kahnpost 24 | Dezember 2015

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LASSEN BUMMELN DÄMMERN

WUNDERN


LASSEN BUMMELN DÄMMER WUNDER


N RN RN

EDITORIAL Mit dieser Winter-Ausgabe schließen wir unseren diesjährigen Kahnpost-Zyklus, in dem sich der Autor und Spreewald-Literatur-Stipendiat Sebastian Orlac mit den Wesenheiten des Wabi-Sabi beschäftigte und über verschiedene Begriffsbestimmungen charakterisierte. Es ist der Wandel selbst, die ständige Entwicklung, die wir in der Natur beobachten und aus ihr heraus in der Philosophie des Wabi-Sabi als ästhetisches Prinzip wiederfinden. Dieses Werden und Vergehen und wieder Werden zeigen uns beispielsweise die Bäume, die, kaum haben sie ihr Laub abgeworfen, neue Knospen bilden und uns die Hoffnung auf den nächsten Frühling bringen. Ein Wunder? Jetzt zu Weihnachten, wenn es am dunkelsten ist, wendet sich alles wieder zum Licht. Darüber staunen darf man jedenfalls schon. Lesen Sie vom Wundern, wie es nicht zuletzt schon Katja Ebstein in den 1970er-Jahren besang: Wunder gibt es immer wieder, heute oder morgen können sie gescheh‘n. Wunder gibt es immer wieder, wenn sie dir begegnen, musst du sie auch seh‘n.

Herzliche Grüße

Ihre christine und Heinrich Michael clausing Burg im Spreewald im Winter 2015




Wie die Zeit vergeht. Gerade haben wir mit dieser Reihe begonnen, nun soll sie und das Jahr schon fast zu Ende sein? Es ist nicht nur ein Gemeinplatz, sondern unterdessen auch wissenschaftlich bewiesen, dass mit zunehmenden Lebensjahren auch unser Gefühl wächst, die Zeit vergehe immer schneller. Die ersten großen Sommerferien mit sechs oder sieben Jahren scheinen so angefüllt mit Erlebnissen, wie das übrige erwachsene Leben. In einer Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München befragte der Psychologe Marc Wittmann 500 Teilnehmer im Alter zwischen 14 und 94 Jahren nach dem Erleben ihrer letzten Dekade. Für Teenager verging die Zeit langsamer, für jüngere Erwachsene schneller und für Ältere noch schneller. Gleichzeitig hatten die Probanden mit fortschreitenden Lebensjahren das Gefühl, nicht nur weniger Zeit zu haben, sondern auch weniger zu erleben, während die Jüngeren sich oft langweilten. Eine paradoxe Wahrnehmung: Wer mitten im Leben steht, ist zu beschäftigt, um etwas zu erleben. Wer jung ist und sich langweilt, erlebt intensiver. Die Weile leitet sich vom althochdeutschen wıla her und meint so viel wie Rast, Ruhe. Es ist vielleicht das einzige deutsche Wort, in dem Zeit und Ort zusammentreffen. Der Weiler, die Ansiedlung und die Weile, die Zeitspanne. Warum fällt es uns so schwer, in zunehmenden Alter zu

einfach da zu sein? Weil ... Auch dieser Begriff bezieht sich auf die Weile. Wir begründen etwas durch Gleichzeitigkeit. Ich konnte nicht kommen, weil, also während, ich krank war. Der Grund, warum wir nicht weilen können, ist vermutlich ebenfalls ein Zuviel an Gleichzeitigkeit. In der wenigen Zeit, die uns vermeintlich zur Verfügung steht, soll alles auf einmal passieren. Doch weil wir nicht weilen, schon gar nicht lange weilen, erleben wir nichts von Dauer. Goethes Faust, der Vorläufer aller Burnout-Patienten, verwettete sogar seine Seele an den Teufel, so sicher war er, dass sein Streben nach Erleben und Erkenntnis nie versiegen würde. „Werd ich zum Augenblicke sagen: / Verweile doch! Du bist so schön! / Dann magst du mich in Fesseln schlagen.“




H A L L E - lujah



Lassen, Bummeln, Dämmern. In dieser Reihe ging es bisher um Begriffe der Entspannung. Nun will ich endlich einen Schritt weiter gehen. Denn Leben ist mehr als ein Wechselspiel aus Anspannung und Entspannung, aus Stress und Rekreation. Leben ist auch Spannung, Wagnis, Abenteuer. Das altfranzösische aventure bezieht sich auf das Lateinische advenire, was so viel heißt, wie ankommen. Advent ist ebenfalls ein Wortverwandter dieser Familie. Das Jahr kommt zum Ende und verkündet in der Adventszeit das Wunder der Weihnacht. Wer Wunder erleben will, muss etwas wagen, muss bereit sein, das Gefüge des eigenen Lebens in Frage zu stellen. Doch ist dafür in unserem gefestigten Alltag überhaupt Platz? Ich beschließe einen Selbstversuch zu unternehmen. Zwar bin ich nicht wie Faust bereit, meine Seele in die Waagschale zu werfen, wohl aber mein Smartphone. Ich lasse zurück, was mich mit der Welt verbindet, bummle von meiner Wohnung aus ziellos umher, bleibe in einem Park auf einer Bank sitzen, um für eine Weile vor mich hinzudämmern. Lassen, Bummeln, Dämmern. Nun sitze ich da, öffne die Augen, bereit, dass mir ein Wunder geschieht. Doch es passiert nichts, zumindest nichts Besonderes. Vor mir ein Mischwald, das Keckern einer Elster ist zu hören und etwas weiter jemand, der schlürfend seine Nordic Walking Stöcke durch den Kies zieht. Kein Problem, ich kann warten. Nichts ist uns so sehr abhandengekommen, wie das

Tut sich in unserem engen Zeitplan mal eine Lücke auf, dann wissen wir sie sofort zu füllen und sei es, dass wir auf unseren Telefonen oder Tablets herumdaddeln. Daddeln, Spielen, geht im übrigen auf das Niederdeutsche doddeln zurück und heißt so viel wie Stottern, womit wohl das Geräusch der ersten Spielautomaten gemeint war. Anstatt zu warten, stottern wir uns also lieber durch unsere Anwendungen, Nachrichten, Spiele und schauen uns im Netz kleine Kuriositäten an. Dabei heißt warten nichts anderes als sehen, wachsam sein. Der mittelalterliche Türmer überschaut von der Warte das Land. Der englische waiter wartet unsere Wünsche. Wir kennen auch die technische Wartung. In Deutschland gibt es dafür sogar eine eigene Industrienorm. Gemäß DIN 31051 werden die „Maßnahmen zur Verzögerung des Abbaus des vorhandenen Abnutzungsvorrates“ geregelt, also den zu erwartenden Schäden eines Produkts. Für die Geräte, mit denen wir uns die Zeit vertreiben, haben wir längst Wartungsverträge abgeschlossen. Doch warum warten wir beim Warten nicht uns selbst?



KÄLTE


Also gut, ich bleibe auf meiner Parkbank und schärfe meine Wahrnehmung. Etwas wahrnehmen, ist ein neuhochdeutscher Begriff. Das mittelhochdeutsche warn und das althochdeutsche biwaron stammt von der wahr, der Obhut, der Aufmerksamkeit und meint soviel wie in Obhut nehmen, Aufmerksamkeit schenken. Doch wie gewinnen wir aus der Wahrnehmung unsere Wahrheit? Die Neurophysiologie kann unterdessen den Vorgang der Wahrnehmung detailliert beschreiben.

Teil der Wahrnehmungskette unseres Gehirns ist das Wiedererkennen von Reizen. Wann immer wir etwas wahrnehmen, gleichen wir ab, sortieren ein, verwahren es. Wahrheit ist also immer auch etwas Gesammeltes. In der Kulturgeschichte der Wunder nehmen die Kuriositätenkabinette oder auch Wunderkammern eine zentrale Rolle ein. Das Sammeln von wundersamen Artefakten wie Naturalien ist schon in der Antike bekannt, in Europa setzt im 13. Jahrhundert eine Bewegung ein, in der Fürsten wie wohlhabende Bürger Kabinette zusammenstellen, beispielsweise mit außergewöhnlichen Korallen, Bergkristallen, Tierpräparaten, wissenschaftlichen Instrumenten, optischen und Spiegeleffekten, Erd- und Himmelsgloben. Mit dem Zeitalter der großen Entdeckungen ab dem 15. Jahrhundert werden die Sammlungen erweitert um Exotisches. Der Begriff des Wunderns bezieht sich sowohl auf die wunderliche Gestalt der Dinge als auch auf das Wundern des Betrachters. Kunstvoll von Menschen gestaltete Objekte können ebenso Staunen auslösen wie Naturalien, bei deren Gestaltung die Natur als Künstler gewirkt hat. Auch Abnormes, Missgestaltetes wird gesammelt, um den Gegensatz zum Wunder des idealgestalteten Menschen zu verdeutlichen. Im Grenzbereich zwischen Forschung, Kunst und Belustigung konnten sich die Wunderkammern mit Beginn der Aufklärung im neuen Geist von Rationalität und Spezialisierung kaum noch behaupten. Nachfolger fanden sich noch bis ins 20. Jahrhundert in den Völkerschauen und Freakshows, wobei hier wohl eher Grusel und Unterhaltung als wissenschaftliches Interesse im Vordergrund standen. Radio, Fernsehen und unterdessen die Sammlung kleiner, kurioser Filmchen, die wir uns zuschicken, haben diese Bewegung bis in die Gegenwart fortgesetzt. Doch können uns solche kleinen Belustigungen wirklich verwundern? Etwas, das ich einsortiert, verwahrt, abgespeichert habe, also letztlich für wahr erachte, kann das noch ein Wunder sein?




W E I hna c htszeit in der fis c herstube



Alle Weltreligionen kennen, in unterschiedlicher Prägung, die Wundergläubigkeit. Die Begriffsgeschichte von Glauben ist selbst kaum zu glauben. Schon im gotischen galaubjan steckt Laub. Gemeint sind Laubbüschel als Futter- und Lockmittel für das Vieh. Glauben bedeutet demnach ursprünglich, vertraut, handzahm, folgsam machen. Unglaublich? Zumindest finden sich im englischen belief ebenfalls leafs oder heute leaves und das mit ganz anderem Wortstamm. Man könnte meinen, wer glaubt sei nicht mehr als gutgläubiges Vieh, das mit Futterlaub von der Wiese zur Schlachtbank geführt wird. So wie ich auf meiner Parkbank sitze und die letzten Blätter vom Baum auf den Boden segeln sehe, kann ich mir vorstellen, dass man auch in diesem wundersamen Schauspiel, diesem einmaligen Auftritt, seinen Glauben finden kann. Zum

gehört die Erzählung von Wundern. Manchmal verschiebt sich dabei die zunächst als Fabel erzählte Geschichte in eine geglaubte Wahrheit. Die Antike kannte Berichte von sogenannten Wundervölkern an den Rändern der damals bekannten Welt, oft auch als monstra, Monster beschrieben. So finden sich auf frühen Kartierungen Fabelwesen wie Einhörner, der Minotaurus, Menschenfresser, Antipoden, die nur rückwärts laufen können, Menschlöwen, Ohrenmenschen und gehörnte Satyrn. Das Fremde wird an den Rand der Welt gedrängt. Im Mittelalter wurden die antiken Beschreibungen unhinterfragt für wahr erachtet. Es entbrannte eine theologische Debatte um die Frage, ob jene Wunderwesen nur abnorm oder ebenfalls Wesen Gottes wären und damit auch bekehrt werden müssten. Augustinus war immerhin überzeugt: „monstra sunt in genere humano“, „Monster sind Teil des Menschengeschlechts.“ In monstra steckt das lateinische monere, was so viel heißt wie aufzeigen, mahnen, veranlassen. Die Funktion der Monster ist also das Mahnen, das Aufzeigen der Andersartigkeit. Aber auch ein anderer Begriff ist mit dem Monstrum verwandt: Moneten, oder auch die Münze. Im römischen Reich befand sich die erste Münzprägestelle im Tempel der Iuno, Göttin der Familie und der Fürsorge. Ihr heiliges Tier war die Gans, weshalb auch Gänse bei ihrem Tempel auf dem Kapitol gehalten wurden. Als diese die Bürger Roms vor angreifenden Feinden durch lautes Geschnatter warnten, schrieb man die Warnung Iuno zu und gab ihr den Beinamen Moneta, Mahnerin. Ist Geld unser heutiges Monster? Es gleicht zumindest einem riesigen, fabulösen, ungreifbaren Wesen, das gelegentlich in Form von Scheinen erscheint. Womöglich besteht das Futterlaub, das uns zutraulich macht, aus flatternden Geldscheinen, denen wir hinterhereilen. Aber wenn wir schon an Geld glauben können, warum dann nicht auch an Wunder?



IM KAMINZIMMER


Mit einem Mal entdecke ich etwas vor meiner Parkbank. Oder war es schon die ganze Zeit da? Es ist der Schein, eher der Schimmer von etwas, zwischen Laub und herumliegenden Totholz am Boden. Ein Pilz vielleicht? Zu spät für die Jahreszeit. Oder etwa ein Stein? Steine eignen sich hervorragend als Gegenstand des Wunderns. Der französische Soziologe und Philosoph Roger Caillois begeisterte sich schon als kleiner Junge für Steine. Seine Essais „Steine“ und „Schrift der Steine“ sind hochpoetische Annäherungen an das Wunder dieser unergründlichen Zeitzeugen. „Wenn ich Steine aufmerksam betrachte, bemühe ich mich manchmal, nicht ohne Naivität, ihre Geheimnisse zu erraten. Unversehens begreife ich, auf welche Weise so viele rätselhafte Wunder sich bildeten, die Gesetzen entsprangen, welche sie oft genug zu übertreten scheinen, als entstammten sie einem Aufruhr und, um ganz offen zu sein, einem Fest, die ihre Seinsweise nunmehr ausschließt.“, heißt es in seinem Text „Steine“. Caillios’ Fähigkeit das Wunder der Steine anzunehmen und dabei nicht in die Falle naheliegender Metaphern zu treten, macht unter anderem die große Qualität dieser Schriften aus. Wunder beschreiben, nicht deuten, könnte die Formel lauten. Aber ist das tatsächlich ein Stein, der da wenige Meter vor mir im Laub leuchtet? Und woher kommt dann dieser seltsame Schimmer? Die Sortiermaschine meiner Wahrnehmung läuft auf Hochtouren. Scheinen leitet sich vermutlich vom lateinischen scintilla für Funke ab und beschreibt sehr schön die Ambivalenz dieses Begriffs. Das Wort flackert irgendwo zwischen Heiligenschein und scheinheilig.

Auch im Wabi-Sabi, einem japanischen Verständnis für die Wahrnehmung von Schönheit, mit dem wir uns in dieser Reihe immer wieder beschäftigt haben, spielt das Scheinende, der Glanz eine wichtige Rolle. Zwar assoziiert man mit Objekten des Wabi-Sabi eher das Unscheinbare, Matte, Zurückhaltende. Doch auch der Glanz eines Steines oder einer alten Teeschale wird als schön empfunden. Allerdings stammt jenes Glänzen nicht etwa vom Lack, sondern vom Abgegriffenen, von den unzähligen Händen, die den Gegenstand hielten und benutzten. Schmutz als Form der Schönheit, zeigt einmal mehr, wie sehr die Idee des Wabi-Sabi das Unperfekte in den Mittelpunkt stellt. Yugen (幽玄), der vielleicht am schwersten zu fassende Begriff japanischer Ästhetik, meint etwas wie dunkel, mysteriös, tief. Äußerlich ähnelt es der zurückhaltenden Gestaltung des Wabi-Sabi. Doch Yugen ist vielmehr eine Stimmung, eine Atmosphäre, die sich dem Transzendenten öffnet, ohne selbst religiös zu sein. Der Zen-Mönch Kamo no Chomei (1155–1216) beschreibt es so: „Schaut man durch den Nebel auf die herbstlichen Berge, dann ist die Sicht unscharf und doch von großer Tiefe. Auch wenn man nur wenige Herbstblätter sieht, die Ansicht ist reizvoll. Die unbeschränkte Aussicht, welche die Vorstellung hervorbringt, übersteigt alles, was man klar sehen kann.“




WÄRME



Darf ich also aufstehen und mir jenes Ding auf dem Boden genauer ansehen? Oder sollte ich besser versuchen, seine Tiefe aus meiner beschränkten Sicht zu erfassen?

leitet sich vom althochdeutschen wuntar her, die genaue Herkunft ist unklar. Vielleicht handelt es sich um eine Ableitung von winden und bedeutet so viel wie verworren oder verwirrt. Damit würde es sowohl die Irritation des Betrachters beschreiben, als auch den unergründlichen Gegenstand, der sie auslöst. Die sprachliche Verwandtschaft von Wunder und Wunde ist nicht nachgewiesen, auch wenn es gut passen würde. Man denke an die christliche Kreuzigungsszene. Eine gewisse Nähe beider Begriffe muss es allerdings geben. Immerhin spricht man auch griechisch von thauma (Wunder) und trauma (Wunde). Wunder können uns zusetzen. Sie sind keineswegs so niedlich, wie uns die Alltagssprache das vormachen will: wundervoll, wunderbar, wunderschön, heißt es in den Bewertungsportalen der Online-Händler. Unterdessen sind nicht mehr die Götter für Wunder zuständig. Wir sprechen vom Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit, vom Fußballwunder von Bern, vom Wunder von Lengede. Wir sind selbst für unsere Wunder verantwortlich. Und das ist bisweilen so fordernd, dass wir kaum noch Raum haben, uns einmal selbst zu wundern.



FRIEDEN


Ich kann es nicht lassen und muss nun doch von meiner Bank aufstehen. Vorsichtig gehe ich ein paar Schritte auf dieses Ding zu, das da im Laub liegt. Ist es überhaupt eine Sache oder vielmehr der Schimmer von etwas? Würde ich noch einen Schritt weitergehen, könnte ich vielleicht ergründen, was es ist. Oder aber ich hätte auch dann keine Erklärung, um was es sich handelt. Das wäre beunruhigend. Bin ich bereit dazu?

wurde erst im 18. Jahrhundert aus der Schweizer Mundart ins Hochdeutsche übernommen. Stunen bedeutet zunächst, vor sich hinträumen, vor sich hin starren und leitet sich ursprünglich von stauen, also stehend machen, her. Im Erstaunen steckt die Schreckstarre, die ein Wunder auslösen kann. Soll ich einen Schritt weitergehen? Ich kann mich nicht entscheiden. 2007 veröffentlicht der Kulturwissenschaftler Josef Vogl den schmalen Band „Vom Zaudern“. Die Literatur kennt unzählige Zauderer, Hamlet, Wallenstein, Bartleby. Vogl befreit das Zaudern vom Ruch des Zaghaften. Für ihn ist es eine Form der Revision, des Denkens. Wer zaudert ist vielleicht feige oder eben gerade sehr mutig, da er bereit ist, jenen Zustand zwischen „nicht mehr“ und „noch nicht“ auszuhalten. Angesichts meiner erstaunten Starre vor dem leuchtenden Ding am Boden entscheide ich mich für Letzteres. Ich bleibe stehen und halte es aus, diesem Wunderding nicht weiter auf den Grund zu gehen. Wäre dies ein Märchen, müsste es nun heißen, und wenn er nicht gestorben ist, steht er da noch heute. Im Spanischen enden Geschichten mit: Und sie lebten glücklich und aßen Rebhuhn. Das gefällt mir schon besser.

Fortsetzung folgt ... an einem Ort, an dem das möglich ist: Lassen, Bummeln, Dämmern, Wundern.




die blei c he landtherme im winter


Foto: Bernward Reul

der Autor

Sebastian Orlac

Geboren 1970 in Bochum, lebt gerne mit Frau, Tochter und Sohn in Berlin. Nach dem Abitur arbeitet er zunächst als Regieassistent, dann als Regisseur für Schauspiel (u.a. Schauspielhaus Bochum, Nationaltheater Weimar) und Musikvideos. Seit 2001 schreibt er Theaterstücke, Romane, Erzählungen, Drehbücher. 2006 ist sein erster Roman „Verteidigung der Himmelsburg“ bei Klett-Cotta erschienen. Im ZDF sind u.a. die von ihm geschriebenen „Lotta“-Filme mit Josephine Preuß zu sehen, sowie Ende 2013 das Helmut Schmidt Doku-Drama „Lebensfragen“. Zusammen mit der Gruppe KULTURMASSNAHMEN realisiert er zudem seit 2002 „Die Show des Scheiterns“, deren TV-Adaption 2012 für den Grimme-Preis nominiert wurde. Spreewald Literatur Stipendium der Spreewälder Kulturstiftung, Winter 2010-2011

IMPRESSUM Herausgeber und Redaktion: Christine und Heinrich Michael Clausing BLEICHE RESORT & SPA Bleichestraße 16 · 03096 Burg / Spreewald, Telefon+49(0)35603-620 · Fax +49(0)35603-60292 www.bleiche.de · reservierung@bleiche.de Hotel „Zur Bleiche“ Heinrich Michael Clausing e.K. Fotos: Nikolaj Georgiew, www.georgiew.de zusätzliche Fotos: Jochen Arndt Titelfoto: ms. Octopus, shutterstock.com Text: Sebastian Orlac Konzept & Gestaltung: Ronald Reinsberg, reinsberg.de Druck: Druckteam, Berlin



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