Festspielzeitung Bayreuth 2013

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Bayreuther

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Bayreuth, Juli/August 2013

Ein Ring, geschmiedet und geölt Die modernen Nibelungen arbeiten in der aktuellen Ring-Inszenierung am Bohrturm

Bei der Pressekonferenz, wenige Stunden vor dem Beginn der diesjährigen Festspiele: Die beiden Festspielleiterinnen Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner mit Ring-Regisseur Frank Castorf. Auf Fragen von Journalisten nach ihrem Ahnherren antwortete Katharina Wagner, dass der „Spirit“ ihres Urgroßvaters überall spürbar sei. Eva Wagner-Pasquier erinnerte sich voller Stolz an die frühen Jahre, in denen sich die Festspiele mit „Neu-Bayreuth“ nach dem Zweiten Weltkrieges neu definierten. 24 Stunden nach der diesjährigen Premierenaufführung mit der romantischen Seefahreroper „Der fliegende Holländer“ kommt es zur eigentlichen Premiere der Festspiele: Am Freitag, 26. Juli, hebt sich der Vorhang für das „Rheingold“, der ersten Oper der Ring-Tetralogie. Es folgen „Walküre“ am Samstag, 27. Juli, „Siegfried“ am Montag, 29. Juli, und „Götterdämmerung“ am Mittwoch, 31. Juli. Bei der Eröffnungspressekonferenz am Donnerstagvormittag im Festspielhaus hörten die beiden Festspielleiterinnen Eva Wagner-Pasquier und Kathari-

na Wagner Journalistenfragen zum mit Spannung erwarteten „Ring“. Da Haupt- wie auch Generalproben teilweise für Gäste geschlossen waren, wird viel über die Inszenierung spekuliert. Vom Dirigenten Kirill Petrenko gab es im Vorfeld keine Äußerungen über die Probenarbeiten. Regisseur Frank Castorf nahm bei der Pressekonferenz auf Nachfrage zu seinen kritischen Anmerkungen im Hinblick auf die Probensituation Stellung. Die Arbeitsbedingungen bei den Proben hätten denen bei der TV-Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ geähnelt.

Bundespräsident Joachim Gauck mit Lebensgefährtin Daniela Schadt, Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe mit Ehemann Thomas Erbe. Der Regisseur wollte damit auf das hohe Arbeitspensum hinweisen, denn für die szenischen Arbeiten am Rheingold standen nur neun Tage zur Verfügung. Insgesamt bezeichnete Castorf die einjährige Produktionszeit als Herausforderung. Doch sei ihm stets bewusst gewesen, „an etwas Besonderem mitzuarbeiten“. Dass bis zuletzt an der Regie gefeilt wurde, ließ Frank Castorf offenbar unbeeindruckt. „Es kommt öfters vor, dass ich mit dem Vorwurf konfrontiert werde, meine Probenzeiten nicht auszunutzen“, sagte er am Premierentag vor der Presse. Dafür hat der Ost-

berliner jedoch Geschmack an den Besonderheiten der Region um Bayreuth gefunden. „Angenehme Thermen, grüne Wälder und hervorragende Brauereien, ich fühle mich fast wie im Urlaub!“, scherzte er. Ferner kokettierte Frank Castorf mit seiner Herkunft aus Ostdeutschland. Zusammen mit der farbigen Kostümbildnerin Adriana Braga Peretzki aus Rio de Janeiro, dem serbischen Bühnenbildner Aleksandar Denic und dem russischen Dirigenten Kirill Petrenko seien „Außenseiter“ in einem Inszenierungsteam vereint worden.

Sich selbst bezeichnete er als „alles andere als einen lupenreinen Demokraten“. Deshalb machen sich die Protagonisten in seiner „Ring“-Deutung auf, die Welt zu verändern. Sie verabschieden sich von Traditionen, begeben sich auf Zeitreise, folgen ihren Illusionen, denn die Gegenwart sei fad geworden. Es gilt die zentrale Frage zu beantworten: „Was ist heute unser Gold? Es ist das Öl! Ohne Öl funktioniert nichts!“ Deshalb beginnt der „Ring“ in einer Tankstelle an der Route 66 in den USA. Dort spielt auch die erste Oper „Rheingold“. „Ich habe mich zurück erinnert

an die Zeit, als ich als junger DDR-Bürger von der amerikanischen Freiheit geträumt habe“, so Frank Castorf. Weitere Stationen des vierteiligen Zyklus sind Aserbaidschan, die Wallstreet und Mount Rushmore. Die Musik Richard Wagners hält Castorf für sehr modern, deshalb würden HollywoodRegisseure auch immer wieder gerne auf Wagner-Leitmotive zurückgreifen. Die Verbindung von Musik und Bildern schaffe unvergessliche Eindrücke. Deshalb sei er selbst sehr gespannt, wie seine Deutung beim Publikum ankomme.


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