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Neues bei Getränkeverpackung und Ladungssicherung in Theorie und Praxis

Christian Raschke, Ingo Pankoke, Norbert Heyer für das VLB-Forschungsinstitut für Management und Getränkelogistik

Am 23. Mai 2023 begrüßten Norbert Heyer und Ingo Pankoke insgesamt rund 60 Teilnehmer zur Fachtagung „Getränkeverpackung und Ladungssicherung“ (GeLa) an der VLB Berlin. Dem Ziel, langfristig eine Kommunikationsplattform für Verpackungs- und Logistikexperten aus der Getränkebranche zu schaffen, ist man auf der zweitägigen Fachveranstaltung ein gutes Stück nähergekommen.

Nach der Integration der Labore der VLB-Verpackungsprüfstelle (VP) in das VLB-Forschungsinstitut für Management und Getränkelogistik (FIM) im Jahr 2021 entstand die Idee, die Querschnittsthemen in einer gemeinsamen Tagung aufzugreifen. Inhaltlich beschäftigt sich die VLB-Fachtagung Getränkeverpackung und Ladungssicherung (GeLa) daher mit den verschiedenen Verpackungsprozessen von Getränken bis hin zu deren Sicherung beim Transport.

CO2-Reduktion bei Folien und Ladeeinheitenstabilität Jörg Fischer von der Firma Trioworld erläuterte in seinem Vortrag Ladeeinheitensicherung mit RecyclingStretchfolie – was ist heute schon möglich? die verschiedenen Begriffe, die im Zusammenhang mit dem Wort Recycling verwendet werden und worauf dabei zu achten ist. Im Detail wurde der Unterschied zwischen den Begriffen „Post Industrial Recycled Material“ (PIR) und „Post Consumer Recycled Material“ (PCR) erklärt. Bei PIR handelt es sich um Material, das nicht verwendet wurde oder aus Produktionsrückständen stammt. Unter PCR subsumiert man Material, das nach der entsprechenden Benutzung dem Recycling zugeführt wird und nach der Regranulierung für neue Folien verwendet werden kann. Neben den heute schon verfügbaren Folien mit Recyclat-Anteil, gab Fischer auch einen Ausblick auf die geplanten EU-Gesetzgebungen, die künftig den Anteil von Recyclat-Folien vorgeben könnten, aber zurzeit noch nicht offiziell verabschiedet worden sind.

Im zweiten Vortrag berichtete Günter Hombach von der Krombacher Brauerei über die Optimierung der Lagenbilder bei Kartonverpackungen . Verschiebungen von Ladegut auf Lkws nach Bremsungen, verursacht durch Unterstand, haben den Prozess gestartet. Durch verschiedene Maßnahmen, z.B. Anti Rutschpapier, Void Filler und verschiedene Stretchfolien, konnte eine Verbesserung der Ladeeinheitenstabilität erreicht werden. Christian Raschke , VLB Berlin, ergänzte die Ergebnisse, die schließlich mittels Varianten-Überprüfung auf der VLB-Bewegungsplattform gewonnen werden konnten. Die Veränderung des Packschemas der Kartonagen-Lagen trugen zu einer signifikanten Erhöhung der Stabilität der gesamten Ladeeinheit bei.

Lastverteilung beim Getränketransport ist ein weiterer Erfahrungsbericht aus der Praxis, den Rolf Buschhorn von der Schwarz Produktion Stiftung & Co. KG, Produktionsstandort MEG Kirkel, vortrug. Die sichere Beladung eines 40-Tonners (Curtainsider mit „Code XL für Getränke“) mit Mineralwasser in 1,5-L-PET-Flaschen findet durch eine formschlüssige Verladung statt. Dadurch befinden sich auch die Achslasten „in der Waage“. Anders verhält es sich bei SüßGetränken: Durch den Zuckeranteil erhöht sich die Massendichte und es können insgesamt drei Halbpaletten weniger verladen werden. Um wieder eine ausgeglichene Achslast zu erreichen, kann man eine künstliche Stirnwand erstellen. Diese ist jedoch sehr personal- und zeitaufwendig und es sind zusätzliche Holzpaletten notwendig. Eine Alternative wurde zusammen mit der Firma Rothschenk entwickelt. Dabei wird ein DoppelkammerStaupolster in der Mitte an der Stirnwand positioniert und zu den Seiten der Ladeeinheiten nach Außen begrenzt. Durch Klemmbretter wird der Formschluss nach hinten erreicht. Nach zwei Jahren Praxis hat sich die „Luft-Euro-Palette“ bewährt und durch Wiederverwendung reduzieren sich die Kosten.

Wie die Stabilitätsklassen von Ladeeinheiten künftig mittels der DIN 55415 getestet und gekennzeichnet werden können, stellte Norbert Heyer, VLB Berlin, vor. In der neuen Norm werden die Prüfverfahren und deren Bewertungskriterien beschrieben sowie fünf Stabilitäts-Kategorien einer Ladeeinheit gebildet. Dies soll zu einer besseren Vergleichbarkeit von Prüfungen und leichter erkennbaren Eigenschaften einer Palette beim Transport dienen.

Trends bei Sekundärverpackungen Ingo Pankoke stellte neuste Erkenntnisse aus dem VLB-Forschungsprojekt zur Digitalisierung von Mehrwegprozessen vor. Die Nutzung von RFID-Transpondern in Getränkemehrwegkästen ist technisch möglich und birgt große

Potenziale, was Anwendungen wie T&T, Bestandsführung und Inventur sowie Marktforschung anbelangt. Herausfordernd ist jedoch eine lange Einführungsphase aufgrund der langen Halbwertszeit der existierenden Kästen von 10 bis 15 Jahren und die eindeutige Berechnung der Amortisation für die erforderlichen Investitionen. Daher wurde speziell für den GFGH ein System entwickelt, das diese Betriebe im Übergang in die Lage versetzt, die Leergutbestände auf ihren Höfen per RFID zu erfassen und zu dokumentieren. Somit kann die Infrastruktur sukzessiv aufgebaut und von Anfang an genutzt werden.

Über aktuelle Trends bei Mehrweg-Getränkekästen berichtete Frank Reininghaus (Schoeller Allibert International). In seinem Vortrag stellte er konstruktive Änderungen an Pinolenkästen vor, die zu einer deutlichen Reduzierung von Lärmemissionen beiträgt. Außerdem werden die Glasflaschen beim Transport weniger belastet, da ein Aneinanderschlagen vermieden wird.

Bert Hanssen von OneCircle berichtete über das Handling von Einwegfässern aus Kunststoff im Lager und beim Transport . Die gefüllten Fässer können in der Regel 2-fach übereinandergestapelt werden, für eine dritte Lage auf der Ladeeinheit sollte eine Palette dazwischengeschoben werden. Zu beachten sind die zum Teil recht hohen Bruttogewichte der Ladeeinheiten, die bis zu 1200 kg betragen können.

Testfahrten und Begrüßungsabend in Kallinchen

Um die Stabilität von Ladungssicherungsmitteln, insbesondere die Void-Filler von Krombacher sowie die Doppelkammerluftsäcke von MEG Kirkel zu demonstrieren, wurden praktische Fahrversuche mit Getränkeladeeinheiten auf Lkws durchgeführt. Hierzu war ein gesichertes Testgelände südlich von Berlin angemietet worden. Neben den Fahr-Demonstrationen wurden erstmals auch Messungen der Beschleunigung am E-Lkw von Renault Trucks durch die VLB vorgenommen. Mit diesen Fahrzeugen konnten die Teilnehmer im Anschluss selbst auf dem Gelände Testfahrten durchführen. Zum Abschluss des Tages gab es vor Ort einen rustikalen Grillabend mit guten Gesprächen und Diskussionen unter Kollegen.

Aufgrund der speziellen Themen wurden am Mittwoch zwei Sessions parallel durchgeführt: Zum einen gab es Vorträge zur „Ladungssicherheit“ und zum anderen zum Thema „Getränkeverpackung“. Zum Themenblock Ladungssicherheit referierte zunächst Vera Flinkert (Schmitz Cargobull AG) und gab eine Übersicht zu den aktuellen Trends bei den Nutzfahrzeugen Neben den bestehenden Zielen des schnellen Öffnens und Schließens eines Transportaufliegers werden auch die ökologischen Aspekte immer stärker nachgefragt. Mit der EcoGeneration bietet Schmitz Cargobull eine Nutzfahrzeugpalette, die den aktuellen Stand der Entwicklung auch hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs erfüllt. Der auch für die Getränkebranche zertifizierte „EcoFlex mit PowerCurtain“ kommt durch speziell entwickelte vertikale Aramid-Gurte in der Seitenplane ohne den Einsatz von waagerechten Stecklatten aus. Eine rückwärtige Ladungssicherung kann mittels Planenschlaufen erfolgen, sollte dies erforderlich sein.

Im Anschluss ging es weiter mit dem Thema Erfahrungen und Methoden der Zertifizierung von Ladeeinheiten , und zwar im Zusammenhang mit der DIN 55415 und den dort angegebenen unterschiedlichen Prüfverfahren.

Sven Tiedemann von der Firma SIBT sprach über die unterschiedlichen Prüfverfahren in der Norm, die jeweiligen Vor- und Nachteile und deren Vergleichbarkeit. Des Weiteren ging es um Einflüsse, Messbereich und Genauigkeit der Messtechnik, außerdem um Messergebnisse und wie diese das Ergebnis bei Versuchen nach DIN 12642 verändern können.

In der Vormittagspause hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, die VLB-Bewegungsplattform, den mobilen Prüfstand von Enviro im Außenbereich sowie die Verpackungslabore der VLB zu besichtigen.

Schulung und Forschung

Wie kann man Mitarbeitende für Ladungssicherung qualifizieren und nachhaltiges Handeln fördern, wenn der Betrieb über viele verschiedene Standorte verfügt?

Wolfgang Jagla (IGS-Institut für Verkehrswirtschaft) hat in seinem Vortrag Ladungssicherung bei CCEP – Umsetzung & Erfahrungen darüber berichtet. Vom Start im Jahr 2017 bis zum heutigen Tag gab es einen Überblick über die Maßnahmen, die bei CCEP erfolgt sind und welche Herausforderungen Corona mit sich brachte.

Einen Überblick zum aktuellen Stand der VLB-Lkw-FIN-Datenbank gab Alexander Scharlach (VLB Berlin). Ziel der Datenbank war es, die Eigenschaften der Fahrzeuge hinsichtlich der Getränkeladungen links:

In gemütlicher Atmosphäre endete ein spannender erster Tag; rechts: Die Teilnehmer konnten an der Teststrecke nicht nur gut gesicherte Ladungen in Augenschein nehmen, sondern auch selbst Testfahrten durchführen

Auf dem Hof des VLB-Neubaus erwartete die Teilnehmer ein mobiler Prüfstand

Der Dank der Veranstalter geht auch an die Sponsoren und Aussteller: neutral zu prüfen, zu sammeln und den Mitgliedern (Verladern) digital zur Verfügung zu stellen. Eine Suche per Fahrzeug-IdentifikationsNummer (FIN) oder auch per Fahrzeugkennzeichen ermöglicht einen Check, ob das Fahrzeug zusätzliche Ladungssicherung benötigt oder ein entsprechendes Prüfzertifikat besitzt und dieses auch Gültigkeit hat. In den vergangenen zehn Jahren wurden die Daten von über 50 000 Aufliegern und mehr als 20 000 Zugmaschinen gesammelt. Letztere dienen der Berechnung der maximal zulässigen Nutzlast einer Fahrzeugkombination, bevor die Verladung erfolgt. Scharlach merkte an, dass die Datenbank, insbesondere in der letzten Zeit, stark gewachsen ist.

Die letzten beiden Vorträge der Session beschäftigten sich mit dem Thema „Forschung im Nutzfahrzeugbereich“. Die Fachhochschule Dortmund, die F&T LaSiSe und Log4Consult haben ein WIPANO-Projekt mit dem Titel CargoSec – Belastungsmessungen von Bordwänden zur Erweiterung derzeitiger Normen und Richtlinien erfolgreich durchgeführt. Ralf Damberg (Log4Consult) schilderte zusammen mit Alexander Lampkowski (FH Dortmund) die Ausgangslage und die Ziele des Projekts. Hinsichtlich der durchgeführten Fahrtests zur maximalen Seitenbeschleunigung mit unterschiedlichen Nutzfahrzeugen erläuterte Momme Henning (F&T LaSiSe) die Ergebnisse, die auf dem Testgelände in Selm ermittelt werden konnten. Hierbei wurden insbesondere bei kleineren Nutzfahrzeugklassen (z.B. 7,5t) höhere Werte als erwartet gemessen. Wie diese Erkenntnisse jetzt innerhalb bestehender Normungen berücksichtigt werden können, muss noch diskutiert werden.

Über die Ergebnisse des 2022 abgeschlossenen VLB-Forschungsprojektes ILAF – Intelligente Ladungssicherung Fahrerwarnung berichtete Christian Raschke (VLB Berlin).

Ziel war es, das inkorrekte Zurückstellen von Getränkeladungen nach Kurvenfahrten zu erkennen, und zwar mittels Abstandssensoren, die am Dach eines Aufliegers befestigt sind. Nach diversen Vorversuchen, u.a. mithilfe der VLB-Bewegungsplattform, wurden TOF-Sensoren

(Time-of-Flight) bei der praktischen Erprobung auf einem Auflieger verwendet. Damit konnte ein erster Nachweis erbracht werden, dass es dank der Sensoren möglich ist, Veränderungen zu erkennen, selbst bei unterschiedlicher Ladung. Weitere Forschungen diesbezüglich sind aber noch nötig. Das Projekt wurde gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.

Testmethoden & Forschung

In der Parallelsession „Getränkeverpackung“ stellte Robert Fortmeier (Brüninghaus Kronenkorken) mit seinem Vortrag die Vor- und Nachteile der Blechdickenreduzierung sehr anschaulich dar, dass eine Reduzierung der Metalldicke erhebliche CO2-Emissionen vermeiden kann. Auf der anderen Seite muss auf härteren Stahl zurückgegriffen werden, der nur kleinere Flaschenund Prozess-Toleranzen zulässt. Auch die Ausfertigung des Dichtcompounds muss sehr präzise erfolgen.

Christine Bergmann (CCEP Deutschland GmbH) berichtete über die Erfahrungen mit Tethered Caps für Einwegflaschen, die Coke aufgrund der Umsetzung einer aktuellen EUVerordnung (EU 2019/904 5.6.19) gemacht hat. Die Entwicklung und Erprobung zusammen mit den Verschlussherstellern sowie die Einführung am Pilotstandort in Dorsten stellten das gesamte Projekt-Team vor große Herausforderungen. Ein positiver Effekt der Umstellung der Verschlüsse war die gleichzeitige Reduzierung der Mündungs- bzw. Gewindehöhe.

Mit dem Vortrag Einführung einer neuen 0,33-L-Mehrwegpoolflasche in Österreich schilderte Erich Jaquemar von Vetropack Austria die Sicht des Behälterglasproduzenten. Zunächst wurden die Anforderungen der späteren Nutzer (Brauereien, Handel, Konsument und Leergutlogistiker) gesammelt und in der Entwicklung berücksichtigt. Um nachhaltig das Gewicht der Flasche reduzieren zu können, wird das Glas in einem speziellen Verfahren gehärtet. Die Höhe der Flasche wurde so ausgelegt, dass ein dazugehöriger Kasten um eine Lage höher auf einer Palette aufgesta - pelt werden kann, um die Logistik zu optimieren.

Die neue Kasten-STLB 2023 und eine Musterspezifikation für visuelle Fehlermerkmale an Getränkemehrwegkästen stellte Susan Dobrick (VLB Berlin) vor. Die STLB sollten von Getränkeproduzenten beim Einkauf von neuen Kästen als Grundlage der Qualitätsprüfung mit in den Kaufvertrag aufgenommen werden. Somit kann sichergestellt werden, dass die Kästen dem Stand der Technik entsprechen und Sicherheit für Produzenten und Verbraucher gewähren.

Florian Heukäufer von der VLB berichtete, wie eine aussagekräftige Methode zur Bestimmung der Qualität von Mehrwegflaschen-Pools entwickelt und angewendet wird. Zur objektiven Bestimmung des Qualitätsmerkmals Scuffing wurde eine Messung durch Kontrast-Flächenerfassung mittels Digital-Mikroskop entwickelt. Zur neutralen Bewertung von visuell erkennbaren Schäden an Mündung, Körper und Boden der Flaschen wurde ein spezieller Fehlerkatalog entwickelt.

Jan Bergmann stellte vor, wie heute schon der Einsatz von Recyclingpapier für mehrwegfähige Nassleim- und Haftetiketten erfolgreich angewendet wird. Die Firma Steinbeis Papier hat in ihrem Werk eine Recycling- und Produktionslinie aufgebaut, die es ermöglicht, qualitativ hochwertige Papiere aus 100 % Recyclingmaterial zu fertigen. Um in Zukunft die Nachhaltigkeit zu erhöhen, ist es wichtig, dass abgelöste Etiketten aus den Flaschenreinigungsmaschinen, die hochwertige Papierfasern enthalten, gesammelt und zu neuen Etiketten verarbeitet werden.

Nach den abschließenden Diskussionen in den beiden Sessions ging eine abwechlungsreiche Fachtagung zu Ende. Ein großer Dank geht an alle Referenten sowie an den Sponsor der Tagung, Renault Trucks, für die Bereitstellung der E-Fahrzeuge. Außerdem bedanken sich die Organisatoren bei den Fachausstellern Trioworld, Signode, envirogroup und F&T LaSiSe, die durch ihre Informationsstände die Veranstaltung bereicherten.

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