kahnpost 23 | Oktober 2015

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SPREEWALD IM HERBST 2015 7 . Jahrgang - NR. 3 / 2015


F o to grafien der K端nstlerin Franziska S t端nkel S epte mber 2 0 1 5 Bleiche Resort & S pa


EDITORIAL Langsam dämmert es mir - so heißt eine Redensart, die meint: ich komme dahinter, ich erkenne. Vielleicht geht es auch Ihnen so, wenn Sie sich mit uns im Rahmen unserer diesjährigen, vierteiligen Kahnpostreihe dem Prinzip des Wabi-Sabi nähern. Mit dieser dritten Ausgabe wollen wir eine Art Experiment wagen, indem sich Wort und Bild auf eine besondere Weise begegnen, sich gegenseitig inspirieren und reflektieren, erkennen, was einem sonst vielleicht verborgen bleibt. Während sich der Spreewald-Literatur-Stipendiat Sebastian Orlac diesmal mit dem Begriff dämmern aus poetischer Sicht beschäftigt und ihn von verschiedenen Aspekten heraus betrachtet, zeigt Franziska Stünkel, Fotokünstlerin und Kuratorin des SpreewaldLiteratur-Stipendiums, dass es „einem dämmert“, wenn das äußerlich Objektive in einem lichten Moment erst durch die innerlich-subjektive Wahrnehmung Deutungshorizonte eröffnet, die sonst im Unterbewussten verborgen bleiben. Franziska Stünkel erspürt dabei mit der Kamera reale Spiegelungen, die den Moment in geradezu poetischer Weise in mehrschichtigen Dimensionen ko-existieren läßt. Ihre Fotografien sind dabei nicht nachbearbeitet und spiegeln im wahrsten Sinne des Wortes die reine Wirklichkeit, die, ganz Wabi-Sabi, im Moment des Entstehens bereits Vergangenheit ist und ihre Spuren hinterlässt. Das Licht im Wimpernschlag einer Sekunde, vervielfältigt durch zufällige Spiegelungen ohne Spiegel lassen uns Bilder erkennen: alles ist, wie es ist, und nichts ist, wie es scheint. So spiegeln sich Worte und Bilder dieser Kahnpost gegenseitig und eröffnen uns Wahrnehmungsräume, die uns unsere eigene Mehrdimensionalität bewusst werden lassen und der Phantasie freien Lauf lassen. Herzliche Grüße

Ihre Christine und Heinrich Michael Clausing Burg im Spreewald im Herbst 2015



DRItTER teil:

vom DÄMMERN von sebastian Orlac (Text) UND FRANZIKA STÜNKEL (FOTOS)

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Ein großer Sommer geht zu Ende. In der Wohnung staut sich noch die Hitze. Zwischen den Fenster liegen ein paar matte Fliegen. Im Park ziehen dicke Nebelschwaden auf, als wollte der Himmel Vorräte sammeln für lange Regentage im November. Noch ist es nicht so weit. Die Sonne steht tief. Meine Tochter singt auf dem Fahrradsitz: „Der Herbst ist da. Er bringt uns Wein. Heihussassa.“ Für mich bringt der Herbst vor allem Arbeit. Ein Drehbuch muss geschrieben werden. Im nächsten Sommer soll es verfilmt werden. Erholt von den Ferien, bin ich gut voran gekommen. Nun stocke ich im zweiten Drittel. Bei fast jedem Drehbuch ist das der schwierigste Teil. Der Held der Geschichte hat sich auf eine Reise begeben, sich einer Herausforderung gestellt, doch nun ist er von seinem Ziel weiter denn je entfernt. Er muss eine letzte Hürde nehmen, um sein Schicksal zu wenden. Bei Aristoteles ist das die „crisis“, in der gängigen Dramaturgie heutiger Filme spricht man vom „all is lost-Moment.“ Oft bedarf es nur einen Satz, ein Wort oder einer Geste, um den Helden seinen neuen Weg einschlagen zu lassen. Doch den zu finden, ist nicht leicht. Ein Arbeitstag vergeht. Draußen dämmert es, jedoch nicht bei mir. Die Müdigkeit des Nachmittags legt sich wie eine Dunstglocke über mich. Wie soll man da einen klaren Gedanken fassen? Dunst leitet sich vom althochdeutschen tunist her, Sturm, Staubwolke. Ein sprachlich naher Verwandter ist das

DÖSEN Im Englischen kann man es noch deutlicher mit dust und dizzy erkennen und findet es wieder im Norddeutschen düsig. Anstatt umdunstet vorm Bildschirm zu sitzen, sollte ich mich besser einrollen und dösen wie ein Hund.

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Inemuri nennt man in Japan die Form des Zwischenschlafs. Der Begriff setzt sich zusammen aus i[ru] (居[る] „anwesend sein“ und nemuri (眠り) „Schlaf“. Im Büro, auf Konferenzen oder in der U-Bahn ist es durchaus üblich zu dösen, jedoch nur so flach, dass man seine Umwelt gerade noch registrieren kann. In Nordeuropa ist der öffentliche Schlaf hingegen Zeichen großer Erschöpfung oder gar Verwahrlosung. Kinder dürfen Mittagschlaf halten, Alte, Kranke oder Haustiere. Ein Nickerchen während der Arbeitszeit bleibt verpönt. Da können auch zahlreiche medizinische Studien und die Einführung von Begriffen wie Superschlaf oder power napping nichts ändern. Mag sein, dass unser Arbeitsethos verhindert, dass wir uns mal für eine halbe Stunde treiben lassen. Aber ist Schlaf nicht auch Privatsache? Das Hinübergleiten von der vernünftigen in die unvernünftige Welt ein intimer Vorgang, den man nicht unbedingt mit Kollegen teilen will? Wir sind in dieser Reihe schon häufig darauf gestoßen, dass in einer nach Wachstum orientierten Gesellschaft auch die Momente des Innehaltens marktwirtschaftlich vereinnahmt werden. Unternehmen bieten Schlafschulen an und richten eigens Schlaf- und Ruhezonen ein. Es zeugt vielleicht von einem sympathischen Widerstandswillen, dass Mitarbeiter solche Angebote kaum annehmen. Mein Schlaf gehört mir. Aber sollte man sich nicht trotzdem mal treiben lassen, anstatt vom Arbeitsleben getrieben zu werden?

TREIBEN Man mag auch bei diesem Wort an Wachstum denken. Die jungen Triebe von Bäumen und Wein. Oder man hat eine Herde vor Augen, eingekreist von einem treibenden Hirtenhund. Der Ursprung des Begriffs ist nicht genau geklärt. Im Althochdeutschen heißt es triban mit ähnlicher Bedeutung. Eine entfernte Verwandtschaft findet sich mit dem litauischen driban, was so viel heißt wie, in Schneeflocken treiben und zerfallen. Wie das Dösen mit Dunst hat womöglich auch das Treiben seinen Ursprung in einer atmosphärischen Beschreibung. Unser Treiben ist das einer Flocke im Schneesturm. Ob wir darin getrieben werden oder uns treiben lassen, bleibt eine Frage der Perspektive.

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Wer sich treiben lässt, löst die Leinen. Und wer sich versenkt, um ins Dösen hinüberzugleiten, muss sich lösen von der ihn umgebenden Welt. Wir

LÖSEN die Leinen, um alleine zu sein. Wer schläft, ist einsam. Kaum ein Begriff mag der sozial vernetzten Welt mehr entgegenstehen als die Einsamkeit. Zwar werben Reiseveranstalter mit einsamen Stränden, kaum aber mit dem Hintergedanken, sie einsam zu belassen. Zu vereinsamen ist für uns eine bedrückende Vorstellung. Dabei bedeutet einsam wortgeschichtlich nichts anderes als allein sein. Der Begriff für das japanische Schönheitskonzept wabi-sabi (侘寂), auf den ich in dieser Reihe immer wieder zurückkomme, gilt als kaum übersetzbar. Er setzt sich zusammen aus wabi für einsam und sabi für alt, ehrwürdig, gewachsen. Wenn wir uns das deutsche allein näher ansehen, stoßen wir erstaunlicherweise auf ähnliche Begriffe. Das mittelhochdeutsche alein ist die Verbindung aus al, dem Ganzen und ein, dem Einzigen. In allem eins, könnte man auch sagen. Der Einzelne in allein ist also nicht einsam, er ist immer ein Teil vom Ganzen. Al bedeutet im Mittelhochdeutschen zudem groß, ausgewachsen und leitet sich sprachgeschichtlich von alt her. Das Verlorene und das Gewachsene, das Einzige und das Alte vereint in einem Wort. Wer die Schönheit des Alleinseins entdeckt, kann auch dem wabi-sabi näher kommen. Doch wie kann Alleinsein aussehen? Der japanische Dichter Jakuren beschreibt es im 13. Jahrhundert so: „Allein zu sein / Ist eine Farbe / Ohne Namen / Jener Berg wo Zedern / Ins Herbstdämmern wachsen.“

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1933 veröffentlicht der japanische Schriftsteller Tanizaki Jun‘ichiro den vielbeachteten Essai „Lob des Schattens“, in dem er eine japanische Ästhetik in Abgrenzung zu der des Abendlandes entwirft. Mit Einzug der Elektrizität in Japan und der Übernahme westlicher Lebensstandards sieht Tanizaki Jun‘ichiro ein Wesensmerkmal für japanische Schönheit verschwinden, den

SCHATTEN Die abendländische Kultur ist nach Jun’ichiro eine, die das Helle liebt, die durchleuchtet, die auf Reinigung und Läuterung aus sei, der Japaner hingegen kultiviere die Gebrauchsspuren, das Gelebte, das Halbdunkel. So beschreibt er unter anderem den Unterschied in der Architektur von Aborten. Die abendländischen Bäder suchen mit ihren weißen Kacheln eine Gegenwelt zu dem vermeintlichen Schmutz zu entwerfen, der dort entsteht. Die Toiletten in traditionellen japanischen Häusern sind meist aus Holz gebaute, ins halbdunkel getauchte Orte, in denen man sich „seinen Träumereien hingibt oder den Garten vor dem Fenster betrachtet.“ Die Schönheit von Keramik, z.B. in einem Restaurant sitzend, lasse sich nach Jun’ichiro auch nur im Kerzenschein erkennen, nicht im hellen Gaslampenlicht. Denn im Gegensatz zum westlichen Verständnis liegt die Schönheit der Dinge nicht in den Objekten selbst, sondern „im Schattenspiel, das sich zwischen ihnen entfaltet.“ Hat sich Tanizaki Jun‘ichiros Einschätzung, geschrieben Mitte der 1930er Jahre, denn bewahrheitet? Man hat den Eindruck, das moderne Japan der Nachkriegszeit ist getaucht in ein einziges zuckendes Neonlicht. Und wir? Scheuen wir tatsächlich so sehr das Halbdunkel, die Schatten? Mag sein, dass das Zeitalter der Aufklärung (Enlightenment) das Licht ins Zentrum unserer Kultur gestellt hat. Doch auch in uns schlummert die Sehnsucht nach dem Dunklen, dem Zwielichtigen. Warum sonst schauen sich jeden Sonntag über 10 Millionen Menschen den Tatort an? Es ist der ewige Wettstreit zwischen dem Dunkel, dem Unerklärlichen und der Erhellung, der Aufklärung (eines Falles durch den Kommissar), der dort verhandelt wird. Also. Nur Mut. Gleiten wir gemeinsam hinüber in die Schattenwelt des Dämmerns. Ein paar Zeilen aus dem schönen Song „Schatten werfen keine Schatten“, der Band tocotronic helfen uns dabei: „Manchmal war es lästig / Wenn wir beide eng umschlungen / Mit an Starrsinn grenzender Beharrlichkeit / Zeitgleich in die Mitte eines Zwischenreichs / Uns ziehen ließen / Blumen sprießen an den Rändern dieses Pfades / Der verschlungen und nicht gerade / In die Tiefe dessen führte / Was wir beide noch nicht kannten / Aber instinktiv verstanden / Denn wir wissen ganz bestimmt / Dass wir beide Schatten sind.“

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Der Spiegel leitet sich vom lateinischen specere, vom Sehen her und ist somit sprachlich ein Verwandter des Spektakels und der Spekulation. So sehen wir uns auch unser Abbild, zwischen Schaulust und der ungewissen Annahme, ob das wirklich uns entspricht, was wir dort erkennen. Abends, bevor wir in den Nachtschlaf gehen, sehen wir in den Spiegel, als wollten wir uns von uns selbst verabschieden, um ihn am nächsten Morgen erneut aufzusuchen, als müssten wir uns versichern, wen wir gestern da verlassen haben. Ich kann mich an keinen nächtlichen Traum erinnern, in dem ich nicht anwesend war und sei es nur als Beobachter. Eine auktoriale Erzählung, die des allwissenden Erzählers, wie wir das aus der Literatur kennen, ist wohl dem Träumenden in der Nacht fremd. Im Hinüberdämmern, ganz besonders im Tagtraum, scheint sich nicht nur die Welt um uns, sondern auch unsere eigene Identität für einige Momente aufzulösen.

spiegeln Wie die Doppelspiegelung eines Fensters legen sich zwei Welten übereinander. Für einen Augenblick wissen wir nicht, wo wir stehen, im Diesseits oder im Jenseits der Scheibe. Und ob der, den wir da drüben erkennen, sich ins uns spiegelt und wir uns in ihm. Das Gegenüber scheint einem seltsam vertraut. Und während wir hinübertreten fragen wir uns, was das Eigentliche ist: das, wovon wir kommen oder das wohin wir gehen? Dämmern wir wieder zurück aus dem Schlaf, kann es uns ähnlich ergehen. Der schwedische Lyriker Tomas Tranströmer hat den Zustand in einem großartigen Prosagedicht beschrieben. Nachdem jemand in seinem Wagen auf dem Seitenstreifen einer Straße eingeschlafen ist, heißt es: „Ich bin etwas, das auf dem Rücksitz erwacht, in Panik umhertobt wie eine Katze im Sack. Wer? – Endlich kehrt mein Leben wieder. Mein Name kommt wie ein Engel.“

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TRÄUMEN Es mag uns vorkommen, als ob wir uns im Träumen und Dahindämmern von uns selbst lösen. Die Wissenschaft kommt hier zu anderen Ergebnissen. Amerikanische und Schottische Neurowissenschaftler stellten in einer Versuchsreihe fest, wann immer ihre Probanden nichts zu tun hatten und keine Aufgaben lösen mussten, stellten sich ihre Gehirne in Tagtraummodus. Man spricht hier vom sogenannten Standardnetzwerk oder auch default mode network, einem Verbund von Hirnregionen, die immer dann aktiv werden, wenn es vermeintlich nichts zu tun gibt. Die Gedanken schweifen ab und spazieren in aller Ruhe durch unser geistiges Repertoire. Nicht umsonst nennt man in Frankreich den Tagtraum rêverie, ein Begriff, der sich auf das herumirrende Vagabundieren beim Träumen bezieht. Warum tun wir das? Um uns nicht zu langweilen? Oder um an unserer Identität zu arbeiten? Zumindest gibt es Neurologen, die vermuten, dass unser Gefühl, ein einheitliches Ich in der Zeit zu sein, damit zusammenhängt, dass wir im Tagtraum an unserem Selbst stricken. Wie war das damals, wie habe ich das empfunden, was könnte ich morgen tun? Doch tagträumend beschäftigen wir uns nicht nur mit uns selbst, sondern auch mit dem Bild der anderen von uns. Der Amerikanische Philosoph George Herbert Mead spricht davon, dass wir unsere eigene Erlebnisweise mit einem „sozialen Selbst“, einem gespiegelten Blick der anderen auf uns selbst abgleichen. Möglich. Doch interessant wird es doch erst, wenn im Zwischenraum, im Hinüberdämmern von einem Bild ins andere etwas Eigenes, Unerklärliches geschieht. Hier kann Schönheit entstehen und womöglich sogar Erkenntnis.

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Noch gut im Gedächtnis ist mir die Erzählung meines Geschichtslehrers wie Jean-Jacques Rousseau einmal ein Erweckungserlebnis hatte. Auf dem Weg zu seinem Freund Diderot, der in Haft in Vincennes einsaß, sei er mit einem Mal von tausend Lichtern geblendet worden, ganze Massen lebhafter Gedanken hätten ihn eingeholt, sein Kopf sei wie vom Schwindel der Trunkenheit ergriffen worden und er musste Zuflucht unter einem Baum suchen und fand dort seine Weste tränendurchnässt.

ERWACHEN Was war passiert? Rousseau sei in dem Moment von der Erkenntnis heimgesucht worden und habe alles gesehen. Sein Leben hätte nicht mehr ausgereicht, um all das aufzuschreiben, was in diesem Augenblick über ihn gekommen war. Die Geschichte hat sich mir nicht umsonst eingeprägt. Immerhin hatte Rousseau die Begebenheit selbst in unzähligen Briefen gestreut, so dass sie sich fest ins kollektive Gedächtnis des 18. Jahrhunderts einbrannte. Spötter hatten schon früh behauptet, der gute Mann sei einem Sonnenstich zum Opfer gefallen. Womöglich war Rousseau unter dem Baum sitzend auch gar nicht erweckt worden, sondern nur erwacht aus dem Dämmer eines Tagtraums? Immerhin hat er später in seinen Rêveries du promeneur solitaire beschrieben, wie im Tagtraum das überwältigende Glücksgefühl einer Alleinheit mit der Natur und einer andauernden Gegenwart empfunden werden kann. Ist also im Dämmern überhaupt Erkenntnis möglich? Für den Schriftsteller Botho Strauß bedeutet Dämmern eine Erweiterung des Denkens. In seinem Buch „Wohnen, Dämmern, Lügen“, schreibt er: „Am Schopf und am Leib ergriffen von der entfesselten wörtlichen Bedeutung“, vernimmt der dämmernde Mensch den „Laut des Verständigtseins zwischen Himmel und Erde und aller Kreatur.“

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Dämmern, Althochdeutsch demar, heißt ursprünglich nichts anderes als Dunkel. Neben dem Dösen und dem allmählichen Gewinnen einer Erkenntnis, meint Dämmern den fließenden Übergang von Tag und Nacht. Unterschieden wird dabei in drei Phasen, der bürgerlichen Dämmerung, bei der Lesen im Freien noch möglich ist, der nautischen Dämmerung, in der man den Horizont gerade noch erkennen kann und der astronomischen Dämmerung, die bis zur maximalen Dunkelheit inmitten der Nacht andauert. Ab dann geht es in umgekehrter Reihenfolge weiter in den Tag. Die Nacht ist also nichts anderes als eine einzige Dämmerung. Während im Englischen mit from dusk till dawn noch zwischen Abend- und Morgendämmerung unterschieden wird, ist das deutsche

DÄMMERN ein fortwährender Vorgang. Und während ich nun, anstatt mich der dunkelsten Stelle meines Drehbuchs zu widmen, vor mich hindämmere, kann auch ich nicht mehr zwischen Aufwachen und Einschlafen unterscheiden. Alfred Hitchcock (und später auch Billy Wilder) erzählte einmal die Anekdote von einem Drehbuchautor, der schlafend die besten Einfälle hatte, bis er beschloss, sich Papier und Stift neben das Bett zu legen. Als er wieder einmal eine tolle Idee hatte, schrieb er sie schnell auf und schlief zufrieden wieder ein. Am nächsten Morgen hatte er alles vergessen. Aber er hatte ja den Zettel. Und auf dem stand: „Boy meets girl“ – Junge trifft Mädchen. Ich will erst gar nicht versuchen, dämmernd zu einer Idee zu kommen. Vielmehr werde ich mich dösend dem Dunst hingeben, allein, eine Flocke von vielen, treiben lassen, dem großen Wunder entgegen. Doch davon beim nächsten Mal mehr ...

Fortsetzung folgt

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„Wir leben in einer allumfassenden Koexistenz mit Menschen, Natur, Dingen, Gedanken, bewusst und unbewusst. In Spiegelungen auf Glas habe ich meine visuelle Übersetzung für dieses Gefühl gefunden.“ „Die Spiegelungen belasse ich so wie sie sind. Keine Retusche, kein Photoshop. Realität trägt alles in sich – Abstraktion, Poesie und Faszination.“

DIE FOTOGRAFIN

FRANZISKA STÜNKEL

Franziska Stünkel ist Fotokünstlerin und Filmregisseurin. Sie studierte an der Hochschule für Bildende Kunst in Kassel und in Hannover. Im Anschluss an ihr Diplom wurde sie zur Meisterschülerin von Prof. Uwe Schrader ernannt. Franziska Stünkel wurde im Jahr 2010 mit dem Audi-Art-Award für Fotografie ausgezeichnet. Ihre Fotoarbeiten werden in Galerien, Kunstvereinen und Museen gezeigt. Im Jahr 2012 erschien ihr Fotokunstbuch „Dialog der Geschichten“ im Buchhandel. Die Filme von Franziska Stünkel liefen in 19 Ländern auf über 100 Filmfestivals und wurden mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem „Best New Director Award“ in New York.

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Zu ihren Filmen zählt der Kinospielfilm „Vineta“. In den Hauptrollen sind Peter Lohmeyer, Ulrich Matthes, Susanne Wolff, Justus von Dohnanyi und Matthias Brandt zu sehen. Ferner ist Franziska Stünkel die Regisseurin des 18 stündigen Dokumentarfilms „Der Tag der Norddeutschen“. Der Film zeigt das Leben von 121 Menschen an einem einzigen Tag und entstand mit einem vierhundertköpfigen Team aus 750 Stunden Filmmaterial.

ÜBER DIE FOTOGRAFIEN Franziska Stünkel arbeitet seit dem Jahr 2009 an einer fortlaufenden Serie mit dem Titel „Coexist“. Ausgangspunkt ihrer Fotografien sind natürliche Spiegelungen und Reflexionen auf Glas. Sie verzichtet vollständig auf die digitale Nachbearbeitung ihrer Fotografien. In ihren Fotografien beschäftigt sie sich intensiv mit der Koexistenz der vielfältigen Ebenen menschlichen Seins. Die Überlagerungen der Ebenen in Spiegelungen sind dabei ihr Mittel der koexistenziellen Wahrnehmung. Die Fotografien reflektieren in mehrfacher Sicht die kulturellen Eigenheiten ihrer Entstehungsorte und der dortigen Lebensweisen wie auch die globalen Gemeinsamkeiten und Annäherungen. Sie suchte dafür mit ihrer Leica Kamera verschiedene Kontinente auf. Die Fotografien entstanden bisher in Asien, Europa, Afrika und den USA.

SILENT STORIES – DIE SONDEREDITION Franziska Stünkel bereiste im September 2015 das Hotel Bleiche. Die 15 Fotoarbeiten in dieser Publikation sind hier entstanden. Die Fotoarbeiten sind als Sonderedition erschienen. Jedes Bild ist in zwei Größen und in streng limitierter Edition erhältlich. Bei Interesse an der Sonderedition oder weiteren fotografischen Werken von Franziska Stünkel wenden Sie sich gerne an die folgenden Galerien: · Galerie Robert Drees, Hannover · Art Galerie 7, Köln · Galerie Jarmuschek + Partner, Berlin · Galerie Breckner, Düsseldorf · Kunstagentur Unique Art Concept Jenny Falckenberg, Hamburg · Kunstagentur Petra Becker l International Art Bridge, Frankfurt

www.franziskastuenkel.de


FRANZIS KA ST Ü N KE L

all the stories 15 222 x 148 cm / edition: 3 + 1a.p. 140 x 93 cm / edition: 3 + 1a.p.

FRA N Z I S KA STÜN K E L

all the stories 65 222 x 148 cm / edition: 3 + 1a.p. 140 x 93 cm / edition: 3 + 1a.p.

FRANZIS KA ST Ü N KE L

all the stories 64 140 x 93 cm / edition: 3 + 1a.p. 90 x 60 cm / edition: 9 + 1a.p.


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Foto: Bernward Reul

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der Autor

Sebastian Orlac

Geboren 1970 in Bochum, lebt gerne mit Frau, Tochter und Sohn in Berlin. Nach dem Abitur arbeitet er zunächst als Regieassistent, dann als Regisseur für Schauspiel (u.a. Schauspielhaus Bochum, Nationaltheater Weimar) und Musikvideos. Seit 2001 schreibt er Theaterstücke, Romane, Erzählungen, Drehbücher. 2006 ist sein erster Roman „Verteidigung der Himmelsburg“ bei Klett-Cotta erschienen. Im ZDF sind u.a. die von ihm geschriebenen „Lotta“-Filme mit Josephine Preuß zu sehen, sowie Ende 2013 das Helmut Schmidt Doku-Drama „Lebensfragen“. Zusammen mit der Gruppe KULTURMASSNAHMEN realisiert er zudem seit 2002 „Die Show des Scheiterns“, deren TV-Adaption 2012 für den Grimme-Preis nominiert wurde. Spreewald Literatur Stipendium der Spreewälder Kulturstiftung, Winter 2010-2011

IMPRESSUM Herausgeber und Redaktion: Christine und Heinrich Michael Clausing BLEICHE RESORT & SPA Bleichestraße 16 · 03096 Burg / Spreewald, Telefon+49(0)35603-620 · Fax +49(0)35603-60292 www.bleiche.de · reservierung@bleiche.de Hotel „Zur Bleiche“ Heinrich Michael Clausing e.K. Fotos: Franziska Stünkel Text: Sebastian Orlac Konzept & Gestaltung: Ronald Reinsberg, reinsberg.de Druck: Druckteam, Berlin



F RA N Z I SKA STÜ N KE L C ov er

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bleiche resort & spa · BleichestraSSe 16 · D-03096 Burg / Spreewald · Telefon +49(0)35603-620 · Fax +49(0)35603-60292 www.bleiche.de · reservierung@bleiche.de


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