YB MAG 3 / Saison 2020/21 (Webversion)

Page 1

AUSGABE 3 SAISON 2020/21

GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS YB-CAPTAIN FABIAN LUSTENBERGER UND SEINE TEAMKOLLEGEN SETZEN IN SPEZIELLEN TRIKOTS EIN STARKES ZEICHEN


Inside

Seit 25 Jahren werden Zeichen gesetzt Beim Heimspiel gegen den FC Zürich (4:0) am 21. März ist YB in schwarzen Spezialtrikots aufgelaufen. Seit 25 Jahren setzt YB Zeichen gegen Rassismus, für Offenheit und gegen Diskriminierung.

YB lief mit einem Transparent mit der Aufschrift «Gemeinsam gegen Rassismus» ins Stadion ein.


Gemeinsam gegen Rassismus

Fabian Lustenberger mit der Regenbogen-Captainbinde.

«Gemeinsam gegen Rassismus» schon vor 25 Jahren: Alain Baumann (rechts) und Gürkan Sermeter.

«Wir sind eine multikulturelle Mannschaft, jeder kann vom Mitspieler profitieren. Da hat es keinen Platz für Diskriminierung oder Rassismus – das sollte überall auf der Welt und in jeder Lebenslage so sein. Entsprechend ist es klar, dass wir als Team mithelfen und Zeichen setzen», sagt YB-Captain Fabian Lustenberger. Beim 4:0-Heimsieg gegen den FC Zürich spielte die Mannschaft in schwarzen Trikots und Lustenberger trug eine regenbogenfarbene Captainbinde – als Zeichen, dass sich der BSC YB als Familie versteht, die offen ist für alle – unabhängig von Herkunft, Aussehen, Geschlecht oder sexueller Orientierung. Beim Betreten des Spielfelds präsentierten die YB-Spieler ein Transparent mit der Aufschrift «Gemeinsam gegen Rassismus».

Vor 25 Jahren begann die Geschichte des Vereins «Gemeinsam gegen Rassismus» und die Zusammenarbeit mit YB. Der Verein war damals in der Auf-/Abstiegsrunde 1995/96 YB-Trikotsponsor und half dem finanziell arg gebeutelten BSC Young Boys mit einer Sammelaktion über die Runden zu kommen.

Im Vorfeld der Partie gingen 1'300 der schwarzen Trikots in den Verkauf, sie waren innert kurzer Zeit ausverkauft. Die getragenen Shirts wurden anschliessend in einer Auktion versteigert, der Reinerlös geht an die Berner Organisation «gggfon» (Gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus).

Seither wurden regelmässig Aktionen durchgeführt. Seit 2004 beteiligt sich YB an den FARE-Aktionswochen. Das Netzwerk FARE (Football Against Racism in Europe) wurde 1999 gegründet und organisiert seit 2001 die Aktionswochen. Häufig spielte YB anlässlich der FARE-Aktionswochen in speziellen Trikots mit der Aufschrift «Gegen Gewalt und Rassismus», die anschliessend versteigert wurden – beispielsweise zugunsten der Fanarbeit Bern.

Stefan Stauffiger


Inside

Meilenstein gegen Leverkusen YB erreicht in der Europa League den Achtelfinal. Trainer Gerry Seoane ist insgesamt zufrieden - obwohl er sich das Ende anders vorgestellt hat.

Es ist der 18. März, als für YB die Reise durch Europa zu Ende geht. An jenem späten Donnerstagabend zieht Trainer Gerry Seoane Bilanz: «Der Einzug in den Achtelfinal ist ein grosses Ausrufezeichen.» Der Start erfolgt am 26. August, kurioserweise vier Tage, bevor die alte Saison mit dem Cupfinal gegen Basel erfolgreich abgeschlossen wird. YB setzt sich gegen Klaksvik von den Färöern 3:1 durch. Die Qualifikation für die Champions League ist das hohe Ziel – aber der Traum platzt gegen den dänischen Meister Midtjylland. Nach dem 0:3 besteht keine Chance auf eine Korrektur, die Sieger der 3. Qualifikationsrunde werden in nur einer Partie ermittelt. Aus der zweiten Teilnahme an der Königsklasse nach 2018/19 wird zwar nichts, aber YB verdient sich den Einzug in die Europa League mit einem 3:0 im Playoff gegen KF Tirana. Eröffnet wird die Gruppenphase gegen die AS Roma. Jean-Pierre Nsame bringt die Berner in Führung, aber das 1:0 reicht trotz guter Leistung nicht für eine Belohnung.

Die Italiener drehen das Spiel, gewinnen 2:1, und Seoane hält fest: «Ich kann der Mannschaft vor allem für die erste Stunde ein gutes Zeugnis ausstellen.» Sieben Tage später gerät YB bei Cluj nach 62 Minuten in Rücklage, findet aber auf den Rückstand die passende Antwort. Christian Fassnacht sorgt mit seinem Treffer dafür, dass der Abstecher nach Rumänien immerhin mit einem Punkt endet. Eine weitere Woche später landet YB den ersten Sieg: Beim 3:0 gegen ZSKA Sofia fallen alle Tore in der ersten Hälfte. Der junge Felix Mambimbi trifft doppelt, dazu ist Miralem Sulejmani erfolgreich. Danach lässt YB gleich den zweiten Erfolg folgen. In Bulgarien bedeutet Nsames 1:0 nach 34 Minuten die Entscheidung im Nebel von Sofia. Am fünften Spieltag sieht es in Rom zunächst gut aus, weil Nsame wieder das 1:0 erzielt. Aber wie schon in Bern drehen die Italiener die Partie und setzen sich 3:1 durch. Darum kommt es zum Abschluss zum Final gegen Cluj.


UEFA Europa League

Grosse Freude nach dem 2:0-Sieg in Leverkusen

Im Wankdorf würde ein Punkt für das Weiterkommen genügen. Bis zur 84. Minute steht es 0:0. Dann fällt das Tor – aber für die Rumänen. Doch YB kann reagieren: In der 93. Minuten beweist Nsame Nervenstärke, als er einen Foulpenalty verwertet. Gianluca Gaudino gelingt gar noch das 2:1 (96.) in der turbulenten Schlussphase. Im Sechzehntelfinal wartet Bayer Leverkusen und gilt als klarer Favorit. Nur: YB zeigt sich davon nicht beeindruckt. Christian Fassnacht, Jordy Siebatcheu und Meschack Elia krönen mit ihren Toren einen starken Auftritt bis zur Pause. In der zweiten Hälfte steigert sich der Bundesligist zwar und schafft den Ausgleich. Aber kurz vor Schluss ist erneut Siebatcheu erfolgreich und trifft zum 4:3. In Leverkusen liefert das Berner Team schliesslich Beeindruckendes ab: Es gewinnt 2:0. Siebatcheu und Fassnacht heissen die Torschützen. Seoane ist danach stolz auf seine Spieler: «Sie arbeiteten unglaublich solidarisch. Die Qualifikation für den Achtelfinal ist sehr hoch einzuordnen.»

Dort bekommen es die Young Boys mit Ajax Amsterdam, vor zwei Jahren Halbfinalist der Champions League, zu tun. Auswärts verlieren sie 0:3, daheim 0:2. Das Verdikt ist deutlich, das anerkennt auch Seoane. «Ajax hat eine tolle Mannschaft, die über zwei Spiele betrachtet klar besser war als wir. Das müssen wir neidlos anerkennen», sagt er, «mich ärgert zwar gerade unsere Leistung in Amsterdam. Aber wenn wir die richtigen Schlüsse daraus ziehen, hat die Niederlage wenigstens den Effekt, dass wir etwas lernen für die Zukunft.» In Bern sieht er ein anderes YB. Er attestiert dem Team «tolles Engagement» und «eine hervorragende Mentalität». Nach 13 Spielen auf europäischer Ebene ist zwar Schluss, aber der Coach zufrieden: «Insgesamt ist das Fazit positiv.» Es ist für eine Schweizer Mannschaft ein schöner Erfolg, bis unter die letzten 16 Mannschaften der Europa League vorzustossen.


Interview

«Ich würde fragen: Wann erlebt man dich hässig?» Der 27-jährige Christian Fassnacht betätigt sich neben dem Fussball als Kleiderdesigner, steht gerne auf dem Tennis- oder Golfplatz und weiss, was er an YB hat. Darum zieht es ihn nicht unter allen Umständen ins Ausland. Christian, seit Juni 2020 absolvierst Du mit YB eine englische Woche nach der anderen. Wie gehst Du mit dieser anhaltenden Belastung um? Einerseits gibt es nichts Schöneres, als alle drei, vier Tage ein Spiel zu bestreiten. Anderseits macht sich irgendwann Müdigkeit bemerkbar, nicht nur die physische, sondern auch die mentale.

Wie begegnet man am effizientesten dieser Müdigkeit? Alle spüren die Strapazen und wissen: Wenn wir erfolgreich sein wollen, müssen wir uns gegenseitig helfen. Wenn die Mannschaft funktioniert, steckt man die hohe Belastung weg.

Wie äussert es sich auf dem Platz, wenn die geistige Frische nicht mehr optimal ist? Wenn man nach den Ferien wieder einmal einen Ball am Fuss hat, ist das eine wahre Freude. Fussball ist das, was wir alle lieben. Die Leidenschaft und der Spass sind auch jetzt riesig. Aber bei dieser enormen Fülle von Spielen droht manchmal so etwas wie Routine aufzukommen. Der Rahmen ist leider jedes Mal derselbe: Die Zuschauer fehlen extrem.

Gibt es unter diesen Voraussetzungen keinen Heimvorteil mehr? Der fällt praktisch weg.

Wie fühlen sich Geisterspiele für Dich an, ob Du nun spielst oder zuschaust? Traurigerweise mittlerweile fast ein bisschen normal, weil wir schon so lange ohne Fans spielen müssen. Vor einem Jahr, als alles anfing, tat ich mich so schwer wie die Kollegen. Ich konnte selber kaum ein Spiel schauen, weil ein leeres Stadion so ungewohnt ist. Aber wir hatten keine Wahl, wir mussten uns damit abfinden. Ich vermisse die Fans unglaublich. Mich interessiert die Fanszene. Bei einem Spielunterbruch schaue ich manchmal in die Kurve und spüre relativ rasch, was da gerade abgeht.

Wie müssen wir uns den Alltag in diesen Wochen und Monaten vorstellen? Gerry Seoane gibt uns immer wieder einmal einen freien Tag. Aber bei unserem Pensum ist das gar nicht so einfach. Einen zusätzlichen Wochentag kann auch er nicht herbeizaubern. Wir trainieren meistens am Morgen, um am Nachmittag die Batterien aufladen zu können. Der Fussball diktiert den Alltag.


Christian Fassnacht

Steht in seiner vierten YB-Saison: Christian Fassnacht.


Interview

Erleichterung nach der Entscheidung: Christian Fassnacht nach seinem Tor in Leverkusen.

Wie schaltest Du am besten ab? Durch mein kleines Modelabel «Cedici», das ich 2019 mit einem Kollegen gegründet habe. Ich male, zeichne, gestalte, feile an möglichen Designs für Textilien und kann so meine Kreativität ausleben. Mir tut das sehr gut. Ausserdem haben wir daheim drei «Büsi», sie geben mir unheimlich viel. Und der grosse Rückhalt ist meine Freundin. Wir versuchen, möglichst viel Zeit gemeinsam zu verbringen.

Woher kommt Deine Leidenschaft für die Modebranche? Früher hatte ich beim FC Thalwil einen Teamkollegen, der selber Kleider gestaltete. Durch ihn kam ich auf den Geschmack, ich merkte: Das ist cool. Derzeit ist das Geschäft ein Hobby. Aber schön wäre es, den Karren so zum Laufen zu bringen, dass ich nach dem Ende meiner Karriere voll in die Modebranche einsteigen könnte.

Abend noch das «aktuelle sportstudio» - das muss nicht sein. Ich kann gut einmal eine Weile ohne Fussball sein. Lieber spiele ich Tennis, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Oder Golf.

Aber eine Runde Golf bedeutet auch einen hohen zeitlichen Aufwand. Genau. Gegenwärtig kommen diese Sportarten zwangsläufig etwas zu kurz, weil sie nicht nur Zeit, sondern auch Energie kosten. Denn wenn ich mich sportlich betätige, dann mit einem gewissen Ehrgeiz. Mit Tennis zum Beispiel habe ich früh angefangen. Ich spielte Turniere und erreichte ein ganz gutes Niveau. Wenn ich nun auf den Platz gehe, möchte ich gefordert werden. Ich mag den Wettkampf.

Falls noch Zeit übrig ist: Bist Du ein fleissiger Fussball-Konsument vor dem Fernseher?

Du bist mit 22 relativ spät Profi geworden. Hattest Du selber immer daran geglaubt, den Durchbruch doch noch zu schaffen?

Natürlich interessiert mich, was läuft. Aber ich sitze nicht dauernd vor dem Fernseher. Bundesliga-Konferenz, danach Premier League und wenn möglich am

Ein Traum war es immer, aber ich war realistisch genug zu wissen, dass es schwieriger wird, je älter ich werde. Ich machte, was ich konnte, war aber nicht verbissen.


Christian Fassnacht

Seit 2017 bist Du bei YB, hast vier Pokale gewonnen, Erfahrungen in der Champions League und Europa League gesammelt, bist auch Nationalspieler geworden: Hört sich Deine Geschichte für Dich ein bisschen kitschig an? Eigentlich ist die Geschichte schon wahnsinnig. Vielleicht ist mein Weg ein Stück weit eine Entschädigung dafür, dass ich später Profi geworden bin als andere. Wenn ich an 2018 denke, an den ersten Meistertitel von YB nach 32 Jahren: Ich war dabei, als Zürcher, mittendrin in einem Verein, den ich liebe, mittendrin in einer wunderbaren Stadt. Mir wurde bewusst, was für ein Glück ich habe, zur richtigen Zeit bei YB und Teil einer Mannschaft zu sein, die Grosses bewerkstelligt. Bei mir löste das eine Wow-Reaktion und extreme Emotionen aus. Und das ist auch heute noch so.

Wer ist ein Gegenspieler, über den Du sagst: «Bloss nicht wieder gegen den spielen...»? Linus Obexer ist ein unangenehmer Gegenspieler - und mein Cousin. Auf dem Platz ist er ungemein aufsässig, und weil er ein Familienmitglied ist, tue ich mich gegen ihn besonders schwer, ihm wehzutun. Er bringt das besser hin als ich (lacht). Ich bin froh, wenn ich mit ihm nicht zu oft in Duelle verwickelt werde.

Du weichst nach einem Match den Journalisten nie aus und hast schon unzählige Interviews gegeben. Welche Frage würdest Du dem Spieler Christian Fassnacht stellen, wenn Du Medienvertreter wärst? Wahrscheinlich würde ich fragen: Wann erlebt man dich einmal hässig?

Dann frage ich das gleich einmal… Du hast Dein persönliches Glück aber sehr wohl mit Leistungen beeinflusst. Ja, klar. Aber es ist eine glückliche Fügung, dass ich Teil eines Klubs sein darf, der hervorragend aufgestellt ist und funktioniert.

Was magst Du an Bern? Die Schönheit der Stadt, die Ruhe in Bern. Und was die Mentalität der Menschen angeht: Ich nehme eine Harmonie wahr, die mir zusagt. Ich habe Leute von hier in meinem Freundeskreis, die gleiche Werte haben wie ich. Bodenständigkeit, korrekter Umgang miteinander, gegenseitige Unterstützung - solche Dinge sind mir wichtig.

Gibt es ab und zu einen Spruch wegen des Zürcher Dialekts? Das kommt in der Mannschaft vor. Die gebürtigen Berner ziehen mich ab und zu auf, wenn ich etwas sage.

...das kommt vor, aber ich halte mich an mein Motto: Ich liebe mein Leben. Darum kann ich nie lange wütend sein, und ich bin auch nicht einer, der gerne streitet. Konfliktsituationen werden innert Kürze bereinigt, nach zehn Minuten ist die gute Laune zurück. Das hat mir auch schon Spitznamen wie «Sonnenschein» eingetragen. Wenn es mir einmal schlecht geht, wird das dafür sofort erkannt, dann fragen mich die Leute, was mit mir los sei.

Du bist seit vergangenem Herbst Botschafter der Laureus-Stiftung, die sich über Sportprojekte für Kinder und Jugendliche einsetzt. Was gibt Dir diese Rolle? Ich habe als Kind selber zu Profis hochgeschaut. Nun kann ich Kindern, die es weniger einfach im Leben haben, allein mit meiner Anwesenheit ein paar unvergessliche Momente bereiten. Es macht mir Freude zu sehen, wie die Kinder Spass haben. Meine Botschaft an sie: Ihr trefft auf Widerstände, aber wenn ihr an etwas glaubt, lasst es auch von niemandem ausreden.

Was denn zum Beispiel? «Rüere» ist so ein Wort: «Rüer mal den Ball!» Dann kommt von Bernern wie David von Ballmoos oder Sandro Lauper umgehend der Einwand: «Rüere kann man in einer Pfanne.» Oder «Zeltli» sind hier «Täfeli».

Hattest Du in Deiner Jugend ein Idol? Roger Federer. Er fasziniert mich bis heute. Im Fussball gab es keinen, von dem ich als Bub sagte: Wow, der ist mein Vorbild.

Du bist nun 27. Wohin soll Deine Reise als Fussballer noch führen? Der Traum vom Ausland existiert schon noch. Aber ich weiss, was ich an YB habe, und möchte es nicht einfach aufgeben, um sagen zu können: Ich war im Ausland, jetzt kann ich das auf meiner To-Do-Liste abhaken. Es müsste zweifellos etwas Gutes sein.

In welche Stadt würde es Dich ziehen, wenn Du wählen dürftest? London. Oder sonst eine Stadt, die auch neben dem Fussball etwas zu bieten hat.


15 Stichworte


Fabian Rieder

15 STICHWORTE FÜR

FABIAN RIEDER 1. SPIEL

Mein erster Verein. Als kleiner Junge begann ich dort bei den F-Junioren mit Fussballspielen. Der Spass mit den Freunden stand im Vordergrund. Später spielte ich auch für den FC Solothurn.

Ich hatte soeben meine erste volle Trainingswoche mit der 1. Mannschaft absolviert, als ich für das Meisterschaftsspiel in Genf gegen Servette nominiert wurde. Dass ich gleich von Anfang an im zentralen Mittelfeld neben Vincent Sierro auflaufen durfte, war schon etwas überraschend. Schön war vor allem auch, dass damals über 5'000 Zuschauer im Stadion sein konnten.

BSC YB

1. TOR

FC KOPPIGEN

Ich war schon immer ein YB-Fan und ging zu Zeiten von Farnerud, Bobadilla und Wölfli oft ins Stadion. Als ich mit 15 Jahren zu den Young Boys wechseln konnte, ging für mich ein Traum in Erfüllung. Die Betreuung, die ich von den Verantwortlichen erhalte, ist exzellent. Ich werde in allen Bereichen unterstützt.

TITEL

Mit der U16- und U18-Mannschaft des BSC YB wurde ich zwei Mal Schweizer Meister. Das waren unvergessliche Erlebnisse. Ich hoffe, dass ich dies mit YB auf Profi-Stufe wiederholen kann.

Ein paar Kollegen haben mich schon darauf angesprochen, wann ich endlich mein erstes Tor erzielen werde. Zu Junioren-Zeiten erzielte ich ab und zu ein Tor, aber im Moment konzentriere ich mich vorerst darauf, die einfachen Sachen richtig zu machen. Dann wird mein erstes Tor sicher bald kommen.

NATIONALMANNSCHAFT

Schon ab der U15 gehörte ich verschiedenen Landesauswahl-Teams an, spielte auch an der U17-EM in England. Und nun habe ich mein erstes Aufgebot für das U21Nationalteam erhalten. Das freut mich sehr.

19


15 Stichworte

LIEBLINGSVEREIN

YB – und der FC Bayern München. Ich kann nicht mehr genau sagen, wann und warum die Sympathie zu Bayern entstand, aber es hat mich auf jeden Fall schon früh gepackt. Der Erfolgshunger des Vereins ist sehr beeindruckend.

FUSSBALLSCHUHE

Meine ersten Fussballschuhe schenkte mir mein Vater, noch bevor ich überhaupt geboren wurde... Er wollte unbedingt, dass ich Fussballer werde.

VORBILD

Thiago Alcántara, der früher in München und nun in Liverpool spielt, finde ich einen fantastischen Spieler. Er hat eine äusserst feine Ballbehandlung, ist physisch stark und trifft oft die richtigen Entscheidungen. Ich mag es, ihm zuzuschauen – auch weil er die gleiche Position spielt wie ich.

AUSBILDUNG

Ich befinde mich in der Sportler-Lehre bei der Feusi im letzten halben Jahr der Ausbildung. Weil bald die Abschlussprüfungen anstehen, bin ich oft mit Lehrbüchern unterwegs, was mir ab und zu einen Spruch der älteren Spieler einbringt. Das Praktikum habe ich auf der YBGeschäftsstelle im Ticketing-Bereich absolviert.

STADION

Allzu viele Stadien habe ich noch nicht gesehen. Unvergessen bleibt aber ein Besuch in der imposanten Allianz-Arena in München, als Bayern Juventus in der Verlängerung aus der Champions League eliminierte. Eindrücklich waren auch das Stadio Olimpico in Rom und die Johann-Cruyff-Arena in Amsterdam, wo wir in der Europa League spielten.

TV

Ich schaue gerne Serien auf Netflix. Während Corona hat es mir manchmal den Ärmel reingezogen, dann konnte es schon vorkommen, dass ich mal drei bis vier Stunden am Stück vor dem Fernseher sass. Ausserdem schaue ich auch oft Fussball, vor allem Champions League und Bundesliga.

PLAYSTATION

Es gab Zeiten, da benutzte ich die Spielkonsole sehr viel. Aber im Moment habe ich ein Time-Out eingelegt und nehme auch nicht an den mannschaftsinternen FIFATurnieren teil. Aber vielleicht muss ich bald mein Comeback geben, um Sandro Lauper wieder mal eine Niederlage zuzufügen ;-).

MEDIA

Meinen Instagram-Account brauche ich vorwiegend, um Sachen zu posten, die die Fussballkarriere betreffen. Ich habe schon gemerkt, dass meine Follower-Zahlen auf einmal rasant gestiegen sind, nachdem ich die ersten Spiele für die 1. Mannschaft absolviert habe.

BERN

Bis zum Alter von sechs Jahren lebte ich in Bern, danach waren wir an verschiedenen Orten im Kanton Solothurn. Trotzdem habe ich einen starken Bezug zur Hauptstadt. Ich gehe gerne in den Rosengarten und im Sommer oft ins Marzili. Das Aare-Böötle darf natürlich auch nicht fehlen.


Schräge Fussballgeschichten

1

4

4

1

Fertig Fantasy Football

Ein zweiter Ball

Fantasy Football ist Vielen ein beliebter Zeitvertreib. Dabei stellt man sich online eine eigene Mannschaft aus realen Spielern zusammen. Auch die Profis von Aston Villa spielen es gerne; nachdem einer nach dem andern Jack Grealish aus seinem Kader entfernt hatte, war das ein offensichtliches Zeichen dafür, dass sich dieser verletzt hatte. Der Klub hat2 te dies vorher nicht kommuniziert, aber so liess es sich nicht mehr unter dem Plastiline Deckel halten. Aston Villa reagierte: die Spieler dürfen Pausenplatzidole William Child ist ein nicht mehr mitmachen. Künstler, der für Animationsfilme gerne auch Fussballer aus Plastilin modelliert. Ronaldo und Erling Haaland schuf er auch schon, hier sehen Sie Carles Puyol, der seinen Auftritt in einer ChampionsLeague-Sendung hatte.

2

3

3

Wiederholungstäter Nicht nur der Letzigrund hatte neulich Besuch von einem Vierbeiner, eine ähnliche Szene trug sich auch in Serbien zu. Dort sorgte ein platzstürmender Hund in der Partie zwischen Lazareva und Kragujevac gleich dreimal für einen Unterbruch. Beim vierten Mal hatte der Schiedsrichter genug und zeigte direkt die Rote Karte. Für wie viele Partien der Hund von der Liga gesperrt wurde, ist uns leider nicht bekannt.

Kuriositäten passieren auch in der heimischen Liga: Zwischen der 46. und der 54. Minute lag in der Partie zwischen Vaduz und YB ein zweiter Ball in der Platzhälfte der Liechtensteiner. Das entging sowohl dem Schiedsrichter als auch dem VAR in Volketswil. Möglicherweise auch deswegen, weil YB nach dem Platzverweis gegen Jean-Pierre Nsame nur zu zehnt spielte und keinen Angriff über links vortrug.

Zum runden Leder

Täglich Fussballgeschichten im Weblog zum runden Leder: blog.derbund.ch/zumrundenleder

35


17 Wer trug die …?

Rolf Zahnd jubelt: Er trug zwischen 1979 und 1986 bei YB die 17.


7

Unsere 17er

In unserer Rückennummer-Serie geht es weiter mit der 17. Lange Zeit war sie ein regelrechter Wandervogel unter den Rückennummern. Aktuell trägt Jordy Siebatcheu die Nummer 17. Der Stürmer spielt seit dieser Saison bei YB und wurde jüngst erstmals für die Nationalmannschaft der Vereinigten Staaten von Amerika aufgeboten. Auf dem Trikot steht bekanntlich der Name «Pefok», so heisst Siebatcheus Mutter. Ihm ist es wichtig, seine Familie einzubinden. Deshalb steht der Name der Mutter auf dem Trikot, die Rückennummer 17 hat Jordys Bruder ausgewählt. Siebatcheus Vorgänger war während drei Jahren – zwischen Winter 2017 und Winter 2020 – Roger Assalé. Der ivorische Angreifer lief 92 Mal in der Super League auf und schoss 31 Tore.

Siebzehn

Benjamin Kololli und Matias Vitkieviez liefen zwischen 2014 und 2016 mit der 17 auf, davor gehörte diese Nummer zwischen 2010 und 2014 dem heutigen YB-Sportchef Christoph Spycher. Er kam in seiner Aktiv-Karriere meistens auf der Position des linken Aussenverteidigers zum Einsatz, ab und zu auch im defensiven Mittelfeld. Für YB bestritt Christoph Spycher 99 Super-LeagueSpiele, dabei erzielte er sieben Tore. Sechs davon waren sicher verwandelte Elfmeter. Davor wechselte die 17 häufig ihren «Besitzer». Zwischen 1986 und 2010 trugen sie unter anderem Guerino Gottardi, Jean-Daniel Gross, Erol Bekirovski, Bajram Kurtulus, Alexander Mitreski, Andrea Rotanzi, Steve Schaad, Sandro Burki, Davide Redzepi, Felix Bastians oder Giuseppe Morello. Zumeist war sie nicht länger als eine Saison bei einem Spieler. Oft war es auch so, dass Spieler davor oder danach eine andere Nummer trugen. Andrea Rotanzi spielte beispielsweise lange mit der Nummer 2 und wechselte dann zur 17. Alexander Mitreski spielte ein Jahr mit der 17 und wählte dann die Nummer 6. Anders war das Anfang der 80er Jahre, damals, als die Rückennummern eigentlich noch gar nicht fix zugewiesen waren. Rolf Zahnd spielte zwischen 1979 und 1986 für die Young Boys und trug jeweils die 17. Der technisch starke Mittelfeldspieler wurde 1986 mit YB Schweizer Meister, er spielte stolze 146 Mal im gelbschwarzen Trikot und erzielte 20 Tore.

Stefan Stauffiger


Pedro Lenz trifft

8

Vincent Sierro

Vincent Sierro übernimmt Verantwortung: Im Spiel gegen Vaduz war er in der Schlussphase Captain.


Vincent Sierro

Ein kluger Kopf im «Breitsch» Er wohne gerne in der Stadt Bern, besonders im Breitenrainquartier, wo er alles in Gehdistanz habe und schnell im Zentrum oder im Stadion sei. Das sagt die Nummer 8 der Young Boys, Vincent Sierro, ein Mann mit Bildung, Stil und Klasse. Sein abgeschlossenes Bachelor-Studium in Wirtschaft und sein grosses Interesse am modernen Fussball zeichnen den Techniker aus, der durchaus auch bereit ist, «Dreck zu fressen», wenn es nötig wird. Der Mittelfeldstratege ist beim FC Sion gross geworden. Er machte für die Walliser 52 Spiele in der U21 und hatte 38 Einsätze in der ersten Mannschaft. Seinen Spielwitz und seine gute Technik eignete er sich freilich schon früher an. «Als Junge war ich in meiner Altersklasse oft einer der Kleinsten, da musste ich die fehlende Physis mit Technik und Übersicht ausgleichen.» Als in der Winterpause der Saison 2016/17 der SC Freiburg bei ihm anklopfte, hatte Sierro eigentlich gar keine Abwanderungspläne. «Mir war es wohl bei Sion und ich hatte eine gute Phase. Doch Freiburgs Trainer Christian Streich überzeugte mich vom Wechsel in die Bundesliga. Leider erlitt ich schon beim allerersten Spiel

«ALS JUNGE WAR ICH IN MEINER ALTERSKLASSE OFT EINER DER KLEINSTEN» mit den Freiburgern eine Muskelverletzung und von da weg war es schwierig, mir einen festen Platz im Team zu erkämpfen.» Der Unterwalliser aus Sierre erklärt in perfektem Deutsch, dass er die eineinhalb Jahre im Breisgau trotz der schwierigen Momente nicht bereue. Denn auch wenn er nur zu wenigen Bundesliga-Einsätzen gekommen sei, habe er in Deutschland gelernt, mit dem Konkurrenzkampf umzugehen und sich in einer fremden Umgebung anzupassen. Dennoch sei er froh gewesen, als sich die Möglichkeit ergeben habe, leihweise zum FC St. Gallen zu wechseln. In der Ostschweiz blühte Sierro wieder auf. Er wurde gleich Stammspieler und mit der Spielpraxis kam der Erfolg. Sierro erzielte in 35 Einsätzen 11 Tore. Ist es nicht schade, dass er bei den Young Boys auf Grund seiner defensiveren Aufgabe seine gute Schusstechnik und seinen Torinstinkt weniger einbringen kann?


Pedro Lenz trifft

«Du musst verstehen, dass das vor allem mit meiner Rolle zu tun hat», erklärt Sierro geduldig. «Bei YB sind in erster Linie andere für die Tore zuständig. Natürlich heisst das nicht, dass ich nicht aufs Tor schiessen darf, aber meine Hauptaufgaben sind der Spielaufbau und je nach Spielsituation auch die Absicherung nach hinten.» Sierro erklärt seine Positionen in den verschiedenen Systemen so detailliert, dass man sofort merkt: da ist einer sehr intensiv mit Taktik beschäftigt. Ja, das stimme, bestätigt er. Einerseits schaue er selbst auch gerne Fussball und dabei achte er immer gerne darauf, wie die Teams taktisch agieren. Anderseits seien taktische Flexibilität und taktisches Verständnis im heutigen Fussball immer wichtiger. Sein Trainer Gerry Seoane lege viel Wert darauf, dass alle Spieler verschiedene Systeme beherrschen, so dass man nötigenfalls auch während eines Spiels ein System schnell anpassen oder umstellen könne. Das sei heute unverzichtbar. Für ihn selbst, sagt Sierro, gebe es diesbezüglich zurzeit kein besseres Beispiel als das, was Manchester City spielt. «Pep Guardiola hat sein Team taktisch so vielseitig, so perfekt geschult, dass es eine Freude ist, Manchester City zuzusehen.» Doch obwohl er gerne Premier League oder Bundesliga schaut, wäre es Sierros Traum, einmal in Spaniens La Liga zu spielen, nicht jetzt, aber vielleicht in einigen Jahren. Ihm sei natürlich klar, dass es dazu konstant sehr gute Leistungen brauche. Trotz dieses Traums verliert Sierro seine Bodenhaftung nicht. Seine Gegenwart ist YB und mit den Gelbschwarzen will er noch viel erreichen.

keiner einen Stammplatz auf sicher, müsse jeder immer volle Leistung bringen, um sich für weitere Einsätze zu empfehlen. Und wenn man einmal doch draussen bleibe, sei das zurzeit halb so schlimm: «Meistens kann man sich drei oder vier Tage später wieder präsentieren.» Der dichte Spielplan komme dem grossen und ausgeglichenen YBKader entgegen. Und auch die Tatsache, dass zurzeit fünf Wechsel möglich seien, spiele YB in die Karten. Sierro kommt ins Schwärmen, wenn er vom YB-Kader spricht. Es sei nicht bloss die Breite und die fussballerische Qualität, die ihn fasziniere, auch die menschliche Komponente sei sehr gut ausgewogen. «Ich bewundere, wie gut dieses Kader zusammengestellt ist.» Neulich lobte YB-Youngster Fabian Rieder die Hilfsbereitschaft seiner Kollegen, besonders hob Rieder neben Silvan Hefti auch Vincent Sierro hervor. «Das freut mich natürlich», sagt Sierro, «aber es ist auch selbstverständlich, dass man einem jungen Teamkollegen hilft. In meiner Anfangszeit als Profi beim FC Sion war ich sehr froh um die Unterstützung von Vero Salatic.»

Pedro Lenz

«Ich finde es bei YB überragend! Alles, was mir Sportchef Christoph Spycher über den Verein erzählt hat, bevor ich mich zum Transfer entschlossen hatte, ist vom ersten Tag an eingetroffen. Spychers Ideen und Vorstellungen hatten mich schon bei den Vorgesprächen überzeugt, aber was noch wichtiger ist: Es gab keine leeren Versprechungen, was er gesagt hat, ist auch wirklich so.» Die Konkurrenz im zentralen Mittelfeld, wo Sierro mal als klassischer Sechser, mal als Achter spielt, ist bei YB bekanntlich gross, besonders jetzt, wo fast alle Verletzten wieder mittun. Das sei gut für das Team, denn so habe

Corona-konformes Treffen: Vincent Sierro und Pedro Lenz beim Videocall.


Mannschaftsgalerie 2005/06

Hinten von links: Disler, Häberli, Marco Schneuwly, Cökmüs, Steinsson, Tiago, Neri, Sermeter. Dritte Reihe von links: Friedli, Yakin, Raimondi, De Napoli, Pirmin Schwegler, Aziawonou, Hodel, Magnin. Zweite Reihe: Mast (Clubpräsident), Baumann (Teammanager), Hottiger (Sportchef), Schori (Arzt), Roder (Arzt), Kobel (Goalietrainer), Zaugg (Trainer), Piserchia (Assistenztrainer), Lindeman (Konditionstrainer), Wetzel (Arzt), Bührer (Physio), Krähenbühl (Physio), Beyer (Physio). Vorne: Imboden (Material), Eugster, Varela, Werro, Wölfli, Bettoni, Portillo, Urdaneta, Tamburrino (Material).

Wiedersehen mit unvergessenen YB-lern Gut – aber nicht gut genug… So kommentierte die Berner Presse damals die Leistungen, die die Young Boys in ihrer ersten Saison im neuen Stadion – es hiess damals noch Stade de Suisse Wankdorf – auf den Rasen brachten. Zwar schauten zuletzt Rang 3, die Cupfinal-Teilnahme und die Qualifikation für den Uefa-Cup heraus, aber das damalige Management hatte sich insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen mehr erhofft. Das erste Opfer der neuen Ansprüche war Trainer Hanspeter «Bidu» Zaugg, der am 17. Oktober 2005 durch Gernot Rohr abgelöst wurde. Das inzwischen 16-jährige Teambild ermöglicht ein Wiedersehen mit vielen unvergessenen YB-lern wie etwa Häberli, Sermeter, Wölfli und Raimondi. Für Letzteren war

diese Meisterschaft eine besondere: Im ersten Spiel gegen Xamax (3:1 für YB, ausgetragen in La Chaux-de-Fonds) flog er «nach einem Versehen des Schiedsrichters» mit Rot vom Platz, und im letzten Match mit Trainer Zaugg (gegen Yverdon in Bern) schoss er in der 1. und 85. Minute die beiden Tore zum 2:2. Zum Trainerwechsel kam es trotzdem… Meister in der Saison 2005/06 wurde übrigens der FC Zürich (78 Punkte, Tordifferenz +50) dank eines FilipescuTreffers in der 93. Minute beim punktgleichen FC Basel (+45). YB erreichte 62 Zähler.

Charles Beuret


Gastspiel

Marco Schällibaum 2001 kehrte YB in die Nationalliga A zurück. Der Trainer damals: Marco Schällibaum. Der heute 58-Jährige erinnert sich an seine Ära in Bern.

«Emotionen! Pure Emotionen!»

«1999 startete ich als Assistent von Christian Gross mit dem FC Basel in die Saison - aber ich machte damals kein Geheimnis daraus: Wenn sich die Gelegenheit ergibt, eine Aufgabe als Cheftrainer übernehmen zu können, möchte ich sie wahrnehmen. Diese Chance bot sich mir schneller als erwartet: Im September übernahm ich bei YB. Der Verein war in die Nationalliga B abgestiegen und steckte in Schwierigkeiten. Er hatte enorme wirtschaftliche Sorgen, und sportlich lief es auch nicht. YB lag nach neun Runden auf dem vorletzten Platz. Aber die schwierige Situation schreckte mich nicht ab, im Gegenteil. Mich reizte die Herausforderung ungemein, der Mannschaft wieder auf die Beine zu helfen. Die ersten Monate waren ziemlich happig, weil der Verein mit den Lohnzahlungen in Rückstand geraten war.

Bis Dezember sahen die Angestellten kein Geld, sollten aber trotzdem Moral zeigen und Leistung abliefern. Wie oft redete ich den Spielern gut zu, wie oft versuchte ich, sie zu motivieren und zu versichern, dass alles schon gut käme… Es war eine Mammutaufgabe, anders kann ich das nicht sagen. Die Probleme belasteten das Team, einzelne Spieler wussten nicht, ob sie Ende Monat jeweils die Rechnungen begleichen konnten. Die Spieler zogen mit und zeigten grosse Bereitschaft, sich aufzulehnen. Wir mussten zwar in die Abstiegsrunde, aber mit Beginn des Jahres 2000 ging es los. Unser erstes Spiel fand in Solothurn statt, die Ambiance im Stadion war gut mit vielen YB-Fas - und wir gewannen 2:1. Das gab uns Mumm für die bevorstehenden Monate. Am Ende hatten wir das Ziel erreicht, wir schafften auf souveräne Weise den Ligaerhalt.


Marco Schällibaum

Der Verein konnte sich finanziell stabilisieren, und im Sommer 2000 lancierten wir einen Neustart. Wir verpflichteten Spieler wie Erich Hänzi, Thomas Häberli, Gürkan Sermeter, Harutyun Vardanyan, Artur Petrosyan oder Mark Disler, die sich für uns als Glücksfälle erwiesen und massgeblichen Anteil am Aufschwung hatten. Wenn ich an Disler denke… Er war kein überragender Fussballer, aber wahnsinnig unangenehm für jeden Gegner. Und dann sein Wille! Oder die beiden Armenier: Vardanyan war extrem unerschrocken, Petrosyan der Motor im Mittelfeld. Mit diesen Transfers bewiesen wir ein gutes Näschen und wuchsen zu einer echten Einheit zusammen. Wir liessen die Zeit der Probleme und Ungewissheiten hinter uns. Die Leute merkten, dass da eine Mannschaft mit guter Mentalität unterwegs war, Spieler, die sich für YB ins Zeug legten, die ehrliche Arbeit ablieferten, erfolgshungrig waren und zielstrebig Richtung Nationalliga A strebten. Mit der Qualifikation für die Auf-/Abstiegsrunde erreichten wir ein erstes Etappenziel. Der Teamspirit war überragend, die Dynamik beeindruckend, wir strotzten vor Selbstvertrauen. Mitte Mai war es soweit: Noch vor Ende des Pensums stand unsere Rückkehr in die Nationalliga A fest. Was an Erinnerungen haften bleibt? Emotionen! Pure Emotionen! Und das Fest im Zelt hinter dem Wankdorf. Der grosse Polo Hofer sang, und wir alle sangen mit ihm auf der Bühne «Alperose», nicht besonders talentiert, aber laut. «Alperose» bekam irgendwie jeder hin.

Marco Schällibaum wurde 1999 YB-Trainer.

Grosse Freude nach dem Aufstieg 2001: Marco Schällibaum und Gürkan Sermeter.

Die vier Jahre in Bern sind tief in meinem Herzen. Ich lernte eine wunderbare Stadt kennen, ich lernte die Menschen schätzen. Mir gefiel ihre Geselligkeit und Bodenständigkeit. Mir als Zürcher wurde es sehr einfach gemacht, mich wohl zu fühlen und mich nicht nur mit dem Club zu identifizieren, sondern auch mit der Umgebung. Als es noch nicht so gut lief, ging ich mit der Mannschaft auf den Gurten. Wir schauten alle hinunter auf die Stadt, und ich sagte: «Jungs, das hier ist unser Reich, das müssen wir verteidigen. Wir müssen für Bern und die ganze Region kämpfen.» Wenn ich heute nach Bern komme, werde ich ab und zu noch angesprochen. Das zeigt, dass ich einiges richtig gemacht habe.» Marco Schällibaum denkt gerne an die YB-Zeit zurück.


Vor 20 Jahren

Der doppelt gefeierte Aufstieg Bald ist es 20 Jahre her, dass YB nach zwei Jahren in der Nationalliga B wieder in die höchste Spielklasse aufgestiegen ist. Der Aufstieg Mitte Mai 2001 war enorm wichtig für den Klub. Es entstanden Euphorie und Aufbruchstimmung, YB machte wieder Freude, YB machte wieder glücklich. Der temporäre Umzug ins Neufeld stand bevor, während das neue Wankdorf gebaut wurde. Die Spiele im Neufeld zwischen 2001 und 2005 waren «Kult» – es darf bezweifelt werden, ob das auch in der zweithöchsten Spielklasse so gewesen wäre. YB und die Fans feierten den Aufstieg gleich an zwei Abenden unter der Woche. Das kam so zustande: Ein paar Wochen zuvor, an der Generalversammlung, hatte der damalige Marazzi-Generaldirektor (und spätere YB-Präsident) Werner Müller alle Anwesenden zu einem Spielbesuch im damals neu eröffneten St. Jakob-Park in Basel eingeladen – um zu sehen, wie es in Bern im neuen Wankdorf auch mal werden könnte. YB stellte also bei der Liga den Antrag, gegen Winterthur am 15. Mai anzutreten, um tags darauf nach Basel reisen zu können und dort dem Spiel gegen GC beizuwohnen. Dem Antrag wurde

stattgegeben, YB spielte am Dienstag, alle anderen Partien der Auf-/Abstiegsrunde fanden am Mittwoch statt. So kam es, dass YB mit einem Sieg gegen Winterthur an diesem 15. Mai den Aufstieg drei Runden vor Saisonschluss mehr oder weniger sicherstellen konnte. Vor 6'350 Zuschauern gewannen die Gelbschwarzen mit 2:0. Sermeter verwandelte nach 80 Minuten einen umstrittenen Penalty, kurz vor Schluss – unmittelbar nach einer Grosstat von Torhüter Collaviti – entwischte Tholot und stellte den Sieg sicher. Obwohl der Aufstieg rein rechnerisch noch nicht Tatsache war, gab es im Wankdorf kein Halten mehr. Der Rasen wurde gestürmt, die Fans liessen ihre Aufsteigerjungs lange und ausgiebig hochleben. Immer wieder wurden Trainer Schällibaum und Spieler wie Captain Hänzi, Vardanyan, Sermeter, Disler, Häberli, Descloux, Burri, Tholot, Collaviti, Petrosyan oder Fryand skandiert. Die Akteure genossen es und liessen sich auf dem Dach des Spielertunnels stehend feiern. «Es müsste sehr viel passieren», dass YB der Aufstieg noch entgleiten könnte, stand tags darauf im «Bund».


YB-Aufstieg 2001

Torschütze Didier Tholot wird gefeiert, daneben freut sich Damian Seweryn (links).

Nach dem Abpfiff des Spiels YB - Winterthur gab es kein Halten mehr.


Vor 20 Jahren

Yverdon hätte mit drei Siegen punktemässig noch zu YB aufschliessen können. Doch dieses Szenario hielt niemand für realistisch und es traf auch nicht ein. So reisten die Young Boys und rund 200 Mitglieder am Mittwoch, dem 16. Mai 2001, nach Basel ins «Joggeli», die Gedanken waren aber beim Spiel Yverdon - Aarau. Würde Yverdon nicht gewinnen, wäre der Aufstieg zu 100 Prozent gesichert. Just als GC in Basel in der 91. Minute den 2:3-Anschlusstreffer erzielt hatte, kam per SMS die Kunde aus Yverdon: Schlusspfiff, Yverdon - Aarau endet 1:1. Grosser YB-Jubel im St. Jakob Park, verwunderte Blicke in den angrenzenden Sektoren. Während die YB-Belegschaft feierte, wurde es in Basel wenig später ganz ruhig. GC gelang noch der 3:3-Ausgleich. YB stieg also 2001 quasi im «Joggeli» auf. Zurück in Bern, wurden die «Aufsteigerjungs» von einer Hundertschaft Fans empfangen – Aufstiegsfest Nummer zwei konnte beginnen. Bis in die frühen Morgenstunden wurde im alten Stadionrestaurant im Wankdorf gefeiert. Nun ganz entspannt und mit der totalen Gewissheit: «YB isch wieder dobe!».

Wie steht es in Yverdon? Diango Malacarne erwartet ein SMS.

Stefan Stauffiger

Jubel im St. Jakob Park: YB ist aufgestiegen!

Gürkan Sermeter «duscht» Assistenztrainer Harald Gämperle.

Harutyun Vardanyan (mit Hörnern) und Alexander Mitreski (rechts) lassen sich feiern.


Das Museum erzählt

«Matschprogramm – mit Totomat – vierzig Rappe!»

Heutzutage sind wir unverzüglich informiert, wenn irgendwo im Schweizer Spitzenfussball (oder in einer der grossen ausländischen Ligen) ein Tor fällt: Internet und Handy machen es möglich. Das war freilich nicht immer so… Einst war man auf den Totomat angewiesen. Auch beim YBMatchbesuch im Wankdorf.


Der Totomat

Die Totomat-Tafeln im Museum würden also das Spiel FC Zürich - Winterthur betreffen. Das wahre Schlussresultat dieser Partie lautete allerdings nicht 2:5, sondern ebenfalls 3:1.

Das hier abgebildete Matchprogramm mit Totomat stammt vom 11. September 1960, als YB das Spiel gegen den damaligen Spitzenclub FC La Chauxde-Fonds vor 19‘000 Zuschauern 3:1 gewann.

1958: Keine Fernseh-Matchberichte, am TV sind jeweils wenigstens die Länderspiele (schwarz-weiss) zu sehen. Es gibt noch keine Lokalradios. Radio Beromünster, der Schweizer Landessender, überträgt - nach der sonntäglichen Bauernstunde - die zweite Halbzeit irgendeines Meisterschaftsspiels der Nationalliga A. Die Zeitungen hingegen sind im Wankdort immer präsent. Nach den YB-Heimspielen sind Matchberichte im «Bund», «Berner Tagblatt», in «Neue Berner Zeitung», «Tagwacht», «Neue Berner Nachrichten», «Tages-Nachrichten» (Münsingen), «Emmentaler Blatt» (Langnau), «Tip» und «Sport» zu lesen. Den «Blick» gab es noch nicht – er erlebte seine Geburtsstunde am 14. Oktober 1959. Wer in Bern fussball-interessiert ist – und das sind in dieser Zeit fast alle – erfährt von den Geschehnissen in der Nationalliga A entweder am Sonntagabend ab zirka 18 Uhr (Strassenverkauf der Erstausgaben von «Bund» und «Tagblatt» auf den wichtigsten Plätzen der Stadt Bern) oder dann eben erst am Montag. Wer im

Wankdorfstadion war, liest die Berichte (es sind meistens reine Schilderungen des Spielverlaufs) nochmals nach, erlebt den Match auf diese Weise erneut mit. Zudem erhält er einen kompletten Überblick auf den Spieltag der unteren Ligen: Insbesondere die 2. Liga interessiert. Kein Wunder, es gibt eine Stadtberner Gruppe: Die Meisterschaft mit Helvetia, Minerva, Zähringia, Länggasse, Victoria, Sparta, Köniz, Bümpliz, Ostermundigen, WEF und YB II (dem sogenannten «Prom») wird damals aufmerksam verfolgt. Gespielt wird meist am Sonntag um 10:15 Uhr – Zeit also zum Mittagessen daheim vor dem Matchbesuch im Wankdorf… Im Sommer spielte man um 15:00, in der kalten Jahreszeit um 14:30 Uhr.

Mit 40 Rappen war man informiert Wer damals am Nachmittag im Wankdorf war und das YB-Spiel vor Ort mitverfolgte, konnte sich – falls er 40 Rappen investierte – dank dem Matchprogramm laufend


Das Museum erzählt

Der Totomat stand anfänglich hinter dem Tor Seite Sempachstrasse, später zwischen grosser Stehrampe und Sempachstrasse (siehe Kreis).

Der Totomat-Kasten im alten Wankdorf, kurz vor dem Abbruch.

über die Resultatentwicklungen auf den anderen Plätzen ins Bild setzten. Dafür sorgte der Totomat. Er war ein etwa zehn Meter langer und drei Meter hoher Kasten, der oberhalb der Zuschauerränge zuletzt auf der Seite Sempachstrasse aufgestellt war. Per Telefon wurden alle Resultatveränderungen auf den anderen Plätzen hierher übermittelt. Der «Chef» nahm sie entgegen und dirigierte seine Mannschaft. Laufend wurden emsig Tafeln ausgewechselt – es waren vier bis fünf Mann, die jeweils ehrenamtlich zum Einsatz gelangten. Jedes der 14 Spiele (sieben der NLA, sieben der NLB) besass eine Nummer - im Matchprogramm gab es dazu den gültigen Schlüssel. Der Totomat war auch noch später in Aktion, als die Nationalliga A auf 16 Mannschaften aufgestockt wurde. Er verlor mit zunehmender Technisierung (Lokalradios, TV, Handy) immer mehr an Bedeutung. Der Kasten im Wankdorf wurde schliesslich zusammen mit dem alten Stadion im Sommer 2001 abgerissen – übrig geblieben sind immerhin noch ein paar Tafeln im Museum, die einst ein Resultat anzeigten. Die orange Ziffer bedeutete «Schlussresultat».

Charles Beuret


Unvergessene Spieler

Urs Zurbuchen Er war der Meistergoalie 1986. Aber nicht nur. Er gewann mit Gelbschwarz auch den Schweizer Cup 1987 und stand neun Jahre als Nummer 1 im Tor: Urs Zurbuchen, der Zürcher, schrieb in Bern ein langes und erfolgreiches Kapitel in der YB-Geschichte mit.

Auf ihn war Verlass: YB-Goalie Urs Zurbuchen – hier vor der Saison 1988/89.


Urs Zurbuchen

Urs Zurbuchen wird demnächst 60-jährig (wie doch die Zeit vergeht!) – und ist im Berufsleben noch immer aktiv: Seit vielen Jahren ist er Schulhaus-Abwart in Wädenswil. «Seine» Oberschüler, lacht er, respektierten ihn wegen seines «strengen Blicks». So, wie einst wohl auch die Stürmer der gegnerischen Mannschaften, wenn sie sich im YB-Strafraum aufhielten. Es gäbe viel zu schreiben über die einstige Nummer 1 von YB. In den neun Jahren hat er viel Positives und wenig Negatives erlebt. Seine Highlights waren erstens der Meistertitel, zweitens der Cupsieg und drittens der 1:0-Heimerfolg im Europacup der Meisterclubs gegen Real Madrid – und dann auch noch seine zwei Länderspiele. Sie ergaben ein 2:1 gegen Mexiko in Querétaro und ein 2:0 (mit den YB-Teamkameraden Weber, Bamert, Wittwer, Bregy) gegen Frankreich in Lausanne. Im Nationaldress hat Zurbuchen stets gewonnen. Klar, es gab in seiner Berner Karriere auch ein paar Rückschläge: Etwa die «heute noch unverarbeitete» HalbfinalNiederlage im Cup gegen den B-Club FC Schaffhausen oder auch sein letztes Jahr im Wankdorf, als man ihm keinen neuen Vertrag mehr anbot. Es war die Zeit, als YB jeden Franken zweimal umdrehen musste, bevor man ihn ausgab. So wurde Urs Zurbuchen im Berner Tor schliesslich von seinem damals besten Kumpel und Freund Bernard Pulver abgelöst. Mit seinen Vor- und Nachfolgern zwischen den Pfosten hatte Zurbuchen immer ein kameradschaftliches Verhältnis: Es waren Mollard, Kobel, Knutti und Pulver.

Sechs Trainer in neun Jahren Als Zurbuchen in Sommer 1983 vom FC Zürich (1978-82) via FC Wettingen (1982/83) ins Wankdorf kam, hiess der YB-Trainer Kurt Linder. Es folgten Walter Eich, Alexander Mandziara, Tord Grip, Pal Csernai und schliesslich Martin Trümpler. Die Trainer wechselten, im Tor aber stand, wenn er nicht gerade wegen einem seiner zahlreichen Bänderrisse ausfiel, fast immer Urs Zurbuchen. Eine besonders gute Erinnerung hat der Goalie an Mandziara: «Er hat das Meisterteam aufgebaut, indem er auf die zentrale defensive Achse mit Conz, Weber, Bamert und Bregy – und später Prytz – setzte. Da konnten sich alle anderen entfalten.» Auch deren Namen sind unvergessen: Lunde, Baumann, Schönenberger, Siwek, Wittwer, Zuffi und andere.

Cupsieg 1987: Urs Zurbuchen applaudiert seinem Captain Jean-Marie Conz.

Der Goalie hat in seinen neun Jahren manchen aussergewöhnlichen Mitspieler erlebt – als klar Besten dieser Kategorie bezeichnet er den Schweden Robert Prytz, aber ein ganz aussergewöhnlicher Fussballer sei auch JeanMarie Conz gewesen: «Technisch, taktisch, konditionell äusserst stark – aber wohl eine Spur zu lieb. Wie ich…», fügt er lachend an. Gemessen an den gelben Karten hat Zurbuchen recht: Er kassierte in den YB-Jahren keine einzige. Der ehemalige Torhüter zu seinen anderen «Schwächen»: «Vielleicht die Flankenbälle», sagt er. Anderseits habe er das Gefühl, dass seine Qualitäten beim Dirigieren seiner Abwehr besonders zum Tragen gekommen seien: Er habe das Spiel des Gegners gut lesen können.

Abgelöst von der neuen Generation Weil der BSC Young Boys nach 1986 ganze 32 Jahre lang keinen Meistertitel mehr gewann, genossen die Zurbuchen, Lunde, Weber und Co. in Bern und auch im YB-Museum über Jahrzehnte eine Art «Heldenstatus» – vergleichbar mit den einstigen vierfachen Meistern der Ära Sing. Inzwischen ist Mandziaras Team von der aktuellen gelbschwarzen Generation nachhaltig abgelöst worden. Zur grossen Freude des ehemaligen Meister-Keepers: «YB ist und bleibt mein Klub, auch wenn ich nicht mehr in Bern wohne. Wenn immer möglich war ich im Wankdorf am Match – ich hoffe, dass ein Spielbesuch bald wieder drin liegt.» Bei YB-Spielen fiebert er zurzeit von zuhause aus mit: «Vor dem Fernseher und als Hörer von Radio Gelbschwarz!»

Charles Beuret


Marko Dangubic

Der Traumjob des Marko Dangubic Das einstige Stürmertalent bildet in der Youth Base Offensivspieler aus. Daneben treibt der 25-Jährige sein Studium der Rechtswissenschaften voran.

Wie muss sich ein Stürmer vor dem Tor verhalten? Welche Laufwege schlägt er im Idealfall ein? Wann erwischt er den Verteidiger auf dem falschen Fuss? Was macht er in Situation X, warum etwas anderes in Situation Y? Marko Dangubic beschäftigt sich im Alltag immer wieder mit solchen und ähnlichen Fragen - und liefert Antworten. Denn: Der 25-Jährige ist seit bald zwei Jahren in der Youth Base von YB als Stürmertrainer tätig und mitverantwortlich für die Ausbildung der Offensivspieler von der U16 bis zur U21.

gegnerischen Tor. Früh wechselt er in den Nachwuchs von YB und erhält Aufgebote für Schweizer Nachwuchsauswahlen. Natürlich hat er konkrete Vorstellungen davon, wie seine berufliche Zukunft aussehen soll: Profi will er werden, die grosse Bühne betreten, am liebsten bei YB. Ein Idol hat er auch: Miralem Sulejmani, der Serbe spielt von 2008 bis 2013 bei Ajax Amsterdam. Von ihm hat Dangubic ein Dress, das er von Sulejmani signieren lässt, als dieser zu YB kommt.

Was für ihn diese spezifische Aufgabe ist? «Ein Traumjob!», sagt er, «die Rolle ist extrem reizvoll: Ich weiss, welche Anforderungen ein guter Stürmer erfüllen muss, verfüge über einige Erfahrungen und gebe sie gerne weiter.» Und: «Junge Spieler auszubilden und zu sehen, dass sie Fortschritte machen, das ist die Herausforderung, die ich liebe.»

In Kehrsatz, der Wohngemeinde der Dangubics, kickt Marko auch in seiner Freizeit. Die Schule ist daneben für ihn keine lästige Pflicht, er lernt gerne und schnell. Und im Fussball kommt er zügig voran. Aber kurz nach seinem 16. Geburtstag müssen er, sein Bruder und die Mutter einen schweren Schicksalsschlag verkraften. Der Vater verstirbt, völlig unerwartet. Marko nimmt sich vor, erst recht alles dafür zu tun, Profi zu werden.

Das Talent aus Kehrsatz

Gesundheitliche Probleme

Dabei ist Dangubic in einem Alter, in dem er eigentlich nicht Trainer sein sollte - wenn alles so gelaufen wäre, wie er sich das vorgestellt hat. Ist es aber nicht: Dangubic, das Talent von einst, hat seine Hoffnung auf eine Karriere als Profi in der Super League 2018 aufgegeben. Natürlich hat ihn das geschmerzt, vielleicht hätte er andere Entscheidungen fällen sollen. «Aber im Nachhinein ist man immer klüger», sagt er, «es lässt sich nicht mehr ändern.»

Von nichts und niemandem will er sich von seinem Weg abbringen lassen. Mit 16 muss er sich an der rechten Hüfte operieren lassen, kehrt auf den Trainingsplatz zurück, hat aber weiterhin Schmerzen. Darum erfolgt wenig später der nächste Eingriff, ausserdem wird die linke Hüfte operativ behandelt. Mehrere Monate fällt er aus. Aber deswegen resignieren? Sich vom geliebten Fussball verabschieden? Niemals! Dangubic kämpft sich zurück, immer wieder.

Marko Dangubic gilt in seiner Jugend als grosses Talent. Der Sohn serbischer Eltern, die aus der Kleinstadt Vršac unweit der Grenze zu Rumänien stammen, fängt beim FC Belp an. Er ist geprägt von seinem Vater Milan, der in seiner Heimat einst Profi war und in der Schweiz bei Belp spielte. Marko fällt auf mit seinen Fähigkeiten vor dem

Die Tage des Marko Dangubic sind gut ausgefüllt. Er besucht neben dem Fussball das Sportgymnasium Neufeld und schliesst es erfolgreich ab. Die Matura eröffnet ihm die Perspektive, sich eines Tages an einer Universität einzuschreiben. Aber das Studium kann nun warten, weil


sich Dangubic der ersten Mannschaft von YB nähert. Mit 20 steht er an der Schwelle und kurz vor der Beförderung, nur: Die Aussichten, zu Einsätzen zu kommen, sind bei der grossen Konkurrenz nicht rosig.

YB HUUS powered by

Student an der Uni Bern Er wechselt in die Challenge League zum FC Wohlen und hat erneut gesundheitliche Probleme: Gehirnerschütterung, Bänderriss, Zwangspause. Nach einem Jahr in Schaffhausen ohne viele Einsätze trägt Dangubic das Trikot des FC Köniz - und Ende 2018 ist die U21 von YB wieder seine Mannschaft. Er merkt, dass es angebracht ist, sich neu zu orientieren. «Das nötige Glück fehlte, um den Durchbruch zu schaffen», sagt er. Aus ihm wird nun ein Student der Rechtswissenschaften an der Universität Bern, inzwischen steht er im vierten Semester. Fussball spielt er trotzdem weiterhin, seit Sommer 2019 in der Promotion League beim FC Breitenrain. Und eben: Er ist Trainer. Er schätzt die Zusammenarbeit mit ausgewiesenen Fachkräften. «Das sind alles Profis, von denen ich profitieren kann», sagt er, «es macht Spass mit ihnen, es macht auch Spass mit den Jungen, die man im Junioren-Spitzenfussball fördern kann. Sie geben einem sehr viel zurück.» Der serbisch-schweizerische Doppelbürger Dangubic, der mit seiner Mutter immer noch in Kehrsatz lebt, liebt den Austausch mit anderen Coaches, das Fachsimpeln, die Diskussionen über Trainingsinhalte. Der Fan von YB und Manchester United kann sich vorstellen, eines Tages selber eine Mannschaft zu übernehmen. Was immer die Zukunft bringt, die Gegenwart fühlt sich gut an: «Ich bin glücklich mit meiner Situation.»

SPORTKLINIK BERN Gelenkklinik Bern AG

Youth Base Partner des YB HUUS Im März 2016: Marko Dangubic mit der Schweizer U20-Nationalmannschaft gegen Deutschlands Pascal Stenzel.


YB-Fans

Das YB-Museum im eigenen Keller Fabian Wiederkehr wohnt im aargauischen Waltenschwil, inmitten von GC-, FCZ- und FCB-Fans. Vier Fahnen zieren das Haus der Familie Wiederkehr. Stünde es in der Nähe von Bern, so wäre das nichts Ungewöhnliches. Seit der Meisterserie gehören gelb-schwarze Fahnen zum Strassenbild der Region. Fabian Wiederkehr hingegen wohnt mit seiner Familie im aargauischen Waltenschwil, knapp 100 Kilometer vom Wankdorf entfernt, «umzingelt von GC-, FCZ- und FCB-Fans», berichtet der leidenschaftliche YB-Fan. «In jedem Auto baumelt hier ein Wimpel von einem anderen Team. Da musste ich Gegensteuer geben», sagt der 45-Jährige und lacht. Heute ist sein Haus sogar im Kindergarten als das «gelbe Haus» bekannt, kein Kindergärteler verirrt sich mehr. Angefangen hat alles viel früher: mit einer Grusskarte, auf der das alte Wankdorfstadion abgebildet war. Fabian Wiederkehrs Vater hat diese in den 60er Jahren von einem Onkel erhalten. Als er in Bern zu Besuch war und sie am alten Wankdorf vorbeispazierten, war es um den heute 69-Jährigen geschehen. So kommt es nicht von ungefähr, dass auch Fabian und seine zwei Brüder YB-Fans wurden. Bei Fabian Wiederkehr gab es eine Pause von 15 Jahren, in denen er selber Fussball spielte und sich weniger für


In Corona-Zeiten

Fabian Wiederkehr hat ein eigenes YB-Museum im Keller.


YB-Fans

die höchste Schweizer Liga interessierte. Als er und seine Frau das Haus in Waltenschwil kauften und das erste Kind unterwegs war, spürte er: «Ich brauchte ein Hobby für mich allein.» Diese Entscheidung fiel zeitlich mit der Eröffnung des Stade de Suisse zusammen. Allein war er dann doch nicht: Auch sein Vater und sein Bruder Pirmin kauften sich ein Saisonabo. Seither sitzen sie im Sektor D9 auf dem Balkon. Anfänglich reisten sie allein aus dem Aargau an, heute treten gut ein Dutzend Fans die Reise nach Bern jeweils gemeinsam an. Der Nachwuchs von Fabian Wiederkehr ist ebenfalls dem YB-Virus verfallen: Levin (14) sitzt (noch) beim Vater auf dem Balkon oberhalb der Fankurve, Janis (16) hat bereits seinen eigenen Kollegenstamm im heimischen Wankdorf aufgebaut. Von ihm stammen jeweils die Sujets der Fahnen, die der Vater auf Stoff drucken lässt. In der Saison 2017/18, als YB nach drei Jahrzehnten das erste Mal wieder Schweizer Meister wurde, war Fabian Wiederkehr noch abergläubisch und hängte an jedem Matchtag die entsprechende Fahne raus. «Heute gewinnt YB auch ohne dieses Ritual», sagt er. Einmal sei ihm eine Fahne gestohlen worden. Im Verdacht hat er aber nicht seine Nachbarn, die als GC-Fans immer noch in ihren Erinnerungen als Rekordmeister schwelgen, sondern unbekannte Jünglinge. Den Diebstahl nimmt er sportlich, denn im Keller hat er noch 21 weitere Fahnen. Und nicht nur das: 40 OriginalYB-Shirts, zwölf Stadionleibchen, fünf Stadionjacken, 22 YB-Jacken, 18 Polo-Shirts, 30 T-Shirts, 38 Schals, 25 Caps und vieles mehr besitzt er. Und dieser Keller hilft ihm manchmal auch im Wankdorf: Wegen seines Aargauer Dialekts werde er von anderen Anhängern manchmal aufgezogen. Keiner nimmt ihm zuerst ab, dass er YB-Fan ist. Dann zückt er sein Handy und zeigt Bilder von seinem Keller. «Spätestens dann verstummt jeder», sagt er stolz. Eines seiner Lieblingsstücke ist ein Trikot von Christoph Spycher, dem heutigen YB-Sportchef. «Um sieben Ecken und via den FC Aarau fand das Shirt zu mir», erinnert er sich. Unterschrieben ist es heute auch, weil Wiederkehr es bei einem Saisonstart-Event zu einem dieser beliebten Unterschriften-Nachmittage mitgenommen hat. Nicht alle Trouvaillen seiner Sammlung kamen als Einzelteile zu ihm, manchmal steigerte er «bis zum

Aargauer YB-Fans: Beat, Fabian und Janis Wiederkehr.

Gehtnichtmehr» bei einer Kellerräumung mit. Ganze Keller finde man heute nicht mehr zum Kauf, weil die Fans nun ihre Sachen behalten. Schliesslich ist YB Serienmeister. Im Keller der Wiederkehrs hat sich in all den Jahren ein ziemliches Vermögen angesammelt – emotional unbezahlbar –, aber nun habe er endlich auch eine Versicherung abgeschlossen. Unten im Keller schaut sich Fabian Wiederkehr jeweils die YB-Partien an. Hier wurden schon viele interessante Gespräche geführt, wurde mitgefiebert, in Erinnerungen geschwelgt, wurden YB-Europacup-Reisen geplant und die eine oder andere Freudenträne verdrückt. Die Utensilien sind ein kleiner Trost, dass er wegen der Coronakrise aktuell nicht vor Ort im Wankdorf dabei sein kann. In 15 Jahren hat er nämlich gerade mal zehn Partien verpasst, das Virus vermasselt also seine Statistik ziemlich. An Matchtagen gehen seine Frau und die Tochter aus, damit er noch zwei Fans in den Keller einladen kann. Wiederkehr versucht, sich an die zeitweise geltende Höchstvorgabe von fünf Personen zu halten, das gelang ihm bisher. Etwas leise schiebt er nach: «Mit einer Ausnahme im Europa-League-Spiel gegen Bayer Leverkusen.» Doch da gelang den Bernern schliesslich Historisches. Historisches, das Fabian Wiederkehr derzeit daheim auf dem Sofa erleben muss. Immerhin im perfekten gelb-schwarzen Umfeld.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.