kahnpost 28 I Dezember 2016

Page 1

SPREEWALD IM Winter 2016/17 8. Jahrgang - NR. 4 / 2016

Rausch und Melancholie der FARBEN



EDITORIAL

Mit unserer Winter-Ausgabe der diesjährigen Kahnpost-Reihe wollen wir die Betrachtungen über die Avandgarde des letzten Jahrhunderts abschließen. Während wir uns bereits den verschiedenen Aspekten dieses Aufbruchs in die Moderne in der Kunst und Literatur, der Architektur und der Musik gewidmet haben, während wir die wichtigsten Strömungen der Lebensreformbewegung und die „Entdeckung“ der Weiblichkeit beschrieben haben, wollen wir uns nun mit einem Blick über die Grenzen den beiden ungarischen Künstlern Hugó Scheiber und Béla Kádár annähern, deren Bilder im Restaurant 17fuffzig hängen. Auch jetzt lassen wir uns dabei von der Ausdruckskraft der Farben in den Bildgeschichten führen, die - ganz der Jahreszeit gemäß - diesmal eher melancholisch wirken und uns nachdenklich stimmen. Sie zeigen uns die Kehrseite der Medaille: die leuchtenden Farben vermitteln uns die Kraft der Befreiung und die Entfaltung neuer Lebenskonzepte, wohingegen die gedeckte Darstellung des Clowns etwa, der neben dem Jubel in der Manege auch die Stille eines erschöpften Moments hinter der Bühne kennt, innehalten lässt. Rausch und Melancholie der Farben: wir laden Sie ein, zwei außergewöhnliche ungarische Persönlichkeiten etwas näher kennen zu lernen.

Herzliche Grüße

Ihre Christine und Heinrich Michael Clausing Burg im Spreewald im Winter 2016/17



der winter kommt - SO oder so



Rausch und Melancholie der FArben von AKOS DOMA (text) und Nikolaj Georgiew (Fotos)

von bild zu bild. Die Sonne scheint, der Saal ist in mildes Licht getaucht. Ich bin im Restaurant 17fuffzig, um etwas über die ungarischen, expressionistischen Gemälde zu schreiben. Die Tische sind gedeckt, die Serviertafel steht bereit, doch noch ist alles still und verlassen, es ist die Zeit zwischen Mittag- und Abendessen. Die Bilder hängen an den Wänden ringsum, an den beiden Seitenwänden in Petersburger Hängung, unmittelbar neben, über und unter einander. Sie stören einander nicht, sie ergänzen sich, stammen alle aus derselben Zeit: den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, die nicht nur in der Politik gewaltige Umwälzungen und mit dem Ersten Weltkrieg das Ende einer Ära mit sich brachten, sondern auch in der Kunst ein neues Zeitalter eröffneten. Ob in der Musik, der Literatur, der bildenden Kunst, der Architektur oder auch im neuen Medium Film, die Kunst ging radikal neue Wege, fand neue, früher ungeahnte Ausdrucksformen, sprengte alle Grenzen und Konventionen des Realismus, wurde subjektiv, expressiv, abstrakt, individuell. Ich lasse die Hängungen auf mich wirken. Erst von fern, dann aus der Nähe, gehe von Bild zu Bild, bleibe mal hier, mal dort stehen. Lausche. Warte. Gedämpft dringen die Geräusche der Bleiche an mein Ohr, dann beginnt die Stille um mich zum Leben zu erwachen, füllt sich mit den Klängen der Szenen ringsum: der Jahrmärkte, der Varietés, der Cafés und Bars, der Zirkuszelte. Es ist die Welt der wilden zehner und zwanziger Jahre vor hundert Jahren, der wie Pilze aus dem Boden schießenden Großstädte, ihrer Straßen, Kanäle und Vororte, ihrer Vergnügungen und Sensationen. Ein Clown in der Arena im bunten Kostüm, Jazzmusiker mit Klarinetten und Saxophonen, Can-Can-Tänzerinnen mit wild flatternden Röcken, deren Rauschen man förmlich zu hören glaubt, ein wie entfesselt sich drehendes Karussell. Aber auch die Kehrseite dieser Welt ist da, die einsamen Menschen, die leeren Blicke, die Stille eines erschöpften Moments hinter der Bühne. Der Augenblick dazwischen, der Morgen danach.



im restaurant 17fuffzig


Die Signaturen auf den meisten Bildern sind gut lesbar.

Hugó Scheiber. Béla Kádár. Wer waren sie? Woher kamen sie?

Scheibers und Kádárs Biographien weisen zahlreiche Parallelen auf. Beide werden in Budapest geboren, Scheiber 1873, Kádár 1877, beide entstammen ärmlichen Arbeiterfamilien. Scheiber, das erste von zehn Kindern eines Schildermalers, muß die Familie bereits von früh auf mitversorgen, auch Kádár bricht die Schule frühzeitig ab, um das Handwerk des Eisendrehers zu erlernen. Beide sind seit ihrer Jugend vom Wunsch besessen zu malen, zunächst mit unterschiedlichem Erfolg. Während Kádár mit fünfundzwanzig Jahren bereits an der Ungarischen Akademie der Bildenden Künste studiert und bald Stipendien, Aufträge und erste Ausstellungen bekommt, muß sich Scheiber das Malen nach der täglichen Arbeit in Abendkursen der Kunstgewerbeschule aneignen. Vom offiziellen Kunstbetrieb ignoriert, kann er sich lange Jahre nur mit Not über Wasser halten, muß oft durch das Land reisen und seine Bilder als Hausierer feilbieten. Eine gemeinsame Ausstellung führt beide 1919 nach Wien. Sie erlangen erste internationale Bekanntheit und lernen kurz darauf den Berliner Galeristen und Verleger Herwarth Walden kennen. Die Begegnung sollte sich für beide als schicksalhaft erweisen.


Als Gründer und geistiger Mittelpunkt der expressionistischen Künstlergruppe Sturm, zu der auch eine gleichnamige Zeitschrift und Galerie gehören, ist Herwarth Walden einer der führenden Förderer der Avantgarde-Kunst im rasch wachsenden und sich modernisierenden Berlin. Gerade aus dem Osten Europas und aus Rußland finden viele Künstler den Weg in die schillernde Metropole, und Waldens Galerie wird bald zu einem wichtigen Sammelbecken für Expressionisten und andere Modernisten. Dort erhoffen sie, jenes Verständnis für ihre Kunst zu finden, das man ihnen in ihren konservativer geprägten Heimatländern verwehrt hat.

Auch Scheiber und Kádár verhilft die Begegnung mit Walden zum Durchbruch. Für beide folgen Ausstellungen in Europa und den Vereinigten Staaten, Scheiber wird in Rom von Marinettis Futuristen begeistert empfangen. Als der Nationalsozialismus den Expressionismus und andere modernistische Strömungen zur „entarteten“ Kunst erklärt, beginnt auch Scheibers und Kádárs Stern zu sinken. Kádár hält sich während des Zweiten Weltkriegs in Budapest versteckt, Scheiber lebt in größter Armut und muß sich zwischenzeitlich als korpulenter „Schau-Esser“ im Schaufenster eines Restaurants verdingen. Statt seiner unerwünschten Bilder ist er nun – in ultimativer Demütigung – selbst zu einem Ausstellungsobjekt geworden.

Beide überleben die Kriegszeit, doch auch im neuen, kommunistischen System nach 1945 bessert sich ihre Situation als Künstler nicht. Sie werden aus dem öffentlichen Kunstbetrieb verbannt, Scheibers Antrag auf Aufnahme in die neu formierte „Vereinigung bildender Künstler“ wird 1949 mit dem Vermerk „nicht würdig“ abgelehnt. Vereinsamt und vergessen sterben beide an ihrem Geburtsort Budapest, Scheiber 1950, Kádár 1956.



das grüne gewölbe im winter



1896 war ein besonderes Jahr in der Geschichte Ungarns. Ein Erfolgsjahr. Das Jahr des Millenniums. 1896 jährte sich zum tausendsten Mal der Einzug der magyarischen Stämme unter Fürst Árpád ins Karpatenbecken, das fortan zur Heimstätte der Ungarn werden sollte. Feierlichkeiten in Anwesenheit des österreichischen Kaiserpaares Franz Joseph I. und Elisabeth und eine große Landesausstellung im Stadtwäldchen von Budapest sollten die sogenannte Landnahme festlich begehen. Tausend Jahre nach dem Einzug in die neue Heimat schien die bewegte, oft von Untergang und Auslöschung bedrohte Geschichte der Ungarn endlich in eine Zeit des Friedens, der Freiheit und der Prosperität zu münden.

Dabei lagen die bewegten Zeiten nicht lange zurück. Erst 1849 war die letzte der zahlreichen Revolutionen gegen die Fremdherrschaft der Habsburger blutig niedergeschlagen und der erste ungarische Ministerpräsident Graf Lajos Batthyány sowie dreizehn Anführer und Generäle der Aufständischen hingerichtet worden. Doch nach Jahren grausamer Vergeltung und Repressionen folgte schon 1867 der Ausgleich mit Österreich, die Aufwertung Ungarns zum eigenständigen Königreich im Rahmen der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn, die fortan als kaiserliche und königliche (k.u.k.) Monarchie bezeichnet wurde.

Auf das Millennium wird lange und besessen hingearbeitet. Die Zeiten dafür sind ohnehin günstig. Nach Jahrzehnten des wirtschaftlichen Aufschwungs, der Industrialisierung und Modernisierung erlebt auch Ungarn seine Gründerzeit. Zum Millennium bekommt Budapest sein bis heute unverwechselbares Antlitz als Jahrhundertwendestadt. Breite Boulevards wie die Große Ringstraße oder die Andrássy Straße, elegante Wohnblöcke nach dem Vorbild Wiens und Paris‘, zahlreiche repräsentative Prachtbauten, allem voran das Parlamentsgebäude am Donauufer, die Freiheitsbrücke (damals Franz-Josef-Brücke getauft), das Millenniumsdenkmal am Heldenplatz, das allerdings erst zehn Jahre später fertiggestellt wird, sowie die erste U-Bahn auf dem europäischen Kontinent sind nur einige der neuen architektonischen und technischen Wunderwerke des Millenniums. Das Land feiert sich, blickt auf seine wechselvolle Vergangenheit zurück, hofft auf eine glücklichere, friedlichere Zukunft. Dass diese Friedenszeit keine zwanzig Jahre später in das Inferno des Ersten Weltkriegs und das für Ungarn verheerende Friedensdiktat von Trianon münden wird, ahnt in jenen Tagen wohl niemand. In dieser Zeit, vor diesem Hintergrund machen Hugó Scheiber und Béla Kádár ihre ersten Schritte als Maler.



einzigartig. einzig in der art.


„Ungarn, das Land des gröSSten Malkitsches, ist reich an groSSen Begabungen geworden“ schreibt Herwarth Walden 1924 über seine Entdeckung Hugó Scheibers, Béla Kádárs und anderer ungarischer Expressionisten. Aus der Perspektive eines überzeugten Avantgardisten überrascht dieses Urteil über die vormoderne, ungarische Malerei nicht, aus neutralerer Sicht zeigt sich ein ganz anderes Bild.


Waldens Kitschvorwurf bezieht sich wohl vor allem auf die Historienmalerei, die sich in Ungarn großer Beliebtheit erfreute und deren unbestrittener Großmeister Gyula Benczúr war, dessen Monumentalgemälde Die Befreiung Budas zu den malerischen Höhepunkten der Millennium-Feierlichkeiten gehörte. Die Werke Benczúrs und anderer führender Historienmaler wie Viktor Madarász und Bertalan Székely erfüllten neben der künstlerischen auch eine identitätsstiftende und -stärkende Funktion. Die visuelle Darstellung von Schlüsselereignissen der ungarischen Geschichte sollte das Bewußtsein für die eigene Herkunft und Identität stärken und letztlich auch den Freiheitsbestrebungen der immer noch in unfreiwilliger Gebundenheit an das Habsburgerreich lebenden Nation Auftrieb geben. Aber nicht nur in Ungarn spielte die Historienmalerei eine wichtige Rolle, gefeierte Historienmaler gab es besonders im neunzehnten Jahrhundert in allen Ländern: Karl von Piloty in Bayern, Jan Matejko in Polen, Alfons Mucha in Tschechien (sein gewaltiger Gemäldezyklus Slawisches Epos ist in der Prager Nationalgalerie zu sehen), Emanuel Leutze in den Vereinigten Staaten oder Wassili Surikow in Rußland sind nur einige unter vielen, um von ihren zahlreichen französischen Vorgängern wie Jacques-Louis David, Eugène Delacroix oder Paul Delaroche gar nicht zu reden.

Neben der Historienmalerei gab es in Ungarn aber auch eine große Bandbreite anderer Stilrichtungen und origineller, bedeutender Maler. Mihály Munkácsy mit seinem dunkel getönten, sozialkritischen, an Courbet gemahnenden Realismus machte sich in ganz Europa einen Namen. Unter den Landschaftsmalern ragten neben Munkácsy etwa der von ihm geförderte, früh verstorbene Impressionist László Paál, der Chronist des ländlichen, dörflichen Ungarn Géza Mészöly, dessen weiche, lyrische Landschaften an Corot erinnern, sowie László Mednyánszky heraus. Heller, geradezu lichttrunkenlebensfroh kommt die Freilichtmalerei Pál Szinyei Merses mit ihren unbeschwerten Landausflügen und Picknicks daher. Weitere bedeutende Impressionisten, die die Brücke zur Moderne schlagen, sind József Rippl-Rónai und Károly Ferenczy.

Ein Unikum in der ungarischen Kunstgeschichte und darüber hinaus ist Tivadar Kosztka Csontváry. Seit einer Kindheitsvision fühlt sich der gelernte Apotheker zur Malerei berufen, erlernt sie in späteren Jahren autodidaktisch, unternimmt weite Reisen durch Europa und hinterläßt nach nur sechzehn Jahren Schaffenszeit ein höchst eigentümliches, sich zwischen naiver Malerei, Expressionismus, Symbolismus und Jugendstil bewegendes Werk, in dem sich sowohl seine Reiseeindrücke als auch biblische, mythische Motive spiegeln. Zu Lebzeiten völlig verkannt, entgingen seine oft großformatigen Gemälde nach seinem Tod nur um ein Haar dem Schicksal, als Leinwandmaterial für Wagenplanen verkauft zu werden.



IN FARBE getaucht - das restaurant 17fuffzig am abend


Die Sonne sinkt, es ist spät geworden, ein Hauch von Dämmerung macht sich im 17fuffzig breit. Kellnerinnen huschen hindurch, legen vor dem Eintreffen der Gäste letzte Hand an. Ich räume meinen Platz und ziehe ins kleine Séparée nebenan um.

War 17fuffzig schon reich bestückt mit Bildern, so ist das Séparée gepflastert mit ihnen. Auch hier Hugó Scheiber und Béla Kádár, immer wieder. Scheibers Bilder sind farbenfroher, mit breiterem Pinselstrich gemalt. Braun, Gelb, Orange, Karamell, warme, erdfarbene Töne, auch mal ein kräftiges Rot oder Grün, selten kühle Blautöne. Man spürt die Freude an der Farbe, der Dynamik, der reinen Form. So können schon einmal sechs Seite an Seite stehende, Klarinette spielende Minstrels zu einer Art geöffnetem Fächer abstrahiert werden. Kádárs Pinselstrich ist dünner, zuweilen nur eine Linie, manchmal nicht einmal zu Ende gezogen. Seine Motive sind oft nur angedeutet, die Menschen schemenhaft, mal nackt, fast immer gesichtslos, oft mit einem Tier, einem Hund oder einer Katze bei sich, vieles bleibt rätselhaft, wirkt unvollendet. Und immer wieder Pferde, geheimnisvolle, aus leeren Augen blickende Pferde. Woher, wohin, man weiß es nicht. Etwas Mysteriöses, Märchenhaftes, Unwirkliches umweht diese Bilder, als spielten sie sich außerhalb von Zeit und Raum ab. Umso konkreter sind Raum und Zeit bei Scheiber. Schauplatz seiner Bilder ist die Großstadt in den zehner, zwanziger Jahren. Vermutlich Berlin, doch Paris, Budapest, Wien oder New York könnten es ebensogut sein, Gleichartigkeit gehört zum Wesen der Metropolen. Nach dem Grauen des Krieges, des großen Sterbens, feiert man nun rastlos, gierig das rauschende Leben. Die politischen, gesellschaftlichen, religiösen, kulturellen Ordnungen sind eingestürzt, man steht inmitten der geistigen Trümmer von zweitausend Jahren Europa, verunsichert und orientierungslos – und flüchtet sich in den ekstatischen Taumel der Großstadtnacht, des Augenblicks.

Als gäbe es kein Morgen.




in der Landhaussuite, wenn es draussen kalt ist



Doch der Morgen läSSt nicht auf sich warten.

Ein Bild Scheibers zeigt eine Kutsche in später Nacht oder früher Morgenstunde, grell bestrahlt von einer auffällig schräg stehenden Laterne. Im Fenster der Kutsche sieht man einen Mann und eine Frau, die wohl auf dem Weg nach Hause sind. Sie sind vermutlich berauscht, nach durchfeierter Nacht, und ihr Rausch – der Rausch, die Verlorenheit der Welt ringsum – spiegelt sich in der taumelnden Laterne, die sich über sie neigt. So könnte man das Bild interpretieren – oder auch anders. Auch das gehört zur neuen Zeit: nichts ist mehr eindeutig, die Gewißheiten sind geschwunden, ungeahnte, neue Möglichkeiten aufgebrochen, Wahrheit und Lüge, richtig und falsch im Nebel der nächtlichen Neonlichter unkenntlich geworden. Ein anderes Bild Scheibers zeigt ein Kettenkarussell. Rasend schnell drehen sich die Sitze an den langen Ketten, die Menschen sind nur schemenhaft erkennbar, von fern ähnelt das Bild dem Zifferblatt einer Uhr. Der wilde Lebensrausch und die tickende Uhr, die Zeit, die ihm früher oder später ein Ende setzen wird – in Scheibers Bild werden sie plötzlich eins, unauflöslich verwoben miteinander.

Die Müdigkeit und Desillusion, die dunkle Kehrseite der ekstatischen Zeit, sie sind überall spürbar. Auch auf den vielen Frauenporträts. Trotz ihrer schillernden Farben sind es nicht mehr die vor Gesundheit und Lebenskraft strotzenden Frauen eines Renoir und anderer Impressionisten. Ihre Gesichter sind maskenhaft, kühl und ausdruckslos, sie lächeln nicht, Melancholie sitzt in ihren Zügen, der stumme Schatten allen Wissens. Auffällig oft halten sie die Augen geschlossen, statt Pupillen sieht man einen Pinselstrich wie auf vielen Frauengesichtern Jawlenskys. Wir sehen nur die Oberfläche, die Gefühle und Gedanken dahinter, die Seele, deren Spiegel die Augen seit jeher sind, bleiben verborgen. Die Moderne ist eine ganz und gar diesseitige Zeit. Der Rausch und die Melancholie – sie sind zwei Seiten derselben Medaille.



der beheizte aussenpool der landtherme


Es ist dunkel geworden, ich sitze im Zug, rattere heimwärts, wehmütig wie immer, wenn ich die Bleiche verlasse. In meinem Gedächtnis ziehen noch einmal die Gemälde an mir vorüber.

Ein Lieblingsbild? Ich betrachte sie wieder im Fotoapparat. Viele könnten es sein. Vielleicht Hugó Scheibers entfesseltes, vor schierer Lebensfreude sprühendes PferdekarussellBild. Oder sein rotgelbes Frauenporträt mit Hut. Oder seine federleichte, blaue Kaffeehausszene. Oder auch Armand Schönbergers Gemälde eines Paares an einem Tisch, dessen Formen und Farben Assoziationen zu Mackes Bildern seiner Tunisreise in mir wecken. Oder seine Kanalszene mit Kähnen und doppelbögiger Brücke. Oder Kádárs stille Landschaft mit Fluß und einer an Mostar erinnernden Brücke.

Ich blicke aus dem Fenster, denke an die Bleiche, an 17fuffzig und das intime, kleine Séparée. Bald wird nebenan das Barpiano erklingen, und die Klänge durch die offenen Türen in die Nacht entfliehen, und wenn zu später Stunde die letzten Lichter gelöscht sein werden, wird alles, werden Haus und Land, Mensch und Natur wieder eins geworden sein.




Das Gewächshaus im Marstall


Unsere Empfehlungen für Sie: Romane von Akos Doma

Der Weg der Wünsche

Die allgemeine Tauglichkeit

Der MüSSiggänger

Rowohlt Berlin Verlag, 2016 978-3-87134-839-6

Rotbuch Verlag, 2011 978-3-86789-124-0

Rotbuch Verlag, 2001 978-3-434-53075-6

Die Bücher können Sie gern in unserer Bleiche Buchhandlung bei Birgit Holler bestellen: Tel.: 035603 - 620 oder Email: buchhandlung@bleiche.de


Der Autor Akos Doma 1963 in Budapest geboren, wuchs in Ungarn, Italien und England auf. Mit 14 kam er nach Deutschland. Er promovierte über Knut Hamsun und D. H. Lawrence im Kontext des modernistischen Romans. Seine Übersetzungen ungarischer Literatur u.a. von Sándor Márai und Péter Nádas wurden mehrfach prämiert. 2001 Debütroman: „Der Müßiggänger“ erschien im Rotbuch Verlag. Für seinen zweiten Roman „Die allgemeine Tauglichkeit“ (Rotbuch, 2011) erhielt er zahlreiche Stipendien und Preise, u.a. den Adelbertvon-Chamisso-Förderpreis 2012. In den folgenden Jahren wurde er zum Dresdner Stadtschreiber gewählt, bekam das Spreewald-Literatur-Stipendium und das Prager Literaturstipendium sowie Literaturstipendien des Freistaats Bayern und des Deutschen Studienzentrums Venedig. 2016 erschien beim Rowohlt Berlin Verlag sein dritter Roman „Der Weg der Wünsche“, der für den Deutschen Buchpreis nominiert wurde.

IMPRESSUM Herausgeber und Redaktion: Christine und Heinrich Michael Clausing BLEICHE RESORT & SPA Bleichestraße 16 · 03096 Burg / Spreewald, Telefon+49(0)35603-620 · Fax +49(0)35603-60292 www.bleiche.de · reservierung@bleiche.de Hotel „Zur Bleiche“ Heinrich Michael Clausing e.K. Fotos: Nikolaj Georgiew, www.georgiew.de Text: Akos Doma Konzept & Gestaltung: Ronald Reinsberg, www.reinsberg.de Druck: Druckteam, Berlin


bleiche resort & spa · BleichestraSSe 16 · D-03096 Burg / Spreewald · Telefon +49(0)35603-620 · Fax +49(0)35603-60292 www.bleiche.de · reservierung@bleiche.de


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.