YB MAG 2/16 (Webversion)

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AUSGABE 02.16 | WEBVERSION

MAG

ADI HÜTTER IM GESPRÄCH MIT PEDRO LENZ DER YB-TRAINER UND DER SCHRIFTSTELLER SCHAUEN OPTIMISTISCH IN DIE ZUKUNFT


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R E T T Ü H I D A T F F I R PEDRO LENZ T

N I E S H C S I T N E H T U A

N E T I E B R A D N U Das erste Wort, das einem durch den Kopf geht, wenn man dem YBCheftrainer Adi Hütter gegenübersteht, ist Klarheit. Der Mann hat einen klaren Händedruck, einen klaren Blick, eine klare Sprache und eine klare Ansage. Da sind weder Dünkel noch Gehabe, weder Arroganz noch Anbiederung, sondern einfache, normale, wohlüberlegte, klare Worte. Der Mann, der 1970 in bescheidenen Verhältnissen zur Welt kam und in Altach in Vorarlberg unweit der Schweizer Grenze aufwuchs, hat den Fussball schon in früher Kindheit gelebt. In einer Zeit, als noch fast auf jeder Wiese und jedem Platz gekickt werden konnte, erspielte er sich die Liebe zum runden Leder. Dennoch möchte Hütter die Zeiten des Strassenfussballs nicht idealisieren: «Jede Zeit hat ihre besseren und weniger guten Seiten. Wir lebten als Kinder eher vom Spieltrieb und vom Instinkt. Die heutigen Junioren haben dafür eine umfassendere Grundausbildung. Doch letztlich bleibt Fussball immer Fussball.»


Hütter spielte in der Jugend beim heimatlichen SCR Altach. Seine grösste Zeit als Profi hatte er freilich bei Austria Salzburg, wo er drei Meistertitel sowie drei österreichische Supercups gewann und in der Saison 1993/94 bis in den Final des Uefa-Cups gegen Inter Mailand vordrang. Zudem erreichte er mit dem Grazer AK den Cupsieg 2002. In der österreichischen Nationalmannschaft kam der Mittelfeldspieler mit dem gefürchteten Schuss auf 15 Einsätze und erzielte dabei drei Tore. Den Wechsel vom Spielfeld auf die Trainerbank vollzog Adi Hütter in der Saison 2007/08, als er das Team der Red Bull Salzburg Juniors als Co-Trainer übernahm. In der folgenden Saison war er bereits Cheftrainer dieser Mannschaft, die übrigens trotz dem Begriff «Juniors» im Namen eine Profiequipe ist, die damals in der zweithöchsten Spielklasse Österreichs spielte.

Der heutige YB-Cheftrainer betont, wie wichtig es sei, als unerfahrener Trainer alles von Grund auf zu lernen: «Einem Trainerneuling nützt es nichts, wenn er ein bekannter Profi war und als Fussballer schon Erfolge gefeiert hat. Im Traineramt beginnt jeder wieder bei null. Ein Trainerneuling muss nicht sagen, er wisse, wie es geht. Er sollte sich die gleichen Fragen stellen wie ein junger Fussballprofi: Was kann ich und was kann ich nicht? Wo habe ich noch Schwächen? Wie kann ich diese Schwächen ausmerzen? In der Trainerarbeit gibt es sehr viele Bereiche, Taktik, Technik, Trainingslehre, Teambildung, Kommunikation, Persönlichkeitsbildung, Motivation und so weiter. Wenn ich bei mir in einem dieser Bereiche ein Defizit ausmachte, habe ich mich immer gezielt weitergebildet, wenn nötig auch auf eigene Kosten.» Dass Hütter mit seiner Berufsauffassung richtig liegt, zeigt der Verlauf seiner Trainerkarriere. Für die Arbeit bei seinem Heimatclub SCR Altach wurde er mehrmals zum Vorarlberger Trainer des Jahres ausgezeichnet. Bei seiner nächsten Station, dem SV Grödig, stieg er nach einer Saison in die österreichische Bundesliga auf und erreichte im ersten Jahr als Aufsteiger gleich Platz 3. Es folgte der Wechsel zu Red Bull Salzburg. Dort gewann er in seiner ersten Saison die Meisterschaft und den Cup. Wieso hat aber Adi Hütter Salzburg nach einer derart erfolgreichen Saison


verlassen? Ohne in die Details zu gehen, erklärt er seinen Grundsatz: «Wenn ich spüre, dass ich nicht hinter einem Projekt stehen kann, dann muss ich die Konsequenzen ziehen. Ich bin nicht der Typ, der gegen sein eigenes Gefühl arbeiten kann. Um gute Arbeit zu leisten, muss man sich wohlfühlen, ehrlich zu sich selbst und den andern sein, hundertprozentig hinter dem stehen, was man tut.» Beim BSC Young Boys fand Adi Hütter die Bedingungen vor, die er sich gewünscht hatte. Die Mannschaft trägt unter seiner Leitung eine klare Handschrift und die Resultate stimmen. Manche Fans sind schon euphorisch, was die Aussicht auf die nächste Saison angeht. Doch der Österreicher mag keine grossen Ankündigungen. «Jeder will erfolgreich sein. Aber wie definiert man Erfolg? Was nützte es, wenn ich sagen würde, wir wollen jetzt den Titel? Was wir wollen, ist jeden Tag besser werden. Dabei dürfen wir auch nicht gleich vergessen, dass der FC Basel seit Jahren Meister ist. In Deutschland geht auch keiner hin und sagt, nächste Saison sind wir besser als Bayern München. Basel hat Erfahrung mit der Doppelbelastung durch die internationalen Spiele. Wir müssen uns diese Erfahrung noch erarbeiten. Natürlich wollen wir immer das Maximum. Aber ich mag keine Lippenbekenntnisse. Ich bevorzuge Bescheidenheit und Leistungswille.»

Bei aller Leidenschaft in seiner Rede strahlt Adi Hütter auch eine gewisse Gelassenheit aus, zum Beispiel dann, wenn er gefragt wird, ob es für einen Trainer nicht frustrierend sei, gute Spieler an andere Clubs zu verlieren. «Das gehört zum Fussball. Wenn du ein grosses Talent in der Mannschaft hast, kannst du nicht verhindern, dass dieses Talent irgendwann mal weiterzieht. Jeder gute Spieler strebt nach dem Maximum, das ist kein Grund zum Klagen. Viel wichtiger ist es, jeden Spieler, so lange er da ist, möglichst weit zu bringen.» Wir Fans sind jedenfalls zuversichtlich, dass Adi Hütter und seine Young Boys uns auch in der kommenden Saison wieder viel Freude bereiten werden.

Hopp

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ÖSTERREICH/

SCHWEIZ

ren stundenlang über Fussball unterhalten haben. Wir redeten über den «Schweizer Riegel» des Wieners Karl Rappan, über Ernst Happels Genialität, Hanspeter Zwickers Gastspiel bei Casino Bregenz oder den unvergesslichen Penalty des ehemaligen Rapid-Wien-Legionärs Antonin Panenka im EM-Final von 1976.

PEDRO LENZ

YB hat einen Trainer aus Österreich. Österreich hat einen Nationaltrainer aus der Schweiz. Mit Marc Janko (FC Basel) und Jakob Jantscher (FC Luzern) spielen zwei Nationalspieler Österreichs in der Schweizer Super League. Der ehemalige YB-Star Christian Schwegler ging den umgekehrten Weg und spielt seit 2009 beim Meister der österreichischen Bundesliga in Salzburg. Aber dies sind nicht die einzigen fussballerischen Verbindungen zwischen der Schweiz und ihrem östlichen Nachbarland. Auch in der Literaturszene gibt es einen regen Austausch zwischen den beiden Alpenrepubliken, und zwar auf literarischer wie auf fussballerischer Ebene. Mehrmals spielte die Schweizer Schriftsteller-Nationalmannschaft (mehr oder weniger erfolgreich) gegen ihr österreichisches Pendant. An die genauen Resultate will ich mich nicht mehr erinnern, aber es hat immer Freude gemacht. Und 2008, im Jahr, als die Schweiz und Österreich gemeinsam die Fussball-Europameisterschaft austrugen, erschien im Verlag Bibliothek der Provinz die Fussballanthologie «A-CH Fussball – überspielt und ausgedribbelt» mit Beiträgen von über dreissig Autoren beider Länder. Aus dieser Publikation und den damit verbundenen Lesungen in Krems an der Donau und in Basel sind manche freundschaftlichen Verbindungen über die Grenzen gewachsen. Persönlich erinnere ich mich immer gerne an lange Abende in Wien mit den Schriftstellerkollegen Antonio Fian, Michael Stiller und Christian Futscher, an denen wir uns zwischen Tafelspitz und Kaiserschmar-

Es ist ein interessantes Phänomen, dass vergangene Fussballspiele und ehemalige Fussballer immer besser und noch besser werden, je länger man am Wirtshaustisch darüber spricht. Und so gesehen haben wir Autoren aus der Schweiz und Österreich im interkulturellen Austausch die Fussballgeschichte unserer jeweiligen Länder schon in die höchsten Sphären hinaufgeredet. Unvergesslich bleibt mir ausserdem das Eröffnungsspiel der Euro 08 zwischen der Schweiz und Tschechien, das ich mit österreichischen Kollegen am Fernsehen sah. Ihre Schadenfreude über die 0:1Niederlage der Schweiz verpackten die Österreicher in höflichen Schmäh: «Gegen Tschechien ist es nie sehr einfach, da hätte sogar Liechtenstein Mühe.» Schon am nächsten Tag konnten wir Schweizer uns beim Spiel zwischen Österreich und Kroatien, das ebenfalls 0:1 ausging, revanchieren: «Nur ein einziges Gegentor gegen Kroatien, das dürft ihr in Österreich durchaus als moralischen Sieg werten.» Am Ende jener gemeinsam ausgetragenen EM blieben die Freundschaft und die Sehnsucht nach weiteren Fussballhöhepunkten zwischen beiden Ländern. Wer weiss, vielleicht treffen Österreich und die Schweiz ja im Lauf der K.-o.-Phase an der diesjährigen Europameisterschaft in Frankreich noch aufeinander. Träumen darf man ja. Und falls es nicht klappen sollte, stossen wir mit einem Tessiner Merlot oder einem Burgenländer Zweigelt auf bessere Zeiten an.


: N E R H A J 0 4 R O V GROSSERFOLG

R E D N Ä T S M R I H C S R E D

FÜR YB

CHARLES BEURET

23. Mai 1976: YB - FCZ, Final im Ligacup. Die Berner sind nur Aussenseiter, denn die Zürcher sind das Mass aller Dinge. Sie sind bereits Meister und Cupsieger, nun soll mit dem Ligacup auch das «Triple» her. Drei Titel in einer Saison, das hat noch nie eine Schweizer Mannschaft geschafft! Doch die Young Boys verderben dem FCZ das Fest. Sie gewinnen den Final mit 4:2. Captain Martin Trümpler darf den Pokal nach 90 packenden Minuten in die Luft stemmen.


Die Trophäe: Der damalige FCZ- (und spätere YB-) Trainer Timo Konietzka hatte sie bei der Lancierung des Ligacups (1972) despektierlich als «Schirmständer» bezeichnet und war dafür von der Liga gebüsst worden… Wie sich doch die Zeiten ändern. Die Young Boys und die Wankdorf-Zuschauer hatten am «Schirmständer» jedenfalls ihre helle Freude. Immerhin brachte ihnen der Sieg im Ligacup den ersten Titel seit den glorreichen Sing-Zeiten ein. Die Fachzeitung «Sport» lobte das taktische Geschick von YB-Trainer Kurt Linder. Die Berner hätten sich von den grossen Namen nicht beeindrucken lassen und mit einem starken Mittelfeld den FCZ am Entfalten seines gewohnten Spiel gehindert. Das sei der Schlüssel zum Erfolg gewesen. Allerdings spielte es den Gelb-Schwarzen in die Hände, dass die Zürcher den Match nachlässig begannen: Bereits nach 28 Sekunden erlief Seppi Küttel einen Rückpass von Pius Fischbach und besorgte das 1:0. Bruttin, wieder Küttel, und dann Rebmann bauten die Führung bis zur 73. Minute auf 4:0 aus, ehe Katic mit zwei Treffern das Resultat aus Zürcher Sicht verschönern konnte.

tiert: «Es war ein spektakuläres Spiel mit vielen Goals und Chancen. Das Publikum kam damit mehr auf seine Rechnung als in Spanien, wo derartige Resultate selten sind. Ich sah etliche junge, veranlagte Talente, die bei richtiger Förderung Grössen werden können. Der Beste auf dem Feld war YB-Verteidiger Brechbühl.» Klar, dass der verantwortliche Redaktor über das Interview damals den Titel setzte: «Köbi Brechbühl zu Real Madrid?». Und klar auch, dass der Vergleich Spanien/ Schweiz heutzutage nicht mehr ganz stimmt. Wie sich die Zeiten doch ändern…

NUR GERADE KARLI ODERMATT… Doch zurück zum «Schirmständer-Final»: Beim FCZ kickten ausschliesslich aktuelle Internationale mit den (heute noch) bekannten Stars Köbi Kuhn, René Botteron und Peter Risi. Bei YB war damals der vom FC Basel nach Bern transferierte Karl Odermatt der einzige Akteur, der schon für die Schweiz aufgelaufen war. Immerhin schafften ein paar der Ligacupfinal-Berner später doch noch den Sprung ins Nationalkader: Walter Eichenberger, Köbi Brechbühl, Jean-Marie Conz und Seppi Küttel. Die Young Boys spielten sich wie folgt in den Ligacup-Final: Aarau (a) 5:3 nach Verlängerung, La Chaux-deFonds 4:0, Raron 3:0, FC Basel (a) 5:3 nach Verlängerung. Die Mannschaftsaufstellungen von 1976: Young Boys: Eichenberger; Vögeli; Rebmann, Trümpler, Brechbühl; Odermatt, Conz, Andersen, Bruttin; Burkhardt, Küttel. – Trainer: Kurt Linder.

BRECHBÜHL ZU REAL MADRID? Auf der Wankdorf-Tribüne hatte auch Miljan Miljanic, der Trainer von Real Madrid, das Spiel YB - FCZ beobachtet. Natürlich wurde er nach seinen Eindrücken gefragt – auch vom «Bund». Miljanic wurde in der Folge so zi-

FC Zürich: Grob; Kuhn; Heer, Zigerlig, Fischbach; Rutschmann, Botteron, Scheiwiler, Stierli; Katic, Risi. – Trainer: Timo Konietzka. Der Ligacup lebte nur zehn Jahre lang – von 1972 bis 1982. Er wurde zwischen den Klubs aus den damaligen Nationalligen A und B im sogenannten K.-o.-System ausgespielt. Rekordsieger wurde Servette mit drei Titeln, gefolgt von GC mit zwei Erfolgen. Nicht zuletzt aus Termingründen musste der Wettbewerb ab 1983 aus dem Kalender gestrichen werden – drei Jahre bevor YB zum letzten Mal Meister wurde.


Lars Lunde feiert in Neuenburg den Meistertitel 1986.

GROSSERFOLG VOR 30 JAHREN MEISTERTITEL FÜR YB Natürlich will das MAG den Jahrestag des letzten YBMeistertitels unserer Leserschaft nicht unterschlagen: Damals, am 24. Mai 1986, gewannen «wir» schliesslich zum letzten Mal die Schweizer Meisterschaft. Der entscheidende Match in Neuenburg gegen das grosse Xamax ist unvergessen, der Film, der unseren 4:1-Erfolg auf der Maladière dokumentiert, ist im YB-Museum noch immer der grosse Renner. Das MAG hat über diesen Titelgewinn schon verschiedentlich ausführlich berichtet und an die «Helden von damals» erinnert. Auch die Berner Presse hat in den letzten Tagen den YB-Triumph von 1986 thematisiert. Deshalb hier nochmals die statistischen Angaben: Maladière. – 21‘500 Zuschauer. – SR Blattmann. – Tore: 5. Küffer 1:0. 8. Zuffi 1:1. 65. Lunde 1:2. 74. Lunde 1:3. 80. Zuffi 1:4. Xamax: Engel; Givens; Salvi (81. Thévenaz), Hermann, Ryf; Küffer, Stielike, Mottiez; Elsener, Zaugg, Jacobacci. – Trainer: Gilbert Gress. – Präsident: Gilbert Facchinetti. Young Boys: Zurbuchen; Conz; Wittwer, Weber, Schönenberger (46. Baumann); Bregy, Bamert, Prytz (84. Bützer); Zuffi, Siwek, Lunde. – Trainer: Alexander Mandziara. – Sportchef: Walter Eichenberger. – Präsident: Ruedi Baer.

WICHTIGER ERFOLG VOR 15 JAHREN Wenn wir schon auf runde Daten zurückblicken: Von einiger Relevanz ist auch der 15. Mai 2001: Es ist das Datum, das den (nachhaltigen) Wiederaufstieg des BSC Young Boys in die höchste Schweizer Spielklasse markiert. Mit Trainer Marco Schällibaum, seinem Assistenten Harry Gämperle sowie Sportchef Fredy Bickel gelang dieser Coup. Dank Stabilität und starkem Kollektiv wurden aus Berns Kummerbuben bejubelte «Aufsteigerjungs». Was folgte, ist unvergessen: erstes Meisterschaftsspiel in der Nationalliga A gegen den FC Lugano (1:1) – und dann «Züglete» ins Neufeld. Die neue Ära war eingeleitet.


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O N E M O N E F L I Verdammt, denke ich, die machen uns fertig, und das im psychologisch so wichtigen ersten Gruppenspiel. Da fällt das 4:0. Der Rothaarige mit den Sommersprossen wars, ich habs genau gesehen. Der, wo vorher meinen Göttibuben ungestraft niedergemäht hat. Ich spüre so eine – so eine Wut in mir aufkommen. Das Spiel läuft weiter. «Scho härzig», sagt eine Mutter neben mir.

Chrigu Zingg ist Journalist und Kabarettist in Bern.

CHRIGU ZINGG

Da der kleine Blonde. Mit der Nummer 8. Der regt mich auf! Gockelt auf dem Platz herum wie Cristiano Ronaldo, da dieser Stürmer von den Agglos aus Dings. Und die führen schon 3:0, nach neun Minuten.

Hör doch auf, du dumme Kuh. Diese übermotivierte Agglotruppe aus Dings geht mir jetzt dermassen auf den Wecker – wir könnten denen wenigstens den verdammten Rasen kaputt treten, oder unser Goalie könnte eine Handverletzung vortäuschen und sich zwei Minuten pflegen lassen, das erspart uns vielleicht das fünfte Gegentor – hey, Schiri! Das war Foul! Der kommt von hinten, das musst du doch –« Filmriss. Ich renne aufs Spielfeld, schnappe mir den Ball, umdribble den kleinen Gockel, tackle den Drecksack mit den Sommerspros-

sen aus dem Weg und hämmere das runde Leder erbarmungslos unter die Latte. «GOOOOOOOOOOOL!!», schreie ich in den Fussballhimmel. «GOOOOOOOOOOOL DEL FENOMENO!!!!!» Jemand kneift mich in den Arm. «Götti Chrigu, der Schiri hat gesagt, du sollst nicht so laut sein. Sonst schickt er dich fort.» Ja ja, ist ja gut, ich schweige. Aber mal ehrlich: Scho härzig, diese FJunioren. Schade nur, dass einige Väter und Mütter am Spielfeldrand so komisch drauf sind.


MEIN MATCHTAG

, M R I H C S T MI CHARME T E R É B D UN

YB-PARTIEN VON ÜBER 500 ER LD E BI 00 ‘0 12 L HAT TE, ÜBT ER HEUT THOMAS HODE YB-FAN STARTE N S GE AL RI ER ÄH RN -J BE 28 DER CH ZUM GEMACHT. WAS S BEI EINEM MAT UN N BE T. HA TZ IR W AND GESE ALS BERUF AUS. DEN SPIELFELDR FOTOGR AFEN AN


CLAUDIA SALZMANN

Als YB im April gegen den FC Zürich spielte, schneite es, es war kalt, und nach dem Schlusspfiff schien doch noch die Sonne. Während die Fans in der Kurve sich mit Singen warmhielten, sass Thomas Hodel am Spielfeldrand auf seinem Campingstuhl, auf dem Kopf ein Béret montiert, den Schirm in den Jackenkragen gestopft, und hielt den Sieg in Bildern fest. Gerade als Miralem Sulejmani in der 13. Minute von rechts aufs Tor rannte, rechnete der Fotograf mit einem Pass in die Mitte und wechselte die Kamera. Doch Sulejmani machte ihm einen Strich durch die Rechnung, schoss selber und traf zum 1:0. «Natürlich ärgert mich das, wenn ich ein Tor verpasse, doch das ist Teil des Berufs», sagte Hodel nach der Partie.

KEIN FRÜHES INTERNET IM ELTERNHAUS Der 28-Jährige fotografiert seit 2011 für YB, er trat dabei in die grossen Fussstapfen des langjährigen YB-Fotografen Ulrich Kocher – Kuki genannt –, der 2011 verstorben ist. «Kuki war ein herzlicher Kollege, der tolle Bilder machte», sagt Hodel. Angefangen hat Hodels fotografische Karriere nach der 9. Klasse, als er eine Schularbeit über YB schrieb.

So startete er auch seine Webseite ybforever.ch, die im Frühling ein Redesign bekam. Eigentlich hätte er schon früher eine Homepage aufmachen wollen, jedoch gab es im Elternhaus kein Internet. «Das Einzige, was ich meinen Eltern in der Erziehung ankreide, ist, dass wir nicht früher online waren», erzählt Hodel und zeigt sein sympathisches Lächeln.


20 KILOGRAMM MATERIAL Seinen ersten YB-Match erlebte er mit dem Vater, als er neun Jahre alt war. «Mir gefielen das Wankdorf und die Stimmung so sehr, dass ich an jede Partie wollte. Doch das machte mein Vater nicht mit», erinnert er sich. Sein erstes YB-Abo kaufte er sich zu Neufeld-Zeiten und kurz nach der Schularbeit auch eine kleine Digitalkamera. Die Kamera tauschte er später gegen eine grössere aus, 2009 gegen eine professionelle Ausrüstung, bald hatte er einen Rucksack voller Equipment, und heute trifft man ihn mit einem Koffer und 20 Kilogramm Material an. «Zu Beginn ging ich beim Einlaufen von der Tribüne runter an den Spielfeldrand, um Bilder zu machen, aber danach sah ich mir den Match in der Fankurve an», sagt er.

LIEBLINGSBILDER ZEIGEN SPEKTAKEL Wenn YB verliert, dann regt er sich innerlich auf. «Aber der Spielfeldrand ist der falsche Ort für Gefühle. Ich bin dort, um Emotionen einzufangen, nicht um selber welche zu zeigen», sagt er. Zwischen 150 und 600 Bilder hat er nach Schlusspfiff jeweils im Kasten, doch bereits am Spielfeldrand löscht er einige, und nur die 20 besten landen auf seiner Webseite und fünf weitere im Matchbericht auf der YB-Webseite. «Meine Lieblingsbilder sind diejenigen, auf denen man Fans und Spieler sieht», sagt er. Erst die Fans würden das ganze Spektakel ausmachen, sonst könne man ja auch eine andere Sportart schauen oder gleich zuhause bleiben, scherzt er.

BUSACCA MIT DEM MITTELFINGER Dass er heute nicht mehr an die Auswärtspartien geht, sei wohl, weil er älter geworden sei und auch, weil viele seiner engen Freunde nichts mit YB am Hut hätten. «Wenn der Matchplan publiziert wurde, wusste ich, wo ich an 40 Wochenenden sein würde. Da hat sich der Fokus schon verschoben», sagt er. Schliesslich wollte er auch seine Fahne schwingen. Sein wohl berühmtestes Bild ist das von Schiedsrichter Massimo Busacca in einer YB-Cuppartie gegen Baden aus dem Jahr 2009. Busacca streckte den YB-Fans seinen Mittelfinger entgegen, was Hodel als einziger Fotograf ablichten konnte. «Danach wurden Medien auf mich aufmerksam, aber ein Bild reicht nicht aus, man muss sich weiter beweisen», weiss er. Er wurde von der Agentur Freshfocus engagiert, danach fragte Reuters an und heute ist er Freelancer bei Keystone.

Während es in der ersten Hälfte der Partie gegen den FCZ so richtig «strubusete», kam nach dem Schlusspfiff dann doch noch die Sonne raus. Hodel klappte seinen Laptop gleich am Spielfeldrand auf, doch normalerweise würde er seine Bilder im Fotografenraum bearbeiten. «Jedes einzelne bearbeite ich», erklärt er. Und zeigt sein Lieblingsbild dieser Begegnung: Alexander Gerndt im Zweikampf, die Schneeflocken verleihen dem Bild den sogenannten Kodakmoment.


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T L H Ä Z R E M U E S U M S A D

H C I L T N E G WO IST EI R E T Ü H R O T DER YB? N E B E I L GEB


Einst schraubte sich der Torhüter vor der Haupttribüne beim Eingang Papiermühlestrasse in die Höhe…

... und heute verschönert die Plastik den Quartierplatz auf Seite Sempachstrasse.

CHARLES BEURET

«Sport und Kunst» – so titelte die Berner Presse im Sommer 1957. Gemeint war nicht der eben gross gefeierte Titelgewinn des BSC Young Boys, obschon viele damals die Leistungen der Steffen, Eich, Zahnd, Bigler, Meier, Schneiter und so weiter als «Kunst» bezeichneten… Der Titel bezog sich aber durchaus auf ein Kunstwerk: Vor dem Stadion Wankdorf war eine aus Aluminium gefertigte Statue enthüllt worden, die einen Torhüter darstellte. Einen Goalie, der in elegantem und mächtigem Sprung den Ball behändigte. Beim Kunstwerk handelte es sich um ein Geschenk des Berner Chirurgen Prof. Dr. Max Saegesser, der damit seine langjährige Verbundenheit mit YB und seine entsprechende Dankbarkeit ausdrücken wollte. Geschaffen wurde die Statue von seiner Frau Marguerite, einer damals bekannten Künstlerin. Bei der offiziellen Enthüllung waren zahlreiche Gäste zugegen, selbstverständlich auch Wankdorf-Architekt Muzzulini, der den «Goalie» auf der Seite Papiermühlestrasse vor der Haupttribüne prominent hatte platzieren lassen. Hier strebte eben dieser Torhüter viele Jahre gegen den Himmel (so der einstige Wunsch des Spenders, verbunden mit dem Zusatz «for ever»), doch beim Abbruch des Wankdorfstadions im Sommer 2001 verschwand er vorübergehend von der Bildfläche. Inzwischen waltet er jedoch längst wieder seines Amtes, allerdings etwas abgeschieden und von vielen Bernerinnen und Bernern deshalb unbemerkt. Die Plastik steht seit dem Bestehen des neuen Stadions auf der Seite Sempachstrasse auf der Stadtseite des Quartierplatzes. Hier kommt sie im Schatten der Nachbarliegenschaften etwas weniger zur Geltung als anno dazumal, aber sie ist noch immer da und erinnert den Matchbesucher an erfolgreiche YB-Zeiten.


PETER EICHENBERGER

JUBELN WIE DIE GROSSEN Freude herrscht bei Almere City. Der holländische Zweitligist siegte neulich beim FC Oss 2:1 und konsolidierte damit seinen Platz im gesicherten Mittelfeld. So etwas muss natürlich gefeiert werden: Wenn man genau hinschaut, entdeckt man gewisse Ähnlichkeiten mit dem Jubelbild der Stars von Real Madrid nach ihrem Sieg Anfang April beim FC Barcelona in der Gästegarderobe des Camp Nou.

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TRÜMMLIGES TATTOO Eljero Elia machte wieder einmal mit einer Dummheit auf sich aufmerksam. Einst für 5,5 Millionen Euro von Juventus gekauft, hat er dem SV Werder Bremen eigentlich nur Sorgen bereitet. Schlechte Form, Motivationsprobleme, ab und zu Ärger mit der Polizei und schliesslich die Suspendierung wegen zu schnellem Fahren. Die Erleichterung in Bremen war gross, als man den Holländer erst nach Southampton ausleihen und schliesslich an Feyenoord Rotterdam verkaufen konnte. Dort spielt Elia fast immer, erzielte bereits acht Tore und ist Cupsieger geworden. Nur mit der Rechtschreibung steht er weiterhin auf Kriegsfuss, wie sein Tattoo mit dem falschen Klubnamen zeigt, das er in den sozialen Medien stolz verbreitet hat.

VERSTUMMTE STIMME Der FC Barcelona trauert um Manel Vich – Stadionsprecher ab 1958. Vich trat sein Amt am 10. September 1958 noch im alten Barça-Stadion an, dem Camp de Les Corts. Er blieb 58 Jahre lange im Amt und verpasste dabei nur vier Spiele: einmal wegen der Hochzeit seiner Tochter, dreimal wegen Krankheit. Nun erlag der frühere Radiomoderator mit 78 Jahren einer erst kürzlich entdeckten Krebserkrankung. Der legendäre Stadionsprecher mit der markanten Stimme erlebte 17 Meistertitel, 14 Pokalsiege und 5 Triumphe im Meistercup beziehungsweise der Champions League. Bereits 2015 hat der Verein seinen Sprecher in einem VideoClip gewürdigt. «Ich mache nichts Besonderes für meine Stimme», sagte er damals. «Ich rauche einfach ab und zu eine Zigarette, das ist das Beste.»

FUSSBALLER ÜBER FUSSBALL

Zwei Fussballer äusserten sich im April kontrovers über den Fussball. Juan Mata, spanischer Mittelfeldspieler bei Manchester United, mag den modernen Fussball nicht. Er ärgert sich über die hohen Ticketpreise bei ManU: «40 £, das ist nicht billig», sagte er im spanischen Fernsehen. Er verstehe Menschen, die mit dem «modernen Fussball» nichts mehr anfangen könnten, und findet, dass er ein «lächerlich hohes Gehalt» beziehe. Klar, verglichen mit anderen Fussballern erhalte er nicht übermässig viel, verglichen aber mit 99,9 Prozent der Menschen in Spanien und der Welt verdiene er viel zu viel. Auch den Druck auf die jungen Spieler findet er übertrieben, und überhaupt hätten die Fussballspieler keine Ahnung vom normalen Leben. Anderer Meinung ist der frühere Werderund Hertha-Profi Sandro Wagner, der aktuell bei Darmstadt 98 unter Vertrag steht. «Gemessen an all dem, was man aufgibt, verdienen selbst die Spieler von Bayern München zu wenig», sagte er einer Boulevardzeitung. Ihn stört auch die «Neidkultur in Deutschland»: «Anders als in England, wo man von den Fans für ein geiles Auto gefeiert wird, muss man in Deutschland fünf Strassen vom Trainingsplatz weg parkieren, damit niemand neidisch wird.»

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