Kunden bestellt haben. Deutlich traditioneller geht es in Kundl in
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Fuxteufels Steinschaf, als Fingerfood serviert. Tirol zu. Josef Margreiter, Biobauer im Tiroler Unterland, vermarktet Kitz- und Jungziegenfleisch ab Hof. Hauptsächlich an private Abnehmer. Die Gastronomie geht in der Regel eher auf Tauschstation.
BILDER: JÜRGEN SCHMÜCKING
»… A C L E V E R S H E E P « Wie es allerdings auch anders gehen kann, zeigt das Projekt der Montafoner Steinschaft in Vorarlberg. Die Geschichte der Schafe als Nutztier ist zwar nicht ganz so alt wie die Geschichte der Menschheit selbst, aber genauso alt wie die Geschichte unserer Sesshaftwerdung. Darüber, dass das Schaf ein Haustier der Urgeschichte sei, ist sich die Wissenschaft erstaunlich einig. Sein Urahn ist mit großer Wahrscheinlichkeit das armenische Mufflon. Seit jeher gelten die Schafe, die sich aus diesem Mufflon entwickelt haben, als robust, genügsam und anpassungsfähig. Eigenschaften, die ihre Haltung und Domestizierung enorm erleichtern. Das Montafoner Steinschaf gehört, wie der Name schon sagt, zur Gruppe der Steinschafe. Genauer gesagt zur Rassengruppe der mischwolligen, asaisonalen Steinschafe, die auf das Zaupelschaf zurückgehen. Davon haben wir in Österreich einige: das Tiroler Steinschaf (oft auch Tuxer Steinschaf ), das Kärntner Steinschaf und das alpine Steinschaf, das in der Literatur oft mit dem Montafoner Steinschaf in einem Atemzug genannt wird. Lange wurde angezweifelt, ob das Montafoner Steinschaf überhaupt eine eigenständige Rasse sei. 2002 präsentierte die Universität für Bodenkultur allerdings
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eine Studie, die den Montafoner Steinschafen eine sehr große genetische Distanz zu allen anderen österreichischen Schafrassen bescheinigt. Vielmehr sei eine Verwandtschaft zum Bündnerschaf feststellbar, das wiederum ein direkter Nachfahre des Torfschafs ist. Jener historischen Rasse, die den Menschen bereits zur Zeit der Pfahlbauten zur Seite stand. Die Erhaltung der Rasse ist daher nicht nur aus Gründen der Erhaltung der biologischen Vielfalt von Bedeutung, sie hat auch kulturgeschichtliche Relevanz. Für den Namen »Steinschaf« gibt es jedenfalls mehrere Erklärungen. Eine Quelle aus dem Jahr 1976 meint, dass damit nur ein geographischer Hinweis auf die Steiner Alpen, einen Gebirgszug im Grenzgebiet von Kärnten und Slowenien, gegeben sei. Nach einer anderen, früheren, Quelle trägt die Rasse ihren Namen »nach ihrem üblichen Aufenthaltsort, denn im wahren Sinne des Worthes fristet es sein Leben sommers zwischen den Steinböcken der Gebirgskämme, Runsen und Mulden in den höchsten Theilen des Gebirges. Es steigt so hoch hinauf, soweit es noch Rasenflächen zwischen den Felstrümmern gibt«. Womit auch eine der wesentlichen Rasseneigenschaften gut beschrieben wird: Die Steinschafe sind gebirgstauglich ohne Ende und somit unersetzliche Helfer gegen die Verbuschung bei der Kultivierung alpiner Weideflächen. Die Rasse hat sich in den letzten 100 Jahren kaum verändert. Das Montafoner Steinschaf zählt unter den österreichischen Schafrassen zu den kleinrahmigsten und genügsamsten Schafen. Bereits 1922 stand die Rasse allerdings kurz vor ihrer Auslöschung. Daran hätte sich vermutlich nichts geändert, hätte sich der Dornbirner Nur wenn wir es nutzen wird das in seinem Bestand bedrohte Montafoner Steinschaf überleben.
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Biobäcker und Landwirt Markus Stadelmann nicht mit Herzblut und Ausdauer für die Erhaltung der Rasse eingesetzt. Neben seiner Bäckerei betreibt Stadelmann auf neun Hektar einen Bergbauernhof und hat sich der Zucht, dem Schutz und der Erhaltung von Kulturpflanzen und Nutztieren verschrieben, die vom Aussterben bedroht sind. Neben einer Herde von knapp 70 Montafoner Steinschafen lebt auch eine Schar Altsteirer Hühner auf dem Hof. Eines der zentralen Anliegen von Markus Stadelmann ist die stressfreie Schlachtung. Hofschlachtungen (eindeutig die beste aller Möglichkeiten), bei denen auf die Transportwege zum Schlachthof verzichtet werden kann, sind nur in Ausnahmefällen und mit hohen Auflagen erlaubt. Für die Variante der mobilen Schlachtung fehlte lange der politische Wille. Ab Ende 2018 könnte es allerdings bundesweit zu einer Freigabe der mobilen Schlachtung kommen. Ein entsprechender Beschluss dafür liegt bereits vor. Beim mobilen Schlachten unterscheidet man die mobile Schlachtbox, in der die Tiere zuerst betäubt und ausgeblutet werden, um dann für die Zerlegung zum nächsten Schlachthof gebracht zu werden. Beim mobilen Schlachthof fällt dieser Schritt weg, weil darin alles vorhanden ist, was zur Grobzerlegung der Schlachtkörper notwendig ist. Vor allem die Kühlung und das entsprechende Werkzeug. Es ist jedenfalls wünschenswert, dass dieser Schritt nicht mehr lange auf sich warten lässt. Einen Mitstreiter und Fürsprecher für die stressfreie Art des Schlachtens hat Markus Stadelmann in Matthias Ammann. Ammann ist Berater und Netzwerker und begnadeter Genießer. Die Schafzucht sieht er
zwar nur als Hobby, verbringt aber jede freie Minute mit »seinen« Steinschafen am Kapiescha Hof. Der Hof der Familie Morscher ist ein Biobetrieb am Thüringerberg, nahe Ludesch im Walsertal. Es kann nur ein Biobetrieb sein, denn – nicht wirklich typisch für Vorarlberg – der ganze Thüringerberg ist bio. Inklusive einer sensationellen Sennerei im Tal. Im Sommer sind die Schafe auf der Alpe Alpila, im Winter am Hof. Drei Generationen kümmern sich am Kapiescha Hof mittlerweile um die Schafe, die Rinder und die Hühner. Gleich hinterm Stall steht der rote Anhänger. »He’s that most dangerous of animals, a clever sheep«, steht auf der Plane. Ein Zitat aus Monty Python’s Flying Circus. Denn wer sagt, dass so ernste und gewichtige Themen wie die Erhaltung der Artenvielfalt und die Rettung des Planeten durch ökologische Landwirtschaft nicht einen Schuss britischen Humor vertragen. Brexit hin oder her. Womit sich im Übrigen auch der Kreis zur Überschrift wieder schließt. »Eyeyeyey, die Goas ist weg« ist ein volkstümlicher Gassenhauer, den in der Kindheit des Autors jeder kannte, der an einer Skihütte auch nur vorbeifuhr. Heute grölen ihn die Zillertaler Schürzenjäger, die Jungen Zillertaler Schürzenjäger, die Zillertaler Ursprungbuam und die Orignial Zillertaler Irdendwas-Jäger bei ihren Konzerten. Egal. Das Schaf war nie wirklich weg, die Ziege comes back. Nicht nur auf der Almhütte.
BILDER: JÜRGEN SCHMÜCKING
Pflegen die uralte Kulturlandschaft des Montafons: Steinschafe.
DIE WICHTIGSTE ZUTAT? ZEIT! UNSERE SAUERTEIGBROTE
Durch die lange Teigruhe bleibt unser Bio-Feierabend-Bauernciabatta besonders lange frisch, ist gut bekรถmmlich und entfaltet seinen besonderen Geschmack.
KÄ B RS OET
Brot Zeit
Warum in den angesagten Backstuben mittlerweile fast durchwegs bio gebacken wird. Über die Renaissance des Sauerteigs. Text vо
THOMAS WEBER
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er Christoph Chorherr auf seine Leiden- konservativen Herausgebers der Presse, ins Ecklokal schaft für Brot anspricht, muss sich Zeit übersiedelt, wo sie seinen Gästen zur Verfügung steht. nehmen. Dann holt der ehemalige Grü- »Die Bücher sind nicht als Accessoire gedacht«, sagt er, nen-Politiker nämlich ordentlich aus – »das ist mir wichtig. Denn die Bibliothek meines Vaters, und beginnt ganz persönlich und weit vor Pontius und die Klassiker, die amerikanischen Politthriller haben Pilatus. »In eine Bäckerei zu gehen«, sagt Chorherr, »wo mich als Jugendlichen extrem geprägt.« Auch andere frisches Brot aus dem Ofen geholt wird, das ist ein sinn- sollen aus diesem Schatz schöpfen dürfen. liches Urerlebnis.« Zu wissen, wie eng unsere Zivilisation und auch unsere Evolution »mit diesem wunderbaren Prozess der Sauerteigwerdung verbunden ist, in verschiedenen Kulturen, bis hinein in deren Mythen und Religionen«, das lasse einen allerdings auch erkennen, wie sehr dieses Lebens- und Grundnahrungsmittel durch die Industrialisierung unserer Ernährung seiner Qualität beraubt wurde. Pierre Reboul, R-&-D-Abteilung Ströck Chorherr sieht sich als Teil einer weltweiten Bewegung, die »Brot in all seinen bunten Qualitäten wieder spürbar, schmeckbar und erfahrbar machen möch- B I O I S T S E L B S T V E R S TÄ N D L I C H te«. Wobei es sich natürlich um eine Gegenbewegung Bio bei den Zutaten, beim Brot wie beim Kaffee, ist für handelt, eine Gegenkultur im besten Sinn. Auch, weil Chorherr selbstverständlich. Darauf angesprochen verhinter dieser ein Businessplan liegt und der Anspruch, rät sein Blick, dass er weiß, dass er seinem Gegenüber das eigene Geschäftsgebaren nicht am Profit, sondern gar nicht erst erklären muss, warum. Nicht zuletzt hat gleichermaßen am Geschmack wie am Gemeinnutzen seine Partei jahrelang grellgrüne Stoffsackerl mit der auszurichten. »Die Gemeinnützigkeit verstehen vie- Aufschrift »Bio macht schön« verteilt. Warum Bio? Für einen anderen Brotmissionar le nicht«, bedauert der 59-Jährige, dem es eben nicht allein um richtig gutes Brot geht, sondern auch dar- ist das sehr wohl Thema, auch im Freundeskreis. Er um, »das Unternehmertum aus dem inhärenten Wachstumszwang zu befreien«. Die kurz vor Jahreswechsel aufgesperrte Holzofenbäckerei Gragger & Chorherr residiert – keine Überraschung für einen passionierten Stadtplaner und Urbanisten – in einem Stadterweiterungsgebiet in Wien zwei (zu ebener Erde an der Ecke Schweidlgasse / Bruno-MarekAllee), ist »kosten-, aber nicht renditeorientiert« und soll das Grätzl als sozialer Ort beleben. »Die Bäckerei soll auch ein guter Ort zum Verweilen sein, für Treffen, Besprechungen, zum Kaffeetrinken oder um ein Buch zu lesen, denn wir wissen, dass es solche Orte sind, die die Qualität einer Stadt ausmachen.« Als Ort der Auseinandersetzung atmet die Backstube mit einer umfassenden BücherDer Weinviertler Bäcker Georg Öfferl und sein Cousin sammlung auch gleich von Anfang an Ge- Lukas setzen auch in ihrem Wiener »Öfferl«-Bistro (Wien 1, schichte. Chorherr hat die Bibliothek seines Wollzeile 31) auf 100% Bio. Ab 21. Februar ist ihre Dampfbäckerei Vaters Thomas (1932–2018), des legendären auch im Kino zu sehen – in Harald Friedls Doku »Brot«.
»Mit Bio tust du dir selbst etwas Gutes, der Umwelt, dem Boden, den Bauern.«
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argumentiere privat öfter für Bioprodukte, erklärt Pâtissier Pierre Reboul, der in der Wiener Traditionsbäckerei Ströck so etwas wie die personifizierte Research&-Development-Abteilung darstellt. In den 75 Filialen des Familienunternehmens halten sich konventionelle und Biobackware mittlerweile beinahe die Waage. Der Weg weist aber klar in Richtung bio. »Mit Bio tust du dir selbst etwas Gutes, der Umwelt, dem Boden, den Bauern.« Natürlich habe hochwertiges Brot seinen Preis. Doch jeder, der es sich leisten könne, solle sich Bio gönnen. (Siehe Interview Seite 28) NEW BRE AD MOVEMENT »Committed to Organic Food« ist man durchaus auch am Bread Lab der Washington State University. Das Bread Lab ist das Epizentren des neuen nordamerikanischen Brot-Enthusiasmus. Hier kommen sie alle zusammen: Farmers, Breeders, Bakers, Millers, Students und private Bread Enthusiasts. Das gemeinsame Interesse: die bedrohte Sortenvielfalt, die Qualität des Getreides und vor allem auch das Bewusstsein für den Wert des Lebensmittels Brot zu erhöhen. Seinen Antrieb hat Stephen S. Jones, Director des Bread Lab und selbst bedeutender Weizengenetiker, im Interview mit Tobias Müller erläutert: »Hunderte Wissenschafter arbeiten derzeit daran, immer mehr immer billigeres Brot herzustellen. Aber sehr gutes Brot für mehr Leute leistbar zu machen, daran arbeiten viel zu wenige.« Der Ansatz lautet deshalb: Hands on. Laufend lernen am Bread Lab deshalb auch private Brotbegeisterte in Workshops und Kursen, wie sie für den Hausgebrauch selbst Brot backen können. Das Interesse, sich diese Fertigkeiten wieder anzueignen, ist auch in Österreich spürbar. Im Waldviertel gibt es seit einigen Monaten sogar eine eigene Biobackschule, in der die Journalistin und Brot-Bloggerin Elisabeth Ruckser vor allem Kurse zum vielfältigen Thema Sauerteig anbietet und sich dabei neben Roggen- und Weizenmehl verstärkt auch Dinkel, Einkorn und Emmer, aber auch ausgefalleneren Sorten wie dem Waldstauderoggen widmet. D I E G R O S S E L U S T AU F S AU E R T E I G Sich verändernde Vorlieben nimmt auch die österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicher-
Glutenfreiekreiert von Brote Joseph Brot Saaten-Brot Nussig-saftig: eine KastenbrotMischung aus äthiopischem Teff-, Kastanien- und Buchweizenmehl sowie Sonnblumenkernen
Kürbis-Hanfnuss-Brot Bekömmliche Mischung, die neben Kürbiskernen und Hanfnüssen u.a. Reis, Teff, Kastanie, Hafer, Quinoa, Amaranth und –Überraschung! – Hagebutten enthält Hafer-Amaranth-Brot Ordentlich gewürzt (Kümmel, Fenchel, Anis) und mit Salz und Miso abgeschmeckt: ein kräftiger Laib aus Teff, Buchweizen, Kastanien-, Hafer-, Reis- und Amaranthmehl
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Wem Biobrot zu teuer ist, der kann es günstig selbst backen. BIOKÜCHE bat den Chemiker Christian Einzinger, der selbst mit seiner Familie leidenschaftlich gerne Brot bäckt, die dabei anfallenden Kosten zu berechnen: »Für einen 750-Gramm-Laib Brot in unserer Brotbackmaschine komme ich auf Kosten von 1,75 Euro bis 2,25 Euro. Am Beispiel von Französischem Weißbrot setzt sich das etwa so zusammen: 500 Gramm Biomehl (Mischung Weizen und Dinkel) 1,25 bis 1,50 Euro, plus 0,50 bis 0,75 Euro für die restlichen Zutaten – alles bio – wie Hefe, Öl, Zucker, Vitamin C, Salz, und bereits inklusive Stromkosten.«
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Joseph Weghaupt (Joseph Brot) backt seine glutenfreien Brote in einer eigenen Backstube in Wien-Neubau.
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heit (AGES) wahr, die in ihrer eigenen Bäckerei laufend neue Getreidesorten testet und den Brot- und Getreidemarkt im Blick hat. »Ganz generell beobachten wir einen Trend zu regionaler und biologischer Produktion«, berichtet Roland Achatz, Sprecher der AGES. Die Agentur untersucht aktuell auch, wie stark sich die Produktionsweisen bio und konventionell auf die Brotqualität und Backeigenschaften des Getreides auswirken. Dass die Produktionsweise Auswirkungen hat, davon gehen die AGES-WissenschafterInnen aus. Dass sortenreine Brote, wie sie von kleineren Bäckereien, zuletzt aber auch von Ja! Natürlich mit ihrem gemeinsam mit Ströck entwickelten »SonnenUra«, einem sortenreinen Brot aus Schlägler Roggen, angeboten werden, künftig eine große Rolle spielen, glaubt Achatz nicht. »Die Erzeugung sortenreiner Brote ist eine Nische. Die Forderung nach sortenreiner Verarbeitung würde den Erfassungshandel und die Müllereien auch vor große Herausforderungen, was Silokapazität oder
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Unseren Dinkel, Roggen und Weizen beziehen wir auf kürzestem Weg zu 100 % von befreundeten Bio-Bauern aus dem Nachbardorf.
Wir vermahlen unser Vollkornmehl täglich frisch in der hauseigenen Mühle. Unsere Sauerteige ruhen mindestens 48 Stunden.
In traditionellem Bäckerhandwerk backen wir köstliche Brote, Gebäck und feinste Mehlspeisen – auch glutenfrei und vegan!
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Chargenrückverfolgbarkeit angeht, stellen. Viel auffälliger ist jedoch der Trend zu traditionell geführten Teigen wie zum Beispiel Sauerteig.« Traditionell ist Sauerteig vor allem beim Backen von Roggenbrot wichtig, da seine Backeigenschaften schlechter sind als jene von Weizen oder Dinkel. Sauerteig ist gewissermaßen ein lebendiger Teig, der auf natürlichem Weg durch die Fermentation von Wasser und Mehl entsteht (durch darin enthaltene Milchsäurebakterien, Enzyme und wilde Hefen). Entscheidend: Er ist bekömmlich und verleiht Brot einen kräftigen, letztlich unverwechselbaren Geschmack. Nicht zuletzt bleibt Brot durch Sauerteig länger haltbar und saftig – egal, ob wir es in der Bäckerei kaufen, am Bauernmarkt, im Supermarkt oder es selbst backen.
Christoph Chorherr, Politpensionist und Nachwuchsbäcker
Die Brotlastenräder von Christoph Chorherr werden vorerst vor allem in Wien-Leopoldstadt anzutreffen sein. Sein Kompagnon bei »Gragger & Chorherr« ist Biobrot-Pionier Heli Gragger.
»Weizen ist nicht des Teufels« Wie hat sich das Bewusstsein für hochwertiges Brot in den vergangenen Jahren verändert?
Die Leute haben begonnen zu verstehen, dass Weizen nicht des Teufels ist, wie das eine Zeit lang behauptet wurde. Nicht das Getreide ist das Problem, sondern die Art seiner Zubereitung. Vor allem ganz kleine Bäckereien und Unternehmen wie Joseph (Weghaupt, Anm.) haben viel dazu beigetragen, dass es heute wieder ein Bewusstsein dafür gibt, dass Brot als Teil unserer Ernährung auch einen Wert hat – und einen Preis. Wir sprechen von einer internationalen Entwicklung. Lässt sich sagen, aus welchem Land diese ursprünglich ausging?
Das hängt davon ab, mit wem du
BILDER: CHORHERR, STRÖCK
»Unsere Zivilisation ist zutiefst mit diesem wunderbaren Prozess der Sauerteig werdung verbunden, bis hinein in Mythen und Religionen.«
Pierre Reboul, Bäcker und R&D bei Ströck.
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sprichst. Als Franzose würde ich gern sagen: aus Frankreich. (Lacht). Wirklich einflussreich sind der Nordosten und der Nordwesten der USA. Ich war vor einigen Jahren mit Christoph Ströck auf Recherchereise. Uns hat sehr beeindruckt, was kleine Bäckereien in San Francisco und Seattle machen. Frankreich ist mir persönlich zu sehr am Baguette orientiert. Baguette ist großartig, aber es gibt mehr als Baguette. Welche Bedeutung hat Bio in dieser Entwicklung?
Wer auch immer es sich leisten kann, sollte Bio kaufen. Ich diskutiere das auch privat mit FreundInnen: Bei Vollkornbrot ist konventionell ja sogar problematisch, weil die Schale mit Pestiziden belastet sein kann. Da ist Bio ein Muss. Mit Bio tust du dir selbst etwas Gutes, der Umwelt, dem Boden, den Bauern. Bei Ströck liegt der Bioanteil bereits bei 45 Prozent, 55 Prozent sind konventionell. Bio wird immer wichtiger. Ströck ist überaus experimentierfreudig. Was beschäftigt Sie denn gerade?
Ein großes Projekt: Wir wollen unseren Food Waste minimieren und machen aus altem Brot neues Brot. Dazu rösten wir die Brösel, machen sie zu einer Paste, die dann dem Teig beigemengt wird. Wir werden wohl Strafe zahlen müssen, weil es ein Gesetz gibt, welches das verbietet. Aber darauf werden wir es ankommen lassen. Food Waste muss weniger werden! Der Launch ist für Februar 2020 geplant, wir backen es drei Mal die Woche testweise. Es schmeckt schon sehr gut, aber wir sind noch nicht ganz zufrieden.
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»V E R R Ü C K T N A C H S A U E R T E I G «
In ihrem Instagram-Profil @sourdough_mania beschreibt sich die Slowenin Anita Šumer als »passionate self-taught 100% sd baker&teacher«, also als leidenschaftliche Bäckerin und Backlehrerin, die sich alles selbst beigebracht hat und ausschließlich mit Sauerteig bäckt. Genau, die Brotkünstlerin ist – so auch der Titel ihres wohlstrukturierten Backbuchs – »Verrückt nach Sauerteig«. Teig-Faltungstechniken zeigt Šumer darin ebenso wie sie Basiswissen über unterschiedliche (Pseudo-)Getreidesorten vermittelt. Oder zeigt, wie wir Sauerteigreste am besten verwerten (z.B. in Teigwaren, beim Fermentieren von Nüssen oder beim Eindicken von Suppen). Inspirierend. (Unimedica im Narayana Verlag) »BROTBACKBUCH NR . 4«
Genau, das »Brotbackbuch Nr. 4« ist bereits das vierte einer Reihe von Brotbackbüchern des Geologen und Brotaktivisten Lutz Geißler, erschienen im Ulmer Verlag. Nach Nr. 1, in dem er die »Grundlagen« erklärt, Nr. 2 voller »Alltagsrezepte« und Nr. 3 zum Thema »Vollkorn« geht es in Band 4 ausschließlich um »Sauerteig«. Umfassend, fundiert, aber praxisnah erfahren wir, wie Sauerteig hergestellt, gepflegt und seine wilden Mikroorganismen am besten verarbeitet werden. Mit einem Vorwort von Jochen Baier, dem »World Baker of the Year 2018«. »BROT BACKEN MIT CHRIS TINA«
50 Brotrezepte »für jeden Alltag und jeden Geschmack« verspricht die Lungauer Bergbäuerin und Foodbloggerin Christina Bauer in ihrem Koch- bzw. Brotbackbuch. Die Grafik des im Innsbrucker Löwenzahn Verlag erschienenen Buchs ist offensichtlich an der Ästhetik von Instagram orientiert, was nicht wundert, aber dem Buch zu besonderer Fassbarkeit verhilft. Auch ohne alles probiert zu haben, glauben wir jetzt dem Rufzeichen auf dem Bucheinband: »Einfach gute Rezepte, die ganz sicher gelingen! Vom 20-Minuten-Brot bis zum backenmitchristina.at Sauerteig.«
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»Hoppala, wir sind eh bio, immer schon.« Alte Sorten, neue Moden: Nach einem Vierteljahrhundert als Vollkorn-Biobäcker fragt sich Clemens Waldherr immer noch, warum es keine österreichischen Rosinen gibt. Ein Gespräch über den Wiener Naschmarkt, burgenländische Oliven und »Insect Bread«. Text vо
THOMAS WEBER
Als Sie 1994 nach einer Karriere in der Automobilindustrie die Bäckerei Ihrer Eltern übernahmen, stellten Sie diese sofort zur Vollkorn-Biobäckerei um. Wie wird ein Autoverkäufer zum Vollkorn-Biobäcker?
Für mich als Sohn eines Bäckers, der das Handwerk jeden Tag mit-
bekommen hat, war das naheliegend. Es waren die Eltern, die zu uns Kindern gesagt haben: »Lernt’s was Gscheites!«. Also ging ich auf die htl und hatte danach halt ein sehr gutes Jobangebot. Ich war drei Jahre lang in Ebergassing bei einem Automobilzulieferer und dann zwei Jahre in Deutschland für bmw und Mercedes unterwegs. Und plötzlich hat mein Vater gesagt, er hört auf und geht in Pension. Das war
für mich der Wendepunkt, ich dachte: »Das ist die letzte Chance, probier’s!« Deutschland hat mich eh nicht mehr so interessiert. Ich bin dann bei zwei auswärtigen Betrieben in die Lehre gegangen, habe meine Gesellenzeit absolviert und mein Vater hat mir noch ein Jahr geholfen. Danach hat er sich keinen einzigen Tag mehr eingemischt – weder, in was ich backe, noch wie ich investiere.
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Die Bohlsener Mühle baut im Umland von Hamburg mit Biobauern Quinoa an. Von Ja! Natürlich gibt es nun österreichischen Bio-Chia und Bio-Amaranth. Im Burgenland, Ihrer Heimat, hat ein Betrieb vor einiger Zeit Olivenbäume ausgesetzt. Welche Kulturen, die auch aus Sicht des Bäckers interessant sind, werden denn in den nächsten Jahren womöglich nicht mehr importiert werden müssen?
Also die Hauptzutat bleibt nach wie vor Getreide. Die Hauptgetreidesorten werden grundsätzlich in Österreich angebaut und auch von hier bezogen. Oliven, hm. Da muss man mal abwarten. Mir hätte noch niemand österreichische Oliven angeboten. Aber Amaranth oder Quinoa sind sicher interessant. Fraglich bleibt halt, von welchen verfügbaren Mengen wir da sprechen. Neben Getreide verarbeiten wir viele Eier, Honig, Kürbis- und Sonnenblumenkerne. Das ist alles gut in österreichischer Bioqualität verfügbar. Kokosette wird es so schnell hoffentlich nicht aus Österreich geben. Aber warum es keine österreichischen Rosinen gibt, ist mir bis heute ein Rätsel. Trauben wachsen ja hier. Diese auch zu trocknen, das sollte sich ja machen lassen. Rosinen würden wir gern aus Österreich kaufen! Bei den Oliven bleibe ich aber noch ein bisschen skeptisch. (Lacht) Sie setzen seit Langem auf alte Sorten. Warum erreichen diese erst jetzt den Mainstream?
Je mehr man drüber hört, desto interessierter werden die Leute. Regionalität wird wieder wertgeschätzt, damit taucht auch die Fra-
ge auf, was hier eigentlich typisch ist. Wir als Betrieb reden da oft zu wenig drüber, weil es für uns ganz normal ist – auch, dass wir keine Fertigmischungen oder lieber Honig statt Zucker verwenden. Uns hat auch erst der große Biohype drauf aufmerksam gemacht: Hoppala, wir sind eh bio, immer schon, das ist halt ganz normal für uns. Waldherr betreibt in Wien eine Filiale am Naschmarkt. Warum spielt denn am Naschmarkt, der immer noch in jedem Reiseführer als Genusstipp geführt wird, bio solch eine untergeordnete Rolle?
enormen Mitteln. Bio wird nach wie vor da sein, davon bin ich felsenfest überzeugt. Außerdem glaube ich, dass es von der Zulieferkette wieder verstärkt in Richtung kleinerer Strukturen geht. In den 25 Jahren, die ich aktiv miterlebt habe, war es ja anders, da ist die Zahl der produzierenden Bäckereibetriebe österreichweit von 1.800 auf zuletzt 740 zurückgegangen. Es ist wunderbar, wenn da und dort wieder Bäckereien aufsperren. Jeder neue Bäcker ist ein Gewinn!
Puh, da bin ich fast überfragt. Er ist ja ein Markt, auf dem nur zu einem kleinen Prozentsatz WienerInnen einkaufen gehen, den Großteil machen TouristInnen aus. Ob etwas bio ist oder nicht, das ist denen vielleicht eher wurscht. Wir selbst leben dort ja eher vom kleinen Teil der Einheimischen. Weil einE TouristIn geht nicht zum Waldherr und kauft sich ein Kilo Brot. Wagen Sie einen Blick in die Zukunft? Welches Brot und Gebäck werden wir 2035 essen?
Es bewegt sich zum Glück beim Grund- und Hauptnahrungsmittel der Welt alles ein bisschen langsamer. Im Hauptteil, hoffe ich, wird sich wenig ändern. Vor 6.000 Jahren haben wir Brot auch schon gehabt, da werden 25 Jahre voraus vermutlich nicht sooo viel ändern. Aber es wird wohl wieder ein paar neue Varianten geben. Vielleicht wird es wirklich – so wie jetzt der Quinoa – dann das »Insect Bread« sein. Amerikanische Ärzte bewerben die glutenfreie Ernährung mit
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FA M I L I E N B E T R I E B
1994 übernahm Clemens Waldherr die Bäckerei seiner Eltern, die unter ihm zur führenden Vollkorn-Biobäckerei Ostösterreichs wurde. Brot und Gebäck des Familienbetriebs ist im Stammhaus in Eisenstadt, in Graz, in zwei Filialen in Wien (u. a. am Naschmarkt) und bei zahlreichen Vertriebspartnern wie Denn’s oder dem Adamah Biohof erhältlich.
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Text & Bild vо
MICK Y KLEMSCH
Smart Kitchen – rest los essen in Wien
Gekocht, paniert und frittiert: Bananenschalen sind die neuen Chips.
Mit der »Smart Kitchen« setzen Wiener Gastronomiebetriebe, Großküchen und Caterer ein nachhaltiges Zeichen gegen die Lebensmittelverschwendung.
I
n der Wiener Gastronomie schätzt man die Lebensmittelabfälle auf etwa 35.000 Tonnen pro Jahr. Das Ökologie-Institut hat ausgerechnet, dass alleine für die Entsorgung im Jahr an die 7 Millionen Euro ausgegeben werden. Ein Programm, das auch von der Stadt Wien unterstützt wird, versucht nun, die Lebensmittelverschwendung einzugrenzen und dem Fachpersonal dementsprechendes Wissen zu vermitteln. Für die Bioküche Österreich haben wir auch an einem der von Impulswerk veranstalteten Workshops in einem Wiener Küchenstudio teilgenommen. GastronomInnen, Küchenpersonal, KöchInnen, KüchenchefInnen oder Lehrlinge aus den unterschiedlichsten Gastronomiebetrieben haben an der Veranstaltung teilgenommen, um gemeinsam zu kochen und über die Thematik der Lebensmittelverschwendung zu diskutieren. Ein besonderer Anreiz für die TeilnehmerIn-
nen dabei war auch der Koch, niemand geringerer als der mit drei Hauben von Gault-Millau ausgezeichnete Max Stiegl. Im Gut Purbach kocht er traditionelle pannonische Küche mit starken französischen Einflüssen. Bekannt ist er auch für Innereien und Fleischteile, die in den meisten Betrieben nicht mehr verwendet werden, für viele Gourmets aber ein Grund sind, regelmäßig nach Purbach zu pilgern. »Mit Max Stiegl haben wir einen idealen Partner für unsere Workshops gefunden. Er ist nicht nur für seine außergewöhnlichen Rezepturen, sondern auch dafür bekannt, dass in seiner Küche nichts
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Max Stiegl kocht im Kreis der KursteilnehmerInnen.
verschwendet wird«, so Christian Pladerer von der pulswerk GmbH. Kein Wunder also, dass der Andrang bei diesen Workshops sehr groß ist, denn wo sonst hat man so schnell die Möglichkeit, sich von so einem bekannten Koch persönlich Tipps zu holen. KURSANGEBOT MIT SPEZIELLEN MOT TOS Die Smart Kitchen wird auch zu spezielleren Themen angeboten, so leitete zum Beispiel der einzige vegane Haubenkoch des Landes einen Workshop zum Thema vegane Küche. Siegfried Kröpfl, früher in der Top-Gastronomie wie im Wiener Imperial tätig, lebt selbst schon seit 2014 vegan. Besonderes Augenmerk wurde auch in zwei speziellen Kursen auf die Themen regional und saisonal gelegt. Hier haben die Veranstalter dann ein besonderes Augenmerk auf den zusammengestellten Warenkorb gelegt. IN THEORIE UND PRA XIS Die fünfstündige Schulung beginnt zunächst mit einem theoretischen Teil mit Zahlen, Fakten und Tipps zum Thema Lebensmittelverschwendung. Hierbei werden auch Best Practice-Beispiele gezeigt und genug Freiraum für Diskussionen gelassen. Mit dabei auch ExpertInnen aus der Abfallwirtschaft. Ein großes Thema dabei waren vor allem die Beilagen. Hier wurde empfohlen, geringere Mengen auf den Teller zu bringen, aber unlimiitierten Nachschlag anzubieten. Oder Lebensmittel vom Vortag als »verbilligten Tagesteller« anzubieten. Aber die meiste Freude haben die TeilnehmerInnen, wenn es zum praktischen Teil, dem effizienten Kochen
kommt. Max Stiegl kocht hier aus Produkten eines typischen Marktkorbes verschiedene Gerichte und dabei werden nützliche Tricks verraten. Alle agieren in Kleingruppen und bekommen regelmäßig Tipps von den ExpertInnen. Viele sehen in diesem Workshop das erste Mal, wie aus Bananenschalen Chips gezaubert werden. Diese werden gekocht, mariniert (nach Wunsch süß oder salzig) und danach kurz frittiert. Im Warenkorb ist diesmal Hühnerfleisch und nach asiatischem Vorbild möchte Max Stiegl möglichst viel davon sinnvoll verarbeiten. Es entsteht dabei ein geschmackiges Gericht aus einer Tajine oder ein Hühnercurry. Was bleibt? Alle sind von diesem Tag sehr angetan und können viele Tipps für ihr Lokal, die Großküche oder das eigene Catering mitnehmen. »Wir haben theoretisch und praktisch erfahren, was es heißt, restlos zu kochen. Rezepte und Kochtechniken wurden ausgetauscht und ich habe viele neue Ideen gegen die Lebensmittelverschwendung mitgenommen«, meint etwa Rita Huber vom Lieferservice und Cateringunternehmen rita bringt’s. Alle TeilnehmerInnen tauschen sich auch untereinander aus, es werden Rezepte sowie Kochtechniken bei der Verarbeitung geteilt. Dadurch erhalten die Anwesenden Einblick in andere Gastronomieunternehmen und können neue Ideen mitnehmen.
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Initiatoren Josef Zotter, Sebastian Bohrn Mena und Biowirt Gerold Hubmer (v. l.).
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Wer in einem Restaurant Lebensmittel konsumiert, hat oft keine Ahnung, woher diese stammen. Die Herkunft der Produkte muss nicht gekennzeichnet werden. Das soll sich ändern – dazu ruft die Kampagne »Wissen, was wir essen« auf.
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n Supermärkten lassen sich zumindest das Herkunftsland und die Produktions- bzw. Haltungsart binnen Sekunden bestimmen. In Restaurants hat man allerdings oft keine Möglichkeit, herauszufinden, was genau einem serviert wird. In den seltensten Fällen gehen die GastronomInnen transparent mit den verwendeten Lebensmitteln um. Gastronomiebetriebe
müssen in Österreich und Deutschland – wie übrigens in der ganzen EU – weder die Herkunft noch die Produktionsart ihrer Nahrungsmittel kennzeichnen. Eine Regelung hierzu gibt es bisher nur in der Schweiz. Die Vertreter der Kampagne »Wissen, was wir essen« – das Tierschutzvolksbegehren, Biolandwirt und Chocolatier Josef Zotter und »Die BioWirtInnen« – fordern eine ver-
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pflichtende Kennzeichnung nach Herkunft und Tierwohl in Restaurants und öffentlichen Küchen. Die Unterstützer der Kampagne »Wissen, was wir essen« sind sich sicher: Wüssten die Gäste, was ihnen serviert wird, würden sich einige dagegen entscheiden. Jedes Jahr werden über 600 Millionen Eier – hauptsächlich aus Käfighaltung – aus Argentinien, Aserbaidschan oder Indien nach Österreich importiert. 85.000 Stück Kalbfleisch, vorwiegend aus Holland, und 180.000 Tonnen Schweinefleisch aus überwiegend deutscher Massentierhaltung landen jährlich in österreichischen Gasthäusern auf den Tellern.
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T R A N S PA R E N Z A M T E L L E R Dabei hätte Österreich diese Fleischimporte gar nicht nötig. Die Versorgungsbilanzen der »Statistik Austria« für das Jahr 2018 ergaben, dass die österreichische Landwirtschaft 918.900 Tonnen Fleisch, 3,86 Millionen Tonnen Milch, 2,06 Milliarden Eier und 4.200 Tonnen Fisch produzierte. Damit erreichte Fleisch insgesamt einen Selbstversorgungsgrad von 108 Prozent. Rind und Kalb erreichten sogar einen Selbstversorgungsgrad von 141 Prozent und Huhn immerhin 82 Prozent. »Wir müssen den Betrug an den Konsumenten beenden und für Transparenz am Teller sorgen. Wenn jemand wirklich das Schnitzel vom kranken Kalb aus holländischer Massentierhaltung oder den Kaiserschmarrn mit Käfig-Ei aus Aserbaidschan essen will, dann ist das seine Entscheidung«, meint Initiator der Kampagne Sebastian Bohrn Mena. Transparenz am Teller kann aber nur garantiert werden, wenn sie auch ausreichend kontrolliert wird. Besonders problematisch ist die Situation derzeit bei BiogastronomInnen. Wer sich in der Gastronomie »bio« nennt, muss keine Zertifizierung vorweisen. »Wenn Bio ausgewiesen wird, muss es auch kontrolliert werden. Das ist derzeit in der Gastronomie nicht der Fall. Da kann es schon vorkommen, dass bei einem ausgewiesenen Biorestaurant nur ein kleiner Teil der Lebensmittel bio ist«, erklärt Gerold Hubmer, Obmann des Vereins »Die BioWirtInnen«.
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Die Problematik der Nicht-Kennzeichnung beschränkt sich aber nicht nur auf Biorestaurants. Konsumenten werden auch auf andere Weise getäuscht. So steckt hinter einem »Original Wiener Schnitzel« in den seltensten Fällen ein österreichisches Kalbsschnitzel. In zwei Dritteln der Fälle handelt es sich um holländisches Fleisch aus konventioneller Massentierhaltung. Die Produktion von Eiern aus Käfighaltung ist in Österreich seit 2009 verboten. Importiert aus Aserbaidschan verstecken sie sich in heimischen Gastronomiebetrieben aber oft im »traditionell österreichischen Kaiserschmarrn«. »Wir leben in einem System des Betrugs. Auf den Menükarten österreichischer Gasthäuser bekommen wir oft für unsere Heimat stereotypische Bilder zu sehen. Frauen im Dirndl und glückliche Kühe auf der Alm. Aber das ist alles eine Lüge«, bringt Bohrn Mena die Lage auf den Punkt.
»Besonders problematisch ist die Situation derzeit in der Gastronomie.« Gerold Hubmer, Obmann Verein öst. Biogastronomie
Aber wie soll die geforderte Transparenz geschaffen werden? Als eine Möglichkeit der Kennzeichnung schlägt der Chocolatier und Biolandwirt Josef Zotter die Verwendung von QR-Codes vor: »Diese Codes sollen sämtliche Daten über Aufzucht, Herkunft, Hersteller und die komplette Produktionskette enthalten. Die Lebensmittelbehörde müsste den QR-Code regeln und eine öffentliche Datenbank verwalten, damit sich jeder Konsument informieren und entscheiden kann, ob er ein Steak aus der Steiermark oder aus Brasilien will.« Dass Vertretern des Tierschutzvolksbegehrens die Kennzeichnung von Nahrungsmitteln in der Gastronomie so wichtig ist, hat einen triftigen Grund: In Österreich werden zwei Drittel aller tierischen Produkte in öffentlichen Küchen und in der Gastronomie konsumiert.
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ESSIG & BIER
Essig und Bier brauen Für das eine sind die Bakterien wichtig, dem Geschmack des anderen können sie zumeist nur abträglich sein. Darum bewundern Experten den Steirer Tino Pölzer für seinen Mut, in einer Essigbrauerei nun auch Bier zu brauen. Beides in bio – für ihn selbstverständlich. Text vо
MICK Y KLEMSCH
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ino Pölzer gilt als Tausendsassa: Seine interessante Geschichte hat ihn schon als Würstelstandbetreiber, Gastronom, Zeitungsherausgeber, Bauherr und Konsul von Lettland tätig sein lassen. Bekannt wurde er uns in den letzten zehn Jahren vor allem als handwerklicher Hersteller von Essigprodukten, die er sogar bis Japan exportiert. NUR NICHTS WEGSCHMEISSEN Vor etwa zwei Jahren kam der erfolgreiche Bioessigproduzent, der nicht unter seiner Eigenmarke verkauft, sondern auch für Handelsketten Bioerzeugnisse abfüllt, auf die Idee, Bier zu brauen. Eigentlich hatte ihn ein befreundeter Grazer Bäckereibesitzer gefragt, ob er für
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ihn nicht ein Biobier brauen könnte. Albin Sorger war gerade dabei, möglichst viel in seinen Filialen auf biologisch umzustellen. »Brauen ist nichts anderes als kochen!«, meinte Pölzer und ging mit seiner Idee zur Bank. Auch wenn der zukünftige Brauer alleine mit den Bäckereien ja schon auf ein bestehendes Kundenpotentzial verweisen konnte, waren die Banker nicht so begeistert von seiner Idee: »Bier finanzieren wir Ihnen nicht – es gibt schon so viele Brauereien.« Aber so schnell gibt ein Tino Pölzer nicht auf – die Idee des Universalbrauers, der Essig und Bier braut, hat ihn nicht losgelassen. Und hier kam wieder sein Grundsatz »Nichts wegschmeißen« zum Tragen. Recycling liegt ihm im Blut. So gleicht zum Beispiel keine der 30 Türen in seinem Haus der anderen. D I E R E C YC L I N G - B R AU E R E I Anstatt also eine teure neue Brauerei von Fachleuten installieren zu lassen, griff er auf bereits bestehende Gerätschaften zurück oder kaufte (nicht mehr) gebrauchte Maschinen oder Tanks zu. Eine Gegendruckanlage zur Flaschenabfüllung aus dem Jahr 1960 kaufte er für ganze 63 Euro. Sein bestehender Schroter aus dem Jahr 1940, der bis dato auch das Mahlen der Senfkörner übernommen hatte, taugt genauso gut für Braugerste. Die Braukessel stammen aus einer Großküche eines Krankenhauses und für die Lagertanks griff er auf die ursprünglichen Essigtanks zurück. Einer seiner sechs Mitarbeiter aus der Essigmanufaktur ist ein begnadeter Bastler. Pavel setzte die Ideen des zukünftigen Brauers um. »Dinge wiederzuverwerten oder gar aufzuwerten liegt mir im Blut«, sagt Pölzer, der auch bereits die Essigbrauerei alleine geplant hatte. Sogar die Bierzapfhähne aus seiner Zeit als Grazer Gastronom konnten seine Mitarbeiter vor Kurzem auf eine mobile Ausschankanlage für seine neue Brauerei montieren.
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UNTERSTÜTZUNG DURCH D I E FA C H H O C H S C H U L E Aber ganz alleine ging es diesmal nicht. Für Beratungsleistungen zu Brauen und Prozesstechnologie hat der Essigbrauer die FH Joanneum, Studiengang Nachhaltiges Lebensmittelmanagement, herangezogen. Mag. Dr.
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Rene Rehorska, der auch im BrauCampus der Uni Graz engagiert ist, hat vor allem im Bereich Schüttung und Maischführung und ein wenig beim Anlagen-Layout geholfen. Auch das Rezept für das erste Bier haben die beiden gemeinsam ausgearbeitet. Die Planung und der Bau des Equipments haben ihn über zwei Jahre beschäftigt. Die Idee »Was können wir aus den Dingen machen, die wir bereits haben?« wurde in vielen Bereichen umgesetzt. Schlussendlich gibt es im Brauprozess keine Elektronik. »Alles, was an Steuerung geplant war, haben wir wieder abgebaut. Das ist meine wahre Handbrauerei.« Es hat auch eine Weile gedauert, bis die ersten vernünftigen Sude gelungen sind. Viel passierte anfangs nach dem Prinzip Trial & Error. »Die größte Herausforderung für Tino ist natürlich die Mikrobiologie«, sagt Rene Rehorska. »Für seinen Mut, in seiner Essigmanufaktur auch Bier zu brauen, kann man ihn eigentlich nur bewundern.« AFFENBERGER BIER Die ersten Chargen des fertigen Bieres wurden im frühen Sommer in den Bäckereien verkauft. Unter dem Label des Grazer Bäckers wurden die neuen Biobiere zunächst in den Grazer Filialen verkauft und nun auch in der gesamten Steiermark. Nach diversen Verkostungen hat Tino sein Bier nun auch als »Affenberger« erfolgreich auf diversen Genuss- und Biomärkten präsentiert und ist im Großhandel bei Biogast gelistet. Affenberg ist übrigens der Name der Kastralgemeinde, in der sein Betrieb steht und auch die Streuobstwiesen für die Äpfel liegen, aus denen er Essig braut. Wobei mit dem Affen eigentlich die mittelhochdeutsche Bezeichnung für eine Eule gemeint ist, die nunmehr auch das Logo der neuen Brauerei ziert. Nun, wo er seine wilde Idee der Recyclingbrauerei erfolgreich umgesetzt hat, sehen wir weiter, was dem steirischen Tausendsassa noch so alles einfällt.
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Wiener Dirndl psid%
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THOM AS STOLLENWERK
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Wiener Dirndl ist ein Likör, mit dem ein junges Unternehmen internationalen Spirituosen Konkurrenz machen will. Zum Purtrinken oder Mischen. In Bioqualität.
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hillip Schmidt ist ein recht offener und ehrlicher Mensch. Dass er gerne alkoholische Getränke genießt, gibt er genauso zu, wie dass er der Ansicht ist, ein gelegentlicher Alkoholrausch habe noch niemandem geschadet. Und so macht es Sinn, dass er gemeinsam mit seiner Geschäftspartnerin Anna Choma unter die Spirituosenmacher gegangen ist. Wiener Dirndl nennen sie ihren biologischen Fruchtlikör. Die erste Tranche von 800 Flaschen haben sie gerade abgefüllt und in den Verkauf gebracht. Dabei hielten Schmidt am Anfang seines Plans, den er selbst noch immer als »Schnapsidee« bezeichnet, viele für verrückt: »Alle haben gesagt: ›Du bist vollkommen angerannt‹, als ich Philip Schmidt, Wiener Dirndl Einmachgläser und 20 Kilo Dirndln bestellt habe und angekündigt habe: ›Wir machen jetzt Likör.‹« Der erste Versuch ging dann auch daneben. »Die allererste Probe-Charge war für’n A***, denn bei Biozimt gibt es große Schwankungen. Der Geschmack war viel zu zimtig. Daraus wird nun ein Biopunsch.« Weggeschüttet wird das Ergebnis des misslungenen, ersten größeren Versuchs nicht. Denn es geht Phillip Schmidt mit seinem Likör-Start-up darum, nachhaltig zu wirtschaften und zu handeln. Bislang verdiente er sein Geld vor allem in der Politik bzw. in der politischen Strategieberatung.
BILDER: WIENER DIRNDL
»Alle haben gesagt: ›Du bist vollkommen ang’rennt‹, als ich Einmachgläser und 20 Kilo Dirndln bestellt habe und angekündigt habe: ›Wir machen jetzt Likör.‹«
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»Leicht angesoffen ist die Welt noch immer am schönsten.«
»Ursprünglich bin ich eigentlich ein Gastro-Mensch. Ich habe die Hotelfachschule besucht und dann anschließend ein Management-Training im Hotel Intercontinental gleich neben dem Weißen Haus in Washington D.C. absolviert.« Die Zeit in den usa hat Schmidt geprägt. »Bei uns an der Hotelbar wurde der Lobbyismus erfunden. Da wurden Gesetzestexte geschrieben, während hinten beim Kücheneingang die Obdachlosen gewohnt haben.« Aus dem Einblick in die sozialen Schieflagen der USA zog er damals seine Schlüsse. »Europa darf nicht wie Amerika werden«, dachte er sich. Und kurz darauf heuerte er bei den Wiener Grünen an. Er arbeitete in den Wahlkampfteams von Alexander van der Bellen 2006 und Eva Glawischnig 2008, und stieg schließlich selbst auf Bezirksebene in die Politik ein. Beruflich führte sein Weg von der Partei in eine große Werbeagentur und schließlich in die Firma eines bekannten Wiener Politikberaters. Für die ist er bis heute tätig, zum Beispiel als Wahlkampfmanager für Roland Düringer. »Ich mach gern coole Sachen, die die Menschen zum Nachdenken anregen«, sagt er über sich. Und nun macht er eben auch Likör.
»Ein bisschen Hedonismus muss sein«, findet das Team von Wiener Dirndl. Und deshalb wurden der Marke drei zentrale Werte verpasst: Köstlichkeit, Leichtlebigkeit und Nachhaltigkeit. »Die Leute sind zu ernst und machen zu selten einen drauf«, ist Philipp Schmidt überzeugt. »Nachhaltigkeit und einen drauf machen, das schließt sich nicht aus. Viele glauben das zwar, aber das ist falsch. Das ist ein unhaltbares Vorurteil. Die Menschen glauben ja tatsächlich auch, Veganer würden keinen Alkohol trinken. Als ob man die Lebensfreude verlieren würde, nur weil man keine tierischen Produkte isst. Das ist verrückt.« Den Rohstoff für seinen Fruchtlikör bezieht Schmidt vom Biobauern Erwin Pletterbauer. Der betreibe die wohl größte Bio-Dirndlplantage Europas. Dabei sei das Gewächs, das auch als Kornelkirsche bekannt ist, in ganz Südosteuropa und im Kaukasus verbreitet. »Die Pflanze ist ein Frühblüher und deshalb für Insekten und Vögel sehr wichtig. Sie ist auch sehr pflegeleicht. Die asfinag pflanzt sie deshalb gerne entlang der österreichischen Autobahnen.« In dem Likör, der bei Wiener Dirndl daraus entsteht, sieht Schmidt einen »tollen, biologischen Aperol-Ersatz, der auch super zum Mischen mit Soda oder Prosecco geeignet ist«. Der Likör enthält Noten von Zimt und Vanille, und ist weniger süß als seine starke Farbe es eventuell vermuten lässt. Aktuell arbeitet Philipp Schmidt an Cocktailrezepten, in denen der Kornelkirschen-Likör richtig zur Geltung kommt. Doch das dauert noch, denn zur Nachhaltigkeit gehört für den Unternehmer auch, sich ausreichend Zeit zu nehmen, Entscheidungen zu durchdenken. Eineinhalb Jahre hat es gedauert, die »Schnapsidee« zur Marktreife zu führen. Geht es nach Philipp Schmidt, hilft Wiener Dirndl dabei, die Welt ein Stück besser zu machen. Er sieht das so: »Leicht angesoffen ist die Welt noch immer am schönsten.«
BILD: WIENER DIRNDL
Philip Schmidt, Wiener Dirndl
Exklusiv bei dm: Almdudler Bio Auf alle Limonaden Fans, die Wert auf Bio Produkte legen, wartet exklusiv bei dm drogerie markt eine neue natürlicherfrischende Überraschung: Österreichs beliebteste Limonade ist dort nun auch als BioVariante erhältlich. „Mit Zutaten aus kontrolliert biologischem Anbau und nur 28 kcal pro 100 ml ist Almdudler Bio der ideale natürliche Begleiter“, freut sich Almdudler
Geschäftsführer Gerhard Schilling über den Neuzugang in der Almdudler Sortimentsfamilie. Mit einem geringen Zuckergehalt von nur 6,6 Gramm pro 100 ml beinhaltet Almdudler Bio 30 Prozent weniger Zucker als herkömmliche Limonaden. „Wir verzichten gänzlich auf künstliche Süßstoffe und getreu der Almdudler Philosophie selbstverständlich auch auf Konservierungsmittel und Aromen“.
P RO MOTI O N
mit Zutaten aus kontrolliert biologischem Anbau
BIOPRODUKT DES JAHRES
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: t e n h c i e z e g s Au
Die Besten der Besten
Text vо
THOMAS WEBER
Die auf der Messe Wieselburg ausgezeichneten Bioprodukte des Jahres zeichnen sich durch radikale Regionalität, das genussvolle Vermeiden von Food Waste, herausragenden Geschmack, möglichst ganzheitliche Nachhaltigkeit und vertretbare Convenience-Ansätze aus.
Gewinner der Kategorie Farm & Craft Oberösterreich: Gregor Mittermayer (Mitte, mit Tochter) wurde für seinen »Bohnenkas« ausgezeichnet.
und NomNom/Spaßfaktor bzw. Geschmack. Nominiert waren insgesamt knapp 100 Produkte aus allen neun Bundesländern. »Wie im Vorjahr hat uns die Vielfalt von Bio in Österreich beeindruckt«, berichtet René Leichtfried von der Jurysitzung.
BILD: MESSE WIESELBURG
B
ereits zum zweiten Mal wurde auf der Messe »Bio Österreich« in Wieselburg das Bioprodukt des Jahres ausgezeichnet. Nach dem großen Erfolg im Vorjahr erweiterten biorama und die Messe Wieselburg heuer die Kategorien auf insgesamt vier Haupt- und drei Sonderkategorien. Neben den Kategorien Farm&Craft für bäuerliche Produkte und Manufakturen, Retail&BigBrand für große Vermarkter und Handelsunternehmen sowie Getränke und Biogarten kürte die Jury auch in den Sonderkategorien Niederösterreich, Oberösterreich und Gastronomie ein herausragendes Produkt. Die Jury – bestehend aus Kulinarik-Journalistin Katharina Seiser (Süddeutsche, Falter), Bio-Austria-Obfrau Gerti Grabmann, René Leichtfried (Messe Wieselburg), Reinhard Gessl (Forschungsinstitut für biologischen Landbau) und biorama-Herausgeber Thomas Weber – bewertete die Kriterien Innovation, Design, Nachhaltigkeit
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BILDER: VOM HERSTELLER
BIENENLIEB HONIGBUT TER Im wiederverwendbaren Glas wird dieser Aufstrich aus Honig und Butter verkauft. Ein Convenience-Produkt, wenn man so will. Schließlich liefert die Bioimkerei und Imkerschule Bienenlieb aus Salzburg-Stadt mit ihrer Honigbutter im Glas das Honigbrot gewissermaßen »vorgestrichen« und bereits im idealen Honig-ButterVerhältnis, sodass der Aufstrich nicht vom Brot rinnt. Ein regionaler Nutella-Ersatz in Bioqualität. Wirklich köstlich.
Buchweizen, Chia und Amaranth gab es auch bisher in Bioqualität, allerdings als Importware. Eine Kooperation mit über 70 österreichischen Biobauern hat es nach umfangreichen Feldversuchen nun möglich gemacht, dass es ab November/ Dezember 2019 bei Ja! Natürlich erstmals österreichischen Bio-Amaranth, Bio-Chia und Bio-Buchweizen gibt. Dieser stammt aus dem Wiener Becken und aus der Neusiedlersee-Gegend. Die Jury befand die Biosaaten gleich aus mehreren Gründen für sehr auszeichnungswürdig: Erstens werden dadurch Trend-Saaten, die aus Ernährungssicht tatsächlich Vorzüge bieten, regional verfügbar. Zweitens ermöglichen sie innovativen Vertragsackerbauern neue Erlöse. Und nicht zuletzt ist der Anbau und die Vermarktung des wärmeliebenden Buchweizens, Amaranths und Chias auch als Teil der landwirtschaftlichen Klimawandelanpassungen zu erachten.
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BIOPRODUKT DES JAHRES
BIOGARTEN
»ERNTE MICH IM WINTER« B U C H V O N W O L F G A N G PA L M E
GETRÄNKE
B R OT B I E R VO M B R AU H AU S GUSSWERK Geschmackvoller lässt sich Food Waste kaum vermeiden. Gemeinsam mit Interspar veredelt das Salzburger Brauhaus Gusswerk überproduziertes Biobrot zu einem besonderen Biobier. Für sein karamelliges, naturtrübes Brotbier hat Braumeister Reinhold Barta Teile von Gerstenmalz durch Biobackwaren ersetzt. Da das Brot, die Semmeln und Weckerln dafür zerkleinert und dann eingemaischt werden, ist das derart gewonnene Bier ein doppelt fermentiertes – weil sowohl das Brot als auch die Maische einen enzymatischen Prozess durchlaufen. Vollmundiges Brotbier zu brauen, meint Barta, sei eine ziemliche Herausforderung, denn der Salzgehalt im Brot müsse ins Bier harmonisch integriert werden: »Wir integrieren die Würze nach alter Tradition und arbeiten die schönen Karamelltöne der Brotkruste heraus.« Das bernsteinfarbene Endergebnis weist einen Alkoholgehalt von 5,5% Vol. bei einer Stammwürze von 12,8° auf. Und schmeckt rund und gehaltvoll.
Wenigen ist bewusst, was Garten, Balkon und Land(wirt)schaft auch im Winter an Gemüse und an Genüssen hergeben, und was sich selbst unter Schnee oder am frostigen Fensterbrett noch ernten lässt. Auf der Wiener City Farm (ursprünglich in Schönbrunn, seit einiger Zeit im Augarten) zeigt Wolfgang Palme seit Jahren, dass auch der Winter keine verlorene Jahreszeit ist und dass es möglich ist, sich ohne geheiztes Glashaus ganzjährig lokal, saisonal, ressourcenschonend und bio zu ernähren. Seine über Jahrzehnte gesammelten Erkenntnisse und Erfahrungen mit Winterkresse, Asiasalaten, Frischkräutern und Radieschen hat er nun in einem schönen Buch gesammelt. Praxisnahe Pflanzenporträts, Rezepte und Fotos vom Draußensein wecken die Lust aufs ganzjährige Gärtnern und haben die Jury begeistert, die auch als vorbildlich lobte, dass das Buch wie alle Bücher des Innsbrucker Löwenzahn Verlags klimapositiv herstellt und nach dem Greenprint-Standard von Gugler cradle-tocradle gedruckt wurde und unverpackt plastikfrei bleibt.
BILDER: VOM HERSTELLER/VERL AG
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BILDER: GROSSAUER
G R O S S AU E R E D E LKO N S E R V E N Von Stefan Grossauers Waldviertler Edelkonservenmanufaktur werden gleich zwei besondere Erzeugnisse als niederösterreichische Bioprodukte des Jahres ausgezeichnet – weil sie von der Jury exakt gleich gut bewertet wurden. Das spricht durchaus für das Gespür und die Kompromisslosigkeit punkto Geschmack und Qualität, die alle seine Produkte auszeichnet. Für herausragend befunden wurden Grossauers Bruschetta Bio Ofengemüse und sein Bio-Kräuter-Seitling-Pesto. »Wir machen, was wir am besten können und füllen das Ganze in Gläser«, erklärt Stefan Grossauer. »Ein Gericht, das aus meinem Alltag nicht wegzudenken ist: Ofengemüse. Ein Reindl mit allem, was der Garten hergibt, lange geschmort im Ofen. Genau diesen Geschmack wollte ich in dieser Bruschetta-Sorte einfangen. Frische, reife Paradeiser vom Biohof Adamah, geschmorte Biokarotten, Waldviertler Bioerdäpfel, geröstete Biozwiebel und herrliche Biooliven prägen den Geschmack. Verfeinert mit bestem Bioolivenöl und gut
gewürzt mit aromatischem Rosmarin.« Im Kräuter-Seitling-Pesto finden der feine Geschmack der Pilze mit der knackigen Säure von grünem Verjus zusammen. Das Ergebnis ist ein feines Pesto, das zur Pasta, aber auch aufs Brot oder zum Grillgemüse passt. »Unser Ziel war die schmackhafteste Verbindung von Bio und Regionalität«, sagt Grossauer. »Vieles, das in der herkömmlichen Pestoproduktion üblich ist, musste hier neu gedacht werden: Für die schöne saure Note verwenden wir Verjus, den grünen Saft der unreifen Weintraube, anstelle von Zitronensaft. Statt der oft verwendeten Pinienkerne kommen hier geschälte Sonnenblumenkerne zum Einsatz und statt Olivenöl besonders nussiges Sonnenblumenöl. Die Kräuterseitlinge erhalten durch den zweistufigen Röstprozess das besondere Röstaroma.« Beachtenswert auch, dass es sich bei Grossauer Edelkonserven gewissermaßen um einen Bio-Heimkehrer handelt. Nach Jahren ohne Biozertifizierung stellt Grossauer die Produktion seiner Delikatessen Schritt für Schritt wieder um.
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FA R M & C R A F T OBERÖSTERREICH
BOHNENK AS VO N AC K E R L »Mühlviertler Bohnenkas im Saftl« vom Ackerlhof. Dass das Hoheitsgebiet des Ackerlhof – eines einstigen Milchviehbetriebs – im Mühlviertel liegt, verrät bereits der Namen des ausgezeichneten Produkts. Die Sojabohnen für den Bohnenkas (auch bekannt als Tofu) wachsen in Oberösterreich und werden in der Hofsojarei von Jungbauer Gregor Mittermayr handwerklich veredelt. Der mild-würzige Bohnenkas schmeckt roh ebenso wie gekocht oder am Grill. Für die neue Rezeptur hat Mittermayr mit dem Weinviertler Start-up Genusskoarl zusammengearbeitet, dessen »Wiener Würze« auf Lupinenbasis (die 2018 als Bioprodukt des Jahres ausgezeichnet wurde) ebenso ins Saftl kommt wie Zitrone, Ingwer, Sesamöl und Kurkuma. Eine sinnvolle Kooperation und Cobranding zweier kleiner herausragender Biobetriebe.
GASTRO
R E B E L M E AT Weniger ist mehr – das wissen alle, die gerne und genussvoll essen, dabei aber verantwortungsvoll auch weniger Fleisch essen wollen. Genau für diese Klientel hat Rebel Meat der Gastronomie ein ideales Produkt entwickelt. Es schmeckt zu 100 Prozent nach Fleisch, kommt aber mit 50 Prozent Fleisch aus – der Rest sind hochwertige Pilze, Hirse und Gewürze. Das Rebel Meat ist zu 100 Prozent biozertifiziert, regional und kommt ganz ohne Zusatzstoffe aus. »Damit geben wir unseren gesundheits- und umweltbewussten Konsumenten die Möglichkeit, ihren Fleischkonsum zu reduzieren – ohne auf ein tolles Fleischerlebnis zu verzichten. Wir sind die Gegenthese zu hochverarbeiteten Fleischersatzprodukten und ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz«, sagen die Gründer des Wiener Start-ups. Die Jury war erst skeptisch, nach dem Verkosten aber begeistert – geschmacklich und weil sich Rebel Meat auch an Lifestyle-Lokale und Burger-Läden richtet, die nicht vordergründig auf Bio setzen, ihren Gästen aber ökologisch vertretbaren Fleischgenuss ermöglichen wollen.
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BIOL ANDBAU
Stationen einer
anderen L andwirtschaft Text vо
REINHARD GESSL
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Die Geschichte des Biolandbaues. Vom Grundstein zu den Richtlinien. Reinhard Gessl, vom Forschunginstitut für biologischen Landbau erklärt.
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ie Pioniere des Biologischen Landbaus haben erkannt, dass »bauern«, d. h. die Erde bebauen, eine viel weitere Dimension hat, als dass sie mit volkswirtschaftlichen Begriffen zu fassen wäre. Es ist nicht von ungefähr, dass die Biopioniere nicht unter den Ökonomen, sondern unter den Biologen, Ärzten und Philosophen zu suchen sind. Bio bedeutet nämlich, in langen Zeiträumen zu denken. Die Geschichte des modernen Biolandbaus beginnt mit der aufkommenden Kunstdüngerwirtschaft zur 20. Jahrhundertwende. Schon damals wurde in der sogenannten Lebensreformbewegung die rapide, weltweite Abnahme der Bodenfruchtbarkeit und die gleichzeitige Zunahme von Krankheiten bei Mensch, Tier und Pflanzen kritisch wahrgenommen. Daraus abgeleitet wurde die Notwendigkeit, in der Landbewirtschaftung moderne Handlungsabläufe zu finden, die im Einklang mit der Natur stehen. D O P P E LT E G E B U R T S S T U N D E 1924 hat Dr. Rudolf Steiner in seinem Landwirtschaftlichen Kurs zu Koberwitz den Grundstein zur biologisch-dynamischen Landwirtschaft auf der Basis der anthroposophischen Lehre gelegt. Zeitgleich und unabhängig haben Biologen und Botaniker in allen Erdteilen vergleichbare, naturwissenschaftlich begründete Konzepte formuliert. Einer davon war der Engländer Sir Albert Howard.
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BIOL ANDBAU
Als Geburtsstunde des organisch-biologischen Landbaus gilt das Jahr 1951. In diesem Jahr fand die erste Begegnung zwischen dem Schweizer Bauernführer Dr. Hans Müller, der Lehrerin Maria Müller und dem deutschen Arzt Dr. Hans Peter Rusch statt. Diese naturwissenschaftlich geprägte Form der Biolandbewirtschaftung bot mit dem »Bauern« bzw. der »Bäuerin« in Kreisläufen und dem Fokus auf den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit einem größeren Kreis eine willkommene Alternative zur aufkommenden Industrialisierung der Lebensmittelproduktion. Rund um herausragende Persönlichkeiten bildeten sich in der Folge vor allem in den deutsch-sprachigen Ländern immer mehr – oft viel belächelte – Keimzellen des Biolandbaus. Die Pioniere des Biolandbaus dachten und handelten vor allem in den großen Zusammenhängen. Sie haben keine Richtlinien herausgegeben und kein Kontrollwesen aufgebaut. Sie haben sich auch kaum um die Vermarktung gekümmert. Was die Biopioniere hinterlassen haben, sind ursprüngliche Anliegen, die damals wie heute Gültigkeit haben: Bodenfruchtbarkeit, Umwelt- und Naturschutz, Biodiversität, Tierwohl, gesunde Ernährung und bäuerliche Landwirtschaft.
B I O S TA N DA R D S U N D R I C H T L I N I E N Erst mit der massiven Ausweitung und damit Anonymisierung des Biolandbaus in den 1990er-Jahren wurden Standardisierung und unabhängige Kontrollen notwendig. Die Biorichtlinien bauen auf den Grundprinzipien der Biopioniere auf. Sie sind aber nicht starr, sondern wurden im Laufe der Jahre weiterentwickelt. Basis aller Gesetzestexte sind die in den 1970er-Jahren von der IFOAM (International Federation of Organic Agriculture Movements) verabschiedeten ersten Biogrundsätze. Diese stellen die Grundlage der weltweiten Biobewegung dar. Was Bio ist, was Bio kann und was Bio verspricht ist heute durch die EU-Verordnungen 834/2007 und 889/2008 (ab 2021 EU-VO 2018/848) genau definiert. Alle Lebensmittel, die in der EU als Bio ausgelobt auf den Markt kommen, unterliegen den gleichen Vorgaben, Kontrollen und Kennzeichnungsvorschriften. Das eine grüne EU-Biozeichen gibt den KonsumentInnen beim Lebensmitteleinkauf im Dschungel der zigtausend Marken europaweit eine einfache Navigation und maximale Sicherheit.
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BUCHTIPP
B I O A L S E I N E L Ö S U N G S S T R AT E G I E Die weltweite Klimakrise bestätigt schmerzlich, dass wir uns in unserem Handeln dringend wieder zurückbesinnen müssen auf ein Leben im Einklang mit der Natur. Die Werte, Richtlinien und Kontrollen der Biolandwirtschaft liefern dazu ein millionenfach und weltweit bewährtes Handlungsgerüst. Mit Biolebensmitteln können wir uns mit leichten Anpassungen unserer Essgewohnheiten gut, günstig und nachhaltig ernähren.
BILDER: REINHARD GESSL
B I O , DA M A L S W I E H E U T E Zwischen der Pionierzeit und der heutigen Biolandwirtschaft liegen fast hundert Jahre, aber die Botschaften haben heute die gleiche Gültigkeit wie damals: Biolandbau steht für die Bewahrung der Schöpfung, des Lebens. Das Bodenleben ist der Angelpunkt, von dem alles Leben auf der Erde abhängt. Jeder einzelne Biobauer und jede einzelne Biobäuerin ist Teil der globalen Aufgabe, gesunde Nahrung für die Menschen zu erzeugen und unseren Lebensraum gesund und lebenswert zu erhalten. Die Biolandwirte sind nicht die letzten Vertreter einer veralteten Lebensweise früherer Jahrhunderte, sondern die ersten Vertreter eines neuen Zeitalters: das biologische Zeitalter.
Martin Grassberger: Das leise Sterben – Warum wir eine landwirtschaftliche Revolution brauchen, um eine gesunde Zukunft zu haben. 224 Seiten, Residenz Verlag 2019, € 24
Der gesunde Boden spielt traditionell eine zentrale Rolle: Bodenproben bei den Biogesprächen in Schlägl.
Unser Bio. Unsere Qualität.
Natürlich lassen wir Kühe im Regen stehen.
Wir lassen sie in der Sonne wiederkäuen, im Wind herumliegen und ganz egal, was der Wetterfrosch sagt, wir lassen die Kühe auf der Weide nach Lust und Laune Gras fressen. Die Kühe wissen das sehr zu schätzen. Die Bio-Verordnung schreibt den Auslauf verpflichtend vor. Für alle Nutztiere.
Von Wetter steht in der Verordnung nichts. Auch nicht, dass sie raus müssen, wenn Unwetter den Himmel pflügen. Das ist Bio. Kontrollierte Qualität. Garantiert durch das EU-Biologo und das AMA-Biosiegel. bioinfo.at
ec.europa.eu/info/food-farming-fisheries/farming/organic-farming_de
Der Inhalt dieser Veröffentlichung gibt allein die Meinung des Autors wieder, der allein für den Inhalt verantwortlich ist. Die Europäische Kommission haftet nicht für die etwaige Verwendung der darin enthaltenen Informationen.
DIE EUROPÄISCHE UNION UNTERSTÜTZT KAMPAGNEN ZUR FÖRDERUNG DES ABSATZES LANDWIRTSCHAFTLICHER QUALITÄTSERZEUGNISSE.
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Bio
MICK Y KLEMSCH
BILD: HUMBOLDT STUBN
Gastrо&ie Gut essen kann man bald mal wo. In zertifizierten Biobetrieben kann man aber richtig gut essen. Man tut dabei nicht nur sich selber was Gutes. Wir haben uns im diesem Jahr wieder vier besondere Biogastronomen herausgesucht, die wir Ihnen auf den nächsten Seiten vorstellen dürfen.
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GASTROTIPPS
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Kolariks Luftburg ist mit dem Wiener Prater verankert wie das Riesenrad. Das Hüpfburgparadies bietet jedoch nicht nur Raum zum Herumtollen, eine gemütliche Biergarten-Atmosphäre, um dem Stadttrubel zu entkommen, und ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm, sondern verwöhnt mit österreichischer Kulinarik und internationalen Schmankerln. Seit 2019 ist die Luftburg bei den Speisen zu 100 Prozent biozertifiziert – bei einem Betrieb dieser Größenordnung mit einem hohen Fleischanteil der Gerichte eine besondere Herausforderung. Der kontinuierliche Ausbau des Bioangebots war ein Herzensprojekt der Eigentümerin Elisabeth Kolarik, die mit ihrer Bioüberzeugung ihre Mitarbeiter und Konsumenten begeistert. Frei nach dem Motto »Geht`s nicht, gibt`s nicht« wurde der Einsatz von Biolebensmitteln seit
der ersten Biokontrolle 2016 sukzessiv auf 100 Prozent bio in 2019 gesteigert. Mit österreichischen Klassikern wie dem Wiener Schnitzel und der berühmten Stelze, italienischen Spezialitäten, Grillvariationen und herrlichen Mehlspeisen erfreut Kolariks Luftburg an 365 Tagen im Jahr jedes Bioherz. Fleischtiger, Vegetarier oder Veganer – für alle Geschmäcker ist gesorgt. Im Rahmen der Bio Gastro Trophy 2019 erhielt das Lokal aus diesem Grund von der Bio Austria die Auszeichnung für das beste Biorestaurant Österreichs. Kolariks Luftburg, 1020 Wien, Prater 128 Mo–Sa 11–23 Uhr, So 10–22 Uhr kolarik.at
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In den Wiener Prater auf eine Biostelze
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Ales Bio? Geht auch in einem traditiоelen Wiener Wirtshaus
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So etwas hat man noch aus der Kindheit in Erinnerung: Ein Vorstadtbeisl, wo die Zapfhähne aus dem holzverkleideten Kühlteil hinter der Schank herausragen, die Suppe erst vor dem Gast über die Einlage in den Teller gegossen wird, und man erst nach der Bestellung des Cordon Bleus aus der Küche das Schnitzelklopfen hört. Vom Weinhaus Arlt in der Hernalser Vorstadt, ganz draußen schon beim Stadion des Wiener Sportklubs, hat man das auch gekannt. Zwei Jahre war diese Wiener Institution nun geschlossen – mit Barbara und Jürgen Kerzendorfer hat dieses rustikale Lokal aber seit Oktober 2019 nun neue Wirtsleut. Man merkt, dass bei ihnen sowohl in der Küche als auch beim Bio-Engagement echte Leidenschaft dahintersteckt. Das ist nämlich das Neue am wiedereröffneten Weinhaus Arlt. Es ist voll biozertifiziert, das heißt mit Ausnahme weniger saisonaler Biere und einiger Weine bekommt man hier alles in bio. Und damit schließen sie auch ein Loch, das in Wiens Biogastronomie nach den familiär
begründeten Schließungen von »BioWirtin« Christina Rojik und »Gustl kocht« gerissen wurde. Und all das passiert auf hohem gastronomischen Niveau: saisonale Küche mit klassischen Gerichten (Wildschweinschnitzel) oder Blunzenradln. Auch vegetarische Gäste können auf der überschaubaren Karte ihr kulinarisches Glück finden. Für diese ist allerdings das Arlt-Schnitzel nichts, ein Cordon Bleu mit Salami und Chilipesto-Füllung. Jürgen Kerzenhofer ist Kellermeister und Weinsommelier: Das bemerkt man sogleich an der großen Auswahl an offenen und Flaschenweinen. Besonders angenehm dabei die Preisgestaltung – in Anbetracht auf die 100 Prozent Biozertifizierung trifft das auch auf die Speisen zu.
Weinhaus Arlt, 1170 Wien, Kainzg. 17 Do–So 11–23 Uhr weinhaus-arlt.bio
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GASTROTIPPS HOFER BIOHEURIGEN
Maria und Hermann Hofer führen im niederösterreichischen Auersthal ein Bioweingut. Regelmäßig lockt auch der Bioheurige mit regionalen und saisonalen Spezialitäten zahlreiche Gäste an. Gerade in der wärmeren Jahreszeit lassen sich dann im lauschigen Gastgarten entspannte Nachmittage und Abende verbringen, die durch die Gastfreundlichkeit der Familie abgerundet werden. Durch das große kulinarische Angebot beim zertifizierten Bioheurigen kommen vom Fleischesser bis zum Veganer alle auf ihre Kosten. Die dazu passenden Weine runden die Schmankerl perfekt ab. Zur warmen Jahreszeit passen die spritzigen Bioseccosorten Zweigelt Rosé und Riesling besonders gut. Zum Biosecco Zweigelt Rosé empfiehlt die Bio-
wirtin Maria Hofer das Leberpastetenbrot, und als Nachspeise bilden im Sommer der Apfelstrudel und der Biosecco Riesling ein verlockendes Duo. Bei einem Besuch des Bioheurigen, nur 20 km von Wiens nördlicher Stadtgrenze entfernt, können auch gleich die frisch prämierten Weine verkostet werden. Beim 7. Internationalen Bioweinpreis gewannen der Grüne Veltliner Kirchlissen und der Welschriesling Herrenberg Silber – der Weinviertel DAC vom Vogelsang erreichte sogar eine Goldprämierung. Weingut H.u.M. Hofer, 2214 Auersthal, Neubaugasse 66 Öffnungstermine lt. Website weinguthofer.com
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Es wird ein Wein sein, und er wird bio sein
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HUMBOLDT STUBN
BILDER: HUMBOLDT STUBN
Das Biorestaurant im Zentrum vо Salzburg Du bist, was du isst! Dieses Motto steht schon ganz oben auf der Karte der Humboldt Stubn, die seit September 2018 eine 100 Prozent biozertifizierte Gastronomie offeriert. Naturbelassenheit steht in der Küche im Vordergrund, weswegen heimische Produkte und Rohstoffe wie auch die Vielfalt der Jahreszeiten bei der Auswahl und Zubereitung der Gerichte eine tragende Rolle spielen. Auch die Transparenz ist gegeben: Auf der Karte stehen die Produzenten und Lieferanten der Zutaten genau aufgelistet. Die BäuerInnen, ImkerInnen und ZüchterInnen bekommen einen angemessenen Preis, um sicherzustellen, dass die verwendeten Produkte und Zutaten aus einem fairen Umgang und einer friedvollen Haltung entspringen. Den Betreibern der Humboldt Stubn sind biologische und biodynamische Herkunft sowie der feinsinnige Umgang mit diesen Produkten sowohl Anspruch als auch Aufgabe. Die Karte enthält etwa zehn Hauptgerichte, davon die Klassiker der heimischen Fleischküche, vor allem aber
auch eine sehr ambitionierte Auswahl an vegetarischen Gerichten. Für Salzburger Verhältnisse sitzt man hier in einem dezent rustikalen Ambiente. Und wenn man den zentralen Standort und die Wertigkeit der Bioküche einbezieht, befinden wir die Bepreisung der Speisen als durchaus moderat. Das zweigängige Mittagsmenü kostet Montag bis Freitag ¤ 9 (vegetarisch) oder ¤ 11 (für die fleischliche Variante). Auch die Kinderkarte bietet gute Alternativen zu den Schnitzel-/Nudelvarianten, die wir sonst leider gewohnt sind. Der Service ist sehr aufmerksam und geschult. Was wir aber hungrigen BiogenießerInnen unbedingt mit auf den Weg geben wollen: Für einen Platz in den Humboldtstubn unbedingt reservieren! Humboldt Stubn. Restaurant. Bar. 5020 Salzburg, Gstättengasse 4–6 So–Do 11:30–0 Uhr, Fr–Sa 11:30–2 Uhr Küche jeweils bis 22 Uhr
BIOMÄRKTE
Text vо
MICK Y KLEMSCH
Österreichs
Bi&ärkte Genießer flanieren gerne auf Märkten. Das Gustieren, Verkosten und auch die persönliche Beratung bilden ein Einkaufserlebnis, das man im Supermarkt auf diese Weise nicht bekommen kann. Aber wo sind die Biostände? Auf allen großen und bekannten Märkten des Landes gibt es einzelne Biostände oder spezielle Biobereiche. Aber regelmäßige Märkte mit 100 Prozent Bioanteil gibt es nur wenige. Wir haben einige herausgesucht:
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B IOBAUERNM ARK T FRE Y UNG
BILDER: MICKY KLEMSCH
Bio aus Traditiо Schon seit 1993 findet auf der Freyung in der Wiener Innenstadt ein regelmäßiger Biomarkt statt. Die kleinen roten Hütten werden wöchentlich neu aufgebaut, um den diversen zertifizierten StandlerInnen und den Gästen ein angenehmes Marktgefühl zu geben. Freitags und samstags von 9 bis 18 Uhr findert der Biobauernmarkt statt und bietet einen gelungenen Mix aus Biolebensmitteln und auch ein wenig Gastronomie. Man kann sich tatsächlich auch niederlassen, ein paar Glaserl Biowein vom Zillinger oder Grillinger trinken oder vom Bioschweiger eine Erdäpfelpfanne oder ein Blunzengröstl speisen. Top Bioprodukte von Seebauer am Gleinkersee, Thum-Schinken, Biofisch, der Honigwerkstatt oder vom Bäcker Schrott gibt es wöchentlich am Markt. Dass der Markt in den letzten Jahren etwas eingebüßt hat, liegt vor allem daran, dass immer weniger Menschen im Umfeld des 1. Bezirkes wohnen und das Angebot an Bioprodukten auch bei den großen Flagship Stores der Lebensmittelketten in der Wiener Innenstadt sehr groß wurde. Weihnachten und Ostern übersiedelt der Markt auf die andere Straßenseite direkt vor das Palais Ferstel und hat täglich geöffnet. biobauernmarkt-freyung.at
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BIOMÄRKTE
BIOMARKT L ANGE GASSE
Nachhal tigkeit im Grätzel 2019 feierte der Biomarkt in der Josefstadt sein fünfjähriges Jubiläum. Erst im letzten Jahr hat dieser durch den Ausbau der Lange Gasse zur Begegnungszone enorm an Flair gewonnen. Nachdem mittlerweile viele lokale Aussteller ohne Biozertifizierung an den Ständen verkaufen, hat man den Namen auf Bio- und Spezialitätenmarkt adaptiert. Die Spezialitäten werden regional erzeugt und verarbeitet – und sind kompromisslos nachhaltig. Obst und Gemüse vom legendären Bio Martin, Brot von Öfferl aus dem Waldviertel, Westwind-Bier und BioWein Roth aus Deutsch Jahrndorf oder der Obsthof Retter sind mit ihren Produkten vor Ort. Die Highlights sind mit Sicherheit aber die Schaferei Leitenbauer, die neben Fleisch auch diverse andere Produkte von ihrem Biohof anbieten, und der Waldviertler Biohof Loidolt mit Teigwaren aus Urkorn und seinen raren Erdäpfelsorten. Geöffnet hat der Biomarkt Lange Gasse jeden Samstag von 9 bis 15 Uhr.
BILDER: MICKY KLEMSCH
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BIOMÄRKTE
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B IOBAUERNM ARK T VILL ACH
Handgefertigte Biolebensmi(el an der Drau Der Biobauernmarkt in Villach versammelt nun schon seit über 20 Jahren die besten Bioproduzenten Kärntens am Hans Gasser Platz. Unmittelbar im Zentrum der Draustadt ist der Markt jeden Freitag von 9 bis 15 Uhr geöffnet. Der Mallhof aus Bad Kleinkirchheim bietet sämtliche Kuhmilchprodukte sowie Fleisch von Schwein, Rind und Pute und saisonale Spezialitäten an. Björn Thausing kommt jeden Freitag aus Pischeldorf und bringt Brot und Gebäck, Kuchen, Mehle und Grieße sowie kaltgepresstes Leinöl auf den Markt. Marktobman Markus Steiner aus Gundersheim hat seinen GailtalerBiospeck sowie Fisch und Nudelprodukte im Angebot. Neben den diversen bäuerlichen Lebensmitteln gibt es aber bei »Kräuterchristl« Monsberger aus St. Georgen auch selbstfabrizierte Naturkosmetik. Mit Romanello Luciano, der aus Udine italienisches Bioobst und Gemüse sowie Wein mitbringt, kommt sogar ein wenig AlpeAdria-Flair nach Villach.
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Biovillach.at
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BIOMÄRKTE
MARKT DER ERDE
Sl)-F*d- und Regiоalmärkte in Horn, Lutzmannsburg und Parndorf
Biotiger Michael Deutsch aus Neusiedl.
Die Märkte der regionalen Slow-Food-Convivien bieten nicht ausschließlich Bioware, überzeugen aber bei den anderen Ausstellern der Slow-Food-Bewegung mit ähnlich hohen Ansprüchen. Als erste in dem Trio startete Ziegenbäuerin Monika Liehl in einem Ziegenstadl in Parndorf einen Markt der Erde. Jeden ersten Samstag im Monat sammeln sich regionale Produzenten bis zum frühen Nachmittag und bieten ihre frischen Waren feil. Darunter Gemüse vom Direktvermarkter Michael »Biotiger« Deutsch aus Neusiedl, Bioeier von Lunzer aus Gols oder der Seewinkler Biotofu. Dazu gesellt sich jeweils ein Gast in der Küche, der vor Ort auch warme Speisen aus dem angebotenen Sortiment zubereitet. Eine Weinbar und als Kinderattraktion das Ziegenstreicheln runden das monatliche Programm ab. Im Waldviertel findet der Regionalmarkt sogar zweimal monatlich statt. Seit Dezember 2012 finden sich am Hauptplatz in Horn jeden 2. und 4. Samstag im Monat zahlreiche Anbieter aus der Region mit Bioköstlichkeiten und Lebensmitteln nach den Slow-Food-Kriterien. Diesen Dezember findet bereits der 140. Markt statt, zu dem KonsumentInnen auch gerne mal eine längere Anfahrt in Kauf nehmen. Der Erfolgsgeschichte in Parndorf hat Kerstin Rohrer bewogen, auch in ihrer Heimat Lutzmannsburg einen Markt der Erde zu installieren. Einmal im Monat treffen sich nun auch in Blaufränkisch Land regionale Slow-Food-ProduzentInnen – und mit ihnen unter anderem Biobrot von Biobäcker Clemens Waldherr, die Kobersdorfer Biodelikatessen der Familie Hausensteiner und Gemüse vom Biohof Pölzer am Zicksee.
BILDER: MARKT DER ERDE/KERSTIN ROHRER
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Entspannte Atmosphäre hinter dem Ziegenstall in Parndorf.
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WEINGUT MACHHERNDL
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I like the way
y+ stink, Butch Text & Bild vо
Wenn jemand seinen Wein »Pulp Fiction« nennt, muss er solche Headlines wegstecken. Denn Erich Machherndl weiß, was er tut. Und er weiß, dass das Filmzitat ein Kompliment ist. Hier eine Hommage an einen, der aus der Reihe tanzt. Als Person, aber auch mit seinen Weinen. Vor allem mit seinen Weinen.
E
rst einmal sei festgestellt, dass das Weingut Erich Machherndl in Wösendorf ein biozertifiziertes Weingut ist. Das scheint einerseits selbstverständlich, weil es ja hier an dieser Stelle portraitiert wird. An der Stelle allerdings, an der das Weingut steht, ist es alles andere als selbstverständlich. Die Wachau mag weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt sein und mag auch ganz großartige Weine produzieren. Ein Vorreiter in Sachen bio ist die Region nicht. Auch kein Spätstarter. Ja, es gibt den
Nikolaihof. Und auch andere Betriebe wie Harm oder Schmidl. Aber einen substanziellen Flächenanteil gibt es nicht. Daher ist jedes Bio-Engagement in der Wachau vorbehaltlos zu begrüßen. So auch die Umstellung des Betriebs von Erich Machherndl. Erich selbst ist ein Energiebündel. Und ein Quereinsteiger. Allerdings nicht so einer, der früher irgendwas mit Medien machte. Oder vielleicht Werbung und sich dann den Traum vom eigenen Weingut erfüllt. Er ist ausgebildeter Medizintechniker. 1998 hat er das Weingut übernommen und war dann ein paar Jahre zweigleisig unterwegs. Jahre »innerer Zerrissenheit«, wie er selbst sagt. Schließlich hat er sich für das Weingut entschieden. Weinbauschule? Fehlanzeige. Auch wenn die Eltern einen etablierten Betrieb hatten, genießt Erich Junior doch die Freiheit, ein bisserl anders sein zu dürfen. Seine Ziele dabei waren und sind ambitioniert. Weine keltern, die eine eigene Handschrift zeigen. (Gelungen). Die Region ein wenig mitgestalten (drauf und dran) und schließlich so naturnah wie möglich zu arbeiten (2018 war das erste zertifizierte Biojahr. Ich würde sagen: Mission accomplished).
BILDER: JÜRGEN SCHMÜCKING
JÜRGEN SCHMÜCKING
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Was sind das jetzt für Weine, die dieser Machherndl macht? Und was hat das Ganze mit Tarantino zu tun? Sein Stil ist klar definiert. Kein Restzucker, keine Edelfäule. Die Weine sind keine konzentrierten Alkopops. Vielmehr zeichnen sie sich durch ein kantiges Profil aus. Ecken und Kanten dort, wo sie sein sollen. Straffe Weine mit dichter Struktur. Penibel arbeitet er die Unterschiede seiner einzelnen Rieden heraus. Vor allem der Grüne Veltliner. Smaragd Kollmitz 2018. Ein Wow von einem Wein. Intensiv und gelbfruchtig. Also Pfirsich, Marille, eine Spur Quitte. Dann wird es exotisch. Maracuja. In jeder Phase merkt man dem Wein an, dass er alt werden will. Weil er es kann. Ein paar Händler geben dem Wein eine Trinkreife von fünf bis sechs Jahren. Glauben Sie denen kein Wort. Die wollen nur mehr Wein verkaufen. Der Kollmitz hat das Zeug zu – mindestens – 15 Jahren. Er wird dann zwar anders, aber gut sein. Richtig gut. Erich Machherndl macht also auch Weine, die man durchaus ins klassische Bild der Wachauer Weine stellen kann. Ein bisserl mehr Maischestandzeit, ein bisserl mehr Struktur, ein bisserl mehr yeah! Aber im Grunde sind es Wachauer Weine.
»Auch wenn die Eltern einen etablierten Betrieb hatten, genießt Erich Junior doch die Freiheit, ein bisserl anders sein zu dürfen.« Beschreibung erwartet man nicht. Sie bereitet auf das Unerwartete vor. Weil, so einen Wein erwartet man sich nämlich auch nicht. Keine Schwefelzugabe, unfiltriert. Weiter in der Beschreibung: »… es regnet Sesam auf Hokkaido, die so facettenreich wie tiefgreifend individuelle Aromatik wunderbar ausbalanciert mit hopfigtraubiger Frische & zitronenzestiger Kühle.« Und tatsächlich – da ist Kürbis. »Ich liebe dich, Pumpkin.« »Ich liebe dich, Honey Bunny.«
B E R E I T F Ü R DA S U N E R WA R T E T E Der Knackpunkt liegt im kleinen Wort »auch«. Der Machherndl kann nämlich auch anders. Er hat eine Spielwiese, die er »Pulp Fiction« nennt und meint damit eine Serie außergewöhnlicher und einzigartiger Weine. Pulp Fiction 1 war eine Cuvée aus den weniger regionstypischen Sorten Frühroter Veltliner und Gelber Muskateller. Mit satter Maischestandzeit und zurückhaltendem Schwefeleinsatz. Mein persönlicher Favorit ist allerdings die Nummer 5 (Frühroter Veltliner, Gelber Muskateller und Weißburgunder). »Welch surreales Intro, grenzgängerisch & grenzgenial, weckt den Wagemutigen mit einer Eibischwatsche auf, und wischt ihm sogleich die Selbstüberschätzung aus der Visage, fermentierte Kräuterlimo, Ginger Beer, getrocknete griechische Bergkräuter.« So eine
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In der Region um Wösendorf gibt es noch keinen substanziellen Anteil an Bioflächen.
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Sekt sells!
Text vо
JÜRGEN SCHMÜCKING
E
s ist eine der unumstößlichen Wahrheiten, die man in den Basisseminaren für Weinliebhaber lernt. Poysdorf ist die Hochburg für die Weine, aus denen später Sekt wird. Schlumberger, aber auch andere große Schaumweinmarken, beziehen den Großteil ihrer Grundweine aus Poysdorf und Umgebung. Und dann ist da das Weingut Ebner-Ebenauer. Mit so radikal anderen Weinen, als wir sie aus dieser Gegend kennen. Und sie haben auch Sekt. Großartigen Sekt. Vermutlich einen der besten, der aus Österreich zu bekommen ist.
Beginnen wir damit. Mit dem Blanc de Blancs. Das ist zwar nicht ganz astrein, weil Marion und Manfred Ebner-Ebenauer blutjunge BiowinzerInnen sind, die mit dem Jahrgang 2016 die Umstellung auf biologischen Weinbau begonnen haben. Ihren Sekten geben sie indes alle Zeit der Welt. Sieben Jahre lang liegt der Blanc de Blancs auf der Feinhefe, bevor er degorgiert wird und auf den Markt kommt. Im Moment kann man am Weingut den Jahrgang 2013 vorreservieren. Mit ihren Blanc de Blancs räumen die Ebner-Ebenauers im In- wie im Ausland die begehrtesten Preise ab. 2017 wurde der Sekt
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In der Sektproduktion gilt die Niederösterreichische Gemeinde Poysdorf als Hochburg. Das Bioweingut Ebner-Ebenauer bestätigt das, allerdings können sie auch anders.
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Marion und Manfred Ebner-Ebenauer teilen sich die Arbeit im Weingarten und Keller. Die alten Rebstöcke wurzeln in bis zu 70 Metern Tiefe.
aus dem Weinviertel von der strengen Gault&MillauJury zum besten Sekt Österreichs gekürt. Und das zum dritten Mal in Folge. Zum Glück gibt es vom Weingut Ebner-Ebenauer nicht nur Sekt. Die Stillweine stehen dem grandiosen Schäumer um nichts nach. Fünfzehn Hektar Rebfläche bewirtschaften Marion und Manfred EbnerEbenauer seit 2007 gemeinsam. Das Winzerpaar teilt sich die Arbeit in Weingarten und Keller – als seinen größten Schatz bezeichnet es die Weingärten mit ihren 30 bis 70 Jahre alten tiefwurzelnden Rebstöcken. 100 % Handlese war von Beginn an selbstverständlich. Außerdem werden nur Trauben aus eigenen Weingärten verarbeitet. Zukauf von Trauben ist den EbnerEbenauers suspekt und dementsprechend verpönt.
Sämtliche Weine werden mit Lagenbezeichnung gefüllt, die wichtigsten und ausdrucksstärksten Rieden heißen Hermanschachern, Bürsting und Sauberg. Von diesen ist – meiner persönlichen Einschätzung und Vorliebe nach – der Bürsting der spannendste. 50 Jahre alte Rebstöcke. Knorrige, alte Gesellen auf schwerem Lehmboden, die einen Wein hervorbringen, der mit zwei Eigenschaften charakterisiert werden kann: Langlebigkeit und Komplexität. Der Grüne Veltliner Bürsting ist kein Terrassenwein. Oder doch, ist er vielleicht schon. Aber eher einer für Abende mit tiefgründigen Gesprächen, als für eine ausschweifende Party. Genau genommen braucht er den Abend auch, um sich zu entfalten. Genau wie die Gespräche sich an solchen Abenden erst langsam entwickeln. Geprägt ist der Wein durch eine 24-stündige Maischestandzeit, in der die Schalen in Kontakt mit dem Most bleiben und den Wein mit Gerbstoff und Struktur ausstatten. Und natürlich durch die spontane Vergärung mit wilden Hefen. Wie gesagt: kein Veltliner, um den Durst zu löschen. Dafür gibt es andere Weine. Aber auch die haben Marion und Manfred im Programm.
zellage. So einfach ist das. Für Manfred Ebner-Ebenauer ist die tiefe Verwurzelung eine Grundvoraussetzung dafür, dass der Wein den Geschmack des Bodens aufnimmt. Beim Bürsting sind es 30 Jahre. Sauberg und »Alte Reben« sind fast doppelt so alt. Marion ist ein fröhliches Energiebündel. Die personifizierte Lebensfreude, stets am Lachen, immer in Bewegung. Manfred gilt als ruhender Pol. Zurückhaltend, nachdenklich. Ein Grübler und Tüftler mit Faible für große Burgunder. Aus dieser Gegensätzlichkeit entsteht eine enorme Kraft. Und großartige Weine. Und ja, sie haben auch viel gemeinsam. Nicht nur die Liebe füreinander, sondern auch die Liebe zum Champagner. Dass sie im Weinviertel großen Schaumwein machen, mit dem sie in einer Liga mit Roederer, Dom Pérignon und Krug spielen (Marion liebt Krug!), kommt nicht von ungefähr. Ich bin sicher, da kommt noch einiges auf uns zu. Wir sind gespannt.
K R A F T AU S G E G E N S ÄT Z E N Bei den Lagenweinen, genauer den Einzellagenweinen, sind sie jedenfalls kompromisslos. 30 Jahre ist das Mindestalter der Reben. Sind sie jünger, ist es keine Ein-
Rund um den Winzerhof in Poysdorf werden seit 2007 etwa 15 Hektar Rebfläche bewirtschaftet.
BILDER: STEVE HAIDER, MAXIMILIAN SALZER
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Schwarz und Weiß, Kaffee und Milch. Das ist pure Harmonie. Wir verwenden dafür reine Bergbauernmilch aus Österreich und veredeln sie zu unserer Kaffeemilch. Für besonders weichen Kaffeegenuss.
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WILDBRET
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Wildbret Rezepte Kochen mit Hirsch, Reh, Hase und feinsten Biozutaten. Eine Auswahl besonderer Wildbret-Rezepte
W
ildbret kann nicht biozertifiziert werden, passt allerdings vorzüglich in die Bioküche. Denn Wildbret von frei lebendem Wild ist besonders gesund, weil sich die Tiere Zeit ihres Lebens ganzjährig im Freien bewegt haben und von gut ausgebildeten JägerInnen erlegt werden. Wer genussvoll, gesund und nachhaltig essen möchte, ist also gut beraten, Bio mit Wildbret zu kombinieren.
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Aus: Unwiderstehlich Wild. Die besten Rezepte aus Südtirol, Tirol, Bayern und dem Aargau. 128 Seiten, € 25,00 Athesia Verlag
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r a t a T vom h c s r i H a$en Daz u p s etoastete frisch g r. d Bu(e n u t o r B
ZUBEREITUNG
Z U TAT E N
2 300 g Hirschfilet 1 Zwiebel 1 Bund frische Petersilie 2 Essiggurken 10 Kapern 1 Eigelb 1 TL Senf 1 TL Tomatenmark Salz frisch gemahlener Pfeffer ggf. 1 Schuss Cognac 4 EL Öl, z. B. Nussöl
»Das Hirschfilet fein säuberlich putzen und durch einen Fleischwolf drehen oder mit einem scharfen Messer fein hacken. Die Zwiebel schälen und mit der Petersilie fein hacken. Die Kapern und die Essiggurken in kleine Würfel schneiden. In einer großen Schüssel alles vermengen und das Eigelb untermischen. Mit Senf, Tomatenmark, Salz und Pfeffer abschmecken. Je nach Geschmack mit einem Schuss Cognac verfeinern. Anschließend mindestens 10 Minuten gekühlt ziehen lassen. Zum Servieren mit einem kleinen Schöpflöffel portionieren und auf den Teller stürzen. Mit etwas Öl und frischen Kräutern wie Petersilie oder Blutampfer garnieren.«
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WILDBRET
IN KOOPERATION MIT
e t l l i r Geg s t t e l e t o k h c s r i H e t s a p / z l i P t i m Kla,t der auch in a- e Grilpf
Z U TAT E N
8 gut abgelegene Hirschkoteletts (am Knochen) schwarzer Pfeffer Wacholderbeeren Pilze wie Steinpilze, Parasole, Maronenröhrlinge und/ oder Wiesenchampignons Rosmarin F Ü R D I E P I L Z PA S T E
2 EL getrocknete Steinpilze 2 EL getrocknete Wildkräuter wie Brennnesseln, Gebirgswermut, Dost, Quendel, Minze etc. schwarzer Pfeffer 1 Zehe Knoblauch Maiskeimöl oder Schweineschmalz Chilipulver Salz
Aus: Der Jaga und der Koch. Von Christoph Burgstaller und Rudi Obauer. 384 Seiten, € 48,00 Servus Verlag
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ZUBEREITUNG
»Hirschkoteletts rundum gut mit zerdrücktem Pfeffer und zerdrückten Wacholderbeeren einreiben. Auf den Grill über Buchenholzglut legen. Die Vorbereitung der Glut kann gut und gerne eineinhalb Stunden dauern. Grundsätzlich gilt beim Grillen: nichts übereilen, abwarten und keinen Tee, sondern Bier oder Wein trinken. Das Fleisch am besten auf die Seite des Rosts legen, sodass die Hitzeeinwirkung mäßig ist. Je gemächlicher der Garprozess vor sich geht, desto besser. Alarmsignal: Wenn das Fleisch Krusten ansetzt, hat man etwas ganz falsch gemacht. Gemeinsam mit dem Fleisch in Scheiben geschnittene Steinpilze, Kappen von Parasolpilzen, Wiesenchampignons, Speck und/oder Wildwürstel grillen. Kurz bevor das Fleisch gar ist – die Druckprobe gibt Auskunft: das Fleisch soll sich nur noch im Kern weich anfühlen – einen Zweig Rosmarin oder Wacholder auf die Glut legen. Während des Grillens gesellig Bier oder Wein trinken, aber jedenfalls eine Paste zubereiten: Getrocknete Steinpilze und Kräuter mahlen, mit Pfeffer, einer zerdrückten Knoblauchzehe, einem Schuss kochenden Wasser und einem guten Schuss Öl oder einem Löffel Schmalz verrühren. Weiters passen zu den Hirschkoteletts Schwarzbeersenf, Preiselbeeren (in Zuckerwasser gekocht) und/ oder Hagebuttenmarmelade.«
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4 Fragen an WILDBRET
... Norbert Walter, MAS, Wiener Landesjägermeister, Präsident von »Jagd Österreich« und Biowinzer.
Wildbret aus heimischen Revieren und Bioprodukte aus der Region bilden ein harmonisches Duett. Wildbret steht wie kaum ein anderes Lebensmittel für einen nachhaltigen und schonenden Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen. Gerade im Hinblick auf die CO2-Bilanz und unsere Verantwortung gegenüber der Umwelt, sollten wir stets bemüht sein, auch den Nachhaltigkeitsaspekt in unserer Ernährung zu berücksichtigen. Das Zubereiten von Fleisch zelebrieren manche als Wissenschaft. Was ist beim Wildbret in der Küche zu beachten?
Man muss sich einfach drüber trauen. Wildbret ist in vielerlei Hinsicht einfacher zu händeln als Fleisch von Nutztieren und ist beispielsweise, abhängig vom Fettanteil, tiefgefroren länger haltbar als Rind- oder Schweinefleisch. Wildbret bietet zudem einen höheren Eiweißgehalt und ist reich an wertvollen Omega-3-Fettsäuren, die für unsere Gesundheit wichtig sind. Bei der Zubereitung sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt, wie die zahlreichen Rezepte in dieser Ausgabe zeigen. Zudem hat sich in der Vergangenheit viel getan: Der strenge Geruch bzw. Geschmack, der früher fälschlicherweise als »wildtypisch« bezeichnet wurde und mit starken Saucen übertüncht werden musste, war die Fol-
ge von ungeeigneter Lagerung. Heute ist Wildbret ein hochwertiges und erstklassiges Naturprodukt, das auch kurzgebraten ein Genuss ist. Fleisch aus dem Bioladen oder aus dem Supermarkt wird kontrolliert. Wie kann ich beim Wildbret sichergehen, dass die Qualität passt?
Alle DirektvermarkterInnen, also JägerInnen die Wildbret aus ihrer Jagd zum Kauf anbieten, müssen zusätzlich zur Jägerprüfung eine weitere Ausbildung abschließen. Diese sogenannten kundigen Personen prüfen ihr Wildbret in einer strengen Qualitätskontrolle und müssen eine Reihe von Gesetzen, Verordnungen und Hygienevorschriften einhalten. Dadurch wird sichergestellt, dass die Fleischqualität einwandfrei ist. Wie bei anderem Fleisch ist eine Selbstkontrolle auch bei Wildbret kein Fehler. Es darf weder streng, scharf oder säuerlich riechen. Auch sollte das Fleisch keinen schwärzlichen Schimmer aufweisen. Sie sind als Winzer seit 2015 selbst biozertifiziert. Hat sich seither das Wild in ihren Weingärten verändert?
Mir kommt vor, dass gerade das Rehwild und die Ziesel das Bioangebot in meinem Weingarten vermehrt zu schätzen wissen und die Rehe aus meinem eigenen Weingarten besonders gut schmecken.
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Warum passen Wildbret und Bioprodukte so gut gemeinsam auf den Teller?
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Aus: Schüsseltrieb, das Wildbretkochbuch. Mit Gerhard Kosel. € 29,90 Der Anblick Verlag
Schüsseltrieb DAS WILDBRETKOCHBUCH
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mit Gerhard Kosel
n e k c ü r h e R k c e p S m i l e t n ma
e daz u: g a l i e B Als l. enknöde ( e i v r e S Z U TAT E N
4 Steaks aus Wildrücken oder -keule, je 150–200 g 400 g Rückenfilet, pariert 150 g Hamburgerspeck, in Streifen geschnitten. F Ü R D I E S AU C E
500 ml Wildfond 125 ml Blaufränkisch
ZUBEREITUNG
»Das enthäutete Rehfilet pfeffern. Die Speckscheiben überlappend auf ein Küchenbrett legen. Das Rehfilet daraufsetzen und mit den Speckscheiben einrollen. Das Filetstück wird nicht gesalzen, da der Hamburgerspeck seine salzig-rauchigen Aromen auf das Fleisch überträgt. In Schweineschmalz rundum anbraten, 15 Minuten bei 120° C nachrasten lassen. Den Bratensatz mit dem Rotwein ablöschen, mit Wildfond aufgießen und kurz einkochen. Den Rehrücken in Scheiben schneiden und auf einen Saucenspiegel setzen. Als Beilagen harmonieren Serviettenknödel von Laugenbrezeln und Steinpilz-Sahnesauce hervorragend.« IN KOOPERATION MIT
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WILDBRET
IN KOOPERATION MIT
n e s Ha e p p su
ECHTHEIT GENIESSEN Wildbret -Rezepte
Z U TAT E N
ZUBEREITUNG
½ Feldhase 2 Karotten 2 gelbe Rüben ¼ Sellerie ½ Lauch 3 El Öl 2 EL Balsamicoessig 2 EL Zitronensaft 1/4 L Wildfond 1/8 L Rotwein 1,5 L Wasser 1/8 L Schlagobers Salz, Pfeffer, Wachholderbeeren, Pfefferkörner, Lorbeerblätter, Bohnenkraut 100 g Pilze zum Garnieren 3 dag Butter 3 dag glattes Mehl
»Das Hasenfleisch mit Salz und Pfeffer würzen und die Hälfte des Gemüses grob würfelig schneiden. Öl im Topf erhitzen und den Hasen sowie das würfelig geschnittene Gemüse braun anbraten und öfters umrühren. Mit Rotwein ablöschen und mit dem Wildfond und 1,5 L Wasser aufgießen. Gewürze, Balsamicoessig sowie Zitronensaft hinzufügen und ca. 1 Stunde sieden lassen. In der Zwischenzeit das restliche Gemüse in feine Streifen schneiden. Das weich gegarte Hasenfleisch herausnehmen, vom Knochen lösen und ebenfalls in feine Streifen schneiden. Die Suppe durch ein Sieb passieren und überkühlen lassen. Butter im Topf zergehen lassen, glattes Mehl beigeben, ver-
Wild durch's
JAHR
Aus: Echtheit genießen, Wildbret-Rezepte. Vom OÖ Landesjagdverband. Broschüre, € 2,00 Online auch als PDF verfügbar: ooeljv.at
rühren und nussbraun anrösten. Mit dem Hasenfond aufgießen und mit dem Schneebesen glatt rühren. Das in Streifen geschnittene Gemüse in der Hasensuppe weich kochen und anschließend das Hasenfleisch dazu geben. Zum Schluss mit Obers verfeinern und mit gerösteten Pilzen anrichten.«
WO K AUFE ICH WILDB RE T ?
Frisches Wildbret kauft man am besten bei dem/der JägerIn. Viele DirektvermarkterInnen bieten auch Würste und Konserven an. Einen besonderen Weg geht Venatio Wildprodukte, ein Food-Start-up aus Niederösterreich, das gerade dabei ist, alle Zutaten, welche nicht Wildbret sind – Gemüse, Kräuter und Gewürze – ausschließlich in regionaler Bioqualität zu verarbeiten. Venatios Rehrilletes, Kürbis-Hirsch-Pasteten oder Wildschweinsugo – ist in Feinkostläden sowie über das Biokistl des Adamah Biohof zu beziehen. venatio.at | adamah.at
AT E N R B S T AC H W E I H N D E M WA L D AU S FRISCHES WILDBRE T VOM REH, HIR SCH & WILDSCH WEIN
Die meisten Landesjagdverbände verlinken zu regionalen Wildbret-AnbieterInnen. jagd-oesterreich.at
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Auf der vom niederösterreichischen Landesjagdverband betriebenen Wildbret.at-Website etwa lassen sich Bezugsquellen nach Postleitzahlen wie nach Wildarten suchen. wildbret.at Wer vor dem Selberkochen erst im Wirtshaus auf den Geschmack kommen möchte, ist in Wien beispielsweise in Hausmair’s Gaststätte (Wien 7, Lerchenfelder Straße 73) richtig. hausmair.at Das Wildbret von Wiesmayer Wild geht an die Spitzengastronomie oder ist über Merkur Hoher Markt (Wien 1) erhältlich. Im »Wilden Wirtshaus« (2332 Hennigsdorf, Hauptstraße 33) von Johannes und Lydia Wiesmayer werden neben Wildbret aus eigener Jagd ausschließlich Bioprodukte verarbeitet. wiesmayer-wild.at
ger vom Jä – direkt viertel ld a W m bret t aus de hes Wild Wildbre en frisc d n e rs e g in anz wir v der Post ersand: ltiger V ittelbox sm n ird am e b w Nachha rung it der Le ay-Liefe nd oche m eholt u e Next-D g jede W lt b h a ü l k e e g ldviert ich. Die em Wa d s u Österre a mittag chnach n, so ellt. Mittwo nomme g zugest ta r mitge rs e n h wiede ic . le am Don n g e wird bei Ihn andbox aterial Die Vers kungsm Verpac in ke t Immer und vor verbleib estellen freie Ort raten b b s- und ts h c a e m n! ihn e m N ah W ko e n ru e b ngswah fert Jetzt d l, nie ch gelie M is ed fr n ik am ente, ke chte in Weihna Schlacht hof: mehr BIO geht nicht!
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BIOHONIG
Text vо
IRIS EICHTINGER
Was ist Bio an
Biohоig?
Honig ist immer ein Naturprodukt? Und Bienen lassen sich sowieso nicht vorschreiben, ob sie auf Biowiesen Pollen sammeln? Ja, aber … 7 Unterschiede zwischen konventionellem Honig und Biohonig
J
a, es stimmt: Echter Bienenhonig ist immer ein Naturprodukt. Und nein, Bienen lassen sich nicht vorschreiben, wo genau sie Pollen sammeln. Dennoch gibt es gehörige Unterschiede zwischen konventionellem Honig und Biohonig.
1. Die Biene wählt die Blüte, der/die ImkerIn den Standort der Bienenstöcke. BioimkerInnen sind besonders wählerisch, auch von Gesetzes wegen.
»Natürlich kann man Bienen nicht so beeinflussen, dass sie ausschließlich Bioflächen und keine konventionellen Flächen anfliegen«, weiß Imker Dietmar Niessner,
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Betreiber der Wiener »Bienenschule« und Autor des Standardwerks »Bio-Imkern in der Stadt und auf dem Land«, in dem er Monat für Monat durchs Bienenjahr führt. »In den EU-Richtlinien ist es aber sehr wohl vorgeschrieben, dass Bienenstöcke in der Nähe von Bioflächen oder Flächen aufgestellt werden müssen, die mit einer Methode bewirtschaftet werden, die eine Kontamination der Produkte verhindert.« BioimkerInnen wählen die Standorte für ihre Völker also mit besonderem Bedacht. Die in manchen Ländern gängige Praxis, Bienenvölker gerade in besonders intensiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Gegenden zur Blütezeit auf Felder oder in Obstgärten zu bringen, in denen gleichzeitig andere Insekten als Schädlinge bekämpft werden – und damit für die Bestäubungsleistung gewissermaßen Bienen zu opfern –, ist in der Biolandwirtschaft undenkbar. BioimkerInnen gehen besonders achtsam mit ihren Tieren um.
BILDER: DIETMAR NIESSNER
2. Schädlinge werden ohne aggressive Mittel bekämpft, was verhindert, dass sich Schadstoffe in Waben und im Honig anreichern.
Stichwort Kontamination: In der Bioimkerei ist es nach EU-Richtlinie nicht erlaubt, Medikamente und aggressive Schädlingsbekämpfungsmittel anzuwenden, da diese Rückstände im Bienenwachs verursachen können. Das gilt insbesondere für die Bekämpfung der Varroamilbe: Sie befällt die Brut der Honigbienen und verursacht Entwicklungsstörungen sowie eine deutlich kürzere Lebensdauer. Die Milbe ist mitunter verantwortlich für das immer wieder auftretende Bienensterben im Herbst und Winter. »Zur Bekämpfung der Varroamilbe dürfen in der Bioimkerei nur organische Säuren, wie beispielsweise Ameisensäure verwendet werden«, erklärt Stefan Mandl, Obmann des Vereins »Biene Österreich« und Bioimkermeister aus Schwechat. Wichtig ist dabei die genaue, vorsichtige Dosierung, damit nur den Milben geschadet wird, nicht aber der eigentlich sehr
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robusten Biene. Imkern erfordert stets Fingerspitzengefühl, Bioimkern aber deshalb besonderes Fingerspitzengefühl und genaue Beobachtung der Völker. 3. Schadstoffhaltige Farben und Styropor müssen Biobienenstöcken fernbleiben.
Bei konventionellem Honig wird manchmal Styropor für Bienenstöcke (die sogenannten Beuten) verwendet. Das ist praktisch und leicht (weil vor Honig triefende Waben richtig schwer sein können), für BioimkerInnen aber ein absolutes No-Go. »Es geht ja immer darum, eine naturnahe Behausung zu schaffen,« erklärt Victor Hernández, Betreiber der Imkerei »Kassler Stadthonig«. »Dadurch sind Kunststoffbeuten verboten, es sollten natürlich Holzbeuten sein. Und wenn es einen Anstrich gibt, dann einen Leinölanstrich.« 4. Biobienen müssen auch Bio gefüttert werden.
»Wenn ImkerInnen ihre Bienen füttern müssen – was in unseren Breiten im Winter der Fall ist –, wird den Bienen eine Ergänzung in Form von Zuckerwasser gegeben, das macht man schon seit Generationen so. Dabei müssen BioimkerInnen mit eigenem Honig füttern«, erläutert Dietmar Niessner. »Wenn es sich mit dem eigenen Honig nicht ausgeht, darf auch Zucker verwendet werden – dann muss es allerdings Biozucker sein«.
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BIOHONIG
In der Praxis sieht das bei Bioimker Philip Dobner, der in Wien die »Summerei« betreibt, dann so aus: »Bei uns wird nach der letzten Ernte im Sommer bis Ende September eingefüttert. Wir kaufen biozertifizierten Zucker zu. Ich ernte allerdings nur die Honigräume ab und alles, was dann noch im Holz ist, bleibt als Honig im Volk. Das bedeutet, dass ich nur die Restfütterung mit Biozucker mache.« 5. Das Stutzen der Flügel von Bienenköniginnen und deren traditionelle Verstümmelung ist in der Bioimkerei verboten.
»In der konventionellen Imkerei, also man sagt hier in Deutschland: ›nach guter imkerlicher Sitte‹, wurde der Königin ein Flügel kupiert, in der Annahme, dass die Königin nicht abheben kann, wenn das Volk schwärmen will, im Gras liegen bleibt und der Schwarm dann leichter zu fangen ist«, berichtet Victor Hernández aus Kassel. Wenn im Frühsommer ein Bienenvolk besonders stark ist, teilt es sich durch Schwarmbildung. Aus einem Volk entstehen also zwei (oder mehr) Völker. Das passiert sinnvollerweise genau dann, wenn genügend Nahrung vorhanden ist. Für den/die ImkerIn ist das allerdings problematisch, weil das genau in seine »Haupterntezeit« fällt, ihm nach dem Ausschwärmen aber nur ein stark geschwächtes Volk bleibt, das einen deutlich geringeren Honigertrag liefert. BioimkerInnen regulie-
»Bio-Imkern in der Stadt und auf dem Land. Monat für Monat durchs Bienenjahr« von Dietmar Niessner ist 2018 im Löwenzahn Verlag erschienen.
ren oder unterbinden das Ausschwärmen heute durch Beobachtung und behutsames Management (etwa indem sie verhindern, dass junge konkurrierende Königinnen schlüpfen). Hernández: »Das traditionelle Kupieren der Königin ist nicht wirklich eine effektive Methode, um Schwärme zu verhindern – der Gedanke der Verstümmelung überwiegt. Die Biorichtlinien untersagen jegliche Art der Verstümmelung.« 6. Biobienenstöcke müssen richtig gereinigt werden.
Auch bei der Säuberung der Bienenstöcke muss Acht gegeben werden: Stefan Mandl reinigt seine 12.000 Bienenstöcke nur mit Wasser, ohne Chemikalien; nicht einmal Spülmittel kommt zum Einsatz. In den EU-Richtlinien für Biohonig ist nämlich verankert, dass die Desinfektion und Reinigung der Bienenstöcke nur mit zugelassenen Mitteln erfolgen darf, die keinerlei Rückstände hinterlassen.
Wer Bienen Gutes tun will, kauft Bioprodukte und achtet darauf, dass auf dem Balkon und im Garten etwas blüht.
Ein ausschlaggebender Punkt ist die jährliche Kontrolle von Bioimkereien. »BioimkerInnen werden mindestens einmal im Jahr kontrolliert. Die einzigen Kontrollen, die ein konventioneller Imker zu befürchten hat, sind Kontrollen im Rahmen der Lebensmittelkontrolle. Die Veterinärbehörden konzentrieren sich dabei allerdings eher auf die größeren Imkereien als auf die kleinen. Demnach wird ein konventioneller Hobbyimker eigentlich überhaupt nicht kontrolliert«, weiß Victor Hernández aus Erfahrung.
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7. BioimkerInnen werden mindestens einmal jährlich kontrolliert.
Neu: Bio-Schoki für schöne Stunden
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Der Mühlviertler Naturbäcker Martin Bräuer packt Bio-Dinkel-Kekse in feinste Bio-Schokolade. Ein Danke, das schmeckt und glücklich macht. Anfang des Jahres kam die vegane Zartbitterschokolade „Gute Laune“ in die Regale – jetzt folgt die hellere Bio-Milchschokolade Danke für „Schöne Stunden“. „Gute Laune“ und „Schöne Stunden“ sowie neue Schokoladen sind im Online-Shop , in den Bräuer-Geschäften und im gut sortierten Lebensmittelhandel erhältlich. www.naturbaecker.at
ENT G ELTL I CH E EI NS CHA LT U NG
Bild: Flora Fellner
Wie am besten Danke sagen?
Andreas Steidl und Martina Hörmer von Ja! Natürlich, Jan Niessen von der TH Nürnberg und Organisatorin Alexandra Palla (v.l.n.r.)
BIL DE R: JA ! N ATÜRL ICH
DAS WAR DAS #BIOCAMP2019 D ass Österreich in Sachen Bio ein Vorreiter ist und Ja! Natürlich die Geschichte der österreichischen Biolandwirtschaft mittlerweile seit Jahrzehnten aktiv mitgestaltet, ist kein Geheimnis und wird im Ausland oft bewundert. Auch darum ging es am Biocamp von Ja! Natürlich, auf das »die erfolgreichste Biomarke der Welt« (Geschäftsführerin Martina Hörner) VertreterInnen der Branche Mitte November in die Galerie OstLicht in Wien-Favoriten geladen hatte, um ihr 25-jähriges Bestehen zu feiern. Den fundierten Blick von außen brachte Jan Niessen, Professor für strategisches Biomarketing an der Technischen Hochschule Nürnberg, ein. »Der Erfolg der Bioproduktion in Österreich ist auch ein Erfolg schlauer und weitsichtiger Agrarpolitik«, meinte er in seiner Keynote. Darin stellte er die Entwicklung der Biobewegung in Deutschland jener in Österreich gegenüber und verdeutlichte die Bedeutung der Biolandwirtschaft im Bezug auf angewandten und genussvollen Klima-
»Wir alle vergessen, dass Lebensmittel im Boden wachsen und dass es nur gute Lebensmittel gibt, wenn sie in intakten Böden wachsen.« – Martina Hörmer, Geschäftsführerin Ja! Natürlich schutz. Auf die besondere Bedeutung des in der konventionellen Landwirtschaft gefährdeten Bodenlebens wies auch Johann Zaller, Buchautor (»Unser täglich Gift«) und auf Pestizide spezialisierter BOKU-Forscher hin. Begeisterung für Vielfalt und alte Sorten war bei der Diskussionsrunde zum »Geschmack der Vielfalt« (mit u. a. Gastronomin Christina Nasr und Biobauer Hans Ackerl) spürbar. Kulinarische Höhepunkte waren neben einer Milchverkostung mit dem niederländischen Milch-Sommelier Bas de Groot die Karpfen-Nose-to-Fin-Session mit den drei Filmemachern von »Fisch ahoi«.
Karpfen-Session mit Biofisch-Züchter Marc Mössmer (links) und Fotograf und Filmemacher Ingo Pertramer („Fisch ahoi“).
Entgeltliche Medienkooperation mit
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B I L D : U N S P L A S H / L O U I S E LY S H O J
Bio e t p e z e R Wöchentlich erscheinen unzählige neue Kochbücher. Wir helfen bei der Auswahl, haben die besten bio-affinen Werke der Saison studiert und präsentieren jeweils ein feines Rezept.
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BIOREZEPTE
DA S BUCH ZUM RE ZEP T
Kochen mit der Kraft der Natur Gut essen und sich dabei Gutes tun: Unter diesem Motto hat Christine Saahs, Doyenne am Wachauer Nikolaihof, dem ältesten Weingut Österreichs mit fast 2.000-jähriger Geschichte, mit viel Wissen und Liebe Rezepte zusammengetragen, die Körper und Geist beflügeln. Heilpflanzen, die in Wald, Wiese und sogar im Blumentopf am Fenster wachsen, wandern ebenso in den Kochtopf wie frisches regionales Obst und Gemüse und in Maßen das eine oder andere Stück Fleisch. Auch die Schönheit kommt nicht zu kurz: Einfach herzustellende Salben und Öle, die in altbewährter Rezeptur nach DemeterRichtlinien am Nikolaihof hergestellt werden, schmeicheln Haut und Haar. Wie wir ein gesundes Leben erhalten oder wiedererlangen, unsere Lebensmittel effektiv eingesetzt werden können und wie wir unseren Boden für eine gesunde und lebenswerte Zukunft schützen – all das vereint Christine Saahs in ihrem alltagstauglichen und genussreichen Kochbuch für Körper, Geist und Seele! 192 Seiten, € 28,00 Brandstätter Verlag
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u.y Dieses C ch ist basis
B I L D E R : B R A N D S TÄT T E R V E R L A G / U L R I K E KO E B
Z U TAT E N
250 g Lauch 250 g Zucchini 1 kleine Zwiebel 2 Knoblauchzehen 1 EL Kokosöl 1 TL Currypulver 1 Msp. Ingwer Kristallsalz Pfeffer aus der Mühle 150 ml Gemüsesuppe (siehe S. 71) 4 EL Kokosmilch einige Zweige Petersilie 2 EL Tahini (Sesampaste) Ampfer- und Majoranblättchen sowie Borretschund Rotkleeblüten zum Garnieren
ZUBEREITUNG
Lauch halbieren und in feine Streifen schneiden, Zucchini in dünne Scheiben schneiden, Zwiebel und Knoblauch schälen und fein hacken. Kokosöl in einer Pfanne erhitzen, Zwiebel und Knoblauch kurz anrösten, Gewürze dazugeben und kurz mitrösten. Lauch und Zucchini hinzufügen und unter ständigem Rühren 4 Minuten anbraten. Mit Gemüsesuppe und Kokosmilch ablöschen und das Curry zugedeckt bei mittlerer Hitze ca. 4 Minuten kochen lassen. (Das Gemüse soll noch bissfest sein.) Vor dem Servieren das Gemüse noch einmal abschmecken, Petersilie hacken und untermischen. Wer möchte, rundet das Gericht mit etwas Tahini ab. Mit Blüten und Kräutern garnieren.
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BIOREZEPTE
DA S BUCH ZUM RE ZEP T
t i m e g n i l Brot rigen p s u kn s e m m o p n Ofe
Zero Waste Küche Im Supermarkt um die Ecke sind Obst und Gemüse mehrfach in Plastik verpackt. Im Kühlschrank lungern mal wieder ein paar angeschlagene Äpfel und Bananen herum. Im Brotkorb vertrocknen Baguette und Bauernleib. Wer kennt das nicht? »Hau’s weg!«, sagt das gedankenlose Ich. »Mach was draus und mach’s künftig anders!«, sagt Sophia Hoffmann und demonstriert, wie man sogar aus Petersilienstängeln, altbackenem Brot oder angeschlagenem Obst unschlagbare Kreationen zubereitet. Zero Waste kann man lernen und es ist nicht nur gut für Umwelt und Karma, sondern auch für den Geldbeutel. Darüber hat Sophia ja im Juni 2019 auch auf der BIORAMA Fair Fair in Wien referiert. Unsere Großmütter wussten, wie man sparsam und nachhaltig einkauft, alles clever lagert und ökonomisch die Reste verwertet. Wir haben es irgendwie vergessen. Daher hat die originelle Wahlberlinerin viele Ruckzuck-Rezepte entwickelt und ihr geballtes Wissen zum Thema Zero Waste und Nachhaltigkeit in dieses Buch gepackt. 248 Seiten, € 24,99 ZS Verlag
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a/ing Der Br t wird mit Bro z um einfach . Bro/ing
Z U TAT E N
TEIG
200 g altbackenes Brot in Scheiben oder Würfeln 1 mittelgroße Zwiebel oder 3–4 Frühlingszwiebeln 3–4 EL Semmelbrösel optional 1 Handvoll Spinat, Rucola, Petersilie, Kapern, getrocknete Tomaten, Pilze, Oliven Salz Pfeffer
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POMMES
250 g Kartoffeln 2 EL Pflanzenöl (Sonnenblumen, Raps) 1 TL Paprikapulver 1 EL Polenta Salz Pfeffer TIPP
Dazu passt frischer Salat, Pickles, Ketchup, Senf oder andere Saucen
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ZUBEREITUNG
Den Backofen auf 200 °C Ober-/Unterhitze vorheizen. In einem Wasserkocher Wasser zum Kochen bringen. Das altbackene Brot in einer Schussel mit Wasser übergießen, sodass alles gut bedeckt ist. Je nach Größe der Brotstücke 5–10 Minuten aufweichen lassen. Die Kartoffeln waschen, wenn sie aus Bioanbau sind, kann die Schale dranbleiben. Zuerst in Scheiben, dann in Stäbchen schneiden. Am einfachsten geht das, wenn man die Kartoffel auf das Brett legt und schaut, auf welcher Seite sie von selbst liegen bleibt. Die Kartoffelstäbchen zusammen mit dem Öl, dem Paprikapulver, der Polenta und etwas Salz und Pfeffer in einen Lebensmittelbehalter geben. Deckel drauf und gut durchschütteln. Auf einem Backblech verteilen und im Backofen bei 200 °C 10 Minuten backen. Anschließend mit einem Pfannenwender wenden und weitere 10 Minuten backen, bis die Pommes schon gebräunt und knusprig sind. In der Zwischenzeit die Brotlinge zubereiten. Dafür das eingeweichte Brot in einem Sieb abgießen. Zwiebeln/Frühlingszwiebeln schalen/säubern und fein würfeln. Zusammen mit den Semmelbröseln unter die Brotstücke kneten. Nach Belieben weitere fein gewürfelte Zutaten dazukneten. Mit Salz, Pfeffer und beliebigen weiteren Gewürzen abschmecken. Wichtig ist, dass die Masse nicht zu feucht und formbar ist. Nach Bedarf mehr Semmelbrösel dazugeben, diese saugen die Feuchtigkeit auf. Patties formen. Diese in einer Pfanne mit genug Öl von beiden Seiten knusprig braten.
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BIOREZEPTE
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Unsere grüne Kraft – das Heilwi$en der Familie Storl Dieses Buch stellt die pflanzlichen Verbündeten von Christine und ihrem Mann, den Ethnobotaniker Wolf-Dieter Storl, vor. Die wichtigsten Heilpflanzen, ihre besten Hausmittel und überlieferten Heilanwendungen für alle Alltagsbeschwerden werden beschrieben. Christine Storl erzählt, wie die Familie diese grüne Kraft selbst nutzt und sie verrät uns die uralten Rezepturen, die sie weiterentwickelt und verfeinert hat. Es sind nicht nur einfache Rezepte, die Christine Storl hier aus den Pflanzen zaubert, das Buch transportiert auch einfach und verständlich den Lifestyle, den Christine und Wolf-Dieter Storl schon seit Jahrzehnten vorleben und der wieder nach den Wurzeln all unseres Lebens trachtet. Das Buch – Wolf-Dieter Storl steuert für seine Frau das Vorwort bei – ist sehr übersichtlich und ansprechend gestaltetet. FreundInnen der »grünen Naturkraft« können hier wertvolle Ratschläge sammeln. 144 Seiten, € 16,99 Gräfe und Unzer Verlag
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l e s s e n n n Bre e p p u S
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Z U TAT E N
200 g Brennnesselblätter 1 l Wasser 1 Zwiebel 2 EL Olivenöl oder Butter 1 EL Mehl 1 bis 2 Gemüsebrühwürfel Salz, Pfeffer, Muskatnuss 100 g Schlagobers Sauerrahm oder Creme fraiche ZUBEREITUNG
BILDER: GRÄFE UND UNZER VERL AG/INGO STORL
B R E N N N E S S E LT E E
2 EL frische Brennnesselblätter oder 1 EL getrocknete mit ¼ l kochendem Wasser überbrühen, 10 Minuten zugedeckt ziehen lassen, abseihen und auf Trinktemperatur abkühlen lassen. Hilft bei Harnwegentzündung, allen entzündlichen Vorgängen im Körper (Rheuma, Gicht ...), zur Durchspülungstherapie oder bei chronischen Hautausschlägen (Akne).
Etwa 200 g Brennnesselblätter mit 1 l kochendem Wasser übergießen. Brennnesseln abgießen, das Wasser auffangen. 1 Zwiebel schälen und fein schneiden, in 2 EL Olivenöl oder Butter in einem Topf glasig dünsten. Brennnesselblätter auf einem Schneidebrett grob zerkleinern und zugeben. 1 EL Mehl darüberstäuben und nach und nach unter Rühren mit dem aufgefangenen Wasser ablöschen. 1–2 Gemüsebrühwürfel zugeben, die Suppe salzen und pfeffern. Nach Belieben etwas Muskatnuss in die Suppe reiben. 100 g Schlagobers dazugeben, die Suppe mit dem Mixstab pürieren und noch einmal erhitzen. In Portionsteller verteilen und mit jeweils einem Klecks Sauerrahm oder Creme fraiche verzieren.
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BIOSIRUPE S PA R N AT U R * P U R
Wer ausgefallene Kreationen sucht, wird hier nicht fündig. Aber manchmal sind die Klassiker doch das Beste, oder? Mit den Sorten Himbeer, Holunderblüte, Himbeer-Zitrone und Johannisbeer-Zitrone möchte der HerstellerInnen die Lieblingssorten der ÖsterreicherInnen abdecken. Bei der Produktion der Sirupe wird Biorohrzucker verwendet und ein hoher Fruchtanteil gewährleistet.
Text vо
L U C I A S C A R PAT E T T I
Biosirupe Süßer Himbeersirup, selbstgemachter Hollersaft – läuten da die Glocken der Kindheitserinnerung? Fruchtsirupe sind aber viel mehr als beliebte Kindergetränke. Das Angebot kreativer Sorten ist verblüffend – auch unter den Biosirup-HerstellerInnen.
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GREEN SHEEP
Man könnte ihn als König der BiosirupHerstellerInnen bezeichnen, so breit ist seine Produktpalette. Die Sirupe werden nach traditioneller Methode durch Kaltansatz und anschließender Heißabfüllung hergestellt. Durch diese schonende Verarbeitungsform wird auf künstliche Konservierungsstoffe verzichtet und wertvolle, ätherische Öle bleiben erhalten. Der tiefrote Hibiskusblüten-Sirup schmeckt herb-fruchtig und stammt aus von Hand geernteten Blütenblättern. Kräuterliebende kommen beim Wiesenkräuter-Sirup auf ihren Geschmack. Schafgarbenblüten, Holunderblüten, Zitronenmelisse, Johannisblüten, Limonenminze, Pfefferminze, Salbeiblüten ergeben einen frischen Sommerwiesen-Geschmack.
J A ! N AT Ü R L I C H
Alle Früchte, die zur Herstellung der Sirupe verwendet werden, werden sofort nach der Ernte zu Direktsaft verarbeitet. Die Sirupe sind frei von Gentechnik und chemischsynthetische Pflanzenschutzmitteln und überzeugen mit einem besonders hohen Fruchtanteil von 40 %. Regionalität wird groß geschrieben – alle für die Sirupe verwendeten Früchte stammen aus Österreich. Neben dem Klassiker Holunderblütensirup finden sich in der Produktpalette die Sorten Johannisbeere und Weichsel.
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BIOSIRUPE
HÖLLINGER
Vor über 20 Jahren entwickelte Gerhard Höllinger den ersten naturtrüben Direkt-Apfelsaft für Österreichs Lebensmitteleinzelhandel. Noch dazu ausschließlich aus steirischen Äpfeln hergestellt. Mittlerweile ist die Produktpalette um einige Saftsorten erweitert und zählt auch Sirupe. Diese sind frei von künstlichen Aromen, Farbstoffen und Konservierungsmitteln. Der Lemongrass-Rosmarin-Sirup vereint mediterranen und erfrischenden Geschmack und eignet sich zum Verfeinern von Speisen, Desserts oder spritzigen Getränken. Kombiniert mit Sekt, Champagner oder Wein kann mit dem Lavendelblütensirup ein blumig-frischer LavendelSpritzer kreiert werden.
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GEWUSST WIE
Die Biosirup-Linie orientiert sich an den Lehren der vor über 1000 Jahren lebenden Kräuterexpertin Hildegard von Bingen, die mit Heilmitteln aus der Natur arbeitete. Die Hildegard-Fruchtsirupe kommen ohne Zuckerzusatz aus – gesüßt wird nur mit eingedicktem Apfel- oder Birnensaft. Von Bingen wusste um die heilende Wirkung vieler Pflanzen. Maulbeeren enthalten sehr viele Antioxidantien und sind reich an Vitaminen. Quitten enthalten unter anderem Vitamin C, Kalium, Natrium, Zink, Eisen und auf ihre Kräfte wird auch bei Gicht und Rheuma geschworen. Quittensirup schmeckt pur oder mit Wasser aufgespritzt und kann im Winter auch als heißer Punsch getrunken werden.
SONNENTOR
Neben einem vielfältigen Angebot an biologischen Gewürzen und Tees überzeugt Sonnentor auch mit kreativen Sirupsorten. Was ihre Produktpalette von anderen abhebt, ist die große Anzahl an winterlichen Kreationen. Der Apfelzauberpunsch-Sirup bietet die perfekte Grundlage für selbstgemachten Punsch oder Kinderpunsch. Er kann aber auch einfach mit kaltem oder heißem Wasser zubereitet werden. Der Sirup kommt dabei nur mit der Süße von Apfeldicksaft aus. Mit dem Chaisirup kann das indische Nationalgetränk blitzschnell zuhause zubereitet werden. Für die Zubereitung wird Milch oder Pflanzenmilch empfohlen.
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MEET THE PRODUCER
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PRODUCE R Unterwegs zu herausragenden ProduzentInnen: Ein Besuch bei Sonnentor, der Mohr-SederlFruchtwelt und am Bioziegenhof Mandl.
Sonnentor
Mohr-Sederl
Ziegenhof Mandl
Am Frei-Hof in Sprögnitz wird den Besuchern Permakultur näher gebracht.
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SONNENTOR
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MICK Y KLEMSCH
Besuch bei den lachenden Menschen im Kräuterdorf Sprögnitz
Die Marke Sonnentor braucht man im Umfeld von BiogenießerInnen wohl nicht mehr erklären. Jeder kennt sie, kennt die sympathisch gestalteten Shops und findet das vielseitige Sortiment, auch abseits von Kräutern und Tees, in beinahe jedem Bioladen und Naturkostgeschäft. Was aber besonders auffällig ist: Die Sonnentor-Menschen lachen alle. Ihr Grinsen, das ihnen Gründer Johannes Gutmann auf jedem offiziellen Bild vormacht, wirkt ähnlich ihren einheitlichen, bunten Logo-T-Shirts uniformmäßig. Aber es ist ehrlich und nicht aufgesetzt. Um das herauszufinden, muss man nur einmal nach Sprögnitz fahren und in die Sonnentor-Welt eintauchen. Oder wie sie es selbst nennen: ins Sonnentor-Erlebnis.
BILDER: SONNENTOR
T I E F I M WA L DV I E R T E L Wenn man Sonnentor besuchen möchte, zählt man wohl zu den eher nachhaltig agierenden Menschen. Zu denen, die gerne einmal auf ein Auto verzichten und sich mit Bus, Bahn oder gar Fahrrad weiterbewegen. Im Waldviertel kann man das aber leider vergessen. Von
Krems hinauf nach Zwettl, das ganz nahe am Kräuterdorf Sprögnitz liegt, geht es gefühlt andauernd bergauf – da freut man sich zumindest bei der Hinfahrt, dass man das Auto gewählt hat. Mit dem Fahrrad ist das nur für sehr sportliche Charakter mit viel Zeit geeignet. Aber hinfahren sollte man nach Sprögnitz auf alle Fälle. Als Johannes Gutmann vor über 25 Jahren Sonnentor gegründet hat, war es ein sehr kleiner, bäuerlich strukturierter Ort im tiefsten Waldviertel. Viele sind damals weggegangen, aber Johannes Gutmann ist geblieben. Er erkannte schon sehr früh die Kraft des Waldviertels. Die wichtigsten Prinzipien hat er sich bei den Bauern seiner Region abgeschaut. Denn das raue Klima bringt nicht nur aromatische Kräuter hervor, sondern auch Menschen mit einer gesunden Portion Rebellion im Blut. Wenn man Sprögnitz in 2–3-Jahres-Intervallen besucht,
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MEET THE PRODUCER
dann bemerkt man die Veränderung. Der Ort und insbesondere die Betriebsanlagen von Sonnentor wachsen ständig, so wie sich auch die Umsätze jedes Jahr um etwa 10 Prozent steigern. Gutmann setzt konsequent um, was er sich vorgenommen hat: Arbeitsplätze in einer strukturell benachteiligten Region zu schaffen und eine intakte Umwelt für die nächste Generation zu erhalten. Unabhängig von großen Handelsketten und fordernden Investoren überzeugt das Biounternehmen mit einer breiten Palette von Kräuterprodukten, einem eigenen Franchise-Konzept und einer konsequenten Orientierung am Gemeinwohl.
Der Konsument möchte heute immer mehr sehen, wo denn seine Produkte herkommen und wer sie herstellt. Hat man in Sprögnitz schon von Beginn an Kunden auch in den Betrieb gelassen, sie im kleinen Café mit Shop verköstigt und ihnen die Möglichkeit des Kräuterwanderweges geboten, so ist das Angebot für Besucher von Jahr zu Jahr gestiegen: Ab Ende April bis Mitte September werden an verschiedenen Terminen geführte Kräuterwanderungen in die Umgebung angeboten. Gemeinsam mit den Kräuterspezialistinnen Gerda Holzmann und Katharina Stöllner werden Schätze wie Johanniskraut, Holunder, Spitzwegerich, Linde und Co. in der Umgebung des Kräuterdorfes gesucht und dabei das richtige Sammeln und die Verarbeitung der Kräuter zu Tees, Säften, Ölen und Salben gelernt. Hungrig? Kein Problem. Nach der Kräuterwanderung oder einer Betriebsbesichtigung kann man in die Leibspeis’ einkehren. Die moderne Version eines Dorfgasthauses wird nach einem kleinen Umbau ab 2. Dezember 2019 neu geöffnet. Die Köstlichkeiten werden vornehmlich aus regionalen Produkten und natürlich den Sonnentor-Zutaten gekocht, selbstverständlich alles in Bioqualität.
FREI-HOF UND L AND -LOF T Der Frei-Hof ist ein Biobauernhof, der von Sonnentor betrieben wird und den Besuchern die Möglichkeit gibt, sich über Permakultur zu informieren. Ziel der Permakultur ist die zukunftsfähige Gestaltung produktiver Lebensräume und die zunehmende Selbstversorgung mit beispielsweise Gemüse, Obst und Kräutern. Die Gärtnerinnen und Gärtner sind selbst Teil dieses Systems. Schautafeln leiten durch die Gärten und Beete des Frei-Hofes, dazu gibt es auch Führungen und einen kleinen Hofladen. Wer jetzt noch nicht nach Hause fahren mag, kann sogar hier übernachten: Mitten in der Waldviertler Natur, eingebettet in den Permakultur-Garten des Sonnentor Frei-Hofs, findet man die beiden gemütlichen Sonnentor Land-Lofts Anna Apfelminze und Hans Hagebutte. Mit jeweils 31 Quadratmetern bieten die beiden besonderen Gastgeber Platz für bis zu vier Erwachsene oder eine fünfköpfige Familie. Apropos Familie: Einen Termin sollte man sich für den kommenden Sommer auf alle Fälle wieder vormerken, denn jedes Jahr am 15. August wird in Sprögnitz das Kräuterfest gefeiert. Und dazu braucht man dann nicht einmal ein Auto: Von einigen Punkten in Wien und Niederösterreich gibt es organisierte Shuttle-Busse. sonnentor.com
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V O M K R ÄU T E R W E G Z U M NÄCHTIGUNGSERLEBNIS
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Fruchtwel t im Schn%bergland
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Direkt vor der Hohen Wand, in der »Neuen Welt«, liegt die Fruchtwelt der Familie Mohr-Sederl. Seit Generationen wird hier, in der Ortschaft Zweiersdorf im südlichen Niederösterreich, das Wissen um die Verarbeitung von Obst weitergegeben. Der Betrieb der Familie hat sich im Laufe der Zeit stetig weiterentwickelt und äußerst erfolgreich immer neue Wege beschritten. Die Mohr-Sederl Fruchtwelt ist mehr als ein Produzent von Säften, Mosten, Destillaten und anderen Feinheiten. Die Fruchtwelt ist ein Gesamtkonzept, eine ganze Welt für sich. Ein Familienbetrieb mit einer unglaublichen Innovationskraft, der eine neue Qualität für seine Kunden und Partner bringt und damit auch Neues, mehr Freude und Lebensqualität. Aus dem Bewusst-
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MICK Y KLEMSCH
sein, wirklich Gutes produzieren zu wollen, sind auch die Produktion selbst, die Verpackungen und das Angebot gewachsen. Ein Großteil der Produkte wird bereits in Bioqualität gefertigt, seit Jahren schon macht man hier vor allem bei Neuprodukten keine Ausnahmen mehr. Das Schaffen in dieser schönen Gegend, dem alpinen Vorzimmer von Wien kann man auch besuchen. Neben dem Shop, in dem das komplette Sortiment und auch Produkte anderer Hersteller aus der Region angeboten werden, bietet Andreas Sederl auch Betriebs- und Wiesenführungen an. Bei der etwa 1,5 Stunden dauernden Betriebsführung wird den Gästen gezeigt, wie der Apfel in seinen diversen Formen in die Flasche kommt. Selbstverständlich mit anschließender Verkostung. Bei der Wiesenführung begibt man sich gemeinsam mit einer Natur- und Kräuterexpertin auf einen Wanderweg. Man erfährt Wissenswertes über die Pflanzen- und Tierwelt in der nächsten Umgebung. Gleichzeitig werden Kräuter gesammelt und dann gemeinsam zu einem Aufstrich verarbeitet und gegessen. Eine kurze Führung durch die Produktionsstätte mit anschließender Verkostung von Säften bildet den gemeinsamen Abschluss. mohr-sederl.com
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MEET THE PRODUCER
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ZIEGENHOF MANDL
N I KO L A U S
ZELEWITZ
Am idyllischen Biohof Mandl in der Buckligen Welt liegt Ziegenliebe in der Luft. Dem kann man selbst nachgehen, denn ab sieben Personen macht Michael Mandl persönlich Hofführungen. Die Geschichte des jungen Michael Mandl und seines unwesentlich jüngeren Ziegenkitz Ester ist gleichermaßen ergreifend wie von Erfolg gekrönt. Er wollte nur das Beste für sie, hat die einsame Ziege heimlich ins Gehege des Nachbars Ziegenbock gebracht und erhielt im Gegenzug ihr Bestes zurück – Nachwuchs und Milch. Zu Anfang waren Ester und ihre Nachkommen noch Fremdkörper am elterlichen Milchkuh- und Rindermastbetrieb, doch die negativen Preisentwicklungen auf den Märkten für Rindfleisch (BSE) und Kuhmilch sowie die 2002 erfolgte Biozertifizierung trugen das Ihre zur Erfolgsgeschichte der Ziege bei den Mandls bei. Ausschließlich auf Ziegenhaltung umgestellt, erhielt Mandl für die 2012 neu errichtete und hofeigene Käserei sowohl den österreichischen Klimaschutzals auch den Jungbauernschaftspreis. Denken Sie einen Moment an Ziegenmilch! Vielleicht drängt sich
Ihnen ebenfalls die Erinnerung an eine unangenehme Geschmackserfahrung auf? Durch rasche, schonende und hygienisch einwandfreie Verarbeitung der Rohmilch weiß man es hier, die Fettspaltung und ein damit einhergehendes Freisetzen der »bockelnden« Capron- und Caprinsäure (lat. Capra = Ziege) zu verhindern. Als Ergebnis entstehen – von Milch über Joghurt bis Käse – milde und unverschämt natürlich schmeckende Erzeugnisse. Mit Stolz unterstreicht Michael Mandl auch den Regionalitätsgedanken: Es stammen nicht nur viele der zur Käseveredelung herangezogenen Zutaten aus dem eigenen Garten, auch die benötigten helfenden Hände sind maximal zwei Steinwürfe vom Hof entfernt beheimatet. Wer die bucklige Anreise zum Hof selbst antreten möchte, den erwartet sowohl eine pompös inszenierte Erlebniswelt rund um die vierbeinigen Hauptdarsteller als auch Belohnung in Form eines pittoresken Hofladens samt Verkostungsmöglichkeit. ziegenhof.at
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Ausflug in die Wel t unverschämt natürlich schmeckender Erzeugni$e
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Vorbild und Hebel Großküchen und Mensen – gerade öffentlicher Stellen – haben große Bedeutung für die Biogastronomie.
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uropäische Studien – von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Deutschland bis zur rollierenden Agrarmarktanalyse der AMA – sprechen eine recht eindeutige Sprache: Wir essen immer weniger zu Hause und nützen vermehrt Angebote außer Haus. Dies verändert nicht nur unsere Einkaufsgewohnheiten, sondern macht Mensen, Gastronomie und Großküchen zu einem noch entscheidenderen Player in der Frage, was wir essen und woher die Zutaten dafür kommen. Erst im Oktober 2019 veröffentlichte das Land Oberösterreich seine Entscheidung, künftig in den Küchen des Landes noch mehr auf regionale Produkte achten zu wollen. Jährlich werden allein in der Küche des Landesdienstleistungszentrums (LDZ) rund 380.000 Essen ausgegeben, insgesamt versorgt das Land Oberösterreich in seinen 42 landesinternen Küchen, darunter Berufsschulen und Betriebsküchen, täglich 8.200 Menschen mit warmen Mahlzeiten. Für diese gibt es einen Kriterienkatalog, der Zutaten »saisonal, regional, biologisch aus kontrollierter heimischer Landwirtschaft« empfiehlt. Die Betonung in Oberösterreich scheint dabei noch auf heimisch zu liegen – Ziel ist es, den Anteil regionaler Produkte von derzeit über der Hälfte auf über 60 Prozent im Jahr 2021 anzuheben. NOCH BESSER BIO Nun ist regional ja bekanntlich nicht bio – nicht einmal so etwas Ähnliches. Zur Förderung von Bio in der und über die Gastronomie hat das Burgenland bereits 2018 einen Fahrplan zur Umstellung vorgestellt. Dieser sieht unter anderem vor, dass in Kindergärten und Landesschulen die Bioquote bis 2021 auf 50 Prozent und bis 2024 auf 100 Prozent gesteigert werden soll. Eine Re-
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MARTIN MÜHL
gelung, die für alle Großküchen des Landes gelten soll. Die Auswirkungen solcher Maßnahmen könnten weit über die Großküchen öffentlicher Stellen hinausgehen: So gibt es unter anderem die Vermutung, dass der Bioanteil in der Gastronomie in Ländern wie Dänemark auch deswegen so groß ist, weil die Umstellungen von öffentlichen Küchen die Nachfrage nach Biolebensmitteln bei LieferantInnen wachsen hat lassen, was letztlich dazu geführt hat, dass diese die Preise senken konnten und Bioprodukte sich so auch in der Gastronomie schneller rechneten. Denn auch wenn gerade im Biobereich der eigene Hof von Restaurantbetreibern oder zumindest der persönliche Kontakte zu den ProduzentInnen oft hervorgehoben wird: Attraktiver für GastronomInnen wird die Verwendung von Biolebensmitteln vor allem, wenn deren LieferantInnen die Preise aufgrund höherer Nachfrage senken können. Sowohl für Umwelt als auch individuelle Gesundheit ebenso entscheidend, wie die Frage, was gegessen wird, ist, wie viel gegessen wird. Beide Fragen verbindet das Projekt Nahgast. Dessen Praxispartner, das Studierendenwerk Münster veröffentlichte im Sommer 2019 Forschungsergebnisse, die zeigen, dass Gäste auch kleinere Portionen als ausreichend bewerten. Allein mit zwei Standardgerichten wie Hendlschnitzel und Bratwurst in nur einer Kantine, wie der Mensa am Ring in Münster, könnten mit kleineren Portionen jährlich 3,6 Tonnen CO2-Äquivalente eingespart werden. Mehr Ergebnisse sammelt die Publikation »Nachhaltig außer Haus essen«. Für GastronomInnen, die eigene Erfahrungen machen wollen, gibt es auf der Website von Nahgast einen Rechner, um die Auswirkungen von Zusammensetzung und Menge von Zutaten auf Umwelt und Gesundheit zu kalkulieren.
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MARTIN MÜHL
Der Wunsch nach
Transparenz Die BiowirtInnen sind ein Verein, der sich für Transparenz und eine klare Kennzeichnung in der Biogastronomie einsetzt.
Mitbegründerin der Vereinigung BiowirtInnen: Michaela Russmann.
Auch Michaela Russmann sieht in der Frage im Kern wie bereits in den letzten Jahren die WKO als einen der Keyplayer, der sich zwar gesprächsbereit gibt, aber letztlich gegen eine Änderung des Gesetzes eintritt: »Wir sind selbst Gastronomen und wissen um die vielen Auflagen, die es in diesem Bereich gibt. Diese eine Auflage mehr, würde aber tatsächlich etwas ändern und für Transparenz sorgen«, ist sie überzeugt. Es geht ihr
BILD: JOCHEN RUSSMANN
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ass gerade in der Außer-HausVersorgung und hier in der Gastronomie die gesetzliche Regelung der Frage, wie ein Betrieb sich nennen und Bezeichnen darf, so schwammig ist, ist immer mehr Gastronomen, aber auch anderen Vertretern der Biobranche, ein Dorn im Auge. »Es gibt Trittbrettfahrer und schwarze Schafe«, erklärt dazu Michaela Russmann, stellvertretende Obfrau der BiowirtInnen. Und sie nennt auch gleich den Grund den sie hinter dieser Entwicklung vermutet: »Bio lässt sich teuer verkaufen.« In dem Verein die BiowirtInnen schließen sich jene in erster Linie Biogastronomen zusammen, die sich zertifizieren lassen und für Transparenz einstehen. Es geht dabei durchaus auch darum, sich gegen jene zu wehren, die Bio zwar im Wording benutzen, aber mit dem Inhalt ungenau umgehen. Sei es aus Absicht oder aus einem anderen Grund. Und es schließen sich immer mehr den BiowirtInnen an, um in dieser Frage gemeinsam aufzutreten.
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auch darum, dass Gäste und Konsumenten nicht für Dinge bezahlen, die sie dann nicht bekommen: »Das ist in der Praxis leider mitunter so.« POLITISCHE UND ANDERE ZIELE
»Wir sind selbst Gastronomen und wissen um die vielen Auflagen, die es in diesem Bereich gibt. Diese eine Auflage mehr, würde aber tatsächlich etwas ändern und für Transparenz sorgen.«
BILD: MICHAEL A RUSSMANN
Michaela Russmann, BiowirtInnen
Das größte politische Ziel der BiowirtInnen ist dementsprechend eine Gesetzesänderung, die Betrieben verbietet sich Bio zu nennen, wenn diese es nicht wirklich sind. Es geht dem Verein aber auch um Aufklärungsarbeit: Die Bioküche wird Konsumenten über Genuss und Einfachheit näher gebracht. Deswegen ist es ihr auch wichtig, dass alle Rezepte und Artikel auf einfachem Niveau sind und von möglichst vielen genossen werden können. Neben Rezepten und der Vorstellung der derzeit fast vierzig Mitgliederbetriebe geht es unter anderem auch darum, deren gemeinsame Angebote, etwa in Form eines Ausflugs zu den Ramsauer Bionieren vorzustellen. Und natürlich geht auch um den Austausch untereinander und die gegenseitige Unterstützung. Meist werden die Kosten für die Biozertifizierung ins Spiel gebracht, die Betriebe davon abhalten: »Das sind aber keine hohen Summen«, gibt Michaela Russmann Einblick, »sondern es geht um rund 50 Euro im Monat.« Für sie ist aber auch Geld nicht der Grund, Bio zu werden. Neben dem Trend zum Biofrühstück in der Hotelerie, den sie bestätigt, beobachtet sie derzeit auch viele Quereinsteiger: »Das sorgt für eine Dynamik in der Branche, da die oft keine Scheuklappen haben und mit einem unverbrauchten Blick an die Sache herangehen.« Die BiowirtInnen sind als Verein organisiert. Sie geben Informationsmaterial heraus und treten in Kooperationen mit der AMA Bioinfo oder auch der Bio Austria auf. Alle Informationen unter diebiowirtinnen.at
BIORAMA
DIESE 5 BÜCHER STEHEN U. A. ZUR AUSWAHL: MARGOT VAN ASSCHE: ONLY TWO. GEMÜSEKÜCHE MIT ZWEI ZUTATEN: SCHNELL & GESUND MIT FOTOGRAFIEN VON GUNDA DITTRICH (BRANDSTÄTTER VERLAG)
Nur zwei Zutaten? Kann das wirklich schmecken? Natürlich! Margot Van Assche präsentiert 70 kulinarische Liebesaffären, von Aubergine & Miso über Kohl & Kichererbsen bis Zucchini & Oliven. Viele davon ungewohnt und überraschend. Die Feinschmeckerin gestaltet ihre vegetarischen Pairings derart, dass sich Aroma und Konsistenz perfekt ergänzen. Dahinter stecken: jahrzehntelange Erfahrung als leidenschaftliche Familienköchin, Lust am Experiment und viel Fantasie. Ein handliches Kochbuch mit alltagstauglichen Rezepten, die garantiert gelingen und schmecken. It’s a match! * plus eine Aboprämie. Weitere Prämien unter www.monopol.at/shop. So lange der Vorrat reicht.
IM ABO 29,– 6 AUSGABEN BIORAMA + BUCHPRÄMIE*
KULINARISCH-ESSAYISTISCHE PORTRÄTS IN DER REIHE »FEINE GOURMANDISEN« (MANDELBAUM VERLAG) Ob Steinpilz, Avocado, Mandel oder Safran – die Reihe »Feine Gourmandisen« des Wiener Mandelbaum Verlags bietet einen Streifzug durch die Geschichte der jeweiligen Köstlichkeit, beschreibt die Kulturpflanze, liefert praktische Tipps und lädt zu einer sehr internationalen Reise durch die schier unerschöpfliche kulinarische Vielfalt.
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C AT E R I N G
Bio
Catering
Ob Großveranstaltung, Firmenfest, Präsentation oder Geburtstagsfeier: In vielen Fällen greift man auf Speisen von externen Anbietern zurück. Wenn man diese Veranstaltung noch nachhaltig ausrichten, oder gar als GreenEvent zertifizieren möchte, dann muss man auf Biocatering zurückgreifen. Einige interessante AnbieterInnen haben wir uns genauer angesehen.
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MICK Y KLEMSCH
Besser geht es kaum: vegetarische Köstlichkeiten mit dem Fahrrad zugestellt.
R I TA B R I N G T S
B I L D E R : I S T O C K .C O M / N E R U D O L , I S T O C K .C O M / R O X I L L E R ,
R I TA B R I N G T S , W I R T S C H A F T S A G E N T U R W I E N / V Y H N A L E K
Ja, mir san mit ’m Radl da Den vegetarischen Biozustellservice von Rita bringts kennt man vor allem für seine Bürozustellungen im Zentrum Wiens. Hier hat Rita Huber über Jahre eine radelnde Flotte aufgebaut, die aus der zentralen Küche auf der Wieden nach vorheriger Bestellung Mittagstisch ausliefert. Aber auch für Catering hat sich die dynamische Jungunternehmerin etwas einfallen lassen. Das Angebot reicht hier von Pausensnacks für Besprechungen über warme Speisen für Workshops und Konferenzen bis hin zu Komplettcatering für Großveranstaltungen mit 600 Gästen. Ritas Kunden strahlen Zufriedenheit aus, sie schätzen die unübersehbare Betonung von Nachhaltigkeit in Küche und Transport. Denn auch bei den größten Veranstaltungen im Raum Wien werden die Speisen und Getränke von der bekannten Flotte auf Transportfahrrädern angeliefert. In der Regel punktet Rita bringts auch durch eine sympathische Präsentation der Speisen – im Falle von Pausensnacks wird aber auch oft auf kompostierbare Einwegverpackungen, wie auch beim zugestellten Mittagstisch, zurückgegriffen. ritabringts.at/catering
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MARTIN MÜHL
MIO BIO
Christian Fleiss bietet mit MioBio in Salzburg Catering für Gesellschaften bis zu bald 120 Personen sowie Private Cookings. Bio ist dabei immer garantiert. Auch für Christian Fleiss ist die Entscheidung 100 Prozent Bioqualität zu liefern eine, die mitunter mit Mehraufwand verbunden ist. Aber auch eine, zu der er steht und die ihm wichtig ist. Er erzählt: »Das macht es mir leichter meine ProduzentInnen und ihre Produkte noch besser zu kennen. Ich kenne ihre einzelnen Sorten, die auf jedem Boden anders wachsen – es ist nicht egal, ob sie aus Wien oder Salzburg kommen.« Und so setzt er auf die Zusammenarbeit mit regionalen Bauern, kooperiert sehr eng mit ProduzentInnen und kann ihnen so auch eine Abnahmesicherheit geben. Neben dem Biozertifikat sind ihm aber auch andere Nachhaltigkeitsaspekte wichtig. So achtet er etwa darauf, möglichst wenig zu verschwenden. Zur Vermeidung von Müll gehört für ihn auch die Portionen richtig einzuschätzen, um wenig wegwerfen zu müssen, und bei Events den Müll wieder mitzunehmen. Er ist hier immer weiter auf der Suche nach möglichen Verbesserungen. Der Salzburger war nach seiner Lehre im Salzburger Sheraton unter anderem im Steirereck in Wien (noch unter Helmut Österreicher) tätig, kochte aber auch in Spanien und Italien. Zurück in Salzburg hat er unter anderem beim Gewürzherstellerund Vermarkter Wiberg in der Rezeptentwicklung
gearbeitet und versucht, Bio als Botschafter auf Messen und Events voranzubringen. Er steht in erster Linie allein in der Küche und so schätzt er moderne Küchengeräte, wie Dampfgarer, die es ihm erlauben ohne Mannschaft ganze Menüs für viele Gäste zuzubereiten. Seine Geräte stehen der Küche des befreundeten Boutique-Gasthof Überfuhr in Salzburgen-Aigen. Bei Private Cookings geht er auf die Wünsche seiner KundInnen ein, prinzipiell kocht er aber am liebsten »was ihm gerade schmeckt« und damit in erster Linie saisonal. Brot aus Sauerteig und Grissini für Caterings bäckt Christian Fleiss selbst. Beim Bio-Private-Cooking mit Zutaten aus Wildfang und Wildpflückung gibt es unter anderem Saiblingsfilet (aus dem Buchenholzrauch, Kürbis-Kren, Feldlsalat & Brioch), Brennnessel-Risotto (mit rosa gebratener Rehkeule, gerösteten Pilzen & Topinambur), Fruchtiger Salat (mit gerösteten Haselnüssen, Ziegenkäse & Speck) oder auch Saltimbocca (vom Elixhausner Landhendl, Salbeijus und knusprigem Polentaknödel). Abschließend etwa Haselnuss-Eisparfait mit Bratapfelragout & Salzkaramell. Beim Catering gibt es Rindfleischsalat mit Wurzelgemüse & Kernöl, Wildkräuter-Bergkäse-Omelett mit Schinkenspeck vom Wollschwein oder auch Gemüse-Quiche mit Kräuterjoghurt-Dip. Zur Hauptspeise cremiges DinkelGemüserisotto mit Pilzen, Salzburger Bierfleisch mit Topfen-Spätzle oder geschmortes Schulterscherzel vom Bergweiderind mit Selleriecreme & Wurzelgemüse. Für sein Bio-Engagement wurde Christian Fleiss von Bio Austria und biorama bei der Bio Gastro Trophy 2019 ausgezeichnet. mio-biofleiss.at
BILDER: CHRISTIAN MAISLINGER, CHRISTIAN FLEISS
Saisоal und bio
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D I E C H E F PA R T I E
BILDER: SIEDER SYBILLE, MARKUS TSCHEPP
Biocatering für internatiоale Großevents Das oberösterreichische Unternehmen, das seine eigentliche Produktionsstätte im Salzburger Land hat, ist über die Grenzen bekannt. Sei es für den EU-Gipfel in Salzburg, wo sie mit Biogastronomie die Europäischen Staatsspitzen verwöhnten, oder das Tollwood-Fest im Sommer und Winter in München. Da wie dort setzt die Mannschaft von Andreas Birngruber auf 100 Prozent bio. Seit sie für die Karate WM in Linz 2017 sogar die Sportler aller Länder (und jeden Glaubens) versorgen mussten, ist die Chefpartie sogar halal-zertifiziert. Bei großen Sportevents verlässt man sich gerne auf die Chefpartie und vertraut auf Bio: Dieses Jahr bei der Ruder-WM in Ottensheim oder der Volleyball Beach Battle am Attersee war das Team mit nachhaltigem Catering zugegen. Was aber auch als Service angeboten wird: Man kann ein komplettes Event in die Hand der Chefpartie legen. Dabei übernimmt man für den Veranstalter die komplette Organisation, von Location über Abwicklung bis zum künstlerischen Programm. Und die Kulinarik. Und die ist wie immer 100 Prozent bio. chefpartie.at
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DIE G AUMENFREUNDINNEN
Nur 30 km entfernt von Wien findet sich bei Neulengbach die Villa Berging. Nicht nur als nachhaltiges Seminarzentrum, sondern als begehrter Biocaterer hat sich dort die Küche von Graznya Woitzuk behaupten können. Das Angebot wird von saisonalen, regionalen und biologischen Produkten bestimmt. villaberging.com
GENUSSBUFFET
Im Raum Salzburg macht Gabriele Armes mit dem Genussbuffet ein reines Biocatering. Lange auch als »Tischlein Deck Dich« bekannt. Das Catering wurde von der Unternehmerin zur Vermarktung sowie Koordination der Kleinproduzenten aus der Region gegründet. genussbuffet.at
BILDER: GAUMENFREUNDINNEN, VILL A BERGINS, GENUSSBUFFET
VILL A BERGING
Philippa Erlacher und Margherita Putze hatten schon immer eine Leidenschaft für qualitativ hochwertige Lebensmittel und verarbeitete Speisen, kombiniert mit einem Organisationsfaible. Sie wollten eine Alternative zu herkömmlichen Caterings starten und bieten nun schon seit 2014 mit ihrem Team hervorragendes Biocatering. gaumenfreundinnen.com
BIOSIEGEL
Bio ist ein Standard
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IRINA ZELEWITZ
Schnelle Entscheidungshilfen für mündige KonsumentInnen.
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uch wenn wir noch so gerne anderes glauben möchten: Das Wort »bio« auf einem Produkt garantiert nicht, dass dessen Hersteller ein Umwelt-, Tier- und Menschenfreund ist. Bio ist ein Produktions- und Produktmerkmal. Es beschreibt, dass eine Kontrollinstanz nach nachvollziehbaren Kriterien überprüft hat, dass ein Produkt auf bestimmte Weise hergestellt wurde. Und umgekehrt mag die Arbeitsweise eines Herstellers noch so ökologisch, sozial und tierethisch nachhaltig sein, »bio« ist sie erst, wenn jemand dafür bürgt. In Österreich sind das die folgenden Siegel: EU-BIO Alle Produkte, die in der EU als »bio« vermarktet werden, müssen die Kriterien der EU-Bioverordnung erfüllen. Und sie müssen das EU-Biologo tragen, inklusive der Nummer der Kontrollstelle, die geprüft hat, und Angaben zur Herkunft der Rohstoffe. Wenn ein Rohstoff EU-weit nicht in Bioqualität verfügbar ist, darf ein Produkt bis zu fünf Prozent Inhaltstoffe aus konventioneller Landwirtschaft enthalten. Das geschwungene grüne Blatt bedeutet einen – im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft erstrebenswerten – Mindeststandard. Viele Bio-Logos von Verbänden und Handelsketten gehen darüber hinaus.
B I O -AU S T R I A Über die Hälfte aller österreichischen Biobauern und -bäuerinnen sind Mitglieder des Biolandwirtschaftsverbands Bio Austria. Die Anforderungen gehen über jene des EU-Biologos hinaus – im Futtermittelbereich beispielsweise durch den vorgeschriebenen Verzicht auf Fischmehl oder die verpflichtende ganzjährige Begrünung von Obstund Weingärten und die Förderung von Nützlingen. Nur in manchen Bereichen oder auf Teilflächen eines Betriebs bio zu produzieren ist hier jedenfalls nicht erlaubt. bio-austria.at A M A- B I O Das AMA-Biogütesiegel ist das offizielle staatliche Biogütesiegel. Es geht weiter als die EU-Bioverordnung, vor allem die Rückverfolgbarkeit der Inhaltsstoffe betreffend. Ist es rot-weiß-rot gehalten, handelt es sich um ein Produkt aus österreichischen Biorohstoffen. In den seltenen anderen Fällen ist das Siegel in Schwarz-Weiß aufgedruckt. Auch zusammengesetzte Lebensmittel müssen zu 100 % biozertifizierte Rohstoffe enthalten – Ausnahmen gibt es nur für eine kurze Liste an Inhaltstoffen. bioinfo.at
FREIL AND VERBAND Der 1987 gegründete Verband für ökologisch-tiergerechte Nutztierhaltung und gesunde Ernährung – kurz Freiland Verband: Wie der Name andeutet, liegt der Fokus hier auf artgerechter Tierhaltung. Anders gesagt: Hier wird intensive Nutztierhaltung abgelehnt und Fleisch besonderer Qualität ausgezeichnet. Mehr dazu auf der verbandseigenen Informationsplattform. bio-wissen.org. DEMETER Demeter beruft sich auf die biologisch-dynamische, anthroposophische Lehre Rudolf Steiners. Diese beruht zwar eher auf Überzeugungen von einer aus Kreisläufen bestehenden Welt als auf Naturwissenschaft, doch: Die sich daraus ableitende Weise, Landwirtschaft zu betreiben, übererfüllt nicht ganz zufällig die Kriterien des EU-Biologos – etwa zugelassene Düngemittel und auch Saatgut betreffend. Sie umschließt aber auch Anforderungen wie die Haltung von Wiederkäuern oder Pferden auf dem demeter-zertifizierten Betrieb. In Österreich sind rund 200 Betriebe Mitglieder des Verbands. Besonders im Bereich Wein wurden es zuletzt rasant mehr. biodynamisch.at
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e t a D e h t e v a S
Ab 23. November 2019
6. Juni 2020
5.—6. September 2020
B I O -A D V E N T M A R K T A M
LABONCA BIOFEST
ADAMAH BIOHOFFEST
K A R L S P L AT Z
Hauptplatz Burgau · labonca.at
Glinzendorf · adamah.at
20. Juni 2020
September 2020
Wien · divinaart.at 14.—15. Dezember 2019
BIOFEST GÜSSING
ALPE ADRIA BIOFEST
B I O.W E I H N A C H T S . S C H L Ö S S L .
Landwirtschaftliche Fachschule Güssing · bio-austria.at/ startseite/burgenland
Villach · bio-austria.at
1.—30. September 2020
Tabakfabrik, Linz · wearfair.at
MARKT
Martinsschlössl, Donnerskirchen genussburgenland.at
2.—4. Oktober 2020 W E A R FA I R & M E H R
12.—15. Februar 2020
B I O A K T I O N S TA G E
B I O FA C H
In ganz Österreich · bioinfo.at
12.—13. Oktober 2020
Messe Nürnberg · biofach.de
SALZBURGER BIOFEST
26.—28. März 2020
Kapitelplatz, Salzburg biofest-salzburg.at
BIO LEBENSMITTEL C A M P 2020
Stieglgut Wildshut biolebensmittelcamp.net 25.—26. April 2020 GREEN WORLD TOUR WIEN
Wien · autarkia.info 9. Mai 2020 BIOFEST LANGECK MIT JUNGPFL ANZENMARKT
9. Mai 2020 BIOMARKT OBERGRAFENDORF
Styx-Remise · styx.at
Bei der WearFair & Mehr in der Linzer Tabakfabrik findet man alles rund um EcoFashion, Naturkosmetik, Mobilität und Bioessen.
BILD: MICKY KLEMSCH
Pädagogisches Zentrum Langeck bio-austria.at/startseite/ burgenland
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