kahnpost 25 I März 2016

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DIE FARBEN DES STURMS



EDITORIAL

Es wird wieder Zeit für Avantgarde. Diesen Eindruck gewinnt man jedenfalls, wenn man sich mit den stürmischen Bewegungen des beginnenden 20. Jahrhunderts beschäftigt, wie sie sich in Kunst, Literatur und Musik, aber auch in der Wissenschaft und in der Entwicklung alternativer Lebensentwürfe widerspiegeln. Dabei wurde nicht nur Kritik am Establishment geübt, sondern es wurden auch Vorschläge gedacht und gemacht, die die Natur und den Menschen in den Mittelpunkt stellten und das Leben aus neuen Perspektiven betrachten ließen. Sicherlich gab es dabei Protagonisten, die ihre Ideen eher dogmatisch und mit dem „erhobenen Zeigefinger“ vertraten. Aber gleichzeitig finden wir bei anderen bedingungslose Lebensfreude, Menschenliebe und eine Naturverbundenheit, die Antrieb dafür waren, eingetretene Pfade zu verlassen und sich neuen Möglichkeiten zu öffnen. Nicht nur in der Kunst spielt dabei die Farbe als Ausdrucksmittel eine besondere Rolle. Heute, gut 100 Jahre später täten wir gut daran, uns von dieser „alten“ Moderne inspirieren zu lassen und mutig die Notwendigkeit für eine „neue“ Moderne zu begreifen. Es wird Zeit für einen neuen Aufbruch. Es wird Zeit für Farbe!

Herzliche Grüße

Ihre Christine und Heinrich Michael Clausing Burg im Spreewald im Frühling 2016



die farben des sturms von Martin Beyer (text) und Nikolaj Georgiew (Fotos)

Erster Teil: Klangfarbe Rot. Das rote Kopftuch, das Rot der Lippen, die rote Blume in der kleinen Vase auf dem Tisch, das Rot der Blüten auf dem Teller. Ich schaue nur eine Farbe, das habe ich noch nie gemacht. „Ich sehe rot“, sagt man, aber das bedeutet natürlich etwas ganz anderes. Dennoch, ich sehe rot, überall. Ich nehme einen Bissen, und da schmecke ich es auch. Rot.

gourmet-restaurant 17fuffzig


Alles begann mit einem der Gemälde, die heute Abend mein Essen begleiten. Unaufdringlich sind sie, die Bilder buhlen nicht um meine Aufmerksamkeit. Nach einer Weile merkte ich, dass sie dazugehören, dass es nicht nur ums Essen geht, nicht nur um die – in meinem Fall oft zu flüchtige – Aufnahme von Nahrungsmitteln. Es ist vielmehr ein leises Zusammenspiel verschiedener Mittel, die einen nähren. „Die Kunst ist zwar nicht das Brot, aber der Wein des Lebens“, sagte Jean Paul. Kunst kann mein Essen ebenso begleiten wie ein guter Wein. „Kunst ist nicht Luxus, sondern Notwendigkeit“ – Lyonel Feininger. Kunst ist also ein Lebens-Mittel. Und was bedeutet eigentlich Luxus? Im Wort Luxus steckt das Wort Licht, und das ist gleichfalls ein wichtiges, vielleicht das wichtigste Lebens-Mittel. Ich versuche heute Abend, nicht zu schlingen, sondern bewusst zu schmecken. Ich versuche, nicht zu scannen, sondern genau hinzuschauen. Ich schnaufe nicht nur, sondern rieche die feinen Aromen. Ich höre nicht weg, sondern lausche achtsam jedem Geräusch. All die Eindrücke im Raum ergeben zusammen ein

Klangbild


das neu gestaltete gourmet-restaurant 17fuffzig



Ein anderes Wort kommt mir in den Sinn –

Klangfarbe Für manche Menschen, Synästhetiker, kann ein Klang eine Farbe haben; ein Geruch kann eine Farbe haben. Habe ich etwa gerade ein synästhetisches Erlebnis? Für meine Verhältnisse wohl eher eine Synekstase! Damit ich nicht ganz die Bodenhaftung verliere, frage ich, von wem die Bilder sind. Hugó Scheiber und Béla Kádár bekomme ich zur Antwort, zwei Maler der ungarischen Moderne. Beide gehörten in den 1920er Jahren in Berlin zum Künstlerkreis STURM und wurden von dessen Gründer, Herwarth Walden, gefördert. Sofort habe ich neue Bilder vor Augen. Ich lese gerade eine Biografie über die Dichterin Else LaskerSchüler, Herwarth Waldens erste Frau. Zufall? Und ich habe Grete Trakl vor Augen, Lieblingsschwester des Dichters Georg Trakl. Sie wurde von Herwarth Walden unterstützt, selbst wenn das nicht mehr viel half, da ihre Lebensmüdigkeit längst überhand genommen hatte. All die Unbehausten, all die Suchenden, die manischen Erneuerer. All die starken Künstlerpersönlichkeiten, die in lebenspraktischer Hinsicht oft schwach waren. Herwarth Walden gab ihnen Rückhalt. Gab ihnen Foren, Bühnen, Dächer über dem Kopf. Ich merke, wie ich in einen Sturm gerate, der mich in eine andere Zeit trägt. Einhundert Jahre zurück. Ein Sinnensturm, ein Gedankensturm, ein Sturm der Farben. Und plötzlich sitze ich ihm gegenüber.



die farben des sturms

Zweiter Teil: auf einen kaffee mit herwartH walden „

Diese künstlerische Begabung bedeutet weiter nichts als das Vorhandensein einer stärkeren sinnlichen Aufnahmefähigkeit für Farben-, Form-, Ton- oder Wortwerk. Diese stärkere Aufnahmefähigkeit besitzt jedes Kind. Sie wird durch Erziehung verbildet, statt gebildet.“ (Herwarth Walden) Herwarth Walden ist all das: ein Talententdecker, ein Wegbereiter, ein Streiter, ein Gemeinschaftspfleger, ein Bilderstürmer, ein Autoritätenbekämpfer, ein Zusammendenker von Poesie, Philosophie, Malerei, Architektur, Bildhauerei, Musik. Jetzt sitzt er mir gegenüber und arbeitet an einem neuen Artikel für seine Zeitschrift DER STURM. Rotes Plüschsofa und heller Marmortisch, Café des Westens, Berlin. Es riecht nach Kaffee, Zigaretten – und vor allem nach neuen Ideen.


Herwarth Walden blickt auf, nimmt die Brille ab und zwinkert mir zu.

„Wir wollen die Bürger nicht unterhalten“, sagt er. „Wir wollen ihnen ihr bequemes, ernsterhabenes Weltbild tückisch demolieren.“

Natürlich, denke ich. Das ist er, der wahrscheinlich größte Propagandist, den die moderne Kunst in Deutschland je gefunden hat. Die Zeitschrift DER STURM erschien von 1910 bis 1932; zweiundzwanzig Jahre versuchten er und seine Mitstreiter, neue Kunstformen zu etablieren, Eingefahrenes aufzubrechen, ernst-erhabene Weltbilder zu demolieren. Der Künstlername WALDEN geht auf das berühmte gleichnamige Buch von Thoreau zurück, der Name STURM auf Else Lasker-Schüler. Zentrum der Bewegung war längst nicht nur die Zeitschrift: Walden betätigte sich mit zunehmendem Erfolg als Galerist, gründetet eine STURM-Kunstschule, eine eigene Bühne für Theateraufführungen, einen Verlag, eine Buchhandlung und eine Bauabteilung. Malerei, Literatur, Musik, Theater, Architektur, Kinematographie, Varieté – keine Kunstform blieb unberücksichtigt. Unterschiedliche Strömungen wie Expressionismus, Kubismus, Futurismus und das frühe Bauhaus fanden hier eine Heimat. Nationale Grenzen spielten für Walden keine Rolle, auch nicht während des Ersten Weltkriegs. Gab es bei all diesen Aktivitäten einen roten Faden? Nun, Walden selbst war der Fädenzieher, nicht selten umstritten. Er war die Instanz; sein messerscharfer Kunstverstand, sein Rigorismus in Kunstdingen waren die Gradmesser. Künstler waren ihm willkommen, die das darstellen, was sie mit ihren inneren Sinnen schauen – nicht das, was sie nur sehen. Das vielleicht als kleinster Nenner. Wieder zwinkert er mir zu. Nippt am Kaffee. Er wirkt fast spöttisch.

„Nachahmen kann nie Kunst sein. Kunst ist Gabe, nicht Wiedergabe.“

Franz Marc sitzt übrigens am Nebentisch und philosophiert über die Farbe Blau, Alfred Döblin arbeitet an einem neuen Text, und weiter hinten trommelt Arnold Schönberg ein Werk der Zwölftonmusik auf den Tisch.




Lebensformen, Reform des Lebens, Lebensreform „Welch ein Trommelfeuer von bisher ungeahnten Ungeheuerlichkeiten prasselt seit einem Jahrzehnt auf unsere Nerven nieder!“ (Kurt Pinthus)

Das Leben, vor allem in einer Großstadt wie Berlin, hat sich allein zwischen 1910 und 1920 drastisch verändert. Das, was wir heute unter einer Metropole verstehen, entwickelt sich hier. Beschleunigung, technische Neuerungen, Arbeiten nach der Stechuhr, Verkehr, Lärm, Hektik, Reklame. Sinnzentren gingen verloren, Nietzsche erklärte Gott für tot, an dessen Stelle rückten andere Angebote, das Leben nicht als sinnlos zu empfinden. Neurasthenie war damals die Modekrankheit, eine Überreiztheit der Nerven – sie wird als Vorläufer des Burnout genannt. Manche, wie Kurt Pinthus, haben diese „Überfülle des Erlebens“ tatsächlich als ein Zuviel beklagt, das den Menschen ängstigt und ihn überfordert – man denke an Edvard Munchs Gemälde Der Schrei. Gleichzeitig war dieses Trommelfeuer der Reize Auslöser für eine künstlerische Auseinandersetzung damit, für die Entwicklung neuer Formen, die diese Überfülle darstellbar machten wie etwa der Simultanstil. Dennoch schätzten Künstler wie Benn, Kafka, Trakl diese Symptome als existenzielle Krise ein, andere befürworteten sie: Die Futuristen um Marinetti etwa glaubten an Fortschritt, Beschleunigung, Technik. Auch sie hatten im STURM Herwarth Waldens ihren Platz. Andere suchten nach einer alternativen Moderne unter dem Motto: „Ins Freie, ins Licht!“ Die in sich äußerst vielfältige Bewegung der Lebensreform beschrieb den Weg zu einem unverfälschten Leben inmitten oder zumindest nahe der Natur. Ökologische Landwirtschaft, Naturheilkunde, Vegetarismus, Yoga, Körperbewusstsein. Die Schönheit bescheidener und schlichter Dinge. Die erstarkenden kapitalistischen Strömungen und den autoritären Gestus des Kaiserreichs lehnten die Lebensreformer ab. Gab es also die Moderne überhaupt? Es gab äußerst unterschiedliche Reaktionen auf dieselben Erfahrungen. DER STURM fungierte dabei wie ein Brennglas: Er versammelte und verdichtete die wichtigsten Entwicklungen in der Kunst – eine Kunst, die nicht vom Leben zu trennen war.


Die Freiheit der Farben „Die Farbe bestimmt über die Form und unterwirft sie sich.“ (Marianne von Werefkin)

Herwarth Walden war ein großer Förderer der Malerei. Er veranstaltete unzählige Ausstellungen und führte Künstlerinnen und Künstler ein, die bis heute Rang und Namen haben. Franz Marc und den Blauen Reiter, Wassily Kandinsky, Oskar Kokoschka, Marc Chagall, die Maler der Brücke, Alfred Kubin. Diese Avantgarde war vor allem auch eines: emanzipiert. Marianne von Werefkin, Sonia Delaunay, Maria Uhden, Lavinia Schulz, die Reihe ließe sich noch lange fortsetzen. 2015 stellte die Schirn Kunsthalle in Frankfurt achtzehn Malerinnen aus, die vor einhundert Jahren durch und mit Herwarth Walden für Furore gesorgt hatten. Berlin war schon damals ein internationaler Knotenpunkt mit 25 Fernbahnhöfen – es war daher nicht schwer, internationale Künstler nach Berlin zu holen. Allmählich fand so auch die ungarische Avantgarde Aufnahme im STURM. 1924 bekam Hugó Scheiber eine Einzelausstellung in der STURM-Galerie – er entwickelte sich malerisch über den Expressionismus hin zum Futurismus. Er malte Porträts, widmete sich dem Leben in der Großstadt und der Welt des Cabarets. Béla Kádárs Wege führten über Berlin bis nach New York ins Museum of Modern Art. In seinen Gemälden kam er immer wieder auf das bäuerliche Leben seiner Heimat zurück, war aber gleichfalls von modernen Stilrichtungen wie Kubismus, Futurismus und Konstruktivismus beeinflusst. Herwarth Walden sah in der Malerei den Schlüssel dafür, die verschiedenen Künste miteinander in Verbindung zu bringen. Genauer gesagt: durch die Farbe. Die Farbe bekam in den verschiedenen Kunstformen einen Eigenwert: Mit Farben zu dichten bedeutete etwa für Georg Trakl, dass Blau über verschiedene Gedichte hinweg zu einer komplexen Chiffre werden konnte, die Aspekten wie Kindheit, Heiligkeit, Reinheit eine Färbung gab. Wasily Kandinsky arbeitete 1912 an dem Experimentalstück Der gelbe Klang, das im Almanach des Blauen Reiters erschien. Das Zeitalter der Synästhesie: Es wurde in diesen Jahren endgültig eingeläutet.

Hugó Scheiber



in der hotelhalle


Das Ich und das Weltende „Es ist immer das gleiche, so langweilig, langweilig, langweilig.“ (Georg Heym)

1910 raste der Halleysche Komet an der Erde vorbei. Viele waren in Sorge, das Weltende sei gekommen. Und viele waren enttäuscht, als der Komet schadlos an der Erde vorbeiflog. Vor dem Ersten Weltkrieg lag ein seltsames Gemisch in der Luft: Enthusiasmus, Aufbruchswille, die Lust auf Neues. Doch das Leben im wilhelminischen Kaiserreich wurde gleichzeitig als einengend, erstarrt, langweilig empfunden. Darin liegt ein wichtiger Grund, warum viele der Künstler des Expressionismus den Ausbruch des Krieges nicht nur antizipiert, sondern beinahe erfreut zur Kenntnis nahmen: endlich Veränderung, endlich ein Signal in einer gestockten Zeit. Diese Euphorie verflog schnell, kennzeichnend war aber das tief empfundene Gefühl, in einer Art Endzeit zu leben. Der Ruf nach einem „neuen Menschen“ wurde laut, nach einer internationalen Verbrüderung aller Völker, das eigene Ich wurde gleichzeitig als zerrissen empfunden, es hatte sich aufgerieben in den Spannungen jener Zeit. So treffen naive Zukunftsgläubigkeit und existenzieller Selbstzweifel aufeinander – beide sind allerdings Ausdruck ein und derselben Erfahrung, dass die Welt an eine Schwelle getreten sei. Und nach dem Überschreiten der Schwelle würde nichts mehr so sein, wie es war.



smokers lounge



Herwarth Waldens Brille „Hinter Bäumen berg ich mich Bis meine Augen ausgeregnet haben, Und halte sie tief verschlossen, DaSS niemand dein Bild schaut.“ (Else Lasker-Schüler)

Und Herwarth Walden? Er nimmt ein kleines Tuch und putzt die Brille, setzt sie wieder auf. Zitiert seine Ehefrau Else Lasker-Schüler:

„Es geht darum, von der Weltanschauung zur Weltdurchschauung zu gelangen.“

Hat er sich daran gehalten? Er erlag später einer politischen Weltanschauung, die ihn von seiner zweiten Frau, Nell Walden, entfremdete: dem Kommunismus. In den 1930er Jahren emigrierte er nach Russland, dort starb er 1941 als Dissident in einem Gefängnis. In seinen Augen sehe ich keine Vorahnung. Heute, an diesem Kaffeehaustisch, ist er ganz dem Hier und Jetzt verhaftet. Er gibt den vielfältigen Strömungen mit seinem organisatorischen Geschick eine Stimme, er verleiht dem vermeintlichen Chaos eine Struktur. Ich bin mir sicher: Seine Brille ist das Brennglas. Sie konzentriert und verdichtet die wichtigsten Entwicklungen der Kunst. Eine Kunst, die uns bis heute nicht loslässt.

BIBLIOTHEK IN DER LANDTHERME



die farben des sturms

Dritter Teil: Eine bunte Avantgarde? Ich bin zurück im Restaurant 17fuffzig. Habe den zweiten Gang genossen, mich in ein sattes Grün versenkt. Nun frage ich mich, was die Entwicklungen und Erfahrungen von damals heute noch wert sind. Worin bestehen die Antworten auf unsere heutigen Fragen? Und sind es wirklich Antworten, oder doch nur zarte Hinweise?

Hugó Scheiber


Die tausendfachen Aufmerksamkeitsablenkungen, die einst Kurt Pinthus beklagte, haben sich durch die Digitalisierung des Lebens noch verstärkt. Wir können alles und gleichzeitig nichts mehr wahrnehmen. Wer sortiert das noch? Den Datenfluss also einfach mal unterbrechen, offline sein. In einen Fluss springen, der nicht aus Nullen und Einsen besteht. Könnte das etwas sein? Eine zweite Diagnose von damals hat sich ebenfalls potenziert: „Der moderne Geist ist mehr und mehr ein Rechnender geworden.“ (Georg Simmel) Ist es allein das Rechnen, das uns die richtigen Antworten bringt? Womöglich verrechnen wir uns zu oft, womöglich rettet am Ende die Poesie unsere Welt, oder die Musik. Überhaupt: Warum immer alles auseinanderdenken? Kunst, Wissenschaft und Technik berühren sich an einem Punkt: Sie profitieren davon, die Welt anders zu sehen. Mit den inneren Sinnen, wie Walden es sich gewünscht hat. Nicht das, was schon da ist, abzubilden, sondern das, was vielleicht möglich ist. So entsteht ein freudvolles Spinnen, so entstehen Bewegung, Veränderung. Dabei müssen wir das Alte nicht vergessen. Wir brechen auf, wir preschen vor, wir schielen zurück. All das ist möglich. Ich denke an die Trachten aus dem Spreewald, denen man hier überall begegnet. Sie sind wie eine alte Handschrift, sie sind bunt, sind Freude, sie sind Stolz.

STAMm-TISCH




Wir sollten unsere Sinne nicht verbilden, wie Walden es ausgedrückt hat. Mir gefällt der Satz von Ludwig A. Pongratz, dass der kürzeste Name für Bildung „Unterbrechung“ lautet. Dann ist der Mut zur Lücke nicht die Ausrede lernfauler Schülerinnen und Schüler, sondern eine Gelegenheit, etwas im wahrsten Sinne zu be-greifen. Ein intellektueller, gleichwohl ein sinnlicher Akt. Und vielleicht gibt es ja eine weitere expressionistische Kunstform: die des Essens. Ein farbenfroher Teller mit aromatischem Essen birgt freudiges Licht. Bringt Ordnung in die Zellen, auf eine leichte Art und Weise. Schließlich: Das Wertschätzen der Ressourcen, Naturverbundenheit, die Freude an Luft und Licht, an Wärme und Wasser sind kein Luxus oder gar antimodern, sondern eröffnen seit über hundert Jahren Wege zu einer alternativen Moderne. Stimmt das? Sind das die ersten Gedanken einer neuen bunten Avantgarde? Zumindest sind es Gesprächsangebote, denn der STURM bot vor allem das: Raum für Kommunikation. Womöglich geht es nur um das eine: sich mit Herwarth Walden zu trauen, das eigene Weltbild zu demolieren. Um zu sehen, was tragfähig ist und was nicht.

Eine Avantgarde ist eine Vorhut; es sind diejenigen, die sich zuerst etwas trauen, selbst wenn sie Gegenwind haben. Sogar in einem Sturm stehen. Wer diesen Sturm aushält, erkennt vielleicht besondere Farben in ihm. Und diese Farben könnten der Schlüssel sein, um Neues zu entdecken, Neues zu begreifen.



ins grĂźn versinken


b ld o G ei w z , en g n ri sp en g u Deine A n i t lu B n ei m t h rü sp ß ei H m m te A en d en g n li k Dem sich Deine aufschim B e n ei D st o k m u d n u Mein M O Du Goldmorgen n se i re k n ei st i f p o K n Mei Meine Hände um k m u e rm a er d n i K e d en ch Su O Du Abendgold m Welt wirbelt mich Leib ist die Dein STURM Dein Haupt ist die In Deine Augen suchen O Du Kind m O Du Goldmorgen B e n ei D st o k m u d n u M Mein ch si en g n li h sc er v e d n ä H e n Mei Mein Stern fl Reißt Dich hoch K m i t el d n a ew g st el d n a Du w O Du Kind me Neige n Stern Dir sic Illustrationen = Holzschnitte vom Stock gedruckt

z.B. Oskar Kokoschka

Ausstellung in Wuppertal von der Heydt – Museum

Illustratoren

Redakteur: Lothar Schreyer

Literarische Mitarbeiter

Kunstpostkarten Sturmbücher

100. Geburtstag 2012

Zeitschrift EA 03.03.1910 bis 1932

Herwarth Walden (1878-1941)

Galerie 12.03.1912

Verlag 1914

Kunstschule 1916

Sturmabende

Organisation

Europäische Kunstwende Förderung avantgardistischer Stilrichtungen Dadaismus

Buchhandlung 1917

Sturmbühne 1918

Bau-Abteilung 1921

Futurismus

Expressionismus Kubismus


es rn i H es n ei m z er H s a d bälle, in rs a a h ld o G es n ei D rr i ew G s n meiner Sehnsucht senken mmernden Schultern e ß ü F e n ei D , b ei L en n Brust, Dei meiner Abendröte nder Stern im Welttreiben mspannen die Erde en ck a N en n ei m n er m m kla meiner Morgenröte h durch den Raum Insel meiner Erde nsel meines Himmels n mich in der Welt meiner Tagnacht meiner Morgenröte e ß ü F e n ei D , b ei L en n Brust, Dei rs a a h ld o G es n ei D rr i ew in das G liegt durch Dich h reißt Dich auf s m te A en d en g n li k es n ei m s Krei meines Tagtraums ge Dich ch neigt Herwarth Walden ARCHITEKTUR

Adolf Loos (A)

Adolf Behne (D) Bruno Taut (D)

Paul Scheerbart (D) --

--> 1914 - Glasarchitektur

MUSIK

Arnold Schönberg (A) Herwarth Walden (D)

--> z.B.

Walter Gropius und 8 „Sturm“ - Künstler Bauhaus Lyonel Feininger Wassily Kandinsky Oskar Schlemmer László Moholy-Nagy Lothar Schreyer

Alfred Döblin (D)

Else Lasker-Schüler (D) Anatole France (F)

LITERATUR

Gottfried Benn (D)

Peter Altenberg (A)

Knut Hamsun (NOR)

Selma Lagerlöf (SWE)

KUNST

Hans Arp (A)

Karl Kraus (A)

Oskar Kokoschka (A) Franz Marc (D)

Wassily Kandinsky (RUS) Robert Delaunay (F) Marc Chagall (F)

MALEREI

Kurt Schwitters (D)

Lyonel Feininger (D)

Oskar Schlemmer (D)

„Blauer Reiter“

„Murnauer Zeit“ bis 1914 Kandinsky Münter Jawlensky Werefkin Marc

László Moholy-Nagy (HU) Hugó Scheiber (HU) Béla Kádár (HU)

Lajos Kassák (HU)

Zusammengestellt von Birgit Holler, Bibliothek und Buchhandlung Bleiche Resort & Spa

Ungarische Avantgarde


Unsere Quellen und für Sie zum Weiterlesen: Beschreibung der Zustände durch Industrialisierung Gerhart Hauptmann „Die Weber“ (1892)

Alfred Döblin „Berlin Alexanderplatz“ (1929)

Über das Neue in der Kunst Wassily Kandinsky „Über das Geistige in der Kunst“ (1912)

Florian Illies „1913“ Beschreibt in Episoden das politische und künstlerische Leben im Jahr vor dem Ersten Weltkrieg

Karla Bilang „Frauen im Sturm“ Über die Künstlerinnen der Moderne

Martin Beyer „Alle Wasser laufen ins Meer“ Das Leben Georg Trakls und die Liebe zu seiner Schwester

DVD-Tipp: „Mein Herz – Niemandem“ Else Lasker-Schüler zwischen Herwarth Walden und Gottfried Benn

Ludwig Klages „Mensch und Erde“ Botschaft an den Jugendtag auf dem Hohen Meißner 1913 Rettung der Erde durch „...Weltschaffende Webekraft allverbindender Liebe“

Die Bücher können Sie gern bei uns in der Bleiche Buchhandlung bei Birgit Holler bestellen: Tel.: 035603 - 620 Email: buchhandlung@bleiche.de


DER AUTOR

Dr. Martin Beyer

Foto: Andrea M. Müller

Martin Beyer, geboren 1976, ist promovierter Germanist und arbeitet als Schriftsteller und Dozent für kreatives Schreiben und Storytelling in Bamberg. 2009 wurde er mit dem Walter-Kempowski-Literaturpreis ausgezeichnet, 2011 mit dem Kultur-Förderpreis der Stadt Bamberg. Im November 2013 wurde ihm für seine schriftstellerische Arbeit der Bayerische Kunstförderpreis in der Sparte Literatur verliehen. Martin Beyer kuratiert das jährlich stattfindende Literaturfestival Bamberg liest, zudem ist er Mitinitiator des Bildungsprojekts Märchenakademie und leitet die Unternehmung Innovation durch Sprache – Corporate Story & Creative Writing, die Beratungen und Workshops im Kreativen Schreiben und Storytelling anbietet. Im Rahmen des Spreewald-Literatur-Stipendiums verbrachte Martin Beyer im Januar 2012 einen Monat im Hotel Bleiche.

Mehr über Martin Beyer auf: www.hinter-den-tueren.de

IMPRESSUM Herausgeber und Redaktion: Christine und Heinrich Michael Clausing BLEICHE RESORT & SPA Bleichestraße 16 · 03096 Burg / Spreewald, Telefon+49(0)35603-620 · Fax +49(0)35603-60292 www.bleiche.de · reservierung@bleiche.de Hotel „Zur Bleiche“ Heinrich Michael Clausing e.K. Fotos: Nikolaj Georgiew, www.georgiew.de Text: Martin Beyer Konzept & Gestaltung: Ronald Reinsberg, www.reinsberg.de Druck: Druckteam, Berlin


bleiche resort & spa · BleichestraSSe 16 · D-03096 Burg / Spreewald · Telefon +49(0)35603-620 · Fax +49(0)35603-60292 www.bleiche.de · reservierung@bleiche.de


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