P.B.B. — 11Z038861 M — 1040 WIEN —— WWW.FACEBOOK.COM/BIORAMA
AUSGABE 44 — AUGUST / SEPTEMBER 2016. WWW.BIORAMA.EU
KOSTENLOS — ABER ABONNIERBAR
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Was macht eigentlich gute Küchenliteratur aus, Katharina Seiser? Naturfilm: Wie entsteht Bewegtbild in freier Wildbahn? Wellness: Urlaub im Bademantel zu zweit. Tomate: Das paradeisischste Gemüse.
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GEBURTSTAGSFEST schlossORTH NationalparkZentrum Samstag, 10. September 2016
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Familienprogramm 14 – 18 Uhr
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Konzert ab 18.30 Uhr
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Drei Männer, ein Ochse, 1.000 Gläser und zwei Wochen Zeit, acht Folgen. Das ist der Rahmen für die ORF-Serie Ochs im Glas. Was archaisch klingt, soll Bewusstsein für Tier als Lebensmittel schaffen. Das gelingt auf sehenswerte Art und Weise.
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BIORAMA Nº. 44
AUFTAKT
INHALT
07 Editorial 08 Global Village Die Welt im Großen & Kleinen 16 Meine Stadt Maren Urner über Münster
Coverstory 18 Die Knödelakademikerin Kochbuchautorin Katharina Seiser im Portrait
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Magazin 27 Growler: Frisch Gezapftes mit Re-fill Wiederbefüllbare Bierflaschen im Großformat 33 Urlaub im Bademantel zu zweit Ein Paar und seine Erlebnisse im Wellnesshotel 38 Nature fights back Mode vom Label Green Shirts 50 Innsbruck Nature Film Festival Festivaldirektor und Umweltanwalt Johannes Kostenzer im Interview 57 Von Löwen und Bären – Wie der Naturfilm ins Fernsehen kommt Über das Geschäft mit dem Dokumentarfilm 62 Naturfilm DIY: Into the Wild Wie man selbst zum Naturfilmer wird
Marktplatz 64 Naturkosmetik: Ein Wegweiser 76 Food: Heiteres Tomatenraten
Kolumnen katharina seiser Katharina Seiser ist eine der erfolgreichsten deutschsprachigen KochbuchAutorinnen. Wie schreibt man ein Kochbuch, das nicht bloß durchschnittlich ist? Das wollten wir von der Wienerin wissen. Wir haben sie besucht, waren mit ihr einkaufen und kochen.
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Glasgeflüster Speis & Trank Elternalltag Die Welt, die wir uns wünschen Biss zum Ende
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marktplatz Sie zählt längst zu den absoluten Basics in der Küche, dabei ist die Tomate erst vor gar nicht allzu langer Zeit zugewandert. Wir haben Interessantes aus Paradeisern probiert.
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Der neue Foodblog von
biss zum ende Die einzige Konstante ist die Veränderung. Die Kolumne ganz hinten im Heft übernimmt ab dieser Ausgabe die Unternehmerin Sina Trinkwalder.
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Bild: Flickr.com/Royalty-free image collection – CC BY 3.0
naturfilm Im Oktober trifft sich die Naturfilm-Szene zum Innsbruck Nature Film Festival in Tirol. Wir haben Festival-Direktor Johannes Kostenzer getroffen.
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EDITORIAL, IMPRESSUM
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WAS MAN ALLES SAGEN KANN
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Thomas Stollenwerk, Chefredakteur stollenwerk@biorama.eu
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IMPRESSUM HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTION Thomas Stollenwerk REDAKTIONSLEITUNG Maximilian Zeller AUTOREN Michael Anranter, Alexander Berth, Mirjam Bromundt, Sylvia Buchacher, Karin Chladek, Chris Cummins, Iwona Dullinger, Juliane Fischer, Doris Fröhlich, Miriam Frühstück, Tina Gallach, Pia Gärtner, Theresa Girardi, Yannick Gotthardt, Katharina Grabner, Christa Grünberg, Micky Klemsch, Ellen Köhrer, Sophie König, Sarah Krobath, Astrid Kuffner, Sarah Latussek, Theresa Loibl, Alexa Lutteri, Martin Mühl, Ursel Nendzig, Michaela Pichler, Susanne Posegga, Julia Preinerstorfer, Martin Preinesberger, Sebastian Rahs, Theres Rathmanner, Parvin Razavi, Werner Reiter, Teresa Reiter, Matthias Schickhofer, Jürgen Schmücking, Katja Schwemmers, Elena Seitaridis, Mara Simperler, Wolfgang Smejkal, Anna Sperber, Sarah Stamatiou, Werner Sturmberger, Erwin Uhrmann, Julia Unterlechner, Jonas Vogt, Katharina Wiesler, Jörg Wipplinger, Irina Zelewitz, Helena Zottmann ART DIRECTOR Sig Ganhoer COVER Christoph Adamek GESTALTUNG Sig Ganhoer, Lucas Gerstgrasser, Erli Grünzweil LEKTORAT Wolfgang Smejkal, Adalbert Gratzer ANZEIGENVERKAUF Herwig Bauer, Micky Klemsch (Leitung), Clemens Reichholff, Thomas Weber DRUCK Niederösterreichisches Pressehaus, Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H. Gutenbergstrasse 12, 3100 St. Pölten PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Biorama GmbH, Wohllebengasse 16 / 6, 1040 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama GmbH, Wohllebengasse 16 / 6, 1040 Wien; www. biorama.eu, redaktion@biorama. eu BANKVERBINDUNG Biorama GmbH, Bank Austria, IBAN AT44 12000 10005177968, BIC BKAUATWW ABONNEMENT siehe Website: www. biorama.eu ERSCHEINUNGSWEISE 6 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien VERLAGSPOSTAMT 1040 Wien
BLATTLINIE Biorama ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für Mensch und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. Biorama erscheint sechsmal im Jahr.
FOTO Elisabeth Els
an hört ja vieles, das unsagbar dämlich, aber sagbar ist. Ich saß neulich in einer größeren Runde. Ein Geburtstag. Lauter Menschen, die sich kaum kannten. Da wurde sich gegenseitig vorgestellt, wie man das in solchen Runden eben macht. Jemand bezeichnete mich eine Minute nach gegenseitigem Erstkontakt als »Ökofaschist«. Okay. Das kenne ich schon, gehört wohl zum Job. Oköfaschist, Bioterrorist, Gutmensch – Hello, it’s me. Ich hatte keine Lust, mich in die Diskussion darüber zu werfen, ob ich Faschist bin oder nicht. Ich bin kein Faschist. Absurd. »Ökofaschist« – diesen Titel schluckte die Runde ohne Kommentar. Den Begriff kann man wohl problemlos benutzen. Keine Nachfrage, was denn das Faschistische am nachhaltigen Lebensstil, wie biorama ihn sich aufs Cover schreibt, sein soll. Ich hätte schon selbst fragen müssen. Gelegenheit verpasst. Was soll’s. Es gibt ja viele Begriffe, bei denen man nicht so genau nach ihrem Sinn fragt. »Flüchtlingskrise« z.B. ist auch so ein eher wenig geistreicher Begriff. Wirklich umstritten ist er trotzdem kaum. Wir bei biorama versuchen, sensibel mit Worten und Begriffen umzugehen. Denn sprachsensible Menschen lassen es uns regelmäßig wissen, wenn wir mit einem Begriff danebenlagen. Wer sich davon überzeugen möchte, dass biorama keinen Ökofaschismus enthält, findet in dieser Ausgabe zum Beispiel ein Gespräch, das Jürgen Schmücking mit Katharina Seiser geführt hat. Er sollte für uns in Erfahrung bringen, wie man in Zeiten, in denen ständig Kochbücher erscheinen, eines schreibt, das wirklich Erfolg hat. Michaela Pichler und Dominik Oswald haben wir gemeinsam ins Wellnesshotel geschickt. Ein Paar waren sie schon vorher. Helena Zottmann hat das Innsbruck Nature Film Festival zum Anlass genommen, sich dem Naturfilm gleich von mehreren Seiten zu nähern. Und über eine Sache freuen wir uns besonders: nämlich darüber, dass Sina Trinkwalder nun Teil unseres Teams ist, und fortan die Kolumne »Biss zum Ende« für uns schreibt. Sollte jemand in diesem Heft Spuren ökofaschistischen Gedankenguts finden, sind diese bitte an die im Impressum angegebene Verlagsadresse zu senden.
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BILD DER AUSGABE
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REKONSTRUKTION EINER REKONSTRUKTION
TEXT Thomas Stollenwerk BILD Fabian Gasperl
Man schlachte ein Huhn, zerlege es nach allen Regeln der gängigen Schlachtkunst, nehme die einzelnen Teile und bereite sie nach den geläufigsten Methoden vor. Dann forme man aus den gegarten Teilen wieder ein Huhn – möglichst nach allen Regeln der Anatomie. Das Ergebnis ist eine Hühnerskulptur, so wie sie der Wiener Künstler Johannes Rass entwickelt hat. Der übliche Zyklus – Schlachten, Zubereiten, Verspeisen – wird durch das Wiederzusammenführen der einzelnen Teile unterbrochen und verändert. Das Konsumgut Chicken wird ein Stück weit entkommodifiziert. »Der Betrachter als Konsument sieht Chicken Wings wieder als tatsächliche Flügel, Haxen als tragende Füße, Filets als Brust eines Tieres und findet sich selbst und sein Essverhalten konfrontiert mit der eigentlichen Quelle des Produktes, dem Tier in seiner Ganzheit«, erklärt Johannes Rass. Finden Sie das etwa unappetitlich? www.johannesrass.com
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ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG
100 JAHRE NASCHMARKT: GROSSES FEST AM 2. UND 3. SEPTEMBER
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it einem bunten Fest begehen die Standlerinnen und Standler von Wiens größtem Markt dessen 100-jähriges Bestehen. Am 2. und 3. September gibt es am Naschmarkt ein buntes Programm für die ganze Familie: Musik, Spiel, Kulinarik und viel Info zur Historie. Der seit 1774 bestehende Markt ist mit rund 2,3 Hektar der größte Detailmarkt Wiens. In der jetzigen Form wurde er von Otto Wagner geplant und 1916 eröffnet. Die Stadt Wien hat den Markt zwischen 2010 und 2015 komplett saniert, er erstrahlt heute in vollem Glanz, zählt wöchentlich rund 60.000 BesucherInnen. Dabei spielt der Markt nicht nur eine touristische Rolle. Wiens Märkte sind ein zentraler Bestand der hohen Lebensqualität. Sie tragen schließlich zur Lebendigkeit der Stadt bei. Am Naschmarkt befinden sich aktuell 123 fixe Marktstände und 60
Plätze für landwirtschaftliche ProduzentInnen und MarktfahrerInnen. FEST DER STANDLERINNEN UND STANDLER Auf den Plätzen und Gassen des Marktes gibt es am 2. und 3. September ein buntes Progamm, es reicht von Show-Küchen und Musik über Gewinnspiele, einer Rätselrallye, Kinderprogramm, Lesetheater und Führungen über den Markt bis hin zu bunter Kulinarik. Auf der Schleifmühlbrücke wird es eine Bühne mit abwechslungsreichem Programm geben. Das Fest findet am Freitag, den 2. September von 14.00–21.30 Uhr statt, am Samstag, den 3. September von 12.00–20.00 Uhr. Veranstaltet wird das Fest von der IG Naschmarkt mit Unterstützung der MA 59, dem 6. Bezirk und der WKÖ. Zahlreiche Kooperationspartner unterstützen die Veranstaltung. t
ALLE INFOS ZUM FEST AUF WWW.NASCHMARKT.WIEN.AT
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STREET TALK WIR FRAGEN, FÜNF GENÜGSAME ANTWORTEN.
Marianne Schreck 40, Redakteurin
Linda Carstens 17, Schülerin
Ich habe irgendwann mal festgestellt, dass ich kein Digital Native bin, als ich das in einem Jobprofil gelesen hab. Dann habe ich tatsächlich gemerkt, dass ein Generationswechsel stattgefunden hat. Ambivalent, … muss ich sagen. Ich lebe in einer Art Halbautomatik.
Ich bin nicht sehr aktiv auf Facebook. Ich brauch das nur, um zu wissen was läuft. Mit Freunden kommunizier ich telefonisch oder über WhatsApp. Das sind meistens nur so organisatorische Sachen. Das digitale Ich existiert weniger als das reale Ich.
Stefan Lukacs 33, Regisseur
Setareh Zafari 27, Universitätsassistentin
Das digitale Ich ist für mich eine Neuinterpretation des realen Ichs. Aber, was ist das reale Ich?
Immer verfügbar. Man kann es auch immer ändern und verbessern. Es ist das Ich der Zukunft, denke ich. Es ist aber nicht unbedingt das beste Ich.
Christian Mayrhofer 48, Selbstständig Das ist sozusagen sowas wie ich angezogen bin. Oder was ich Freunden gegenüber äußere. Oder was jemand mithört in der Straßenbahn. Es ist ein bisschen eine Gratwanderung von dem, was ich tatsächlich bin, und dem, wie ich mich geben möchte. Das ist das digitale Ich.
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INTERVIEW UND BILD Alexander Berth, Martin Preinesberger, Dominique Köhler
»WIE STEHST DU ZU DEINEM DIGITALEN ICH?«
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GLOBAL VILLAGE
KATAR
WER NICHT AUFISST … … der muss bezahlen. Ein Restaurant in Katar versucht, gegen Lebensmittelverschwendung vorzugehen.
www.kunst-koerperpflege.at Bild: Aloe, Cacao, Shea (Detail), Öl auf Leinwand, © Krassimir Kolev 2014
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Das Restaurant Maison De Sushi in Katars Hauptstadt Doha will gegen die Verschwendung von Lebensmitteln vorgehen – das »All You Can Eat«-Buffet ist wohl zu verlockend. Fünf Katar-Ryal – das sind etwa 1,25 Euro – verrechnet man deshalb den Kunden für jedes nichtverspeiste Stück am Teller. »Wir verlangen diese Strafe aber nicht immer, denn das ist nicht der Sinn dahinter«, so der Manager Nael Salaheddin. Vielmehr wolle man die Gäste dazu motiveren, besser Acht zu geben und keine Lebensmittel zu verschwenden. Das macht durchaus Sinn, denn das Emirat Katar ist – so wie alle Wohlstandsnationen – für seine hohe Lebensmittelverschwendung bekannt. Besonders absurd: Rund 90 % der Lebensmittel Katars werden importiert – nur um dann im Abfall zu landen. Ob das ungewöhnliche Konzept des Sushi-Lokals Nachahmer finden wird, steht in den Sternen. Eine innovative (Geschäfts-)Idee ist es allemal. www.facebook.com/mdesushi
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USA
INDIEN
ERBSENMILCH IM »VALLEY«
50 MILLIONEN
Ripple Foods produziert nährstoffreiche und wassersparende Milch aus Erbsen. Was steckt dahinter?
So viele Bäume wurden in Indien an nur einem Tag gepflanzt. Bis 2030 hat man ehrgeizige Ziele.
Im Tech-Mekka sorgt ein Start-up für Furore. Mit Mikrochips hat das ganze allerdings wenig zu tun. Ripple Foods bringt erstmals Erbsenmilch auf den Markt. Die vegane Milch-Alternative soll nährstoffreich und umweltfreundlich sein. 50 Prozent mehr Kalzium als Kuhmilch, achtmal mehr Proteine als Mandelmilch, und weitere wertvolle Inhaltsstoffe wie Vitamin K, C, B1 und Folsäure. Mit diesen Nährwerten lässt das Startup definitiv aufhorchen. Auch in Sachen Nachhaltigkeit weiß die Erbsenmilch zu überzeugen. Für die Produktion eines Glases werden nicht einmal zwei Liter Wasser verbraucht. Im Vergleich: für ein Glas Kuhmilch braucht es 230 Liter, für Mandelmilch 75 Liter Wasser. Derzeit ist die Erbsenmilch nur in den USA erhältlich, aber mittlerweile hat das Unternehmen 12 Millionen Euro von Investoren gesammelt. Die internationale MilchRevolution, nur noch eine Frage der Zeit? ripplefoods.com
Über 800.000 Freiwillige halfen am 11. Juli im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh zusammen: Innerhalb von nur 24 Stunden pflanzten sie 49,3 Millionen Bäume. Der Eintrag ins Guiness Buch der Rekorde dürfte gesichert sein, doch viel wichtiger ist der Hintergrund: Bis 2030 will man rund 12 % der Fläche des Landes aufforsten – 33 % Indiens sollen dann mit Wald bedeckt sein. Die Aktion am 11. Juli war immerhin ein erster Schritt. »Die Welt habe verstanden, dass es große Anstrengungen braucht, um CO²-Emissionen zu reduzieren und den Klimawandel einzuschränken«, so der Regierungschef des Bundesstaates. Uttar Pradesh im Norden Indiens ist mit rund 200 Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste Bundesstaat des Landes. Die Rolle des Subkontinents in punkto Klimawandel ist unbestritten. Dennoch wurde beim UN-Klimagipfel 2015 in Paris klar, dass wirtschaftliche Entwicklung für Indien noch über Klimaschutz steht. bit.ly/29LKscr
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TEXT Alexander Berth BILD Maison de Sushi, Gerwin Sturm, CC BY-SA 2.0, Rajesh Kumar Singh, Associated Press
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GLOBAL VILLAGE
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DEUTSCHLAND
SENEGAL
LUXUS-UPCYCLING
UNBEKANNTER ROHSTOFF
Eine etablierte Designerin verwandelt Musterwaren großer Modehäuser in exklusive Produkte.
In Senegal wächst ein Öko-Baustoff, und niemand verwendet ihn. Das Start-up SENtypha will das ändern.
Absahnen mit Upcycling? Ja, das ist möglich. Die erfolgreiche Designerin Hedwig Bouley macht’s vor. Mit ihrem Label LPJ schlägt sie einen ungewöhnlichen Pfad ein: Aus hochwertigen Textilresten großer Modefirmen werden im bayrischen Aschau Teppiche, Decken und modische Unikate gefertigt – und sehr teuer verkauft. Warum all diese Garne – darunter feinste Seide, Kaschmir und Leinen – Saison für Saison im Abfall landen, bleibt unbeantwortet. Bouley wolle zeigen, dass es auch im Luxus-Segment wichtig ist, Ressourcen wertzuschätzen und Verantwortung zu übernehmen. Übrigens: lpjsteht für die Vornamen ihrer drei Kinder: Lisa, Paul und Joseph. Womöglich mit einer der Gründe, sich für eine nachhaltige Textilindustrie einzusetzen. Wer das nötige Kleingeld besitzt, oder einfach schmökern möchte, dem sei der Online-Shop ans Herz gelegt. www.lpj-studios.com
SENtypha will aus einem wuchernden Schilfrohr hochwertiges Öko-Baumaterial herstellen. »Typha Australis« heißt die Unterart des hierzulande bekannten Rohrkolbens. In Senegal wächst sie in der Nähe von Gewässern zuhauf. Besonders beliebt ist die Pflanze nicht: Sie blockiert Schifffahrtswege und überwuchert die Trinkwasserversorgung. Wissenschaftler sehen in dem schnell wachsenden Rohstoff aber hohes Potenzial. Eine großangelegte Ernte der Wunderpflanze würde also viele Vorteile mit sich bringen. Einziger Haken: Es mangelt an Know-how und Infrastruktur. Und da kommt die Unternehmerin Heidi Schiller ins Spiel. Per Crowdfunding möchte sie die nötigen Forschungsmittel lukrieren, um eine effiziente und nachhaltige Erntemethode zu entwickeln. Man will damit zeigen, wie Entwicklungshilfe funktionieren kann. Das Ziel: Perspektiven für die Menschen vor Ort schaffen. www.startnext.com/sentypha
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DÄNEMARK
SPANIEN
VELO-CAMPING
FILMTIPP: »EL OLIVO«
Das Wide Path Camper Home ist ein Wohnwagen fürs Fahrrad. Der dänische Erfinder hat ihn auf einer Reise durch die USA getestet.
Eine spanische Familie kämpft darum, ihren 2.000 Jahre alten Olivenbaum zurückzuerobern.
Eine komfortable Reise abseits bekannter Pfade – ohne Auto, ohne Flugzeug, ohne Zug? Kann man machen: Mit dem Wide Path Camper Home. Der Wohnwagen fürs Fahrrad wiegt 45kg und ist zusammengefaltet nicht viel größer als das Rad selbst. Etwa 3 Minuten soll das Aufstellen des Campers dauern. Platz bietet er 4 Personen zum Sitzen, oder 2 Personen zum Schlafen. Zusätzlich gibt’s 300 Liter Stauraum und einen kleinen Tisch fürs Frühstück draußen. Der dänische Erfinder Mads Johanson hat die Tauglichkeit des Mini-Wohnwagens bei einer Rundreise durch die USA selbst getestet. Eine Distanz von 30km pro Tag hat er dabei problemlos zurückgelegt – immerhin. Bisher ist das Wide Path Camper Home nur als Prototyp vorhanden. Ab August soll es im Handel verfügbar sein. Vorbestellungen sind möglich. Einziger Wehrmutstropfen: Die Anschaffungskosten von 3.500 Euro. www.widepathcamper.com
Unterhaltsam, nachdenklich, inspirierend: Das ist »El Olivo« von Icíar Bollaín. Die Tragikkomödie erzählt die Geschichte einer spanischen Familie: Seit 2.000 Jahren steht deren gewaltiger Olivenbaum an Ort und Stelle. Als sich der Vater entschließt, ihn zu verkaufen, ändert sich jedoch alles: Der Großvater spricht kaum noch. Er trauert um den Verlust des Baumes und wendet sich von seiner Familie ab. Seine Enkelin Alma (Anna Castillo) kann das nicht akzeptieren. Sie will ihren Baum zurückerobern: Doch der ziert mittlerweile das Atrium eines Düsseldorfer Energiekonzerns. Alma kämpft für ihren Großvater, für ihre Familie, und gegen die Ungerechtigkeit. »El Olivo« handelt von der Lust, Dinge zu verändern, Gegebenes nicht einfach hinzunehmen und für Träume Risiken einzugehen. Von jung bis alt: biorama empfiehlt »El Olivo – Der Olivenbaum«. Kinostart im deutschsprachigen Raum: 25. August. el-olivo-film.de
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TEXT Alexander Berth BILD lpj-studios.com, SENtypha / Startnext, www.widepathcamperhome.com, Piffl Medien GmbH
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MEINE STADT
MEINE STADT: M NSTER
VON MAREN URNER
LIEBLINGSPLÄTZE UND ECO-HOTSPOTS
Maren Urner, Gründerin von Perspective Daily, zeigt uns ihr Münster. Perspective Daily ist das erste konstruktive und werbefreie Online-Medium im deutschsprachigen Raum. Mit Crowdfunding sammelte das Start-up bis Ende März mehr als 12.300 Mitglieder, die einen Journalismus fördern, der fragt: Wie kann es weitergehen? Das Autoren-Team legt Wert auf Fachkenntnisse, Leidenschaft und Kooperation.
couscous (bioladen) Nur wenige Gehminuten vom Bahnhof Richtung Innenstadt liegt in einer Seitenstraße ein kleiner, aber sehr feiner Bioladen: »CousCous« steht über der Tür. Der Laden fühlt sich neben großen Bio-Supermärkten fast wie eine andere Spezies an. Neben frischem Obst und Gemüse gibt es auch eine Käse- und Brottheke mit Leckereien aus der Münsteraner Bio-Bäckerei Cibara.
der aasee Wenn Münster ein natürliches Wahrzeichen hat, ist es sicher der Aasee. Egal ob Jogger, Radfahrer (Vorsicht: Fahrradverbot auf einigen Wegen!) oder Tretbootfahrer, sie alle lockt der Aasee nicht nur bei schönem Wetter ins Grüne mitten in der Stadt. Die Rasenflächen rundherum werden vor allem im Sommer gerne von Studenten eingenommen.
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3 TAGE S 8 STAGE
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100 ACT
€40
das krawummel (veganes restaurant) Wie viele Mahlzeiten habe ich hier wohl schon genossen? Unzählbar! Egal ob Hayati (Seitan), Falafel oder Süßkartoffel – der große Salat, der dazugehört, liefert alles, was das Vegetarier-Herz begehrt. Das Krawummel spielt auch für Perspective Daily eine wichtige Rolle: Hier wurden Businesspläne durchdacht und Bewerbungsgespräche geführt. Praktisch: Durchgehend warme Küche, so dass auch ein Mittag um 16 Uhr kein Problem ist.
WE ARE SCIENTISTS (US)
GOLD PANDA (UK) AVEC (AT) BIG DEAL (UK) JIMI TENOR (FI) FINLEY QUAYE (UK)LAUSCH (AT)
ALEX THE FLIPPER (AT) VIMES (DE) KLISCHÉE (CH) HELLA COMET (AT) MOLTO LOUD (KZ) NOËP (EE) KLAUS JOHANN GROBE (CH) THROES + THE SHINE (PT) MONOPHOBE (AT) GOLF (DE) AUTONOMICS (US) ELOUI (AT) JOHN GRVY (ES) FLUT (AT) KAFKA TAMURA (UK) KRIGET (SE) LANGTUNES (IR) RESISTERS (AT) …and many more to come
Festival Pass € 40 Erhältlich bei der Jugendinfo Wien sowie allen Ö-Ticket-Verkaufsstellen und online unter www.oeticket.com
grüne wiese (öko- und fair-fashion) In der Grünen Wiese gibt es faire und ökologische Kleidung für Mann und Frau. Die beiden Inhaber haben hier ein Paradies für den ethischen Kleidungseinkauf geschaffen – und stehen jederzeit Rede und Antwort, wenn es um Herkunft und Eigenschaften der T-Shirts, Hosen und Co. geht.
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WWW.WAVESVIENNA.COM
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DIESE FRAU HAT MEHR ALS 100.000 VEGETARISCHE KOCHBÜCHER VERKAUFT.
Obgleich mündige Fleischfresserin, geriet ihre Sammlung von Rezepten, die »immer schon vegan« waren, zum Bestseller. Katharina Seiser über ihre schon in frühester Kindheit geschulte Nase, die zu Unrecht verrufene »Knödelakademie«*, das kulinarische Potenzial der USA und ihre neue Jahreszeitenkochschule. INTERVIEW
Jürgen Schmücking
BILD
Christoph Adamek
* Hauswirtschaftsschule
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Die Kochbuch-Sammlung von Katharina Seiser umfasst viele Regalmeter, Regionen und Jahrhunderte.
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KATHARINA SEISER
20 Sie ist nicht die Grande Dame. Auch wenn einige das immer wieder sagen. Dafür ist sie viel zu nah am Geschehen. Viel zu aktiv und viel zu dynamisch. Mein Bild einer Grand Dame ist das einer Frau, die den Großteil ihres Lebenswerks bereits geleistet hat. Ihre Arbeit war gut und anerkannt und sie beginnt, sich zurückzulehnen. Sie genießt, was sie erreicht hat und meldet sich hin und wieder zu Wort. Vielleicht schreibt sie sogar ein Buch. Aber, sorry, das ist nicht Katharina Seiser. Katharina ist ein Wirbelwind. Sie ist mitten im Geschehen, arbeitet im Moment an mehreren Büchern gleichzeitig und schreibt für renommierte Publikationen. Und sie ist eine omnipräsente Netzarbeiterin, die so virtuos auf der Klaviatur ihrer Social-Media-Kanäle spielt, als wäre es eine barocke Kirchenorgel. Wo sie hinzeigt, geht der Trend hin. Beispiele gefällig? Unter den Hashtags #tierfreitag, #gutbeihitze oder #allesbio findet man ein kleines Universum an Beiträgen, Anregungen, Tipps und Diskussionen. Längst nicht nur von Katharina Seiser selbst. Wenn man nach »Meyer« und »Zitrone« sucht, listet Google ihren Blog www.esskultur. at noch vor dem Wikipedia-Eintrag über die Meyer-Zitrone. Mittlerweile hat Katharina Seiser sieben Bücher geschrieben. Im Löwenzahn-Verlag erschien 2010 ihr erstes Buch »So schmecken Wildpflanzen«, das sie mit dem unlängst verstorbenen Koch Meinrad Neunkirchner geschrieben hat. Aus dem Bestseller »Österreichisch Vegetarisch« im Brandstätter Verlag wurde mittlerweile eine eigene Reihe. Die Ausgaben »Deutschland« und »Türkei« sind bereits erschienen, »USA Vegetarisch« kommt diesen Herbst. Wir haben mit ihr gesprochen. Über Pancakes und Gemüsekisten. Über Meinrad Neunkirchner und über ihre Mama. Und über Nachtschichten – aber die kennt sie nur vom Hörensagen.
TIPPS
von Katharina Seiser Wie ich ein (hoffentlich erfolgreiches) Kochbuch schreibe:
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Der Tag ist schon lang. Beginnen wir mit der Frage, was es bei dir heute zu essen gab und aus welchem Kochbuch das Rezept kommt? Moment. Das erste in der Früh waren meine Pancakes, meine amerikanischen Buttermilkpancakes, die lustigerweise aus einem Buch stammen, das ich 1999 aus Amerika mitgebracht habe: »How To Cook Everything« von Mitchell Davis. Leider ist das Buch im Moment vergriffen. Das Lustige daran ist, dass ich den Autor kürzlich fast getroffen hätte, weil er den amerikanischen ExpoStand betreut hat. Ich bin immer wieder fasziniert, wie sich Kreise schließen. Jedenfalls halte ich das Rezept für unerreicht – und ich habe viele und auch viele Varianten ausprobiert. Deshalb haben wir die Woche mit diesem Rezept gestartet. Mit reifen Pfirsichen der Sorte Red Heaven vom Herrn Brunner, der heuer wegen des Frosts nur 20 Prozent ernten konnte. Dazu gab es knusprig ausgelassenen Speck vom Sonnenschwein, ein wenig Ahornsirup und eine Verdelli-Zitronenschale, weil ich gerade sehr glücklich darüber bin, dass Bioläden vermehrt dafür sorgen, dass auch im Sommer, wo Zitrusfrüchte normalerweise aus Chile oder Südafrika kommen, kleine Mengen dieser grünen Verdelli-Zitronen aus Italien erhältlich sind. Das gab es in der Früh. Zu Mittag gab es Restln von vorgestern: türkische Zucchinipuffer mit Zucchini und Karotten aus unserem Ernteanteil, dazu Schafjoghurt und Wassermelone. Ein ganz normales Wochentagsfrühstück im Hause Esskultur: Wieviel von dem, was Du an deinem durchschnittlichen Tag kochst, kommt aus deinen eigenen Kochbüchern? Ich glaube, das ist schwierig zu trennen. Wahrscheinlich mehr als mir bewusst ist, weil wir einfach freestyle mit unserem Gemüse als Basis kochen. Das Ganze war
TIPP 01
TIPP 02
Mindestens ein Jahr vor Erscheinen: das Konzept muss im Detail geschrieben sein (nur im Kopf gilt nicht), weil ich mich damit zwinge, wolkige Gedanken klar zu formulieren: Worum geht’s? Für wen? Wie ist es aufgebaut? Warum braucht die Welt dieses Buch?
Ich muss das Buch vor meinem inneren Auge sehen können. Damit meine ich nicht die Fotografie, sondern Inhalt, Rhythmus, Zusammenstellung, Tonfall, etc.
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Saisonale Entdeckungen macht Seiser auf dem Markt. Die KĂźchenbasics kommen wĂśchentlich per Ernteanteil aus einer Bio-Kooperative.
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Bevor ein Kochbuch in den Druck geht, wird kontrolliert und korrigiert.
TIPP 03 Beim Schreiben der Rezepte gilt: so präzise wie möglich bei den Zutaten (inkl. geschmacklicher Charakteristika bei Zutaten, die vielleicht noch nicht so geläufig sind), so detailliert wie möglich in der Zubereitung, dabei aber so straff wie möglich in der Sprache.
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durchaus eine Parallelentwicklung zur »Vegetarisch«Reihe. Wir haben seit fünf Jahren unseren Ernteanteil bei Ochsenherz (Solidarische Landwirtschaft im Marchfeld, Anm.) und standen mit einer Lade an Gemüse da und waren oft überfordert, weil wir nicht gewohnt waren, so zu kochen. Nämlich: die Lade aufzumachen, schauen, was da ist und entscheiden, was damit gemacht wird. So hat sich unser Kochen in den letzten Jahren komplett verändert. Wir greifen immer wieder auf Rezepte aus meinem Buch »Immer schon vegan« zurück, aber wahrscheinlich deshalb, weil das meine Rezepte, also wirklich meine eigenen Rezepte sind. Es gibt auch Klassiker aus »Österreich Vegetarisch«, die wir immer wieder kochen. Da brauch ich auch das Rezept nicht mehr herzunehmen. Die Buchteln, die Topfenknöderl oder die Sauerrahmnockerl von Meinrad Neunkirchner etwa. Also eigentlich recht altvaterisch wirkende Mehlspeisrezepte, wobei die große Meisterschaft von Meinrad sich in diesen gefinkelten Rezepturen niederschlägt. Das sind oft Massen, bei denen du dir beim ersten Mal denkst, das kann gar nicht funktionieren. Viel zu weich, zu flüssig. Am Anfang habe ich ihm noch nicht so getraut und habe die Rezepte nachgekocht. Ich war immer wieder verblüfft, wie gut sie funktionieren. Aber da stecken halt 30 Jahre Erfahrung dahinter. Ich habe früher öfter versucht, die Rezepte zu verändern. Variationen zu entwickeln. Mittlerweile mache ich das nicht mehr. Warum soll ich das tun? Ich mag das Ergebnis so gern, dass für mich keine Notwendigkeit besteht, das Rezept zu ändern. Außerdem gibt es mir eine gewisse Struktur. Meine Tage haben eh keine Struktur, weil jeder Tag anders ist. Bevor wir über deine Bücher reden, erzähl bitte kurz, wie du geworden bist, was du geworden bist. Im Nachhinein betrachtet war alles eine logische Entwicklung. Wenn man es aber von der anderen Seite aufrollt, ist es alles andere als klar. Wenn mich vor ein paar Jahren jemand gefragt hätte, was ich beruflich mache: Ich hätte es nicht sagen können. Ich habe mich nicht sagen getraut, ich sei Journalistin. Ich fand das eher ehrenrührig. So, nach dem Motto: »Hast Du nichts Ordentliches gelernt?« Aber Autorin war ich damals auch noch nicht. Meine Mutter hat mit Kräutern gehandelt. 400 Sorten. Sortenrein. Ich bin also mit einer Vielzahl und Vielfalt olfaktorischer Eindrücke aufgewachsen, was mich ganz gewiss geprägt hat. Differenzieren können über die Nase ist eine Kompetenz, die ich sehr früh entwickelt habe. Und meine Mutter gehörte zu der Generation, die dachte, es wäre antiemanzipatorisch, wenn man – als Frau – kocht. Jedenfalls war das die beste Basis für mich, weil wir dadurch extrem viel auswärts gegessen haben. Wir sind zum Beispiel mit dem ersten Gault Millau in der Tasche alles abgefahren, was binnen
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Die Druckfahnen zum Umschlag von »Immer schon vegan« hängen gerahmt im Arbeitszimmer.
eines Tages erreichbar war. Damals war ich in der letzten Volksschulklasse und durfte essen, wonach mir war. Keine Einschränkung seitens der Mama. Dann war ich an der Knödelakademie. Anfangs habe ich das gehasst. Kochen zu lernen empfand ich als Affront, merkte aber recht schnell, dass mir das wahnsinnig leicht von der Hand geht. Jetzt finde ich, dass der Name Knödelaka-
demie deutlich aufgewertet werden sollte. Später Studium, Politikwissenschaft, Kommunikationswissenschaft, Ökologie. Das mit der Ökologie hat sich allerdings rasch erübrigt. Nach dem Studium kam ich über ein Assessment Center in den ersten Lehrgang für Magazinjournalismus zum Profil, lernte Magazinjournalismus von der Pieke auf.
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Und: jede Frage, die sich beim Lesen eines Rezepts stellen könnte, muss ich vorbeugend beantworten. Das ist der schwierigste Part, der am meisten Erfahrung erfordert, denn dafür muss ich zwischen den Zeilen lesen können. Was fehlt? Stimmt die Reihenfolge? gibt es eine andere Möglichkeit? (Dann habe ich den Schritt nicht genau genug beschrieben.)
Register: wurde zu einem Markenzeichen von mir. Das braucht in der heißesten Phase kurz vor Druck viel Zeit und Ruhe, ist aber essentiell für die Benutzungsfreundlichkeit und Beliebtheit eines Kochbuches.
Das alles geht nicht in der Einsiedelei, sondern braucht ein gutes Team. ich habe das Glück, mit einer hervorragenden Lektorin und einer hervorragenden Art Direktorin (und in einem hervorragenden Verlag) bereits acht Bücher gemacht zu haben. more to come ;-)
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KATHARINA SEISER
24 Eine spannende Laufbahn. Wie kam es dann zum ersten Kochbuch? Und zur Freundschaft mit Meinrad Neunkirchner? Als Jugendliche wollte ich immer Bücher schreiben – ohne zu wissen, welche Bücher das genau sein sollen. Kochbücher waren da noch nicht Teil des Plans. Und stimmt, es war Meinrad, über den ich zum Kochbuchschreiben kam. Ich war immer öfter bei ihm essen, zwar nicht mehr bei den richtig legendären Stationen seiner Karriere, sondern erst eine Weile später. Die damalige Chefredakteurin der Zeitschrift Maxima hat uns vermittelt. Ich wusste, dass er für die Maxima Rezepte macht, habe ihn vielleicht auf der einen oder anderen Feier gesehen. Mehr war da noch nicht. Ich war aber ab dann öfter bei ihm essen und habe danach immer viele Fragen gestellt. Meinrad hat das in seiner Art immer recht amüsant gefunden und oft ironisch geantwortet. Vielleicht, weil er davon ausging, dass das Interesse bei den meisten ohnehin nur ein Oberflächliches sein kann. Irgendwie hat er die Fragerei ein wenig belächelt. Bei mir hat das allerdings zur Folge gehabt, dass ich ihm immer wieder gesagt habe, dass er aufschreiben muss, was er tut. Dokumentieren. Er hat das immer abgewehrt und gesagt, er hätte keine Zeit für das. Keine Zeit. Okay. Ein Jahr später hat er angerufen. Wir haben uns im Gasthaus Hansen am Praterstern (spezialisiert auf Wiener Küche, Anm.) getroffen und da saßen Meinrad und Thomas Apolt, der Fotograf, wie zwei Schulbuben, die eine Fensterscheibe eingeschlagen haben und fragten, ob das mit dem Aufschreiben noch aktuell sei. War es! So haben wir ein Jahr lang am Konzept für Wildpflanzen gearbeitet. Nach einem Jahr hat mich der Löwenzahn Verlag angerufen – vermutlich wegen meines Blogs Esskultur – und gefragt, ob ich ein Buch machen möchte. Wollte ich. Und ich hatte ein fertiges Konzept dafür. Perfektes Timing und ein guter Start. Was hat sich seither in deiner Arbeit verändert? Wie viel Prozent deiner Tätigkeit ist Buchschreiben? Wie sieht der Rest aus? Seit Sommer 2014 macht die Arbeit an meinen Büchern 75 bis 80 Prozent meiner Arbeitszeit aus. Geht gar nicht anders. Die journalistischen Arbeiten habe ich zurückgeschraubt. Geblieben sind ein paar regelmäßige Beiträge und Kolumnen: in der Maxima, im Falter, in der Süddeutschen Zeitung. Zweimal im Jahr mach ich das Steirereck-Magazin. Das ist planbar und somit auch machbar. Manchmal tut mir das ein bisschen leid, weil ich dadurch Sachen absagen muss, die ich gern machen würde. Aber es geht sich einfach nicht aus. Das ist schlüssig. Jetzt gibt es aber immer wieder Themen, bei denen du Initialzünderin bist, wo du mit einer Idee und einem Twitter-Hashtag Themenführerschaft übernimmst. Stichwort #Tierfreitag. Oder
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deine Obsession für Zitrusfrüchte. In beiden Fällen hast du einiges bewegt. Meistens verselbständigen sich diese Dinge. Das machen sie aber nicht von alleine. Da steckt Arbeit dahinter. Wie geht sich das aus? Ich glaube, das ist einfach ein Müssen. Gar nicht so sehr ein Wollen. Ich glaube sogar, dass da noch viel mehr möglich wäre, wäre ich eine, die auch in der Nacht arbeiten könnte. Ich bin eine, die am Abend irgendwann müde ist, und dann ist es aus. Ich habe in meinem Leben – auch im Studium nicht – keine Nachtschicht eingelegt. Nie. Never. Das Höchste der Gefühle war, dass ich mit einer Lektorin einmal bis nachts um halb zwei beim Umbruch gesessen bin. Danach habe ich drei Tage Urlaub gebraucht. Ich will mit meinen Themen einfach zum Nachdenken anregen. Zeigen, dass es auch anders geht. Bestes Beispiel ist der Tierfreitag. Mein Anliegen dabei ist, dass möglichst viele Leute gut essen können, ohne dass dabei ein Lebewesen Schaden nimmt. Wenn möglich. Warum ... ... ich Bücher schreibe? Genau. Warum schreibst Du sie? Vom Spaß an der Freude abgesehen? Wenn ich selbst koche, muss ich auch wissen, wie das geht. Und ich habe den Eindruck, nein, eigentlich bin ich ziemlich sicher, dass in den letzten beiden Generationen Kochwissen so rapide verschüttgegangen ist. Genau durch den Typ Frau wie meine Mama – der ich zwar zu verdanken habe, dass ich so gut essen kann –, die aber irgendwann durch Beruf, Doppelbelastung und andere Interessen das Kochen an die letzte Stelle gerückt hat und sich gedacht hat: Es gibt eine Industrie, die mir einen Teil davon abnimmt, und das nehme ich gerne an. Damit sind aber die ganzen tradierten Geschichten unserer Großmütter verloren gegangen. Alleine, was es mich gekostet hat an Überlegungen, die Beschreibung des Strudelteigs so hinzukriegen, dass alles passt. Da war ich schon ziemlich stolz darauf, weil ich weiß, dass ihn viele Leute auf Basis dieses Buches wiedermachen. Vor ein paar Jahren hat jeder den Strudelteig noch im Supermarkt gekauft. Warum soll ich den selber machen? Wenn man ihn aber einmal selbst gemacht hat, spürt man erstens, dass es eine Ermächtigung ist. Und dass er besser schmeckt. Überhaupt kein Vergleich.
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Du hast gerade mehrere Buchprojekte gleichzeitig abgeschlossen. Das nächste Buch, das erscheinen wird, ist der fünfte Band in der Vegetarisch-Reihe: »USA Vegetarisch«. Wobei ich da das süffisante Grinsen einiger schon sehen kann. »USA? Echt jetzt?« Nach dem Motto: Die können doch nicht kochen, die Amerikaner. Falsch! Einfach reinschauen und sich von der farbenfrohen Vielfalt überraschen lassen. Ich freue mich jedenfalls schon sehr auf das Buch. Erscheinen wird es Ende September. Das andere Buch erscheint etwas später, und die Situation ist für mich neu. Ich bin bei der Vegetarisch-Reihe (mit Ausnahme von »Österreich Vegetarisch«) Herausgeberin. Beim neuen Projekt bin ich Autorin gemeinsam mit Richard Rauch aus der Steiermark. Es werden vier Bände. Die Reihe heißt »Jahreszeitenkochschule«, der erste Band wird der Winter sein. Die Bücher werden nach Themen sortiert sein. Wir haben neun Themen pro Band und nähern uns dem, was die jeweilige Saison zu bieten hat. Das klingt großartig. Die ersten Bilder, die auf Facebook schon zu sehen waren, sind ja schon einmal sehr vielversprechend. Und nach den vier Jahreszeiten? Ich denke darüber nach, 2018 ein Sabbatical zu machen. Jedes Mal, wenn ich einer Freundin oder einem Bekannten davon erzähle, ernte ich die gleiche Reaktion: schallendes Gelächter. Vielleicht werden es kleinere Auszeiten. Reisen, um mein kulinarisches Interesse zu stillen. So, wie wir das schon öfter gemacht haben. Ein Monat Japan, ein Monat Thailand. So was in der Art.
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BIER
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Alexander Berth
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Lager Lager Berlin
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GROWLER: FRISCH GEZAPFTES MIT RE-FILL Die wiederbefüllbaren Behälter für frisch gezapftes Bier gibt es bei uns (fast) nicht. Wieso eigentlich nicht? In Amerika, Australien und Neuseeland sind sie beliebt. Wie funktioniert das System und was sind die Vorteile?
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BIER
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atthew lebt in Vancouver und ist GrowlerEnthusiast. Growler, das sind wiederbefüllbare Bierbehälter in den Größen 0,5 l, 1 l und 2 l. Damit spaziert man zu seiner Lieblingsbrauerei, und lässt sie mit frisch Gezapftem befüllen. So oft man will. Getrunken wird dann im Park, zu Hause oder sonst wo. So ist das zumindest in Vancouver, Matthews Heimatstadt. Seine Website growlerfill.ca hilft dabei, die etwa 25 teilnehmenden, meist kleinen und mittelgroßen Brauereien der Stadt ausfindig zu machen.
Der Growler-Shop Lager Lager in Berlin war der erste seiner Art in Deutschland.
WOHER KOMMT DER GROWLER-TREND? Aufgekommen sei der Growler-Trend in Vancouver vor einigen Jahren. Der große Hype kam dann 2014. »Auch viele kleine Städte haben mittlerweile ein oder zwei Brauereien, die Growler-Fills anbieten«, so Matthew. Die Biervielfalt sei gestiegen. Growler sind modern. Doch im Prinzip handelt es sich um eine Rückbesinnung auf alte Zeiten. Damals – wann auch immer das genau war – transportierte und bewahrte man Bier noch in Eimern auf. Das beim Transport entweichende Kohlendioxid erzeugte dann einen »growling sound« (dt. grummelndes Geräusch) – so die Legende. Ein Grund, weshalb Growler in Matthews Heimatstadt so beliebt sind, könnte auch die strenge Gesetzeslage in Kanada sein. Nur in Bars und Liquor Stores bekommt man hier Alkohol. Nun wird man auch bei den Brauereien bestens versorgt – Growler sei Dank. Doch es gibt noch andere Vorteile.
GROWLER: WAS SIND DIE VOR- UND NACHTEILE? Wer Bier vom Fass bevorzugt, das Gezapfte aber zu Hause oder im Park genießen möchte, der wird Growler lieben. Zusätzlich schonen sie die Umwelt, denn selbst das beste Pfandsystem kann mit der Ökobilanz einer wiederverwendbaren Flasche nicht mithalten. Ein weiterer Vorteil: Die wiederbefüllbaren Behälter erleichtern es kleinen Brauereien, ihr Bier auf den Markt zu bringen. Zwar arbeiten europäische Mikrobrauer gut zusammen – zum Beispiel mit gemeinschaftlichen Abfüllanlagen – aber dennoch: Fällt das mühsame Abfüllen in Flaschen weg, dürfte die Biervielfalt unweigerlich steigen. Auch die Nachteile seien erwähnt: Je nach Verschluss und Abfüllanlage – von normalem Zapfhahn bis Spezialsystem mit Gegendruck – liegt die Haltbarkeit eines verschlossenen Growlers zwischen wenigen
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Tagen und 2 Wochen. Einmal geöffnet, sollte aber zeitnah getrunken werden. Auch zu Bedenken: Nur perfekt gereinigte Growler bieten die Hygiene einer Bierflasche aus Brauereiabfüllung.
UND WO GIBT’S DIE GROWLER? Der europäische Growler-Hotspot ist London. Im deutschsprachigen Raum gibt es sie kaum, aber doch. So zum Beispiel bei Beer Lovers in Wien. Hier kann man seine Growler in den Größen 1 l und 2 l kaufen – oder auch eigene mitbringen – und aus vier ständig wechselnden Biersorten auswählen. Welches Bier gerade durch die Zapfhähne fließt, ist auch online einsehbar. Die Nachfrage im Land steige stetig, meint Markus Betz von BeerLovers. Etwa 60–80 Liter würde man momentan pro Woche zapfen. »Unsere Stammkunden mögen die frisch gezapften natürlichen Biere und kosten sich gerne durch – wir sind aber sicherlich erst am Beginn«, so der diplomierte Biersommelier. Auch in Deutschland und der Schweiz gibt es bereits einige Möglichkeiten, an frisch befüllte Growler zu kommen. So zum Beispiel Lager Lager in Berlin (übrigens der erste Growler-Shop der Bundesrepublik – gegründet von zwei Neuseeländern), Beyond Beer in Hamburg oder The Barrel in Interlaken. Und nicht zu vergessen, es wird wohl kaum ein Barkeeper ablehnen, einen Growler zu befüllen. Auch kleine Braureien darf man ruhig mit dieser Anfrage überraschen. Es liegt also an den biertrinkenden Konsumenten, das Angebot mitzubestimmen. Prost!
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Fixie: ein klassisches Fixie bietet weder Freilauf noch bremsen. aktuell werden auf willhaben rund 200 Fixies angeboten.
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Worauf man beim kauf von gebrauchten Fahrrädern achten muss und wie man die besten Modelle findet.
er braucht schon öffentliche Verkehrsmittel, wenn man mit dem Fahrrad genauso schnell von A nach B kommt? Bei Strecken von unter 5 km Länge ist man auf dem Zweirad sogar meist schneller am Ziel. Und überhaupt: Ein Fahrrad gehört zur Grundausstattung. Zum Glück kosten gebrauchte Modelle kein Vermögen und nachhaltig ist der Kauf obendrein. Am Anfang der Suche nach dem richtigen Rad steht die Frage, welche Anforderungen man an das Bike stellt und wozu es genutzt werden soll. Das Angebot auf willhaben ist ähnlich vielseitig wie beim Händler. Klare Vorstellungen und die passenden Suchbegriffe helfen, das gewünschte Bike zu finden. Aber wonach sucht man eigentlich?
Fahrradtrends: Fixie, Singlespeed oder Waffenrad? Wer mehr als ein simples Citybike sucht, sollte sich mit den Modellbezeichnungen genau auseinandersetzen. Im Stadtverkehr sind Singlespeed-Räder oder Fixies im
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Trend. Angelehnt an ein Bahnrad ist die Ausstattung der Räder extrem reduziert. Singlespeed ist der Überbegriff für Eingangräder – je nach Nutzung fallen die gerade sehr beliebten, weil stylishen Fixies darunter, aber auch Bahnräder oder BMX-Räder. Der Vorteil der fehlenden Gangschaltung und der reduzierten Ausstattung ist vor allem, dass die Räder sehr leicht sind. Während Singlespeed-Räder nicht unbedingt einen starren Gang haben müssen, zeichnen sich Fixies, also Fixed-Gear-Räder, durch den fehlenden Freilauf aus – die Pedale bewegen sich also immer synchron zum Hinterrad. So hip die Fahrradvariante auch ist, als Käufer sollte man darüber nachdenken, ob das dem eigenen Fahrstil entspricht. Das klassische Fixie, das ursprünglich von Fahrradkurieren benutzt wurde, hat außerdem keine Bremsen – gebremst wird über die Übersetzung der Pedale. Im Straßenverkehr ist das nicht nur verboten, sondern für Ungeübte auch gefährlich – dementsprechend drohen Strafen, sofern man erwischt wird. Bei einigen Anbietern bekommt man die Kultfahrräder
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Gesehen auf willhaben um
singlespeed: die ein-Gang-räder sind durch die reduzierte ausstattung besonders leicht. Gerade gibt es bei willhaben etwa 250 singlespeed-bikes.
allerdings auch mit Bremsen – für Hobbyradfahrer und all jene, die sich hauptsächlich im Straßenverkehr bewegen, ist diese Variante geeigneter. Ebenfalls beliebt sind sogenannte Waffenräder. Sie wurden von der Österreichischen Waffenfabriks-Gesellschaft hergestellt, um deren Werke in Friedenszeiten auszulasten. Die Fahrräder zeichnen sich vor allem durch ihre Robustheit, aber auch durch ihre Einfachheit aus. Bekannte Hersteller sind beispielsweise Puch oder Steyr – die Räder gelten bis heute als Sammlerstücke. Wer ein Waffenrad kaufen möchte, sollte darauf achten, dass in der Verkaufsbeschreibung die Fahrtüchtigkeit angegeben wird.
Die Suche nach dem perfekten Bike Bei der Suche empfiehlt es sich, gleich im Vorhinein einen Preisrahmen anzugeben und einzustellen, ob man nach einer bestimmten Marke Ausschau hält. In der Marktplatz-App gibt es dazu neuerdings sogar eigene Kategorien für alle Arten von Rädern bis hin zu Singlespeed und Fixies. Zusätzlich sollte man Angaben zum Zustand des Rades beachten – überprüfen lässt sich dieser allerdings am besten beim Kauf vor Ort. Wichtig ist, dass keine groben Mängel am Rad vorhanden sind, denn Risse oder Dellen am Rahmen, sowie Rost und schlecht funktionierende Bremsen sind absolute No-Gos. Eine kurze Probefahrt sollte auch dem Hobby-Radfahrer ein Gefühl für den Zustand des Bikes geben, wobei viele kleinere Defekte durch ein günstiges Radservice behoben werden können. Gefällt das Rad also und konnten nur kleinere Mängel festgestellt werden, steht dem Kauf nichts mehr im Wege, und die meisten willhaben-Verkäufer lassen sogar noch ein wenig mit sich handeln. Lust auf die schönen Fahrradschätze bekommen? In der willhaben-App werden aktuell knapp 20.000 Bikes angeboten. ●
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WELLNESS
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URLAUB IM BADEMANTEL ZU ZWEIT Wir haben ein Pärchen ins gemeinsame Wellness-Wochenende geschickt. Sie haben uns Bericht erstattet. Beide.
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Michaela Pichler, Dominik Oswald
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»JA, DOMINIKS INNERE PRINZESSIN KAM AN DIESEM TAG WIRKLICH AUF IHRE KOSTEN.« MICHAELA
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GÖNNUNG ALL INCLUSIVE
WELLNESS
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MICHAELA
Zwei Tage Wellness, mit Dominik, in der Pampa. Genauer gesagt im Romantik-Hotel Schloss Pichlarn im Ennstal, wo sich zwischen viel Grün und wenig Flachland Jacuzzis, Golfplätze und Ayurveda »Gute Nacht« sagen. Nach einer richtig harten Woche klang das eigentlich ziemlich gut. Innerhalb der nächsten zwei Tage stellte sich ein aus Schlafen, Essen und Rumliegen bestehender Hedonismus ein, der gerne noch länger hätte anhalten können. Das erste, was wir in dieser Wellness-Oase machten, war erst einmal richtig lange schlafen – was in diesen fast schon zu weißen, in Hotels omnipräsenten Bettlaken erstaunlich gut funktioniert hat. Während sich Polo tragende 50+ auf der Driving Range (ein Golf-Übungsplatz, wurde mir gesagt) im langweiligsten Sport der Welt übten, testeten wir am Samstag stattdessen jede einzelne Sauna. Pro: Sauna. Contra: Ältere Männer mit khakifarbenen Chinos, die von eben jenem Golfplatz trotz meines Handtuchs herüber gafften und lautstark über meine äußere Erscheinung am »Frische-Luft-Tanken«-Balkon diskutierten. I was not amused. Die nächste Dampfbad-Sauna machte das zum Glück aber wieder wett. Mein absolutes Highlight – neben der erstklassigen, zweihaubigen fünf-Gän-
ge-Völlerei – war natürlich die Massage, nach der meine verspannte Nackenmuskulatur schon seit Wochen, Monaten, Jahren gelechzt hat. Um dem Klischee eines wellnessenden Paares endgültig gerecht zu werden, haben wir uns für das Pärchen-Package mit dem klingenden Titel »Romantik zu Zweit« entschieden – der (Hotel) Name ist hier wirklich Programm und wird auf Biegen und Brechen durchgezogen. Neben einem Meersalz-Peeling und dem langersehntem Durchkneten gab es auch noch ein Rosenblüten-Schönheitsbad mit anschließendem Prosecco. Ja, Dominiks innere Prinzessin kam an diesem Tag wirklich auf ihre Kosten. Geendet hat unser Trip dann ehrlicherweise doch nicht mit dem obligatorischem »Bademantel-mitgehen-lassen« – allerdings mussten die Hotel-Badeschlappen daran glauben.
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DOMINIK
WELLNESS
WELLNESS, WELL DONE. tisch, entscheiden uns für eine angekündigte romantische Verwöhnzeit zu zweit, die spontan für über zwei Stunden am nächsten Frühnachmittag anberaumt wird. Wir lassen uns peelen – und kaufen dann zuhause sogar Peelings für den Privatgebrauch –, schmeißen geistig Fuffies im Club ins Jacuzzi und lassen uns ganzkörpermassieren, Michaela schließt die Augen und sieht glücklich aus. Ein Gefühl, das mich beim an- und abschließenden Prosecco- und Obstmahl auch besteigt. Pool- und Saunalandschaften sind weitläufig, für unsere Benutzung bereit und schweißtreibend: Geknutsche in den Whirlpools – muss nicht peinlich sein, macht echt jeder in einem Wellnessresort – und Hitze in den Dampfbädern. Gemeinsamer Schweiß schweißt zusammen, die gemeinsame Angst vorm Ende eines Wochenendes aber auch. Das letzte Abendmahl ist ausgezeichnet, dass man trotz Check-Out um 5 vor 12 noch bis in den Abend den Spa-Bereich nutzen kann, aber auch. Traurigkeit überkommt uns dennoch, die Hitze, die Luft der Großstadt warten unbarmherzig auf herzverbundene Romantikurlaubende.
Wellnessurlaub also. Das vermeintlich letzte und todsichere Symptom für beginnende post-adoleszente, vermaledeite Spießbürgerlichkeit zog trotz vorurteilsvollem Image immer in seinen Bann. Zu sehr sind die müden Knochen und die mit Frischluft nicht gerade verwöhnten Lungen von gefühlt unzähligen Wochen am Monitor und im Büroalltag geschändet worden. Klischees bestätigen sich bei Ankunft nach dreistündiger Zugfahrt von Wien auch in Schloss Pichlarn, wo die Lungenflügel wieder richtig atmen lernen. In den Bergen ist es – eine schöne Abwechslung zum Brüten in den Großstädten – angenehm kühl, fast schon romantisch herbstlich: Personal trägt Tradition, das Publikum tradierte Geschlechterrollen. Das erste Abendessen, gleich nach Einchecken im Hotel, ist zweibehaubt und fünfgängig – passend zu den fünf Sternen des Hauses. Es schmeckt gut, wir freuen uns der güldnen Gaumenfreude. Nach dem Nachtisch gustieren wir am Rezeptions-
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romantik-hotel schloss pichlarn 8943 aigen im ennstal — www.pichlarn.com
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»WIR SCHMEISSEN GEISTIG FUFFIES IM CLUB INS JACUZZI UND LASSEN UNS GANZKÖRPERMASSIEREN, MICHAELA SCHLIESST DIE AUGEN UND SIEHT GLÜCKLICH AUS.« DOMINIK
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MODESTRECKE
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FOTOS
Ulrich Sperl MODELS
Martin Krahbichler, Kristine-Marie Rutchelle Raimund Bühler Ivana Sudimac TEXT
Alexander Berth LOCATION
Ein verlassenes Schulgebäude – somewhere in Styria
NATURE FIGHTS BACK Ein verlassenes Kurschwimmbad, von der Natur zurückerobert. Das ist die Location unserer Fotostrecke. Green Shirts nimmt sich ein Beispiel daran: Das Modelabel aus Bayern will der Textilindustrie zeigen, das man auch ohne Chlor schwimmen kann. Wir stellen vor.
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Grünes Shirt in blauer Farbe: Ivana trägt 100 % Bio-Baumwolle. Voll fair.
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Ein Klavier im Schwimmbecken: Auf Musikunterricht kann Martin lange warten - ist ja auch keine Schule. Das Sweatshirt sitzt aber. Hergestellt aus 60 % recycelter Bio-Baumwolle und 40 % recycelten pet-Flaschen.
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teirischer Dschungel, 1974: Ein Kurhaus mit Schwimmbad plante man. Sogar das Wasser war schon eingelassen. Zur Eröffnung kam es aber nie. 42 Jahre später hat die Natur ihren Platz zurückerobert. Fenster sind zerbrochen, Graffitis zieren die Wände. Green Shirts fühlt sich wohl hier. Das 2012 gegründete Modelabel mit Sitz in Bayern hat eine klare Vision: Ökologische Mode und Fair Trade-Shirts sollen zum Standard werden, die Industrie muss sich ändern. So verspricht Green Shirts ausschließlich Bio-Baumwolle zu verwenden. Wo kommt die her? Aus Indien. Denn Baumwollpflanzen in Mitteleuropa sind selten. Auch die Rohtextilien werden dort, sowie in Portugal und der Türkei, erzeugt. Niedriglohnländer sind nun mal das Rückgrat der Textilindustrie, was nicht bedeutet, dass Eco-Labels dort keine Wertschöpfung betreiben dürfen. Bedruckt und bestickt wird dann aber in Schweinfurt. Und wie garantiert man die hohen Qualitätsansprüche der Produkte? Die Fair Wear Foundation überwacht soziale Standards, das Carbon Trust-Siegel misst den CO²-Fußabdruck und diverse andere Labels versprechen Bio-Baumwolle. Finanzielles wird über eine ökosoziale Gemeinschaftsbank abgewickelt und die Webserver werden von Biohost betreut. Dass sich Green Shirts keine Gedanken gemacht hat, kann man ihnen definitiv nicht vorwerfen.
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Urban Gardening:
Gemeinsam draussen Der Urban Gardening-Trend ist gekommen um zu bleiben – deshalb gibt es fĂźr Hobbygärtner in Wien nun eine neue Anlaufstelle. m alltäglichen Grau-in-grau wĂźnschen sich viele Stadtmenschen etwas mehr GrĂźn. Damit die Wienerinnen und Wiener im stark wachsenden Stadtgebiet selbst GrĂźnraum schaffen, pflegen und auch eigenes Obst und GemĂźse anbauen kĂśnnen, fĂśrdert die Stadt Wien seit 2010 aktiv Gemeinschaftsgärten. Nach dem Vorbild anderer Metropolen wie Paris, Berlin, London oder New York sprieĂ&#x;t und blĂźht es in Wiens Bezirken. Das liegt am Enthusiasmus der Stadtgärtnerinnen und -gärtner und am tatkräftigen Einsatz der Stadt. Ăœber 50 Nachbarschaftsgärten wurden in den letzten Jahren von der Stadt unterstĂźtzt – sowohl mit FĂśrderungen als auch mit Sachleistungen und Know-how. SchlieĂ&#x;lich sind die Gärten in jeder Hinsicht eine Bereicherung: Sie sorgen fĂźr mehr GrĂźnflächen in den Bezirken und sie fĂśrdern das MiteinanEFS JO EFO (SĂ…U[MO s
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Alle Staaten, die im Einzugsgebiet der Donau liegen, feiern den Danube Day und festigen damit die Solidarität in der Zusammenarbeit und die gute Beziehung zwischen den Donauländern. Das sind neben Österreich auch das Donau-Ursprungsland Deutschland, die Slowakei und Tschechien, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro, sowie Rumänien, Bulgarien und die Ukraine. Der Danube Day ist damit das größte Fluss-Festival der Welt. Er wird im gesamten Donauraum gefeiert und soll die Bedeutung des Flusses als wichtigen Lebensraum, als Energiequelle, sowie Transportweg und Kulturraum unterstreichen. Auch in Wien wurde am 13. Juni gefeiert und über 1.000 Kinder und Jugendliche waren dabei! An interaktiven Info- und Aktionsständen gab es Wissenswertes über die Donau zu erforschen. Die Besucherinnen und Besucher konnten Wasserpflanzen unter die Lupe nehmen, erlebten den Hochwasserschutz hautnah und bekamen spannende Einblicke in die Donauberufe.
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Jedes Jahr im Juni feiern wir den Danube Day. Wir feiern, dass wir gemeinsam in die richtige Richtung gehen.
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Abenteuerpark im MuseumsQuartier: vom Kletterturm über das gemeinsame Musizieren mit den Gästen aus der Ukraine bis zu zahlreichen Spielen, Wettbewerben und Mitmachaktionen. Die beteiligten Initiativen machten den Danube Day zu einem spannenden Tag für alle Gäste.
Heuer war zum ersten Mal ein Gastland am Wiener Danube Day eingeladen. Die Ukraine stellte sich vor. Dieses Bild entstand am Danube Day und zeigt die Verbundenheit zwischen den beiden Ländern.
Wissenswertes aus der Donau – unter der Lupe sehen Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen gleich sonderbar fremd aus. Für die Kinder und Jugendlichen gab es neue Welten zu entdecken.
Das Organisationsteam des Danube Days 2016 (v. l. – DDr. Dorith Breindl, Sektion Wasserwirtschaft im bmlfuw, Mag.a Eva Michlits, viadonau, Mag.a Susanne Brandstetter, Sektion Wasserwirtschaft bmlfuw und Sabine Eisenschenk, Media Contacta)
Beim Generation Blue Stand wurde experimentiert – naturwissenschaftliche Phänomene wie die Brechung des Lichts oder die Tragfähigkeit von Salzwasser wurden anschaulich und unterhaltsam erklärt.
Schauspielerin Lilian Klebow war Patin beim diesjährigen Danube Day. Besser bekannt ist sie vielleicht als Penny Lanz aus der TV-Serie »SOKO Donau«, und genau deshalb war sie auch die ideale Botschafterin beim Danube Day. Umweltschutz ist ihr ein persönliches Anliegen.
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Baden in ausgezeichneter Wasserqualität
VERONIKA KOLLER-KREIMEL Veronika Koller-Kreimel ist Biologin und arbeitet in der Abteilung Nationale & Internationale Wasserwirtschaft im BMLFUW.
Fast alle Seen in Österreich haben ausgezeichnete Badewasserqualität. Waren österreichische Gewässer schon immer in einem so guten Zustand? Wir können tatsächlich stolz auf unsere Badegewässer sein. Allerdings war dies nicht immer der Fall. Früher wurden meist die Abwässer der Gemeinden direkt in den See eingeleitet. In den 1970er Jahren führte dies zu starken Eutrophierungserscheinungen in vielen österreichischen Seen – Massenentwicklung von Algen (»Algenblüten«) und Sauerstoffdefizite, die den Fischbestand gefährdeten waren die Folge. Durch den Bau von Ringkanalisationen und Kläranlagen mit hoher Reinigungsleistung konnten unsere Seen in den letzten Jahrzehnten wieder ökologisch saniert und gute, oft sogar ausgezeichnete Badewasserqualität erreichen.
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Was muss man tun, um diese Wasserqualität aufrecht zu erhalten? Es geht nicht nur darum sicherzustellen, dass keine ungereinigten Abwässer in Seen oder Seezubringer eingeleitet werden, es ist auch wichtig, dass keine übermäßigen Düngerabschwemmungen in die Gewässer erfolgen. Was kann jeder einzelne zu sauberem Badewasser beitragen? Vor dem Baden duschen? Sich erst nach dem Baden eincremen? Macht so etwas einen Unterschied? Das sind sicher alles richtige Maßnahmen. Es macht natürlich einen Unterschied, ob es sich um eine großen See oder einen kleinen Baggerteich handelt und natürlich spielt auch die Anzahl der Badenden eine Rolle. Aber man sollte sich grundsätzlich bemühen, nicht die Umwelt zu verschmutzen und auf die Hygiene zu achten. Wichtig ist es, keine Wasservögel zu füttern. Was heißt eigentlich Badewasserqualität? Was sind »hygienische Aspekte« für den Menschen? Grundsätzlich werden jene Parameter kontrolliert, die Auskunft über eine Gesundheitsgefährdung für den Menschen geben, also etwa die Konzentration an Fäkalbakterien, da mit dem Eintrag von Fäkalien Krankheitserreger übertragen werden können. Oder es wird die Konzentration bestimmter Bakterien, Viren oder Parasiten untersucht. Auch die Gefährdung durch Blaualgen, die bestimmte Nervengifte bilden können, wird überprüft.
BILD Vienna Tourist Board CC BY 2.0, Privat
Österreichs Badeseen haben ausgezeichnete Badewasserqualität – also ab ins Wasser! — Lässt es das Wetter zu, sitzen Herr und Frau Österreicher im Sommer am liebsten an den heimischen Badeseen und Badeflüssen. Nichts ist erfrischender als ein Sprung in den Wörthersee, nichts spaßiger als Planschen an der Alten Donau oder ein Wochenende am Traunsee. Und damit gleich die gute Nachricht: praktisch alle Badegewässer in Österreich haben gute oder ausgezeichnete Badewasserqualität! Gewässer werden nach zwei unterschiedlichen Gesichtspunkten bewertet. Die Badewasserqualität bezieht sich auf die hygienischen Aspekte und betrifft die badenden Menschen. Bei der chemischen und ökologischen Qualität geht es neben der Schadstoffbelastung auch um eine gesamtheitliche Bewertung des Gewässerökosystems. Die Anforderungen an die Badewasserqualität ist im Bäder-Hygienegesetz festgelegt, das die Wasserqualität in öffentlichen Bädern gesetzlich regelt. Badestellen an Seen und Flüssen werden in der Badesaison laufend gemäß EU-Badegewässerrichtlinie kontrolliert, wobei in erster Linie die Verschmutzung mit Fäkalkeimen überprüft wird. Das aktuelle System bewertet die Gewässer mit Schulnoten, wobei 1 »ausgezeichnet« bedeutet und 4 »mangelhaft«. 2015 hatte nur ein Gewässer ein »mangelhaft« erhalten, ein Baggersee. Ein einziger bekam eine 3 (»ausreichend«) und einige eine 2 (»gut«). Die überwiegende Mehrheit der Seen hat aber ausgezeichnete Badewasserqualität.
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INNSBRUCK NATURE FILM FESTIVAL
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INTERVIEW
Irina Zelewitz
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Dominique Köhler
»BEI JEDEM LÄUFT BEIM WORT ›NATUR‹ EIN ANDERER FILM IM KOPF AB« Naturfilme: Von 18.–21. Oktober feiert das Innsbruck Nature Film Festival sein 15. Jubiläum. biorama hat mit dem Festivaldirektor und Tiroler Umweltanwalt Johannes Kostenzer über seine Amtsauffassung und die Weiterentwicklung des Festivalprojekts gesprochen.
Du bist Tiroler Umweltanwalt und Naturfilmfestivaldirektor. Was macht die Tiroler Umweltanwaltschaft anders als die anderen? Jedes österreichische Bundesland hat eine Umweltanwaltschaft, aber einige davon konzentrieren sich auf die Aufgaben, die ihr per Gesetz übertragen sind: die Interessen der Natur bei Behördenverfahren zu vertreten. Mein Ansatz, als ich das vor acht Jahren übernommen habe, war: Ja, dieser Anwaltsteil ist wichtig, aber im Grunde geht’s mir um Sensibilisierung für einen sorgsamen Umgang mit unserer Umwelt. Das kann ich einerseits über die Verfahren machen, indem ich etwa zu einem Projekt sage: Wir sehen hier zu schwerwiegende Eingriffe – machen wir es lieber anders. Andererseits ist es mir wichtig, dass wir positive Beispiele zeigen, mit denen wir das friedvolle Erleben der Natur in den Vordergrund stellen. Eines unserer vielen Projekte – einst
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ganz klein, mittlerweile mit Abstand das größte – ist das Filmfestival. Was wurde in den letzten Jahrzehnten richtig gemacht, um mit Projekten auch öffentlich wahrgenommen zu werden? Wir sind zu neunt im Büro in Innsbruck, zusätzlich haben wir noch 18 ehrenamtliche Naturschutzbeauftragte in den Bezirken. Die setzen sich für den Naturschutz ein, was nicht immer leicht ist, weil man mitunter angefeindet wird, wenn man sich für den Schutz eines Moores oder einer Bergwiese einsetzt. Es war immer mein Ziel, dass wir auch außerhalb der anwaltschaftlichen Arbeit wahrgenommen werden. Es gelingt uns aber zu wenig, den Mehrwert, den unsere Projekte generieren, zu transportieren. Für die Zeitungen sind wir nur interessant, wenn es einen Konflikt wegen des Ausbaus eines Schigebiets oder eines Kraftwerks gibt.
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Das ist schade, denn auch wenn es anmaßend klingt: in die Natur und spielt dort Golf auf einem Platz. Wenn Ich glaube schon, dass wir etwas richtig gemacht haben. du einen Biologen fragst, sagt der, er geht in die Natur – Ein Beispiel? und dann geht er in die Wildnis. Es gibt Hunderte KonWir wissen, dass in Europa der größte Naturverlust notationen des Wortes Natur. Deswegen versuche ich durch die Landwirtschaft passiert. Die bodenbrütenden diesen Begriff beispielsweise bei einer Bauverhandlung Vögel stehen inzwischen fast alle auf der roten Liste der zu vermeiden. Bei jedem Zuhörer läuft sonst ein Film bedrohten Arten. Alte Getreide, die gegen Wetterkap- ab, der ihm sagt, worum es geht, aber das ist bei jedem riolen unempfindlich sind, haben in Zeiten des Klima- ein anderer Film. Ich muss konkret werden und von wandels besondere Vorteile. Die werden auf eine Wei- den Bäumen, dem Bach oder dem Wiederaufbau des Hochgebirgsrasens reden, nur so kann ich vermitteln, se angebaut, die den Vögeln einen Brutplatz ermöglicht. Die Biobauern verpflichten sich, die Vögel ein Monat was mir wichtig ist. Wenn ich gesagt habe: »Mir ist die lang nicht beim Brüten zu stören. Für die Rücksicht- Natur wichtig!«, hab ich noch nie jemanden getroffen, nahme bekommen sie von uns eine Entschädigung und der gesagt hat: »Mir nicht!« die Möglichkeit der Vermarktung des Biogetreides über Welcher Trend zeichnet sich bei den Einreichungen die regionale Biolinie »Bio vom Berg«. heuer ab? Der Konsument bekommt ein Produkt, dass schadEs geht heuer in vielen Filmen um Amenity Migration: Um jemanden, der in der Gesellschaft gut veranstofffrei, naturschonend und biozertifiziert produziert kert ist, einen guten Arbeitswurde. Somit haben Vogel, Bauer und Konsument einen Vorteil. platz hat, aber aus dem liberalen Wie steht es um die FinanWirtschaftssystem ausbrechen zierung der Umweltanwaltwill und sich einen Ort sucht, an dem er etwas anbauen und schaft? leben kann. In vielen EinreiWir haben ein Grundbudget, das im Vergleich etwa zu Touchungen geht es um Menschen, rismusförderungen natürlich die diesen Schritt in die Subsislächerlich ist. Aber wir arbeitenzarbeit wagen. Weg von der Johannes Kostenzer Befriedigung von Bedürfnissen, ten viel über Kooperationen, im die durch Werbung oder andeBereich des Innsbruck Nature Film Festival (inff) auch mit Sponsoren, die dieses Fes- ren gesellschaftlichen Druck geschaffen werden. Da tut tival erst möglich machen. Über diesen Punkt habe ich sich was, speziell in Europa, das wird bei den Einreilange nachgedacht. Als Umweltanwaltschaft kann man chungen sichtbar. nicht einfach Sponsorengelder annehmen. Das machen Welchen Film aus dem Vorjahr sollte man sich jedenwir daher unter ganz strengen Kriterien, um sicherzu- falls ansehen, falls man ihn übersehen hat? Unser Vorjahressieger »DamNation«, produziert von stellen, dass die Gelder von Sponsoren kommen, mit denen wir nicht in einer Verfahrensverbindung stehen. zwei Kajakfahrern aus den usa ohne große ProduktiIch will kein Geld von einem Kraftwerksbetreiber, der onsfirma. Es geht um Flüsse, die in den letzten Hundert dann ein Kraftwerk bauen will und wir sollen als Partei Jahren aufgestaut wurden. In den usa hinterfragt man die Interessen der Natur vertreten. in letzter Zeit viele dieser Staudammprojekte, es sind Was ist die Vorstellung von Natur, die sich als roter schon über 60 gesprengt worden. Der Film ist schön, Faden durch die 15 Jahre Festivalgeschichte zieht? spannend und kurzweilig, ich kann ihn sehr empfehlen. Die Wortfolge inff ist eine Marke. Das »Nature« Ist diese Filmempfehlung auch ein Statement zum dient der verkürzten Versinnbildlichung, dass es um ein Thema Wasserkraft? Umweltthema geht. In diesem Zusammenhang fokussieJa, es ist ein Statement, was Wasserkraft betrifft. Denn ren wir nicht nur auf Naturfilme, sondern auch auf die ich finde, man muss sich gut überlegen, wo man solche Themen Umwelt, Boden, Ernährungssouveränität, alles Projekte umsetzt. Es gibt durchaus Standorte, wo das möglich ist, auch nach wie vor in Tirol. Zum Beispiel rund um einen sorgsamen Umgang oder eben nicht so eines an der Rosanna, das kann ich absolut mittragen. sorgsamen Umgang mit unserem Planeten. »Innsbruck Environmental Film Festival« wäre vielleicht korrek- Aber es gibt auch viele Standorte, wo attraktive oder seltene Gewässerstrecken betroffen sind, wo besondeter, aber etwas sperrig. Der Begriff Natur ist abstrakt, re Tiere leben und man mit einem Ausbau vorsichtig jeder versteht etwas anderes darunter. Ein Jäger geht in die Natur und schießt dort ein Reh. Ein Golfer geht sein sollte.
»WIR WISSEN, DASS IN EUROPA DER GRÖSSTE NATURVERLUST DURCH DIE LANDWIRTSCHAFT PASSIERT.«
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Seit 2001 bietet das Innsbruck Nature Film Festival eine Plattform für internationalen Naturfilm. An vier Festivaltagen gehören zum Programm Filmpräsentationen, Workshops und ein Rahmenprogramm für ökologischen, technischen und künstlerischen Diskurs. Veranstalterin des INFF ist die Tiroler Umweltanwaltschaft. Innsbruck Nature Film Festival Leokino, 18. bis 21. Oktober 2016 618 Einreichungen aus 89 Ländern. 51 Festival-Beiträge auf der Shortlist.
Hat die Internationalisierung des Festivals zu höheren Besucherzahlen geführt? Ja, die Zahlen sind stetig gestiegen, aber wir stehen eigentlich an. Mehr als das Kino fassen kann, geht nicht, außer wir würden verlängern. Das Ziel ist, unsere Qualität zu halten. Wir versuchen, Filmemachern, Sendern, Produktionsfirmen, Kameraleuten eine Plattform zu bieten. Wie geht’s denn der Branche, besonders der in Österreich? Reichen jedes Jahr dieselben Filmemacher ein? Es sind schon Fixstarter dabei. Österreich hat im Bereich Naturdokumentationen eine besondere Position. Was umweltrelevante Filme betrifft, sind es eher kleinere Produktionsfirmen, die einreichen, da ist es unberechenbarer, wer einreichen wird. Aber auch für die großen Produktionsfirmen ist es keine sichere Angelegenheit, dass ihr Film ins Programm genommen wird. Wir haben cineastische Ansprüche auch an den Naturfilm, da reicht es nicht, wenn es die schönsten Aufnahmen des Eisvogels beim Fische fangen sind. Welcher Schwerpunkt erwartet uns heuer beim Festival? Wir haben heuer zum zweiten Mal einen Schwerpunkt auf dem Thema Boden. Außerdem möchten wir das Festival über den Kern im Kino hinaus in die Stadt tragen. Man soll in der Stadt spüren, dass etwas los ist, bei dem es um Sensibilisierung für unsere Umwelt geht, dazu bieten wir einiges gemeinsam mit Kooperationspartnern: Es wird in der Altstadt aus Abfällen gekocht werden, Wastecooking von Transition Tirol. Eine Installation des Architektenkollektivs columbosnext auf den Parkplätzen vor dem Kino, das aus Recyclingholz den Raum vor dem Kino als Aufenthaltsraum gestaltet, bricht die Hausfassade optisch auf. Damit Leute, die noch nie in diesem Kino waren, stehenbleiben und sich dafür interessieren, was los ist. Wir wünschen uns, dass auch viele Gemeinschaftsgärten mitmachen, dass es in Innsbruck insgesamt eine grüne Woche wird.
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Helena Zottmann
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VON LÖWEN UND BÄREN – WIE DER NATURFILM INS FERNSEHEN KOMMT Naturfilme: Der Dienstag-Abend ist auf ORF 2 einem besonderen Programm gewidmet: »Universum«. Seit 1987 sorgt die österreichische Doku-Serie in den Wohnzimmern für Abendunterhaltung – und auch bei ausländischen Fernsehanstalten für Umsatz.
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In der Universum-Redaktion langen täglich Angebote für Dokus ein – aus aller Welt.
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o aufregend die Arbeit mit den vielen Weltreisen und dem naturnahen Arbeiten klingen mag: Naturfilmer brauchen viel Geduld und Verhandlungsgeschick. Oft warten sie monatelang auf die Finanzierung ihrer Projekte, ehe sie sich mit ihren Kameras in die Natur begeben und ihr Projekt umsetzen können. »400.000–500.000 Euro muss man etwa für einen 50-Minüter kalkulieren«, schätzt Michael Schlamberger von Science Vision. Rita Schlamberger ist Biologin, Michael Mediziner und beide sind Taucher und Piloten. Sie gelten als Experten für Natur-Dokus in Österreich. Sie produzieren seit 1992 für den orf, Servus TV, arte, ndr oder bbc. Jedes Projekt bedeutet mehrere Jahre Arbeit und allein die Vorbereitung dauert oft Monate, da sich Fernsehanstalten, Produktionsfirma und oft auch Fördergeber über Rechtliches und Inhaltliches einiges müssen. 2014 wurden knapp 16.000 Doku- und Magazinminuten vom orf mit 16 Mio. Euro unterstützt. Auf die Minute gerechnet liegen die Finanzierungsbeiträge damit bei rund 1.000 Euro, das wären 50.000 Euro für einen 50-Minüter – ein Zehntel der bei Science Vision geschätzten 500.000 Euro Produktionskosten. Da ist es nur logisch, dass eine Fernsehanstalt alleine die Produktionskosten nicht tragen kann. »Das Optimum wäre«, meint Franz Fuchs von der orf Universum-Redaktion, »wenn sich vier Sender mit ähnlicher Ausrichtung mit etwa gleich viel Geld beteiligen und eine Produktionsfirma die Arbeit übernimmt.« In der Praxis sind die
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»MIT FRANKREICH, DEUTSCHLAND, GROSSBRITANNIEN UND DEN USA GIBT ES EINE GUTE KOPRODUKTIONSKULTUR« Franz Fuchs, Redakteur
Sender aber mit unterschiedlich viel Geld und dementsprechend unterschiedlichen Rechten beteiligt. Fuchs ist für internationale Koproduktionen zuständig und wählt die Projekte nach inhaltlichen und wirtschaftlichen Kriterien aus. »Ich bekomme täglich Angebote für Filmprojekte. Aus dem Pool suche ich dann heraus, was inhaltlich passt und schaue, was finanzierbar ist«, erzählt er. Finanzierbar wird ein Film, wenn etwa drei bis fünf Sendeanstalten finanziell beteiligt sind, dafür braucht es in einem kleinen Fernsehland wie Österreich internationale Zusammenarbeit. »Mit Frankreich, Deutschland, Großbritannien und den usa gibt es eine gute Koproduktionskultur«, sagt Fuchs. Manchmal reicht das Geld trotz internationaler Zusammenarbeit nicht aus. Dann muss zusätzlich um Förderungen angesucht werden – auf nationaler Ebene oder auch auf Ebene der Bundesländer. Enrico Jakob
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Naturdokus holen Exotik in den Alltag. Die Arbeit der Naturfilmer ist allerdings kein leichter Job – und mitunter gefährlich.
ist Generalsekretär bei der Cinestyria, der Regionalförderanstalt in der Steiermark: »Wir fördern im Jahr drei bis sechs Naturdokus.« Dabei zählt vor allem der Imagetransfer von Österreich als Film-Location und als Tourismusland. Hochglanzformate wie Universum, die auch international gezeigt werden, haben daher auch den größten Wert und Vorrang bei den Förderstellen. Bei der Auswahl der Filmprojekte wird ebenso auf internationales Interesse geachtet. »Ähnlich wie bei einer wertbeständigen Aktie haben jene Filme Vorrang, die sich erfolgreich senden und in den nächsten zehn Jahren gut verkaufen lassen«, sagt Fuchs. Franz Fuchs ist seit fünf Jahren bei Universum. Damals musste sich das Universum-Redaktionsteam neu formieren, als Universum-Mitbegründer Walter Köhler mit dem gesamten Redaktionsteam den orf verließ, um mit dem Red Bull Media House die Tochterfirma Terra Mater zu gründen. Beim ORF stand man dann vor der Herausforderung, ein hochwertiges Produkt wie Universum auf gleichem Standard weiterzuführen und ein neues Team rund um Universum-Chef Andrew Solomon aufzubauen, das dieser Aufgabe gewachsen ist. »Die österreichischen Produktionsfirmen waren international schon so angesehen, dass man rasch ein Kontinuum finden konnte. Aber natürlich gab es am internationalen Markt vorerst eine gewisse Skepsis«, sagt Franz Fuchs.
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Die Naturfilm-Branche boomt. »Schaut man derzeit nach Südosteuropa oder nach Asien, so werden da gerade große Naturfilmpakete gekauft, weil das Publikum dort plötzlich auf den Naturfilm gekommen ist und sie Content brauchen«, sagt Fuchs. Auch für junge Filmemacher in Österreich ist die Arbeit lukrativ, wenn auch umkämpft. Enrico Jakob sagt: »Die Geschäftsfelder sind klar abgesteckt, das heißt es sind einige Player am Markt, die gut etabliert sind. Da als neuer reinzukommen, ist nicht leicht.« Und auch Fuchs beobachtet: »Es könnte durchaus mehr Nachwuchs in Österreich geben, allerdings wundere ich mich, dass so wenige Leute von einem Biologie-Studium kommen. Experten tun sich leichter im Bereich Naturfilm, das Technische kann man lernen.« Enrico Jakob empfiehlt, sich als Newcomer an etablierte Produktionsfirmen zu wenden und dort das Handwerk zu lernen und Kontakte zu knüpfen. Aber auch wenn die Branche derzeit gute Chancen bietet, muss man trotzdem bescheiden bleiben. Der große Reichtum wartet höchstens in Form von Abenteuern. filmwirtschaftsbericht.filminstitut.at www.rtr.at www.cinestyria.com www.sciencevision.at www.metafilm.at
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NATURFILM DIY
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Helena Zottmann
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ILLUSTRATION
Hanna Waldbauer
INTO THE WILD Naturfilme: Den eigenen Naturfilm drehen, davon träumen viele. Verwackelte Aufnahmen auf Smartphone oder Actioncam sind häufig das Resultat. Wir haben einige Tipps für den gelungenen Einstieg ins Naturfilm-Hobby gesammelt. DIE GRUNDAUSRÜSTUNG Eine digitale Spiegelreflexkamera mit Filmfunktion ist bereits ein sehr umfassendes Gerät und kann bei richtigem Handling wunderschöne Aufnahmen machen. Allerdings sollte man sich mit dem Gerät ein wenig auseinandersetzen und die wichtigsten Funktionen kennen, bevor man ins Grüne aufbricht. Action-Kameras eignen sich für Szenen unter Wasser und sind wetterfest. Allerdings muss man bei den Aufnahmen mit Bildkorrekturen in der Nachbearbeitung rechnen. Smartphones machen inzwischen teilweise brauchbare Filmaufnahmen und haben oft eine Zeitlupenfunktion. Für Establishing-Shots, also für Totalen zum Einleiten eines Schauplatzes, eignen sich Handyaufnahmen gut. Auch verschiedene Objektive machen unterschiedliche Aufnahmen. Ein Makro-Objektiv, ein Teleobjektiv und ein Objektiv mit Normalbrennweite gehören zur Grundausstattung. Ein professioneller Film braucht ruhige Aufnahmen. Die Investition in ein stabiles Stativ lohnt sich ebenfalls.
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9 TIPPS FÜR DIE PRAXIS »Generell geht man einen Naturfilm gleich an wie einen Spielfilm«, sagt Profi-Naturfilmer Michael Schlamberger von Science Vision. Das bedeutet, sich auf ein Thema zu konzentrieren und durch Recherche eine spannende Geschichte zu finden, die man erzählen möchte. Neben der spannenden Geschichte braucht es aber vor allem atemberaubende Bilder und die findet man nicht an jeder Ecke. Mit diesen Tipps gelingen dir bessere Bilder.
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Steh früh auf. Im Filmjargon spricht man von der »Golden Hour«: Morgen- und Abenddämmerung machen schönes und interessantes Licht. Diese Zeit dauert leider nur kurz, aber dafür werden die Aufnahmen spannend. Im Gegensatz dazu ist das Licht zwischen 10 und 16 Uhr sehr hart und macht harte Schatten.
Mach ruhige Aufnahmen. Ein professioneller Film braucht ruhige Aufnahmen. Nutze einfach einen SelfieStick, investiere in ein Stativ oder bastle ein Steadybag: fülle einen etwas größeren Sack mit Reis und bette die Kamera darin ein.
Geh in den Regen. Geh hinaus, wenn es regnet oder das Wetter schlecht ist. Oft passiert gerade dann das Spannendste in der Tierwelt. Ein bewölkter Himmel macht außerdem schönes, gleichmäßiges Licht.
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Begib dich auf Augenhöhe. Zeige dein Tier auf Augenhöhe. Ganz tiefe Aufnahmen kann man mit einem umgedrehten Stativ erreichen: befestige die Kamera dazu am Stativ und filme verkehrt ganz nah am Boden. Das Bild kannst du dann im Schnitt um 180 Grad drehen.
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Denke beim Dreh schon an den Schnitt. Unterschiedliche Einstellungsgrößen und Effekte wie Zeitlupen oder Zeitraffer machen den Film abwechslungsreich. Spiele mit Totalen und Halbtotalen, sowie mit Detailaufnahmen und Super-Close-ups. Faustregel: 2/3 Großaufnahmen, 1/3 Totalen.
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Lass die Kamera laufen. Gerade bei Tieraufnahmen weiß man nie, wann etwas Spannendes passiert. Spare deshalb nicht mit Aufnahmen. Hab Geduld und packe genügend Speicherkarten ein!
Denke an den Ton. Auch die schönsten Bilder brauchen akustische Untermalung. Mache deswegen zu jedem Setting eine sogenannte Atmo. Dazu nimm einfach mit dem Smartphone den Ton des Schauplatzes auf. Die Sequenz sollte mindestens so lang sein, wie die Szene am Schluss dauern soll, lieber etwas länger. 5 bis 10 Minuten sollten aber genügen.
Kenne deine Story. Formuliere deine Geschichte in einem einfachen Satz, dann hast du den roten Faden. Für die Recherche konsultiere einen Bio-Professor, schaue andere Dokus an und gehe in den Zoo oder in den Tierpark.
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Geduld. Wer nur wenig Geld für die Produktion hat, kann mit Zeit punkten. Gute Vorbereitung erspart Ärger und garantiert Qualität auch bei geringem Budget. Ausdauer und viel Wissen sind deine besten Freunde!
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BIORAMA Nº. 44
NATURKOSMETIK
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NUR KOSMETISCH NATÜRLICH? EIN WEGWEISER DURCH DIE NATURKOSMETIK Vegan, bio, öko, gentechnikfrei, fairtrade, ohne Tierversuche, naturnahe Kosmetik, Pflanzenkosmetik, Naturkosmetik … Kaum jemand weiß, was im Kosmetikbereich hinter diesen Labels im Detail steckt.
H
inzu kommt: Ist auf einem Kosmetikprodukt auch nur eine dieser Bezeichnungen zu finden, ist die Versuchung groß, sich vorzumachen, auch alle anderen Nachhaltigkeitserwartungen wären mitgemeint. Wer wissen will, was er seinem größten Körperorgan tatsächlich täglich zumutet, muss genauer hinschauen.
DIE BASICS Als Antithese zu Kosmetik aus Silikonen, Polyethylenglycolen, synthetischen Farb- und Duftstoffen, Aluminiumsalzen, und Erdölprodukten wie Paraffinen hat sich über Jahrzehnte sukzessive die Naturkosmetik positioniert. In die einstige Öko-Nische sind mittlerweile auch die internationalen Kosmetikriesen eingedrungen. Was Naturkosmetik umfasst und was nicht, ist allerdings nicht einheitlich oder gar gesetzlich definiert. Im Gegensatz zum Lebensmittelsektor gibt es im Kosmetikbereich keine EU-weiten verpflichtenden Standards, die erfüllt werden müssen, um sich Naturkosmetik nennen zu dürfen. Die wichtigsten Definitionsversuche (etwa die von Wikipedia, dem Europarat oder dem Österreichischen Lebensmittelbuch) haben folgendes gemeinsam: Naturkosmetik besteht aus natürlichen pflanzlichen, tierischen und mineralischen Rohstoffen, die Mensch und Umwelt schonen.
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NATÜRLICH IST DAS NATÜRLICH! Was »natürlich« und »schonend« ist, ist streitbar. Vor allem, wenn es eine milliardenschwere Wachstumsbranche wie die rund um diffus »grüne« Kosmetik betrifft. Auch Naturkosmetik bedeutet nicht zwingend Biokosmetik und schon gar nicht vegan oder sozial verträglich produziert. Doch zumindest haben sich – durch hohe Ansprüche vieler Hersteller an sich selbst einerseits und durch eine Erwartungshaltung der Konsumentinnen andererseits – Mindestanforderungen herauskristallisiert. So ist eine grundlegende Abgrenzung der Naturkosmetik von einer immer größer werdenden Produktpalette an naturnaher Kosmetik gelungen. Als naturnahe Kosmetik (teilweise auch als »Pflanzenkosmetik« ausgewiesen) gelten Produkte, in denen sich – zumindest auch – pflanzliche Wirkstoffe befinden. Ein Verzicht auf synthetische Inhaltsstoffe ist aber kein Charakteristikum. Als Greenwashing und Täuschung der Konsumentinnen fassen das die einen zusammen. Andere als Mix aus dem Anwendungskomfort synthetischer Träger- und Konservierungsmittel und der Wirkung pflanzlicher, mineralischer oder tierischer Inhaltsstoffe.
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Irina Zelewitz Magdalena Meergraf
NaturkosmetikCamp DH Studio
LEVEL 1 Bis zu einem bestimmten Level scheint die Ethik der Naturkosmetikhersteller selbst erstaunlich gut zu funktionieren: Ein Großteil der Produkte, die sich Naturkosmetik nennen, ohne eines der weithin als seriös anerkannten Zertifikate aufzuweisen, erfüllen allem Anschein nach einen Katalog an Mindestkriterien. Das hat unter anderem ein heuer von Global 2000 anhand von in Drogeriemärkten, Reformhäusern und Bio-Supermärkten gefundenen Produkten durchgeführter Naturkosmetik-Check gezeigt: Alle 317 als Naturkosmetik ausgewiesenen getesteten Produkte waren »frei von hormonell wirksamen Inhaltsstoffen und anderen synthetischen Konservierungsmitteln, Duft- oder Farbstoffen«. Daraus entstand auch eine Liste, die Global 2000 online zur Verfügung gestellt hat.
Naturkosmetik-Check 2016 der NGO Global 2000 inklusive Liste der getesteten Produkte und einer Liste schwarzer Schafe: www.global2000.at/der-global-2000-naturkosmetik-check Zum Nachschlagen von Inhaltsstoffen online: Internationalen Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe (INCI) inci.personalcarecouncil.org/inci-app/ Österreichischen Lebensmittelbuch – Naturkosmetik www.lebensmittelbuch.at/kosmetische-mittel/naturkosmetik/
WARUM DANN SO KOMPLIZIERT? Wieso gibt es überhaupt so viele Naturkosmetikprodukte, die nicht mit einem der weithin anerkannten Zertifikate ausgezeichnet ist? Und warum gibt es kein einheitliches Siegel, das europa- oder zumindest landesweit auf einen Blick klarstellt: Hier handelt es sich um Naturkosmetik und so lauten die Kriterien dafür? Kurz: Erstens, weil viele verschiedene Kriterien als erstrebenswert angesehen werden und zweitens, weil nicht alle Standards eines Siegels von jedem Hersteller erfüllt werden wollen oder können – schon gar nicht mit seiner ganzen Produktpalette.
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LEVEL 2 Da ist sie wieder, die Frage: Muss Naturkosmetik bio sein, sozial verantwortlich produziert sein und muss das für alle oder nur für einen Prozentsatz der Inhaltsstoffe zutreffen? Muss sie umweltschonend verpackt werden oder reicht der Verzicht auf »Chemie« und manche Verarbeitungsverfahren? Was passiert, wenn manche Rohstoffe weltweit schlicht nicht in Bioqualität verfügbar sind oder wenn ein Produkt ohne synthetische Konservierungsmittel zu schnell zu stark verunreinigt? Im Dschungel der Siegel spiegelt sich die Vielfalt der Konsumentenwünsche, der Hersteller und deren Schwerpunkte wieder. Außerdem: Je weitergehend ein Gütesiegel, desto aufwendiger der Zertifizierungsprozess. Aufwendig heißt in diesem Fall auch teuer. Kleinen Herstellern bleibt oft nichts anderes übrig, als auf Zertifizierung zu verzichten oder sich selbst zu zertifizieren – nach unterschiedlichsten Kriterien und in oft kaum nachvollziehbaren Verfahren. Gerade die Selbstzertifzierung kann aber auch zur Konsumententäuschung missbraucht werden.
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ZURÜCK AN DEN START! Beides aber, keine Zertifizierung oder eine, deren Aussagen schwer nachvollziehbar sind, wirft alle, die es genau wissen wollen, an den Anfang zurück: Entweder man informiert sich mühevoll über die Inhaltsstoffe jedes einzelnen Produkts, studiert Beipackzettel und schlägt beispielsweise online in der Internationalen Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe (inci) nach. Oder man informiert sich umfassend über einen Produzenten / eine Marke, der man dann vertraut. Wem das zu aufwendig ist, der wird sich eher auf die großen Gütesiegel – teilweise von Herstellerverbänden, teilweise von unabhängigen Stellen – für zertifizierte Naturkosmetik beschränken. Eine Auswahl der größten bzw. strengsten:
LEVEL 3 In Österreich gibt es eine unabhängige Zertifzierungsstelle, die nach dem im Österreichischen Lebensmittelbuch festgelegten Standards für Biokosmetik dieses Zertifikat ausgibt. Das bdih ist das deutsche Siegel eines Zertifizierungszusammenschlusses, der sich international unter dem Namen cosmos auf gemeinsame Mindestkriterien geeinigt hat. Den bekannten nationalen Logos bdih oder ecocert (Frankreich) wird der Zusatz »cosmos natural« oder »cosmos organic« (wenn mindestens 95 % der pflanzlichen Rohstoffe aus biologischem Anbau stammen) hinzugefügt. Der in Belgien angesiedelte Verband wurde mit dem Ziel gegründet, eine gesetzliche Definition von Naturkosmetik zu erreichen. Natrue zertifiziert auf drei Ebenen von Naturkosmetik bis Biokosmetik: »Natural Cosmetics« – »Natural Cosmetics with Organic Portion« (min. 70 % Bio-Anteil der pflanzlichen Inhaltsstoffe) – Organic Cosmetics (min. 95 % der pflanzlichen Inhaltsstoffe) Das Demeter-Logo garantiert, dass 100 % der pflanzlichen Inhaltsstoffe aus BioAnbau stammen, davon mindestens 90 % aus Demeter-zertifiziertem Bio-Anbau.
FAST AM ZIEL Unser Fazit: Trotz der Nachhaltigkeitssuggestionen, mit denen versucht wird, konventioneller Kosmetik (durch Farben, Wortwahl, Verpackungsgestaltung) einen Hauch von Natur umzuhängen, ist es nicht so schwer wie vermutet, diese von Naturkosmetik zu unterscheiden. Insgesamt hat der Begriff Naturkosmetik gute Chancen, zunehmend glaubwürdig ein ganzes Bündel an Nachhaltigkeitskriterien zu vertreten. Er ist somit Orientierungshilfe für die mächtigen mündigen Konsumentinnen und gleichzeitig eine Basis, auf der künftige gesetzliche Standards aufbauen könnten. Solche Standards sind notwendig, damit mehr Klarheit in die grüne Kosmetik einzieht. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir sie europaweit haben, so auch der Tenor in der Branche.
Logos wie das des internationale Herstellerverband gegen Tierversuche in der Kosmetik (ihtk) oder das Siegel der Vegan Society sagen nichts darüber aus, ob es sich bei einem Produkt um Natur oder um Biokosmetik handelt.
biorama-Redakteurinnen bei der Recherche im Allgäu: Am Naturkosmetik-Camp denkt die Branche über Trends und Entwicklungen nach.
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SPONTANE SCHAUMPARTY BIORAMA Nº. 44
GLASGEFLÜSTER / Sarah Krobath und Jürgen Schmücking
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ILLUSTRATION Nana Mandl
Wir lassen die Kronkorken mit zwei prickelnden Naturweinen knallen.
Sarah
Jürgen
So ein Rosé-Schaumwein hat’s nicht leicht. Als Mädchenblubberwasser verschrien, darf er oft nur zum Aperitif kurz »Hallo« sagen und wird meist abserviert, bevor der Abend richtig losgeht. Das lässt sich der Pet Nat Rosé 2015 von Fuchs und Hase nicht gefallen. Statt mit einer Schachtel Pralinen würde Forrest Gump das Leben heute womöglich mit einer Flasche Pet Nat vergleichen. Bei der einfachen Flaschengärung nach Méthode ancestrale weiß man nie, was man kriegt. Und auch wenn dieses Jahr alle Flaschen recht homogen seien, halte er sie beim Öffnen der Kronkorken trotzdem ein Stück weg – sicherheitshalber, so Alwin Jurtschitsch. Unter dem 2014 gemeinsam gegründeten Label »Fuchs und Hase« bringen die Kamptaler Winzer Stefanie und Alwin Jurtschitsch mit Anna und Martin Arndorfer Schaumweine spontanvergoren und ohne jegliche Zusätze auf den Markt. Wer sich vom blumigen Etikett nicht beirren lässt, merkt schnell: der hefetrübe Rosé hat mehr vom listigen Fuchs als dem vorsichtigen Meister Lampe. Die knochentrockene Cuvée aus Zweigelt und Cabernet Sauvignon mit feiner Perlage, fruchtig-herben Noten von Weichseln, Johannisbeeren und Kräutern zischt ordentlich und trinkt sich mehr als #gutbeihitze. Am besten gemeinsam, denn durch die natürliche Kohlensäure werden die zwölf Volumprozent schon mal zur Pralinenschachtel.
Ein Labyrinth ist kein Irrgarten. Im Labyrinth gibt es nur einen Weg. Keine Abzweigungen. Der Weg mag verschlungen sein, aber er führt immer ins Zentrum. So gesehen ist das Symbol des kretischen Labyrinths, das die Flasche Cattel 450 s.l.m. ziert, recht gut gewählt. Ein Weg, keine Kompromisse. Keine Irgendwas-izide im Weingarten, kein Schwefel, keine Reinzuchthefen, keine Filtration. Zuerst werden die Trauben (Rebsorte Glera) gelesen. Etwa eine Woche hat der Most dann Zeit, sich das Beste aus den Traubenschalen zu holen. Im Fall des 450 s.l.m. sind das: Gerbstoff, Gerbstoff und noch einmal Gerbstoff. Und ein wenig Farbe. Die Kohlensäure kommt dann »con fondo« in den Wein. Das ist neu. Eigentlich ist es alt. Aber filigrane Frucht hat sich beim klassischen Prosecco durchgesetzt, und Tankgärverfahren haben die alten Techniken abgelöst. Bei Cattel kommen die Bläschen in der Flasche in den Wein. Die Hefen, die für die zweite Gärung verantwortlich sind, werden nicht – wie bei Sekt oder Champagner – irgendwann aus der Flasche befördert, sondern bleiben darin und setzen sich am Boden ab. Was dabei herauskommt, ist ein goldgelber, leicht hefetrüber und extrem würziger Norditaliener. docg? Die Bezeichnung wird man auf den Etiketten von Cattel ebenso wenig finden, wie den Hinweis auf Rebsorte oder Herkunft. Dafür hat man das Labyrinth. Und gleich nach dem ersten Schluck weiß man, dass man am rechten Weg ist.
Woraus? Aus der Sekttulpe. Wozu? Open-Air Konzert oder lässige Vernissage. Mit wem? Dem ganzen Freundeskreis bei dem, der die größte Terrasse hat.
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Woraus? Aus allem, nur nicht aus einer Tulpe. Wozu? »Rigoletto«. Mit wem? Mit Sayumi, die mir Japan gezeigt hat, und die Italien so mag.
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SPEIS UND TRANK
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Micky Klemsch
BIOKISTE PER PER LASTENRAD Ich habe keine Bio-Abokiste. Dabei schätze ich dieses Super-Service so sehr, dass ich mich beinahe geniere, nicht zu den Kunden zu zählen.
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ch wäre wohl einer der affinsten Adamah-BiokistenKonsumenten. Ich mag die Idee und Philosophie, die hinter diesem Projekt im Marchfeld stecken. Und wenn man jemals mit Gerhard Zoubek über seinen Ansatz zu Bio gesprochen hat, müsste man sich fast genieren, irgendeine Supermarktbiomarke zu kaufen. Aber für mich konveniert da einiges halt nicht. Zum geplanten Zustelltag bin ich nicht daheim, meinen Nachbarn trau ich nicht so richtig über den Weg und das Kistl irgendwo unter Stiegen zu verstecken find ich auch nicht so super. Aber immerhin gibt es fast 8.000 Menschen im Großraum Wien, die das Angebot vom Biohof Adamah in Anspruch nehmen. Die Kleinlaster mit dem prägnanten Logo gehören in Wien schon genauso zum Stadtbild wie die kleinen blauweißen Car2Go-Flitzer. Und das ist schon sehr super. Noch mehr Kunden in diesem Bereich hat Günther Achleitner aus Eferding, der mit seinen Biokistln den Markt von Melk bis Salzburg abdeckt und in vielen Bereichen mit Adamah intensiv und gut zusammenarbeitet. Linz ist da quasi seine Hood und da kann man auch mal experimentieren oder etwas Neues versuchen. Seit Kurzem wird die Linzer Innenstadt mit einem Lastenfahrrad beliefert. In Kooperation mit dem Radhändler GerRad werden die Bioabokisten auf den letzten Metern im Stadtzentrum emissionsfrei bewegt und zu den Kunden gebracht. Das von Gerhard Dehmer ent-
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wickelte und mit Elektromotor unterstütze Lastenrad hat Platz für 30 Biokisten. Dafür wurde auch ein eigener Thermoaufbau entwickelt, der die Frischware kühl hält. Wenn dieses Pilotprojekt so erfolgreich wird wie es gerade angelaufen ist, dann plant man dieses Service auch in anderen Städten. »Aktuell werden etwa 140 Betriebe per Fahrrad beliefert, Ziel in Linz sind aber 500 Lieferstellen pro Woche«, sagt Hans Schachner, Logistikleiter beim Biohof Achleitner. 6–12 Monate will man das System testen und optimieren. Salzburg könnte der nächste Schritt sein, denn dort ist das Anliefern mit den Kleinbussen besonders schwierig. Und ich träume derweilen: Die ganzen Kleinbusse und Mini-LKWs, die oft mit laufendem Motor in zweiter Spur parken, könnten aus dem urbanen Bereich verschwinden. Wie schön könnte es sein, wenn auch Paketdienste ihre Logistikzentren an den Stadträndern mit Lastenrädern ausstatten, die den Schuhkarton, den Flat-TV oder die Modebestellung auf den letzten emissionsintensiven Kilometern zum Kunden bringen. Mittlerweile arbeitet auch der Biohof Adamah mit »Rita bringt’s« – einem vegetarischen Fahrradessenszustelldienst in Wien – an einer Lösung für das Stadtzentrum der Hauptstadt. Und spätestens dann werde ich mir auch etwas für meine Wohnung oder das Büro einfallen lassen.
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EINGEBROCKT & AUSGELÖFFELT
»TOMATEN GIBT’S IM SUPERMARKT, PARADEIS WACHSEN IM GARTEN« Esa’s Traudel-Oma
Das ist übrigens nicht Esa, sondern Anna.
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Wir widmen uns dem Paradeiser, auch bekannt als Tomate, und kochen eine Sauce mit viel Ochsenherzblut.
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Anna Zora und Esa Lotte
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ch du wunderbare Paradeis-Frucht, wie sehr wir dich ehren und lieben. Von den Maya-Völkern als »Xitomatl« erstmals kultiviert, warst du die treue Begleiterin der Sklaven, die im Zuge der spanischen Kolonialisierung vor gut 500 Jahren nach Europa verschleppt wurden. Dein Einstand war nicht leicht. Du lustvoll pralles Ding warst einerseits als Frucht der Sünde verschrien, wodurch das erzkonservativ-christliche Spanien deinen Verzehr bis ins 17. Jahrhundert allen Jungfrauen untersagte. Oha. Parallel dazu brach man anderseits auch noch in Massenhysterie aus, da du auf Zinn-Platten serviert, mit deiner Säure den Bleigehalt herausgekitzelt und dadurch unschuldigerweise viele Leben dahin gerafft hast. Erst viel später wurde der Zusammenhang ersichtlich und dir ganz im Stil der Zeit pauschal verziehen. Der Grundstein deiner lukullischen Karriere wurde
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1880 in Neapel gesetzt, als du die Pizza zu dem gemacht hast, wie wir sie heute kennen und ihr als Dream-Team die Teller aller Damen Länder bereichert habt. Ganz nach Gustav Mahler – Wenn die Welt einmal untergehen sollte, ziehe ich nach Wien, denn dort passiert alles 50 Jahre später – musstest du jedoch noch eine Zeit lang warten, bis du bei uns wirklich publik geworden bist. Seither ist dein Siegeszug, du tapfere Kämpferin des Genusses, aber nicht mehr aufzuhalten. Mit weltweit über 3.100 registrierten Sorten – die Dunkelziffer liegt durch unangemeldete Grows weitaus höher und beläuft sich vermutlich eher im 10.000er Bereich – ist deine ständig wachsende Artenvielfalt schon beträchtlich. Der Paradeiser-Papst Erich Stekovics besitzt unweit von Wien in Frauenkirchen allein 3.200 Samen und bietet über 500 Sorten zum Verkauf an. Ein
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74 Besuch bei deinem größtem Liebhaber und wahren Connaisseur all deiner Facetten sei hiermit allen ans Herz gelegt. Deine Schwestern, die im klassischen Supermarkt zum Verkauf angeboten werden, wurden hingegen nur auf schnelle Fruchtentwicklung, hohen Ertrag, lange Haltbarkeit und einheitliche Größe gedrillt. Wer dann auch noch im Februar auf die Ware aus Spanien greift, ist selber schuld und soll bitte ab hier mit der Hand sprechen. Es liegt an uns als Konsumenten, die Vielfalt der Paradeis zu bewahren und über den Tellerrand hinaus zu blicken - zurück auf alte Sorten und neugierig auf das, was alles noch kommen wird. Da bei einem guten Gericht – wie so oft im Leben – Qualität vor Quantität die Maxime ist, wollen wir euch direkt von der Basis berichten, ohne deren Existenz eine Vielzahl an Gerichten lückenhaft wäre.
DAS OCHSENHERZBLUT Wir sagen euch, wie man die Crème de la Crème der Fleischparadeis, das mazedonische Ochsenherz (natürlich geht das auch mit anderen Sorten), auf ihre wahre Essenz konzentriert. Die Sauce ist danach variabel einsetzbar. Ob für Bruschetta, Pizza oder Pasta, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Ihr müsst nur machen, wir garantieren den Geschmack und heißen euch willkommen im Paradeis-Paradies. Der »Paradeis«-Schriftzug kommt als Fem:Power-Photo-Feature von der wunderbaren Apollonia Bitzan: apolloniabitzan.com. wir danken & lieben. bleibt hungrig! æ – anna & esa.
OCHSENHERZBLUT » 500 g Ochsenherz-Paradeiser » Knoblauch-Paste aus 2-3 Zehen (eingebrocktundausgeloeffelt.com/die-knoblauch-paste) » 2 kleine Schalotten » Rosmarin, Majoran, Thymian bzw. was die mediterrane Kräuterküche noch so hergibt » Salz & Pfeffer
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MARKTPLATZ FOOD
HEITERES TOMATENRATEN Tomaten sind im Moment en vogue. Dafür verantwortlich ist ein Bruch in der Tradition geschmackloser Paradeiser. Die Zeiten, in denen von Tomaten aus Holland als dem 4. Aggregatzustand von Wasser gesprochen wird, sind vorbei. Immer mehr Tomaten 2 schmecken wieder nach was. TEXT
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Jürgen Schmücking
Erli Grünzweil
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iner derer, denen wir hier in Österreich diesbezüglich viel zu verdanken haben, ist der Burgendländer Erich Stekovics. Die Philosophie von Stekovics ist eigentlich recht einfach: er gießt seine Pflanzen nicht, er bindet sie nicht hoch, er geizt sie nicht aus und er köpft sie auch nicht, dafür müssen sie im unbarmherzigen Pannonischen Klima des Seewinkels im Freien stehen. Demnach ist es auch nicht verwunderlich, dass er seinen Pflanzen verschwenderische 6 m² zur Verfügung stellen muss und dann manchmal nur 2 kg erntet, wo andere mit Turbohybridsaatgut schon einmal 150 kg ernten. Allerdings, und das ist schon ein Argument: seine Paradeisraritäten schmecken. Das ist an sich schon eine Sensation. Sie schmecken (nach etwas). Darüber hinaus schmecken sie auch exorbitant gut. Wer sich davon überzeugen will, fährt am besten nach Frauenkirchen. Wer nach Alternativen sucht, könnte hier fündig werden.
2 // TOMATENSAFT DATTERINO, VAN NAHMEN Tomate ist nicht gleich Tomate. Es geht natürlich um Sorten. Aber noch viel mehr geht es um die Herkunft. Wenn das so ist – und das nehmen wir jetzt einmal an – ist der Weg nicht weit zur Terroir-Tomate. Der deutsche Obst-, Saft- und Obstsaftzampano Van Nahmen hat sie gepresst. Die Datterino-Tomate, und das Ergebnis ist traumhaft. www.vannahmen.de
3 // BLUMAUER BIO-TOMATEN SAN MARZANO, SPAR NATUR*PUR Sie kommen so weit aus dem Osten, dass sie eigentlich guten Gewissens Paradeiser heißen könnten. Können sie aber nicht. Erstens, weil die Sorte, San Marzano, dagegen spricht, zweitens weil sie natürlich auch in den Tomatenregionen im Westen verkauft werden. Aber sie sind gut. Kleine, intensive, längliche Flaschentomaten. Ein Plus für jeden Salat. Oder einfach so. naturpur.spar.at
1 // TOMATO KETCHUP BIO, HEINZ
4 // BIO-TOMATENESSIG, ÖLMÜHLE FANDLER
Heinz nennt sie »Kopfsteherflasche«, was die Dosierung eine Spur einfacher macht. Geschmacklich hat das Ketchup auch einiges drauf. Es ist dunkler, fruchtiger und vollmundiger als jedes andere (konventionelle) Ketchup im Sortiment des Herstellers. Einziger Wermutstropfen. Es ist eine Kopfsteherflasche aus Plastik. www.heinzketchup.at
Vergoren wird hier der frisch gepresste Saft vollreifer Bio-Tomaten. Genau genommen ist es eine traumhaft erfrischende und hocharomatische Variante, die Paradeiser-Saison in die Länge zu ziehen. Das ganze Jahr wird sich schwer ausgehen, man müsste schon ordentlich bunkern, denn der Essig birgt Suchtpotenzial. www.fandler.at
5 // TOMATEN-GAZPACHO, ZUR ROSE Simon Tress ist einer der Lichtblicke am Bio-GastroHimmel. Slow-Food-Aktivist, Demeter-Pionier und Bio-Hotelier seit zig Jahren. Aus der Restaurantküche im Hotel Rose in Baden-Württemberg hat sich die BioManufaktur entwickelt. Mit Suppen und Gazpachos der besonderen Art. Wie das Tomatengazpacho, das mit – ganz leichter – Chilischärfe daherkommt. Großartig. www.tress-gastronomie.de
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6 // POMODORI SECCHI SOTT’OLIO, LA SELVA Tomaten zu trocknen ist der Versuch, sie länger haltbar zu machen. Dass sie, sobald sie in gutem Olivenöl eingelegt sind, auch noch zu sensationellen Geschmackserlebnissen führen, ist das sprichwörtliche Tüpfelchen auf dem i. La Selva ist der Bio-Tomatenkaiser in der Toskana. Sämtliche Produkte sind herausragend köstlich, aber die Secchi schießen immer wieder den Vogel ab. www.laselva.bio
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ELTERNALLTAG / Ursel Nendzig
Es gibt Menschen, die mag man einfach nicht. Kinder sind auch Menschen. Und einige davon mag man auch nicht. Unpraktischerweise sind diese aber oft die Kinder von Erwachsenen, die man sehr, sehr gerne mag.
ILLUSTRATION Nana Mandl
KINDER SIND AUCH NUR MENSCHEN
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an kann, aber man muss ja nicht alle Menschen mögen. Wenn sie verquere Ansichten vertreten, schlechte Witze erzählen oder unangenehm riechen. Im schlimmsten Falle alle drei. Kinder mögen noch keine Ansichten haben, keine Witze erzählen und hervorragend duften, hilft aber alles nichts. Ich habe auch für sie Schubladen. Nämlich erstens Klugscheißer, zweitens Jammerlappen und drittens Frechdachse. Wobei die erste Kategorie mit Abstand am lästigsten ist: Im Zoo vor dem Gehege des Roten Panda. Klugscheißer: »Das ist ein Baumbär«. Ich, extrem freundlich: »Nein, das Ich, freundlich: »Oder magst du ein Soletist ein Roter Panda.« Klugscheißer: »Nein, ein ti haben?« Jammerlappen, sein Gesicht in Baumbär«. Ich, freundlich: »Nein, schau, auf seine mitgebrachte Stoffwindel drückend: dem Schild da steht es. Roter Panda«. Klug»Jammerjammer!«. Ich gehe weg und mascheißer: »Nein. Baumbär«. Ich, unfreundlich che Kaffee. aber lächelnd (immerhin ist die KlugscheißerFrechdachse sind gefährlich, weil sie eine Mutter dabei, die ich sehr mag): »Ach, kannst ganz lange Zeit niedlich sind, wie sie einem du überhaupt schon lesen, du bist doch erst heimlich in die Waden zwicken unterm Tisch oder sich hinter der Tür verstecken und einen vier!?« Klugscheißer: »Nein, ich bin schon fünf.« Ich warte, bis die Mutter außer Hördann erschrecken. Dann aber, völlig ohne Vorweite ist, dann zische ich: »Mir ist egal, wie warnung, kippt meine Zuneigung und ich werde alt du bist. Du kannst nicht lesen, ich aber wahnsinnig. Ich, extrem freundlich: »Jetzt hast schon. Und hier steht Roter Panda«. Dann du mich aber erschreckt!« Frechdachs: »Hihihi!«. wende ich mich ab. Und macht weiter. Ich: »Ok, ich will das jetzt nicht Jammerlappen sind lästig, machen mehr, hör bitte auf damit.« Frechdachs: »Hihihi!«. mich aber nicht so aggressiv. Sie sind Und macht weiter. Ich, unfreundlich und leicht ageinfach niemals zufrieden und ich vergressiv: »Hör jetzt sofort auf damit!« Frechdachs: liere bereits nach drei Sekunden die »Hihihi!«. Ich: »Oh, schon so spät, ich muss gehen.« Motivation, sie aufzuheitern: Der JamMindestens einmal am Tag finde ich in einer der drei Schubladen einen meiner Söhne. Dann natürmerlappen sitzt auf Mamas Schoß, auf lich großer Gewissenskonflikt. Aber, und das ist die meinem Sofa sitzend. Jammerlappen: »Jammerjammer!«. Ich, sehr, sehr ganze, nackte Wahrheit: Ich mag auch meine eigenen freundlich: »Magst du mit den BuKinder manchmal einfach nicht. Dann wende ich mich ben ein Spielzeug suchen gehen?« ab oder mache Kaffee. Nur aufstehen und nach Hause Jammerlappen: »Jammerjammer!«. gehen kann ich nicht.
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GOLO EULER
ROSALIE THOMASS
THORSTEN MERTEN
BERND STEGEMANN
HEINZ-JOSEF BRAUN
CHRISTOPH MARIA HERBST
T WEITER
SO GEHT S NICH
EIN FILM VON
ARON LEHMANN
AB 29. SEPTEMBER IM KINO!
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BIORAMA Nº. 44
DIE WELT, DIE WIR UNS WÜNSCHEN
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von wolfgang smejkal
HIGHTECH BIOSCHLACHTUNG »bio« in der viehzucht bedeutet vor allem, dass die tiere mehr platz haben. das töten aber läuft ähnlich ab wie in einem konventionellen schlachthof. eine bayrische erzeuger-verbraucher-genossenschaft will das ändern.
Auch im neuen Bio-Schlachthof der Öko-Genossenschaft Tagwerk, der kürzlich in Niederhummel nordöstlich von München eröffnet wurde, sterben Tiere von Menschenhand. Doch das Konzept wendet, handwerklich gesehen, die modernste Schlachttechnik in ganz Deutschland an. Hier ist alles an einem Ort: Der Stall, das Schlachten, die Zerlegung und die Verarbei-
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tung. Die Tiere stammen von Tagwerk-Bauern aus der Region, haben eine kurze Anfahrt und verbringen ihre letzten Tage auf dem Biohof neben der Metzgerei. Ohne lange Transporte, ohne Angst und Stress geschieht hier alles in Ruhe und ohne laute Geräusche. Im Kreislauf der Natur haben die Tiere einen wichtigen Platz auf den Bauernhöfen der Tagwerk-Genossenschafter, denn der geschlossene Betriebskreislauf ist Mittelpunkt der ökologischen Landwirtschaft und Tiere sind ein wichtiger Düngerlieferant in diesem Kreislauf zwischen Erde, Pflanzen und Menschen. Darum sorgen die TagwerkLandwirte für artgerechte Tierhaltung und Fütterung mit betriebseigenen Futtermitteln und nutzen betriebseigene organische Dünger.
HÖCHSTE HANDWERKLICHE STANDARDS Spezielle Kriterien für »Bio-Schlachten« gibt es aber nicht. Anders als beim industriellen Töten in Großbetrieben, wo Tiere herangekarrt und im Minutentakt geschlachtet werden, verbringen die Tagwerk-Tiere ihre letzten Tage auf der Weide oder im großzügigen Stall der Metzgerei und werden dort ohne Aufregung betäubt und geschlachtet. Sie kommen von Höfen, die maximal 50 Kilometer entfernt sind, um den Transport der Tiere so kurz und stressfrei wie möglich zu halten. Die maximale Kapazität der Biometzgerei liegt bei 50 Rindern und 100 Schweinen pro Woche. 70 bis 80 Bauern beliefern den Betrieb. Jeder Bauer bekommt einen Jahresfestpreis zu den gleichen Konditionen. Die Metzgerei liegt direkt neben dem Schlachthaus – so kann das Fleisch nach höchsten handwerklichen Standards schlachtwarm verarbeitet werden. Das bedeutet: mehr Geschmack und völliger Verzicht auf chemische Zusatzstoffe wie Phosphate, Citrate und Nitritpökelsalz. Auch die Tiere müssen am Tag der Schlachtung von der
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angrenzenden Weide nur wenige Meter laufen bis zu der Stelle, wo sie die Betäubung bekommen. Deshalb gibt es, anders als in großen Schlachthöfen, keine steilen Rampen oder langen Treibgänge, die vor allem für Rinder unangenehm sind. Und deshalb gibt es die EinzeltöteBox zum Ausbluten. Eine Massenbetäubung Dutzender Schweine, wie sie in großen Fleischfabriken mittels CO² praktiziert wird, kommt hier nicht vor. Durch die angstfreie Schlachtung bleiben die für die Reifung und Haltbarkeit des Fleisches sehr wichtigen Zuckervorräte (Glykogene) im Muskel erhalten, dadurch entwickeln sich Milchsäurebakterien, die für den Reifeprozess notwendig sind. Diese Methode garantiert neben einer emotional neutralen Situation für Tier und Mensch auch beste Voraussetzungen für eine gute Fleischreife und somit für beste Qualität. So entstehen in der handwerklichen Tradition einer Warmfleisch-Metzgerei mit zartem Fleisch und natürlichen Zutaten wie Biokräutern und Biogewürzen unnachahmlich gute Produkte.
DIE MARKE TAGWERK 50 Kilometer rund um Erding ist Tagwerk-Land. Hier ist das Zentrum der Tagwerk-Genossenschaft – ein Bund aus Erzeugern und Verbrauchern mit einem gemeinsamen Nenner: Sie alle engagieren sich für die ökologische Landwirtschaft und die Vermarktung der heimischen Produkte in der Region. Seit über 30 Jahren gibt es Tagwerk bereits. Die Genossenschaft ist 1984 aus der Protestbewegung gegen den Münchener Großflughafen entstanden. Das Ziel war eine regionale und selbstverwaltete Versorgung mit ökologisch angebauten Lebensmitteln. Im Vordergrund standen nicht der individuelle Wunsch nach gesunden Lebensmitteln, sondern gesellschaftspolitische Ziele wie konsequenter Umweltschutz, der ökologische Landbau, artgerech-
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te Tierhaltung und solidarische Beziehungen zu den Erzeugern und Verarbeitern. Heute bildet die Genossenschaft den Überbau für mehr als 800 Verbraucher und rund 100 Betriebe, darunter Bauern, Gärtner, Imker, mehrere Bäckereien sowie zwei Mühlen. Tagwerk betreibt einen eigenen Biogroßhandel mit regionalen Produkten, ist als regionale Produktmarke weit bekannt und als Dachorganisation Lizenzgeber selbstständiger Ladenbetreiber unter dem Namen Tagwerk Biomarkt und der Tagwerk Ökokiste mit Obst und Gemüse, die bis nach München geliefert wird. Tagwerk-Erzeuger sind in der Regel Familienbetriebe und im Schnitt 50 Hektar groß. Jedes Produkt wird in der Region aus heimischen Rohstoffen handwerklich und ohne chemische Zusätze erzeugt. Für Transparenz sorgt die Angabe des Erzeugerbetriebs auf dem Etikett. Tagwerk ist auch eine der wenigen Regionalinitiativen, die bis hin zur Logistik alles selbst macht. Die Genossenschaft übernimmt die Logistik der Erzeugnisse von den Erzeugern zu den Wiederverkäufern, wie z. B. Bio-Supermärkte, Öko-Kisten, Marktstände, etc. Der Schwerpunkt des Vertriebs liegt auf regionalen Produkten, aber auch überregionale Produkte werden auf Wunsch der Verbraucher über den Großhandel geliefert. Nur mit einem ähnlich gemeinschaftlichem Kraftakt der Tagwerk-Genossen wurde es überhaupt möglich, das Projekt der Biometzgerei zu verwirklichen. Denn erst durch viele kleine Genossenschaftsanteile und Mitgliederdarlehen konnte das nötige Eigenkapital dafür aufgebracht werden. Hinzu kam die Unterstützung des Landkreises, der über die Leader-Förderung europäische Mittel für dieses Vorzeigeprojekt bereitgestellt hat. Zum Wohl der Tiere und zur Stärkung der regionalen bäuerlich-handwerklichen Strukturen – und natürlich für den optimalen Bio-Fleisch-Genuss.
BILD Tagwerk
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BIORAMA Nº. 44
BISS ZUM ENDE / Sina Trinkwalder
Damit es uns allen besser geht, brauchen wir nicht mehr als Luxus. Das bedeutet: weniger, dafür besser.
ILLUSTRATION Nina Hueber
CAPPUCCINO TO STAY
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ch verrate kein Geheimnis: Ein nachhaltiger Lebensstil liegt voll im Trend. Wer als Konsument nicht selbst auf die Idee des sorgsamen Lebensstils kommt, dem hilft die Industrie mit fairen Weltverbessererprodukten auf die Sprünge. Dass dabei das Bestreben zuweilen skurrile Auswüchse zeitigt, durfte ich selbst miterleben. Während der Schulferien stand ich mit meinem Filius in einem Schreibwarenladen und besorgte die Materialien der ellenlangen Liste für das neue Schuljahr. Vor dem Regal mit den Schreibgeräten und Stiften zankten sich lautstark zwei Damen mittleren Alters. Besser noch: vier Hände rissen an einer Packung Holzmalstifte. Es schien die letzte zu sein. Während mein Sohn kopfschüttelnd weiterzog, schweifte mein Blick in den Korb der besonders echauffierten Frau und ich konnte mir ein ten mir tierisch vorwurfsvolle Vorträge, Kichern nicht verkneifen: »100 Mandalas – für während mir der Appetit verging. mehr Achtsamkeit im Alltag« (an den exakten Die beiden Beispiele zeigen schön, wie Wortlaut erinnere ich mich nicht mehr, aber eindimensional der Mensch sich das Weltsinngemäß stimmt die Headline) lag in ihrem verbessern wünscht: Der eine optimiert durchs Ausmalen von Bildchen nur seine Einkaufskorb. Und der Alltag der Achtsamkeit spielt sich, sieht man sich das Verhalten vor eigene Welt, der andere macht sie auch nicht spürbar besser, dafür aber das Leben der Mitdem Regal an, scheinbar still und leise in den eigenen vier Wänden ab. Ganz im Gegenteil menschen dank moralinsaurem Zeigefinger zum täglichen Leben der nachhaltigen Jünschlechter. Egoistische Achtsamkeit im stillen ger und Apostel. Veganer? Das haben Sie geKämmerlein und Askese als Spiegel der moralidacht! Nicht, dass nun jemand auf die Idee schen Überlegenheit sind genau die Mittel, die käme, ich hätte etwas gegen ernährungswir nicht brauchen, um unsere Welt besser zu gestalten. Was es wirklich benötigt? Provokant bewusste Asketen, weit gefehlt. Ich habe formuliert: Luxus. Damit meine ich nicht den nur nichts für sie. Und kein Verständnis für die militante Sorte jener Zeitgenosverschwenderischen Umgang mit Rohstoffen und sen. Schließlich erzähle ich auch nieGütern, also den Begriff wörtlich genommen. Wer mandem ungefragt, dass ich ein Steak einmal eine Besitzerin einer echten Louis-Vuittoneinem Lupinenbratling vorziehe. Zu Tasche gesehen hat, wie sie durch die Fußgängeroft hatte ich das Glück: Auf welcher zone stolziert, weiß, was mit Luxus gemeint ist: glünachhaltigen Veranstaltung ich auch hende Wertschätzung. Nur: für die besseren Produkte. weilte, genau dann, wenn ich – MetzUnd für die Erzeuger, die hinter der Wertschöpfung gersnichte und trotzdem überzeugte stecken. Also keinen billigen Kaffee to go mehr im VorTeilzeitvegetarierin – genüsslich in beigehen, sondern bewusst einen guten Bio-Cappucein Stück Fleisch (oder Wurst) beicino to stay. Weniger, dafür besser. Übrigens: Persönliche Entschleunigung gibt’s, ganz ohne Malen nach ßen mochte, kauten sie mir ein Ohr ab. Mein nicht veganes. Und hielZahlen, on top. Wenn das kein Luxus ist …
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Folge uns Erfrischender Himbeer-Cocktail mit bunten Blumen-Eiswürfeln Von Erbse Huth in Saisonale Rezeptideen Ich bin absolut Team Herbst. Die vielen bunten Blätter, die die Landschaft so schön einfärben. Die gnädigen Temperaturen, die mich nicht bei jeder kleinen Bewegung schwitzen lassen. Gummistiefel, Kerzenschein, warme Getränke, Halloween, kuschelige Decken, Kastanien. Aber leider ist ja immer noch Sommer und deshalb versuche ich mir diese Jahreszeit so angenehm wie möglich zu gestalten. Das bedeutet, dass ich in der Mittagssonne nicht das Haus verlasse, nochmal extra gut auf Sonnenschutz achte und mir so viel Erfrischung wie möglich gönne. Gerne in Form von fruchtigen kühlen Getränken. Einer meiner liebsten veganen und alkoholfreien Cocktails ist dieser hier!
/dennsBiomarkt /dennsOesterreich
Themen Bio-Branche DIY Emelys Zickenzone Helden des Alltags Naturkosmetik Naturtextilien Querbeet Saisonale Rezeptideen
Autoren Ariane Bille Erbse Huth Johanna Zellfelder Julia Keith Renée Herrnkind Stiliana Doynova
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Mein DIY-Tipp: Die Rosen-Tuchmaske Von Julia Keith in DIY, Naturkosmetik In Asien sind Tuchmasken so beliebt, dass man sie gleich gern mal im Zehnerpack kauft. Leider kommt dieser Trend bisher nur zögerlich in Deutschland an, und in der Naturkosmetik machen sich die Tuchmasken noch rarer… Was diese Tuchmasken so interessant macht und wie sie funktionieren? Man legt sich dafür eine mit pflegender Flüssigkeit getränkte gesichtsförmige Maske aus dünner Baumwolle für etwa 5 Minuten auf das Gesicht. Die Haut fühlt sich danach herrlich erfrischt, gekühlt und zudem befeuchtet an. Gerade im Sommer finde ich solche kühlenden und hydratisierenden Masken ideal!
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