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KOSTENLOS — ABER ABONNIERBAR
P.B.B. — 11Z038861 M — 1060 WIEN
AUSGABE WIEN–BERLIN — FRÜHJAHR 2022 . WWW.BIORAMA.EU
SPEZIALAUSGABE: WIEN–BERLIN
URBAN WILDLIFESTYLE
Städte als alte Heimat und neue Zufluchtsorte für die Natur. Süßes Nichtstun: Die Gstettn bieten Pollen, Nektar und Erholungsraum. Street Credibility: RadbotInnen loten die Grenzen der Infrastruktur und des Arbeitsrechts aus. Steile Wende: Endlich ändert sich, was Wien und Berlin für ihre Küchen beschaffen.
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Fotos: shutterstock
Zeit für
Erfolgserlebnisse
Für alle, die beruflich weiterkommen wollen: Bildungsabschlüsse, Soft Skills, Sprach- und Management-Kompetenzen, Social Media und vieles mehr!
Bildung und Jugend
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EDITO R IA L , IM P R E SSU M
BIO R A M A WI E N -BE RL I N
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DRAUSSEN VOR DER TÜR
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erlin und Wien behaupten nicht bloß, diverse Städte zu sein. Sie sind es auch. Bereits zum zweiten Mal widmet BIORAMA den beiden Metropolen eine eigene Hauptstadtausgabe. Diesmal zeigt sie, dass das nicht nur fürs Kulturleben gilt, für die Vielfalt an Stilen und Lebensentwürfen, sondern auch für die Biodiversität. Wer genau schaut, entdeckt gerade auch in der Großstadt eine Vielzahl an Arten – Pflanzen wie Tiere. Zwar sind diese selten bedroht und meist handelt es sich um sogenannte Kulturfolger, die sich gut mit uns Menschen arrangiert haben und von den besonderen Bedingungen im Urbanen profitieren. Doch die Wahrscheinlichkeit, einem Fuchs zu begegnen, ist in der Stadt höher als im Wald. Und in den Augen eines Turmfalken – der in beiden Städten brütet – ist ein Straßenzug womöglich nichts anderes als eine Felsschlucht, mit Singvögeln und Nagetieren in Hülle und Fülle. Berlin gilt mit seinen jährlich bis zu 250 Brutpaaren gar als Hauptstadt der Turmfalken. Auch in Wien ist der geschickte Jäger die häufigste Greifvogelart. Ideale Bedingungen also, um sich die Stadtwildnis um uns zu erschließen. Bewusstsein für diesen Reichtum ist Voraussetzung für Arten- und Naturschutz außerhalb der Städte. Nur was wir kennen, wissen wir zu schätzen, erachten wir als schützenswert. Und wir können städtische Biodiversität bewahren und fördern und tun es vielerorts bereits mit Erfolg. Es sind auch die Kleinigkeiten, die den urbanen Lebensstil von leben und leben lassen ausmachen: Etwa wenn wir das Gras zwischen Geleisen und im Hinterhof wachsen lassen. Oder indem wir eine Bio- bzw. Ökokiste abonnieren. Schließlich schützt Bio nicht nur das Grundwasser, sondern auch die Artenvielfalt am Acker.
COVER ISTO CK. COM/GO LERO, BILD BIORAMA /MI CHA EL MICKL
Auf gute Nachbarschaft!
Irina Zelewitz, Chefredakteurin zelewitz@biorama.eu
Thomas Weber, Herausgeber weber@biorama.eu @th_weber
IMPRESSUM HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTEURIN Irina Zelewitz AUTORINNEN Georg Ander, Jessica Benjatschek, Samantha Breitler, Annalena Eisfeld, Florian Jauk, Florian Möllers, Martin Mühl, Mira Nograsek, Thomas Weber, Anna Katharina Wohlgenannt GESTALTUNG Selina Schobel, Stefan Staller LEKTORAT Mattias Feldner ANZEIGENVERKAUF Tanja Grossauer-Ristl, Thomas Weber DRUCK Walstead NP Druck GmbH, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Biorama GmbH, Windmühlgasse 9/14, 1060 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama GmbH, Windmühlgasse 9/14, 1060 Wien; www.biorama.eu, redaktion@ biorama.eu BANKVERBINDUNG Biorama GmbH, Bank Austria, IBAN AT44 12000 10005177968, BIC BKAUATWW ABONNEMENT www.biorama.eu/abo ERSCHEINUNGSWEISE 6 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien. BLATTLINIE biorama ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für den Menschen und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. biorama erscheint sechs Mal im Jahr.
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INHALT Editorial Street Talk Wien 08 Street Talk Berlin 03
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Meine Stadt Wien Splitter Ideen aus Berlin
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Wienbild der Ausgabe Nachtaktiv Artenschutz bei Nacht in Wien und Berlin
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Wenn man Wien und Berlin richtig kennenlernen will, muss man mal eine Nacht durchmachen, um die Häuser ziehen und dabei offen für Überraschungen sein.
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Into the wild – in the city Wertvolles Nichts: Die Brache ist ein Ökosystem.
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Der Fuchs im Hochhaus Der Stadtfuchs im Porträt
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Berlinbild der Ausgabe BotInnen der Stunde Kein Geld, keine Straßenverkehrssicherheit: Wie eine Branche versucht, sich zu organisieren.
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Values for Money Worauf Wien und Berlin beim Einkauf für ihre Küchen achten.
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Liefergemüse im Abo Ökokisten für Berlin und Biokistln für Wien
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Wie transportiert man eine Sense mit der U-Bahn? Die Sense im Kampf gegen Artenschwund und Klimakrise.
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Brotlaib als Seele Stadtlandwirtschaft und Landbrot
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Berliner gehen immer Jahreszeitlos vegan backen.
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22 BRACHLAND
Was früher als Missstand wahrgenommen wurde, ist heute vielfach umkämpftes Gut als Rückzugs- und Erholungsraum für Mensch und Natur.
Wiener Küche In drei Rezeptschritten zum Grilled Paneer Naan.
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Reine Lehre Gin ist klar im Trend.
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Und sonst so ... im BIORAMA-Universum
BILD ULF HOHMA NN/FO RSCHUNGS ANSTALT FÜ R WALDÖ KO LOGI E U ND FORSTWIRTS CHA FT, BERN HA RD SCH UBERT, SASKIA UPPENKAMP, EWALD FOHRINGER, ISTOCK.COM/VISUALSPACE, ABYME
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AU F TA KT
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VALUES FOR MONEY Was für öffentliche Kantinen gekocht wird, bietet einen wesentlichen Hebel für Ökologisierung und Klimaschutz. Worauf Wien und Berlin beim Einkauf achten.
50 SENSENMENSCHEN Ein Werkzeug gegen Artenschwund und Klimakrise.
32 STREET CREDIBILITY Die FahrradbotInnenbranche versucht, sich zu organisieren.
65 BERLIN MACHT GIN
Von experimentierfreudig bis pur klar im Trend.
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STR EE T TA L K WIEN
STREET TALK WIR FRAGEN, 12 WIENER ANTWORTEN.
» WAS IST DAS ANZIEHENDSTE AN BERLIN?« INTERVIEW UND BILD FLORIAN JAUK
MARTINA
36, Physiotherapiestudentin »Weil die Menschen in Berlin superoffen sind, fühlt man sich schnell integriert. Anziehend wirkt die Stadt, weil sie viel bietet – auch Möglichkeiten. Ich finde es in Wien ab und zu einengend und Berlin ist weitflächig und groß. Wegen der Liebe bin ich aber hier in Wien geblieben und nicht nach Berlin gezogen.«
HANNAH
21, Soziologiestudentin »Die Vielfalt in der Stadt, die KünstlerInnenszene, die linke Szene und dass es eine Stadt mit vielen Facetten ist, wo man viel erleben kann und wo man so leben kann, wie man will.«
STEFAN
55, Musiker »Es waren für mich die Selbstbestimmtheit und die kleinen Initiativen. Was mich aus Berlin vertrieben hat, war die Kleinkariertheit, die auch mit einer Schubladisierung einhergeht. Da dürfte vielleicht auch der Osten mit seinen Traditionen, Perspektiven und Gewohnheiten eine Rolle spielen. Außerdem gibt es ein Überangebot an Kunst. Und das ist nicht gut, finde ich.«
KAROL
ARINA
25, Kamerafrau »Ich habe ein Jahr lang in Berlin gewohnt , das Anziehendste war, das Gefühl zu haben, sich nicht verstellen zu müssen, aufgrund der Vielfältigkeit der Menschen nicht schräg angeschaut zu werden.«
24, Ökonom »Ich möchte nach Berlin ziehen. Ein Grund dafür ist die Offenheit, auch im Vergleich zu Wien. Hier ist alles etwas alteingesessen, außerdem ist die kulturelle Szene interessierter an Neuem, als das in Wien der Fall ist. Ich bin in Wien aufgewachsen und habe das Gefühl, hier schon alles gesehen und erlebt zu haben, und würde mich freuen, mit Berlin eine neue Stadt kennenzulernen.«
LEA
20, studiert Sport und Englisch auf Lehramt »Die Clubs, das Feiern, aber auch die Museen und die Kulturlandschaft haben viel zu bieten. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind gut und es kommen einfach Leute aus aller Welt in die Stadt. Das gibt vor allem für junge Menschen schon was her!«
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KATHARINA
29, Angestellte »Ich finde Berlin nicht so anziehend. Ich glaube, es war einmal eine Zeit lang anziehend aufgrund der Clubszene und der Vorstellung, dass Wohnungen sehr billig sind, aber soweit ich das mitbekommen habe, sind die Wohnungen nicht mehr billig und leicht zu haben, und ich denke, es gibt im Leben mehr als Feiern. In Wien gibt es mittlerweile auch eine gute Clubszene, meine Nachfrage danach hat sich durch das Alter und mein Kind außerdem verändert.«
SIMON MARCO
51, IT-Spezialist »Ich war einmal beruflich in Berlin. Positiv aufgefallen ist mir damals, dass die Stadt recht viele Grünflächen hat. Ich habe erfahren, dass die Wohnungspreise jetzt exorbitant hoch sind, früher war es ein Paradies zum Wohnen.«
45, Journalist »Die Fantasien, die ich mit Berlin verbinde, decken sich nicht unbedingt mit dem, was ich selbst von Berlin kennengelernt habe. Die Fantasien sind die Romane von Sven Regener rund um Herrn Lehmann, das ist die Musik von Ton Steine Scherben, die Zeit kurz nach der Wende, Kunst und Kultur und ganz viel Verrücktheit. Die Wahrheit schaut mit den hohen Mietpreisen heute in Berlin mittlerweile ganz anders aus. Das Abgefuckte, das Anarchistische nimmt immer weniger Platz ein.«
UWE BAHARAK
40, selbstständig »Das Café Tasso. Ich liebe das Café, wo man jedes Buch um einen Euro finden kann. Außerdem ist Kreuzberg für mich anziehend und auch die Museen. Ich würde auf jeden Fall gerne noch einmal nach Berlin. Es ist die Stadt in Europa, wo ich – nach Wien – am liebsten leben würde.«
34, Softwareentwickler »Ehrlich gesagt fand ich die Leute, die ich dort kennengelernt habe, am besten. Also die Menschen und die WGs, die ich in Berlin besucht habe, waren wirklich cool. Und außerdem das Fortgehen, aber das ist ja momentan nicht wirklich möglich.«
CHRISTOS
72, pensionierter Fremdenführer »Es ist eine Großstadt mit verschiedensten Ethnien, ähnlich wie Wien, aber doch breiter gefächert. Für mich sind auch die Museen und historischen Gebäude anziehend. Wahrscheinlich auch der Lebensstil und die Lebensart, die man in Berlin pflegt.«
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STR EE T TA L K B ER L IN
STREET TALK WIR FRAGEN, 7 BERLINER ANTWORTEN.
» WAS MACHT WIEN ANZIEHEND?« INTERVIEW UND BILD GEORG ANDER
bindung an die Donau. Ein wichtiges Argument für die Stadt ist die spitzenmäßige Wohnsituation durch das Sozialbausystem. Es ist dadurch deutlich attraktiver, Leben und Zeit in Wien zu verbringen, als in deutschen Großstädten.«
RICK
26, Digital Creator »Mir sind am besten die Sauberkeit und die Architektur in Erinnerung geblieben. Ich war einmal zur Klassenfahrt da, einmal besuchte ich einen Kumpel, ich verbinde auf jeden Fall Gutes mit Wien.«
DIANA
42, Gesundheits- und Krankenpflegerin »Ich meine, Wien ist deutlich gemütlicher als Berlin. Das liegt sicher an der Lage der Stadt und dem gemäßigteren Wetter. Es ist spürbar – man fährt in Richtung Süden.«
KHALIL
31, Security »Ich würde sagen, die Leute dort legen mehr Wert auf ihr Äußeres und sind netter als hier. Das hat sicher auch mit einem gewissen Wohlstand zu tun, den man auch sieht.«
BERND
74, Naturwissenschaftler in Rente »Für Radfahrende ist Wien viel verkehrsfreundlicher und rücksichtsvoller als Berlin. Ich liebe die Kunst und die Museen der Stadt sowie die Cafés. Mein Enkel studiert Tiermedizin in Wien, ich bin recht oft da und habe auch schon mal Geburtstag im ehemaligen Café Hannes beim Naschmarkt gefeiert.«
ANNA EBRU
28, Stylistin »Wien zieht viele Jugendliche und junge Erwachsene an. Die Szene dort ist sicher auch ein sehr guter Anlaufpunkt für k reative Köpfe.«
MIRKO
48, IT-Marketing »In puncto Lifestyle sind die Clubs sehr gut! Ich mag ebenso die An-
31, Juristin in Elternzeit »Es sind unter anderem die Café-Kultur, von der stets geschwärmt wird, und diese Selbstverständlichkeit zur Gemütlichkeit. Berlin wirkt im Vergleich auf den ersten Blick rustikaler. Ich sehe in Wien eine wahre Kulturstadt.«
Genussvoll durch das ganze Jahr
Unser neues Kochbuch bringt alle an einen Tisch und begleitet dich mit 120 Rezepten für jede Jahreszeit genussvoll durchs Jahr. Für Groß und Klein, für jede kulinarische Vorliebe und jeden Gusto ist bei den vielfältigen saisonalen Gerichten etwas dabei. Gut essen, gut leben! www.adamah.at/kochbuch
M EIN E STA DT
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MEINE STADT:
WIEN
LIEBLINGSPLÄTZE UND ECO-HOTSPOTS TEXT
Mira Nograsek
1. BADEN IN DER LOBAU Mira Nograsek Vor 10 Jahren ist die gebürtige Steirerin nach Wien gekommen, um zu bleiben. Besonders gerne ist die freischaffende Autorin auf Wanderwegen in den Bergen unterwegs oder kostet sich durch die veganen Restaurants der Stadt. Seit 2015 bloggt sie auf roedluvan.at Ihre 90 liebsten Öko-Spots der österreichischen Hauptstadt können gebunden in »Lieblingsplätze Wien nachhaltig« (Gmeiner, 2021) nachgelesen werden.
Der Nationalpark Donau-Auen umfasst eine der letzten intakten Auenlandschaften in Mitteleuropa. 2300 Hektar Fläche davon, also rund ein Viertel des Wasserwalds, liegen im Wiener Stadtgebiet – Lobau genannt. Im Sommer bin ich hier gerne mit meinem Fahrrad auf den ausgewiesenen Radwegen unterwegs und suche mir ein ruhiges Badeplätzchen am Donau-Oder-Kanal. donauauen.at
2. WARENHANDLUNG WENIGHOFER WANITS Unverpacktläden werden immer populärer. Der verpackungsfreie Laden meines Vertrauens ist in der Marxergasse 13 und bietet so ziemlich alles, was man zum Leben braucht. Hier können Linsen, Hafer und Nüsse im eigenen Behältnis abgefüllt werden. Außerdem wechselt das Angebot an saisonalem Obst und Gemüse ständig. Viele der Produkte sind biozertifiziert, aber nicht alle. warenhandlung.at
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3. KREISLAUFSCHANK
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Wein und Wien, das ist einfach eine unverzichtbare Kombination. Beim Buschenschank Biohof N°5 kehre ich gerne auf ein Bio-Achterl im lauschigen Innenhof ein. Dazu gibt’s selbstgemachte Aufstriche und Salate. Wer mag, probiert den Biospeck vom Mangalitza-Schwein. Der Hof der Familie Kaminek wird nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft geführt. wein.nummer5.at
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4. BISAMBERG ERWANDERN Eines meiner liebsten Ausflugsziele in Wien ist der Bisamberg in Floridsdorf. Vor allem der Stadtwanderweg 5 hat es mir angetan. Hier kommt man bei tollen Heurigen vorbei, wie etwa beim Weingut Weinhandwerk (wo zwar der Wein bio ist, aber die Gastronomie leider nicht), und kann zwischen Weinreben und den Wiesen die flinken Ziesel beobachten. Die geschützte Tierart wurde aus dem urbanen Zentrum der Stadt zurückgedrängt und ist nur noch in wenigen Gebieten Wiens beheimatet.
B ILD IST OCK.COM/2XWILFING ER, PI A NO GRASE K
weinhandwerk.at
5. SCHLAFEN IM BOUTIQUEHOTEL STADTHALLE Hierhin schicke ich Gäste, die ich nicht bei mir zuhause unterbringen kann, guten Gewissens. Das Biohotel mit »Null-Energie-Bilanz« arbeitet stets daran, seinen ökologischen Fußabdruck weiter zu verkleinern. Der Biokaffee kommt mit dem Segelboot aus Südamerika, geschlafen wird auf fair und regional produzierten Matratzen. hotelstadthalle.at
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STA DTL EB E N
HANDKURATIERTE SINNSUCHE AUF DEM BERLINER JOBMARKT
Portionsweise Foodwaste wegrechnen ist bei Koro Teil der Lösung im Kampf gegen Ressourcenverschwendung.
Zwei Berliner haben sich auf die Suche nach Jobangeboten im Einklang mit den UN-Nachhaltigkeitszielen gemacht.
Das Berliner Start-up Koro verkauft Trockenware im ganz großen Stil und hat vom Gründungsstandort Berlin aus nun schon einen zweiten Standort in Hamburg aufgebaut. Nüsse,Trockenobst und weitere haltbare Lebensmittel werden nur in Großpackungen angeboten, um Verpackungsmüll zu verringern und die Produkte günstiger anbieten zu können. Es werden nicht nur, aber mehrheitlich Bioprodukte gehandelt – ein weiterer Ausbau des Bioanteils ist geplant. Der »Zweite Wahl Adventskalender« zeigt Koros Bemühungen im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung. Bei der Produktion von Adventskalendern blieben nach dem 24. Dezember Teile der Befüllung übrig – jedoch nicht von allen Sorten gleich viele. Nun will man KundInnen auch nach Weihnachten Abwechslung beim Snacken bieten und die Produkte mit möglichst wenigen Doppelungen neu verteilen – mit Hilfe eines erstaunlich komplexen Algorithmus. Diesen entwickelte der Mathematiker Ansgar Dietrichs, ein ehemaliger Kommilitone des Geschäftsführers, so, dass Kalender mit der höchstmöglichen Anzahl unterschiedlicher Snacks entstehen konnten. Alles, was nach Befüllung der restlichen Adventskalender-Rohlinge immer noch übrig war, packt Koro in Überraschungsboxen, die zu einem reduzierten Preis im Onlineshop angeboten werden. Snacken im Namen der Lebensmittelrettung. ANNALENA EISFELD
Die zwei Gründer, Softwareentwickler Lukas und Dokumentarfotograf Max Stockburger, wollten auf die gesteigerte Nachfrage nach sinnstiftenden beruflichen Tätigkeiten reagieren und haben hierzu die Plattform Baito gegründet. Sie soll die Suche nach Jobs erleichtern, die sich durch »Sinnhaftigkeit, faire Bezahlung und gesellschaftlichen Mehrwert auszeichnen«. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz sucht die Jobbörse nach Stellenangeboten, die diese Kriterien in ihren Augen erfüllen. Als Entscheidungsgrundlage möchte man sich an den Nachhaltigkeitszielen der UNO orientieren und zusätzlich Stellen aus dem Bereich Kunst und Kultur veröffentlichen. Keine leichte Aufgabe und recht subjektiv freilich, die Auswahl gibt bisher aber Anlass zu Neugier auf die weitere Entwicklung der Plattform. Bisher beschränkt sich das Angebot auf Berlin. Eine weitere Besonderheit: Die Plattform sortiert nicht in starre Berufsgruppen, sondern in Kategorien wie »Anpacken«, »Beraten«, »Entwickeln«, »Gestalten« oder »Kommunizieren«. Trotzdem kann man auf der Seite auch nach Berufsfeldern oder bestimmten Unternehmen filtern. Durch die persönliche Auswahl werden auch Jobs bei gemeinnützigen Vereinen oder kleinere Unternehmen der Nachhaltigkeits- und Kreativbranche sichtbarer gemacht, die sonst eher untergehen. Die Stellenangebote sind per Newsletter oder Telegram kostenfrei abonnierbar. SAMANTHA BREITLER
korodrogerie.de und koro-shop.at
getbaito.de
BILD
TREFFEN SICH EIN LEBENSMITTELHERSTELLER UND EIN MATHEMATIKER ...
KORO , MA X E RNST STOCKBURGE R, TBD
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BILD DIETER STEINBACH
»Ein digitales Zuhause für Menschen, die die Welt verbessern möchten.« Wer nicht nur statische Jobannoncen durchforsten, sondern sich in einer Community zu Jobs mit sozialer Verantwortung bewegen und austauschen möchte, kann bei der Community-Plattform Tbd fündig werden. 2014 noch unter dem Namen »The Changer« gegründet, richtet sich das Jobportal vor allem an Millenials und die Gen Y. Der Fokus liegt auf Stellen in Social Businesses und im NPO-/NGO-Sektor, die meisten Ausschreibungen kommen aus dem Großraum Berlin, es werden aber auch immer wieder Remote-Stellenangebote gelistet. Bei der Suche kann in wenigen Klicks nach Sprache, Rolle, Zweck, Jobtyp und Organisation gefiltert werden. Die Plattform ist durch den Community-Charakter aber nicht in jeder Hinsicht übersichtlich. Neben einem Verzeichnis von gemeinwohlorientierten Unternehmen und Organisationen, gibt es Artikel und Interviews zu Themen wie Karriere, Firmengründung und Wellbeing genauso wie Coaching-Angebote. ArbeitgeberInnen können sich hier Tipps zu Finanzierungsmöglichkeiten und Recruitment holen, ihre Erfahrungen teilen und nach neuen Teammitgliedern Ausschau halten. Um die Stellenausschreibungen und Zusammenarbeit mit Unternehmen transparent zu halten, wurden ethische Kriterien definiert und ein Ampelsystem eingeführt. Außerdem hat Tbd bereits drei Mal, den »persist* Summit« veranstaltet, um über Karrierewege im sozialen und nachhaltigen Sektor zu informieren und zu netzwerken. SAMANTHA BREITLER tbd.community/de
Wien ist die grünste Stadt und eine der lebenswertesten Städte der Welt. Das liegt neben der gut ausgebauten Daseinsvorsorge in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und leistbarem Wohnen auch an dem ökologischen Bewusstsein, das in der Wiener Sozialdemokratie seit vielen Jahren gelebt wird. Erkennbar ist das etwa an dem hohen Grünflächenanteil der Stadt. 53% der Fläche Wiens sind Wälder, Wiesen, Parks oder Agrarfläche. Seltene und geschützte Tiere finden hier ein Zuhause und machen dadurch den hohen Stellenwert sichtbar, den Biodiversität und Nachhaltigkeit in Wien einnehmen. Rund ein Drittel dieser Fläche wird landwirtschaftlich genutzt, was Wien zur weltweit einzigen Metropole mit nennenswerter Agrarproduktion macht. Jedes Jahr werden 2.200 Tonnen Obst und über 70.000 Tonnen Gemüse geerntet, wodurch sich Wien während der Saison mit Letzteren sogar selbst versorgen kann. Darüber hinaus legt die SPÖ Wien großen Wert auf Bio-Anbau: Mit 32% landwirtschaftlicher Bio-Fläche nimmt Wien österreichweit eine Vorreiterrolle ein. Wenn du mehr über Nachhaltigkeit in Wien wissen möchtest, dann folge uns auf Facebook, Twitter und Instagram: @spoewien
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DER SPÖ WIEN
*DICH DEFINIERT, WORAN DU ARBEITEST?
Lebenswert und nachhaltig geht in Wien Hand in Hand
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B IL D DER AU SGA B E WIE N
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SOMMER AUF DER INSEL
BILD: WIENER WILDNIS.
Wien hat eine 21 km lange und künstlich errichtete Insel auf Stadtgebiet. Und doch ist sie etwas sehr Natürliches geworden. Die FotografInnen des Projekts »Wiener Wildnis« waren über und unter der Wasseroberfläche auf der Donauinsel unterwegs und haben das Material für einen Bildband gesammelt, der auch DonauinselkennerInnen noch neue Lust macht, sich weitere Dimensionen ihrer Insel zu erschließen. Beim Schmökern und beim nächsten Ausflug. Der bunt gefärbte Sonnenbarsch wurde als Aquarienkultur aus Nordamerika eingeschleppt. Er hat als Laich- und Bruträuber durchaus das Potenzial, heimische Fischarten weiter zu verdrängen. Auch Badende bekommen ihn mitunter zu spüren, wenn sie zu lange dort stehen, wo er sein Territorium wahrnimmt – denn dann versucht er durch »Pecken« auszudrücken, wie viel Biodiversität er in seinem Gebiet gerne dulden würde. Mehr davon und dazu auf wienerwildnis.at IRINA ZELEWITZ
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» DONAUINSEL« Verena Popp-Hackner u. Georg Popp (Hrsg.), 2021, Popp-Hackner Photography.
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NACHTAKTIV Welche Tiere und Insekten in Wien und Berlin von Sonnenuntergang bis in die frühen Morgenstunden unterwegs sind, was sie brauchen und was die Stadt und BürgerInnen zu ihrem Schutz tun können. TEXT Jessica Benjatschek
StadtWildTiere ist ein Citizen-Science-Projekt und eine Plattform für Wildtierbeobachtungen. Dort findet man Artenporträts, Beobachtungstipps und Aufnahmen von Fuchs, Dachs und anderen nachtaktiven Tieren in Wien, Berlin und anderen Großstädten und kann eigene Sichtungen mit anderen teilen. stadtwildtiere.at stadtwildtiere.de
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as Nachtleben in den Hauptstädten ist wild. Spätestens zur Dämmerung kommen Füchse aus ihren Bauten in Straßenböschungen, Wildschweine durchwühlen Parks, Biber fällen mitten in Berlin am Ufer der Spree Bäume oder nutzen in Wien auf der Donauinsel Baumschnittmaterial für Ausbesserungen an ihren Burgen. Die meisten der nachtaktiven Arten sind allerdings unauffällig, darunter Nachtfalter, Fledermäuse und Amphibien. Es ist die Mischung aus urbaner Architektur und wilden Ecken, die die Hauptstädte so attraktiv für viele Arten macht. Zum Erhalt der Lebensräume, für die Förderung und zum Schutz gefährdeter Tierarten gibt es in der Stadtlandschaft unterschiedliche Stationen. Im Fokus der Stadtverwaltungen stehen hier prioritär ausgewiesene Arten, die entweder durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) geschützt sind oder durch ihre gute Sichtbarkeit stellvertretend für ähnliche nicht geschützte Arten stehen.
GEBÄUDEFASSADEN UND DÄCHER Gebäude sind durch die Strukturen im Grunde künstliche Felslandschaften. Ungefähr jedes vierte Haus in Berlin stammt aus den 20er- und 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts. Durch den hohen Altbaubestand hat Berlin eine hohe Rate an Gebäudebrütern, die auch in gebirgigen Gegenden zu finden sind, zum Beispiel Mauersegler, Wander- und Turmfalken, Hausrotschwanz und Sperlinge. In Großstädten sind Vögel länger aktiv und ihr Tag beginnt bereits vor Sonnenaufgang. Auch außerhalb der Brutzeit schlafen einige Vogelarten nachts in ihren Nestern, Höhlungen und Spalten in der Fassade. Bei einer ökologischen Baubegleitung wird der Ar-
tenschutz mitgedacht und ist außerdem durch die FFH-Richtlinie gesetzlich vorgeschrieben. Der Natur- und Artenschutzreferent Ansgar Poloczek des Nabu, des Naturschutzbunds Deutschland e. V., Berlin erklärt, wie vorgegangen wird: »Zuerst werden die entsprechenden Lebens- oder Fortpflanzungsstätten erfasst und dann werden die Bauzeiten entweder angepasst oder Ersatzniststätten angebracht.« Bei Sperlingen und Mauerseglern werden sie in der Regel eins zu eins ausgeglichen, bei Turmfalken sind zwei Nisthilfen nötig. In den 90er-Jahren wurde in Berlin nach dem starken Rückgang des Bestands ein Programm für Turmfalken gestartet. An hohen Gebäuden hatten die GebäudeeigentümerInnen Nistplätze installiert. Mit Erfolg, denn heute leben wieder 300 Brutpaare hier, von denen 60 bis 80 Prozent in Nistkästen brüten. Neben den Vögeln nutzen aber auch Fledermäuse Risse in Gebäudefassaden sowie Dachböden als Fortpflanzungs-, Rückzugs- und Winterquartier. In Wien ist Fledermausschutz nicht gleich Fledermausschutz. Der Große Abendsegler, die Weißrandfledermaus, die Alpenfledermaus, die Zwergfledermaus und die Rauhautfledermaus kommen überall in der Stadt vor und haben keine großen Ansprüche an ihren Lebensraum. Sie sind typische Spaltenbewohner, in gebirgigen Regionen in Karstspalten zu finden. Arten, die am Rande des Grüngürtels vorkommen, sind die Wimpernfledermaus, das Große Langohr, das Mausohr und die Kleine Hufeisennase. Sie sind auf Dachböden zu finden und hängen kopfüber von der Decke. In sehr warmen Gebieten befinden sich ihre Quartiere in Höhlensystemen. »Die Höhlen in den Voralpen sind zu kalt. Da funktioniert die Reproduktion nicht und deswe-
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gen sind sie bei uns in Dachböden zu finden«, sagt Ferdinand Schmeller, Sachverständiger und Projektleiter im Artenschutz der Umweltschutzabteilung Wiens. Auf den Fledermausschutz hat die Stadt Wien schon deswegen einen großen Einfluss, da 31 Prozent aller BürgerInnen in Gemeindebauwohnungen leben. »Wir sind gut eingebunden in die Sanierungen und finden immer wieder Quartiere, die dann vollwertig kompensiert werden«, sagt Schmeller. Vor zwei Jahren hat die Magistratsabteilung für Umwelt beim Netzfang von Fledermäusen, eine Forschungsmaßnahme zur Bestimmung der vorkommenden Arten, einige Tiere mit passiven Sendern ausgestattet, die mit Antennen geortet werden können. Diese werden am Rückenfell mit Hautkleber angeklebt und fallen dann von selbst wieder ab. So konnten einige Quartiere aufgespürt werden. Ebenfalls ein Indiz für ein Quartier ist es, wenn man Fledermäuse an einer Stelle ein und aus fliegen sieht und ihren Kot am Boden findet. Beobachtungen sind essenziell, denn nur wenn man weiß, ob es ein Quartier gibt und um welche Art es sich handelt, zeigen Maßnahmen Wirkung. »Sind an diesen Gebäuden Sanierungen geplant, geht es darum, die Quartiere, in denen die Fortpflanzung stattfindet oder einige Arten überwintern, zu erhalten«, sagt Schmeller. Als ortstreue Tiere suchen sie jedes Jahr dieselben Quartiere auf. Bei Sanierungsmaßnahmen dürfen die Arbeiten nur außerhalb des Vorkommens der Tiere stattfinden. Von Mai bis Juli ist die Zeit der sogenannten Wochenstube, von Anfang November bis Ende März wechseln sie in ein Quartier für den Winterschlaf, danach verlassen sie auch diese Stätte wieder bis zum nächsten Winter. Von den
Nachtaktive Insekten werden nicht vom Licht »angelockt«, sie orientieren sich ohne Gleichgewichtssinn immer wieder an der Lichtquelle, die sie fälschlicherweise für den Mond halten.
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Fledermäuse auf Dachböden dürfen nicht gestört werden, da sie das Quartier ansonsten für immer verlassen könnten. Zu besonders sensiblen Zeiten während der Wochenstube und im Winter kann die Störung tödliche Folgen für die Tiere haben.
Wochenstube bezeichnet das Gemeinschaftsquartier trächtiger Fledermausweibchen, wo sie ihre Jungtiere gebären und vier bis sechs Wochen säugen.
angepassteren Arten, den Spaltenbewohnern, werden Ersatzquartiere in Form von Fledermauskästen meist erfolgreich angenommen. Bei den störungsempfindlicheren Fledermäusen, die auf Dachböden vorkommen, muss der Lebensraum erhalten werden, denn er ist nur sehr schwer wiederherstellbar. Ein weiterer Störfaktor für Fledermäuse ist die Fassadenbeleuchtung. Die künstliche Beleuchtung beeinflusst ihre innere Uhr und führt dazu, dasssie später ausfliegen.
BELEUCHTUNG Straßenbeleuchtung und Laternen, Leuchtreklamen, Strahler, die auf Baumkronen und Gebäudefassaden ausgerichtet sind, sind nicht nur
Mehr zum invasiven Waschbären auf
BIORAMA.EU/ WASCHBAER
für die große Lichtverschmutzung verantwortlich, sondern beeinflussen auch das Verhalten von Singvögeln, die mitten in der Nacht noch aktiv sind und Nahrung suchen. Ihre Gesundheit leidet unter dem gestörten Biorhythmus und sie machen außerdem nachtaktive Fressfeinde auf sich aufmerksam. So etwa den Steinmarder, der in Städten bis zu zehn Mal häufiger vorkommt als in ländlichen Regionen. Am meisten schadet die künstliche Beleuchtung jedoch nachtaktiven Insekten. Sie haben keinen Gleichgewichtssinn und orientieren sich am Mond. Sie werden vom Licht der Straßenbeleuchtung fehlgeleitet, kreisen dort so lange, bis sie an Erschöpfung sterben. In Wien standen entlang der Donau früher Kugelleuchten, die oft mit Steinen eingeworfen wurden. Im Laufe der Zeit wurden die Kugeln immer schwärzer und schwärzer. »Das waren alles tote Insekten«, sagt Manfred Schönwälder, Sachverständiger für Artenschutz der Wiener Umweltschutzabteilung, und hält fest: »Das gibt es jetzt nicht mehr.« Wie stark die Lichtemission in Schutzgebieten und außerhalb sein darf, wird inzwischen in Österreich über die Ö-Norm geregelt. Es gibt das österreichische Leitwerk zur Planung umweltfreundlicher Außenbeleuchtung und den Leitfaden der Wiener Umweltanwaltschaft zum Umgang mit Licht im öffentlichen Raum. Bei jeder Neuumrüstung werden insektenfreundliche Lichtanlagen installiert – mit einem geringen UV-Licht-Anteil, Kaltlicht statt Warmlicht. Damit nicht der gesamte Nachthimmel ausgeleuchtet wird, werden die Lampen gedeckelt. Solche Maßnahmen können auch HausbesitzerInnen vornehmen, es lassen sich auch Außenbeleuchtungen, sofern
19 sie überhaupt nötig sind, an Bewegungsmelder und Zeitschaltuhren koppeln. Im Fokus des Artenschutzes stehen in Wien unter anderem der Nachtkerzenschwärmer, die Ordensbänder als eine Gruppe der Eulenfalter, der Schmetterling Russischer Bär und eine Art, die wissenschaftlich erstmals 1775 in Wien dokumentiert wurde und in der Hauptstadt stellvertretend für alle Nachtinsekten steht, die nicht geschützt sind: das Wiener Nachtpfauenauge. Besonders gut sind die Falter im April zu beobachten. Insektenfreundliches Licht nützt außerdem auch den Fledermäusen, da sie sich von nachtaktiven Insekten ernähren, die 85 Prozent aller Insekten ausmachen und die Basis jeglicher Nahrungskette sind. Wie stark diese bedroht ist, hat nicht zuletzt die 2017 publizierte »Krefelder Studie« (des Entomologischen Vereins Krefeld) zum Insektensterben in Deutschland gezeigt. Über 27 Jahre hinweg hat ein Monitoring des Insektenvorkommens stattgefunden. So wurde dokumentiert, dass seit 1989 mehr als 75 Prozent der Fluginsekten-Biomasse verschwunden sind. Neben der Beleuchtung haben auch die Gestaltung von Grünflächen und der Einsatz von Pestiziden in der Stadt und in den umliegenden Regionen Einfluss auf nachtaktive Insekten und folglich ebenso auf nachtaktive Tiere, da die Insekten bei ihrer Nahrungssuche weite Strecken zurücklegen.
BILD ISTOCK.CO M / C RE ATI VENATU RE, JAH, JEFF KINGMA
GRÜNFLÄCHEN UND PARKS Im Stadtdschungel von Berlin haben sich nachtaktive Waldbewohner etabliert, darunter Rehe, Wildschweine, Füchse und Steinmarder. Viele der Wildtiere unterliegen zwar dem Jagdrecht, in der Stadt außerhalb der Wälder wird die Jagd verständlicherweise jedoch nicht ausgeübt. Die Tiere konnten sich in der Großstadt etablieren und sich an das Stadtleben anpassen. Ihr Auftreten wird mitunter als Bereicherung der Stadtnatur gesehen. BürgerInnen sollten, wenn sie sich in Parks aufhalten, ihren Müll und ihre Essensreste wieder mitnehmen oder ordnungsgemäß entsorgen, keine Wildtiere füttern oder ihren Lebensraum stören. Um Stress für die Tiere zu vermeiden, sollten ihre Rückzugsräume respektiert werden, vor allem nachts. Sie sollten nicht aufgescheucht, angeleuchtet oder eingeengt werden. Unter strengem Schutz stehen Biber. »Wir
Singvögel sind in Großstädten länger aktiv und ziehen dann unweigerlich die Aufmerksamkeit ihrer nachtaktiven Feinde auf sich. Feind Nummer eins ist der Steinmarder.
haben ungefähr 60 bis 80 Ansiedelungen im gesamten Stadtgebiet«, sagt Wildtierexperte Derk Ehlert, Wildtierreferent der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucherund Klimaschutz. Die Tiere brauchen Wasser und Vegetation, sie ernähren sich von Pflanzen, die am Ufer und angrenzenden Grünflächen wachsen. Außerdem brauchen sie Möglichkeiten, um ins Wasser und wieder hinaus zu kommen. In Berlin-Mitte wurden dafür sogar Ein- und Ausstiegshilfen an der Spree gebaut. Meist werden schmale Holzstege mit Querstreben eingesetzt, mithilfe derer die Biber den Ein- und Ausstieg schaffen und die von den nachtaktiven Nagetieren sehr gut angenommen werden. Initiativen zum Schutz nachtaktiver Tiere gibt es auch in Wien. Wien setzt einige Pilotprojekte mit Wiener Wohnen um, dem größten öffentlichen Wohnungsanbieter. »Wir wollen stufenweise von der intensiven Pflege zurückgehen und die Schnitthöhe erhöhen, um die Biodiversität aufzuwerten«, sagt Manfred Schönwälder, der auch das Projekt »City Nature« in der Stadt Wien leitet. Sechs bis acht Mal pro Jahr wurden die öffentlichen Grünflächen in der Vergangenheit gemäht, da könne kein Insekt überleben. Ziel ist laut Schönwälder, dass sich die Fläche in einem gewissen Ruhezustand verhält, zumindest drei Monate pro Jahr, damit überhaupt Reproduktion stattfindet. Damit nachtaktive Insekten auch Nahrung – Pollen und Nek-
Wien und Berlin richten sich bei den entsprechenden Maßnahmen nach der Naturschutzverordnung der Stadt und nach der Naturschutz-Richtlinie der Europäischen Union »Richtlinie 92/43/EWG«, auch Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, deren Ziel es ist, wildlebende Pflanzen und Tiere zu schützen, somit die Biodiversität zu fördern und ihre Lebensräume zu erhalten.
City Nature ist ein Kooperationsprojekt von Wien und Bratislava und zeigt Möglichkeiten auf, wie sich BürgerInnen persönlich einbringen können für den Arten- und Lebensraumschutz: city-nature.eu
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Beobachtungen melden: Vorkommen von Fledermausquartieren und Niststätten von Mehlschwalben, Mauerseglern, Dohlen, Haubenlerchen und Turmfalken in Wien melden: service@ma22.wien.gv.at Meldungen in Berlin über gebaeudebrueter-inberlin.de
tar – finden, haben die Stadtgärten in jedem größeren Park in Wien Blühstreifen angelegt. Aber auch GartenbesitzerInnen können etwas tun. Wer beispielsweise eigene Obstbäume hat, kann dem Wiener Nachtpfauenauge helfen, indem rund um die Gehölze hohe Gräser oder Stauden stehen gelassen werden, weil sich die Raupen im Krautsaum, bestehend aus Stauden und höheren Gräsern, verpuppen. Naturnahe Gärten werden mit dem Biodiversitätsgütesiegel »Naturnahe Grünoase« ausgezeichnet. Voraussetzung ist unter anderem, die Gärten nicht zu intensiv zu pflegen, keine Mähroboter und Laubsauger zu verwenden. Fledermäuse profitieren davon, dass auf den stadteigenen Flächen keine Pestizide eingesetzt und somit weniger Insekten vergiftet werden. Manchmal werden aber auch Bäume zu Fledermausquartieren. »Im Winter können bis zu 200 Abendsegler in Baumhöhlen vorkommen, in großen alten Pappeln mit hohlem Stamm«, sagt Ferdinand Schmeller. Die BaumpflegerInnen, die in der Stadt Wien im Einsatz sind, werden entsprechend geschult, was es zu beachten gibt, damit Bäume potenzielle Fledermausquartiere werden können: »Wichtig ist, dass man die Baumhöhlen vor der geplanten Pflegemaßnahme mit einer Endoskopkamera kontrolliert, achtsam zurückschneidet oder, wenn man ein Quartier findet, gar nicht zurückschneidet.«
BRACHFLÄCHEN Aber nicht nur die zielgerichteten Maßnah-
men im eigenen Garten, beim Gehölzschnitt, in Parks und öffentlichen Grünflächen schützen nachtaktive Tiere. Manchmal ist es auch besser, überhaupt nicht einzugreifen, eine Fläche und die dortige Vegetation sich selbst zu überlassen. Nachtaktive Amphibien fühlen sich auf Brachen besonders wohl. In Berlin sind die Amphibienbestände in den vergangenen 20 Jahren um 90 bis 95 Prozent zurückgegangen. Eine bedrohte Amphibienart hat sich jedoch auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs der DDR in Pankow niedergelassen, am nördlichen Rand der inneren Stadt, direkt an der S-Bahn-Station. »Die Brache beherbergt die letzte Berliner und eine der größten Populationen der Kreuzkröte in Deutschland«, sagt Ansgar Poloczek vom Nabu Berlin. Im Frühjahr kann man dort nachts bis zu 600 Rufer hören, so werden die Männchen bezeichnet. Ursprünglich kommen diese Amphibien an Flussufern vor, die sich natürlicherweise immer wieder verlagern und so karge, vegetationsarme Lebensräume geschaffen haben. Als bedrohte Amphibienart ist die Kreuzkröte auf Sekundärstandorte, von Menschen geformte Flächen, die sich selbst überlassen wurden, angewiesen. Schon allein deshalb wäre es wichtig, Flächen wie diese für die gefährdeten Arten zu erhalten. Unsere gar nicht mehr so anonymen Nachbarn Fledermaus, Biber, Kröte, nachtaktiver Falter, Fuchs oder Wildschein, sie alle finden in den Hauptstädten viele unterschiedliche Rückzugs- und Lebensräume.
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Klimaschutz und die Maßnahmen zur Eindämmung des Thomas Arnoldner bestätigen die Ergebnisse der Studie, »dass Klimawandels sind national wie international bestimmenwir mit unserer digitalen Infrastruktur ein zentraler Wegbede Themen. A1 Group CEO Thomas Arnoldner unterstreicht reiter für eine grüne und digitale Transformation sind«. diese Wichtigkeit auch für Österreichs führendes TeleZur Sicherstellung der dafür erforderlichen zukunftssichekom-Unternehmen: »Wir haben im Unternehmen eine lanren Infrastruktur erweitert A1 das mit Abstand größte Glasfage Tradition, nachhaltig zu denken und zu agieren. 2020 hasernetz Österreichs kontinuierlich und erschließt Städte und ben wir das Thema auf eine neue Ebene gehoben. Wir haben Ballungsräume genauso wie ländliche Gemeinden. In den nun eine fest verankerte Nachhaltigkeitsstrategie, die auch vergangenen fünf Jahren wurde das A1 Glasfasernetz mehr Teil unserer Unternehmensstrategie ist.« Für A1 sind die wisals verdoppelt und erreicht mittlerweile eine Länge von rund senschaftlich bestätigten Umweltziele und der Beitritt zur 64.000 Kilometern. »European Green Digital Coalition« wichtige Meilensteine Gerade in den vergangenen herausfordernden Jahren haeiner grünen und digitalen Transformation. Darüber hinaus ben Unternehmen und auch Privatpersonen die Potenziale verfolgt das Unternehmen das ambitionierte Ziel, bis 2030 der Digitalisierung erfolgreich nützen können. »Die CoronaCO2-neutral zu werden. pandemie hat einen Digitalisierungsschub ausgelöst und war ein digitales Trainingslager für uns alle. Wir sehen es als unA1 hat, um dieses Vorhaben mit wissenschaftlichen Befunden sere Kernaufgabe, eine zukunftszu stützen, 2021 eine Studie mit sichere Infrastruktur sicherzuEco Austria und dem Fraunhofer stellen«, fasst Arnoldner zusamInstitut initiiert. Die Ergebnisse men. »Zudem achten wir darauf, zeigen, dass die Digitalisierung dass die Lösungen für unsere erhebliche Potenziale für eine KundInnen einfach und handnachhaltigere Gesellschaft mit habbar sind. Am Ende des Tages sich bringt und Breitbanddiensmuss Digitalisierung immer das te dabei helfen, CO2-Emissionen Leben der Menschen erleichtern zu reduzieren. Im Zeitraum 2002 und verbessern. Der KundInbis 2019 konnten auf diesem Weg nennutzen steht für uns immer insgesamt 7,09 Millionen Tonim Vordergrund.« nen CO2 eingespart werden. Für A1 Group CEO Thomas Arnoldner.
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG VON A1
Digitalisierung und Klimaschutz: Für A1 ein Paar mit großem Zukunftspotenzial
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INTO THE WILD – IN THE CITY
Wertvolles Nichts: Die Brache ist ein Ökosystem.
Echtes Leinkraut (Linaria vulgaris). Diese Art war ursprünglich Teil der Küstenvegetation und ist vor cirka 7000 Jahren ein Kulturfolger geworden, der überall da wächst, wo Menschen die natürliche Vegetation stören.
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eldhasen hoppeln durch das Wiener Nordbahnviertel, ein Stadtentwicklungsgebiet auf einem ehemaligen Bahnhof. Sie stammen eigentlich aus einer Brache unweit des stetig wachsenden Hochhäusermeers und verirren sich immer wieder mal in das Neubauareal – ein ungewöhnlicher Anblick in einer großstädtischen Umgebung. Für den Shiatsu-Praktiker Peter Rippl gehören die Hasen praktisch zum Inventar des Viertels. Als er 2011 mit seiner Familie hierherzog, fühlte er sich an die Sehnsuchtsorte seiner Kindheit – die Gstettn – erinnert, inoffizieller Abenteuerspielplatz für Generationen von Kindern. Für ihn war es daher sehr schnell klar, dass er sich für den Erhalt dieser Fläche mitten in dem neu entstehenden Stadtviertel einsetzen wollte. Auf dem Areal des 1838 als ersten Bahnhof Österreichs eröffneten und nach dem Zweiten Weltkrieg vorwiegend vom Güterverkehr genützten Wiener Nordbahnhofs war eine städtische Wildnis entstanden, Heimat für viele seltene Tiere und Pflanzen. Das Gebiet des ehemaligen Nordbahnhofs war also zu einer Brache im klassischen Sinne geworden: Seine ursprüngliche Nutzung als Personenbahnhof war sukzessive aufgegeben worden und parallel dazu hatte die Rückeroberung der Natur begonnen sowie eine inoffizielle Nutzung des Areals. So suchten hier etwa Obdachlose Zuflucht und das Gebiet diente auch der Wiener Unterwelt als Rückzugsort. Landschaftsplaner Thomas Proksch erinnert sich, dass der Nordbahnhof bereits ab den 1960er-Jahren als verwunschener Ort galt, den er als Jugendlicher immer wieder mal auf der Suche nach Abenteuern erkundete. Als er dann viele Jahre später zum ökologischen Gutachter des Areals wurde, wusste er bereits, was er zu erwarten hatte: eine riesige Pflanzenwelt auf einem ehemaligen Überschwemmungsgebiet der Donau mit Trockenwiesen, Staudenflächen und schütterer Vegetation auf steinigem Untergrund. Und
»Eine Gstettn ist ein flüchtiger, temporärer Ort, der ständiger Veränderung unterworfen ist.« — Wilfried Doppler, Autor »Gstettenführer«
zahlreiche seltene, zum Teil EU-weit geschützte Tierarten, wie die Wechselkröte, die Zauneidechse oder den Neuntöter, ein im Stadtraum sehr rarer Vogel. Die ökologischen Untersuchungen der Brache am Nordbahnhof offenbaren: Urbane Räume mögen zwar die naturfernste Form der Landnutzung sein, aber sie schließen nicht von vornherein natürliche Entwicklungsprozesse aus. Im Gegenteil: Städte sind im Vergleich zu offenen Landschaften und Wäldern überaus strukturreich und besiedelt von vielen Pflanzen und Tieren. Das urbane Ökosystem kann sich im Bestand und Aufbau mitunter natürlicher entwickeln als land- und forstwirtschaftliche Flächen außerhalb der Stadt, die ökonomischen Interessen unterworfen sind. Was sich am Nordbahnhof auch zeigt: Ein wirtschaftlicher Strukturwandel steht oft am Anfang der Entstehung einer Gstettn. Geradezu prädestiniert dafür sind eben zum Beispiel Bahnhöfe, die aufgelassen, Schottergruben, die geschlossen, oder Produktionsstätten und Gewerbebetriebe, die liquidiert wurden. In ihrer Größe sind diese Areale sehr unterschiedlich, manche gar nicht kartographisch erfasst. Und egal ob es weitläufige Industriebrachen oder vereinzelte Baulücken im innenstädtischen Bereich sind – aus stadtplanerischer Sicht wurden die Brachen früher meistens als struktureller Missstand wahrgenommen, weil die Flächen nicht genutzt werden. Zumindest nicht ihrer Widmung entsprechend.
TEXT Anna Katharina Wohlgenannt
Ruderalflächen sind Rohbodenflächen, die natürlichen Ursprungs – etwa durch einen Erdrutsch – oder menschengemacht, etwa ungenutzte ehemalige Industrieflächen, sein können.
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BRACHE BRACHLIEGEN LASSEN
Aus stadtplanerischer Sicht wurden die Brachen früher meistens als struktureller Missstand wahrgenommen, weil die Flächen nicht genutzt werden, heute sind sie oft umkämpftes Gut.
gang an, was aber in den vergangenen Jahren vor allem vor dem Hintergrund von Artensterben, aber auch Klimaerwärmung und den damit einhergehenden Herausforderungen für das Mikroklima und das Leben in der Stadt in ein wachsendes Bewusstsein für den städtebaulichen Wert dieser immer rarer werdenden Flächen gemündet ist. Einen Anteil daran hat nicht zuletzt die Wiener Umweltanwaltschaft, die in inzwischen
Die »Freie Mitte« soll Erholungs- und Naturraum für die WienerInnen sein, mit besonderem Fokus auf Artenvielfalt. Links im Bild blüht rosa das Acker-Löwenmaul (Misopates orontium), in der Mitte wächst Segge (Carex sp.) und unten Gewöhnlicher Natternkopf (Echium vulgare).
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Doch hier hat ein Umdenken begonnen, wie man an der weiteren Entwicklung der Brache am Nordbahnhof sehen kann: Sie wird inzwischen »Freie Mitte« genannt und hat damit einen offiziellen Namen erhalten. Als »E-Naturund Erholungsraum« gewidmet und nicht als »EPK – Erholungsraum Parkgebiet«, wie Parkanlagen normalerweise gewidmet werden, ist die Stadtwildnis – wenn auch in verkleinerter und »gezähmter« Form – in das Stadtentwicklungsgebiet Nordbahnhofviertel integriert worden. Die »Parkanlage Nordbahnhof – Freie Mitte« ist Teil der Grünraumoffensive der Wiener Stadtregierung, die angekündigt hat, bis 2025 rund 400.000 Quadratmeter Grün durch gänzlich neue und erneuerte Parkflächen zu schaffen. Der erste, 14.0000 Quadratmeter große Teilbereich der Freien Mitte ist nun seit Ende November 2021 ist für BesucherInnen zugänglich Bei der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Brachen scheint sich ein Umbruch vollzogen zu haben und damit der Wunsch, anders mit ihnen umzugehen: Traditionell haftete Gstettn in Wien ein negatives Image von Verfall, Verwahrlosung und wirtschaftlichem Nieder-
25 mehrfacher Auflage einen »Gstettenführer« herausgegeben hat, in dem sie verwilderte Freiräume vorstellt und ihre Geschichte erzählt. Laut Wilfried Doppler, einem der Autoren des Führers, soll diese Dokumentation jedoch nicht den Eindruck erwecken, dass Brachen für die Ewigkeit bestimmt sind. Ganz im Gegenteil: Eine Gstettn ist ein flüchtiger, temporärer Ort, der ständiger Veränderung unterworfen ist. Allerdings vollziehen sich diese Transformationsprozesse immer schneller: Während bis vor einigen Jahren auch in Städten wie Wien eine Baulücke mitunter jahrzehntelang frei blieb, weil andere, allenfalls attraktivere Flächen verfügbar waren, wird sie inzwischen oft schon nach wenigen Monaten wieder geschlossen – der Stadtnatur bleibt bei dieser Geschwindigkeit keine Chance, sich zu entfalten. Der Brache geht es auch in Berlin nicht besser. Auch diese Stadt kämpft gegen zunehmende Flächenversiegelung – die Bautätigkeit der vergangenen Jahre hat die Stadtwildnisflächen rar gemacht. Die deutsche Metropole verfügt gleichzeitig über eine lange zurückreichende Tradition der Aneignung und neuen Nutzung von Gstettn, Brachen, Baulücken und leerstehenden Gebäuden. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden hier weite Brachflächen mit unkontrolliert wachsenden Pflanzen- und Tierpopulationen. Das hat geopolitische Gründe und ist auf die Kriegszerstörungen sowie auf die Teilung der Stadt zurückzuführen. Im Westen der Stadt führte der Mauerbau zur Entstehung von Brachen, weil industrielle Produktionsstätten aufgegeben und nicht weiter genutzt wurden. Berlin und seine BewohnerInnen haben ein Potenzial von Brachen also schon länger erkannt. Nach 1989 entstanden wiederum im Osten neue ungenützte Flächen, nachdem das Wirtschaftssystem der DDR an sein Ende gekommen war und viele Industriestandorte sich selbst überlassen worden waren. Der Abriss der Mauer und die Öffnung des bis zu 50 Meter breiten Mauerstreifens ließen weitere Brachen entstehen. Trotz des Immobilienbooms finden sich bis heute Überreste dieser Flächen. Pionierhaft haben Westberliner StadtökologInnen bereits ab den 1970er-Jahren begonnen, die Pflanzen- und Tierwelt in diesen Arealen zu untersuchen. Aus der vom West-Senat unterstützten Biotopklassifizierung und -kartierung entwickelten sich 1984 die Grundlagen für das Artenschutzprogramm Berlins, das nach der Wende für die ganze Stadt Bedeutung erlangte und eine neue Ästhetik urbaner Natur unterstützte. Der Biologe Ingo Kowarik erforscht Berlins Stadtnatur seit bald vierzig Jahren und war als langjähriger Landesbeauftragter Berlins für Naturschutz in die Entstehung einiger sehr naturnaher Parkanlagen involviert, wie etwa des Parks am Gleisdreieck, der ebenfalls auf einer großen Bahn-Brache entstand.
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»Die durch den Fall der Mauer frei gewordenen Flächen befinden sich wiederum größtenteils in mit Grünflächen unterversorgten Gebieten.« — Ingo Kowarik, Biologe in Berlin ANDERS WILD
Im Gleisbett der neuen »Freien Mitte« in Wien wächst Mauerpfeffer.
Biologe Christian Wappl (links) mit einem Besucher eines Fotoworkshops zu den Insekten des Wiener Nordbahnhofareals.
teln oder, bei besonders trockenen Standorten, Trockenrasen. Nach fünf bis zehn Jahren beginnen sich Büsche und Bäume auszubreiten. Falls Robinien oder Götterbäume darunter sind, hat anderes Gehölz kaum eine Chance mehr. Invasive Arten wie der genannte Götterbaum, die auf die Herausforderungen der Klimaerwärmung oftmals besser vorbereitet sind als heimische Pflanzen, kommen in Brachen generell häufiger vor als in der freien Wildbahn. Doch da es sich bei diesen Flächen meistens um in sich geschlossene Lebensräume handelt, die nicht in direkter Verbindung zu anderen Naturräumen stehen, ist die Gefahr der Ausbreitung bzw. Verdrängung einheimischer Pflanzen geringer als meist angenommen.
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Stadtwildnis bezeichnet er als Natur der vierten Art, damit meint er eine spezifische städtische Ruderalvegetation, die nicht geplant wurde, deren Entwicklung ebenso ohne Plan verlief, die zwar von menschlichen Eingriffen beeinflusst, aber nicht bewusst gesteuert wird. Die Ruderalvegetation folgt dabei stets dem Prinzip der Sukzession. In ihrem Verlauf dominiert ein bestimmter Pflanzentyp eine Zeitlang, bis andere Pflanzen auftreten und ein neues Stadium beginnt. Die erste Besiedlungswelle übernehmen in der Regel kurzlebige, einjährige »Pionierpflanzen« wie etwa der Kompasslattich, Portulak oder Mohn sowie Neophyten – das heißt mehr oder weniger »neu« zugewanderte Arten. Anschließend bestimmen länger lebende »Egoisten« und »Unverwüstliche« die Vegetation – wie etwa Dis-
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GRÜNFLÄCHENVERTEILUNGSGERECHTIGKEIT Für Ingo Kowarik hat sich in den vergangenen Jahren jedenfalls herauskristallisiert, dass die Brachen auf dem ehemaligen Mauerstreifen das Potenzial für mehr Umweltgerechtigkeit in Berlin haben. Denn auch wenn Berlin das Image einer grünen Stadt hat und 41 Prozent des Stadtgebiets aus Wald, Gewässern, Parks und anderen Grünflächen bestehen, so ist dieses Grün dennoch sehr ungerecht in der Stadt verteilt. Die durch den Fall der Mauer frei gewordenen Flächen befinden sich wiederum größtenteils in mit Grünflächen unterversorgten Gebieten, insofern sieht Kowarik hier die Lösung für ein sozialökologisches Problem. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz der Stadt Berlin hat 2010 begonnen, ungenützte versiegelte Flächen zu erfassen und in den digitalen Umweltatlas der Stadt Berlin einzuarbeiten. In der Verfolgung der Zielsetzung der Berliner Regierung, »spätestens ab 2030 eine Netto-Null-Versieglung« zu verfolgen, oder der Forderung etwa der Umweltorganisation BUND (Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V.) aus dem Dezember 2021, dies bis 2030 zu erreichen, können hier – in der BenutzerInnenfreundlichkeit noch ausbaufähig – jene Flächen identifiziert werden, die im »Tausch« für Neuversiegelungen entsiegelt werden könnten. Samt Einschätzung zum Entsiegelungspotenzial eines Gebietes wie auch den Grundla-
»Berlins erster Slum« wurde die Brache Cuvrystraße in BerlinKreuzberg genannt, weil dort eine Protest-Zeltstadt gegen verschiedene Bauvorhaben errichtet wurde. Inzwischen existiert sie nicht mehr: 2018 wurden auf dem 12.000 Quadratmeter großen Areal an der Spree Bürogebäude errichtet.
Der Park am Gleisdreieck auf den Brachen des ehemaligen Anhalter und Potsdamer Güterbahnhofs in Berlin-Kreuzberg/Schöneberg ist ein Vorbild für die »Freie Mitte« in Wien. Der unter reger BürgerInnenbeteiligung gestaltete 31,5 Hektar große Park ist vor allem für seine »Gleiswildnis« mit historischen Gleis-Relikten bekannt, um die sich ein eigenes Biotop gebildet hat.
gen zur Berechnung deren Kosten. Erhoben haben das die Behörden, um selbst priorisieren zu können, wo begonnen wird. Das Informationsangebot richtet sich aber explizit auch an InvestorInnen, EigentümerInnen und Planungsbüros. An alle, für die ein biodiversitätsfreundlicher Umgang mit Boden ein Ziel ist. Wildnis und Kultur stehen nur scheinbar in einem Widerspruch, wie wir in den Brachen unserer Städte sehen können. Sie sind weiße Flecken innerhalb der komplett durchgestalteten Welt voller Regeln und Standards, in der wir leben und uns für gewöhnlich bewegen. In der Stadt gibt zudem der Konsum vor, was man wie und wo tut. Städtische Räume unterliegen außerdem immer einer sehr klar abgesteckten funktionalen Nutzung: Parkplätze sind für Autos da; eingezäunte Spielplätze für Kinder und so weiter. Und davon sind selbst Teile der Natur nicht ausgenommen: Bäume werden zur Beschattung gepflanzt, Rasen ist nur zum Anschauen da und jegliches Unkraut wird entfernt. Gstettn hingegen erscheinen wie Nichtorte innerhalb dieser kontrollierten Umwelt – bis sie wieder von Menschen gestaltet werden.
Unter berlin.de/umweltatlas können im Bereich »Boden« direkt nach den Versiegelungsgeodaten auch jene zu Entsiegelungspotenzialen eingesehen werden.
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ALS DER FUCHS DEN WALD VERLIESS TEXT Irina Zelewitz
Theresa Walter Theresa Walter beschäftigt sich am Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Vetmed Wien seit Jahren mit Wiener Wildtieren, ganz besonders gern mit dem Fuchs.
D
ie Publikation fotografischer Dokumentationen von Fuchssichtungen in urbanem Gebiet liegt im Trend, die Sichtungswahrscheinlichkeit ist ExpertInnen zufolge auch wesentlich besser als im Wald oder sonst wo in nicht verbauter Natur. Richtig neu ist der Fuchs in der Großstadt nicht – zumindest für die britischen Städte ist sein Vorkommen laut Theresa Walter seit Mitte des 20. Jahrhunderts gut dokumentiert. Die Wildtierökologin hat mit einem Team von KollegInnen von der Universität für Veterinärmedizin (Vetmed) und der Universität für Bodenkultur 2016 WienerInnen dazu aufgerufen, Fuchssichtungen zu melden. Ein Jahr später hatten sie 1100 Fuchssichtungen auszuwerten, es wird nach wie vor gezählt – und doch können laut Walter keine soliden Schätzungen dazu abgegeben werden, wie viele Füchse nun auf Wiener Stadtgebiet leben. Am Institut der Vetmed habe man sich bis um
die Jahrtausendwende gar nicht mit Fuchsvorkommen im städtischen Raum beschäftigt und generell sei das Monitoring-Interesse an »Nullachtfünfzehn-Tierarten« wie dem Fuchs lange überschaubar im Vergleich zu anderen, selteneren Tierarten gewesen. Seit 2010 erforscht man in Wien Füchse, die zumindest auch in die Stadt kommen. In Berlin geht man davon aus, dass die Stadt schon seit den 1990ern flächendeckend von Füchsen besiedelt ist, und traut sich auf Basis von Besenderungen und daraus abgeleiteten Hochrechnungen auch Schätzungen zur derzeitigen Stadtfuchspopulation zu: »Die Population dürfte bei etwa 4500 Tieren liegen und auch stabil sein«, erläutert Wildtierexperte Derk Ehlert, Wildtierreferent der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz. Füchse im Allgemeinen sind in den unterschiedlichsten Ecken der Welt verbreitet und
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Der Opportunist ist ein Fuchs. Vulpes vulpes ist in die Stadt gekommen, um zu bleiben.
der spezielle, um den es hier geht, ist einer der am häufigsten vorkommenden Vertreter: Der Stadtfuchs ist der europäische Fuchs, ein Rotfuchs, auch Vulpes vulpes. Was allerdings spätestens seit dem großen Wiener Füchsezählen gewiss ist: Sie sind inzwischen keinesfalls nur noch in den Außenbezirken zuhause, sie wurden und werden überall gesichtet – vom zentralen ersten Bezirk bis in den Wienerwald. Und viele von ihnen leben entgegen der Vorstellung vieler inzwischen auch Downtown: »Sie werden in der Stadt geboren und sterben in der Stadt. Das sind keine Besucher vom Waldrand«, betont Walter.
FUCHSGEMEINDEBAU Der gemeine Stadtfuchs kehrt also nicht nach nächtlichen Streifzügen in den Wald zurück, er kennt mitunter überhaupt keinen ordentlichen Wald. Tageslicht scheut der moderne urbane Fuchs auch nicht mehr wirklich. Im Erwachsenenalter ist er flexibel und schläft überall, wo es ein bisschen Ruhe gibt. Ein unterirdischer Bau ist entgegen weitverbreitetem Glauben weder in der Stadt noch auf dem Land ein Muss. Auch eine Besenderung von Brandenburger Füchsen durch die Humboldt-Universität zu Berlin ergab 2018, dass zumindest für den Tagesschlaf zu 90 % überirdisch Quartier bezogen wurde. Einen Rückzugsraum brauchen die Füchse, wenn sie Junge haben – den finden sie in Wien Theresa Walter zufolge vor allem in Innenhöfen, aber etwa auch in Parkanlagen oder auf Friedhöfen. Da immer mehr Menschen in Städten leben, böte der Fuchs als bekanntes, gut erkennbares und gar nicht so kleines Raubtier eine «gute Möglichkeit, an die Natur anzuschließen«, und kann, ist Walter überzeugt, »dazu animieren, sich damit zu beschäftigen, was die Stadt als Lebensraum für Tiere bieten kann. Wer einmal einen Fuchs gesehen hat, ist von der Begegnung berührt.«
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BERÜHREN LASSEN STATT BERÜHREN! Wie man mit dem Stadtfuchs am besten umgeht und vor allem auch, wie nicht, hat der Nabu (Naturschutzbund Deutschland e. V.) Landesverband Berlin in einer Broschüre jüngst übersichtlich zusammengetragen. Darin enthalten sind Tipps dazu, wie man einen nicht willkommenen Fuchs aus dem Privatgarten vertreibt, es
»Der Fuchs hat gefüttert werden nicht nötig.« — Theresa Walter Wildtierökologin wird aber auch dazu aufgerufen, zum Tierwohl eine bestimmte Distanz zu den Wildtieren aufrechtzuerhalten. Theresa Walters erstes und wichtigstes Anliegen: Bitte nicht füttern! Jede Sorge ums leibliche Fuchswohl sei unbegründet. Der Fuchs ist laut Walter »ein Opportunist, der das, was da ist, zu finden und zu schätzen weiß«, er habe »gefüttert werden nicht nötig«. Durch Fütterung verlieren Füchse wie auch andere Wildtiere ihre Scheu vor Menschen und damit steigt das Risiko, dass sie diesen nahe kommen. Das wiederum würden im Falle des Fuchses nicht alle Menschen gleich gerne sehen, mahnt die Wildtierökologin, und insofern würden durch dieses Verhalten Konflikte vorprogrammiert, bei denen am Ende wohl im Zweifelsfall der Fuchs den Kürzeren zieht.
Das Wiener Projekt »StadtWildTiere« läuft nach wie vor auf stadtwildtiere.at Nach einem Fokus auf Marder, Wildschweine, Füchse und Dachse in den ersten Jahren widmet sich das Projekt seit 2015 generell der Erfassung von Wildtieren im urbanen Lebensraum.
FUCHSTEUFELSWILDNIS Eine allgemeine Diskussion über »Jagd« beziehungsweise Entnahme des zugereisten Stadtbewohners hat nicht lange auf sich warten lassen. Ehlert zufolge müsse sie offen geführt werden – er macht kein Geheimnis daraus, dass er nicht daran glaubt, dass die Entnahme gesunder Füchse zu einer dauerhaften Reduktion der Berliner Stadtpopulation führen würde. »Die beiden Städte Wien und Berlin sind in vieler Hinsicht sehr vergleichbar, Berlin ist allerdings mit fast 900 Quadratkilometern Fläche eine Riesenstadt mit großem Waldanteil«, schränkt Ehlert ein. Das Wiener Stadtgebiet ist sowohl flächen- als auch bevölkerungsmäßig etwa halb so groß und umfasst Waldflächen im Umfang eines guten Viertels von Berlin. Laut Ehlert ist auffällig, dass sich die Stadt– füchse angepasst haben und von Jägern zu Sammlern wurden. Es dehne sich eher diese Population aus der Stadt ins Umland aus als umgekehrt – und es könnten in Berlin derzeit keine Krankheiten bei den Füchsen nachgewiesen werden, die für den Menschen eine Gefahr darstellen würden. »Die Füchse tun niemandem was.« Sie würden allerdings nicht unerheblich dazu beitragen, den Rattenbestand der Stadt zu reduzieren.
Der studierte Landschaftsplaner Derk Ehlert ist seit 2001 Wildtierreferent der Berliner Senatsverwaltung.
Das 2021 publizierte Booklet des Nabu zum Titel »Füchse in Berlin« gibt’s unter berlin.nabu.de
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FUCHS AM BAU
TEXT UND BILD: FLORIAN MÖLLERS
Diese Rotfuchs-Fähe hatte ihre 10–12 Wochen alten vier Welpen in einem Bau in den Schachtwänden der Baustelle für ein Berliner Altenheim zur Welt gebracht. Sie war gut erkennbar an ihrem zerzausten, wahrscheinlich leicht von Räude befallenen Schwanz. Sobald die Arbeiten auf dem Gelände am Spätnachmittag eingestellt wurden, nahm die Familie den Platz in Beschlag. Die Bauarbeiter kannten die Fähe und konnten sie häufig beobachten, wenn sie auch tagsüber in die umliegenden Gärten und einen kleinen Park zog und auf Nahrungssuche ging. Wie viele Stadtfüchse war sie nicht besonders scheu. So gab es bisweilen ein Butterbrot aus dem Bagger oder am Bauwagen wurde irgendetwas Essbares »vergessen«. Nach Rücksprache mit den Berli-
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ner Landesforsten und dem Wildtierbeauftragten des Berliner Senats kam die Bauleitung den Füchsen entgegen und verlegte die Arbeiten in der kritischen Zeit für die Welpen auf einen Teil in einiger Entfernung zum Fuchsbau. Florian Möllers ist Biologe, Buchautor und mehrfach international ausgezeichneter Tier- und Naturfotograf. Er ist einer der Gründer der Multimedia-Initiative Wild Wonders of Europe und Ideengeber für das Buch »Wilde Tiere in der Stadt« (2010, Knesebeck). Mehr davon und dazu auf wild-wonders.com
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BOTiNNEN DER STUNDE Die Umsätze von FahrradkurierInnenunternehmen stiegen in den vergangenen beiden Jahren enorm, die BotInnen spüren davon nur wenig. Wie eine Branche versucht, sich zu organisieren.
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er Alltag von FahrradbotInnen ist geprägt von Zeitdruck und – Unterschiede in den Straßenzügen, die vorbeiziehen, hin oder her – ein wenig Monotonie: auf den Sattel schwingen, zugewiesene Ware abholen und zum Zielpunkt radeln, die Ware abliefern und mit dem nächsten Auftrag beginnen. Unterschiede machen vor allem die Art der zu transportierenden Ware, das Wetter und die Gegend, in der geradelt wird. In der Stunde verdient man in Österreich als RadbotIn derzeit 8,90 Euro brutto plus Kilometergeld. Mindestens. Das verspricht der Kollektivvertrag für FahrradbotInnen. Er gilt seit dem 1. Jänner 2020
und regelt die Arbeitsbedingungen angestellter BotInnen, die in der Branche allerdings noch eine Ausnahme darstellen. Die meisten BotInnen sind nämlich in freien Dienstverhältnissen beschäftigt. Dadurch steht ihnen etwa eine freie Einteilung der Dienstzeiten zu, Urlaubsanspruch und Krankengeld gibt es aber nicht.
FAHRRADBOTINNEN: VON DER NISCHE IN DEN MAINSTREAM Vor vielen Jahren bestand die FahrradbotInnenbranche hauptsächlich aus Radfreaks, die entweder extrem sportlich oder extrem genervt von Bürojobs waren. Oder beides. Mittlerweile
BILD ISTOCK.CO M/I VAN PANTIC
TEXT Florian Jauk
gibt es allein in Wien geschätzt 4000 bis 5000 RadbotInnen, die meisten von ihnen haben sich auf Essenslieferungen spezialisiert. Die Schätzung kommt von Karl Delfs, Fachbereichssekretär im Bereich Straße bei der Verkehrsund Dienstleistungsgewerkschaft Vida. Er war es, der die Verhandlungen mit den BotInnenunternehmen führte und den weltweit ersten Kollektivvertrag für FahrradbotInnen ausverhandelte. Der österreichische K ollektivvertrag garantiert angestellten FahrradbotInnen, unter ihnen vorwiegend junge Menschen, Rechtsanspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Kostenersätze bei der Verwendung von Privatfahrrädern und Privathandys sowie Anspruch auf bezahlten Krankenstand und einen monatlichen Bruttomindestlohn von derzeit 1539 Euro. Für Delfs ist der Kollektivvertrag ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu besseren Arbeitsbedingungen von FahrradbotInnen. Sein Ziel für die Zukunft ist klar definiert: den Mindestlohn für BotInnen weiter erhöhen und die Marke von 2000 Euro brutto pro Monat knacken. Er meint: »Wenn sich ein Produkt ohne faire Bezahlung nicht rechnet, dann sollte es eingestellt werden.«
EIN KLEINER FISCH IM HAIFISCHBECKEN Wie kann man die Arbeitsverhältnisse von FahrradbotInnen fairer gestalten? Mit dieser Frage beschäftigt sich auch Florian Hofer. Er leitet den BotInnendienst bei dem Wiener Unternehmen Heavy Pedals, der sich auf den Transport besonders schwerer Waren per Fahrrad spezialisiert hat und mit Jahreswechsel auch nur mehr Last-Mile-Deliveries und Massensendungen durchführt. Bis zu 250 Kilogramm kann eines der teils elektrisch motorisierten Lastenräder von Heavy Pedals transportieren – ein Alleinstellungsmerkmal, das das Unternehmen von der großen Konkurrenz an VelobotInnendiensten abhebt. Ebenfalls ein Unikum, mit dem man sich von der Szene abheben kann: Qualität, die man laut Hofer nur erreichen kann, wenn man die BotInnen zu den bestmöglichen Konditionen entlohnt. Bei Heavy Pedals gibt es seit der Gründung des Unternehmens vor zwölf Jahren keine freien DienstnehmerInnen – alle der derzeit 14 BotInnen sind als ArbeitnehmerInnen angestellt. Trotz des Booms an Warenverkehr auf dem Fahrrad sei die Infrastruktur in Städten wie Wien nicht mitgekommen, sagt Florian Hofer.
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Der Wiener Pionier im Bereich Lastenradzustellung, »Heavy Pedals«, hat sich mit Jahresbeginn 2022 komplett aus dem klassischen FahrradbotInnendienst zurückgezogen. Man konzentriert sich nun auf den Bereich Last-Mile-Delivery und Massensendungen.
KEIN KOLLEKTIVVERTRAG FÜR DEUTSCHE FAHRRADBOTINNEN Anders als in Österreich gibt es in Deutschland keinen Kollektivvertrag für FahrradbotInnen, entweder die BotInnen sind als ArbeitnehmerInnen angestellt und verdienen in den meisten Fällen den gesetzlichen Mindestlohn, der in Deutschland bei 9,60 Euro brutto pro Stunde liegt, oder sie arbeiten auf eigene Rechnung und sind – zumindest auf dem Papier – selbstständig. Mindestlohn, Mindesturlaub und gesetzliche Unfallversicherung gibt es dann aber nicht. Genauso wenig wie den rechtlichen Anspruch auf Arbeitsmittel wie Diensthandys oder Diensträder oder zumindest Kostenersätze bei Verwendung privater Handys und Fahrräder. Das könnte sich ändern, denn das Bundesarbeitsgericht in Erfurt entschied, dass FahrradkurierInnen Rechtsanspruch auf ein Diensthandy und ein Dienstrad haben. Grundlage war eine Klage eines Boten gegen seinen Arbeitgeber, der seine Aufträge per App erhielt und pro gearbeitete Stunde eine Reparaturpauschale für sein Rad bekam, die er allerdings nur bei gewissen VertragspartnerInnen einlösen konnte. Trotz der Unterschiede im österreichischen und deutschen Arbeitsrecht sind die Probleme für FahrradbotInnen in Wien und Berlin annähernd gleich.
Branchenboom 2020 konnte das ehemalige Start-up Delivery Hero, dem das in Österreich ansässige Tochterunternehmen Mjam und Foodora in Deutschland gehören, seinen globalen Umsatz im Vergleich zum Vorjahr auf 2,8 Milliarden Euro verdoppeln. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin beschäftigte 2020 über 35.000 Menschen weltweit.
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G Ü TE R TR A N SP O R T
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RUHENDER RADVERKEHR ALS PROBLEM Auch in der deutschen Hauptstadt ist die Branche der FahrradbotInnen deutlich schneller als die Infrastruktur gewachsen. Das führt zu Platzmangel auf den Fahrradwegen, die sich FahrradbotInnen mit anderen RadfahrerInnen teilen. Aber auch für FußgängerInnen würden durch den Boom an Fahrradzustellungen Probleme entstehen, sagt Ragnhild Søren-
sen, Pressesprecherin des Vereins Changing Cities. Der Verein startete die Initiative Volksentscheid Fahrrad, welche innerhalb von dreieinhalb Wochen 105.000 Unterschriften sammelte, die zum Berliner Mobilitätsgesetz 2018 und daraufhin zu Erweiterungen und Verbreiterungen von Berliner Radwegen führten. Trotzdem gibt es aufgrund des Booms an Lieferungen per Fahrrad zu wenig Platz auf den Berliner Radwegen. Vor allem BotInnen, die mit dem Lastenrad unterwegs sind, hätten zu wenig Platz, um ein weiteres Lastenrad zu überholen, erklärt Sørensen. Ruhender Radverkehr – also abgestellte Fahrräder – würden außerdem FußgängerInnen Platz wegnehmen und den öffentlichen Raum weiter einschränken.
MEHR WISSEN UND MEHR PLATZ, BITTE! Die Belastungsprobe für die städtische Infrastruktur bedeutet nicht nur Platzmangel, sondern auch eine erhöhte Unfallgefahr für alle VerkehrsteilnehmerInnen. Für viele Menschen dient der Job bei einem FahrradbotInnendienst als Einstieg in die Berufswelt, Qualifikationen neben der Fähigkeit, Fahrrad fahren zu können, werden häufig nicht vorausgesetzt. Und auch das wird selten überprüft, Einschulungen kommen häufig zu kurz. »Sie werden einfach nur aufs Rad gesetzt und sollen dann durch die Gegend fahren und ihre Sachen ausliefern«, kritisiert Ragnhild Sørensen das Vorgehen vieler BotInnenunternehmen. Genau hier müsste man ihrer Meinung nach ansetzen: breitere Radwege schaffen, die Zahl der Fahrradabstellplätze erhöhen und die Wissensdefizite einiger BotInnen minimieren. Zudem sollte die arbeitsrechtliche Situation von FahrradbotInnen in Berlin verbessert werden, so Sørensen, die sich trotzdem über ein hohes Aufkommen an FahrradfahrerInnen freut. Es drängt sich der Eindruck auf, dass das Geschäftsmodell des Wirtschaftsverkehrs auf dem Fahrrad in Wien und Berlin zu schnell gewachsen ist. Zumindest schneller, als die Infrastruktur für den Radverkehr und nicht zuletzt auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für diese Beschäftigungsformen angepasst werden.
BILD PROFDE H, CC-BY-SA : 3. 0, HEAV Y PE DALS
»RadbotInnen werden einfach nur aufs Rad gesetzt und sollen dann durch die Gegend fahren und ihre Sachen ausliefern.« — Ragnhild Sørensen, Verein Changing Cities, über oft fehlende Einschulung
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ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DER WIENER LINIEN
Greener Linien: auf Kurs Richtung klimaneutrale Stadt
Es hat fast schon Tradition, dass Wien für seine L ebensqualität gerühmt wird. Einen wesentlichen Anteil daran hat der öffentliche Verkehr; also die Flotte an Bussen, Straßen- und U-Bahnen der Wiener Linien sowie der von ihnen mittlerweile gemanagten privaten Angebote an Car Sharing, E-Scootern und City Bikes rundum. Weil man sich in Wien nicht mit Erreichtem
zufrieden gibt und die Stadt wächst, arbeiten auch die Wiener Linien laufend daran, ihr Angebot zu verbessern, auszubauen, es noch ökologischer und klimaschonender zu gestalten. Wohin die Reise geht, ist klar: Als »Greener Linien« sind die Wiener Linien mit einem noch besseren Öffi-Angebot und mehr Grünraum unterwegs in eine weitgehend autofreie Zukunft.
»Überdenken wir unsere Wege!« ist aber, dass man den Rest nicht nur überzeugen muss, ihre Die Wiener Linien sind der vielleicht wesentlichste Autos aufzugeben, sondern auch allen sagen muss: »ÜberPlayer auf dem Weg zu einer klimafreundlichen Stadt. Was ist die größte Baustelle auf dem Weg zur klimadenken wir unsere Mobilität und unsere Wege!« Ich setze neutralen Mobilität? auch bei mir selbst an und gehe z. B. mittlerweile nur mehr Ich begrüße das Programm der Fortschrittskoalition, das einmal die Woche einkaufen und nicht jedes Mal, wenn irWien schon ab 2040 – deutlich vor dem Europäischen Green gendeine Kleinigkeit im Kühlschrank fehlt. Wir alle müssen Deal – in eine klimaneutrale Stadt verwandeln will. Einer unsere Mobilitätsbedürfnisse hinterfragen. der größten CO2-Emittenten ist der pkw, aber es wäre unrealistisch anzunehmen, dass bis 2040 Was heißt das konkret für einen ein Leben ohne Auto für alle möglich Öffi-Dienstleister? ist. Deshalb wollen wir das Auto nicht Wir denken als Wiener Linien längst verteufeln, sondern einbinden. Das geht über den klassischen Betreiber von am besten über gesharte Mobilität – also öffentlichem Verkehr hinaus und versuüber ein Auto, das sich Menschen teilen, chen ein Mobilitätsdienstleister zu sein weil Fahrzeuge ja nicht nur CO2 aussto– also gleichzeitig Vermittler und Plattßen, sondern – wie Professor Knoflaform. Das Rückgrat bleibt der öffentliche cher schon vor Jahrzehnten konstatiert Verkehr, aber wir versuchen auch alles, hat – eigentlich »Stehzeuge« sind, die was es an ergänzenden Mobilitätsformen uns wertvollen Lebensraum wegnehgibt, zu managen: Leihfahrradsysteme, men. Denn wenn wir eine klimaneutrale E-Car-Sharing oder Scooter. Wir arStadt wollen, brauchen wir viel Fläche, beiten eng mit anderen Unternehmen die wir begrünen können und die so zur zusammen, um ein umfassendes SerAbkühlung dient. Wir haben in Wien vice anzubieten. Auch diese Vielfalt an Alexandra Reinagl ist Geschäftsführerin die glückliche Situation, dass mit 47 der Wiener Linien und Vizepräsidentin Möglichkeiten muss erst in den Köpfen Prozent fast die Hälfte aller Haushalte der International Association of Public ankommen. Denn über Roller, die herautofrei ist. Die große Herausforderung Transport (uitp) umstehen, regen sich Menschen auf, über
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Alexandra Reinagl, Geschäftsführerin der Wiener Linien, über die größte Baustelle der Stadt: ihr und »unser« Mobilitäts-Mindset.
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DER WIENER LINIEN
ein Auto nicht – obwohl es viel mehr »Die Menschen wissen: In der auf der Baustelle. Offensichtlich Platz in Anspruch nimmt. Wir verist auch unsere minimal-invasive Baustellenzeit heißt es oft suchen Teil der Lösung zu sein und Bauweise. Vereinfacht gesagt, gibt Augen zu und durch – aber bieten über die WienMobil-App es nur ein großes Loch, der Rest an, dass verlässlich an bestimmten wird unterirdisch gebaut. Alles nachher ist alles deutlich Punkten Mobilität zur Verfügung läuft über den Matzleinsdorfer besser.« steht. Unser größter Fokus liegt Platz durch die aus der Chirurgie auf dem Ausbau der Infrastruktur: bekannte Knopflochmethode. — Alexandra Reinagl, Das Linienkreuz U2/U5 ist sicher Das große Loch am Karlsplatz Wiener Linien das Klimaschutzprojekt der Stadt oder der komplett aufgerissene Wien im kommenden Jahrzehnt. Stephansplatz wie früher, das gibt Damit werden 75.000 Tonnen CO2 eingespart. Weil zusätzliche es nicht mehr. Und auch die Kommunikation mit den AnVerbindungen und Wege erschlossen, andererseits aber auch rainerInnen läuft viel besser. Da gibt es einen regelmäßigen sehr überlastete Strecken entlastet werden. Uns ist natürlich Austausch und Sprechstunden. Die Menschen wissen: In bewusst, dass auch die Randbezirke noch ausbaufähig sind. Da der Baustellenzeit heißt es oft »Augen zu und durch« – aber sind noch viele Tangentialverbindungen nötig. Wir prüfen neue nachher ist alles deutlich besser. Straßenbahn- und Buslinien. Wenn Budget kein limitierender Faktor wäre: Was bei 2025 wird die U5 eröffnet. Was wird beim U-Bahn-Bau den Wiener Linien würden Sie sofort ändern? im Jahr 2021 anders gebaut als 1978, als der erste Das ist ein schönes Gedankenspiel. Ich würde sofort viel mehr Abschnitt der U1 eröffnet wurde? wachsen lassen. Diese Rolle würden wir als Greener Linien Schon sehr viel! Ich bin keine Technikerin, deshalb darf ich gerne übernehmen. Da gibt es fast überall viel Luft nach oben. banal formulieren: Wenn ich heute ein Loch aufreiße und Wir haben so viele Konzepte zur Begrünung, da hüpft mir nachher zumache, ist das ökologisch sauberer als vor 40 jedes Mal das Herz. Leider fehlt dafür oft das Geld.Ein großes Jahren. Wir haben eines der besten Abfallwirtschaftsgesetze Thema ist auch die betriebliche MitarbeiterInnenmobilität. 70 der Welt und jeder alte Baustoff wird genau analysiert und Prozent aller in Wien zugelassenen Autos sind Firmenautos. Da zurückgeführt. Bis zu 100 Prozent der Baustoffentnahmen braucht es Push-Faktoren und steuerliche Anreize. Wir wären mit werden wiederverwendet. Auch bei der laufenden Renounseren 8700 MitarbeiterInnen gerne ein noch besseres Vorbild. vierung der U4 werden 80 Prozent der Baustoffe recycelt, Zusätzlich zur Jahreskarte würde ich gerne jedem und jeder Mitdie Hälfte davon sogar ohne Transportwege gleich direkt arbeiterIn ein E-Bike oder einen E-Scooter bieten.
Blühend, summend und immergrün Selten gemähte Grünflächen und Gleiskörper als Oasen für Flora und Fauna. Bim, Bus und U-Bahn sind allgegenwärtig. Da gerät leicht aus dem Blick, welch weitläufige Liegenschaften die Wiener Linien verwalten und wie sehr sie damit die Lebensqualität der Stadt beeinflussen. Mittlerweile wird Stadtwildnis aber nicht bloß toleriert: Es werden bewusst Grünflächen angelegt und Gebäude begrünt. Ganze 8 Kilometer Grüngleise führen bereits durchs Stadtgebiet. Ein begrünter Bauzaun wie an der Station Pilgramgasse bringt Grün in sonst dicht verbaute Grätzel. Das sorgt nicht nur für ein angenehmes Mikroklima und kühlt die unmittelbare Umgebung, sondern schützt auch die Biodiversität. Denn Vielfalt gibt es nicht nur bei den menschlichen StadtbewohnerInnen – wie viel, das hat selbst die ForscherInnen der boku Wien überrascht. Zwei Jahre lang haben sie ausgewählte Öffi-Flächen entlang der Gleiskörper von U-Bahn- und Straßenbahnlinien untersucht.
STADTLEBEN UND LEBEN LASSEN Auf 3,7 Hektar Stadtgebiet wurden nicht weniger als 378 Pflanzenarten sowie 5 Heuschrecken-, 40 Tagfalter- und 155 Wildbienenarten gefunden. Sieben der nachgewiesenen Tagfalter führt die Rote Liste als gefährdete Arten. Die Grobpunktierte Schmalbiene wurde überhaupt erst zum zweiten Mal in Österreich bestätigt (wobei der erste Nachweis bereits ein
halbes Jahrhundert zurückliegt). Da die Grünflächen nicht intensiv genutzt werden, finden hier Arten einen Lebensraum mitten in der Stadt, die es mittlerweile selbst auf Äckern schwer haben. Um sie gezielt zu fördern, haben dieboku-ForscherInnen für die Biodiversitätsstrategie der Wiener Linien für jede Fläche einen eigenen Mähplan entwickelt. Generell
»Das Netz des öffentlichen Verkehrs soll zum Netz der Biodiversität werden.« — Günter Steinbauer, Wiener Linien wird seltener gemäht. Das sorgt dafür, dass Pflanzen blühen und sich vermehren können – was wiederum Insekten zugutekommt. Außerdem werden neue Blumenwiesen angesät und unerwünschtes Unkraut zurückgedrängt. Bis 2022 sollen außerdem 2 Millionen Bienen auf den Öffi-Grünflächen angesiedelt werden. Damit unterstützen die Greener Linien nicht zuletzt auch die Stadtlandwirtschaft – und alle BalkongärtnerInnen, deren Gemüse und Obst die Insekten bestäuben.
Wer bremst, gewinnt (Strom) Die Öffis sind Energiesparmeister. Vor allem U-Bahnen sind fahrende Kraftwerke auf Schienen. Die Energie, die beim Bremsen in jeder U-Bahn-Station frei wird, kann mit einem Wechselrichter recycelt werden. So sparen die Wiener Linien Strom von ca. 720 Haushalten und rund 400 Tonnen CO2. In vielbeachteten Pilotprojekten wird, wenn eine U-Bahn in der Station haltmacht, die frei gewordene Bremsenergie rückgespeist und treibt so andere anfahrende Züge an. Oder die überschüssige »Brake Energy« wird ins eigene Wechselstromnetz eingespeist. Dort versorgt sie Rolltreppen, Aufzüge und die Beleuchtung. Mehrere Bremsenergie-Anlagen sind in Vorbereitung. Darüber hinaus verwenden die Wiener Linien bewusst nur CO2-freien Strom aus erneuerbaren Energiequellen und setzen in Zukunft verstärkt auf Photovoltaikanlagen auf U-Bahn-Stationen. Im Rahmen der Photovoltaik-Initiative der Stadt Wien arbeiten die Wiener Linien gemeinsam mit Wien Energie Hand in Hand beim Photovoltaik-Ausbau. In einem ersten Schritt werden 20 Öffi-Gebäude (etwa 70.000 Quadratmeter Dachfläche) zu Solarkraftwerken. Weitere Standorte für bis zu 3.500 Megawattstunden Sonnenstrom werden gerade geprüft. www.blog.wiener-linien.at/brake-energy
Nachhaltige Innovationen Tagsüber leerstehende Remisen werden zu »RemiHub«-Logistikzentren und Passagiere zu Paketboten. Schichtbetrieb in der Remise: Während Bim- & Busgaragen tagsüber leer sind, könnten sie als Logistikzentren fungieren, von denen aus Essen an Kindergärten ausgeliefert wird oder Lastenräder Pakete ausführen. Das spart lkw-Fahrten, reduziert Verkehrsaufkommen, Abgasbelastung und Verkehrslärm. Das mehrjährige und von der TU Wien und tbw research begleitete Forschungsprojekt »RemiHub« wurde deshalb 2020 – als erstes österreichisches Projekt überhaupt – mit dem internationalen Innovation in Politics Award ausgezeichnet. In einem anderen Projekt prüfen die Wiener Linien gerade mit dem Fraunhofer Institut, ob es sich in der Praxis organisieren lässt, dass Fahrgäste mit der Bim Pakete mitnehmen.
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Die U-Bahn nutzt CO2-freien Strom und recycelt Bremsenergie.
WienMobil: 360 Grad an 365 Tagen Ein Service und eine App machen privaten Autobesitz entbehrlich. Die App WienMobil verknüpft ein umfassendes Mobilitätsangebot, das neben Bim, Bus und U-Bahn auch Scooter-Sharing, Leihautos und Citybikes mitdenkt. Das Service bietet durch Echtzeitmeldungen maximale Flexibilität, um Öffis, Zwei- und Vierräder ideal nach eigenen Bedürfnissen zu kombinieren. Für Jahreskarten-BesitzerInnen gibt es vergünstigte Tarife. Allein im Carsharing-Angebot stehen über den Anbieter »share me« mittlerweile 28 Elektroautos von Hyundai zur Verfügung, bis 2023 sollen es 100 Fahrzeuge werden. Gebucht wird direkt über die App. »Mit WienMobil Auto machen wir den privaten Autobesitz überflüssig«, freut sich Wiener-Linien-Geschäftsführerin Alexandra Reinagl. 2022 wird außerdem das Citybike-Leihrad-Angebot modernisiert und erweitert. Zudem sind weitere Öffi-Projekte in weniger gut erschlossenen Stadtgebieten in Planung. Ganz nach dem Motto: Die Wiener Linien stehen einfach nie still!
Grüne Busflotte tankt künftig auch Wasserstoff In der Garage Leopoldau entsteht Infrastruktur für den Betrieb von H2-Bussen und -Lkw. Noch dauert es ein wenig, bis die gesamte Flotte der Wiener Linien klimaneutral unterwegs sein kann. Insgesamt mehr als 700 Fahrzeuge – darunter viele große Gefährte und hochspezialisierte Nutzfahrzeuge, die abseits der Schienen und des Liniennetzes im Einsatz sind – müssen auf emissionslose Antriebe umgestellt werden. Vorab muss aber natürlich auch eine geeignete Infrastruktur geschaffen werden. Ein erster Schritt erfolgt aktuell in der Busgarage Leopoldau: Noch 2021 wird dort die erste H2-Tankstelle fertiggestellt. Ein Wasserstoffbus wird dann in einem Langzeittest im gesamten Netz der Wiener Linien unterwegs sein. Aber nicht nur die Wiener Linien profitieren vom Wiener Wasserstoff: An der Tankstelle bietet Wien Energie künftig auch externen Unternehmen die Möglichkeit, grünen Wasserstoff zu tanken. So können auch weitere Busse und lkw problemlos fahren. Davon profitiert nicht nur jedeR einzelne StadtbewohnerIn. So kommt es auch zu einer ganz wesentlichen Emissionssenkung in der gesamten Ostregion.
Der Öffi-Ausbau U2xU5 stärkt die U-Bahn als ökologische Lebensader der Stadt Bus, Bim und U-Bahn benötigen deutlich weniger Platz als der Autoverkehr. Deshalb muss mit der Bevölkerung auch das Öffi-Netz laufend mitwachsen. Nur so lassen sich Flächen sinnvoll nutzen; und nur so bleibt Wien die lebenswerte Stadt, die wir kennen und lieben. Das größte Klimaschutzprojekt der Stadt – der Öffi-Ausbau U2xU5 – garantiert, dass schon bald 300 Millionen zusätzliche Fahrgäste jährlich mit den Öffis befördert werden können. Elf neu geschaffene U-Bahn-Stationen, davon vier U-Bahn-Knotenstationen, sorgen dafür, dass jährlich bis zu 1,3 Milliarden Fahrgäste mit den Wiener Linien schneller von A nach B kommen. Mit der Anbindung der vollautomatischen U-Bahn-Linie U5 an die S-Bahn werden noch bessere Umsteigemöglichkeiten geschaffen.
VOLLAUTOMATISCHE ZÜGE AUS RECYCLINGMATERIAL (UND AUS WIEN) Die durch diese Erweiterungen ermöglichte Reduktion des Autoverkehrs soll eine jährliche CO2-Einsparung von insgesamt bis zu 75.000 Tonnen bringen. »Das entspricht der Umweltleistung eines Waldes mit sechs Millionen 30 Jahre
alten Bäumen«, sagt Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer. Der Ausbau von U2xU5 erhöht außerdem nicht nur die Lebensqualität, sondern stärkt auch den Wirtschaftsstandort Wien. Viele Grätzel und Geschäftsstraßen werden durch die U-Bahn-Anbindung aufgewertet. Nicht zuletzt ist ein leistungsfähiges Öffi-Netz im Zentrum auch das Rückgrat für den weiteren Ausbau des öffentlichen Verkehrs in der Stadt, am Stadtrand und über die Wiener Landesgrenzen hinaus. Die Investitionen in das wichtige Zukunftsprojekt schaffen und sichern insgesamt 30.000 Arbeitsplätze. Und auch der in Wien-Simmering gebaute X-Wagen bringt Wertschöpfung und Jobs. Der neue U-Bahn-Zug besteht zu 90 Prozent aus Recyclingmaterial und wird die Fahrgäste über digitale Infodisplays an den Zugtüren dynamisch aktualisiert über weitere Wege und Anschlüsse informieren. Gerade werden die ersten Garnituren intensiv getestet. Ab 2022 können dann die Fahrgäste auf den Linien U1 bis U4 mit dem X-Wagen fahren. Ab 2026 wird der X-Wagen in der neuen U5 unterwegs sein – im vollautomatisierten Betrieb, der international bereits bestens erprobt und bewährt ist.
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DER WIENER LINIEN
Eine U-Bahn wie ein zweiter Wienerwald
10 Zahlen 1%
100 %
beträgt der Anteil der Öffis am ökologischen Fußabdruck der Stadt Wien, obwohl die WienerInnen mehr als ein Drittel ihrer Wege mit Bus, Bim oder U-Bahn zurücklegen. Das liegt an der hohen Effizienz der Öffis und am hohen E-Anteil der Fahrzeuge. 80% der Fahrgäste sind elektrisch unterwegs.
ist der Anteil erneuerbarer Energiequellen, aus denen die Wiener Linien ihren Strom beziehen.
1,5 TONNEN CO2
erspart jeder Fahrgast unserer Umwelt und der Stadtluft pro Jahr, wenn er oder sie mit den Öffis statt mit dem Auto unterwegs ist.
2 MILLONEN BIENEN wollen die Wiener Linien bis zum Ende des Jahres 2022 auf ihren Flächen ansiedeln.
24 FAHRSPUREN müsste die Südosttangente haben, wenn es keine Öffis gäbe und alle mit dem Auto fahren würden.
900 MENSCHEN passen in eine U-Bahn. Stattdessen würden wir 750 Autos brauchen.
75.000 TONNEN CO2
werden jedes Jahr durch den Öffi-Ausbau U2xU5 eingespart. Das entspricht dem Klimaeffekt eines Waldes mit 6 Millionen 30-jährigen Bäumen.
300 MILLIONEN ZUSÄTZ LICHE FAHRGÄSTE können durch den Öffi-Ausbau U2xU5 pro Jahr transportiert werden. Insgesamt sind das dann bis zu 1,3 Milliarden Fahrgäste jährlich. 30-jährigen Bäumen.
4 NEUE U-BAHN-KNOTENSTATIONEN schafft der Ausbau von U2xU5. Damit wird das Umsteigen noch schneller und es entstehen neue Verkehrsachsen.
3 MINUTEN dauert künftig die Fahrt mit der U2 von der Station Neubaugasse bis zum Schottentor – sie ist damit drei Mal so schnell wie heute.
IMPRESSUM MEDIE NINHA BE R: BIO RA MA GMBH, WI NDMÜ HLGAS SE 9/14, 1060 WI EN , W W W.BI ORA MA .MED IA ; FÜR DEN INHALT VERANTWORTLICH: WIENER LINIEN; DRUCK: WALSTEAD NP DRUCK GMBH, GUTENBERG STRASSE 12, 3100 ST. PÖLTEN
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DER WIENER LINIEN
Warum die Wiener Linien »Greener Linien« sind.
BIO R A M A WI E N -BE RL I N
KA N TIN EN ESSE N
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VALUES FOR MONEY Was in Schulen, Spitälern und öffentlichen Kantinen gekocht wird, bietet einen wesentlichen Hebel für Ökologisierung und Klimaschutz. Worauf Wien und Berlin beim Einkauf achten.
BILD KU RATO RI UM WIENE R PE NS IO NISTE N-WOHNHÄUS ER
E
s ist ein Kulturwandel, den die Stadt Wien gerade durchmacht. Er geht von Kindergärten und Schulmensen aus, von Krankenhauskantinen und den Küchen der Altenwohnheime. Wobei er sich gerade in Letztgenannten noch am behutsamsten zeigt. »Manchmal haben wir sogar noch Fohlengulasch auf dem Speiseplan«, sagt Marco Scheubeck vom Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser (KWP), »das bestellen dann zwar nur ganz wenige, aber für manche ist das eben ein Klassiker und etwas ganz Besonderes, das sie von Kindheit an kennen«. Auch wenn es in der Stadt eine klare ernährungspolitische Agenda gibt, die unter anderem eine deutliche Reduktion des Fleischkonsums beinhaltet: Man möchte die BewohnerInnen der kommunalen Altenheime (9000 Personen in 30 Häusern) keinesfalls bevormunden. »Bei uns leben zwar bereits die ersten VeganerInnen, in zwei unserer Häuser gibt es welche. In 20 Jahren wird das auch bei uns ein Riesenthema sein«, sagt Scheubeck. Doch noch werden in Wiens Altenheimen die in den Nachkriegsjahrzehnten geprägten Ernährungsvorlieben bedient.
3 Euro und 85 Cent stehen pro Person und Tag für insgesamt 5 Mahlzeiten zur Verfügung. »Das ist nicht viel. Und nur mit guter Kalkulation in den Küchen und Rezepttreue ist dies auch möglich.« Seit bald einem Jahr leitet Marco Scheubeck im KWP die Abteilung Gastronomisches Management/Einkauf. Neben dem Budget beschäftigt ihn die Einhaltung der einkaufspolitischen Vorgaben der Stadtverwaltung. Diese sind in seit Jahrzehnten weiterentwickelten Kriterienkatalogen (»Ökokauf«) festgeschrieben. Zusätzlich gibt es seit 2020 einen vom Landtag beschlossenen Lebensmittelaktionsplan. Er geht ebenso von der Umweltabteilung der Stadt aus und sieht eine strikte Ökologisierung vor – unter besonderer Berücksichtigung des Tierwohls. Dabei geht es nicht nur um eine Erhöhung der Bioquote (in PensionistInnenheimen beispielsweise von derzeit 35 auf 50 Prozent bis 2030), sondern auch um Saisonalität und Regionalität. Manchmal gibt es deshalb Erklärungsbedarf – etwa wenn es etwas ganz bewusst nicht zu essen gibt. »Die Philosophie, im April noch keine Erdbeeren zu haben, obwohl es sie im Super-
TEXT Thomas Weber
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Das Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser und der niederösterreichische Biohof Adamah verarbeiteten 2021 500 Biokürbisse, die nicht schön genug für den Handel waren. Mit kochbegeisterten BewohnerInnen fertigten die Kochlehrlinge Kürbis-Ravioli.
markt am Eck schon seit ein paar Wochen gibt, die braucht Kommunikation«, gesteht Scheubeck. Doch ein Bekenntnis zur Regionalität und Saisonalität bedeutet eben auch, knapp vor der Erntezeit im Umland keine importierten Früchte auf den Speiseplan zu setzen. Oft komme diese Botschaft an, sagt der Einkäufer. Manchmal lasse sich auch gut über die Kosten argumentieren. So nimmt das KWP einer Reihe von steirischen Apfelbäuerinnen und Apfelbauern die gesamte Ernte ab, nicht nur die »schönen« großen Speiseäpfel. Aus kleinen Äpfeln wird Kompott, aus dem Fallobst Saft. Und wenn durch langfristige Verträge komplette Karpfenteiche im Waldviertel über Jahre hinweg leergekauft werden, ersparen sich die FischzüchterInnen Geld fürs Marketing – was den Fisch ganz ohne Qualitätseinbußen günstiger macht. Karpfen ist eine der klaren Konstanten in den Küchen des KWP. Denn der Speisefisch
»Bei der Ausschreibung des Schulmittagessens waren Bananen, Reis und Ananas in Fairtrade-Qualität Bedingung. Wir haben gesehen, dass die nötigen Größenordnungen verfügbar sind.« — Nicola Humpert, FairtradeReferentin der Stadt Berlin
liefert eines der nachhaltigsten tierischen Lebensmittel überhaupt. Das besagt ein Kriterienkatalog, den die Stadt Wien mit ExpertInnen erarbeitete – für heimischen Fisch ebenso wie für Wildfang aus den Weltmeeren oder Fisch aus maritimer Aquakultur. Jährlich kauft Wien beim Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel aktuelle Daten über den Status der weltweiten Fischbestände. Der überfischte Kabeljau beispielsweise ist deshalb tabu. Dass sich die Hauptstadt eines Binnenlands in ihren Beschaffungskriterien intensiv damit beschäftigt, mit ihrem Einkaufsverhalten das ökologische Gleichgewicht in den Ozeanen möglichst wenig zu stören, ist einzigartig.
VORAUSSETZUNG: ES WIRD FRISCH GEKOCHT Neun Grundprinzipien hat die Stadt Wien für den Einkauf von Lebensmitteln definiert: Vier davon – bio, regional, saisonal und gentechnikfrei – beziehen sich auf die Herkunft, vier – fairer Handel, Tierwohl, die Reduktion von tierischen Produkten und das Vermeiden von Food Waste – halten ethische Ansprüche fest. Übergeordnet geht es im neunten darum, möglichst wenig vorgekochte Convenienceprodukte einzusetzen. »All das funktioniert nur, wenn irgendwo eine Frischküche dahintersteht«, weiß Thomas Mosor. Er ist das Mastermind hinter dem Wiener Lebensmittelaktionsplan und war 1995 Projektleiter des ersten Klimaschutzprogramms der Stadt, aus dem die »Ökokauf«-Kriterien hervorgingen, an die sich alle städtischen Einrichtungen verbindlich zu halten haben. Längst werden diese auch von anderen Bundesländern als vorbildlich erachtet. Und dass Wien verstärkt Bioprodukte kauft, wirkt sich auch auf die Lebensmittelproduktion im Rest des Landes aus. Der unmittelbare Einfluss auf die regionale Landwirtschaft im Umland könnte trotzdem größer sein, meint Johannes Felder, der an der Universität für Bodenkultur (BOKU) zum Thema Bio in der Gemeinschaftsverpflegung geforscht hat – »wenn sich ProduzentInnen zu ErzeugerInnengemeinschaften zusammenschließen würden, um GroßabnehmerInnen Liefersicherheit geben zu können«. In Wiens kommunalen Kindergärten beträgt die Bioquote beim Essen mittlerweile 54 Prozent, laut Thomas Mosor »mit steigender Ten-
denz«. Auch in Ganztagsschulen hat man bereits 50 Prozent erreicht. Um zur »Bio-Stadt« zu werden, fehlt es Wien aber an Dynamik – und wohl auch am politischen Willen von ganz oben. Den bereits kurz vor der Jahrtausendwende ausgegebenen Zielwert von 30 Prozent Bio hatte man rasch erreicht. »30 Prozent lassen sich relativ leicht innerhalb gleichbleibender Budgets erreichen«, erklärt der im Ernährungsrat Wien engagierte Felix Münster. »Darüber hinaus wird es kostenintensiver.« ExpertInnen schätzen, dass die Gesamtausgaben für den Wareneinsatz einer Einrichtung um 10 Prozent steigen, wenn der Bioanteil von 30 auf 50 Prozent gehoben wird. Gerade weil Spitäler Hygienevorgaben erfüllen müssen, die vorverarbeitete und damit teurere Lebensmittel nötig machen. Geflügel beispielsweise muss vorgegart in Krankenhäuser geliefert werden. »Manche dieser Convenienceprodukte sind auch erst seit Kurzem überhaupt in Bioqualität verfügbar«, sagt Münster. Den Fokus habe man zuletzt deshalb darauf gelegt, diese regional einzukaufen. Für richtungsweisend hält Thomas Mosor, dass man sich bei einem jährlichen Auftragswert für Lebensmittel und Speisedienstleistung von grob geschätzt 60 Millionen Euro, bewusst vom bedingungslosen »Billigstangebot« verabschiedet und Mindestkriterien definiert hat: »Bei uns geht es nicht nur um Value for Money, sondern auch um Values for Money.«
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FLEISCH, FISCH UND VERALTETE EMPFEHLUNGEN IN WIEN 18 Millionen Euro kostet die Verpflegung in den 9 städtischen Spitälern der Stadt Peter Kotzan vom Wiener Gesundheitsverbund (WIGEV) zufolge. An die 26.000 Speisen werden in den Häusern täglich serviert. Für die Spitäler hat Kotzan gerade Tee ausgeschrieben. Klare Ansage: 100 Prozent bio. Bis 2030 muss er quer über alle Einkäufe bei einer Gesamtbioquote von 55 Prozent gelandet sein. Beim Tee geht es um ein Gesamtvolumen von 250.000 Euro pro Jahr. Konventioneller Tee wäre, schätzt er, um 20.000 Euro billiger. Gerade überarbeitet er die Fleischausschreibung. Die fundierte Beschäftigung damit bedeutete auch für ihn selbst einen Einschnitt: »Je mehr ich mich mit dem Thema Fleischkonsum beschäftigt habe,
»Bei uns geht es nicht nur um Value for Money, sondern auch um Values for Money.« — Thomas Mosor, Programmleiter »Ökokauf«, Stadt Wien umso mehr wurde mir klar, dass ich künftig auf Fleisch verzichten werde«, sagt Kotzan. Vor Kurzem organisierte er für seine DiätologInnen und KüchenregieleiterInnen eine Verkostung von Fleischersatzprodukten. »Die Nachfrage nach veganen und vegetarischen Produkten wird in den Spitälern immer größer. In den Klinikküchen können viele aber schon keine Sojawürfel mehr sehen.«
ERNÄHRUNGSSTRATEGIE: »BERLIN ISST FAIR« Bereits bei den Jüngsten setzt Berlin mit seiner 2018 erarbeiteten Ernährungsstrategie an. Als großen Hebel für die angestrebte Ernährungswende erachtet man die Verpflegung in Kitas und Grundschulen. Während einige Kitas selbst kochen, teilen sich den Markt für die 165.000 täglich ausgegebenen Grundschulessen (und das Auftragsvolumen von 120 Millionen Euro) 30 Cateringunternehmen. »Früher haben sich die Caterer immer unterboten«, erinnert sich Ann-Christin Weber, die Referentin der Ernährungsstrategie. Die Folge: Die Qualität sank von Ausschreibung zu Ausschreibung. »2013 haben wir deshalb einen Fixpreis fürs Grundschulessen festgelegt. Wir wollten weg von den Dumpingpreisen.« Dieser wurde zuletzt mit der vorgeschriebenen Erhöhung der Bioquote angepasst. In Grundschulen beträgt sie seit Sommer 2021 50 Prozent. Dass in Berlin trotzdem mehr möglich gewesen wäre, deutet Ann-Christin Weber zaghaft an. Viel Naheliegendes habe aus personellen Gründen noch nicht angegangen werden können. Als ihre Hauptaufgabe erachtet sie es, von Abteilung zu Abteilung zu tingeln und Bewusstsein dafür zu schaffen, dass der Einkauf Einflussmöglichkeiten hin zu mehr Nachhaltigkeit bietet. »Das Problem in der Verwaltung ist das Ressortdenken«, sagt Weber, vieles sei nur ressortübergreifend lösbar. Die Fairtrade-Agenden etwa liegen in einer anderen Senatsverwaltung. »Die Ausschreibung
Frisch gekocht Wenn in der Gemeinschaftsverpflegung frisch gekocht wird, unterscheidet man zwei Varianten der Ausspeisung:
Cook & Serve: Essen wird warmgehalten und im Schöpfsystem ausgegeben. Vorteil: teilweise individualisierbar (z. B. mehr Sauce). Cook & Chill: Essen wird leicht abgekühlt, aber – noch frisch – vor Ort, z. B. auf der Station eines Spitals, wieder aufgewärmt. Nachteil: Nicht alle Gerichte sind geeignet.
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des Schulmittagessens war ein gemeinsames Pilotvorhaben«, sagt die für Fairtrade zuständige Referentin Nicola Humpert. Kommen im Schulmittagessen Bananen, Reis und Ananas zum Einsatz, müssen diese nun aus fairem Handel stammen. 30 Tonnen Reis sind das beispielsweise jeden Monat. »Wir haben gesehen, dass solche Größenordnungen verfügbar sind«, sieht sich Humpert motiviert – »weil sich die Caterer von unseren Vorgaben nicht abschrecken lassen«. Der Fokus aber liegt auch in Berlin klar auf Bio. Weil es immer wieder Diskussionen gab, ob sich der kommunal verarbeitete Bioanteil überhaupt kontrollieren lasse, entschied man sich, Komponenten festzulegen, die ausnahmslos in Bioqualität beschafft werden. 100% bio gilt derzeit für Stärkebeilagen, also Kartoffeln, Reis, Knödel und Nudeln. Der Reis ist sowohl bio- als auch Fairtrade-zertifiziert. Da sich die Bioquote in Berlin am Gewicht der eingekauften Lebensmittel bemisst, ermöglicht das große Sprünge – weil beispielsweise Reis oder Kartoffeln mehr auf die Waage bringen als Gewürze.
BERLINER VORBILD: KOPENHAGEN Herzstück der Ernährungsstrategie ist neben der Kita- und Grundschuloffensive die 2019 gestartete Initiative »Kantine Zukunft«. Diese orientiert sich am »House of Food«, einem Erfolgsmodell aus Kopenhagen. Die dänische Hauptstadt hat ihren Bioanteil in der Gemeinschaftsverpflegung auf teilweise über 90 Prozent gebracht. Das ließ sich ohne wesentliche Mehrkosten erreichen. Gleich einer mobilen Sondereinheit zieht das Team der »Kantine Zukunft« von Küche zu Küche. Gemeinsam mit dem Küchenpersonal werden in 6 Mo-
naten (und bis zu 120 Coachingstunden) individuelle Bedürfnisse geklärt, Kontakte zu LieferantInnen aus der Hauptstadtregion geknüpft und – das Entscheidende, um finanziell im Rahmen zu bleiben – neue Speisepläne erarbeitet. »In den Kantinen muss man lernen, anders zu kochen, etwa weniger Fleisch«, bestätigt Sabine Kabath, Vorstandsvorsitzende beim Bioland-Verband Ost und selbst Gemüsegärtnerin. Die städtische Stoßrichtung hin zu 50 Prozent Bio sei klarerweise eine Chance für die landwirtschaftlichen Betriebe im Umland. Vor allem an Verarbeitungsbetrieben fehle es im Osten aber noch – etwa an Anlagen zum wirtschaftlichen Möhrenschneiden. Was ebenfalls fehlt: ein ländliches Logistiknetzwerk. »Brandenburg ist ein weites Land«, sagt Kabath, »150 Kilometer Transport für einen Warenwert von 500 Euro, das ist derzeit nicht wirtschaftlich«. Voraussetzung dafür, dass solche Strukturen aufgebaut werden und investiert wird, ist aber die Gewissheit, dass die Nachfrage aus der Hauptstadt – mit ihren 4 Millionen EinwohnerInnen immerhin der größte Markt für Bio in Deutschland – auch Bestand hat. Garantieren kann das, vorerst, nur die Politik. Immerhin dauert es allein drei Jahre, um einen Acker von konventioneller Landwirtschaft auf ökologische Wirtschaftsweise umzustellen. Doch geht die Ernährungsstrategie auf, dann ist die Botschaft in ein paar Jahren in Kantinen, Küchen und den Köpfen der Kinder angekommen. Dann ist der kulturelle Wandel vollzogen.
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»Früher haben sich die Caterer immer unterboten. 2013 haben wir deshalb einen Fixpreis festgelegt.« — Ann-Christin Weber, Referentin für die Berliner Ernährungsstrategie, über das Grundschulmittagessen
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»GÄSTE MIT GESCHMACKSERLEBNIS BELOHNEN« Die »Kantine Zukunft« möchte das Essen in Berlins Kitas, Krankenhäusern und Kantinen leckerer, klimafreundlicher und gesünder machen – bei gleichbleibenden Kosten.
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as Ziel der »Kantine Zukunft« lautet nüchtern »die kostenneutrale Verbesserung der Berliner Gemeinschaftsverpflegung«. Doch Kopenhagens »House of Food« hat vorgezeigt, was möglich ist: Durch intensive Beratung konnten die in öffentlichen Kantinen der dänischen Hauptstadt verabreichten Speisen qualitativ deutlich verbessert werden. Der Anteil an Fertigprodukten wurde reduziert, ebenso fleischliche Kost. Bevorzugt verarbeitet werden regionale ökozertifizierte Zutaten. Selbst in großen Kantinen kam man so ohne wesentliche Mehrkosten auf 70 Prozent Bio. Ähnliches möchte die 2019 gestartete Initiative »Kantine Zukunft« in Berlin schaffen. Finanziert wird sie von der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung. Während die Aktivitäten des »House of Food« bereits auf ganz Dänemark ausgeweitet wurden, hofft man in Berlin auf Geld vom neuen Bundesagrarminister, um auch in der Stadt ansässige Bundesbehörden zu einem nachhaltigeren Angebot beraten zu können. Zwei der drei ProjektleiterInnen – Philipp Stierand und Koch Patrick Wodni – im Interview.
BIORAMA: Ihre Initiative wird von der Stadt Berlin finanziert, um Kantinen zukunftsfähig auszurichten. Wie genau lautet Ihr Auftrag? PHILIPP STIERAND: Unser großes Vorbild ist das »House of Food« in Kopenhagen und wir verfolgen die Idee, die Qualität der Berliner Gemeinschaftsverpflegung zusammen mit den Küchenteams zu steigern. Das heißt: leckerer, klimafreundlicher, gesünder. Zentraler Auftrag ist ein hoher Bioanteil, konkret 60 Prozent. Die Herausforderung dabei: Das Ganze passiert bei laufendem Betrieb und ohne die Kosten zu steigern.
Was sind die größten Hürden auf dem Weg zur ökologischen Kantine? STIERAND: Auf politischer Ebene sind das die schlechten Rahmenbedingungen: wenig Geld und wenig Personal. Das ist genau der Rahmen, der verursacht hat, was man heute in manchen Kantinen so antrifft: einen hohen Convenience-Grad und wenig Innovation.
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Dreierteam mit Ökomission: Gastronomiewissenschafterin Dinah Hoffmann, Koch Patrick Wodni und Philipp Stierand, Projektleiter der »Kantine Zukunft« und Experte für kommunale Ernährungspolitik. (v. l. n. r.)
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Podcast-Tipp Absender des Podcasts »The Power of the Public Plate« ist ICLEI, ein globales Netzwerk von 2500 Regionalverwaltungen. Hörenswerte aktuelle Folge: »Copenhagen: How Food Can Become A Game Changer«.
Lieblingsrezepte aus dem im Jahr 2020 erschienenen Kochbuch »Für Viele« der Kantine Zukunft gibt’s im BIORAMA #70 unter biorama.eu/70 und das komplette Buch zum Download unter kantine-zukunft.de
Was lässt sich am einfachsten ändern? Weniger Fleisch? PATRICK WODNI: Der einfachste Schritt ist das Umstellen der Grundprodukte, also von Kartoffeln, Nudeln, Reis, gefolgt von Hülsenfrüchten und Getreide. Da ist man mit sehr wenig finanziellem Aufwand von heute auf morgen gleich einmal in einem zweistelligen Bioprozentanteil. Dann ist das Überarbeiten der Speisepläne dran, da heißt es natürlich: weniger Fleisch! Oft ist das sehr individuell und kleinteilig. Das ist unsere eigentliche Aufgabe, das Komplizierte, die Beratung. Wie wichtig ist es in diesem Prozess, die zu Verköstigenden zu informieren? STIERAND: Natürlich wird informiert, aber das Wichtige passiert rund um den Speiseplan, ganz unpolitisch. Kein Gast soll sagen müssen: »Heute hab ich Lust auf was Klimafreundliches!« Wir wollen die Lust des Gastes auf was Leckeres befriedigen. Das verlangt einen modernen Speiseplan. Der große Vorteil einer solchen Transformation: Man kann den Mut des Gastes, sich auf etwas Neues einzulassen, mit einem Geschmackserlebnis belohnen. Oft reicht es, Ökolebensmittel zu verarbeiten, und die Gäste geben Rückmeldung, dass das Essen besser schmeckt. Darauf setzen wir. Gibt es Probleme, die Sie selbst überrascht haben? WODNI: So banal das klingen mag: Oft ist der Bezug der Ware das Schwierigste. Das Problem liegt fast nie in der Küche. STIERAND: Gerade weil ich selbst ursprünglich aus dem Naturkostgroßhandel komme, konnte ich das anfangs nicht verstehen. Der Naturkostgroßhandel hatte immer die Lager voll, konnte aus seiner Sicht immer alles liefern. Aus Kantinensicht stellt sich das anders dar. Da fehlen die Strukturen. Der Bioanteil in der Außerhausver-
Anhand welcher Zahlen lässt sich der Erfolg von »Kantine Zukunft« evaluieren? WODNI: 2021 werden 14 Küchen mit einer Auszeichnung abschließen. Insgesamt haben wir 43 Küchen im Programm. Im Januar rücken die nächsten nach. STIERAND: Unsere klare Benchmark ist aber der Bioanteil. Besonders in den Kitas liegen wir da bereits sehr hoch. Die Berliner Kitas sind erstaunlich groß – und die liegen mittlerweile teilweise zwischen 60 und 90 Prozent Bio. Bei den landeseigenen Betrieben erzielen wir im aktuell laufenden Prozess teilweise bis zu 40 Prozent Bio. Und die Berliner Wasserbetriebe haben zwar ihre Kantine jetzt seit über einem Jahr geschlossen. Die freie Zeit in der Pandemie wurde in der Küche aber genützt, um sich zu ökologisieren. Da steht 2022 einiges bevor – für uns selbst auch eine Evaluierung unserer Arbeit von extern.
Ist das Kantinenpersonal überzeugt von gesunder, weitestgehend pflanzlicher Kost, lassen sich auch die Mittagsgäste mitreißen.
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»Oft ist der Bezug der Ware das Schwierigste. Das Problem liegt fast nie in der Küche.«
pflegung liegt in Deutschland bei knapp über einem Prozent. Für den Großhandel ist das natürlich eine absolute Nische. Es gibt ein Logistikproblem von Bioprodukten Richtung Kantinen. Etablierte GroßhändlerInnen tun sich generell schwer mit dem Biosortiment und die großen NaturkostfachhändlerInnen haben sich nie auf Kantinen spezialisiert. Das lässt sich auch durch Beratungsleistung nicht einfach beheben. WODNI: Das lässt sich nur durch Nachfrage ändern. In Berlin setzen die Ausschreibungen für Schulverpflegung inzwischen 50 Prozent Bioanteil voraus. Das ist einer der großen Hebel.
Warum Botanik politisch ist.
BILD NATURHISTORI SCHES MUS EUM, WI EN ALICE SCHU MACHER
Woran merkt man im Naturhistorischen Museum sofort, dass man in Wien ist? KATRIN VOHLAND: Das ist offensichtlich, weil der Bau direkt gegenüber dem Kunsthistorischen Museum in einem imperialen Kontext als Teil des Kaiserforums angesiedelt war. Da ist die Geschichte in Berlin eine ganz andere. Da war die naturkundliche Sammlung erst an der Universität untergebracht und dann wurde ein Gelände gesucht, weshalb sie schließlich auf einer Brache vor der damaligen Innenstadt gelandet ist. Von der Größe her sind die beiden Häuser recht ähnlich – als Forschungsmuseen mit um die 30 Millionen Objekten und um die 60 WissenschafterInnen.
tigt. Es stellt sich die Frage: Was heißt kolonialer Kontext? Auch wenn Österreich keine Kolonien hatte, sind Objekte auf eine Weise nach Wien gekommen, die schon damals Unrecht war. Wir geben selbstverständlich auch Objekte zurück, etwa Schädel an die Maori, wenn die Covid-Lage das wieder erlaubt. Das sind intensive Diskussionen, weil wir ja auch den Auftrag haben, die Sammlungen zu bewahren und zugänglich zu machen.
Ihre persönlichen Expertisen liegen in der Biodiversitätsforschung und in der BürgerInnenbeteiligung. Was ist im ersten Jahr als Generaldirektorin passiert? Ich unterstütze meine hochmotivierten KollegInnen, Laien noch intensiver einzubinden. Dass im August – eine kleine SenWas bereitet Ihnen am meisten Kopfzerbrechen? sation – das Vorkommen der Rotstirnigen Dolchwespe wieder Eindeutig: der Platz! Die Sammlung wächst, wir müssen bestätigt werden konnte, fußt auf der Beobachtung eines Laien Laborgeräte unterbringen. Und für die dringend nötige aus Niederösterreich. Das Außergewöhnliche am NaturhistoDigitalisierung beispielsweise brauchen wir mehr Personal, rischen Museum ist ja, dass es auch für das aber wiederum der Platz die Anthropologie und Frühgefehlt. Zum Glück gibt es einen schichte vertreten hat und sich die Tiefspeicher, der damals – eine Mensch-Natur-Beziehung über brillante Idee – gemeinsam mit einen sehr langen Zeitraum zeigen der U-Bahn errichtet wurde. Wir lässt – etwa die One-Health-Zudenken darüber nach, nun auch sammenhänge zwischen intakten in den Innenhöfen in die Tiefe Ökosystemen und Gesundheit. zu gehen. Auch Botanik möchte ich stärker ausstellen. Neben einem grundDie Museumswelt ist derzeit sätzlichen Verständnis der Photomit der Aufarbeitung der synthese und Artenvielfalt muss Kolonialgeschichte beschäfdabei auch die postfossile politische tigt und wie Sammlungen Dimension vermittelt werden. zustande kamen. Was ist Pflanzen produzieren die gesamte diesbezüglich an Ihrem Haus Biomasse der Welt. Um den Green zu tun? Deal der EU umsetzen zu können, Das ist mir ein Anliegen, damit sind wir von Pflanzen abhängig, bin ich auch angetreten als Katrin Vohland ist seit 2020 Generaldirektorin von Bioenergie, von Futtermitteln. Generaldirektorin. Viele Kolund wissenschaftliche Geschäftsführerin des NHM Das müssen wir als Museum legInnen im Haus haben sich Wien. Davor war die Biologin am Museum für Naturkunde Berlin tätig. vermitteln. bereits proaktiv damit beschäf-
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Katrin Vohland, Generaldirektorin am Naturhistorischen Museum Wien, über One Health, Biodiversität und ihr Bedürfnis, Botanik zu zeigen.
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LIEFERGEMÜSE
ÖKOKISTE
Abo Biogemüse im für Berlin
Was der Berlinerin ihre Ökokiste, ist dem Wiener sein Biokistl: Ist überall das Gleiche drin? Gemüseabonnements sind stabile Einkommen für LandwirtInnen – und StädterInnen die Motoren der Biobewegung. Das Angebot an Abos, über die man sich regelmäßig Gemüse (und oft auch Obst und mehr) direkt vom Bauern oder von ZwischenhändlerInnen nach Hause liefern lassen kann, ist inzwischen glücklicherweise endlich zu groß geworden, um alle AnbieterInnen hier vorzustellen zu können. Die Anbauverfahren und die Qualität der angebotenen Lebensmittel sind allerdings schon recht unterschiedlich. Wo das Sortiment größtenteils oder zur Gänze auch wirklich bio ist, lässt sich mitunter erst durch längeres Websitestudium feststellen. Grund genug, ein paar solcher vorzustellen – vielleicht nicht neu, aber eben gut. Und manches womöglich kopierenswert.
LANDKORB
landkorb-shop.de
MÄRKISCHE KISTE Als einer der größten Anbieter liefert die Märkische Kiste quasi den gesamten Biomarkt nach Hause – oder an den Arbeitsplatz: Neben Obst- und Gemüseboxen und Themenund Rezeptboxen sowie Produkten aus der Frischetheke gibt es so gut wie alles für die Speisekammer, Haushalts- und Drogerieartikel, Kochbücher und Zeitschriften. Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse stammen nach eigenen Angaben nach Möglichkeit aus der Region Brandenburg – bereits seit 1997 arbeitet man hier mit Biobäuerinnen und -bauern in gemeinsamer Direktvermarktung zusammen. Detaillierte Informationen über die regionalen PartnerInnenhöfe und die weiteren LieferantInnen sind auf der Website gelistet. Geliefert wird an festgelegten Tagen in der Woche in Pfandkisten, die auch vor der Haustür abgestellt werden können. Mitgelieferte Infos und Rezepte unterstützen bei einer abwechslungsreichen Ernährung. Der Mindestbestellwert liegt bei 20 Euro, die Lieferung kostet 3,45 Euro. Für Unentschlossene gibt es auch ein wöchentliches Schnupperabo – zehn Boxen beziehungsweise Wochen lang. SAMANTHA BREITLER shop.maerkischekiste.de
BILD ISTOCK/ TATIANA DAVIDO VA, LA NDKO RB, MÄRKIS CHE KISTE
Den Lindenhof im brandenburgischen Dorf Rohrlack und sein Angebot einer wöchentlichen Hauszustellung von Bioboxen gibt es schon seit 20 Jahren. Inzwischen bietet er seinen KundInnen eine Auswahl aus 6000 Artikeln, davon 850 aus der Region. Darunter neben dem eigenen Programm von über 50 Sorten Gemüse, Kräutern und Salat aus Demeter-Anbau auch jene von 75 PartnerInnenbetrieben – großteils aus der näheren Region. Bei den Gemüse-, Käse- und Obstkörben hat man die Qual der Wahl unter zehn Korbvarianten in jeweils drei bis vier Größen. Diese werden nach verschiedenen Schwerpunkten zusammengestellt – neben einer saisonalen und regionalen Auswahl gibt es auch Themenboxen wie den Rohkost- oder den Mutter-Kind-Korb. Ab einem Mindestbestellwert von 19,90 Euro kann man im Onlineshop einzelne Bioprodukte bestellen. In Berlin und Umland ist Landkorb mit den Kühltransportern zwischen Dienstag und Freitag unterwegs – einige Innenstadtgebiete werden mit E-Lastenrädern beliefert. SAMANTHA BREITLER
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BRODOWINER ÖKOKORB Rund 70 km von Berlin entfernt, im »Dorf der sieben Seen«, findet man das Ökodorf Brodowin. Der Hof zählt nicht nur zu den BiopionierInnen Ostdeutschlands, er ist auch Deutschlands größter Demeter-Betrieb und hat sich im Biofachhandel als Regionalmarke etabliert. Die Erzeugnisse werden einem auch hier auf Wunsch bequem vor die Haustür geliefert. Ob für das Büro, das Homeoffice, den Familienoder Singlehaushalt – die zehn unterschiedlichen Obst- und Gemüsekisten können in Größen und Lieferintervallen fein auf den eigenen Bedarf abgestimmt werden. Neben vielen weiteren Zusatzprodukten, die sowohl aus der eigenen Herstellung als auch von PartnerInnenbetrieben stammen, werden auch Smoothie-Pakete und Rezeptkisten angeboten. Im Onlineshop sind alle Produkte übersichtlich gekennzeichnet: nach ihrer Herkunft und danach, nach welchen Detailkriterien ihre Kultivierung erfolgt. Der Mindestbestellwert beträgt derzeit 20 Euro, für die Belieferung werden 3,50 Euro berechnet. Über eine eigene Stiftung werden mit den Einnahmen unter anderem verschiedene Naturschutzprojekte finanziert. SAMANTHA BREITLER shop.brodowin.de
BILD QUE RFE LD, ÖKO DO RF BRO DO WIN
QUERFELD Jünger und kleiner als die anderen genannten, konzentriert sich Querfeld ausschließlich auf aussortiertes Biogemüse, das den Schönheitsanforderungen der Supermärkte nicht entspricht. Aus der Idee heraus, das Problem der Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen, arbeitet das Team inzwischen mit einem wachsenden Netzwerk aus kleinen und großen Biobetrieben in Deutschland und der EU zusammen. Das Obst- und Gemüseabo gibt es als Mix-Tüte in zwei unterschiedlichen Größen oder als Rohkost-Tüte und kostet zwischen 11,90 und 17,90 Euro. Es kann wöchentlich abbestellt werden. Neben verschiedenen Küchen von der Kita bis zum Betriebsrestaurant werden seit vergangenem Jahr auch selbstorganisierte öffentliche und private »Feldbotschaften« beliefert, von denen sich die Nachbarschaft ihre Bestellungen abholt. Ob Privatperson, Shop oder Café, alle können zur Feldbotschafterin oder zum Feldbotschafter werden. Bestellungen werden gesammelt und Transportwege reduziert. Zusätzlich kann man sich über die inzwischen wohl prominenteste Anti-Foodwaste-App des deutschsprachigen Raums, »Too Good to Go«, bei teilnehmenden Gastronomiebetrieben sowie an vier Abholstellen in Berlin eine Tüte von Querfeld bestellen und abholen. SAMANTHA BREITLER querfeld.bio
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ADAMAH
Abo Biogemüse im für Wien
BIOFERDL Bioobst und -gemüse im Abo gibt es auch hier – seit 2017 bringt der Onlinebestelldienst Bioferdl seine gesunden Packerl aus Oberösterreich bis nach Niederösterreich, Salzburg, Graz und Wien. Im Gegensatz zu anderen Anbietern werden hier nur Obst- und Gemüsekisten zusammengestellt – diese sind aber nicht weniger knackig befüllt. Neben dem normalen Obst- und Gemüse-Packerl gibt es auch Themenboxen wie das Sommer- oder Mama-Kind-Packerl und ein Regional-Packerl. Während im Regional-Packerl nur Produkte aus Österreich enthalten sind, umfassen die anderen Boxen zum Teil auch Importprodukte. Kleiner Minuspunkt: Zu den PartnerInnenbetrieben findet man im Shop leider keine weiteren Infos. Alle Kisten sind in vier Größen erhältlich und können so auf die Haushaltsgröße und den individuellen Verbrauch angepasst werden. Die Boxen kosten durchschnittlich zwischen 17,90 und 33,45 Euro. In wöchentlichen, zweiwöchentlichen oder monatlichen Abständen erhält man die Kisten plastikfrei, zwischen Dienstag und Freitag, im Karton nach Hause oder ins Büro geliefert. Auf der Website findet man dazu für die frischen Zutaten auch noch gschmackige Rezepte. SAMANTHA BREITLER bioferdl.at
adamah.at
BILD ADA MA H / T OHMA S TO PF, BIO FE RDL
BIOKISTL
Im Werbefernsehen und im Mythos kommt das österreichische Gemüse eigentlich fast ausschließlich von den nur 7000 Hektar des niederösterreichischen Marchfeldes nördlich von Wien. Wirklich dort angesiedelt ist zum Beispiel der Biohof Adamah. Er liefert Obst und Gemüse von seinen 100 Hektar eigener Ackerflächen und denen seiner regionalen und internationalen PartnerInnenbetriebe in den Großraum Wien. 1997 hat die Familie Zoubek damit begonnen und ist inzwischen so erfolgreich, dass jeder ihrer Kühltransporter (und Lastenräder) in Wien alle paar Hundert Meter Adamah-KundInnen beliefert und so die Klimabilanz des bezogenen Gemüses trotz Zustellung vor die Wohnungstür fast unschlagbar ist. 2021 hat die Gründungsgeneration das kleine Bioimperium an Kinder und Schwiegerkinder übergeben. Bio ist im gesamten Sortiment default, entscheiden kann man sich zwischen Kistlgrößen (13–26 Euro bei der klassischen Gemüsekiste) und der Beschränkung auf regional verfügbares Obst und Gemüse – oder Kisten, die auch Kiwis und Orangen und im Winter Tomaten enthalten. Das Ausmaß, in dem die KistenempfängerInnenbedürfnisse antizipiert werden, beeindruckt: vom »Easy- Cooking-Gemüsekistl« für jene, die nicht viel Zeit zum Kochen haben, bis zum »Jausen-Kistl« für die, die das gar nicht wollen, und einem »Green-Smoothie-Kistl« für die, die immer noch Green Smoothies wollen. Wer zumindest an zwei Tagen in der Woche zwar nicht das Kochen, aber das Nachdenken über dessen Gestaltung auslagern will, bekommt eine personalisierte Rezeptkiste – schnellkochend oder ein bisschen aufwendiger, mit oder ohne Fleisch. Zu den Kisten oder separat kann online aus einem sehr breiten Sortiment an Bioprodukten bestellt werden. Alles da. IRINA ZELEWITZ
AFRESHED
HOPF Wöchentlich liefert der Biobauer und Kabarettist Pepi Hopf aus dem Marchfeld seine Obst- und Gemüsekisten an verschiedene Standorte in Wien und Niederösterreich aus. Von Juni bis Ende Jänner gibt es ein saisonales Sortiment an frischem Bioobst und -gemüse sowie Kräutern aus eigenem Anbau – nur ein ganz geringer, gekennzeichneter Anteil wird zugekauft. KundInnen können jeweils bis Sonntag oder Montag das »Kistl der Woche« oder individuell zusammengestellte Boxen über Facebook bestellen. Einen eigenen Webshop gibt es bisher nicht, dafür bekommt man immer aktuelle Updates zum Angebot. Für manche mag es ein kleines Manko darstellen, andere sehen auch darin das Positive: Da die Boxen in einem festgelegten Zeitraum bei einem der KooperationspartnerInnen selbst abgeholt werden müssen, entsteht an den Abholorten quasi ein Nachbarschaftstreffpunkt. Und: Die Selbstabholung ermöglicht ein Preisniveau der großen Kisten zwischen 15 und 17 Euro. Neben dem Obst- und Gemüsesortiment gibt es zusätzlich Honig und Met, zu Beginn der Saison werden auch Jungpflanzen verkauft. Die Pfandkisten können entweder mit nach Hause genommen oder aber gleich beim Verteiler gelassen werden. SAMANTHA BREITLER
»Vom Bauern ums Eck bis hin zur Banane von einem heimischen Händlerbetrieb« – das Linzer Jungunternehmen Afreshed »rettet« seit 2020 biozertifiziertes Obst und Gemüse aus der Region und Rückläufer aus dem Handel. Die Lebensmittel würden ansonsten vernichtet werden, da sie entweder von der Norm abweichen oder Überproduktion darstellen. Gemeinsam mit LandwirtInnen und HändlerInnen aus Österreich verpacken sie zweiwöchentlich gutes Obst und Gemüse in ihren »Retterboxen« und versenden es in Oberösterreich, Niederösterreich und Wien im Mehrweggebinde, im Rest Österreichs mit der Post. Zusätzlich stellt das junge Unternehmen auch Rezeptinspirationen auf seinen Social-Media-Kanälen zur Verfügung, um den Zero-Waste-Gedanken in mehr Haushalte zu bringen. Die Box mit 5–6 Kilogramm Inhalt kommt für 19,99 Euro inklusive Versand ins Haus. Für jede gekaufte »Retterbox« pflanzt Afreshed über das Unternehmen »Eden Reforestation Project« einen Baum. SAMANTHA BREITLER afreshed.at
facebook.com/BiogemuseHopf
BILD LUIZ A PUIU , HOPF
BIOIGEL »Die regionalste Biokiste für Wien und Niederösterreich« – das ist der Slogan des Biolebensmittellieferdienstes Bioigel aus Tresdorf in Niederösterreich. Selbst im Winter gibt’s hier kein Obst und Gemüse aus dem Ausland, das gesamte Sortiment orientiert sich an der Saison und kommt von regionalen KooperationspartnerInnen, die im Shop vorgestellt werden. Bei den Kisten kann man zwischen drei Körben auswählen: dem Obst-Gemüse-Kistl, dem Gemüse-Kistl und dem Büro-Kistl. Die Boxen kosten größenabhängig von 17,90 bis 25,90 Euro, sie werden in Pfandkisten wöchentlich oder vierzehntägig zu dir nach Hause geliefert. Zusätzlich gibt es im Onlineshop noch weiteres Obst und Gemüse, Backwaren, Eingelegtes, Snacks, Getränke und andere Produkte zum Kochen oder für die Speisekammer. SAMANTHA BREITLER bioigel.at
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»Achtsamkeit mit Anspruch« Wohin entwickelt sich Bio? Klaudia Atzmüller und Andreas Steidl, beide GeschäftsführerInnen von Ja! Natürlich, über Tierwohl, Transparenz und die eigene Vorreiterrolle. War diese Entwicklung absehbar? Andreas Steidl: Absolut. Es würde Ja! Natürlich in der Form nicht geben, hätten wir nicht vor über 25 Jahren schon daran geglaubt, dass Nachhaltigkeit und Transparenz immer entscheidendere Kriterien werden – und dass es auch absolut notwendig ist, um die Zukunft unseres Planeten zu sichern. Als Biopionier ist Ja! Natürlich den Nachhaltigkeitstrends, die heute alle beschäftigen, um viele Jahre voraus. Wir setzen seit Anbeginn in der landwirtschaftlichen Produktion Standards, die weit über die für Bio gesetzlich vorgeschriebenen hinausgehen. Und sehen Bio ganzheitlich – zum Beispiel, indem wir seit über 10 Jahren bei unseren Verpackungen Plastik auf ein Minimum reduzieren oder ersetzen. Oder indem unser Sortiment seit Jahren komplett ohne das klimaschädliche Palmöl auskommt. Wagen Sie eine Prognose, welche Entwicklungen sich noch verstärken werden? Atzmüller: Wir gehen davon aus, dass Werte und Haltung noch weiter an Bedeutung gewinnen werden. Das Bewusst-
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Das Team von Ja! Natürlich verlässt sich bei der Entwicklung neuer Bioprodukte natürlich nicht nur auf Gespür und Erfahrung, sondern setzt seit jeher auch auf Marktforschung. Was bewegt denn die KonsumentInnen 2021 besonders? Klaudia Atzmüller: Der Trend zu bewussterem Lebensmittelkauf und vor allem auch zu Bioprodukten ist schon lange zu beobachten. Die Pandemie hat die Konsum- und Ernährungsgewohnheiten der Menschen aber tatsächlich noch mal stark geprägt. »Die Krise hat das Essen wieder näher an uns herangeführt« – so fasst die Foodtrendforscherin Hanni Rützler es zusammen und wir können das nur bestätigen. Die Achtsamkeit bei der Lebensmittelwahl kommt längst nicht mehr nur aus der Verantwortung gegenüber der eigenen Gesundheit, sondern schließt auch die Verantwortung für die Zukunft unseres Planeten mit ein. Davon leiten sich die Ansprüche der KonsumentInnen an Lebensmittel ab, die wir bei Ja! Natürlich erfüllen. Das Spektrum ist dabei breit – es reicht vom Umgang mit den Böden beim Anbau über das Tierwohl bis hin zur Verpackung, in der das Produkt ins Regal kommt.
sein für nachhaltigen Konsum erfasst eine stetig größer werdende Gruppe. Das zeigt zum Beispiel unsere jüngste Umfrage zum Tierwohl. Da geben bereits 25 Prozent der ÖsterreicherInnen an, dass sie flexitarisch, also nur noch gelegentlich Fleisch essen. Das bestätigt uns in der Wahrnehmung, dass bewusster Fleischkonsum schon sehr verbreitet ist, gerade auch in unserer Biozielgruppe. Die Klimadebatte hat weite Teile unserer Gesellschaft erreicht – Politik, Wirtschaft und die KonsumentInnen haben das Gefühl, etwas tun zu müssen. Wenn also etwas verschwinden wird, dann sind das klimaschädliche Hypes. Ein Beispiel: Superfood war eine Zeitlang sehr hip, gerade auch unter bewussten KonsumentInnen. Schnell war aber klar, dass sehr viele dieser Produkte weitgereist sind und unter wenig nachhaltigen Bedingungen produziert werden. Unsere Antwort als Ja! Natürlich sind Superfoods aus Österreich. Noch mal zurück zur Marktforschung: Gibt es Wünsche, die sich innerhalb des Supermarkt-Universums nur schwer erfüllen lassen? Steidl: Es gibt immer wieder Wünsche, die wir zunächst auf deren Sinnhaftigkeit und Erfüllbarkeit bewerten. Wenn z. B. mehr unverpackte Bioprodukte gewünscht werden, dann müssen wir aber auch eine Gesamtbewertung inklusive des Transports, der Hygiene, der Unverwechselbarkeit, der Haltbarkeit und der Veränderung der Verderbsrate mitbeleuchten. Hinzu kommt noch die Umsetzbarkeit mit bestehenden oder neuen LieferantInnen. Entscheidend ist für uns, dass wir uns ständig weiterentwickeln. Wir haben bei unseren über 1100 Produkten viel erreicht, sehen aber immer noch viele Möglichkeiten der Optimierung. Es mangelt auch nicht an Ideen für Innovationen, mit denen wir auch zukünftig unsere BiokundInnen überraschen werden. Natürlich sind wir auch stolz darauf, dass wir in der Vergangenheit viele harte Nüsse insbesondere einer verbesserten Tierhaltung – wie das Verbot des Kükentötens oder der betäubungslosen Ferkelkastration – geknackt und dies in einer Branchenlösung verankert haben. KonsumentInnen haben in der Pandemie noch einmal verstärkt zu Bioprodukten gegriffen. Die jüngsten Zahlen der AMA belegen, dass es mittlerweile eigentlich kei-
TIERWOHL IM SUPERMARKT Tierwohl spielt bei Ja! Natürlich seit Jahrzehnten eine große Rolle. Die Ansprüche und Anforderungen wurden und werden laufend erhöht. Sieben wegweisende Bioprodukte.
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Beinschinken vom Freilandschwein
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Faschiertes vom Weidejungrind
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Brustfleisch vom Wiesenhendl
Schon im Jahr 2000 wurde in einem einzigartigen Pionierprojekt mit der NGO Vier Pfoten erprobt, ob Schweine in Österreich ganzjährig draußen gehalten werden können. Heute wühlen die Bio-Freilandschweine von Ja! Natürlich unter freiem Himmel und pflegen den Müßiggang im Schweinsgalopp. Artgemäße Tierhaltung bringt (u. a.) einen Beinschinken höchster Güte mit mild-feinem Geschmack. Gefüttert (u. a.) von Manuel Gererstorfer im Waldviertel
Ein Leben, ohne jemals angebunden zu werden, garantierter Weidegang im Herdenverband, muttergebundene Aufzucht vom Kalb zum Jungrind und 100 Prozent Biofutter aus Österreich – dieses Fleisch lässt sich mit gutem Gewissen genießen. Gehalten (u. a.) von Renate Kupfer in der Steiermark
Intensiver Geschmack, zartes Fleisch – die Bio-Wiesenhendl werden artgemäß im Freiland gehalten, wachsen etwas langsamer als herkömmliche Hühner und werden ganz ohne Tiermehl, Antibiotika und chemische Leistungsförderer ausschließlich biologisch gefüttert. Gehalten (u. a.) von Christian Dobernig im Kärntner Lavanttal
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG VON JA! NATÜRLICH
»Wir haben in der Vergangenheit viele harte Nüsse geknackt und z. B. das Verbot des Kükentötens oder der betäubungslosen Ferkelkastration als Branchenlösung verankert.« — Andreas Steidl, Ja! Natürlich
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Milch und Käse aus Bioheublumenmilch
Die Bioheumilch aus Salzburg erfüllt höchste Qualitätsstandards und wird frisch verkauft oder im Salzburger Land zu Bio-Alpkönig gekäst, einem halbharten Schnittkäse: rein, mild aromatisch und leicht süßlich. Gemolken (u. a.) von Martin Haas aus Thalgau in Salzburg
5 Moosdorfer Bio-Mini-Gockel
Die schwachbrüstigen Bruderhähne der Ja!-Natürlich-Legehühner werden mittlerweile seit vielen Jahren in eingestreuten Ställen mit Zugang zu einem Außenscharrraum und Grünauslauf mit 100 Prozent Biofutter gemästet. Bei einem Schlachtgewicht von ca. 700 Gramm sind sie als Moosdorfer Bio-Mini-Gockel ideal für eine feine Suppe oder einen kleinen Haushalt. Großgezogen (u. a.) von Kurt Auer aus Schlierbach
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Bio-Freilandeier
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Bio-Karpfenfilet aus dem Waldviertel
Aromatisch und geschmackvoll: Die Bioeier von Ja! Natürlich stammen von freilaufenden Hühnern, die artgemäß mit viel Auslauf im Hühnerhaus wie im Freiland leben dürfen. Ihr kräftiges Dottergelb erhalten die Bio-Freilandeier dabei ganz ohne Futterzugabe synthetischer Farbstoffe. Gelegt (u. a.) von den Hühnern von Gerald Grimps aus dem Mühlviertel.
Die Waldviertler Biokarpfen wachsen langsam, dafür ist ihr Filet umso magerer, fester und wohlschmeckender. Den Großteil des Futters suchen sich die Fische direkt aus den Teichen, die in der Region lange Tradition haben. Geringfügig wird geschrotetes Biogetreide zugefüttert. Das ergibt ein besonders hochwertiges Fleisch, reich an Eiweiß, Vitaminen, Mineralstoffen und Omega-3-Fettsäuren. Gefüttert und gefischt (u. a.) von Andreas Fischer-Ankern im Waldviertel
ne in Österreich lebenden Menschen gibt, die nicht hin und wieder Bio kaufen. Dennoch gibt es immer mehr, die besonders bewusst hauptsächlich Bio kaufen. Wie sehen denn typische BiokundInnen heutzutage aus? Atzmüller: Überzeugte, treue BiokundInnen sind vor allem gut informiert, häufig urban und setzen sich intensiv mit ihrer Ernährung auseinander – das merken wir in der intensiven Interaktion mit ihnen. Familien sind hier besonders hervorzuheben: Eltern schauen besonders genau auf die Ernährung ihrer Kinder. Aber es ist tatsächlich so, dass Bio in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Dank Ja! Natürlich und anderer ist Bio in Österreich auch absolut leistbar – das ist ein wesentlicher Schlüssel, um Bio in die Breite zu bringen. Das ist hierzulande vorbildhaft gelungen und daher ist Österreich auch Bioweltmeister. Wir erfüllen ja bereits seit 2019 das EU-Ziel von 25 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche für Biolandwirtschaft bis 2030. Das ist schon ein toller Erfolg! In Deutschland wird derzeit, ausgehend von der veganen AktivistInnenszene, ein EU-weites Werbeverbot für Fleisch gefordert – weil hoher Fleischkonsum die Klimakrise anheize. Wie stehen Sie dazu? Atzmüller: Fleisch ist für ganz viele Menschen ein elementarer Bestandteil ihrer Ernährung und wird das auch bleiben. In Österreich sind es laut unserer jüngsten Befragung rund 60 Prozent, die mehrmals in der Woche Fleisch essen. Vielen Menschen ist heute schon klar, dass wir unseren Fleischkonsum reduzieren müssen. Ja! Natürlich steht für diesen Mittelweg und setzt dabei auf hochwertige Produkte aus österreichischer Biolandwirtschaft. Es geht uns vor allem darum, den KonsumentInnen ein differenzierteres Bild zu vermitteln – das geht nur über Kommunikation. Wir setzen auf Aufklärung. Gerade beim Fleisch spielen die Produktionsbedingungen eine große Rolle – die KonsumentInnen sollen einen Blick hinter die Kulissen bekommen. Das heißt für uns, die Beweisführung für artgemäße Tierhaltung anzutreten. Aus unserer Befragung geht hervor, dass sich 90 Prozent der ÖsterreicherInnen mehr Transparenz bei Haltungsbedingungen und der Herkunft eines tierischen Produkts wünschen. Die Menschen wollen nicht mit Verboten bevormundet, sondern informiert werden. Steidl: Dem Rindfleisch wird ja häufig vorgeworfen, Klimasünder Nummer 1 zu sein. Unberücksichtigt bleibt dabei die Differenzierung, ob das Rind primär Grasland als Futterbasis hat oder ob Futter vom Acker eingesetzt wird. Zwei Drittel der weltweiten Agrarflächen sind Grünland. Für die menschliche Ernährung können diese Flächen primär nur über Rinder (Milch, Fleisch) effektiv genutzt werden. Erst dadurch haben wir die Möglichkeit, auf den begrenzten Ackerflächen mit ökologisch vertretbaren Intensitäten ausreichend Lebensmittel für die Weltbevölkerung zu erzeugen.
»Leistbarkeit ist ein wesentlicher Schlüssel, um Bio in die Breite zu bringen.« — Klaudia Atzmüller, Ja! Natürlich
B ILD REWE
Ja! Natürlich war im Laufe der Jahrzehnte immer wieder Vorreiter und Vorbild auch für konkurrierende Unternehmen, u. a. was die Verbesserung von Haltungsbedingungen für Tiere anging, und hat gezeigt, es geht immer noch ein bisschen besser. Was sind denn nächste nötige Schritte? Steidl: Wir sind stolz auf das einzige österreichweite Angebot an Produkten aus der Freilandschweinehaltung. Vorbildlich ist auch unser Jungrindfleischprogramm, wo die Haltung der Kälber und Mutterkühe sowie des Zuchtstieres im Herdenverbund erfolgt. Ökologisch und qualitativ ist dieses Rindfleisch ein Highlight mit einer einzigartigen Bedeutung von 25 Prozent unseres gesamten Rindfleischverkaufs. Die Freilandhaltung von Hühnern und Puten erfolgt mit langsam wachsenden Rassen und im Winter bietet der Wintergarten ideale Haltungsbedingungen und bringt uns seit vielen Jahren ein zweistelliges Wachstum. Und im Bereich der Milcherzeugung machen wir eine getrennte Sammlung der Milch von den Bio-Elitebauern und -bäuerinnen, die schon frühzeitig die Haltungs- und Fütterungsbedingungen auf ein anspruchsvolles Niveau gebracht haben und sich von ihren KollegInnen signifikant unterscheiden. Deshalb tangieren diese Bäuerinnen und Bauern und Ja! Natürlich die aktuell geforderten Nachbesserungen und Übergangsbestimmun-
Klaudia Atzmüller und Andreas Steidl sind die beiden GeschäftsführerInnen von Ja! Natürlich.
gen in der Bioverordnung auch nicht, denn das frühzeitige Erkennen von Handlungsfeldern und die entsprechende Umsetzung schaffen dann die Wettbewerbsvorteile. Die Frage nach anstehenden Verbesserungsschritten lässt sich mit der Fokussierung auf den Kälberbereich beantworten, denn die Milchbetriebe verkaufen immer frühzeitiger all jene Kälber, die sie nicht zur Nachzucht benötigen. Daraus resultierten Tiertransporte von sehr jungen Kälbern, aber auch die Frage einer artgemäßen Fütterung in den ersten Lebensmonaten. Ja! Natürlich ist eine weltweit bestaunte Erfolgsgeschichte und mit ein Grund dafür, dass der Bioanteil auf Österreichs Feldern und Höfen sukzessive gestiegen ist. Gleichzeitig ist Ja! Natürlich auch eine Eigenmarke der österreichischen Tochter der REWE Group. Gab es nie Überlegungen, das Konzept Ja! Natürlich auch nach Deutschland zu bringen? Steidl: Jede Marke überlegt sich stets eine Weiterentwicklung und eine Ausbreitung. Es gibt dabei aber auch Limitierungen, sei es von den Rohstoffen, aber auch von den unterschiedlichen KundInnenerwartungen auf verschiedenen Märkten. Eine Marke muss zur Erfüllung der KundInnenerwartung treffsicher und verlässlich sein, damit sie der in einer Marke innewohnende Glaubwürdigkeit erzielen kann. Erst dadurch entsteht der Vertrauensbonus einer Marke. Deshalb haben wir auch nicht den Schritt in das benachbarte Deutschland gemacht, denn ohne konzeptive Anpassung würde so eine Expansion auch nicht erfolgreich sein. Das hindert uns aber nicht an einem intensiven Austausch von Erfahrungen und Bioprodukten unserer bestehenden LieferantInnen.
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG VON JA! NATÜRLICH
Der Schweizer Biopionier und who-Berater Urs Niggli fordert in seinem Buch »Alle satt?«, die Menschheit müsse zwar generell weniger Fleisch essen, verhältnismäßig aber v. a. weniger Huhn und weniger Schwein, dafür mehr Fleisch von Rindern, die mit Gras und Heu gefüttert werden. Gleichzeitig wird die Fleischproduktion aus konventioneller Rindermast immer wieder als großes Klimaproblem beschrieben. Verstehen Sie, dass KonsumentInnen da verwirrt sind? Atzmüller: Das ist tatsächlich ein sehr vielschichtiges Thema – die Natur ist eben komplex. Nicht nur für die KonsumentInnen, denn manche Zusammenhänge sind auch noch nicht hinreichend erforscht. Deshalb haben wir zu Jahresbeginn gemeinsam mit Greenpeace auch eine Studie beauftragt beim Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FibL), dessen Obmann Urs Niggli ist. Darin wird der Klima-Impact verschiedener Produkte und Produktionsstandards ermittelt – auch im Bereich Fleisch.
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TEXT Thomas Weber
WIE TRANSPORTIERT MAN EINE SENSE MIT DER U-BAHN? Im Kampf gegen Artenschwund und Klimakrise erweist sich die Sense als wirksames Werkzeug. Über eine – nicht nur in der Großstadt – unerwartete Renaissance.
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sich Lehrlinge nur noch selten dafür begeistern, das alte Handwerk zu erlernen. Welcher Digital Native möchte schon als angehender Sensenschmied schief angeschaut werden? Doch dann, vor etwa eineinhalb Jahren, stieg plötzlich die Nachfrage. Zunächst war man darüber vor allem eines: verwundert. »Wir wurden gefragt«, erinnert sich Georg Gasteiger, »ob wir eine Erklärung dafür haben, was da gerade passiert.« Und für Gasteiger ergab das alles durchaus Sinn. Bereits seit 2011 hält der studierte Betriebswirt regelmäßig Sensen»Rasenmäher sind wahre kurse ab – nicht ausschließlich, aber Killermaschinen. Mit seinem hauptsächlich in Wien. Von seinem saugenden Rotationsmähwerk Job als Innovationsberater in der staatlichen Förderagentur AWS vertötet ein Rasenmäher bis zu abschiedete er sich Schritt für Schritt. 70 Prozent der Bodenfauna.« Mittlerweile ist er ausgebildeter Sensenmähmeister. Dutzenden Interes— Doris Fröhlich, sierten hat er das motorlose Mähen Sensenlehrerin in spe bereits beigebracht. Gasteiger selbst
BILD SE NS ERE I / EWALD FOHRING ER
s ist nicht lange her, da dachte man in Roßleithen darüber nach, die Sache ganz bleiben zu lassen. Seit 1540 werden dort in der Schmiede von Franz de Paul Schröckenfux Sensen hergestellt. Auch ein halbes Jahrtausend später sind die Qualitätssensen aus Oberösterreich – bekannt als »Austrian Scythes« – weltweit gefragt. Die Nachfrage geht aber seit Jahrzehnten zurück, während gleichzeitig der Preis für die Rohware stieg und
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ist die Speer-, oder besser: die Sensenspitze einer Bewegung, die versucht, im eigenen Wirkungsbereich handfest die Biodiversität zu fördern und das Klima zu schützen. »Wir wollen die Sense in die Stadt bringen, um den Rasenmäher zumindest zu ergänzen, besser noch zu ersetzen«, sagt er selbstbewusst. Wir – das ist einerseits der Sensenverein, in dem sich Gasteiger und Gleichgesinnte seit einiger Zeit engagieren und auch international vernetzen. Und andererseits die »Senserei«, die er Mitte Dezember mit seiner Geschäftspartnerin Doris Fröhlich in der Wiener Sechshauser Straße eröffnet hat. Auch Fröhlich ist angehende Sensenlehrerin. Gasteiger, ihren ehemaligen Kollegen in der Innovationsberatung, konsultierte die Hobbygärtnerin einst selbst, weil sie wissen wollte, ob ihre alte Sense – ein Erbstück – noch zu gebrauchen wäre.
BILD GLOBA L 20 00 / C HI ST OPHER GLANZL
SLOW MOWING HEISST WACHSEN LASSEN Die gemeinsame »Senserei« verstehen die beiden als niederschwelliges Fachgeschäft, das auch zum Treffpunkt und zur Anlaufstelle all jener werden soll, die sich in Wien und Umgebung für das schweißtreibende Vergnügen interessieren. Nach reichlicher Überlegung prägten sie dafür den Begriff »Slow Mowing«. Denn das im Englischen ebenso gebräuchliche »Scything« ist in der deutschsprachigen Welt wenig geläufig. Der Hashtag #scythe wird zwar auch fürs Sensenmähen verwendet, diesen hat aber vor allem die Gothic- und Tattooszene in Beschlag genommen – als Allegorie für den Tod und das Werkzeug des Sensenmanns. Umso stimmiger, dass sich »Mowing« schön auf »Growing« reimt. Beim Mähen mit der Sense geht es nämlich weniger ums Niedermetzeln von Grashalmen als ums Wachsenlassen. Bedarf für die Sense gibt es, weil naturnahe Wiesen höchstens zwei bis drei Mal im Jahr gemäht werden sollen. Nur hochgewachsen kön-
Mähen in der Stadt: Die Wiesen zwischen den Bauten der Wohnbauvereinigung für Privatangestellte in Wien-Favoriten werden seit 2019 nur noch mit der Sense gemäht – nun leben dort auch Feldhasen und vom Aussterben bedrohte Feldhamster. Die NGO Global 2000 zeichnete die Pionieroase als »Nationalpark Garten« aus.
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Senserei Fachgeschäft für »langsames Mähen« mit der Sense; Kurse, Beratung und Altsensenbegutachtung bei Voranmeldung. Sechshauser Straße 97, 1150 Wien senserei.at
nen Wiesenpflanzen auch wirklich Samen ausbilden, aussäen und weiterhin Nahrungsquelle und als Teil des Ökosystems Wiese auch Lebensraum für Insekten und andere Tiere sein. Selbst wenn in Hinterhöfen, Schulgärten oder Reihenhaussiedlungen nur wenige Quadratmeter wirklich Wiese sein dürfen, stellt sich naturgemäß die Frage, wie man diese Fläche mähen kann. Auch viele leistungsstarke Rasenmäher scheitern zudem am hohen Gras. Außerdem erübrigt sich bei Verwendung eines Rasenmähers ein Gutteil der kleinräumigen Biodiversitätsbemühungen gleich wieder. »Rasenmäher sind wahre Killermaschinen«, sagt Doris Fröhlich. »Egal ob elektrisch oder fossil angetrieben, mit seinem saugenden Rotationsmähwerk tötet ein Rasenmäher bis zu 70 Prozent der Bodenfauna.« Eine bayerische Metastudie über »Die Wirkung des Mähens auf die Fauna der Wiesen« (der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege) erhob 2014 teil-
weise sogar höhere Todesraten von bis zu 88 Prozent. Der Landwirtschaft empfehlen die Autoren Dennis van de Poel und Andreas Zehm deshalb eine Reduktion der jährlichen Wiesenschnitte und einen Umstieg von Rotationsmähern auf schneidende, möglichst breite Mähbalken (um auch durchs Befahren wenig Schaden mit breiten Reifen anzurichten). In Gärten ist der Einsatz solcher Gerätschaft freilich impraktikabel. Stefan Strobelberger von der Initiative »Natur im Garten« empfiehlt im Kleinen deshalb »als schonendste Mähmethoden für die Insekten und Tiere Handsense und Sichel«. Wer seltener mäht, schont also die Tierwelt – und spart neben Zeit auch eine andere wertvolle Ressource: Im Vergleich zu kurz getrimmten Rasenteppichen verbrauchen gewachsene Wiesen deutlich weniger Wasser. Gleich einem Urwald in Miniatur kühlen sie die Umgebung ab. So kommt der Wiederentdeckung der Wiesenlust auch eine unmittelbare Bedeutung beim lokalen Abschwächen von Hitzeextremen zu.
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Senserei: Georg Gasteiger und Doris Fröhlich reagieren mit ihrer »Senserei«, einem neu eröffneten Fachgeschäft für »Slow Mowing«, auf steigende Nachfrage und das wachsende Bewusstsein, dass Wiesen selten gemäht werden sollten, um darin lebende Arten zu schützen.
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»Die Sense ist das ideale UrbanGardening-Tool, um aus Kurzrasengärten lebendige Oasen der Vielfalt zu schaffen.« — Georg Gasteiger, Sensenmähmeister
einstigen WirtschaftsberaterInnen haben ergeben, dass allein im deutschsprachigen Raum um die sechs Millionen Benzinrasenmäher im Einsatz sein dürften. Einsparungspotenzial gibt es also genügend.
WICHTIG: DIE RICHTIGE SCHNEID
»Die Sense mag in der Landwirtschaft weitgehend ausgedient haben«, sagt Georg Gasteiger, aber »sie ist das ideale Urban-Gardening-Tool, um aus Kurzrasengärten lebendige Oasen der Vielfalt zu schaffen«.
SCHWITZEN FÜRS MIKROKLIMA Ideal für die Stadt ist die Sense auch, weil dort vor allem überschaubare Flächen zu mähen sind. Und nicht zuletzt, weil sie weder Lärm noch Abgase verursacht. Gemäht werden kann also auch an Wochenenden und Feiertagen. Hinzu kommt, dass Motormäher CO2 emittieren. »Es gibt Berechnungen, dass ein Benzinrasenmäher pro Stunde für zwei Kilogramm CO2 verantwortlich ist und ein Elektrorasenmäher für ein Kilogramm CO2«, sagt Doris Fröhlich. Das klinge nach wenig. Doch unter der Annahme, dass dort pro Saison annähernd zwanzig Mal gemäht wird, kommt sie auf bis zu 40 Kilogramm CO2 pro Gartensaison. Genaue Zahlen gibt es nicht. Grobe Recherchen der beiden
Auch Bedarf für Beratung zum richtigen Umgang mit einer Sense sollte es in nächster Zeit ausreichend geben. Welche Fragen Neulinge beschäftigen, weiß Georg Gasteiger aus seiner jahrelangen Kurserfahrung. Wie man richtig mäht, zeigt er am liebsten in der Praxis. Doch auch im Sensensimulator in der Sechshauser Straße lässt sich auf einem Juteteppich ausprobieren, wie es geht – und ob man gerade das richtige Werkzeug in Händen hält. Denn mit einer zu kurzen oder falsch eingestellten Sense ruiniert man sich schnell auch den Rücken. »Entscheidend sind die richtige Länge des Sensenbaums (also des Stiels der Sense, Anm.) und – weil wir alle unterschiedliche Arm- und Beinlängen haben – die richtige Einstellung des unteren und oberen Griffs«, weiß Gasteiger. Richtig gemäht werde relativ aufrecht. »Männer haben da einen gewissen Vorteil«, meint Fröhlich, »weil man am besten recht breitbeinig und affig dasteht und den Hintern rausstreckt.« Mit der standardisierten Ware aus dem Baumarkt stehe man beim Mähen fast immer schief, sagen beide. Auch alte Sensen sind selbst in gutem Zustand nicht immer geeignet. Meist liege das daran, dass die Menschen früher kleiner waren. »Ganz entscheidend ist aber die richtige Schneid«, sagt Gasteiger, »mit einem stumpfen Sensenblatt reißt man. Das ist ganz schlecht für den Rücken.« Das richtige Dengeln mit dem richtigen Wetzstein wird deshalb in jedem Kurs
Sensenverein Vernetzt (auch international) und veröffentlicht Broschüren, z. B. über »Die richtige Einstellung einer Sense«; unmittelbar im Berliner Umland bietet Stefan Bauer (erreichbar über den Verein) in Havelaue Sensenkurse an. sensenverein.at sensenverein.de
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unterrichtet. Gasteiger und Fröhlich überlegen, auch gemeinsam mit der Sensenschmiede Schröckenfux ein »Immer scharf«-Service anzubieten. Der Gedanke: Solch ein Abo könnte garantieren, dass das Sensenblatt – das in 25 aufwendigen Arbeitsschritten durch abwechselndes Schmieden, Abkühlen und Wiedererhitzen vom kompakten Voest-Stahl-Rohling zur messerscharfen Klinge ausgebreitet wurde – Jahr für Jahr im Idealzustand einsatzbereit ist. Und auch über »eine Art Wiesen-Parship« wird in der »Senserei« nachgedacht. Denn nicht immer sind diejenigen, die mit Leidenschaft die Sense schwingen, auch diejenigen, die eine artenreiche Wiese zu mähen haben. »Wir wollen der Slow-Mowing-Community beim Wachsen helfen«, sagt Mähmeister Gasteiger. »Wir werden diejenigen, die eine Wiese haben und diese, ohne selbst mähen zu wollen, in den Dienst der Biodiversität stellen möchten, mit denen zusammenbringen, die mähen wollen, selbst aber über keine Wiese verfügen.«
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UNTERWEGS IN DER U-BAHN Bleibt die Frage, wie man, auf den eigenen CO2 Footprint bedacht, eine Sense mit einem 60, 65 oder gar 80 Zentimeter langen Sensenblatt im besten Fall transportiert. Mit dem Bus, mit der U- oder Straßenbahn? Prinzipiell spreche da nichts dagegen, heißt es etwa aus der Rechtsabteilung der Wiener Linien: »Eine Sense darf transportiert werden, allerdings muss sie so verpackt sein, dass sich keine Fahrgäste daran verletzen können. Auch bei einer Notbremsung muss die Sicherheit gewährleistet sein.« Ähnliches gilt auch für die Berliner Verkehrsbetriebe. Der Transport sei grundsätzlich erlaubt, erklärt man in der BVG-Pressestelle. Die Sense müsse allerdings sicher verpackt sein – »so, dass sich auch bei einem Unfall oder einer Gefahrenbremsung niemand daran verletzen kann«. Auch in Roßleithen in Oberösterreich beschäftigt man sich dieser Tage mit Grundsätzlichem. Die Sensenschmiede Schröckenfux bereitet ein Imagevideo vor. Es soll helfen, einen jahrhundertealten Lehrberuf wieder attraktiv zu machen.
Impressum: Medieninhaber: Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien AG, F.-W.-Raiffeisen-Platz 1, 1020 Wien
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BROT
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BROTLAIB ALS SEELE TEXT Thomas Weber
MISCHBROT VOM STADTRAND
Klassisches Mischbrot, leicht roggenlastig, Sauerteig, enthält für die Luftigkeit aber auch Hefe. Gebacken von der Bäckerei Schrott, einem Vollkornpionier.
Markus Sandbichler ist Biobauer am Prentlhof in Favoriten (Ortsteil Oberlaa) und engagiert sich für den Erhalt der Stadtlandwirtschaft im südlichen Wien.
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ie Idee kam Markus Sandbichler beim Spazierengehen im ersten Pandemiewinter. Auf seinen Feldern betrachtete der Biobauer das frische Grün des Wintergetreides und, unweit dahinter, die Bauten und Baustellen der näher rückenden Stadt. Ihm war klar, dass er nur ein, zwei Äcker im Stadterweiterungsgebiet an eines der Bauunternehmen abtreten müsste, dann bräuchte er sich finanziell keine Gedanken mehr zu machen. Auch für nachfolgende Generationen wäre damit ausgesorgt. Doch dem 40-Jährigen, er wird demnächst zum ersten Mal Vater, ist es ein Anliegen, dass hier am südlichen Rand Wiens auch weiterhin Felder bestellt werden. Zwar ist es kein Nachteil, dass die U-Bahn heute fast bis auf seinen Prentlhof heranführt – etwa wenn Schulklassen vorbeischauen oder sich die Eier seiner Vorstadthühner so leichter im Automaten verkaufen lassen. Doch schon wenn sein Kind im Volksschulalter ist, vermutet er, wird, was heute noch ländlich anmutet, auch baulich Teil der Zweimillionenstadt Wien geworden sein. »Plötzlich war mir klar«, erinnert sich Markus Sandbichler, »dass es, wenn es hier in Oberlaa auch in Zukunft noch grün bleiben und Reste von Landwirtschaft geben soll, einfach an konkreten, angreifbaren Produkten fehlt.«
21 KILOMETER UM DEN KIRCHTURM
in ausgewählten Supermärkten das von Sandbichler erdachte »Oberlaaer Bauernbrot« zu kaufen gibt. Denn für sein »Herzensprojekt«, so Sandbichler, konnte er gemeinsam mit seiner Partnerin Katharina Mühlparzer den jungen Bäcker Samuel Schrott begeistern, dessen alteingesessene Wiener Backstube bereits die Biomärkte von Denn’s mit Gebäck beliefert, dann ein paar weitere Oberlaaer Biobauern – und schließlich Rewe. Die Handelsgruppe entschied sich, das »Oberlaaer Bauernbrot« in 20 ihrer Supermarktfilialen zu führen, vor allem an innerstädtischen Standorten von Billa plus. Geerntet, gebacken und verkauft wird das Bauernbrot im Umkreis von 21 Kilometern um die Kirche von Oberlaa. Sogar die Grafikerin, die das Logo gestaltete – es wird beim Backen mit drei Einschnitten für die Kruste in die Oberfläche gestempelt –, stammt aus Oberlaa. 300 bis 500 Laib Brot möchte man am Tag verkaufen, mit einem empfohlenen Verkaufspreis von knapp 6 Euro das Kilo. »Gehoben, aber angemessen«, nennt Bäcker Samuel Schrott den Preis für das roggenlastige Mischbrot. »Wir wollen kein Luxusprodukt machen«, sagt Biobauer Markus Sandbichler. »Jede und jeder soll die Landwirtschaft in Oberlaa mit einem fairen Preis unterstützen können.« Er selbst hofft, hier auch in Zukunft noch im Grünen flanieren zu können – auf Feldwegen.
Nun wächst auf seinen Äckern wieder Roggen. Und es wird kein Jahr vergangen sein, bis es
oberlaaer.at
BILD ANDRE A RÜHRNS CHOPF, PRENTLHOF
New in town
Wie das »Oberlaaer Bauernbrot« helfen soll, die Landwirtschaft im äußersten Süden Wiens zu erhalten.
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Ortsansässige BiolandwirtInnen liefern das Getreide für das »Oberlaaer Bauernbrot«, das Bewusstsein für den Wert regionaler Urproduktion schaffen soll. Vorne rechts im Bild: Katharina Mühlparzer, Mitentwicklerin des Projekts.
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Wie das »Märkische Landbrot« Berlin auch in Zukunft mit Brot allerhöchster Güte versorgen möchte – als von einer Stiftung betriebene Bäckerei.
Der Klassiker Das Bauernbrot im Kilolaib ist der Klassiker vom »Märkischen Landbrot«: 80% Vollkorn, Sauerteig – das entspricht der Berliner Tradition.
Joachim Weckmann Bis 2021 Alleineigentümer. Das Nachfolgeproblem löste der 68-Jährige, indem er die Demeter-Bäckerei in eine gemeinnützige Stiftung einbrachte.
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it 68 Jahren hat Joachim Weckmann – durchaus spät, aber doch – geregelt, wie es mit seinem Lebenswerk weitergehen soll. Im Herbst hat er den Bäckereibetrieb in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht. »Die Gewinne sollen nicht privatisiert werden können«, erklärt er. »Außerdem können so Demokratisierungsprinzipien innerhalb der MitarbeiterInnenschaft umgesetzt werden.« Er selbst ist im Vorstand, vorerst für drei Jahre. Der Stiftungsrat besteht aus vier MitarbeiterInnen und – das ist dem Unternehmer wichtig – einem Biobauern aus Brandenburg. Denn das »Märkische Landbrot« steht seit jeher auch für die wechselseitige Abhängigkeit von Stadt und Umland. Eigentlich gibt es die Bäckerei seit 1930. Aus Neukölln, damals noch ländlich geprägt, lieferte man Spezialitäten in die Stadt. Als Weckmann sie 1981 übernimmt, ist sie fast kaputt, beschäftigt bloß noch eineinhalb Angestellte. Seither hat er sie zum Parade-Ökobetrieb mit mittlerweile 90 MitarbeiterInnen umgebaut. Das Getreide stammt größtenteils aus der Mark Brandenburg. Irgendwann – 1986, schätzt Weckmann – habe man auch einmal Getreide direkt aus Lübars gehabt. Heute mache der Anbau in Berlin aber keinen Sinn mehr. »Die Landwirtschaft soll auf dem Land stattfinden«, sagt er, »die Stadt ist schließlich die Stadt.« Mehr als 2000 Tonnen Getreide verarbeitet er jährlich. Die Böden in Brandenburg sind sandig, das kontinentale Klima trocken. »Um
FAIRNESS UND DIE RICHTIGEN GETREIDESORTEN Joachim Weckmann weiß genau, wie seine PartnerInnen wirtschaften. Nicht nur weil er, seit es eine Zertifizierung gibt, ausschließlich Bio kauft. Seit es in Brandenburg offiziell biodynamische Landwirtschaft gibt, verarbeitet seine Bäckerei zu 100% Demeter-Getreide (»seit der ersten Ernte nach der Wende 1992«). Er weiß es auch, weil er sich nicht als Käufer x-beliebiger Ware sieht: »Wir verhandeln nicht, sondern die Bäuerinnen und Bauern sagen, was sie brauchen – und das ist das, was wir bezahlen.« Dafür nimmt der Bäcker seine KonsumentInnen in die Pflicht. Für jede der 36 Brotsorten hat er den CO2-Footprint berechnen lassen. »Viele KonsumentInnen jammern, dass sie selbst nichts tun können«, sagt Weckmann. Er kommuniziert deshalb offensiv, dass nur die Hälfte aller CO2-Emissionen eines Brotlaibs zwischen Acker und Verkaufstheke frei wird, denn die andere, erklärt Weckmann, »haben die KonsumentInnen selbst in der Hand: je nachdem, ob sie zu Fuß oder mit dem Auto zum Einkaufen kommen, ob sie das Brot lose verpackt kaufen, toasten oder einfrieren«. landbrot.de
BIL D MÄRK ISCHES LANDBROT
STIFTUNG FÜR BROT
da auf brauchbare Erträge pro Hektar zu kommen, ist viel Fläche nötig, das würde gar nicht in die Stadt passen.« Als größten Lieferanten nennt Weckmann das bekannte Ökodorf Brodowin mit seinen 2500 Hektar.
Genauer gesagt, die Anzeige eines Kunststoff- und Schaumstoffkonzerns. Moment! Macht das Sinn? Die Anzeige eines Kunststoff- und Schaumstoffkonzerns in BIORAMA, dem Magazin für nachhaltigen Lebensstil? Entscheiden Sie selbst. Wann waren Sie zuletzt Corona-Testen? Erst kürzlich? Gut möglich, dass dabei Test-Equipment aus Kunststoff von Greiner verwendet wurde. Wann sind Sie zuletzt mit Bus oder Zug gefahren? Erst heute? Vielleicht sind Sie auf einem Sitz mit Schaumstoff-Polsterung von Greiner gesessen. Und wann haben Sie zuletzt Joghurt gegessen? Diese Woche? Die Chancen stehen gut, dass es in einem Becher von Greiner verpackt war. Sie denken jetzt: Na gut, das heißt noch lange nicht, dass Kunststoff nachhaltig und unproblematisch ist. Sie haben recht! Kunststoffe und Schaumstoffe stehen zu Recht in der Kritik. Sie sind jedoch nicht per se gut oder schlecht. Selbst wir sind überzeugt: Kunststoffe sollten nur dort eingesetzt werden, wo es keine klima-
freundlicheren und besser geeigneten Alternativen gibt. Und in vielen Fällen gibt es diese eben nicht. Darum gilt: Kunststoffe und Schaumstoffe so nachhaltig wie nur möglich zu produzieren und zu konsumieren. Ganz konkret heißt das: Wir müssen Kreisläufe schließen und jeglichen Kunststoff und Schaumstoff recyclen und wiederverwerten. Heute sind wir von diesem Ziel noch weit entfernt – das geben wir offen und ehrlich zu. Daher haben wir uns bei Greiner zum Ziel gesetzt, bis 2030 völlig im Kreislauf zu wirtschaften. Rund 11.500 Mitarbeiter*innen weltweit arbeiten genau an diesem Ziel. Sie, liebe Leser*innen, konsumieren bewusst und nachhaltig. Wir arbeiten an der Kreislaufwirtschaft von morgen. Setzen wir uns gemeinsam für Veränderung ein.
»WER, WENN NICHT WIR?« So lautet der Titel des Greiner Nachhaltigkeitsberichts 2020. Erfahren Sie, wo wir auf unserem Weg hin zu einem nachhaltigen Unternehmen stehen.
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DER GREINER AG
Das ist die Anzeige eines Kunststoffkonzerns
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KO CH B U CH E M P F EH L U N G
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STREET FOOD FÜR ZUHAUSE
REZEPTE AUS:
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imone und Adi Raihmann haben 2020 ihr erstes Kochbuch »Karma Food« herausgegeben und 2021 ist mit »Karma Food Currys« das zweite nicht weniger bunte, sympathische und hervorragend nachkochbare gefolgt. Nebenbei schließen die Texte von Caroline Bushra von der Goltz dort an, wo Sarah Krobaths Erzählungen aufgehört haben: Mit den Food-Fotografien von Vanessa Maas und
NAAN-BROT (INDISCHES FLADENBROT) ZUTATEN FÜR 4 PERSONEN • 250 g Weizenmehl, Type 550 plus Mehl zum Arbeiten • 1/8 TL Backpulver • 1/8 TL Natron
• 1/2 TL Salz • 50 ml Milch • 30 g Butter • 70 g Joghurt • Ghee zum Bestreichen
ZUBEREITUNG: »KARMA FOOD. Ayurvedisch – Vegetarisch – Vegan«, Brandstätter, 2020.
dem mutmaßlichen Familienarchiv wird die Entstehungsgeschichte von inzwischen 7 Wiener »Karma Food«-Gastronomiestandorten in nicht einmal 8 Jahren erzählt. Alle Curry-Rezepte sind »mindestens« vegetarisch, manche vegan. Hier gibt’s zwei Rezepte für Basic Street Food aus dem ersten Buch – Naan pur und gefüllt. Ayurvedisch. Praktisch. Gut.
Naan passt einfach immer und steht auch zu Hause superschnell auf dem Tisch – ganz ohne Tandur-Ofen, versprochen! Mehl mit allen trockenen Zutaten in eine Schüssel geben. Milch, Butter und Joghurt mischen und in die Mehl-
mischung einrühren. Die Masse mit den Händen zu einem geschmeidigen, glatten Teig verkneten (falls die Masse noch etwas zu klebrig ist, einfach etwas Mehl hinzufügen). Teig 30 Minuten abgedeckt bei Zimmertemperatur ruhen lassen. Auf einer bemehlten Arbeitsfläche noch einmal durchkneten. Teig in 4 etwa golfballgroße Bällchen teilen, mit einem Nudelholz zu ca. 5 mm dünnen, ovalen Fladen ausrollen. Eine Pfanne aus Gusseisen oder eine beschichtete Pfanne ohne Fett erhitzen. Fladen auf beiden Seiten bei mittlerer Hitze einzeln goldbraun braten (wenn die Fladen Bläschen bilden und Farbe annehmen, wenden). Naan-Brote mit etwas Ghee bestreichen und warm servieren.
B ILD VANES SA MAAS / BRANDSTÄTTE R VE RLAG
TEXT Irina Zelewitz
Traditionsreiche Wiener Küche.
GEBRATENES PANEER-NAAN
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ZUTATEN FÜR 4 PERSONEN • 1 rote Zwiebel • 1 Chili • 50 g Weißkohl • 2 Tomaten • 100 g Joghurt • Saft von 1 Limette • 50 g frische Minze
• 1 TL Knoblauch-Ingwer-Paste • 2 EL Ghee oder Öl • 1/2 TL Kurkuma • 1 TL Garam Masala • 20 g grüner Koriander • Ghee zum Bestreichen
ZUBEREITUNG:
PANEER (INDISCHER FRISCHKÄSE) ZUTATEN FÜR 4 PERSONEN • 1 l Vollmilch • Saft von 2 Zitronen • 50 ml Wasser
ZUBEREITUNG: Die Milch bei mittlerer Hitze zum Kochen bringen. Sobald sie zu köcheln beginnt, vom Herd nehmen. Nach und nach mit einem Löffel den Zitronensaft vorsichtig einrühren, bis die Milch gerinnt. Den Frischkäse, der an der Oberfläche schwimmt, herausschöpfen und in einem Käsetuch oder feinem Baumwolltuch platzieren. Kurz mit kaltem Wasser abschrecken, um den Säuregeschmack der Zitrone zu neutralisieren. Die überschüssige Flüssigkeit so weit wie möglich aus dem Käse herauspressen, am besten für 1 Stunde aufhängen und abtropfen lassen. Frischkäse im Käsetuch auf eine glatte Oberfläche legen, flachdrücken und mit einem Gegenstand beschweren, damit er in Form kommt. Anschließend 1–2 Stunden im Käsetuch im Kühlschrank ruhen lassen, dann nach Belieben in Stücke schneiden und weiterverarbeiten.
Naan-Brote und Paneer zubereiten wie beschrieben. Für das Topping Zwiebel in Ringe schneiden, Chili fein hacken und Weißkohl klein schneiden. Tomaten in 12 gleichmäßige Scheiben schneiden. Für die Sauce Joghurt und Limettensaft in eine Schüssel geben. Minze fein hacken und zusammen mit der Knoblauch-Ingwer-Paste hinzufügen. 1/2 TL Salz und die Hälfte der gehackten Chilischote dazugeben. Paneer in etwa 2 cm große Scheiben schneiden und Ghee oder Öl in einer Pfanne erhitzen. Die Paneerscheiben bei mittlerer Hitze von beiden Seiten für jeweils 1 Minute anbraten. 1/2 TL Salz, Kurkuma sowie die andere Hälfte der gehackten Chilischote und Garam Masala dazugeben und in der Pfanne gut durchmischen. Paneer aus der Pfanne nehmen. Naan-Brote auf einer Seite mit Sauce bestreichen und mit je 3 Scheiben Tomate, 2 Zwiebelringen und einem Viertel des geschnittenen Weißkohls belegen. Paneerkäse darauflegen und die Naan-Brote umklappen. Vor dem Servieren mit etwas frischem Koriander bestreuen.
»KARMA FOOD CURRYS. Vegetarisch – Vegan«, Brandstätter, 2021.
B IO R A M A W I E N -BE RL I N
KO CH B U CH E M P F EH L U N G
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JAHRESZEITLOS VEGAN BACKEN Veganes Backen kann, muss aber nicht als Raketenwissenschaft betrieben werden.
REZEPTE AUS:
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in Jahr hat »Vegan Backen von A bis Z« erst auf dem Buckel und hat sich irgendwie schon als eines der Standardwerke zum Thema etabliert. Die Fernsehköchin Stina Spiegelberg liefert in ihrem achten Kochbuch nach Warenkunde und Einkaufsratgeber sowohl die unkomplizierten Veganvarianten der Backklassiker, aber auch Anleitungen für Patis-
MANDELHÖRNCHEN – MANDELLIEBE WAR NOCH NIE SO ZART ERGIBT 10 HÖRNCHEN ZUBEREITUNG
BACKZEIT
60 Minuten
15 Minuten
ZUTATEN
» VEGAN BACKEN« v on Stina Spiegelberg, Ventil, 2020
• 125 g Mandeln, blanchiert • 80 g Puderzucker aus Rohrzucker • 120 g Mandelmus, weiß • 3 EL Haferdrink oder anderen Pflanzendrink
• 2 Tropfen Bittermandelöl • 1 EL Tapiokastärke • 1 Prise Zimt • 2 EL Mandelblättchen • 80 g Zartbitterkuvertüre oder Schokoladenglasur
ZUBEREITUNG: Die Mandeln mit dem Puderzucker in den Food Processor geben und zu Staub zerkleinern. Mandelmus, 2 EL Hafer-
serie mit überschaubarem Aufwand. KönnerInnen mag das ganze mitunter zu einfach sein und Notlösungsvorschläge wie Frittiertes zu halbieren und dann nachbacken eine Beleidigung, den Redaktiongeschmackstest haben die Berliner (klassisch österreichisch als »Krapfen« in einer Variante mit Marillenmarmelade ausprobiert) jedenfalls bestanden.
drink, Bittermandelöl, Tapiokastärke sowie Zimt zugeben und zu einer weichen Masse verarbeiten. Den Backofen auf 180 °C Ober-/Unterhitze vorheizen. Aus der Mandelmasse 10 Hörnchen formen und mit ausreichend Abstand auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen. Mit etwas Haferdrink bestreichen und mit Mandelblättchen bestreuen. 12–15 Minuten goldgelb backen, dann abkühlen lassen. Die Kuvertüre hacken und temperieren, oder die Schokoladenglasur schonend erwärmen. Die Hörnchen nun beidseitig mit Kuvertüre versehen. Vollständig abgekühlt lassen sie sich gut in einer Glasdose aufbewahren und sind bis zu zwei Wochen haltbar.
TIPP: Wenn du keinen Food Processor hast, kannst du anstelle von Mandeln, Puderzucker, Mandelmus und 2 EL Haferdrink auch 300 g Marzipanrohmasse verwenden.
B ILD STI NA S PIE GEL BERG
TEXT Irina Zelewitz
BERLINER – ENDLICH SELBST GEMACHT ERGIBT 12 STÜCK ZUBEREITUNG
GEHZEIT:
60 Minuten
8–12 Stunden
ZUTATEN • 500 g Weizenmehl Type 550 • oder Dinkelmehl Type 630 • 75 g Zucker • 1 Msp. Vanille, gemahlen • 1 gestr. TL Salz • 8 g frische Hefe • 300 ml Haferdrink oder
anderen Pflanzendrink • 80 g Pflanzenmargarine, weich • 1,5 Liter hocherhitzbares • Pflanzenöl • (z. B. Sonnenblumen-, • Raps- oder • Brat- & Backöl) • 150 g rote Marmelade • Puderzucker
ZUBEREITUNG: Mehl, Zucker, gemahlene Vanille und Salz in eine Rührschüssel geben. Brösel nun die Hefe an eine andere Stelle als das Salz, sie sollten sich nicht berühren. Haferdrink zugeben und auf niedrigster Stufe mit der Küchenmaschine 5 Minuten mischen. Lass dem Teig Zeit, es macht anfangs den Eindruck, als würden sich nicht alle Zutaten geschmeidig verbinden. Stelle dann die Maschine auf eine mittlere Stufe und lasse sie weitere 8 Minuten kneten. Dann die Margarine zugeben und den Teig solange weiterverarbeiten, bis er wieder geschmeidig ist. Das kann –4 Minuten dauern. Den Teig zugedeckt im Kühlschrank 8–12 Stunden gehen lassen. Tags darauf den Teig auf einer leicht bemehlten Arbeitsfläche zu 12 runden Teiglingen formen. Achte dabei darauf, dass deren Oberfläche glatt ist. Zugedeckt eine Stunde gehen lassen. In einem großen Topf das Öl auf 175 °C erhitzen. Kontrolliere die Temperatur mit einem Küchenthermometer. Nimm dir dafür im Voraus etwas Zeit, es dauert meist bis sich die korrekte Temperatur eingependelt hat. Ist das Fett zu heiß, verbrennen dir die Berliner, bevor sie innen durchgebacken sind. Ist das Fett zu kalt, saugen sie sich mit Öl voll. Die Teiglinge nun nacheinander (oder so viele bei dir gleichzeitig in den Topf passen) 2–3 Minuten von jeder Seite frittieren. Auf etwas Küchenpapier abtropfen lassen. Dann mit Marmelade füllen und mit Puderzucker bestreuen.
TIPP: Wenn du Dinkelmehl verwendest, kürze die Misch- und Knetzeiten auf die Hälfte! Troubleshooting: Wenn du feststellen solltest, dass dein Fett zu heiß war und deine Berliner innen nicht durch sind,kannst du sie längs halbieren und bei 200 °C Ober-/Unterhitze 10–15 Minuten backen.
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ORF RADIOKULTURHAUS DIE HIGHLIGHTS IM FEBRUAR 2022 23.
MONTAG
Winterreise
MITTWOCH
Attwenger "drum"
Mit neuem Album im Gepäck beweisen Attwenger einmal mehr, dass sie die "unnachahmlichste Band zwischen Linz und Übersee" sind. Video-Livestream > Großer Sendesaal – 19:30 Uhr – Eintritt: EUR 22,–*
© Ingo Pertramer
Eine idiosynkratische Coverversion des Meisterwerks von Franz Schubert. Mit Oliver Welter und Clara Frühstück > Großer Sendesaal – 19:30 Uhr – Eintritt: EUR 22,–*
© Hupfauer/Wimmer
14.
Clara Luzia Clara Frühstück und Oliver Welter
Attwenger
18.
28.
FREITAG
Keine Panik. Das interaktive Talk-Experiment
Die Musicbanda Franui ehrt gemeinsam mit dem Puppenspieler Nikolaus Habjan Georg Kreisler zu seinem 100. Geburtstag – mit Puppen, Gesang und bitterbösen Texten. > Großer Sendesaal – 19:30 Uhr – Eintritt: EUR 37,–*
Mireille Ngosso
© Theresa-Pewal
© Minitta Kandlbauer
Kristin Gruber trifft diesmal auf die Politikerin, Aktivistin und Ärztin Mireille Ngosso. Video-Livestream > KlangTheater – 19:30 Uhr – Eintritt: EUR 10,–*
MONTAG
On stage: Franui & Nikolaus Habjan
Franui & Nikolaus Habjan
ORF RadioKulturhaus Video-Livestream Der Große Sendesaal bei Ihnen zu Hause!
Erleben Sie ausgewählte Veranstaltungshighlights live auf Ihrem Computer, Smartphone, Tablet oder TV-Gerät. Unsere Video-Livestreams stellen wir für Sie auf radiokulturhaus.ORF.at bereit.
ORF. WIE WIR.
* Mit ORF RadioKulturhaus-Karte 50% Ermäßigung – Information und Bestellung: radiokulturhaus.ORF.at/karte
ORF RadioKulturhaus, Argentinierstraße 30a, 1040 Wien Kartenbüro: (01) 501 70-377 – Weitere Informationen und Online-Tickets finden Sie auf:
radiokulturhaus.ORF.at
BIO R A M A WI E N -BE RL I N
G IN AU S B E R L IN
KALTER KLARER GIN
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TEXT Martin Mühl
In den vergangenen Jahren nehmen sich Berliner Unternehmen auf durchaus unterschiedliche Weise des Themas Biogin an. Von experimentierfreudig bis pur.
A
uch wenn das große Interesse an Gin nachlässt: Gebracht hat es jedenfalls Vielfalt. Und mehr Biogin. Und während manche ausgefallene Sorten abseits des Kanons begrüßen, kämpfen andere sogar gegen die »Verwässerung« durch Gurke im Gin Tonic.
BILD ISTOCK.CO M/DE NPO TIS EV, G ROTE SPIRIT S, ABYME
JENSEITS DER REINEN LEHRE Spreewaldgurken sind eine geschützte Bezeichnung für eingelegte Gurken aus der Region in Brandenburg südöstlich von Berlin. Dieses Gebiet ist seit 1990 großteils dem gleichnamigen Biosphärenreservat zuzurechnen. Und auch wenn die Spreewaldgurken schon im 19. Jahrhundert ein Begriff waren, so haben sie heute doch vor allem auch deswegen Bedeutung, weil sie eines der ehemals ostdeutschen Produkte sind, die nach dem Ende der Teilung Deutschlands immer noch bekannt sind. Grote Spirits aus Berlin überspringt eine mögliche Diskussion um den Sinn von Gurke im Gin Tonic und destilliert seinen Spree Gin aus Spreewaldgurken. Insgesamt sechs Bio-Spirits hat das Berliner Unternehmen, das 2010 gegründet wurde, im Sortiment – dabei wird sowohl der Vater von Mitgründer Gabriel Grote, der als Apotheker mit Kräuterlikören experimentierte, geehrt wie auch versucht, aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen. Der Spree Gin erhält durch Biokräuter – Bio Botanicals –, Lavendelblüten, Pomeranzenschale und Süßholzwurzel seinen
Geschmack. Dieser ist durchaus gintypisch, klar, hat Schnapsschärfe und ordentlich Wacholder. Ebenfalls von Grote gibt es den Spree Gin Rhubarb Melon, dessen Entwicklung per Crowdfunding auf Startnext finanziert wurde. Ebenfalls aus Berlin kommt der »Rhizom Gin« von Abyme, ein Weizendestillat mit Wacholder, Zitruszesten und Ingwer. Dieser ist auch trocken, lässt aber sowohl in der Nase als auch am Gaumen mehr Frucht erkennen und ist weniger geradlinig. So wie das sich verzweigende namensgebende Rhizom, für das in den Augen der Macher auch die Ingwerwurzel mit ihren Wachstumswegen steht. Die Flasche ist geradezu altbacken klassisch gestaltet, mit dem reduzierten Etikett aber absolut gelungen. Das alles passt zum Selbstbild von Abyme, dem Bemühen um das Wahrnehmen einer auch sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung und der Nähe zu Kunst und Kultur. Gerade dort kann man sich den »Abyme Vodka« besonders gut vorstellen – ausgesucht sanft, weich am Gaumen und warm trinkbar in Partyküchen und Clubs genauso wie in Werkstätten und Galerien. Wie immer beim Gin Tonic ist das Tonic ebenso entscheidend wie der Gin und ein fruchtbetontes Tonic wie das »Bitter Fog«-Biotonic aus dem Hause Pona ergänzt den Gin komplett anders als das klassischere »Tyrol Tonic« der Drinkfabrik. Klar ist der Gin Tonic dann nicht mehr in jedem Fall.
Spree Gin Selbstgewähltes Motto: »Ohne Gurken macht das Leben keinen Gin.« spree-gin.de
Rhizom Gin Selbstgewähltes Motto: »Rhizome – wie unser Ingwer – wachsen unterirdisch und wild in alle Richtungen. An Bruchstellen gedeihen frische Triebe zu neuen Verzweigungen.« abyme.de
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AU S DE M VER L AG
UND SONST SO, IM BIORAMAUNIVERSUM ... KOOPERATION
AUDIO
Podcast-Reihe Stadtlandwirtschaft in Wien Knapp 700 bäuerliche Betriebe gibt es noch auf Wiener Stadtgebiet. Doch nicht nur in Stadterweiterungsgebieten wächst mit der Bevölkerung auch der Druck auf landwirtschaftlich genutzte Flächen. Die von BIORAMA für die Stadt Wien konzipierte und gestaltete Podcast-Reihe zum Thema Landwirtschaft und Großstadt umfasst 5 Folgen. Sie führt auf den »Zukunftshof« in Favoriten, zum Bioheurigen in Stammersdorf, besucht die Aquaponikanlage von Bluen oder, in der Folge zum Thema Vertical Farming, die Pilzfarm von Hut & Stiel. Die letzte Folge widmet sich dem Thema Wildtiermanagement und Jagd im Stadtgebiet. Die Podcast-Reihe zeigt die enorme Bandbreite der Wiener Stadtlandwirtschaft und lässt AkteurInnen erklären, warum es wichtig ist, dass diese auch weiterhin Bestand hat – und welche Rolle Direktvermarktung dabei spielt. Zu finden überall, wo es Podcasts gibt (Absender: Stadt Wien), und unter buzzsprout.com/1162916
6 AUSGABEN
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KOOPERATION
SCHRÖDINGERS KATZE
Biorama betreut und schreibt den Wissenschaftsblog der Österreichischen Universitätenkonferenz. Was werden Burger aus In-vitro-Fleisch kosten? Wie kommunizieren Piranhas? Und sorgt die Einnahme von Psychopharmaka dafür, dass uns die Gefühle von anderen weniger kümmern? Diese und viele weitere Fragen bewegen Schrödingers Katze dazu, an den österreichischen Universitäten nach Antworten zu suchen. Biorama fragt bei den ForscherInnen an östereichischen Universitäten nach und schreibt über deren Studien zugänglich und alltagsnah auf schroedingerskatze.at
Annwaegs unter Mit
in den ten Kindergar
BÜCHLEIN FÜR KINDERGARTENKINDER Beliebtes Kinderbuch neu und in weiteren Sprachen aufgelegt 2016 konzipierte Monopol, der Schwesterverlag von biorama, für die Wiener Mobilitätsagentur »Mit Anna unterwegs in den Kindergarten«. Darin begleiten wir die Laufrad fahrende Anna und ihren zu Fuß gehenden Papa durch die Stadt. Nun wurde das Büchlein auf Deutsch und auf Türkisch neu aufgelegt. Erstmals erschienen außerdem Versionen auf Arabisch und in b/k/s. Das Buch wurde von Artur Bodenstein illustriert und kann kostenlos über die Mobilitätsagentur Wien bezogen werden.
BILDER CHRISTOPH ADAMEK
B IO R A M A W I E N -BE RL I N
POLITIK MIT DIR!
Peter Kraus Judith Pühringer
Parteivorsitzender
Parteivorsitzende
M A S N I E M E G N E I W N E T L A T GES
dtlebens ta S n e v ti k ra Idee eines att machen. n e n rü G r e d s m Wir wollen au starkes Grundsatzprogram ein machen. IR D it m s a d n Und wir wolle pert:in. x E , n :i d n u re F ls Nachbar:in, terte Wiener:in, a u d t is b s a d DU, e und begeis ähler:in. rt ie s s re te in ls A oder Nichtw als Wähler:in Sei dabei!
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Du kaufst ein Abo. Wir geben dir Gründe. 1. Zum Mitreden. Dein Friseur fragt dich, ob du pro oder contra Gentechnik in der Landwirtschaft bist, und du hast keine Ahnung? Deine Eltern wollen wissen, warum du so viel Geld für ein gebrauchtes Fahrrad ausgibst wie sie damals für ihr erstes Auto? Du möchtest eine Freundin überzeugen, dass FairtradeProdukte mehr als gutes Marketing sind? Bei uns findest du die Argumente und Hintergrundinformationen, die dich so überzeugend machen, wie du immer schon sein wolltest. 2. Weil dich unbequeme Gedanken quälen. Du bist nicht allein! Auch wir ärgern uns über achtlose Mitmenschen, Umweltzerstörung, Ignoranz und Probleme, auf die wir noch keine Antwort kennen. Wir übernehmen den anstrengenden Teil für dich: hören uns um, fragen nach, recherchieren Antworten und Lösungen und fürchten uns nicht vor Widersprüchen.
3. Weil du anders bist. Wir sind es auch! Wir sind beim Thema bio nicht nur an Skandalen interessiert, sondern am größeren Ganzen. Nachhaltigkeit hört nicht bei Biohumus und Upcycling auf und ist für uns kein Themenbereich, sondern Anspruch und Perspektive auf alle Lebensbereiche. 4. Weil dein Alltag sehr kompliziert ist. Wir zeigen dir, wie du deine Essensreste geruchsfrei in der Wohnung kompostierst, wie du dein Fahrrad diebstahlssicher verstaust oder wie du günstig und mit kleinem Fußabdruck um die Welt reist. Kurz: Bei uns wird dir geholfen! 5. Weil du keine Ausgabe verpassen willst! Niemand möchte sich einen Zeitschriftensammler vorstellen, in dem auf die BIORAMA-Ausgabe 67 die BIORAMA-Ausgabe 69 folgt. 6 Au
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