BIORAMA #35

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P.b.b. — 11Z038861 M — 1040 Wien —— www.facebook.com/biorama

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ausgabe 35 — Februar / März 2015. www.biorama.eu

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In der Regel nachhaltig Wie bio ist dein Tampon? Das gute Leben: Smashing-Pumkins-Frontman Billy Corgan im Interview Raw im Winter: Tipps für Rohkosternährung in der kalten Jahreszeit Angewandte Mixologie: Was in der Bio-Hausbar nicht fehlen darf

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Biorama Nº. 35

auftakt

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inhalt

07 Editorial 08 Global Village Die Welt im Großen & Kleinen

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Schwerpunkt: Menstruation

18 Ruhig Blut Menstruation und Missverständnis 22 Die Macht der Frauen Nachhaltige Monatshyiene 26 Unfruchtbare Jahre Warum gibt es die Menopause? 28 Bluten visualisiert Der weibliche Zyklus in der Kunst

Magazin 34 »Ich liebe Essen!« Smashing-Pumpkins-Frontmann Billy Corgan im Interview 38 Stoffwechsel bei Freitag Die Brüder Freitag machen jetzt auch kompostierbare Kleidung 46 Schnee lesen Eine Schneeschuhwanderung mit Bildungsauftrag 52 Wo die wilde Natur nach Wertschätzung schmeckt Bio-Landwirtschaft in Rumänien 58 Wir und das Tier Autor Bernhard Kathan zu den Themen Tierschutz und Tierliebe 62 Jahreszeiten-Küche im Roh-Format Michaela Russmann kocht 68 Geschichten aus der Bio-Welt Neues Bio-Buch im Vorabdruck

Marktplatz 73 Angewandte Mixologie Ein hochprozentiges Special 76 DIY-Rezept Geschmorter Safran-Fenchel 80 … doch nur Farb- und Pinselstrich Dekorative Naturkosmetik tampon und tabu Rund 17.000 Tampons oder Binden benötigt eine Frau in ihrem Leben. Wenn es um Frauenhygieneartikel geht, ist Nachhaltigkeit allerdings noch kein großes Thema. Und wie steht es mit dem Wissen um den weiblichen Zyklus an sich? Ein biorama-Schwerpunkt zum Thema Tabu-Mechanismen, Menopause und ökologische Montagshygiene.

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Kolumnen 44 Elternalltag 50 Die Welt, die wir uns wünschen 79 Speis & Trank 82 Und hinter mir die Sintflut

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62 jahreszeiten-küche im roh-format Für Michaela Russmann ist Rohkost mehr Genuss als Verzicht. In ihrem neuen Kochbuch sind erprobte Rezepte für Eltern von Grünzeugskeptikern mit einem »Garantiert kindertauglich«-Stempel gekennzeichnet. Dazwischen dürfen die Leser einen Blick hinter die Kulissen werfen – das taten wir auch und haben die Raw-Pionierin zum Interview getroffen.

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sessions

2.– 3. Mai 2015 METROPOL Wien craftbierfest.at facebook.com/craftbierfest

34 »ich liebe essen!« … von Fleisch aus dem Reagenzglas hält Billy Corgan, Frontmann der Smashing Pumpkins, aber wenig. Mit uns sprach er über sein Leben als Pescetarier, Tee und Katzen.

TasTing

stoffwechsel Daniel und Markus Freitag haben sich mit Taschen aus lkw-Planen einen Namen gemacht. Ihr neuestes Projekt: Sie produzieren kompostierbare Kleidung.

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editorial, impressum

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Vagina-Dialoge

Thomas Weber, Herausgeber weber@biorama.eu @th_weber

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abo-empfehlung 2015: Wie lockt man Glühwürmchen an? Wie baut man einen Nistkasten für Fledermäuse? Und wie erzeugt man selber Vogelfutter? Kinder lieben Naturgärten und lieben Bücher, die ihnen zeigen, was sie dort alles entdecken können. Das »Umweltspürnasen-Aktivbuch Naturgarten« gibt ihnen die notwendigen Anleitungen zum Beobachten und Experimentieren. Jetzt auch als biorama Abo-Prämie. Alle Infos: www.biorama.eu/abo

impressum HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTEURIN Johanna Stögmüller AUTOREN Mirjam Bromundt, Sylvia Buchacher, Karin Chladek, Chris Cummins, Iwona Dullinger, Anne Erwand, Juliane Fischer, Doris Fröhlich, Miriam Frühstück, Tina Gallach, Yannick Gotthardt, Katharina Grabner, Christa Grünberg, Susanna Hagen, Micky Klemsch, Ellen Köhrer, Franz Knipp, Sarah Krobath, Astrid Kuffner, Sarah Latussek, Martin Mühl, Ursel Nendzig, Susanne Posegga, Julia Preinerstorfer, Sebastian Rahs, Theres Rathmanner, Parvin Razavi, Werner Reiter, Teresa Reiter, Matthias Schickhofer, Jürgen Schmücking, Katja Schwemmers, Mara Simperler, Wolfgang Smejkal, Anna Sperber, Sarah Stamatiou, Thomas Stollenwerk, Werner Sturmberger, Erwin Uhrmann, Julia Unterlechner, Katharina Wiesler, Jörg Wipplinger PRAKTIKUM Marian Erdorf, Edeltraud Günthör, Ines Kerschbaumer, Helena Zottmann COVERBILD iStock FOTOGRAFIE Elisabeth Els ILLUSTRATIONEN Katharina Hüttler / agentazur.com GESTALTUNG Elisabeth Els, Manuel Fronhofer, Erli Grünzweil, Katharina Kvasnicka, Thomas Wieflingseder LEKTORAT Wolfgang Smejkal, Adalbert Gratzer ANZEIGENVERKAUF Herwig Bauer, Micky Klemsch (Leitung), Thomas Weber WEB Super-Fi, m-otion DRUCK Druckerei Janetschek, Gußhausstraße 24–26, 1040 Wien PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Biorama GmbH, Favoritenstraße 4–6 / III, 1040 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama GmbH, Favoritenstraße 4–6 / III, 1040 Wien; Tel. +43 1 9076766; www.biorama.eu, redaktion@biorama.eu BANKVERBINDUNG Biorama GmbH, Bank Austria, IBAN AT44 12000 10005177968, BIC BKAUATWW ABONNEMENT siehe Website: www.biorama.eu ERSCHEINUNGSWEISE 6 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien VERLAGSPOSTAMT 1040 Wien

BLATTLINIE Biorama ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für Mensch und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. Biorama erscheint sechsmal im Jahr.

foto Michael Winkelmann

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rinnert sich noch jemand an die »Vagina-Monologe«? Es ist bald 20 Jahre her, dass Eve Ensler ihre Gespräche mit Frauen jeden Alters zu einem Theaterabend verarbeitet hat, in dem ungezwungen über Vaginales und Weiblichkeit, über Lust und Gewalt – strukturelle wie sexuelle – gesprochen wurde. Womöglich wäre das Projekt der New Yorker Theaterautorin in Zeiten sozial vernetzter Internetplattformen wirkungsmächtiger geworden als Mitte der 90er Jahre. Womöglich hätte es sich getragen von den jüngeren #aufschrei-Generationen globaler niedergeschlagen. Doch auch so wurden die Vagina-Monologe in Form von Lesungen, dargeboten von prominenten Unterstützerinnen, in vielen Ländern gehört. Naturgemäß kam dabei auch die Menstruation – unser diesmaliges bioramaSchwerpunkt-Thema – immer wieder zur Sprache. Viele Monate sind seither vergangen. Immer öfter sind aus den Monologen Dialoge geworden. Viele Frauen sprechen heute unverkrampfter über ihre Regel. Von einer Enttabuisierung kann aber immer noch keine Rede sein. Die im Dezember 2014 von einem britischen Professor angestoßene Debatte darüber, ob es für Frauen auch in unseren Breiten – wie in manchen asiatischen Ländern üblich – einen monatlichen MenstruationsUrlaub geben soll, verschwand schnell wieder aus der Öffentlichkeit. Warum eigentlich? Und warum reagieren – gerade unter den tendenziell aufgeklärten, gebildeteren Meinungsbildnern auf Twitter – so viele reflexartig mit Spott und Häme, wenn nachhaltige Monatshygiene, Bio-Tampons und dergleichen (siehe Seite 22) als Alternative vorgestellt werden? Es bleibt ein Krampf mit den Verkrampften. Darum: Reden wir drüber!

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bild der ausgabe

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Kunst und Realität

Ein Ölgemälde – echter als jedes Foto Aleah Chapin malt Gemälde von Frauen. In den vergangenen Jahren schuf sie zahlreiche Porträts, darunter auch von ihren Tanten. In ihren Arbeiten sehen wir kleine neben großen Brüsten, lange neben kurzen Beinen, graue neben schwarzen Haaren. Die 1986 geborene Künstlerin lässt den Betrachter die Scheu vorm Echtsein spüren. Sie kaschiert weder Falten noch Tattoos, sondern bildet den weiblichen Körper mit all seinen Makeln ab. Ihre größte Arbeit – »It Was The Sound Of Their Feet« – feiert den weiblichen Körper und porträtiert gezielt jenen unaufhaltsamen Vorgang, den die Menschen sonst unterdrücken wollen: das Älterwerden. Zuerst könnte man meinen, man hätte ein Foto vor Augen. Doch es ist ein Gemälde von neun erwachsenen Frauen, die wie Kinder ohne Berührungsängste auf einer Wiese spielen. »Das Alter ist eine Frage der Einstellung« – das ist vielleicht die stärkste Aussage von Chapins Gemälde. www.aleahchapin.com

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Text Helena Zottmann bild »It Was The Sound Of Their Feet«, 2014, oil on linen, ©Aleah Chapin, courtesy of Flowers Gallery, London and New York

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global village

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Sprücheklopfer

text Helena Zottmann, Marian Erdorf bild Loesje, Stone Design

Plakate, die die Welt verändern

Ökologisch Sitzen

Upgefahrn!

Lieber Gedanken an den Wänden als Wände in Gedanken – Freunde von Loesje schreiben ihre Sprüche auf Plakate und regen die Menschen zum Denken an.

Ausgediente Fahrradrahmen und Pagholz-Formsitze von ausgemusterten Schulstühlen ergeben zusammen einen neuen, upgecycelten Designstuhl.

Loesje (sprich Luh-sche) ist ein niederländischer Mädchenname, der seit mehr als 30 Jahren für friedlichen Plakat-Aktivismus steht. Die Bewegung entstand in den Niederlanden als Reaktion auf die Schwarz-WeißDarstellung des Kalten Kriegs und die No-Future-Einstellung jener Zeit. Seither fand Loesje Freunde auf der ganzen Welt – so auch in Deutschland und Österreich, wo die Gruppen Schreibworkshops anbieten und Plakate verbreiten. Während das hierzulande wie nettes Sprücheklopfen wirkt, bringen sich Mitglieder in anderen Ländern oft auch in Gefahr, wenn sie die Grenzen der dortigen Gesetze oder der Meinungsfreiheit überschreiten. Die Sprüche und Plakate entstehen in offenen Schreibworkshops. Sie sind das Ergebnis vieler Ideen, die zu einem gemeinsamen Gedanken verdichtet werden. Mitmachen kann jeder: Plakate ausdrucken und aufhängen oder an einem Workshop teilnehmen und selbst Texte mitgestalten. Oder man hält einfach die Augen offen – Loesje überrascht oft an unscheinbaren Orten.

Flexen, Schweißen, Hämmern und Schrauben – mit den alten Fahrradrahmen haben sich die drei von der Stone Company nicht den einfachsten Werkstoff für ihre Stühle ausgesucht. Aber darum geht es auch nicht. Den alten, ausgedienten Gegenständen, die sonst nur noch den Weg in den Müll finden würden, soll noch eine Chance und ein zweites Leben gegeben und auf diese Art ein nachhaltiges Möbelstück produziert werden. Die Fahrradrahmenstücke montiert die Gütersloher Firma so zusammen, dass sie einen stabilen Unterbau bilden, zum Sitzen dienen Pagholz-Formsitze von ausgemusterten Schulstühlen. Das Material besteht aus mehreren in Harz getränkten Holzschichten. Der Formsitz stützt Becken und Rücken und macht den Stuhl so zu einem ökologisch und orthopädisch korrekten Unikat, das fast komplett ohne neue Rohstoffe auskommt. Anfangs mussten sich die drei Möbelbauer die Fahrradrahmen noch bei Zweiradhändlern erbetteln. Mittlerweile gibt es eine Kooperation mit den Wertstoffhöfen des Kreises Gütersloh.

www.loesje.at www.loesje.org

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www.formsitz-design.de

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street talk Wir fragen, fünf Esser antworten.

»Was lässt du beim Essen weg?« Otto 66, Pensionist

Katharina 19, Verkäuferin

Süßigkeiten … wenn es geht!

Ich versuche sehr viel Fleisch wegzulassen, genauso wie Eier, die mit »2 AT« beschriftet sind, also aus Bodenhaltung stammen.

Gluten, Zucker und Tischmanieren.

Zack 24, Lehrer Was ich nicht esse? Seeigeln! Das ist das einzige, das mir nicht schmeckt und ich schon ausprobiert habe. Und Petersilie.

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Kathi 27, Studentin

Friedrich 65, Pensionist

Eigentlich gar nichts, außer ich kann nicht mehr. Und wenn zu viel Rosmarin auf dem Steak ist, dann kann ich das nicht essen.

Glutamat! Wir kochen prinzipiell ohne Zusätze und wenn wir Essen gehen, bevorzugen wir auch Lokale, die natürlich kochen.

Interview und bild Astrid Dober und Marian Erdorf

Stimme aus dem Off

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global village

Termine Februar 2015 Im Februar 2015 geht das erste Halbjahr der VHS-Reihe "Nachhaltig in Wien" ins Finale. Mit zwei Top-Veranstaltung rund um unsere Ernährung. Freitag, 20. Februar 2015, 18.00 Uhr

Vortrag von Kathrin Hartmann

VHS Wiener Urania, 1. Uraniastraße 1, Dachsaal Eröffnung: Umweltstadträtin Ulli Sima

Bestseller-Autorin und Journalistin Kathrin Hartmann (u.a.

"Ende der Märchenstunde", "Wir müssen leider draußen bleiben") widmet sich in ihrem Vortrag dem Recht auf Nahrung mit Auszügen aus ihrer aktuellen Forschungsarbeit. Danach Podiumsdiskussion mit Brigitte Reisenberger (FIAN Österreich), Julianna Fehlinger (AgrarATTAC) & Iirmi Salzer (ViaCampesina) | Moderation: Roswitha Reisinger (Lebensart).

Donnerstag, 26. Februar 2015, 18.00 Uhr Veganismus & Nutzung globaler Ressourcen VHS Landstrasse, 3., Hainburger Straße 29

Bei dieser Filmvorführung mit anschließender Diskussion untersuchen wir die Auswirkungen von Ernährung auf die globale Ressourcenverteilung. Ein Fokus liegt auf der veganen Ernährung. Am Podium: Martin Haiderer (Wiener Tafel), Felix Hnat (Vegane Gesellschaft Österreich), Philipp Salzmann (FIAN Österreich) und Florian Ablöscher (Fairtrade Österreich).

Anmeldung unter nachhaltiginwien@vhs.at

www.vhs.at/nachhaltiginwien

Green IT

Das faire Crowdfunding-Phablet Ein nachhaltiger Produktlebenszyklus wird immer öfter als Ziel formuliert. Wie weit wird er bei Shiftphones auch umgesetzt? Ein deutscher Designer entwickelt das ideale Phablet, also ein Mittelding zwischen Telefon und Tablet, und findet dabei im Crowdfunding-Projekt ausreichend Unterstützer, um in Folge eine Produktfamilie aus vier Geräten zur produzieren. Modernes Design trifft auf einfache Erweiterbarkeit, Reparaturfreundlichkeit und Offenheit bezüglich der Software. Faire Produktionsbedingungen werden ebenfalls als Merkmal genannt. Der laut einer Studie nachhaltigste Telefonhersteller Fairphone liefert den Benchmark zu diesem Thema. Der neue Telefonhersteller aus Hessen hat noch Einiges zu tun, hier den Nachweis zu erbringen. Außerdem ist eine Kooperation mit den Machern der fairen Maus angedacht, allerdings herrscht in Sachen Transparenz noch Aufholbedarf. Das Projekt ist vergleichsweise jung, und so gibt es die Hoffnung, dass die fehlenden Informationen nachgereicht werden – die ersten Telefone wurden bereits ausgeliefert. www.shiftphones.com

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Filmtipp

»My Stuff«: Ich brauch nur die Luft zum Atmen?

Plastik-Alternative

Von Bienen, für immer

Der finnische Regisseur Petri Luukkainen startet einen anti-materialistischen Selbstversuch und geht der Frage nach, was im Leben wirklich zählt.

Man nehme Musselin, Jojoba-Öl, Baumharz und Bienenwachs und fertig ist Bee‘s Wrap – die umweltschonende Alternative zu Frischhalte- und Alufolie.

Ein Mann, ein Jahr, eine Herausforderung: Petri Luukkainen ist unglücklich, trotz Traumwohnung, Job und materiellem Überfluss. Er ist Single. Kurzerhand beschließt er, sich von den Dingen, die sein Dasein auszumachen scheinen, zu trennen und sich innerhalb eines Jahres jeden Tag nur jeweils ein Utensil zurückzuholen. Klingt verrückt und unkonventionell? Ist es auch. Der Film, der im Rahmen seines Vorhabens entstanden ist, begleitet den Finnen durch seinen entschlackten Alltag und erzählt von den Problemen, mit denen er konfrontiert ist. Man sieht ihn nackt und sinnierend in seiner leergeräumten Wohnung, barfuß durch die Stadt zum Self-Storage laufend und vor allem: nachdenklich. Die Großmutter des Regisseurs spielt eine Schlüsselrolle im Film. Zurückhaltend und leise lächelnd hört sie ihrem Enkel zu, scheint ihn in seiner Suche voll und ganz zu verstehen. Eine weitere Schlüsselrolle spielt eine junge Frau, die Luukkainen kennenlernt. Ist es die Liebe, die gefehlt hat? »My Stuff« startet ab 5. März in den deutschen Kinos. www.mystuffmovie.com

Sie heißt Bee’s Wrap, ist die Idee von Sarah Kaeck aus dem kanadischen Vermont und eine Frischhaltefolie. Gemacht ist Bee’s Wrap aus einem Bio-Stoff namens Musselin, Jojobaöl, Baumharz und Bienenwachs. Das Besondere an Bee’s Wrap? Sie kann wieder und wieder verwendet werden. Vor allem die beiden Bestandteile Bienenwachs und Jojoba-Öl sind dafür verantwortlich: Sie sorgen für die antibakterielle Eigenschaft der Bienchen-Verpackung. Und die wiederum hält nicht nur das Verpackte, sondern auch gleich das gesamte Verpackungsmaterial frisch. Prinzipiell darf nach Lust und Laune umwickelt und eingewickelt werden. Obst oder Gemüse. Belegte oder unbelegte Brote. Käse oder Kekse. Nur als Transportmittel für Fleisch ist sie nicht unbedingt geeignet. Nach Gebrauch wird Bee’s Wrap ganz simpel mit Spülmittel gereinigt, an der Luft getrocknet und erneut gebraucht. Soll heißen: Nie wieder Verpackungsmüll! Klingt gut? Ist auch gut. Erhältlich ist Bee’s Wrap online über www.pureandgreen.at oder bei www.naturlieferant.de

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links text Franz Knipp bild Shift — RECHTS TEXT Edeltraud Günthör, Ines Kerschbaumer bild Rise And Shine Filmverleih, Bee’s Wrap

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LUKAS VERMITTELT WISSEN IM ÜBERFLUSS.

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Auch auf www.biorama.eu gibt es Interessantes zu entdecken. Hier eine Auswahl aktueller Interviews, Artikel und Videos unserer Online-Dependance:

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SOZIALES ENGAGEMENT MACHT ÖSTERREICH IMMER LEBENSWERTER. Lukas Tomaselli ist überzeugt, dass unser wasserreiches Land internationale Verantwortung trägt. Deshalb hilft der Wasserbauingenieur Menschen in Tansania bei der Versorgung mit sauberem Trinkwasser. Damit untermauert er Österreichs internationale Expertenstellung und wurde dafür mit dem Neptun-Wasserpreis ausgezeichnet. Wenn auch Sie ein Projekt einreichen oder sich über den Neptun-Wasserpreis informieren wollen, besuchen Sie uns auf wasserpreis.info – einem Teil der Lebensartstrategie.

»CO² fit« ist eine neue App von Changers, die User motivieren soll, spielerisch CO² einzusparen, indem man umweltfreundlich mobil ist. www.biorama.eu/changers-app

Wie werden Küchen- oder Gartenabfälle richtig kompostiert und wie entsteht eigentlich wertvoller Humus? Kompost-Experte Alfred Grand hat Tipps. www.biorama.eu/kompost

Warum sind zu Fuß gehende Menschen ein Indikator für funktionierende Städte? Jim Walker, Initiator der Fußgängerkonferenz Walk 21, im Interview. www.biorama.eu/walk-21

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Formschönes Design mit durchdachter Wirkung

Welternährung

Machen 2.000 m2 satt?

Designerin Vera Wiedermann hat ein Schalensystem zur Zubereitung, Konservierung und Aufbewahrung von Lebensmitteln entwickelt.

In Berlin läuft derzeit das Projekt 2.000 m2: Das Thema Ernährung wird dabei ganz praktisch in einen globalen Kontext gestellt.

Eine simple, weiße Schale mit einem Deckel und einem Sieb, gefertigt aus emailliertem Stahl und Keramik: Vera Wiedermanns Design gibt sich zurückhaltend, ist in seiner Funktion jedoch klar durchdacht. Die formschönen Schalen-Elemente dienen dazu, Lebensmittel zu lagern, länger frisch zu halten und sie auch für den Verzehr zuzubereiten. Wird das Sieb auf der Schale platziert und die Schale mit Wasser gefüllt, so verdunstet das Wasser langsam und Obst und Gemüse bleiben länger frisch. Der Deckel ist gewölbt und kann zum Backen von Brot eingesetzt werden. Wasser im Rand des Deckels erhöht die Luftfeuchtigkeit im Ofen und sorgt für eine ausgeprägte Kruste und damit für längere Haltbarkeit. Das Sieb wiederum kann auch zum Dampfgaren verwendet werden. Darüber hinaus ist es möglich, die Schale zum Konservieren von Lebensmitteln zu nutzen. Eva wurde beim German Design Award in der Kategorie »Excellent Product Design / Kitchen and Household 2015« zu einem von zehn Gewinnern gekürt. Das Urteil der Jury zum Produkt betont den »sinnvollen Designansatz, der das Bewusstsein für unser tägliches Essen fördert und dabei auch noch gut aussieht«. www.moa-eatingproducts.com

Basis für das Projekt der Zukunftsstiftung Landwirtschaft und der europäischen Agrarinitiative arc2020 ist die Tatsache, dass weltweit 1,4 Milliarden Hektar an Ackerfläche zur Verfügung stehen. Auf die Weltbevölkerung umgerechnet, stehen jedem Menschen somit 2.000 m² an Fläche zur Ernährung zu. Im Frühjahr 2014 wurde nun in Berlin der erste »Weltacker« bestellt. Dort wächst proportional das, was auf den Ackerflächen der Erde angebaut wird. Mehr als die Hälfte des Areals wurde mit Getreide bestellt, auf nur zehn Prozent gedeihen Gemüse und Obst. 2015 startet das nächste Experiment: Eine Person wird ein Jahr lang versuchen, sich vom Weltacker zu ernähren. Ein Teil der produzierten Überschüsse wird gegen Lebensmittel eingetauscht, die in Berlin nicht wachsen können. Betreut von einer Gärtnerin, einem Koch und einer Reihe von Experten und Freiwilligen soll das Projekt 2.000 m² zum öffentlichen Mitverfolgen und -erleben anregen. Ziel ist es, globale Zusammenhänge und Probleme greifbar zu machen und das eigene Handlungspotenzial aufzuzeigen.

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www.2000m2.eu/de www.facebook.com/2000sqm

links bild Markus Schulz / Changers, Alfred Grand, MA18 — RECHTS TEXT Edeltraud Günthör bild MOA, Projekt 2.000 m2

Lebensmittelaufbewahrung

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Meine Stadt

MEINE STADT: NuRNBERG

von Anna Sperber

Lieblingsplätze UND Eco-HotSpots

Anna Sperber (32) ist gebürtige Nürnbergerin und arbeitet für die Nürnberger Messe, wo sie unter anderem die Biofach & Vivaness, die Weltleitmesse für Biolebensmittel und Naturkosmetik, betreut. Auch privat spielen neben der Fotografie ein nachhaltiges Leben und bewusster Konsum eine große Rolle in Anna Sperbers Leben. »Besucher sind oft überrascht vom Charme Nürnbergs, welches außerdem seit ein paar Jahren Bio-Modellstadt ist«, erklärt sie. Wir lassen uns gerne überraschen! glore – green fashion store Glore ist der einzige Klamottenladen in Nürnberg mit reinem Green Fashion-Sortiment. Ein super stilvoller Laden, der sehr geschmackvolle Kleidung und nette Beratung bietet. Man fühlt sich hier einfach wohl – und hier liegt übrigens auch biorama auf! www.glore.de

stadtgarten Der Stadtgarten ist ein mobiler, ökologisch bewirtschafteter Gemeinschaftsgarten, der 2012 gegründet wurde. Dieser besondere Ort hat in den vergangenen drei Jahren viele Menschen inspiriert und verändert. Ganz nach dem Urban-Gardening-Manifest »Die Stadt ist unser Garten!« leben wir Bürgerpartizipation und geben Wissen in vielen Workshops und Aktionen weiter. Ende 2014 musste der Garten wegen eines Bauprojekts umziehen und ist seitdem direkt neben dem ehemaligen Quelle-Versandhaus – eine der größten Industriebrachen Deutschlands – zu finden. www.stadtgarten-nuernberg.de

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offene st. klara kirche Als unbekehrbare Atheistin liebe ich einfach trotzdem die schlichte und wunderschöne St. Klara Kirche in direkter Nähe zum Hauptbahnhof. 1270 wurde die Kirche erbaut und ist somit eine der ältesten Kirchen Nürnbergs. Innen bietet sie eine völlig überraschende und klare Architektur (oft bis nachts geöffnet). www.st-klara-nuernberg.de

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röstscheune Etwas außerhalb gelegen, aber allemal die Anfahrt wert, denn hier gibt es den besten Espresso Nürnbergs – der Bio-Espresso von Viola Gellings und Bernd Bonnländer. Die beiden sind ein sympathisches Paar mit einer Passion für den besten (Arabica-)Espresso, der jeden Samswww.caffehaus.de tag frisch geröstet wird.

sommerkiosk Der Sommerkiosk ist ein Markt für Eco-Design, der immer an einem Wochenende Anfang / Mitte Juni im Rosenaupark stattfindet. Dort verbringe ich meistens beide Tage mit Schlemmen an den Food-Ständen. Es werden viele Design-Sachen von regionalen Künstlern, DJs, LiveMusik und Modenschauen geboten. Ein wunderschönes Sommerfest! www.sommerkiosk.de

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Menstruation

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text

Thomas Stollenwerk

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Illustration

Katharina Hüttler / agentazur.com

Ruhig Blut Ich bin ein Mann. Trotzdem und gerade deshalb soll ich hier etwas über Menstruation schreiben. Empfindliches Terrain. Nicht uninteressant. Mal sehen, was dabei herauskommt.

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ntweder man hat sie, oder frau hat sie eben nicht. Geschlechter-Identitäten mögen in vielerlei Hinsicht ein soziales Konstrukt sein – die Menstruation ist es nicht. Der Umgang mit ihr ist sozial konstruiert, und die Menstruation ist mit einem der gar nicht so wenigen Tabus belegt, die selbst in den als liberal und aufgeklärt geltenden Gesellschaften noch weitgehend intakt sind. Der gemeine Mann redet selten darüber, weder mit anderen Männern, noch mit Frauen. Ist das vielleicht schon die Erklärung dafür, dass die Menarche ein Randthema ist? Ist das Tabu männlich? Ist alles doch komplizierter? »Die Geschichte der Menstruation ist eine Geschichte voller Missverständnisse«, hieß es einst in einem Tampon-Werbespot. Diese zynischen Werber. Wäre man ein vollkommen ahnungsloser, männlicher Werbekonsument, so müsste man wohl davon ausgehen, dass Menstruationsblut hellblau ist. Den Geruch würde man sich vermutlich so vorstellen, wie den von Zahnpasta und man müsste glauben, die maßgeblichen Qualitätsmerkmale von Tampons und Binden seien Diskretion und Passform in knapper Unterwäsche. Vielleicht würde man sogar vermuten, das natürliche Einsatzgebiet von

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Tampons seien grazile Damenhände. Dass die Werbung für Hygieneprodukte bei genauerer Betrachtung meist ziemlich bescheuert ist, kann man wohl trotzdem nicht der Werbebranche allein vorwerfen. Die Tabuisierung der weiblichen Menstruation wurde – Gerüchten zum Trotz – nicht erst in Brainstorming-Runden von Werbeagenturen erfunden. Dass ein Thema, das mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ganz unmittelbar betrifft, öffentlich ein so kleines ist, ist mindestens fragwürdig. So wenige Gründe für die Tabuisierung der Menstruation es auch gibt – Erklärungen gibt es einige.

Menstruation ist schmutzig Ein erster Erklärungsansatz ist unter den üblichen Verdächtigen schnell ausgemacht – die Religion. Im Juden- und Christentum gilt die Frau während ihrer Periode als unrein und alles was sie berührt ebenso. Das kann man im Alten Testament nachlesen. Der Islam ist auch nicht offener. Kulturanthropologen haben in so ziemlich allen Weltregionen Hinweise darauf gefunden, dass menstruierende Frauen in den unterschiedlichsten Kulturen als unrein oder sogar gefährlich gelten. Der Grad

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Menstruation

20 von Tabuisierung und Ausgrenzung aus dem Alltag variiert dabei natürlich. Bei den Huaulu, einer Volksgruppe, die auf der indonesischen Insel Seram zuhause ist, gibt es sogar eigens errichtete Menstruations-Hütten an den Rändern der Dörfer, in die Frauen während ihrer Monatsblutung umziehen müssen. Man muss allerdings nicht unbedingt gläubig sein, um einen verklemmten Umgang mit der weiblichen Periode zu pflegen. Es gibt auch weniger spirituelle Erklärungsversuche und Erklärungen. Sigmund Freud erklärte den verbreiteten Ekel vor Menstruationsblut mit der Ablehnung des weiblichen Sexualtriebs während der Regel. Der weibliche Ausfluss hebe die körperliche Integrität auf – und davor bestehe auf männlicher Seite eine gewisse Scheu. Norbert Elias machte eine Wahrnehmung der Menstruation als animalischen Aspekt der menschlichen Natur aus. Solche ur-natürlichen Aspekte des Menschseins würden im Prozess der Zivilisation überwunden – oder eben tabuisiert. Diese »Überwindung« sei ein wichtiger Schritt in Richtung Vergesellschaftung und Kultivierung des Menschen. Die Peinlichkeit und Tabuisierung einer grundlegenden Funktion weiblicher Körper als Ausdruck von Kultiviertheit? Freud und Elias: zwei männliche Wissenschaftler in der Tradition anderer männlicher Wissenschaftler vor ihnen. Seit der Antike hat schon so mancher Mann seine aus anatomischen

Gründen eingeschränkte Perspektive zur Menarche zu Papier gebracht. Aristoteles vertrat die Ansicht, Menstruationsblut sei im Prinzip das gleiche wie Sperma, nur würde das männliche Sekret durch die höhere Körpertemperatur des Mannes vor dem Ausscheiden gekocht. Nun – er soll immerhin ein ganz passabler politischer Theoretiker gewesen sein.

Männer tabuisieren, Frauen auch Natürlich gibt es geschlechterspezifische Tabuisierungs-Mechanismen, wenn es um Menstruation geht. Allein schon die männlich dominierte Wissenschaft legt eine gewisse Distanziertheit zu einer so weiblichen Körper-Eigenschaft nahe. Männer sehen in der menstruierenden Frau eine Bedrohung ihrer als natürlich empfundenen Dominanz. Diese Erklärung für bestehende Menstruations-Tabus ist die am weitesten verbreitete und wohl auch die wichtigste. Und dann gibt es eine Erklärung, die vielleicht ein wenig näher am Alltag angesiedelt ist und ohne die pauschale Unterstellung eines patriarchalen Mind-Sets auskommt: Klassischerweise haben Männer gewaltige Informationslücken beim Thema Periode. Und wer redet schon gerne über etwas, wovon er keine Ahnung hat? Gabriele Pröll bietet Persönlichkeits-Coaching in Wien und Zeremonien für Mädchen zur ersten Regel

8 Irrtümer über die Menstruation Menstruationsblut = Spermien

Menstruationsblut ist giftig

Dass Regelblut und Spermien quasi dasselbe sind, dachte sich der griechische Philosoph Aristoteles. Die Menstruation sei notwendig, um das überschüssige Blut, das der Mensch über die Zeit produziere, auszuscheiden. Beim heißeren (temperaturmäßig, versteht sich) Mann würde das Blut zu Spermien »verkochen«, bei der Frau würde es ganz unspektakulär einfach als Blut ausgeschieden. Aus jenem Blut und jenen Samen entstünden dann übrigens auch die Babys.

Diese absurde Annahme stammt keineswegs aus dem Mittelalter. Der Wiener Arzt Bela Schick war es, der den Mythos, Menstruation sei giftig, bis ins 20. Jahrhundert am Leben hielt. Auffällig oft verwelkten in seiner Wohnung die Rosen. Und zwar immer dann, wie er später feststellte, wenn seine Haushälterin ihre Tage hatte. Das konnte er dann nur darauf zurückführen, dass Regelblut giftig sei (er nannte das dann Menotoxin) und die schönen Rosen das Leben kostete.

Aus Menstruationsblut entstehen kinder

Periode macht Essen schlecht

Die Vorstellung, dass aus der Vermengung von Samen und Menstruationsblut Kinder entstünden, hielt sich eine ganze Weile. Das wurde natürlich auch wissenschaftlich erprobt, in dem man in Schälchen beides zusammenmischte. Überraschung: Es wuchs kein Kind im Topf. Die Theorie konnte erst Mitte des 19. Jahrhunderts vollends entkräftet werden, als Karl Ernst von Baer die Eizelle entdeckte.

Ähnlich negativ war lange der Zusammenhang zwischen Regel und Essen aufgeladen. Marmelade-Freunde aufgepasst! Während der Regel sollte man lieber keine Früchte zu Brotaufstrich verarbeiten, angeblich schimmelt das Produkt dann nämlich schneller. Außerdem wäre Abstand zu halten von Milch, Essig und Wein. Verdirbt alles beinahe schon beim Anblick einer menstruierenden Frau.

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21 an. Sie glaubt nicht an eine einseitig männliche Tabuisierung: »Die Tabuisierung wird in der westlichen Welt sicher nicht mehr bewusst von Männern, sondern von beiden Geschlechtern aufrecht erhalten. Zum Beispiel gibt es zwischen den Geschlechtern nach wie vor große Berührungsängste, die die Tabuisierung festigen. Männer können Frauen in der Zeit der Blutung oft nicht so ganz einordnen, empfinden sie oft als unberechenbar und meiden häufig den direkten Kontakt. Frauen sind nach wie vor in erster Linie bestrebt, zu gefallen und zu funktionieren, lassen sich nicht wirklich auf ihre zyklischen Qualitäten ein.« Es gibt eine weibliche Spielart der Tabuisierung der Periode, die gleich von Beginn an den Umgang mit ihr prägt. Setzt die Regel bei Mädchen ein (für meine ahnungslosen Geschlechtsgenossen: das ist meistens so zwischen dem 11. und 15. Lebensjahr), bedeutet das einen großen, biologischen Schritt in Richtung Erwachsenwerden und eine Aufhebung der kindlichen MutterTochter-Beziehung. Aus bestimmten Gründen könnte ich an dieser Stelle nur spekulieren, wie sich das anfühlt, und deshalb lasse ich es (fast). Vermutlich ist es wohl für viele Mütter und Töchter gleichermaßen sonderbar und nicht unbedingt etwas, das man locker und offen bespricht. Für Männer jedenfalls gibt es ein so drastisches körperliches Zeichen des Erwachsenwerdens kaum.

Der Umgang wird offener und unnatürlicher zugleich In den letzten Jahrzehnten hat sich beim Umgang mit der Regel einiges getan. Dabei verläuft die Entwicklung nicht nur in eine Richtung, meint Gabriele Pröll. »Einerseits wird die Menstruation mittels Pille, Hormonpflaster oder Spritze gerade aus der Welt geschafft und ein Großteil der Frauen macht bereitwillig mit. Andererseits gibt es eine wachsende Bewegung, die den Zyklus und die Menstruation als wesentliche Basis des Frauseins erlebt.« Ein wesentlicher Bestandteil der weiblichen Natur ist sie zweifellos, die Menarche. Das allein ist ein guter Grund, sie nicht zu tabuisieren oder sie gar als sonderbar, abnormal oder schmutzig zu betrachten.

eine historische Rundschau

text Julia Preinerstorfer

Menstruation lockt Haie an

Tampons sind sehr gefährlich

Dank »Der Weiße Hai« sind wir bezüglich Blut und Haien natürlich alle ein wenig geschädigt. Aber keine Angst. Es gibt keinen dokumentierten Fall, in dem eine menstruierende Frau tatsächlich von einem Hai angegriffen wurde. Außer sie sah zufällig von unten aus wie eine leckere Robbe. Ebenfalls ein Mythos: Hunde oder wahlweise Bären werden vom speziellen Geruch des Regelblutes angelockt.

Der Tampon musste sich seinen Platz in den Herzen der Frauen erst erkämpfen. Bei seiner Einführung im Jahr 1950 gab es breite Proteste gegen das gefährliche Produkt. Es sei weder keimfrei, führe zu Blutstau und somit zu bakteriellen Infektionen, und vor allem: was wenn indolente (= geistig träge, schmerzunempfindliche – wir zitieren hier) Frauen vergessen, den Tampon zu entfernen? Nicht auszudenken.

Menstruation muss frei flieSSen können

Man kann während der Regel nicht schwanger werden

Bis ins 20. Jahrhundert hielt sich die Auffassung, dass man nur ja keine Hilfsmittel zum Auffangen des Menstruationsblutes verwenden dürfe. Sonst gäbe es einen Blutstau, der sich negativ auf die Gesundheit auswirken könnte. Demnach rannte den Damen das Blut einfach die Schenkel hinab, oder wenn sie Glück hatten und Unterwäsche trugen, wurde jene tagelang mit Blut durchtränkt. Folgen? Infektionen und schlecht für die Gesundheit.

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Schön wär’s. Stimmt aber leider so nicht. Der Eisprung ist leider kein exakt planbares Ereignis und Spermien können länger im Körper überleben, als man denkt. Also doch lieber aufpassen, wenn man gerade keinen Kinderwunsch hegt.

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Nachhaltige Monatshygiene

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Sarah Latussek

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Vincent Sufiyan

Die Macht der Frauen Rund 17.000 Tampons oder Binden benötigt eine Frau in ihrem Leben. Doch wer hat mal genauer hingeschaut, was da so Monat für Monat eigentlich Zugang zur intimsten Zone des weiblichen Körpers erhält?

I

m Alten Ägypten war es ein mit Papyrus umwickeltes Stäbchen, im römischen Reich eine mit Wachs überzogene Stoffrolle, die den Frauen beim Stoppen ihrer Blutungen half. Von mystischen Bedeutungen umgeben, wurde dem Menstruationsblut im Mittelalter eine magische Wirkung nachgesagt. Da man es für gefährlich hielt, waren Frauen während der Periode bei rituellen

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Handlungen nicht gern gesehen und das Berühren von Lebensmitteln ihnen strengstens untersagt. Zu jener Zeit war das Tragen von Unterwäsche nicht üblich, teils sogar verboten, was das Verbergen der Menstruation und somit auch den Alltag einer Frau deutlich schwieriger gestaltete als je zuvor. Wo man es zum Ende dieser fragwürdigen Epoche als schädlich ansah, den Blutfluss

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Auskennerinnen in Sachen nachhaltiger Monatshygiene: Annemarie Harant und Bettina Steinbrugger bieten in ihrem OnlineShop www.erdbeerwoche.com Tampons und Binden aus Bio-Baumwolle, Menstruationskappen und biofaire Unterwäsche an.

Gefahren und Probleme zu stoppen und den Frauen sogar das Waschen oder Wechseln der Binde verbat, wusste sich die Dame der Neuzeit wiederum recht gut selbst zu helfen. Mit genähten Binden, vorn und hinten an einem Gürtel befestigt und dank eines Lochs in der Unterwäsche austauschbar, war auch die lange Arbeit auf dem Feld problemlos möglich. Abgelöst vom sogenannten Monatshöschen, an dem genähte oder gestrickte Vorlagen mithilfe von Knöpfen oder Schlaufen befestigt wurden, waren im 19. Jahrhundert praktische Hilfsmittel in jeglichen Kulturen weit verbreitet. Im Zuge der industriellen Revolution und der einhergehenden Frauenbewegung erblickte in Frankreich schließlich die erste Einwegbinde das Licht der Welt. 1930 von einer Menstruationstasse namens Chalmers Cup gefolgt, gelang in den 50er Jahren dem wohlbekannten Tampon der absolute Durchbruch.

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Weit mehr als eine Milliarde der kleinen Helferlein geht heute Jahr für Jahr über die Ladentheke. Auch die Binde zählt nach wie vor zu den beliebtesten Produkten für die Monatspflege einer Frau. Auf die Frage, welche Eigenschaft ihnen beim Kauf am wichtigsten sei, antworteten 2014 in einer Umfrage 32% der Frauen mit »Funktionalität und Sicherheit«. Beim Blick auf den Verbrauch von weltweit 45 Milliarden Einwegartikeln bleibt hier die Frage, wie Sicherheit in diesem Fall zu definieren ist. Denn nur die Wenigsten machen sich Gedanken, woher der angenehme Tragekomfort und die gute Passform eigentlich kommen. Hinweise wie »with cotton extract« oder »silky touch« führen da nicht selten in die Irre. Im Gegenteil: Kennzeichnungen wie diese sind alles andere als der Beleg für eine Verwendung von ausschließlich pflanzlichen Materialien.

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Nachhaltige Monatshygiene

24 Während Ersteres ein Gemisch aus Kunststoff und Zellulose meint, bekommt beim zweiten Fall der Tampon durch Ummantelung von Kunststoff eine Oberfläche, die an die Geschmeidigkeit von Seide erinnert. Auch konventionelle Binden bestehen überwiegend aus Plastik und einem Kern aus Kunststoffgranulat und verdanken ihre schöne weiße Farbe diversen Bleichmitteln. Dass verwendete Chemikalien wie Dioxin oder Formaldehyd oft auch schädliche Nebeneffekte hervorrufen, ja sogar Krebs erregen können, bleibt dabei unerwähnt. Neben dem Einfluss giftiger Inhaltsstoffe auf die Gesundheit darf letzten Endes auch der ökologische Aspekt nicht vergessen werden. Da Zellulose aus dem Holz von Bäumen gewonnen wird, müssen diese beim aktuellen Verbrauch von Einwegartikeln in rauen Mengen herhalten. Mehrmals durch verschiedenste chemische Bäder gejagt und dann zu Tampon oder Binde verarbeitet, landen sie nach Ablauf ihrer Dienste auf dem Müll und somit in unserer Umwelt.

Ökologisch wertvolle Alternativen Mit der richtigen Wahl der Hygieneprodukte, die Frauen während ihrer Menstruation stets treu zur Seite

stehen, können sowohl Körper als auch Planet auf ungeahnte Weise geschont werden. Wer beim Kauf von Tampons oder Binden zu biologisch zertifizierten Produkten greift, denkt nicht nur an die Umwelt, sondern lässt auch die eigene Gesundheit nicht außer Acht. Sie sind frei von optischen Aufhellern und anderen schädlichen Zusatzstoffen und demnach freundlich zur Haut, besonders atmungsaktiv und neutralisieren somit unangenehme Gerüche. Auch die wiederverwendbare Stoffbinde mit herausnehmbarer Einlage hat mit viel Luftdurchlässigkeit und Saugkraft längst ihr Können auf dem Markt bewiesen. Lästige Notfall-Einkäufe in der Drogerie und unnötige Müllberge haben mit ihr ebenfalls ein Ende. Zu guter Letzt die Menstruationskappe, die schon 1930 einen ersten Versuch unternahm: Das kelchförmige Zauberstück aus medizinischem Silikon muss nur zwei bis vier Mal täglich eingeführt werden, fängt das Blut gut auf und hält bei sorgsamer Pflege bis zu zehn Jahre. Noch nicht so bekannt, doch ebenfalls sehr wirksam passen Naturschwämmchen sich bestens dem weiblichen Körper an. Neben angenehm weichem Tragekomfort trocknen sie die Schleimhaut nicht aus, lassen sich nach Auswaschen wiederverwenden und reduzieren so den Abfall.

mit annemarie harant und bettina steinbrugger von erdbeerwoche biorama: Was genau hat euch zur Gründung von Erdbeerwoche bewegt? erdbeerwoche: Wir stießen damals mehr zufällig auf die Meldung eines Bio-Tampon-Herstellers, der über die Problematik konventioneller Tampons und Binden aufklärte. Nach unseren Recherchen stellten wir fest, dass es vom Bio-Apfel bis zum Bio-T-Shirt schon für fast alles eine nachhaltige Alternative gab, außer im Bereich der Frauenhygiene. So wurde die Erdbeerwoche geboren. Spielten dabei auch eigene körperliche Probleme eine Rolle? Wir haben beide glücklicherweise bis auf die gängigen monatlichen Probleme wie Bauch- oder Kopfschmerzen keine größeren Leiden, wissen aber um schlimmere Beschwerden wie Pilze oder Hautirritationen, die durch nachhaltige Hygiene gemindert werden können. Musstet ihr bezüglich eures Unternehmens auch schon mal negative Kritik erfahren? Von ungläubigem Augenrollen über verschreckte Blicke bis hin zu vollauf begeisterten Frauen (und sogar Männern!) ist uns in den letzen vier Jahren eigentlich schon so gut wie alles passiert. Die Mehrheit unserer Kundinnen möchte uns jedoch unterstützen und ist

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mittlerweile komplett auf nachhaltige Frauenhygiene umgestiegen. Und das, obwohl es auf dem Markt eher schwierig ist, an derartige Produkte zu kommen? Hier hat sich in den letzten Jahren wirklich viel getan! In unserem Online-Shop gibt es mit mehr als 30 unterschiedlichen Produkten eine große Vielfalt für alle Bedürfnisse – ob Bio-Tampon, kompostierbare Binde oder wiederverwendbare Slipeinlagen, es ist für jede etwas dabei. Auch Apotheken und eine Auswahl an Reformhäusern bieten oft ein gutes Sortiment. Worin genau liegen die Vorteile bei Produkten wie der Menstruationskappe? Die kleinen Becher sind aus Silikon oder medizinischem Kunststoff und daher verträglicher und umweltfreundlicher als Tampons oder Binden. Bei guter Pflege halten sie viele Jahre und sparen neben einem hohen Verbrauch an Einwegprodukten auch noch eine Menge Geld. Euer Tipp für nachhaltigeres Handeln? Die Forderung nach mehr Transparenz bei der Kennzeichnung von Hygieneprodukten. Offensives Nachfragen ist bereits der beste Weg, um nachhaltige Alternativen zu finden.

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Weitere Tipps der Expertinnen von erdbeerwoche im kleinen 1 × 1 der nachhaltigen Monatshygiene:

Die Stoff-Slipeinlage von Lunapads ist aus 100% Bio-Baumwolle und frei von chemischen Zusatz- und Duftstoffen. www.lunapads.de

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• Hygieneartikel nicht in die Toilette, sondern in den Rest- oder sogar Biomüll werfen • Bei Tampons immer die kleinste Größe wählen und darauf achten, dass er nicht länger als sechs Stunden benutzt wird • In der Nacht vom Tampon auf Binden oder Menstruationskappen umsteigen • Auf Gütesiegel achten, das die Verwendung biologischer Baumwolle oder die Herkunft der verwendeten Materialien aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung sichert • Ausschließlich Produkte wählen, die mit Sauerstoff gebleicht und ohne Parfum oder mit sonstigen Duftstoffen versehen sind Mehr Informationen zum Thema Menstruation und Monatshygiene findest du unter www.erdbeerwoche.com oder www.mondtasse.de Der Mooncup ersetzt Binde oder Tampon und eignet sich auch bestens für Allergikerinnen. www.mooncup.co.uk

Die biologischen Tampons von Organyc wurden chlorfrei gebleicht und enthalten keine synthetischen Zusatzstoffe. www.organyc-online.com

Mit dem Divacup aus Silikon werden Umwelt und Geldbeutel gleichermaßen geschont. www.medintim.de

Dank Menstruationskappe von Lunette wird der natürliche Feuchtigkeitshaushalt nicht gestört. www.lunette.com

Der Naturschwamm Levantiner ist sanft zur Haut und kann bei Bedarf auf die richtige Größe zugeschnitten werden. www.kulmine.de

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Unfruchtbare Jahre Zwölf Monate sind seit der letzten spontanen Menstruation vergangen. Jetzt wissen Frauen, dass sie erreicht wurde – die Menopause. Warum aber gibt es diesen Zeitpunkt, und was steckt dahinter?

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on der Geschlechtsreife bis zur Menopause vergehen meist etwas mehr als 30 Jahre, dann haben Frauen ihre Gebärfähigkeit verloren, zumindest ihre natürliche. Heutzutage geht danach das Leben meist noch einige Jahrzehnte weiter. Und diese Tatsache – eine im Vergleich zur Lebenserwartung relativ kurze Fortpflanzungsphase – ist bei Menschen, Kurzflossen-Grindwalen und manchen afrikanischen Elefantenarten einzigartig. Weil der Fortpflanzungserfolg für das Überleben einer Art entscheidend ist, sind bei den anderen Säugetieren

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dagegen die weiblichen Populationsmitglieder bis kurz vor ihrem Lebensende fruchtbar. Im Selektionsprozess hat sich dies als vorteilhaft herausgestellt. Wieso also hat sich das im Lauf der Menschwerdung geändert?

Mütter und GroSSmütter Wissenschaftler haben dazu Hypothesen entwickelt. Eine geht von entwicklungsgeschichtlichen Vorteilen aus, wenn Großmütter ihren Töchtern beim Betreuen der Enkelkinder helfen, statt selbst noch Kinder zu

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Menopause

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Christa Grünberg

bekommen. Diese »Großmutter-Hypothese« wird von einer Studie gestützt, für die britische Forscherinnen Daten über zwei afrikanische Dorfgemeinschaften in Gambia auswerteten, deren Familien 25 Jahre lang bis 1975 beobachtet wurden. Daryl P. Shanley und ihre Kolleginnen von der Newcastle University stellten nach insgesamt 5.500 Lebensgeschichten fest: Großmütter mütterlicherseits hatten in Gambia tatsächlich einen positiven Effekt auf die Überlebensrate ihrer Enkel – jedoch nur im ersten und zweiten Lebensjahr. Ganz zu Beginn war die Anwesenheit der Mutter überlebenswichtig, nach dem zweiten Lebensjahr schwächte sich der Einfluss der Großmütter wieder ab.

Schutzfunktion Eine andere Theorie besagt, dass die Menopause die Frau vor riskanten Spätgeburten schützt. Denn je älter eine Frau ist, wenn sie ein Baby zur Welt bringt, desto größer ist ihr Risiko, dabei zu sterben. Ohne Mutter aber haben kleine Kinder nur eine geringe Chance zu überleben. Vom Standpunkt der Evolution aus betrachtet ist es also ein Vorteil, dieses Risiko zu minimieren. Um diese Hypothese zu testen, rechneten die britischen Forscherinnen um Shanley eine Erhöhung des Menopausenalters bis auf 65 Jahre durch. Demnach ergibt sich der beste Fortpflanzungserfolg, wenn die Menopause zwischen 55 und 60 einsetzt, also zehn Jahre später als in der Realität. Das Fazit der Untersuchungen lautet nun: Nur beide Vorteile gemeinsam sichern den Fortpflanzungserfolg. Für das Überleben eines Kindes bis zum Alter von zwölf Monaten spielt nur die Existenz der Mutter eine Rolle, eine Großmutter ist unwichtig. Zwischen 12 und 24 Monaten steigt die Überlebenschance jedoch dramatisch an, wenn eine Großmutter präsent ist, die keine eigenen Kinder versorgen muss. So bietet eine frühe Menopause auch den zuletzt Geborenen nicht nur eine gesunde Mutter, sondern auch eine fürsorgliche Großmutter, die nicht durch eigene Kinder abgelenkt ist. Natürlich gibt es Kritiker dieser Studien. Sie halten die Überprüfung dieser Hypothesen anhand von empirischen Daten für äußerst schwierig, weil sie einen Prozess der Anpassung über mehrere tausend Generationen beschreibt, heutige Untersuchungen aber nur wenige Generationen umfassen können.

Erkenntnisse Statt einer evolutionären Angepasstheit könnte die Menopause – wie andere Experten vermuten – aber einfach nur eine evolutionäre Einschränkung darstellen, die ab einem bestimmtem Alter zur unüberwindbaren Hürde wird: Der vor der Geburt gebildete Vorrat an rund

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Katharina Hüttler / agentazur.com

500.000 Eizellen ist eben nach spätestens rund 50 Jahren aufgebraucht. Warum auch immer es die unfruchtbare Lebenszeit bei Frauen gibt, sie ist ein ebensolcher hormonbedingter Zyklus wie Pubertät, Menstruation und Schwangerschaft. Dementsprechend sollte man sich über die hormonellen Vorgänge im Körper mit ihren körperlichen und seelischen Folgen früh informieren, etwa in einem Gespräch mit dem Gynäkologen seines Vertrauens. Damit könnten Frauen später in den Vierzigern und Fünfzigern sorgenvolle Momente vermeiden. Uninformiert würden sie dann wahrscheinlich unerklärliche physische und psychische Veränderungen an sich feststellen. Nach der Klarheit über das Warum und das Wie ergibt sich aber dennoch auch die Frage nach dem Wohin. Die Menopause und die davor einsetzenden Wechseljahre sollten als das gesehen werden, was sie sind: Zeiten des Wandels, in denen wir allmählich Fähigkeiten verlieren, die in Lebensphasen zuvor wichtig waren – und neue dazugewinnen.

Zahlen und Fakten zur Menopause Was: aus dem Altgriechischen für Ende (= pausis) der Monats(= men)blutung Wann: Prämenopause (ab 35. / 40. Lebensjahr = LJ); Perimenopause (Klimakterium, ab 40. / 45. LJ, unregelmäßige Zyklen); Menopause (ab letzter Blutung); Postmenopause (ab einem Jahr nach der letzten Blutung); Senium (Greisenalter) Wie: Störung der Hormonbalance. Bereits ab Mitte 30 kann es zu einem zeitlich ungleichen Abfall der Hormone Progesteron und Östrogen kommen. Statistik: 50 % der Frauen (30 % der Männer) leiden unter starken Wechselbeschwerden. Jüngste Forschungsergebnisse: Auch Männer kommen in die Andro(griechisch für Mann)pause oder ins Klimakterium virile.

BUCHTIPPS »Natürliche Hormontherapie«, von Dr. med. Annelie Scheuernstuhl und HP Anne Hild, Verlag Aurum (2014) »Wechseljahre Abschied und Neubeginn – Was Frauen über Menopause und Klimakterium wissen sollten«, von Dr. med. Ursula Meiners und Sabine Hamm, Buchverlag für die Frau (2013)

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Die australische K端nstlerin Casey Jenkins hat sich Wolle in ihre Vagina gesteckt und daraus 28 Tage lang einen Schal gestrickt .

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Menstruation in der Kunst

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Katharina Wiesler

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Casey Jenkins (Courtesy of DVAA), Judy Chicago / Donald Woodman

Bluten visualisiert Die Menstruation ist immer noch ein Tabuthema. Vielleicht kann sie mit Hilfe von visuellen Darstellungen in Film, Kunst und Popkultur entmystifiziert und Alltagsthema werden.

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er gesellschaftliche Umgang mit Regelblut ist komisch, die Präsentation des Themas in Filmen und TV-Serien ist die eines tabuisierten, eines noch immer ein wenig unheimlichen Themas. Dass die Menarche eine Initiation bedeutet, ist oft verfolgbar, ab der ersten Periode setzen viele Popkultur-Geschichten ein, beispielsweise in Filmen wie »Carrie« (Regie: Brian De Palma, 1976), »Valerie And Her Week Of Wonders« (Regie: Jaromil Jires, 1970) oder der filmischen Biografie von »The Runaways« (Regie: Floria Sigismondi, 2010). In den 70er Jahren war die Periode ein neues, meist von feministischen Wissenschaftlerinnen erforschtes Terrain, ihr in Filmen gezeigtes Auftreten prädestinierte die Heldinnen zum Außenseiterinnentum oder zur Marginalisierung, die durchschnittliche Prom-Queen

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sprach eben nicht über ihre Periode, sie hatte sie einfach. Die Wissenschaftlerin Lauren Rosewarne leistete mit ihrem Buch »Periods In Pop Culture: Menstruation In Film And Television«, das 2012 erschien, einen längst notwendigen Beitrag über nicht durch Gewalt herbeigeführtes Blut auf der Kinoleinwand und am TV-Bildschirm. Die Autorin fragt sich darin, ob Alice Coopers Song »Only Women Bleed« (1975) in diesem Sinn bewusst intendiert war oder nicht: Es ist nämlich eine faszinierende, wenn auch lächerlich einfache Realität, dass die Menstruation eines der wenigen Dinge ist, die nur von biologischen Frauen erfahren werden kann. Nicht jede Frau wird schwanger oder stillt ihr Kind, aber die Erfahrung der Menstruation geht über Hautfarbe, Sozialisation, Religion, sexuelle Orientie-

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WILLKOMMEN IN DER WIENER WILDNIS

rung und Eigenentscheidung hinaus, jede Frau hat sie irgendwann im Laufe ihres Lebens. Halten wir es mit Helen (Isabelle Adjani) aus dem Film »Possession« (Regie: Andrzej Zuławski, 1981): »There is nothing in common among women except menstruation.« Frauen haben nichts gemeinsam, außer die Menstruation. Eine archetypische Frauenangelegenheit, das macht sie für feministische, soziale, politische und popkulturelle Forschung interessant. Der Imperativ der Geheimhaltung wirkt bis heute. Dabei sollte die Menstruation ein Alltagsthema sein, sie zieht ihre Spur in alle popkulturellen Bereiche, Musikerinnen wie Ani DiFranco, Tori Amos, Peaches, die Riot Grrls von Heavens To Betsy und interessanterweise auch die Red Hot Chili Peppers haben ihr eigene Songs gewidmet.

Präsent hinter Badezimmertüren Mit der Einführung des Begriffs des Abjekts, das ist alles, was in uns Ekel und Aversion hervorruft, durch Julia Kristeva und ihrem Werk »Pouvoirs de l’horreur. Essai sur l’abjection« (1980) und des Benutzens eines psychoanalytischen Blicks in der Kunsttheorie wird auch das Blut, genau genommen das Menstruationsblut, das in der bildenden und Performance-Kunst Thema ist, als Abjekt gesehen. Frauen wie Shigeko Kubota, Valie Export, Barbara Hammer, Pipilotti Rist, Carolee Schneemann, Leslie Labowitz, Kiki Smith, Judy Chicago und Rineke Dijkstra benutzen Menstruationstopoi. Shigeko Kubota malte 1965 in ihrem »Vagina Painting« hockend

Die Naturwunder warten vor der Haustür. Die Multimedia-Initiative WIENER WILDNIS zeigt urbane Natur, wie sie noch nicht gesehen wurde und lädt zum Entdecken der grünen Metropole Wien ein.

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Raus aus dem Privaten des Badezimmers, rein in die Öffentlichkeit der Popkultur: Judy Chicagos Werk »Red Flag« (Detail).

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Stricken gegen die Tabuisierung: Casey Jenkins während ihrer Performance »Casting Off My Womb«.

über einer weißen Leinwand scheinbar mit ihrem aus ihrer Vagina tropfenden Menstruationsblut. Judy Chicago, die in ihrer Installation »Menstruation Bathroom« (1972) das Badezimmer als Ort des Rückzugs darstellt, bricht das klinische Weiß dieses desodorierten Raumes durch den Abfalleimer des Badezimmers, der bis zum Rand mit gebrauchten Menstruationsartikeln gefüllt ist. Judy Chicago nahm sich des Öfteren des Themas an, so auch in der Foto-Lithographie »Red Flag« (1971), die möglicherweise eine Anlehnung an Jasper Johns »White Flag« (1955) ist: Statt der weißen Flagge der USA auf einer Leinwand sieht man auf Chicagos Bild einen Unterleib und einen rot-weißen Tampon. Mit diesen Künstlerinnen verlässt das Verheimlichte das Geheime des privaten Badezimmers und wird in der Öffentlichkeit einer Kunstgalerie gezeigt. Schamgefühl, soziale Ungleichheit durch biologische Auslegung, aber auch Female Bonding durch geteilte Schmerzen und Erfahrungen werden thematisiert. Nicht nur weibliche Künstlerinnen nahmen sich des Themas Menstruation an, in den 60er Jahren waren es männliche Kollegen wie Nam June Paik, Hermann Nitsch und Günter Brus, die sich mit Menstruationsblut beschäftigten.

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Ein Schal wie ein Zyklus 2013 strickte die australische Künstlerin Casey Jenkins in ihrer Performance »Casting Off My Womb« 28 Tage mit Wolle, die sie in ihrer Vulva zwischenpositionierte. Der weiße Schal, ein Zyklus-Schal, hatte auch blutrote Flecken: eine schöne Marmorierung, ein Muster gemacht aus ihrem Menstruationsblut. Viele Publikumsreaktionen auf ihre Performance und das dazugehörige Youtube-Video waren von Ekel und anderen Abneigung bekundenden Aussagen geprägt, ebenso wurde ihr Effekthascherei und eine Suche nach Aufmerksamkeit unterstellt. Die Künstlerin veröffentlichte daraufhin auf der Website der britischen Zeitung The Guardian eine kleine Verteidigungsschrift für ihre Kunst und das Thema überhaupt: Als Künstlerin sei sie auf die Aufmerksamkeit anderer Menschen angewiesen. biorama stellte ihr vier Fragen zum Thema: biorama: Das Menstruations-Thema ist noch immer ein Tabu. Warum ist (menstruelles) Blut ein von Erniedrigung geprägtes Thema und warum ist es für manche Menschen noch immer etwas Mysteriöses und Heikles?

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casey jenkins: Ja, es ist noch immer tabu – die Angst, die das Thema umgibt, korreliert nicht mit der Realität des physikalischen Prozesses, welcher definitiv wundersam ist. Aber das sind alle anderen Aspekte des menschlichen Körpers und Lebens ebenso. Patriarchale Systeme fürchten die Kraft von Frauen und unterdrücken das mit Verewigung dieser Tabus. Es ist sozial eher angesehen über den Tod zu sprechen als über die Menstruation. Ist es für Sie auch ein Klischee? Es wurde dazu, ja. Für mich ist es eine klare rundheraus, nicht strittige Auffassung: Es ist nichts anstößig an der Menstruation. Die fortwährende Abneigung, die viele äußern, scheint sehr archaisch zu sein. Wann haben Sie das erste Mal am MenstruationsThema gearbeitet? Ich war fasziniert davon, wie Identität und Selbstempfindungsvermögen sich formieren, das ist etwas, was ich oft in meinen Arbeiten erkunde. Gender und Körpertypen spielen eine mächtige Rolle in der Identitätsbildung, sie sind ein immer wiederkehrendes Thema in meiner Arbeit. Ich sprach das Tabu Menstruation und Genitalien, die mit Frauen assoziiert werden, das erste Mal in meinem Blog an, den ich 2008 startete und »Cunt Is Not A Dirty Word« (cuntisnotadirtyword. blogspot.com.au) nannte. Können Sie Ihren speziellen künstlerischen Zugang beschreiben, der archaische Symbole wie Wolle und die Anstrengungen der modernen Welt verknüpft? »Casting Off My Womb« war eine persönliche Meditation über meine eigene Fruchtbarkeit und das Potenzial, das meinem Körper für Generierung innewohnt. Ich testete aus, wie nah meine eigenen Wünsche für die Zukunft mit den gesellschaftlichen Erwartungen an einen Körper wie meinen korrelieren. Ich wählte das Stricken als Arbeitsschritt, weil es einen angenehmen Rhythmus des Erschaffens hat, passend zur kontemplativen Natur des Werks und weil, wie ein menstruierender Körper, es stark mit Frauen assoziiert ist. Oft wird es aber auch verspottet und gering geschätzt in diesem Zusammenhang.

Zeitgenössisches wie Mooncup und Co Heute sind wir bei der postfeministischen Auslegung des Themas angelangt, die Geschlechterdekonstruktion und das Performative des Geschlechts. Fündig wird man vor allem im Netz: Es gibt heute Tampon vs. Mooncup Rap-Battles, Remakes von Gustave Courbets »Origine du Monde«, die angelehnt an das Original eine diesmal blutige Vulva zeigen, es obliegt heute der Queer Community und Popmusikerinnen und Performerinnen wie Peaches oder Amanda Palmer, sich kritisch des Themas anzunehmen. Heute sucht und findet sich der »lässige Umgang mit der Regel«, wie es die Hamburger Autorin Liz Wiedinger nennt, im Internet, wie z.B. auf Vice.com mit einer Modestrecke mit befleckten Höschen und sportiven Blutspuren beim Laufen – die

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Periode scheint noch immer zu provozieren und als Aufhänger zu dienen. Rein praktisch sind Menstruationsbecher heute das Symbol eines freien, feministischen und ungezwungenen Umgangs mit der Periode, nachhaltig und kapitalismuskritisch. Sie sind frei von Ekel, Geheimnistuerei und Scham.

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Billy Corgan

INTERVIEW

Katja Schwemmers

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»Ich liebe Essen!« Billy Corgan (47), einzig verbliebenes Gründungsmitglied der Smashing Pumpkins, versteckt seinen glatt rasierten Kopf anfangs noch unter der Kapuze seines Pullis, als er uns in einem Hotel in Berlin-Mitte gegenübersitzt. Und trotzdem zeigt sich der oftmals als exzentrisch und schwierig beschriebene Sänger in bester Plauderlaune.

biorama: Willkommen in Berlin, Billy. Hast du hier schon was unternommen? billy corgan: Ich war gestern Abend in einem richtig guten veganen Restaurant. Obwohl du ja Fisch isst, richtig? Ja, ich bin Pescetarier. Aber ich habe schon lange keinen Fisch mehr gegessen. Bist du als Fischesser schon mal kritisiert worden von militanten Veganern? Das Wort Fischesser klingt schrecklich! (lacht) Ganz ehrlich: Ich würde es vorziehen, komplett vegan zu leben, aber es ist schwierig, weil ich so viel unterwegs bin. Vielleicht bin ich auch zu alt für diese Umstellung. Vermutlich kümmert mich die Kritik von Veganern auch zu wenig. Wie kam es, dass du dir den Fleischkonsum abgewöhnt hast? Ich bin einfach an dem Punkt gekommen, wo ich kein Fleisch mehr essen konnte. Mir wurde schlecht dabei. Wegen des Geschmacks? Nein, es ging um die Energie, die Fleischessen transportiert. Da war so ein Gefühl in meinem Körper, dass das nicht richtig ist, wie diese Tiere behandelt werden und was auf der Erde vor sich geht. Ich denke, die Übelkeit ist eine Art natürliches Abwehrsystem meines Körpers. Als ich ein Kind war, las ich von Indianern, die jedes Stück der Büffel verwendeten. Sie verehrten den Büffel, weil er ihnen ihr Leben ermöglichte. Nicht nur wegen des Fleisches – aus den Knochen machten

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sie beispielsweise Kinderspielzeug. Der ganze Büffel wurde verwertet und erfüllte fast schon einen sakralen Zweck. Da war eine Beziehung zwischen Mensch und Natur. Aber diese Beziehung ist längst verloren gegangen. Unsere Körper akzeptieren nur noch. Da läuft gehörig etwas falsch. Selbst bist du ja eher mit Steak und Pizza groß geworden? Oh, ja, das stimmt. Irgendwann ging das dann nicht mehr. Ich musste anfangen, mich gesund zu ernähren. Das ist jetzt 15 Jahre her. Womit stimulierst du denn deine Seele? Versteh mich nicht falsch: Ich liebe Essen! An Thanksgiving, dem amerikanischen Feiertag, hat meine Freundin ein Dessert gemacht, das vegan und glutenfrei war. Das war so verdammt gut, es hat mich beglückt. Ist sie denn Veganerin? Nein, sie ist wie ich Pescetarier. Du kennst sie nicht, ich habe aufgehört, Frauen zu daten, die man kennt. (lacht) Es scheint derzeit ein großes Bewusstsein für die Vorzüge der fleischlosen Lebensweise zu geben. Glaubst du, dass die Welt in 100 Jahren nur noch aus Veganer besteht? Nein, das glaube ich nicht. Generell denke ich, dass sich unsere Kultur spalten wird: 75 Prozent der Bevölkerung wird nach dem Motto »billig, billiger, am billigsten« verfahren und alles essen, so lange es schmeckt und bezahlbar ist. Fleisch wird es deshalb vermutlich immer

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Billy Corgan

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Billy Corgan mit seinen beiden Adoptiv-Katzen Sammi und Mr. Thom – cnn-Anchorman Anderson Cooper gefiel das nicht so gut.

auf unseren Speisekarten geben. Es gibt so viele historische Daten, die belegen, dass Menschen schon Tausende von Jahren Tiere gegessen haben und andersrum – das ist das Gesetz des Dschungels. Es ist nichts falsch daran, wenn Leute das essen, was sie essen wollen, so lange es auf ehrenwerte, menschliche Weise zur Verfügung gestellt wird. Ich für mich habe aber beschlossen, dass es nicht richtig ist, für meinen Genuss ein Leben zu nehmen. Deshalb will ich auch noch mit dem Fischessen aufhören. Ich habe übrigens gehört, in Japan arbeiten sie gerade daran, Fleisch im Reagenzglas entstehen zu lassen. Herrje. Zumindest kommen auf die Art keine Tiere zu Schaden. Da wäre ich mir nicht so sicher. Und die Vorstellung, dass dieses Fleisch aus sich selbst heraus wächst, ist gruselig. Nein, so was könnte ich nicht essen. Ich möchte gerne an den Punkt kommen, wo ich nicht für den Tod eines Tieres verantwortlich bin. Aber dann kommt schon der nächste Gedanke: Was tut man den armen Pflanzen an, die nichts weiter tun, als bei Wind und Sonne draußen zu sein? Sollten wir die dann einfach stehen lassen? Dann bleibt nicht mehr viel. Letztendlich muss jeder das tun, was sich für ihn richtig anfühlt! Die Erleuchtung für eine bestimmte Philosophie muss nicht über Nacht kommen. Bei mir geschah

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das auch nicht von heute auf morgen, es vollzog sich in kleinen Schritten: Erst ließ ich die Pizza weg, dann die Limonade, und so ging das immer weiter. Mit der Zeit findest du deine Balance. Wir haben wohl alle schon mal den Fehler einer Crash-Diät gemacht: »Aber jetzt esse ich vernünftig!«, sagt man sich dann. Der Vorsatz hält dann zwei Wochen, dein Körper hatte noch keine Chance, sich umzustellen, und schon isst du wieder wie zuvor und nimmst zu. Taugt nichts. Nein. Ein gesunder Lifestyle hat genauso viel mit einem neuen Bewusstsein zu tun wie damit, wie du bezüglich deiner selbst fühlst. Du selbst solltest dich mitverändern. So lange du die Schritte langsam vollziehst, werden sie von Dauer sein. Macht dich das bewusste Essen zum besseren Menschen? Ich fühle mich in erster Linie besser im Bezug auf mich selbst. Was erstaunlich ist, denn selbst wenn du dich gesund ernährst, isst du heute trotzdem sehr anders als es unsere Großeltern taten. Wenn du heute einen Brokkoli-Kopf isst, nimmst du nur 50 Prozent der Nährstoffe zu dir als wenn du ihn vor 100 Jahren verspeist hättest! Vor 100 Jahren hat ein Mensch also die doppelte Menge Nährstoffe aus dem gleichen Gemüse gezogen. Vielleicht haben wir heute deshalb so oft Heißhunger. Man sollte auf seinen Körper und sich selbst hören. Wenn man auf einer Geburtstagsparty oder im Urlaub Kuchen essen will, ist das auch keine große Sache. Wie gefällt dir eigentlich der Tee, den wir gerade verkosten? Der ist ziemlich schlecht! (lacht) Ich frage, weil du in deiner Heimatstadt Chicago ein Teehaus namens Madame ZuZu’s unterhältst. Da schmeckt der Tee besser! Ich lege sehr viel Wert auf die Beschaffenheit und Nachhaltigkeit der Produkte. Weil ich selbst nicht genug Ahnung davon habe, arbeite ich mit einem Experten zusammen, sozusagen einem Master of Tea. Was ist denn der extravaganteste Tee, den ihr anbietet? Es ist ein Tee mit gereiften Trauben, die Frost abbekommen haben und aus denen dann eine Art Konzentrat gewonnen wird. Das geschieht in einem bestimmten technischen Verfahren. Ist der bezahlbar? Klar, obwohl wir auch recht teuren Tee haben. Aber erschwinglich sind sie alle.

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Zum Schluss müssen wir noch über Katzen reden! Du bist jüngst von dem cnn-Anchorman Anderson Cooper dafür kritisiert worden, dass du mit deinen zwei Katzen auf dem Tiermagazin der Organisation Paws Chicago abgebildet warst. Das würde sich für einen Rockstar nicht gehören, so Anderson. Sammi und Mr. Thom habe ich von jener Tierschutzorganisation adoptiert. Ich sammle auch Gelder für den Tierschutz. Anderson hat mir ja vorgeworfen, dass ich publicity geil wäre. Das ist Zynismus. Mal abgesehen davon, dass Reinheit in der heutigen Welt kaum noch existiert. Selbst wenn ich auch meine neue Platte damit promoten würde, macht es die Sache trotzdem nicht schlechter. Was magst du an Tieren? Sie sind sehr ehrlich! Wenn man ein Tier adoptiert, führt man eine Beziehung mit ihm. Ich habe zwei Hunde und zwei Katzen, und die bringen mich um den Verstand! Jeder von ihnen hat eine andere Persönlichkeit und andere Bedürfnisse. Und ich bin manchmal überfordert, ihnen allen gerecht zu werden. (lacht) Sind Tiere die besseren Menschen? Sie sind auf jeden Fall besser als Nachrichtensprecher im Fernsehen! (lacht)

Smashing Pumpkins »Monuments To An Elegy« (Rough Trade, bereits erschienen) In den 90ern gehörte Corgans in Chicago gegründete Band mit mehr als 30 Millionen verkaufen Alben zu den wichtigsten Vertretern des Alternative Rock und prägte eine ganze Generation. Mit »Monuments To An Elegy« hat das einzig verbliebene Gründungsmitglied in veränderter Bandbesetzung sein neuntes Album veröffentlicht, das wie eine Hommage an die unterschiedlichen Phasen der Smashing Pumpkins anmutet und die gesamte Bandbreite von heftigem Alternative Rock bis hin zu poppiger Electronica abdeckt. Mitreißende Melodiebögen verbinden sich mit harten Gitarrenriffs zu epischen Soundgewittern – darüber thront der unverkennbare Gesang Corgans. Das Werk bildet übrigens den Mittelteil einer 44 Songs umfassenden Trilogie, die 2012 mit dem Album »Oceania« begann und im Frühling mit dem nächsten Album »Day For Night« enden wird.

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Stoffwechsel Daniel und Markus Freitag haben sich mit Taschen aus LKW-Planen einen Namen gemacht. Jetzt treiben sie das Prinzip Kreislaufwirtschaft auf die Spitze: Sie produzieren kompostierbare Kleidung.

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Kollektion von Freitag

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Ellen Köhrer

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n einem Glaskasten im ersten Obergeschoss ihres Firmensitzes in Zürich liegt eine Art Puzzle aus Stofffetzen, überzogen mit Erdkrümeln und Stroh. Es bildet den Umriss einer Hose: Bund und Taschen sind noch gut zu erkennen, der Rest besteht aus Krümeln. Was aussieht wie der Fund von Archäologen, ist die neue Geschäftsidee der Schweizer Taschenhersteller Markus und Daniel Freitag: biologisch abbaubare Bekleidung aus Leinen, Hanf und Modal, eine Faser, die aus Buchenholz gewonnen wird. Die Hosenrelikte haben die Brüder nach vier Monaten wieder aus dem firmeneigenen Kompost ausgegraben und neben den ersten Entwürfen der Kollektion ausgestellt. Damit wollen sie demonstrieren, dass sie das Versprechen vom Beginn der Entwicklung gehalten haben: Kleidung herzustellen, die am Ende ihres Produktlebens nicht Abfall, sondern Kompost ist. Doch der Weg bis dahin war lang. »Fabric« haben die Freitags die Kollektion und ihren selbst entwickelten Stoff getauft. Seit November im Handel: T-Shirts für Damen und Herren, Chinohosen und Latzröcke in gedeckten Farben. Schlichte, robuste Basics für den Alltag. Und nicht nur das Gewebe, auch Futterstoff, Label und Webband verrotten nach dem Gebrauch vollständig. Übrig bleiben bei einer Hose nur die Knöpfe, die aber lassen sich abschrauben und für die nächsten Hosen verwenden – eine Erfindung, die sich die Schweizer patentieren ließen.

Kreativität zum Selbstzweck Zum Gespräch in Zürich erscheinen Markus und Daniel Freitag, 44 und 43 Jahre alt, beide mittelgroß, schmal und schwarzhaarig, in ihren neuen Kleidern: Der bärtige Daniel trägt zum Pulli die hellgrüne Chino, Markus hat das schwarze T-Shirt mit Knopfleiste und eine curryfarbene Chino an. Wie kommt man als Taschenproduzent auf die Idee, Bekleidung herzustellen? »Wir suchten nachhaltige Arbeitskleidung für uns und unser Team und haben einfach nichts gefunden, das unseren Ansprüchen genügte, ähnlich wie damals bei den Taschen«, sagt Daniel Freitag. Als sie Grafik studierten, fanden sie keine passende Tasche, um ihre Entwürfe mit dem Fahrrad durchs verregnete Zürich transportieren zu können. Also nähten sich die beiden einfach selbst eine Tasche – aus einer ausrangierten lkw-Plane, einem gebrauchten Autogurt und einem alten Fahrradschlauch. Das ist 21 Jahre her. Heute hat die Firma 160 Mitarbeiter und produziert in Nähereien in der Schweiz, in Tschechien, Bulgarien, Frankreich, Portugal und Tunesien Taschen sowie Hüllen für Laptops, Tablets, Smartphones, auch Geldbeutel, alles Unikate. Neben den bunten »Fundamentals«-Taschen gibt es die einfarbige, klassi-

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Lukas Wassmann

schere »Reference«-Linie für die Zielgruppe der um die 40-Jährigen. 400.000 Stück verkauft Freitag jährlich in zehn eigenen Shops in Europa und Japan, über mehr als 470 Händler weltweit und im eigenen Online-Store. Umsatzzahlen veröffentlichen sie keine. Eine der ersten Freitag-Taschen wurde in die Design-Kollektion des Museum of Modern Art in New York aufgenommen. In Japan genießen Markus und Daniel Freitag beinahe Popstar-Status und müssen ihren Fans Autogramme geben.

»Cradle to Cradle« zum Anziehen Markus Freitag erklärt sich das auch mit der Unternehmensphilosophie: »Wir denken und handeln in Kreisläufen, das zieht sich durch unser ganzes Leben. Vom Kompost im Garten bis zu unserem Lieblingstransportmittel, dem Velo«, sagt er. »Und manchmal drehen auch wir uns im Kreis.« Beide lachen, denn fünf Jahre hat es gedauert, bis Fabric nach mehreren Testrunden marktreif war. Der Taschenbetrieb lief ja weiter, und der Hang zum Perfektionismus der beiden kostete Zeit. Sie wollten die bekannte »Cradle to Cradle«-Philosophie des Chemikers und Verfahrenstechnikers Michael Braungart möglichst optimal umsetzen: Von der Wiege zur Wiege, so die Übersetzung, bedeutet auch, dass ein Produkt am Ende nicht Abfall ist, sondern zum Beispiel in Form von Kompost in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt wird. »Wir haben mit Braungart vor einigen Jahren zusammengearbeitet«, sagt Markus Freitag. Damals habe er ihren kompletten Taschenbetrieb durchleuchtet und Verbesserungsvorschläge gemacht. Als die Freitags über die kompostierbare Bekleidung nachdachten, merkten sie aber, dass sie als vergleichsweise kleine Firma gar nicht so leicht umsetzen können, was Braungart sie einst lehrte. »Ein Großkonzern kann Druck auf seine Lieferanten ausüben. Für uns ist es schwieriger zu sagen: Du musst jetzt alles umstellen und dann kaufen wir dir ein paar Meter Stoff ab.« Sie ahnten auch, dass sie sich leicht in den komplexen Prozessen der Textilproduktion verirren könnten. Darum stellten sie gleich zu Beginn des Projekts eine Textilingenieurin, eine Designerin und eine Musterschneiderin ein. Gemeinsam definierten sie einen Kriterienkatalog. So kam die Verwendung von Baumwolle nicht infrage – wegen der schlechten Ökobilanz, des hohen Wasserverbrauchs beim Anbau und der langen Transportwege. Die Herstellung des Stoffs und die Produktion der Bekleidung sollten in einem Radius von maximal 2.500 Kilometern um Zürich stattfinden, damit die Fasern möglichst kurze Wege zurücklegen. Und Fabric sollte nicht nur kompostierbar, sondern auch robust sein.

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Die Bastfasern stammen u.a. aus Frankreich und Belgien.

Experiment am Komposthaufen So einfach das zunächst klingt, so problematisch ist es, will man das Prinzip über eine gesamte Lieferkette aufrechterhalten. »Bei den Taschen hatten wir es vergleichsweise leicht, da war das Material ja schon vorhanden«, so Markus Freitag. Für die Fabric-Kollektion wollten die beiden Unternehmer aber ihr eigenes Gewebe herstellen lassen. Doch Anbauer, Produzenten und Webereien zu finden, die ihren Anforderungen genügen, erwies sich als schwierig. Sie fanden schließlich heraus, dass die Flachsfasern Leinen und Hanf in Frankreich, Belgien und Holland angebaut werden. »Als wir die Fasern hatten, ging es um die Mischung des Gewebes: wie viel Hanf, wie viel Leinen oder Modal? Wir mussten die Materialien ja erst kennenlernen und uns an die gewünschte Qualität herantasten. Wie sind etwa die Schrumpfwerte, wenn man sie in die Waschmaschine steckt?« Dass der neue Stoff wie jeder andere auch viele Waschgänge übersteht und nicht im Kleiderschrank auseinanderfällt, war aber klar: Es braucht die Feuchtigkeit und die Wärme eines Komposthaufens sowie die Hilfe seiner Bewohner wie Bakterien, Pilze, Insekten und Würmer, um zum Beispiel eine Hose zu zersetzen.

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Die Stoffe werden in Italien und Portugal gewoben.

Die nächste Herausforderung: »Als wir die FabricFaser entwickelt hatten, kam ein paar Wochen später die Nachricht von der Insolvenz der deutschen Weberei, bei der wir fertigen lassen wollten. Deren Ingenieur hat uns zum Glück noch geholfen, sein Know-how zum nächsten Produzenten zu transferieren.« Bis der gefunden war, mussten sie aber zwölf Webereien anfragen. Auch den geeigneten Nähfaden zu finden, war ein Problem. Normalerweise wird ein Faden aus extrem reißfestem Polyester verwendet. Die Wahl fiel schließlich auf einen Naturfaden aus Lyocell, einer Zellulosefaser aus Buchenholz, robust genug für das feste Gewebe der Hosen. Doch damit war noch nicht Schluss. Die Labels an den Hosen sollten aus Schweizer Leder sein. Als die beiden Brüder einen Gerber besuchten, stellten sie fest, dass die Häute von brasilianischen Kühen stammten und in Polen vorgegerbt wurden. Nur der allerletzte Arbeitsschritt fand in der Schweiz statt. Jetzt sind Infos und Waschanleitungen auf der Innenseite des Hosenbunds aufgedruckt. Und als schließlich die ersten Produktproben eintrafen, waren sie in Plastiktüten verpackt. »Da denkst du, das kann doch wahr nicht sein«, sagt Daniel Freitag. Ihre Lösung in diesem Fall: ein Beutel aus Kartoffelstärke.

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Für die Produktentwicklung und das Design von Fabric …

… haben die Freitags mit Textilexperten zusammengearbeitet.

Gesund schrumpfen Dass die Stücke der Kollektion teurer sind als die manch anderer Marken, verwundert bei dem Aufwand nicht: Ein T- Shirt wird rund 60 Euro kosten, eine Hose gibt es für ungefähr 200 Euro; verkauft werden die ersten Teile in ausgewählten Freitag-Geschäften und bei verschiedenen Händlern in Europa. Andererseits hätten sie nicht mit den üblichen Margen kalkuliert, sagen sie – und lägen also unter den Preisen, die andere Hersteller für so eine Linie verlangen würden. Bei der Präsentation der Kollektion beließen sie es nicht bei dieser Neuerung. Sie stellten zusätzlich eine weitere Idee vor: einen Rucksack, bei dem der neue kompostierbare Stoff mit Elementen aus LKW-Planen kombiniert wird. Bislang ist das noch ein Gedankenspiel. Doch so ein Rucksack könnte nach Gebrauch komplett wiederverwendet werden. Wie schnell das neue Geschäftsfeld ausgebaut wird, hängt auch von der Entwicklung der Taschen ab. Obwohl sie ihre Gewinne stets reinvestiert hätten, wie sie versichern, mussten sie im vergangenen Juli zum ersten Mal sechs Mitarbeiter entlassen. Der teure Standort Schweiz und ein erschwertes Exportge-

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schäft aufgrund des starken Schweizer Franken waren Schuld daran. »Das war neu, nach all den Jahren, in denen es immer nur aufwärts ging. Plötzlich gezwungen zu sein, schlanker zu werden und vor allem zu überlegen, welche Mitarbeiter das trifft, das ist nicht leicht«, sagt Markus Freitag. Dabei hatten sie ohnehin schon vorsichtig gewirtschaftet: recht geringe Margen, keine Ausverkäufe ihrer Taschen bei den Händlern, Zusammenarbeit nur mit Partnern, die nicht auf den schnellen Euro aus sind. Mit dieser Philosophie seien sie insgesamt ganz gut gefahren in den vergangenen 21 Jahren. »So kann man in Zeiten, in denen die Gewinne nicht mehr so satt sind, über die Runden kommen. Dann entwickelt man sich eben nicht so schnell und investiert weniger in Innovationen oder neue Märkte«, sagt Markus Freitag. Zunächst aber gilt ihre ganze Aufmerksamkeit dem neuen Projekt. Und dem eigenen Gemüse. »Ich gehe jetzt in den Garten und mache Kompost für meine Tomaten«, sagt Markus Freitag am Ende des Gesprächs und steht auf. Mit der selbst entwickelten, kompostierbaren Hose zur Gartenarbeit. Das hat schon Stil.

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elternalltag / Ursel Nendzig

Jeder Stubenfliege wird zugestanden, dass sie ihre Eigenheiten hat. Aber bei Kindern tun wir uns da schwer. Vom Versuch zu akzeptieren, dass das Kind eben ist, wie es ist.

illustration Nana Mandl, Katharina Hüttler / agentazur.com

Akzeptierchen

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»Da werde ich jetzt von den Tierbesitzern lernen.«

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ns gegenüber wohnt F. F lieb zu haben ist etwas schwierig. Ihre Familie hat die Hündin aus dem Tierheim befreit, wo sie bestimmt nicht freiwillig war. F ist quasi nicht gesellschaftsfähig. Geht ihr Herrchen mit ihr Gassi, tut er das in der Nacht, weil F alles verbellt, was sich ihr und ihrem Herrchen nähert, Gespräch ist dann also nur über den kläffenden Hund hinweg möglich, also unfen, einfach laut zu sein eben. Die Mama möglich. Die gesamte Nachbarschaft hat mit von E hat sich lange Zeit schwer getan damit. den Jahren gelernt, Fs Herrchen oder FrauEs war ihr unangenehm. Vor allem, weil sie chen nur zu winken, wortlos, denn sobald ständig bescheuerte Ratschläge bekommen man grüßt, »grüßt« F zurück, wobei sie an hat, wie sie »damit« umgehen soll. Es hat Jahder Leine zerrt, die Augen aufreißt und die re gedauert, bis endlich mal jemand gekommen Zähne fletscht. So ist sie eben, die F. ist, der ihr geholfen hat, indem er gesagt hat: So ist er eben, der E. Ein paar Häuser weiter wohnen F und J. F und J sind Hasen und schlafen täglich T ist extrem grantig, wenn er müde ist. Deshalb von 10 bis 14 Uhr, weshalb sie in dieser wache ich wie eine Löwin über seinen Mittagsschlaf. Wenn er zu wenig davon bekommt, ist er Zeit nicht gestört werden möchten. Das sieht jeder ein, und deshalb besuchen sehr grantig. Wenn er zu viel schläft, ist er sehrsehr meine Söhne F und J entweder vor 10 grantig. Alle Ratschläge dazu spielen in der TonUhr oder nach 14 Uhr, wenn sie sie art: »Lass dich nicht von deinem Kind diktieren.« streicheln wollen. So sind sie eben, F Schrecklich schlechtes Gewissen, Gehader mit dem Schicksal, Gejammer, Grant auf das Kind, dass es so und J. seltsam ist. Was ich aber noch nie gesagt habe: So ist er eben, der T. »Damit« ungehen E ist ein lautes Kind. Wenn er sich Da werde ich jetzt von den Tierbesitzern lernen. Die unbändig freut, was er zum Glück stehen nämlich zu den Eigenheiten ihrer Hündchen oft tut, dann tendiert er dazu, zu und Häschen. Während wir immer versuchen, die Kindschreien, herumzutollen, zu hüpchen zu verformen.

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Schneeschuhwandern

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Susanne Posegga

Schnee lesen lernen »Bergvagabundin« Susanne Posegga nimmt uns mit in die wirsche, weiße Welt des winterlichen Dachsteingebirges. Eine Schneeschuhwanderung mit Bildungsauftrag.

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Lichter Hochwald aus Zirben und Lärchen säumt meinen Anstieg. Während dieser langsam von der kargen Schneelandschaft abgelöst wird, stellen sich bald Zweifel ein, ob ich mich noch in Österreich befinde oder in ein unbekanntes Land auf einem fernen Kontinent geraten bin. (aus dem Buch »Dachsteinreich«, Susanne Posegga)

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as Dachstein-Hochplateau gleicht im Winter einer weißen Wüste. Im Sommer schroff und karstig, verwandelt es sich durch Schnee und Wind zu einer einzigartigen Schneedünen-Landschaft und eignet sich daher ideal für einsame Wanderungen durch die winterliche Berglandschaft. Der besondere Reiz liegt an der hochalpinen Landschaft in einer Seehöhe zwischen 1.750 und 2.200 Metern und dem leichten technischen Niveau der Touren. Bedingungen, die man in dieser Form in den nördlichen Kalkalpen nur selten vorfindet. Besonders im Winter wandert man zum Schutz der immer kleiner werdenden Räume für die Wildtiere auf den markierten Winterwegen. Ständige Störungen scheuchen die Tiere bei der sehr eingeschränkten Möglichkeit der Futteraufnahme auf. Bei Birkhühnern und Junggämsen reichen nur wenige Fluchtversuche, um deren Energiehaushalt so stark zu belasten, dass die Tiere, die im Winter am Limit leben, verhungern. Ohne Bergerfahrung und Ortskenntnis alleine ins Gelände? Besser nicht. Die Orientierung bei hereinbrechendem Nebel, Wind oder Schneefall kann auf dem Plateau zur extremen Herausforderung werden. Schachtdolinen, also vertikale Hohlräume, stellen bei niedriger Schneelage eine große Gefahr dar und die Einschätzung der Lawinengefahr auf manchen Routen erfordert Erfahrung. Darum sollte man sich unbedingt einer ausgebildeten Bergwanderführerin oder einem ausgebildeten Bergführer anvertrauen.

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Schritte im Schnee Das Leben in dieser Höhe stellt an Mensch und Tier besondere Herausforderungen, dauert der Sommer hier heroben doch nur drei Monate. Ums Leben und um Überlebensstrategien geht es im Workshop, den Susanne Posegga als Wandertour mit Mehrwert anbietet: Welche Pflanzen und Tiere überleben in dieser Höhe, und welches Wissen benötigt der Wanderer des 21. Jahrhunderts, um den Traum von der winterlichen Berglandschaft nicht zum Alptraum werden zu lassen? Windkolke, Kometenschweife, Gangeln, Triebschneelinsen, Anraum, Wildschnee, Tiefenreif, Schwimmschnee, Bruchharsch, Becherkristalle, Schneemäuler, Sulz und Firn – Schnee ist nicht gleich Schnee!

Termine Mondscheintour mit Übernachtung auf der Gjaid Alm: 7. März Tagestour: 8. März Schneelesen: 14. / 15. März www.bergvagabundin.net

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Schneeschuhwandern

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Tipps rund um’s Dachsteingebiet Geführte Schneeschuhtouren, Kurse und Workshops

Alpine Schutzhütte Gjaid Alm

Susanne Posegga ist geprüfte Bergwanderführerin und Nationalpark-Rangerin. Als »Bergvagabundin« bietet sie Eintagesund Wochenendwanderungen für Einsteiger sowie mehrtägige Schneeschuhtouren von Hütte zu Hütte an. Außerdem hat sie naturkundliche Workshops, Lawinen- und Schneekunde, Fotokurse und Firmenausflüge mit erlebnispädagogischen Elementen im Angebot. www.bergvagabundin.at

Die Gjaid Alm ist ein Refugium inmitten der Naturlandschaft des imposanten Dachsteingebirges. Auf 1.738 m gelegen, ist die Hütte einfach über einen kurzen Fußweg von der dritten Bergstation der Krippensteinseilbahn erreichbar. Neben Doppelzimmern, Mehrbettzimmern und Bettenlagern gibt es auch eine Sauna, einen Seminarraum, zwei Stuben sowie einen großen ausgebauten Dachboden, der sich für Seminare eignet. Die Gjaid Alm ist zum Anziehungspunkt für Naturliebhaber, Bergsportler und Individualisten aus der ganzen Welt geworden. www.gjaid.at

Unesco-Welterberegion Hallstatt Dachstein Salzkammergut Der Dachstein liegt im Salzkammergut in einer der schönsten Natur- und Kulturlandschaften Österreichs. Der gewaltige, teils von Gletschern bedeckte Kalkstock ist Zeugnis einer jahrtausendealten Kulturgeschichte und wurde daher ins Unesco-Welterbe aufgenommen. Kristallklare, türkise Bergseen umgeben von steilen Felswänden, grüne Almen, wilde Bachschluchten und eine bizarre und artenreiche Karstlandschaft formen das Landschaftsbild. Schon seit Kaiserzeiten wird das Salzkammergut zu Erholungszwecken besucht und Sommer wie Winter bieten sich unzählige Freizeitaktivitäten für jung und alt. Noch heute wird im naheliegenden Hallstatt mit seinen uralten Holzhäusern Salz gefördert. www.welterberegion.at

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von wolfgang smejkal

Good Food hauptargument für konventionelle landwirtschaft sind höhere erträge im vergleich zum biolandbau. eine aktuelle meta-studie kommt nun zu einem überraschenden ergebnis: die behauptung ist falsch – das problem liegt an der gerechten verteilung und am zugang zu den gütern.

Zurzeit werden weltweit etwa 0,9 Prozent der Agrarflächen biologisch bewirtschaftet. Eine Erhöhung dieses Anteils ist nur dann wahrscheinlich, wenn sich eine vergleichbare Produktivität und Kosteneffektivität erreichen lässt. Unter bestimmten Bedingungen kann Biolandbau ähnlich produktiv sein wie die konventionelle Landwirtschaft. Die bislang mit Abstand größte Auswertung von Studien zu diesem Thema kommt nämlich zu dem Schluss, dass die Ertragsunterschiede zwischen beiden Systemen stark überschätzt werden. Demnach liegt die Ausbeute bei biologischem Landbau zwar durchschnittlich um rund 19 Prozent niedriger, je nach Anbauverfahren schrumpfe der Unterschied aber auf acht bis neun Prozent, schreiben die Forscher von der University of California in Berkeley im Fachblatt »Proceedings B« der britischen Royal Society. Werden Anbaumethoden wie Fruchtwechsel und der gemischte

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Anbau mehrerer Pflanzenarten konsequent umgesetzt, schrumpft die Lücke zwischen den Systemen auf unter zehn Prozent, da die Pflanzenkombinationen Synergieeffekte bei der Nährstoffversorgung und Abwehr von Schädlingen ergeben. Bei Hülsenfrüchten wie Bohnen, Erbsen oder Linsen waren die Erträge sogar direkt vergleichbar. Besonders stark schwanken die Ergebnisse zum Ertragsvergleich bei Obst und mehrjährigen Pflanzen. Im Schnitt sind es für diese beiden Pflanzenarten nur drei bis elf Prozent weniger, hier können die Erträge des Biolandbaus aber auch über jenen des konventionellen liegen. Die Forscher berücksichtigten 115 Studien mit 1071 direkten Vergleichen für den Anbau von 52 Feldfrüchten in 38 Ländern, eine dreimal größere Datengrundlage als frühere Studien. Im Gegensatz zu anderen Metaanalysen schlossen sie Ergebnisse aus einfacher Subsistenzwirtschaft in Entwicklungsländern aus und verglichen Anbaumethoden mit ähnlich hohem Wissens- und Technologiestandard. Den Autoren zufolge verglichen frühere Studien unterschiedliche Regionen, Anbaufrüchte oder Methoden und gewichteten den Anbau von Getreide übermäßig. Die starken Ertragsunterschiede bei Getreide führen die Wissenschaftler darauf zurück, dass hier die Züchtung seit Jahrzehnten auf Sorten mit hohen Erträgen im konventionellen Anbau abzielt. »Unsere Studie deutet darauf hin, dass angemessene Investitionen in die agrarökologische Forschung zum besseren Management im Bioanbau und zur Züchtung von Sorten für ökologische Anbausysteme die Ertragslücke für manche Feldfrüchte oder Regionen reduzie-

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ren oder gar schließen könnten«, erklärt die Hauptautorin Lauren Ponisio. »Den Anteil der Landwirtschaft zu erhöhen, die nachhaltige, ökologische Anbaumethoden nutzt, ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Wir können nicht weiter Nahrung produzieren, ohne auf Böden, Wasser und Biodiversität zu achten.« Mit Blick auf die Welternährung fügt sie hinzu: »Unser gegenwärtiges Landwirtschaftssystem produziert weitaus mehr Lebensmittel als nötig wären, um alle Menschen zu ernähren. Die Beseitigung des Welthungers erfordert besseren Zugang zu Nahrung und nicht nur Produktionssteigerung.« Gegenwärtig produziere die intensive konventionelle Landwirtschaft zwar große Mengen Lebensmittel, verursache gleichzeitig aber auch enorme ökologische Probleme. Akute Beispiele seien Bodenerosion, Sauerstoffmangel in Gewässern, Einsatz von Pestiziden und schwindende Artenvielfalt. »Um die Kapazität der Erde zur Nahrungsmittelproduktion zu erhalten, müssen wir möglichst bald nachhaltige und stabile Landwirtschaftspraktiken anwenden«, betont Ponisio. Mit den heute vorhandenen weltweiten Ackerflächen könnten bis zu vier Mrd. weitere Menschen ernährt werden. Hierfür müsste lediglich der Anbau von Viehfutter und Biotreibstoffen durch den Anbau menschlicher Nahrungsmittel ersetzt werden. Wenn man dabei bedenkt, dass kaum mehr als die Hälfte der weltweiten Getreideproduktion in unseren Mägen landet, weil der Rest als Futtergetreide in den indirekten Kalorienkreislauf eingeht, ist es eine logische Schlussfolgerung, dass bereits kleine Änderungen der Getreidenutzung die weltweite Nahrungsmittelverfügbarkeit deutlich ver-

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bessern könnten, auch für eine ständig wachsende Erdbevölkerung. Ein wesentlicher Grund für die ungleiche Verteilung besteht darin, dass Lebensmittel als Ware gehandelt werden und somit nur für Geld erhältlich sind. Arme Länder, in denen die meiste Unter- und Mangelernährung herrscht, können nicht genügend Nahrung kaufen, um ihre Bevölkerung zu ernähren. Ein weiteres Problem ist, dass sich arme Länder oft in landwirtschaftlich benachteiligten Klimazonen befinden. Durch den Versuch, unbrauchbaren Flächen einen Ertrag abzuringen, verschlechtert sich deren Zustand häufig noch, es kommt zu Übersalzung und Erosion. Der Biolandbau könnte auch hier helfen, solche ertragsschwache Flächen wiederherzustellen bzw. ihre Erträge zu steigern. Um das Modell des ökologischen Landbaus weltweit umsetzen zu können, sind jedoch einige weitreichende Veränderungen nötig. Eine wesentliche Grundlage sind faire Handelsverträge, die auf Langfristigkeit und Regionalität ausgelegt sind. Nur so können die Bauern ihre Existenz bei Missernten halten und Risiken überschauen. Zudem benötigen die Landwirte Zugang zur Bildung und eine angepasste Infrastruktur und müssen sich auf Rechte berufen können. Weiter wie bisher ist keine Alternative mehr: Die rasche Erhöhung des Anteils der nachhaltigen Landwirtschaft, die auf Agrarökosysteme statt industrieller Einzeltechnologien setzt, ist die Zukunft der Welternährung. »Gut, sauber und fair«, wie Slow-Food-Gründer Carlo Petrini es fordert, sind Lebensmittel eben erst dann, wenn sie aus einer anderen als der industriellen Landwirtschaft stammen.

fotos flickr.com/skoeber – CC BY-NC-SA 2.0

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Bio-Landwirtschaft in Rumänien

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Wo die wilde Natur nach Wertschätzung schmeckt text und bild

Chris Cummins

Ländliche Idylle und harte Arbeit – ein Bauernhof in Costesti.

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In manchen Dörfern Rumäniens fehlt eine ganze Generation. Die Jungen wollen keine Bauern sein und neue Marktkräfte drohen die ökologische Landwirtschaft auszulöschen. Doch: Es geht auch anders.

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it einer Sense zu mähen sieht relativ einfach aus. In Costesti, einem Bergdorf am Rande des dicht bewaldeten Buila-Vanturarita-Nationalpark in Rumänien, mähen die Bäuerinnen und Bauern ihr Heu jedes Jahr für den Winter. Mit langen, rhythmischen Handgriffen schwenken sie ihre Klingen scheinbar mühelos durch die Weiden, die kniehoch mit Wildblumen gesprenkelt sind, süßlich duften und vom Gezirpe der Grillen vibrieren. Eine Idylle? Nicht unbedingt. In unerfahrenen Händen wie meinen ist eine Sense eine schwere und gefährliche Waffe. Meine Versuche, das geschliffene Metall horizontal über den Boden gleiten zu lassen ähnelten eher Abschlagübungen auf dem Golfplatz. Trotz der Anweisungen von Ion Ungareanu, Kleinbauer und mein Gastgeber in Costesti, mache ich kaum Fortschritte und bin bald schweißgebadet. Während sich Ion wie ein Schneepflug durch das Gras ackert, schaffe ich nur eine kleine Stelle um meine Füße. Zudem werden die Klingen schnell stumpf. Alle 20 Minuten müssen wir sie schärfen. Den Schleifstein trägt Ion an einer Schnur um den Hals. Mit einer Sense zu mähen ist alles andere als einfach. Ion war im Morgengrauen aufgestanden. Er und seine Frau hatten bereits ihre vier Schweine und die Hühner gefüttert, drei Kühe gemolken und sie wie jeden Tag zur Weide getrieben. Am Vormittag unterrichtet er in der Volksschule im Ort und nachmittags arbeitet er im Feld oder repariert das Haus. Für jede warme Dusche muss Ion den Heizungskessel mit Holz füllen. Das Gemüse fürs Abendessen kommt aus dem Garten, dazu gibt es oft Maiskolben von seinen Feldern und die Hühner werden selbst geschlachtet. Wenn Ion Zeit hat, geht er in den Wald jagen. Als Kleinbauer kann man in Rumänien gut leben, sagt er – wenn man hart arbeitet.

Gemeinsam Essen und verstehen In Rumänien betreiben rund 30 Prozent der Bevölkerung subsistenzielle Landwirtschaft. Ein großer Verteidiger dieser kleinbäuerlichen Strukturen ist Ökoaktivist Willy Schuster, der einen Biobauernhof in Mosna in Siebenbürgen führt. »Komm, iss mit mir«, sagt er zu mir, als er mit dem abendlichen Melken fertig ist, »dann verstehst du, worum es geht.« Auf einem langen Holztisch im Freien ist selbstgezogenes Gemüse und frisch gebackenes Brot angerichtet. Die Teller sind mit bunten Wiesenblumen geschmückt, sogar die Deko kann man essen. »Ich war immer davon überzeugt, dass

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Bio die Lösung für Rumänien ist, denn es ist kein Zufall, dass wir eine Artenvielfalt aufzuweisen haben, die in Europa einzigartig ist«, sagt Willy. »Als ich 1998 mit der Landwirtschaft begonnen habe, war hier alles noch sehr sauber und es wurden kaum Pestizide verwendet.« Als Mitglied von Eco Ruralis, einer Grassroots-Bewegung von rumänischen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, versucht er die Idee der ökologischen Landwirtschaft weiterzuverbreiten. Willy Schuster ist dabei immer schon gegen den Strom geschwommen. Während er Ende der 90er von der Stadt aufs Land gezogen ist, ziehen jedes Jahr tausende Rumänen in die andere Richtung. Vielen jungen Landbewohnern sind die bäuerlichen Arbeiten zu mühsam und zu wenig lukrativ. Seit dem EU-Beitritt Rumäniens im Jahr 2007 hat die Landflucht noch rasanter zugenommen. Mit der Lockerung der Visabeschränkungen sind viele auf der Suche nach besseren Löhnen nach Spanien und Italien gezogen, um in der Gastronomie oder Bauindustrie zu arbeiten. Dazu kommt zunehmend Druck vom Agrobusiness. Etliche Firmen sind hungrig nach Land. In manchen Dörfern fehlt eine ganze Generation.

Urlaub am Bauernhof wiederbelebt Gabrielle Mindu aus Bukarest versucht, gegen diese Entwicklung anzukämpfen. Sie ist Mitbegründerin des Vereins Village Life, der das traditionelle Landleben mithilfe von sanftem Tourismus wiederbeleben will. Village Life vermittelt Touristen aus der Stadt an Bauern wie Ion Ungareanu. Die Urlauber zahlen ein wenig Geld an die Familie (rund 20 Euro pro Tag) und bekommen dafür Einblicke in den Alltag eines rumänischen Bauerndorfs – reichlich köstliches Essen inklusive. Gabrielle schätzt die selbstständige Lebensweise der Kleinbauern: »Einige nähen sich sogar ihre Kleidung selbst und tischlern ihre eigenen Möbel.« Für viele ist das nicht nur eine Frage der Wirtschaftlichkeit, sondern eine generelle Einstellung. Eine symbiotische Beziehung zur Natur trägt sehr viel zum Wohlbefinden bei, findet Gabrielle. Die Wertschätzung der Touristen aus der Stadt ist für die Kleinbauern sehr wichtig. In ländlichen Gebieten gibt es eine Krise des Selbstvertrauens, sagt die Blogge-

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oben: Maiskolben aus den Feldern von Ion Ungareanu. links: Willy Schuster und seine Frau Lavinia kredenzen hausgemachte Köstlichkeiten. unten: Ion Ungareanu bei der täglichen Arbeit mit einer Sense.

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zum Anfassen: ein schöner Heizkörper rin Ioana Maria aus Sibiu. »Es wäre toll, wenn mehr Leute kämen, um die Landbevölkerung zu ermutigen. Wenn sie wieder Stolz auf ihre Lebensweise und Ressourcen wären, dann würden sie all das beibehalten wollen.« Denn über lange Zeit war die Landbevölkerung eher mit Ablehnung konfrontiert, die viele schließlich selbst übernommen haben. »Sie haben gelernt, dass alles, was sie auf dem Land machen, als schlecht und rückständig betrachtet wird. Wenn sie in die Stadt kommen, um die Schule zu beenden, legen sie also alles ab, was sie mit ihrem Dorfleben verbindet.«

Sie sind schön, formvollendet, geschmackvoll und sie verbreiten wohlig angenehme Wärme von Kopf bis Fuß: Die Heizkörper der neuen Generation sind einfach herrlich zum Anlehnen, Wohlfühlen und Genießen.

Zu klein für Subventionen In diesem Kampf am Rande Europas geht es um die essenzielle Frage, in welchem Europa wir leben wollen. In Brüssel ist unter dem Motto »United in Diversity« zwar viel von Vielfalt die Rede, die meisten rumänischen Kleinbauern fühlen sich aber im Stich gelassen. Neue Marktkräfte drohen die ökologische Landwirtschaft auszulöschen. Willy Schuster hat diese Entwicklung in den letzten zehn Jahren mit Bestürzung beobachtet: »In Rumänien sind jetzt viel mehr Chemikalien im Einsatz und es ist zu befürchten, dass die kleinen Bauern von den großen Konzernen einfach weggefegt werden.« Laut Schuster erhalten 70 Prozent der rumänischen Betriebe keine EU-Subventionen, weil die Höfe zu klein sind, um sich für diese Beihilfen zu qualifizieren. Die industrielle Landwirtschaft dagegen wird reichlich mit EU-Geldern unterstützt. Der Ökoaktivist sieht darin eine Konkurrenzverzerrung, die vielen Kleinbauern ihre Existenz kosten könnte. Dabei ist es verständlich, dass Rumänien dem Entwicklungspfad von Westeuropa folgen will, wo industrielle Landwirtschaft die Norm ist. Zwar werden großflächig Pestizide versprüht, aber in den entlegensten Orten herrscht Wohlstand.

Das Leben genieSSen können Pia Brodstrager ist eine junge Österreicherin, die in einem kleinen rumänischen Dorf namens Viisoara lebt. Sie hat gelernt, wie man Kühe melkt und wie man ohne große Maschinerie Saatgut pflanzt und erntet. Doch sie weiß auch, worüber sich die Dorfbewohner wirklich Gedanken machen. »Der Anmarsch der großen Konzerne bereitet ihnen Sorgen, aber sie wollen auch mehr Luxus und Entwicklung. Es gibt eine Frau in Viisoara, die kein Badezimmer hat. Sie muss sich draußen mit kaltem Wasser waschen. Ich kann die alte Art der Land-

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in Österreich

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Pferdekutscher in Siebenbürgen, unterwegs mit zwei PS: Pferde sind sowohl auf den Straßen und in der kleinstrukturierten Landwirtschaft Rumäniens ein wichtiger Faktor.

wirtschaft genießen, aber wenn ich das harte Leben satt habe, kann ich immer nach Hause gehen, in vergleichsweise luxuriöse Verhältnisse. Die meisten können das nicht.« Dennoch gibt es junge tatkräftige Bäuerinnen, die mit Stolz, aber ohne Nostalgie ein Leben in der Landwirtschaft planen. Sie wollen Alt mit Neu kombinieren und sehen darin keinen Widerspruch. Anca Dalmasso betreibt einen kleinen Bauernhof namens »Casa de pe Deal«. Das Haus haben ihr französischer Mann und sie mit Holzbalken aus dem Stall liebevoll selbst renoviert. Mittels klugem Online-Marketing verkauft sie ihre hausgemachten, regionalen Produkte an die Stadtbewohner. Sie weiß, dass sie in der Stadt mehr verdienen könnte: »Die Versuchung wegzuziehen ist groß. Wir müssen uns jeden Tag dieser Herausforderung stellen. Aber wir wählen unsere Art des Lebens sehr bewusst. Es geht darum, eine Balance zu finden. Man muss das Leben ja genießen können.«

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Der Geschmack der biologischen Lebensmittel ist vielleicht die beste Waffe der Kleinbauern. Die Produkte von Anca sind teurer als industriell hergestellte Lebensmittel, aber es scheint, dass viele Menschen in Rumänien bereit sind, mehr für Essen aus der Region auszugeben. Rumänischer Honig gewinnt Preise. »Die Qualität des Honigs kommt von der Qualität der Blumen«, sagt Anca Dalmasso, »das ist das Geheimnis«. Im Frühling und Sommer sind die Wiesen mit Wildblumen übersät und selbst im Herbst ist alles noch lila und blau. Imker ziehen mit ihren bunten Bienenstöcken wie Nomaden durchs ganze Land. »Wenn wir weiterhin Qualitätsprodukte herstellen möchten, müssen wir unsere biologische Vielfalt erhalten. Und vielleicht können Lebensmittel aus sanfter Landwirtschaft internationale Investitionen anlocken.« Es gehe um Balance, sagt Anca. »Wir wollen nicht gegen etwas kämpfen. Wir fordern nur, dass wir in der Lage sind zu existieren und die Wahl dem Verbraucher überlassen wird.«

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Tierethik

INTERVIEW

Miriam Frühstück

illustration

Katharina Hüttler /  agenzazur.com

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Wir und das Tier Autor Bernhard Kathan über seine und andere Gedanken zu den Themen Tierliebe, Tierschutz und dem verloren gegangenen Verhältnis des Menschen zum Tier.

biorama: Wieso haben Sie das Buch »Wir sehen Tiere an« geschrieben? bernhard kathan: In letzter Zeit sind zahllose Bücher zum Mensch-Tier-Verhältnis erschienen. Die meisten dieser Texte kennen eine einfache Moral. Mir erscheint das Verhältnis von Mensch und Tier komplexer, widersprüchlicher. Dem wollte ich, auch Bezug nehmend auf die Kulturgeschichte, Rechnung tragen. Nicht zuletzt wollte ich, nachdem ich mich so lange mit der Geschichte der Tierliebe, der Tierschutzbewegung auseinandergesetzt habe, diese Beschäftigung zu einem Abschluss bringen. Sie bringen viele gesellschaftliche Entwicklungen – wie mediale Berichterstattung, industrieller Fortschritt, aber auch medizinische Errungenschaften und ökonomische Interessen – in Zusammenhang mit der Tatsache, wie der Mensch das Tier sieht und sich dieser Blick wandelt. Inwieweit hat man im Tierschutz diese Veränderungen berücksichtigt? Tierliebe, wie wir sie heute kennen, wäre undenkbar ohne technologische und gesellschaftliche Veränderungen. Ironischerweise verdankt sie sich nicht zuletzt der Industrialisierung. Die Tierschutzbewegung scheint mir diesbezüglich ziemlich blind. Als Beispiel sei der Kampf gegen die Anbindehaltung genannt. Heute sah ich ein

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Plakat einer Supermarktkette: »Unsere Kühe sind glücklich.« Da habe ich meine Zweifel. Ich habe auch meine Zweifel, wenn behauptet wird, Kühe in Laufställen seien »artgerecht« untergebracht. Dass sich Laufställe so rasch durchgesetzt haben, verdankt sich weniger den Aktivitäten von Tierschützern als ökonomischen Interessen und neuen technologischen Möglichkeiten. Wenn Identität und Autonomie zwei Dinge sind, die uns vom Tier unterscheiden und wir Tiere in einem Fremdsein erleben, was unterscheidet dann das Tier vom Menschen? Ob Tiere so etwas wie Autonomie oder Identität kennen, lasse ich andere beantworten. Mich interessiert der diesbezügliche Diskurs, der nicht zufällig heute auftaucht. Wir erfahren dabei mehr über die Gesellschaft als über das Wesen von Tieren. Und dann reflektiert sich in solchen Diskursen stets das Gegenteil. Diskretzonen in Banken wurden in dem Augenblick eingeführt, als es die ersten Computerprogramme gab, die in der Lage waren, Kundenprofile zu erstellen. Wird behauptet, auch Tiere hätten Identität, dann muss ich auch an Identifikation denken, an Ohrmarken, implantierte Chips, an Kontrolle und Ausbeutung. Das Engagement von Tierschützern für die verpflichtende Tieridentifikation scheint mir im Nachhinein auch ziemlich naiv.

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Wieso wirkt für Sie das Engagement für Tieridentifikation naiv? Tierschützer engagierten sich für die Tieridentifikation in der Hoffnung, entlaufene Tiere ihren Besitzern zurückzugeben oder Besitzer ausfindig zu machen, die ihren Hund ausgesetzt haben. Dass Identifikation auch eine entscheidende Voraussetzung ist, Tiere zu bewirtschaften, letztlich auszubeuten, daran dachten sie nicht. Herdenmanagement wäre ohne Tieridentifikation undenkbar. Hieß es früher »Der Bauer kennt seine Kuh«, so heißt es heute »Der Computer kennt seine Kuh«. Was heutzutage als Natur verstanden wird, sei eigentlich eine Fortsetzung einer Warenwelt – eine Art künstliches Konstrukt. Ein Leben großer Oberfläche bedarf letztlich Unordnung, schreiben Sie. Was würde dies für den Menschen bedeuten? Das Problem, und das gilt auch für den Tierschutz, beginnt mit einer grundlegenden Entfremdung des heutigen Menschen von der Natur. Tierliebe wie Naturschutz sind zutiefst urbane Phänomene. Oft genug haben wir es mit Projektionen zu tun, in der Tiere und Natur sehr Unterschiedliches repräsentieren können. Beschäftigt man sich etwa mit Artenvielfalt und hat man so wie ich die Möglichkeit, über einen langen Zeitraum in einem Gelände Eingriffe zu machen und die Folgen zu beobachten, dann lernt man über kurz oder lang etwas über große Oberflächen oder Unordnung. Für die Artenvielfalt können etwa Naturkatastrophen wie Waldbrände, Murenabgänge oder Überschwemmungen von großer Bedeutung sein, womit ich nur sagen will, dass mir die allgemeinen Naturvorstellungen korrekturbedürftig erscheinen. Inwieweit sollten die Naturvorstellungen korrigiert werden? Eigentlich plädiere ich nur dafür, selbst genauer hinzuschauen, statt sich mit medialen Fertiggerichten in Sachen Tiere und Natur zufrieden zu geben. Ich erinnere mich an Kinder, die sehr viel über Löwen und andere Tiere wussten, aber nicht in der Lage waren, einen Kirschbaum von einem Nussbaum zu unterscheiden. Ich finde jede diesbezüglich konkrete Neugier kostbar. Beschäftigt sich jemand in Wien, man muss nicht Biologie studiert haben, über Jahre mit den Krähen im Umfeld der eigenen Wohnung, dann wird er auch andernorts viele Dinge sehen, die kaum jemand auffallen.

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Sie beschreiben in ihrem Buch unterschiedliche Gedankenspiele, z.B. wie es wäre, wenn sich die von Ihnen teils nacherzählten Beschreibungen der Zukunftsromane erfüllen würden. Was würde beispielsweise die Möglichkeit von synthetischem Essen für den Menschen, aber auch für das Tier bedeuten? Zukunftsromane reflektieren stets nur die Zeit, in der sie geschrieben werden. Andererseits finde ich Gedankenspiele lohnend. Was synthetisches Essen betrifft, etwa in Nährlösungen produziertes Fleisch, so vermute ich, dass dies zu einer noch größeren Entfremdung von der Natur beitragen wird und die Essenden noch mehr auseinanderrücken werden. All das zeichnet sich längst ab. Man denke an aus pflanzlichen Produkten hergestellten Käse. »Artgerecht scheint nur die Freiheit« schreiben Sie und kritisieren damit doch ein falsches Verständnis von der Freiheit der Tiere. Was ist die Freiheit des Tieres? Ein Begriff wie »Freiheit« lässt sich nicht auf Tiere anwenden. Sofern Tiere nicht durch Zäune, Autobahnen oder andere Barrieren daran gehindert werden, können sie sich frei bewegen, frei können sie aber nicht sein. Wieso meinen Sie, dass Tiere nicht frei sein können? Frei kann nur sein, wer in der Lage ist, etwas anderes zu antizipieren. Lernt eine Ziege etwa einen Elektrozaun zu missachten, um auf ein Nachbargrundstück zu kommen, auf dem das Futterangebot größer ist, so ändert sich letztlich nichts. Die Nähe der Nutztiere – die früher auch einmal Haustiere geheißen haben – hat sich aufgelöst. Umso näher ist dem Menschen nun das von ihm gewählte Haustier, das wie ein Familienmitglied aufgenommen wird. Kann hier mittlerweile von einem unnatürlichen Verhältnis gesprochen werden bzw. was wäre das natürliche Mensch-Haustier-Verhältnis? Es gibt kein »natürliches« Mensch-Tier-Verhältnis, bestenfalls kann man von einem Verhältnis sprechen, welches dem Wesen eines Tieres möglichst gerecht wird. Das wird bei Haustieren manchmal der Fall sein. Ich habe mich schon lange gegen Haustiere entschieden. Als Habitat wird meine Wohnung dem Wesen einer Katze nicht gerecht.

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Sie scheinen den Tierschutz zu begrüßen, kritisieren jedoch dessen teils Formlosigkeit, teils Konzentration auf einzelne Tierschicksale. Was sollte sich am Tierschutz ändern? Ich teile gewisse Anliegen der Tierschutzbewegung. Als Tierschützer verstehe ich mich aber nicht. Die Tierschutzbewegung ist für mich ein zutiefst sentimentales Projekt. Mir ist das Denunziatorische zuwider, welches sich wie ein roter Faden durch ihre Geschichte zieht. Mir ist die Sprache oft zuwider. Eine Formulierung wie »Tier-KZ« ist für mich unerträglich. Ich habe meine Mühe mit Schmerzbehauptungen, die im Widerspruch zu den Erkenntnissen der Historischen Anthropologie stehen. Ich kann nichts mit einem inclusiven Humanismus anfangen. Tierliebe und Ausbeutung von Tieren sind für mich nur Kehrseiten ein- und derselben Medaille. Wenn ich allein an die vielen Geschichten denke, in denen Tierschützer, zweifellos gut gemeint, zu einer noch effizienteren Ausbeutung von Tieren beigetragen haben, dann kann ich nur sagen, es bräuchte andere Schwerpunktsetzungen. Letztlich muss man sich mit Ökonomie beschäftigen.

Bernhard Kathan, geb. 1953, ist Schriftsteller, Kulturhistoriker und Künstler. Sein Buch »Wir sehen Tiere an. Grundkurs für Tierschützer und solche, die es werden wollen« ist 2014 im Limbus Verlag erschienen.

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Raw im Winter

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Jahreszeiten-Küche im Roh-Format Für Michaela Russmann ist Rohkost mehr Genuss als Verzicht. Für ihr neues Kochbuch hat sie Rezepte für jede Saison komponiert und in der jeweiligen Jahreszeit abgelichtet.

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Rohkost in Reykjavik Inspirieren lassen hat sich Michaela unter anderem von ihren Reisen im skandinavischen Raum, wo die Rohkostküche trotz eher niedriger Temperaturen besonders stark ausgeprägt ist. Dieses Jahr geht es für sie aber nach Reykjavik, wo die ausgezeichnete Rohkostköchin Solla Eiriks ihr Restaurant Glo hat. Von Rezepttiteln wie »Orientalischer Gemüsereis mit Mandeln« oder »Bandnudeln an würziger Oliven-Tomatensauce« darf man sich nicht täuschen lassen, denn Reis, Pasta oder Kartoffeln sucht man in einem Rohkost-Kochbuch freilich vergebens. Als Grundlage dienen stattdessen Nüsse und Trockenfrüchte oder Gemüsenudeln per Sparschäler, die mit Kräutern und Gewürzen, guten Ölen und Essigen verfeinert werden. Zu den Rezepten gibt’s praktische Tipps und Rohgenusskunde über Nährstoffe, Ursprung und Anbau der Zutaten. Für Eltern von Grünzeugskeptikern sind erprobte Gerichte mit einem »Garantiert kindertauglich«-Stempel gekennzeichnet. Dazwischen dürfen die Leser einen Blick hinter die Kulissen werfen. Während bei vielen Lebensmittelfotos mit Farbe und Plastilin getrickst würde und das Endresultat gar nicht mehr essbar sei, haben Michaela und ihr Mann Jochen, der für das Buch hinter der Kamera stand, alles aufgegessen. »Das Essen wegzuwerfen wäre verschwenderisch gewesen, außerdem möchte ich den Lesern auf den Bildern zeigen, wie das fertige Gericht wirklich aussehen wird«, erklärt die selbstgelernte Foodstylistin. Auch die Kulisse – ein alter Bauernhof – wurde von den beiden selbst umgebaut. »Wir haben die Nachhaltigkeit von A bis Z durchgezogen, weil’s cool ist!«.

text Sarah Krobath bild Jochen Russmann

enig vegan, wenig roh und generell wenig Gemüse«, beschreibt Michaela Russmann die klassische österreichische Küche, obwohl ihr die Rohkost-Pionierin auch »nette Gemüsegerichte« wie den Altwiener Suppentopf zugesteht – ohne Rindfleisch und mit etwas Gemüsigem statt den Nudeln, versteht sich. In ihrer Bio-Werkstatt in der Wiener Innenstadt bringt die 35-Jährige täglich veganes Mittagessen mit biologischen Zutaten aus dem angeschlossenen Bioladen auf den Tisch. Privat ernährt sich die studierte Soziologin seit zehn Jahren vegan und das zu 80 Prozent mit Rohkost. Das Thema liegt bei ihr in der Familie – ihr Vater, ein Leistungssportler, hat bereits vor 19 Jahren damit begonnen. Neben dem Bioladen und veganen Bistro vermittelt Michaela den Rohgenuss auch in Workshops, Seminaren und Coachings. »Ich hab so viele Rezepte in meinem Kopf, es wurlt richtig«, schmunzelt sie, »deshalb gibt es auch jedes Jahr ein neues Kochbuch.« Mit Jahresanfang ist jetzt Kochbuch Nummer neun »Rohgenuss – Die vier Jahreszeiten« erschienen, in dem sie über 100 Rezepte mit wenigen und überwiegend heimischen Zutaten vorstellt. Auf 165 Seiten wird saisonale roh-vegane Küche frisch, unkompliziert und vollkommen undogmatisch präsentiert. »Mir ist wichtig, dass man ganz entspannt an das Thema rangeht und den Rohkostanteil, der nun einmal gesund ist, in der eigenen Ernährung erhöht – ob auf 40, 60 oder 80 Prozent, eben so, wie es einem guttut«, betont die Autorin und schlägt vor, das »Pseudoschüsselchen Salat zum Schnitzel« etwa durch rohen Spinat zu heißen Kartoffeln zu ersetzen. Während einen in den Kapiteln Frühling und Sommer farbenfrohe Rezepte mit Saisonlieblingen wie Zucchini (Zucchini-Lasagne mit MinzBéchamel) und Erdbeeren (Erdbeer-Stracciatellacreme) erwarten, zeigen die Herbst- und Winter-Kreationen, dass es sich auch in der kalten Jahreszeit genussvoll roh speisen lässt.

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64 Was heiSSt Rohkosternährung? <42°C: die Temperaturgrenze bei roher Verarbeitung. Darüber setzen Vorgänge ein, die ein Lebensmittel verändern, wesentliche Inhaltsstoffe gehen verloren. Darunter bleiben natürliche Bestandteile und insbesondere Vitamine erhalten. Leichte Kost: Rohkost belastet den Organismus weniger, Völlegefühl oder Müdigkeit nach dem Essen bleiben aus. Häufig werden ballaststoffreiche rohe und vegane Ernährung kombiniert. Umweltfreundlich: wenig benötigte Energie, geringer Abfall und die Bevorzugung lokaler und biologischer Lebensmittel machen Rohkost zu einer umweltfreundlichen Alternative.

biorama: Im Sommer sehnen wir uns nach knackigem Salat und frischem Obst. Wie wird einem aber im Winter warm, wenn die Küche kalt bleibt? michaela russmann: Es wird dir warm mit Gewürzen wie Chili und Ingwer, mit der ganzen Palette der Ayurvedischen Küche. Man darf auch nicht vergessen: Rohkost bedeutet bis 42 Grad. Ich kann mir mein püriertes Rohkost-Süppchen also auch warm machen, wenn ich möchte. Die Gerichte sind ohnehin auf Zimmertemperatur und nicht richtig kalt. Ich persönlich esse im Winter gerne Kartoffeln, Suppen und Ofengemüse und ergänze diese dann mit Rohkost. Dein Kochbuch trägt die vier Jahreszeiten bereits im Titel. In Kalifornien tut man sich leicht, 365 Tage roh und genussvoll zu speisen. Wie klappt das hierzulande? Wir haben genügend Lagerware wie Rote Rüben, Äpfel, Birnen und Walnüsse. Den ganzen Winter wäre mir das und z.B. Vogerlsalat und Staudensellerie aber auch zu wenig. In meinem Kochbuch ist die Hauptzutat meistens eine saisonale, die ich in hierzulande bekomme. Ich hab aber auch Orangen mit drinnen, tiefgekühlte Beeren vom Sommer und einmal eine Ananas oder Mango. Ich hab versucht, die Exoten wegzulassen, aber komplett darauf zu verzichten wäre auch nicht alltagstauglich. Die Globalisierung hat zugeschlagen und ein paar Vorteile haben wir ja davon. Sich ein paar Gustostücke reinzuholen, ist auf jeden Fall in Ordnung. Im Kochbuch gibt es eine eigene »Kindgerecht«Auszeichnung für Rezepte. Würdest du Rohkost als familientauglich bezeichnen? Durch meinen eigenen Sohn und die vielen Kinder, die zu uns auf Besuch kommen, kenne ich mich da gut aus. Irgendwann weißt du, was ihnen schmeckt. Und

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Rohkost ist absolut kindertauglich. Zunächst einmal ist sie bunt, was Kinder lieben. Außerdem können sie beim Zubereiten und Schnippeln mitmachen, was für die Familie nett ist. Wenn das Kind mitmacht, will es das Gericht auch essen, weil es weiß, was drinnen ist und vorher schon gekostet hat. Man kann auch Dinge von der Optik her nachbauen. Besonders gerne haben Kinder z.B. die süße Form einer Pizza aus Obst. Muss man bei Rohkost automatisch noch mehr auf die (Bio-)Qualität der Zutaten achten, da Keime und Pestizide ja nicht durchs Kochen abgetötet werden? Ich ernähre mich ausschließlich mit biologischer Ware und empfehle das auch – zudem inzwischen jeder Diskonter Bio führt. Du bekommst Bio-Äpfel und BioRote Rüben etc. ohne großen finanziellen Mehraufwand. Bei der Bio-Ananas schaut das wieder anders aus, genau deshalb verlassen wir uns in den Rezepten eben nicht auf diese teuren Exoten, sondern arbeiten mit Zutaten, die relativ günstig und auch am Bauernmarkt erhältlich sind – ob nun biozertifiziert oder nicht. Welche Gerichte legst du Einsteigern für ihre ersten Rohkost-Erfahrungen in der aktuellen Saison ans Herz? Etwas, das man vom Geschmack her schon kennt: Chinakohl und Feldsalat haben gerade Saison. Da kann man dann beim Dressing variieren und z.B. eines mit Nüssen oder Beeren machen. Oder roher Rosenkohl ganz fein geschnitten mit einem Orange-Ingwer-Dressing. Das ist nicht nur erfrischend und wärmend, sondern macht auch wahnsinnig satt. Die Abwechslung und die Farbe machen’s aus – und der Mut zum Ausprobieren. »Rohgenuss – Die vier Jahreszeiten« von Michaela Russmann ist im Verlag Russmann & Sohn erschienen.

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glasgeflüster / Sarah Krobath und Jürgen Schmücking

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Wein, Weib und Abgang

illustration Nana Mandl, Katharina Hüttler / agentazur.com

Hier nennen wir Bio-Weine beim Namen.

sarah: Farben hören, Musik sehen, Düfte spüren – die Synästhesie, sprich die Koppelung von Sinneswahrnehmungen, macht’s möglich. Ich versuche mich diesmal als Möchtegern-Synästhetikerin und möchte bewusst den Namen Julia aus Jürgens gleichnamiger Rotweinempfehlung herausriechen und -schmecken. Und das als Nicht-Montessori-Kind, das bis heute seinen Namen nicht tanzen kann. Das Licht der Weinwelt hat Julia im Hause Höpler in Breitenbrunn erblickt, wo der Blaufränkisch im Edelstahltank vergoren und ausgebaut wurde. Die Bio-Trauben dafür stammen aber aus den Weingärten des langjährigen Bioweinbauern Rainer Kiss im gut 20 Kilometer entfernten Halbturn am Ostufer des Neusiedlersees. Von dem verheißungsvollen rubinroten Funkeln eingeladen, lässt man sich von Julia gerne an der Hand und zum Schwarzbeerbrocken (mit)nehmen. Dort erwartet einen ein dunkles Beerenmeer, wie es im Sommer gut gehütete versteckte Waldlichtungen bereithalten. Ein zugänglicher, saftiger Wein, mit dem man ab dem ersten Schluck schnell Freundschaft schließt. Wie man Julia wohl tanzen würde? Keine Ahnung, aber am besten barfuß.

Woraus: dem Bordeaux-Kelch Wozu: gemütlich eine Pizza bestellen und »Grizzly Bear« von Angus & Julia Stone auflegen Mit wem: der liebsten Julia aus dem Freundeskreis

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jürgen: Die Flüssigkeit rinnt ins Glas wie tiefdunkles Öl. Schwarz wie die Nacht, an den Rändern vielleicht eine Idee von Violett. Das ist der zweite Moment, in dem Josephine überrascht. Zuerst lächelt sie nur verschmitzt und wissend vom Etikett. Eine wunderschöne Frau. Geheimnisvolle Genießerin und Renaissance-Mensch. Am Gut Oggau von Stephanie Eselböck und Eduard Tscheppe ist sie der Neuzugang. Aus dem Nichts aufgetaucht, aber gekommen, um zu bleiben. Am Bild wirkt sie wild, entschlossen und sinnlich. Und der Wein selbst unterstreicht das Ganze noch. Da sind auf der einen Seite kraftvolle Eleganz und die morbide Süße von Hollerkoch und Bitterschokolade. Auf der anderen Seite verwirren wild-animalische Noten die Sinne. Der Wein ist eine Grenzgängerin. Der rustikale Grundton lässt vermuten, dass mit dem Wein nicht viel gemacht wurde. Kein Schwefel beim Ausbau, keine Konzentration, keine Schönung, gar nichts. Nachdem es ein Demeter-Wein ist, sind sogar die Hefen wild. Jedenfalls ist sie eine opulente Begleiterin und erste Wahl, wenn es um Wein zu deftig-würzigen Wildgerichten geht. Steinbock-Ragout. So was in der Art. Woraus: idealerweise aus dem Bordeaux-Glas. Lässt sich aber auch im kleineren Glas nicht einsperren. Wozu: zu Boccaccios »Decamerone«. Oder zum Steinbock. Mit wem: home alone. Oder – wenn die Flasche groß genug ist – mit den besten Freunden.

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Geschichten aus der Bio-Welt Peter Laufer liefert mit seinem Buch einen Reisebericht durch die Welt der Bio-Lebensmittel. Ein exklusiver Vorabdruck der deutschen Übersetzung von »Bio? Die Wahrheit über unser Essen«.

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eter Laufers Buch ist wichtig. Es kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, und es bietet mehr, als der Titel vermuten ließe. Der Originaltitel lautet »Organic: A Journalist’s Quest to Discover the Truth Behind Food Labelling«. Das wörtlich zu übersetzen wäre – zugegeben – ein wenig sperrig. Trotzdem. Der Titel führt den Leser ganz zart in eine andere Richtung. Zum Einen steht da organic ohne Fragezeichen. Der Beginn des deutschen Titels lautet »Bio?« Und stellt damit eine Produktionsweise gleich einmal grundsätzlich in Frage. Hier scheint der Erfolg von Clemens Arvay und seinem Bio-Aufdecker-Büchlein zu locken. Der zweite Unterschied ist viel weniger subtil. Im Original: »A Journalist’s Quest to Discover the Truth ...«; zu deutsch: »Die ganze Wahrheit über ...«. Dabei geht es dem Autor gar nicht um reißerisches Aufdecken. Der Inhalt des Buches straft den Titel Lügen, die Lektüre ist erhellend, unterhaltend und wirft Fragen auf. Es ist das Werk eines Journalisten, der es versteht, Geschichten zu erzählen. Geschichten, die berühren und wenig verstören.

Von Oregon um die Welt und wieder zurück Peter Laufer ist Journalist, und der Beginn seiner Reise war ein irritierender Blick auf das Etikett von BioNüssen (in einem Supermarkt in Oregon). Dass sie aus Kasachstan kamen, war für ihn ebenso wenig nach-

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vollziehbar wie die Bohnen aus Bolivien. Die Neugier war geweckt, die Fragen waren da. Laufer näherte sich dem Thema wie ein Reporter der alten Schule. Mit der Suche nach Geschichten. Er fand diese Geschichten auf der ganzen Welt. In Österreich, wo er mit den Schlüsselspielern der Biolandwirtschaft sprach. Aber auch in den Kapitel Acht Olivenhainen Tunesiens, in Italien und auch in Russland. Am Ende ist er wieder in Oregon und ruft sich – mit neuer Perspektive – die Bohnen »Selbstverständlich.« und Nüsse von fernenAber Feld-es gibt Grenzen. »Man kann keine österreichischen Bananen kaufen. ern in Erinnerung: »Der bolivianische Bauer wie auchAber wenn es das Produkt aus Österreich gibt,Walnussbauer dann kaufe ich österreichische Produkt.« der unbekannte kasachische istdas entweder »Unddas wenn Klimawandel weiter voranschreitet«, scherze ich, ein Held oder ein Schurke. Doch kannder ich erst beurteilen, wenn wir uns von Angesicht zu Angesicht gegen-auch österreichische Bananen kaufen.« »dann können Sie irgendwann überstehen und die Ware analysiert wurde. ist Lachen. Dafür ernte ichVielleicht ein höfliches der Bauer auch weder Held noch Schurke, ohne Bevor wir unssondern verabschieden, sagt Posch, die ökologische Landwirtsein Wissen Mitverschwörer und ahnt nicht, dass seischaft sei wichtig für zukünftige Generationen, und er klagt über die ne konventionellen Bohnen in El Norte als Bio-Bohnen Einführung von Pestizid- und Herbizid-resistenten GVOs. Gentechnisch verkauft werden.« veränderte sind in der österreichischen Landwirtschaft verDer Bio-Markt ist ein riesiger, undOrganismen er wächst weiter. boten durch ein Gesetz, das die EU-Genehmigung derartiger Pflanzen Schnell. Wo derartige Dynamiken herrschen, ist auch einschränkt. kriminelle Energie nicht weit. Darauf legt Laufer seinen »Immer noch mehr Gift«, sichLaufer Posch.erzählt »Undindieses Finger, erzählt aber, dass es auch anders geht. Viele Fra-sorgtPeter seinem Gift Buch steckt die abenteuerliche unsereswir Essens. gen bleiben offen. Und das ist gut nicht nurso. im Boden, sondern in derGeschichte Pflanze. Wenn die Pflanze essen,

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dann essen wir auch das Gift. Das kann nicht gesund sein. Wir müssen versuchen, ohne Gift auszukommen.«

DER WiTZ MiT DEN Bio-PRoDUKTEN AUS KASACHSTAN UND BoliviEN

Werner Lampert nennt sich selbst den »Bio-Pionier Österreichs«, und er spielt die Rolle überzeugend. Sein graumelierter Bart und sein volles, leicht ergrautes Haar zusammen mit der Drahtgestellbrille und seinem typischen Dreireiher, der aussieht wie von der Wende zum 20. Jahrhundert, ist er leicht zu erkennen, vor allem weil er in witzigen TV-Werbespots für die Bio-Produktlinie Zurück zum Ursprung der Supermarktkette Hofer auftritt. Einer dieser Spots spielt in einer Bäckerei, wo Lampert Brot knetet, sich aber so dumm dabei anstellt, dass der Teig an seinen Händen kleben bleibt. Der Sprecher verkündet, dass das Bio-Brot von Hofer »perfektes Handwerk« und viel Zeit braucht. In der nächsten Szene liest er, solange er und der Bäcker darauf warten, dass der Brotteig aufgeht. Am Ende des Werbespots blickt Lampert zufrieden in die Kamera und sagt: »So weit muss Bio gehen« – was mich an den Zigaretten-Slogan »Ich laufe meilenweit für eine Camel« erinnert. Lampert entwickelte die Ja! Natürlich-Marke für Billa. Durch Lamperts 116

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Buch-neuerscheinung

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Die Großväter der Öko-Bewegung in Europa

Marketing-Talent haben die österreichischen Supermärkte den Wert von Bio-Produkten für ihr Image und ihre Bankkonten schon früh erkannt. Ich traf mich mit dem österreichischen Bio-Pionier in seinem Büro in der noblen Wiener Altstadt, ganz in der Nähe des Stephansdoms. Das Innere des Aufzugs, mit dem ich zu Lamperts Stockwerk fahre, passt zu seinem Anzug. Es ist ein mit dunklem Holz verkleideter Paternoster, ein langsam fahrender Aufzug mit Kabinen ohne Türen, bei dem man während der Fahrt auf- oder abspringt. In meinen Augen verleiht der Paternoster der Bio-Bewegung zusätzliche Romantik – Zurück zum Ursprung: Zurück in die gute alte Zeit vor den großen Landwirtschaftskonzernen, vor DDT und Tomaten, die so hart sind wie ein Baseball. Ich erzähle Lampert die Geschichte meiner Mission. Er lacht. »Ich würde niemals ein Produkt aus Kasachstan oder Bolivien kaufen«, erklärt er mit einer Selbstgefälligkeit, die gut zu seiner formellen Bekleidung passt. Lampert stellt klar, dass er als Bio ausgezeichnete Produkte aus Ländern, die für Korruption bekannt sind, nicht vertrauenswürdig findet – selbst wenn sich die Landwirte selbst an die höchsten internationalen Standards für die Produktion von Bio-Pflanzen halten. »Die eigentliche Umstellung des Ackerbaus auf ökologischen Landbau ist ziemlich einfach«, erklärt er. »Aber die Produkte werden verarbeitet, verpackt und gereinigt. Auch die Menschen, die diese Produkte säubern, verarbeiten und verpacken müssen richtig arbeiten. Das ist ein großes Risiko. Und dann ist da noch der Transport. Es gibt so viele Risiken bei diesem Prozess.« Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück und denkt darüber nach, wie wahrscheinlich es ist, dass meine schwarzen Bohnen und Walnüsse als Bioware durchgehen. »Ich will den Bauern in Kasachstan und Bolivien gar nichts unterstellen, aber unterwegs gibt es einfach zu viele Risiken.« Dann nähert er sich mit seinen Bedenken wieder heimischen Gefilden. »Dieselben Probleme gibt es bei Produkten aus Italien, Rumänien und Bulgarien.« Er nennt als Beispiel einen Fall, der sich ein paar Jahre vor unserem Treffen ereignete, bei dem 5000 Tonnen konventionelle Lebensmittel aus Rumänien in Italien ein Bio-Zertifikat bekamen und nach England, Deutschland, Österreich und in die Schweiz exportiert wurden, um dort als Bio-Lebensmittel verkauft zu werden. »Da wird weißgewaschen«, meine ich. 117

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Kapitel Acht

»Da bin ich ganz Ihrer Meinung: Es ist sehr schwierig, ordentliche Produkte aus korrupten Ländern zu bekommen – vor allem Bioprodukte. Es ist sehr, sehr schwer. Ich vertraue diesen Produkten nicht. Aber das eigentliche Problem«, doziert er, »liegt woanders.« Lampert sieht die Verbraucher in der Verantwortung, die alles zu jeder Zeit haben wollen. Wenn Brokkoli in Oregon keine Saison hat, dann wird er eben aus Mexiko herangekarrt. »Das ist ein grundlegender Denkfehler«, meint er. »Zuverlässiges ökologisches Arbeiten ist nur regional möglich. Das geht nur mit regionalem Anbau – nur dort kann man Vertrauen aufbauen, und Vertrauen entsteht durch Beziehungen. Sie sind ein Bauer und ich ein Verbraucher. Ich sehe Ihnen in die Augen. Ich komme Sie besuchen. Ich sehe Ihre fünf Kinder. Sie sehen, was ich brauche – und wir können miteinander arbeiten.« Natürlich ist diese idyllische persönliche Beziehung nicht für jeden machbar. Die meisten von uns haben ganz einfach nicht die Zeit und nicht die Ressourcen, um die Produzenten all unserer Lebensmittel in unseren Schränken und Kühlschränken kennenzulernen. Wir können nicht jedem Bauern die Hand geben und müssen uns daher darauf verlassen, dass ein vertrauenswürdiger Mittelsmann für uns den wichtigen Job des Mundschenks übernimmt, wie bei den Königen im Mittelalter.

Bio-vERMARKTUNG FüR DiE MASSEN

Im Stadtgebiet von Wien leben vier Millionen Menschen«, erzählt Lampert über Wien, »und die müssen jeden Tag essen. Sie können nicht aufs Land rausfahren und Beziehungen zu den Bauern aufbauen.« Und dann macht er Werbung für Zurück zum Ursprung. »Für diese Menschen haben wir ein System der Transparenz entwickelt.« Ich frage, was Transparenz im komplexen Geschäft der Lebensmittelversorgung für die Massen bedeutet. »Vor allem muss die Anonymität der Produktherkunft beendet werden. Hinter Anonymität verbirgt sich nie etwas Gutes – niemals. Transparenz bedeutet, dass der Verbraucher die Möglichkeit haben muss, ein Produkt über alle Transportwege, alle Verarbeitungsmethoden hinweg »Bio? Die Wahrheit über zum Erzeuger zurückzuverfolgen.« unser Essen« von Peter Laufer 118

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erscheint am 26. Februar 2015 im Residenz Verlag (19,90 EUR, ISBN: 9783701733590).

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Angewandte Mixologie Wirklich vollständig ist eine Hausbar nie. Allerdings geben schon wenige Flaschen eine solide Grundlage ab. Wir zeigen, welcher Bio-Sprit unbedingt dabei sein sollte.

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m den Skeptikern und Zynikern gleich von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen: Bio-Brände sind nicht gesünder als andere, man kann sich mit BioWodka genauso besinnungslos saufen wie mit dem konventionellen Wodka Feige auf der Skihütte und die Frage, ob Bio-Destillate besser schmecken als konventionelle Brände bleibt eine Gratwanderung. Allerdings können wir die Qualität eines Produkts nicht unabhängig von dessen Herstellungsverfahren beurteilen. »Gut« kann daher ein Produkt nur dann sein, wenn es neben seinen sensorisch wahrnehmbaren Qualitäten auch sauber und fair produziert wurde. Hinter jedem Bio-Brenner stehen viele Bio-Obstbauern und BioGetreidebauern, jedes Bio-Destillat steht für die konzentrierteste Form der Biolandwirtschaft. Was war der Auslöser für die aktuelle Diskussion um Bio-Spirituosen? Aus meiner Sicht hat das mit der Entwicklung des BioGenuss-Markts zu tun. Aus seiner historischen Entwicklung heraus war es nicht die Aufgabe des Bio-Landbaus, Spezialitäten oder Produkte im Gourmet-Bereich herzustellen. Die biologische Landwirtschaft wurde eher aus dem Gedanken der ressourcenschonenden Produktion agrarischer Grundprodukte (Getreide, Milch, Nutztiere) entwickelt. Es entspricht allerdings dem Zeitgeist, dass jetzt auch immer mehr Gourmetprodukte in Bioqualität erhältlich sind. Noch vor einigen Jahren war die Bio-Schnaps-Szene ein Heimspiel bäuerlicher Direktvermarkter, denen aus rechtlichen Gründen der Zugang zur professionellen Logistik ihrer Produkte verwehrt war. Das Angebot ist mittlerweile vielfältig und deckt den gesamten Bereich der Destillate und Liköre ab. Namhafte Distillieries von Schottland bis Kentucky bieten Bio-Whisk(e)y an, Wodka, Gin, Cognac und Ouzo gibt es genauso wie traditionelle Obstbrände von Apfel bis Zwetschke. Und beim Likör sind der Fantasie ohnehin keine Grenzen gesetzt. Beim weltweit ersten Spirituosen-Wettbewerb »Best of Bio Spirits«, den die Bio-Hotels durchgeführt haben, gab es knapp 270 Einreichungen in den unterschiedlichen Kategorien.

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Die Klassiker Der Name klingt unaufgeregt und wie eine verwaltungstechnische Konstruktion: Basis-Spirituosen. Dahinter stecken sechs Klassiker, auf denen die großen Drinks der Welt aufbauen. Sie sind auch einfach zu merken. Zwei davon gibt es nur kristallklar (Wodka und Gin), zwei sind immer braun in allen Schattierungen (Weinbrand und Whisky) und die anderen beiden gibt es mal so und mal so (Tequila und Rum). Jeder Drink steht auf drei Beinen. Erstens – der Alkohol. Der kommt in den meisten Fällen von einem der genannten Hochprozenter. Zweitens – Süße. Oft sind das Liköre oder Sirupe. Schließlich Säure, um dem Zucker etwas entgegenzusetzen. Alles andere, also Gewürze, Kräuter, Infusionen, Obers oder Früchte sind Beiwerk. Sehen wir uns also einige dieser Grundlagen etwas genauer an.

Die Bio-Hausbar Ein paar Takte zur Grundausstattung: lange Löffel, ein scharfes Tomatenmesser (das im Ernstfall auch für die Orangenschale herhalten muss), Bio-Zucker, Gurken, Minze, Pfeffer, Zitronen. Und Eis. Eis, Eis und noch einmal Eis. Das wird nicht nur für den Drink selbst gebraucht, sondern auch, um ihn davor zu shaken. Womit wir beim nächsten Thema sind. Ein Shaker muss her. Manche Cocktails werden auch gerührt, und das ist keine Frage des Stils, sondern der Physik. Dann noch ein Schneidbrett und ein Teesieb, das nie für Tee verwendet wurde und auch nie für Tee verwendet werden wird. Es heisst blöderweise einfach nur so. Einverstanden? Alkoholmäßig ist der Grundstock auf der folgenden Marktplatzseite ganz gut dargestellt. Natürlich gibt es zu jedem Produkt auch Alternativen. Österreichische ebenso wie internationale. Letztlich hilft nur Ausprobieren, Verwerfen, Behalten. An alkoholfreien Flüssigkeiten sollte immer vorhanden sein: ausreichend Orangen- und Tomatensaft, Soda, Tonic.

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1 // Chin Chin, Gin

4 // Bio im Schottenrock

Was für ein Gin! Hochgradig aromatisch, kompakt und vielschichtig. Der Mühlviertler Long Dry Gin (42,7 %) der Brennerei Dambachler lebt von seiner Harmonie und Bandbreite. Ein sensationelles Spektrum Mühlviertler Bergkräuter macht ihn zum perfekten Gin für den Klassiker Gin and Tonic. www.dambachler.at

Die schottischen Destillerien, die Single Malt in BioQualität anbieten, kann man problemlos an einer Hand abzählen – eine davon ist die Benromach Distillery. Umso erfreulicher, dass der Organic Single Malt (43 %), ein nach Mahagoni und Nuss riechender Scotch, in reichlicher Menge verfügbar ist. www.benromach.com

2 // ANSTÄNDIG EIGENSTÄNDIG Neben Gin & Whisky ist der Bio-Kornmandlkorn der Dritte im Bunde am Biohof Thauerböck. Ein unglaublich runder, harmonischer Getreidebrand. Der Kornmandlkorn ist ein Nebenprodukt der traditionellen DeckstrohHerstellung und eigentlich viel zu eigenständig für Cocktails. www.thauerboeck.com

3 // Wodka mit Note Normalerweise wird die Qualität eines Wodkas daran gemessen, dass er möglichst neutral duftet. Ein wenig Graphit und Zitrus darf zwar sein, mehr ist unerwünscht. Hier nicht. Simon Vetters Dinkel-Vodka vom Vetterhof (37,5 %) ist kraftvoll, ein wenig rauchig und in perfekter Balance. www.vetterhof.at

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5 // Charakterstark Nach dem Welterfolg mit seinem Wodka, dem großartigen Gin und dem extravaganten Mostello jetzt also auch Whisky. Warum nicht? Das Ergebnis spricht für sich. Der Farthofer Bio Whisky Single Malt (40 %) hat Feuer, Druck und Strahlkraft. Und einen ganz eigenen Charakter. Woher wohl? www.mostelleria.at

6 // Hochprozentiger Honig Konrad Schneider ist der Niepoort unter den Imkern. Sein Met ist fassgereift und außergewöhnlich. Genau wie seine Liköre. Hier der Likör vom Buchweizenhonig auf Honigweinbasis. Genau so macht Honig Spaß. www.keltenhof-schneider.jimdo.com

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7 // Cognac-Komplex

10 // Besser pur

Der Cognac VS (40 %) ist der jüngste in der CognacRiege von Jean Baptiste Pinard. Der Weinbrand wirkt jugendlich, frisch und extrem fruchtig. In nur drei Jahren Fassreife entwickelte das Destillat ein komplexes Aroma nach kandierten Früchten und Balsaholz. www.biogast.at

Mit Wasser wird der Pastis milchig trüb. Man nennt das Louche-Effekt. Wie beim Ouzo. Wahrscheinlich leitet sich auch das Wort »Luschen« daraus ab, denn Wasser hat im Pastis von Janot (45 %) oder im Ouzo nichts verloren. www.biogast.at

8 // Das süSSe Leben Kein Wurm. Niemals. Das ist ein anderer Schnaps. Der Tequila Dulce Vida Bianco (50 %) von José Hernandéz kommt aus den Highlands des Tequila-Gebiets. Lupenreines Agaven-Destillat und knochentrocken. Das Dulce Vida im Namen bezieht sich auf den Alkohol. www.biogast.at

9 // Toffee-Time Nussig, karamellig. Honig und Toffee. Der Bloom Mountain Irish Cream Liqueur (17 %) ist wahrscheinlich der erste und einzige Cream-Likör in Bio-Qualität, und er ist atemberaubend gut. Am Ende macht er so viel Druck, dass er scheinbar überhaupt nicht abreißt. www.biogast.at

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DIY-Tipp: Gin Basil Smash Dafür werden 10–12 Basilikumblätter in den Shaker gegeben und fest zerstoßen. Gemuddlet, wie die Keeper sagen. Wer keinen Muddler aus Holz hat, dreht einfach ein Küchenmesser um und arbeitet mit dem Knauf. Danach kommen reichlich Eiswürfel, 5 cl Gin, 2 cl Zitronensaft und 2 cl Zucker(oder Holler-)Sirup dazu. Kräftig im Shaker schütteln, dann ins Glas abseihen. Unbedingt durch ein Sieb. Die Eiswürfel zerfetzen die Basilikumblätter, was zwar unheimlich aromatisch riecht und schmeckt, dafür aber fürchterlich aussieht. Mit frischen Basilikumblättern garnieren, servieren und den Applaus genießen.

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DIY-Rezept

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Geschmorter Safran-Fenchel auf Rote-Rüben-Püree mit Rosmarinöl

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Parvin Razavi

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Elisabeth Els

Müdigkeit, Kopf- und Rückenschmerzen, Bauchkrämpfe, Stimmungsschwankungen bis hin zu Gereiztheit. Frauen kennen all diese Symptome und viele leiden vor und während der Menstruation an einer oder gleich mehreren Beschwerden. Was kann man dagegen tun und wie kann man sich in dieser empfindlichen Zeit stärken? Äußerliche Hilfe wäre, den Körper besonders in der Nierengegend warm zu halten und sich während der Menstruation verstärkt auszuruhen und übermäßige körperliche Belastungen wie Sport oder Schlafmangel zu vermeiden. Innerliche Hilfe in Form von richtiger Ernährung vor und während der Blutungen hilft dabei, die eigene Körperenergie (Qi) besser ins Fließen zu bringen und so kann man gewisse Symptome lindern oder gar vermeiden. Eine Tasse heißer Tee und ein Teller warme, stärkende Kraftsuppe, sollte frau gerade in diesen Tagen immer bereit haben. Aber auch andere Speisen stärken und geben uns die nötige Kraft, um positiv und möglichst beschwerdefrei durch unsere Tage zu gehen.

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ZUTATEN (für 2–3 Personen) Geschmorter Safran-Fenchel » 2 mittelgroße Fenchel, in Wuchsrichtung vierteln, Fenchelgrün beiseite legen » 2 Schalotten, geschält und längs geviertelt » 1 Knoblauch, in der Schale » 2 EL Verjus oder 1 EL Zitronensaft » 1  TL Agavendicksaft » 250 ml Gemüsebrühe » 10 Stück Taggiasca Oliven » ¼ TL Safranfäden » 1 TL grobes Meersalz

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Rote-Rüben-Püree » 300 g Rote Rüben, geschält und gewürfelt » 1 Sternanis » 1 Lorbeerblatt » Salz und Pfeffer » 1 Paar Spritzer Rosmarinöl (optional: frisch gehackter Rosmarin)

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Fenchel in Öl goldbraun anbraten. Schalotten zufügen und kurz weiterbraten.

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Safran mit grobem Meersalz in einem Mörser zu feinem Pulver mahlen und gemeinsam mit Pfeffer, Knoblauch, Oliven in den Topf geben.

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Verjus und Agavendicksaft zufügen und kurz einkochen lassen.

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Mit Suppe ablöschen und reduzieren, bis der Fenchel weich ist.

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Für das Püree: Rote Rüben mit Wasser bedecken, Gewürze beigeben und langsam weichkochen.

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Anschließend abseihen, mit Salz und Pfeffer würzen und in einem Mixer glattpürieren. Zum Schluss mit Rosmarinöl oder frischem Rosmarin verfeinern.

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Auf dem Rote-Rüben-Püree anrichten, etwas Fenchelsaft über dem Gericht verteilen und mit Fenchelgrün dekoriert servieren.

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Speis und Trank

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Micky Klemsch

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Katharina Hüttler agentazur.com

Free From … Genuss und Freude Was soll drinnen sein, was gehört nicht in meine Lebensmittel? Konsumenten sind zunehmend verunsichert und tendieren oft zum Verzicht – leider auch auf den Genuss!

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ch kann mich noch gut erinnern, als die meisten Lebensmittel mit den gewissen Extras geworben haben. Die Extraportion Milch oder auch wichtige Vitamine. Man hat ausgelobt, was drinnen war. Wann genau sich das gedreht hat, weiß ich nicht mehr, aber in meiner Wahrnehmung loben Verpackungen mittlerweile eher das aus, was nicht mehr enthalten ist. Als Qualitätsmerkmale gelten nun »ohne künstliche Aromen«, »frei von Geschmacksverstärkern« oder »zuckerfrei«. Nachdem man Sonnenblumenöl schon als »ohne Cholesterin« und Käse als »laktosefrei« anpreist, erwarte ich bald das erste Mineralwasser, das mit großen Lettern »alkoholfrei« am Etikett verspricht. Natürlich hat das in vielen Fällen Unverträglichkeiten als Hintergrund. Umwelteinflüsse, einseitige Ernährung oder chemische Zusätze führten vermehrt zu Krankheiten und Allergien. Für diese Zielgruppe werden nun Lebensmittel entwickelt, die frei von Gluten, Laktose, Fruktose oder Ähnlichem sind.

Diagnose: Orthorexie Nahrungsmittelmessen wie die Grüne Woche in Berlin wurden um Teilausstellungen erweitert, die das Angebot für Vegetarier / Veganer oder Allergiker abdecken. Auf der Biofach in Nürnberg gilt das Free-FromSegment, das dort als »unbeschwerter Genuss für sensible Esser« beschrieben wird, als Trendkategorie. Die Zielgruppe der hyperkritischen und hochsensiblen Esser wird auch für die Lebensmittelindustrie immer interessanter und zählt neben Biolebensmitteln zu den Segmenten mit dem größten Wachstum.

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Gut, die fleischfreie Diät und die vegane Lebensform wollen Konsumenten ethisch begründen. Etwas bedenklicher wird das Verhalten der trendbedingten Nachahmer: Man hört, dass Victoria Beckham, Miley Cyrus oder Lady Gaga komplett auf Gluten verzichten und folgt den Idolen auf ihrem Weg. Die Tatsache, dass viele Firmen mit dem Aufdruck »glutenfrei« auf den Verpackungen werben, macht viele Konsumenten mittlerweile auch glauben, dass diese natürlichen Bestandteile unserer Nahrung ungesund wären, was für über 97 % der Menschen jedoch nicht zutrifft. Orthorexie nennt man das Verhalten von Konsumenten, die besessen und fanatisch einer angeblich gesunden Ernährungsform nacheifern. Klingt aber auch äußerst unentspannt. Der britische Psychopharmakologe David Warburton wird im Nachrichtenmagazin Der Spiegel zum sogenannten NoceboEffekt zitiert: »Die ständige Sorge, ob wir uns richtig ernähren, schlägt wahrscheinlich mehr auf die Gesundheit als Cholesterin, Fett, Alkohol, Koffein oder Nikotin.« Orientierung im Dschungel der Ernährungsphilosophien versucht die Foodtrend-Expertin Hanni Rützler gemeinsam mit dem Kulturwissenschaftler Wolfgang Reiter im Buch »Muss denn Essen Sünde sein« zu geben. Bevor die Frage im Titel des Buches beantwortet wird, findet man zahlreiche Plädoyers für den Genuss mit teils sehr wissenschaftlichen Ansätzen. Gutes Leben, so startet man ins erste Kapitel, ist eine pragmatische Balance zwischen Ethik, Gesundheit und Genießen – ein Buch, das für mich genau zur richtigen Zeit erscheint!

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Sylvia Buchacher

Marktplatz Kosmetik

DIY-TIPP: gesichtspuder

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Elisabeth Els

Loses Gesichtspuder kann ganz einfach selbst hergestellt werden. Dazu nimmt man 1 Esslöffel Maisstärke und mischt diese mit ca. 1/8 Teelöffel Zimt (bei gelblicher Haut), Kakaopulver (bei dunklerer Haut) oder fein gemahlenen Hagebuttentee (für blasse, rötliche Haut). Am besten funktioniert es, wenn man die Inhaltsstoffe in einer Küchenmaschine miteinander vermengt. Sobald der Puder auf der Haut verschwindet, hat man den richtigen Farbton erreicht. In einem verschließbaren Glas abfüllen und mit einem Puderpinsel auftragen.

… doch nur Farbund Pinselstrich Wo die Natur aufhört, fängt die Kosmetik an – das stimmt zum Glück schon lange nicht mehr. Viele Naturkosmetik-Marken bieten dekorative Make-up-Produkte an, die Natur und Lifestyle geschickt miteinander verbinden.

1 // EINFACHE SACHE

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ake-up auf natürlicher Basis soll verschönern und nicht schaden, gleichzeitig pflegt und schützt es und ist somit auch für empfindliche und sensible Haut gut verträglich. Auf bedenkliche Inhaltsstoffe, die etwa Allergien auslösen können, wird komplett verzichtet. Ein herkömmlicher Lippenstift enthält oft bis zu 25 chemische Stoffe, wie z.B. halogenorganische Verbindungen, die Allergien hervorrufen und sich im Boden und Grundwasser ablagern können, oder Anilin, einen Farbstoffbaustein, dem nachgesagt wird, krebserregend zu sein. Da Lippenstift oder Lipgloss im Körper landet, wenn wir essen oder mit der Zunge über die Lippen lecken, ist es hier besonders wichtig, ein natürliches Produkt zu verwenden. Bio-Lippenstifte enthalten hochwertige Pflanzenöle, Wachse, Pflanzenextrakte und natürliche Farbstoffe, für die keine Cochenille-Läuse (die zur Herstellung des Farbstoffs Karmin gezüchtet werden) getötet werden müssen. Auch auf umweltbelastende Silikone, Acrylate oder Polyethylene wird gänzlich verzichtet. Dekorative Naturkosmetik kommt ohne synthetische Farb-, Duft- und Konservierungsstoffe aus. Alle Produkte haben wegen der enthaltenen BioÖle bzw. -Wachse und natürlichen Feuchtigkeitsspender außerdem auch eine pflegende Wirkung.

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Die Augenbrauen verleihen dem Make-up oft den letzten Schliff. Unser Lieblingsprodukt ist der Eyebrow Pencil von Logona, der mit seiner weichen Mine einen perfekten Look zaubert und einfach anzuwenden ist. www.sante.de

2 // ROTE LIPPEN SOLL MAN KÜSSEN Endlich ein klassisches, kräftiges Rot frei von synthetischen Konservierungsstoffen und Erdölchemikalien. Der Strike it Up Lippenstift von Ilia enthält 85% bioaktive Pflanzenauszüge aus kontrolliert biologischem Anbau und feuchtigkeitsspendendes Jojoba-Öl, Kakaobutter und Vitamin E. www.greenglam.de

3 // BLICKFANG Wir sind ganz begeistert von Organic Glam, der organischen Make-up-Linie der Londoner Kultmarke The Organic Pharmacy. Die natürliche Mascara mit wimpernpflegender, organischer Aloe, Bienenwachs sowie den Vitaminen A, E und C ist ein absolutes Must-Have. Die Wimpern werden geformt, verlängert und gestärkt. Die Intensität der Farbe ist einzigartig. www.greenglam.de

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7 // TONANGEBER

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Kjaer Weis verbindet natürliche Inhaltsstoffe mit Ästhetik und Nachhaltigkeit. Eines der neuesten Produkte ist die fantastische Cream Foundation, die sich mühelos mit den Fingern oder einem Pinsel auftragen lässt und auf der Haut ein natürlich-mattes Finish hinterlässt. www.amazingy.de

8 // WECKRUF FÜR DIE HAUT Abdeckcreme ist neben Foundation das wohl wichtigste Produkt für einen ebenmäßigen Teint. Unser Favorit ist der Vivid Concealer von Ilia. Die flüssige Textur lässt sich gut verteilen und verschmilzt mit der Haut, ohne sich in den Fältchen abzusetzen. www.amazingy.de

9 // SINNLICHE SCHÖNHEIT Kajal ist die indische Bezeichnung für Kohlenstoff, der ursprünglich durch das Verbrennen von Ghee (ayurvedischer Butterschmalz) gewonnen wurde. Wir benutzen den demeterzertifizierten Khol-Kajal von Lakshmi, weil er ausschließlich aus natürlichen Rohstoffen besteht und sich so mühelos auftragen lässt. www.lakshmi.de

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Biorama Nº. 35

Unzufrieden, genervt, übel gelaunt? Gut so. Denn den Zufriedenen ist vielleicht nicht mehr zu helfen.

illustration Nana Mandl, Katharina Hüttler / agentazur.com

Ist ja nett!

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und hinter mir die sintflut / Johanna Stögmüller

»Könnte ja sein, dass sie glauben, die Welt sei ganz in Ordnung.«

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ett« ist ja bekanntlich der kleine Bruder von »scheiße«. Tut mir leid, dass ich dieC se Kolumne mit einem Kraftausdruck M einleiten muss – aber nach über 80 SeiY ten ist die Konzentration ja so gut wie dahin und die Ökonomie der Aufmerksamkeit sagt: KraftausdrüCM cke sind wie kleine Espresso-Shots. MY »Nett« ist also das, was keiner so wirklich sein CY will, weil nett gibt es nur mit eben diesem »nur«, ein Appendix des Grauens, der nicht ausgesproCMY chene Wurmfortsatz. Wer nett ist, ist eben nur K nett. Was nett ist, ist nett, aber auch nicht mehr. Ein bisschen Mitgefühl wäre nett, ein wenig mehr Interesse, keine Pestizide und mehr Netdem Angebot im Supermarkt, dem Preisto vom Brutto. Nett wären auch weniger BilligLeistungs-Verhältnis, den Zuständen, den fleisch und weniger Autos, mehr faire Löhne Zukunftschancen, dem Milchschaum auf dem und Bildung für alle. Kein Kopfweh nach dem Coffee to go, mit den Ergebnissen überhaupt Rausch, Solidarität, erneuerbare Energien, und der eigenen Leistung; zufrieden damit, wie es so funktioniert, zufrieden damit, dass Datenschutz, gute Bücher, Transparenz und Bio-Landwirtschaft. Ganz nett wären auch: das Fleisch so günstig und das Auto so schnell Menschen, die mehr lachen, keine Kriege ist; zufrieden mit dem Lohn und den Noten ihund Tomaten, die nicht nach nichts schmerer Kinder. Hier wird ab und an herzlich gelacht, cken. Aber – wen interessiert’s? hier gibt es keinen Krieg, und die Tomaten machen eine gute Farbe im Frühlingssalat. Zufrieden Status quo, vakuumverpackt sollte man sein, weil es geht uns doch gut. Die Zufriedenen interessiert es nicht. Zufriedenheit verlangt aber nicht nach Veränderung, sondern vakuumverpackt die Situationen, Nicht besonders jedenfalls. Sie sind damit für später auch noch etwas da ist. Wie eine nämlich zufrieden damit, im Großen und Ganzen. Glücklich, so wie es ist. neue Couch packen die Zufriedenen ihr Leben in eiZufrieden mit dem Haus, dem Job, nen Plastikbezug, und vergessen dabei, dass man doch den Kindern, der Freundin, dem viel gemütlicher sitzen würde, wenn der vermeintliMann, dem neuen Fernseher, mit che Schutz nicht wäre. Auf Plastikbezügen will doch dem Aktienkurs, dem Zimmerserkeiner sitzen. vice im Urlaub auf Saint Barth, dem Wenn wir alle ein bisschen unzufriedener wären … Staat, der Demokratie, dem Wetter, das wäre nett!

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