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Die Verbreitung der Ahorne in Graubünden – eine Übersicht

In Graubünden ist die Gattung der Ahorne (Acer) mit drei Arten in der freien Natur vertreten. In absteigender Häufigkeit sind dies der Bergahorn, der Feldahorn und der Spitzahorn. Die Verbreitung der Ahorne erstreckt sich über etwa zehn Prozent der Waldfläche Graubündens.

Dr. M.Vanoni

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Die Ahorne in Graubünden

Die drei in Graubünden heimischen Ahorne sind zusammengenommen nach Buchen und Eschen die dritthäufigste Laubbaumart im Kanton, liegen aber gesamthaft betrachtet nach den noch häufigeren Fichten, Lärchen, Föhren, Arven und Weisstannen nur auf dem achten Rang der am häufigsten vorkommenden Baumarten. Nach Schätzungen und Hochrechnungen des Landesforstinventars (LFI4) stehen in Graubünden ab einem Durchmesser von 12 cm ungefähr 1,1 Millionen Ahorne (± 22 %), was bei geschätzten 74 Millionen Bäumen (± 3 %) nur knapp jeder siebzigste Baum ist. Die Ahorne sind in Graubünden von Nordbünden her bis in fast alle Talschaften weit verbreitet, und auch im Engadin und in den Südtälern sind diese Baumarten heimisch. In den fünf rätoromanischen Idiomen wird der Ahorn als ischi (Sursilvan), ischier (Sutsilvan) oder ascher (Surmiran, Puter und Vallader) bezeichnet, in Rumantsch Grischun heisst er ischi. Für die Ahorne stehen in Graubünden keine spezifischen Artenförderungsprogramme bereit, die ausschliesslich auf die Förderung dieser Baumart abzielen. Dennoch kann im Rahmen des Programms zur Erhaltung und Förderung der Waldbiodiversität in Graubünden auch der Ahorn gefördert werden. Im Waldentwicklungsplan WEP2018+ bestehen die Kategorien «spezielle Laubholzbestände ausserhalb Auen», «Lichter Wald», «Waldränder» sowie «Verzahnung Wald-Offenland». In vielen dieser Objekte stocken Ahorne, die bei der konkreten Planung der Massnahmen vor Ort gefördert werden können. Unbestritten ist auch die Wichtigkeit und Wirkung insbesondere der Bergahorne in vielen Schutzwäldern, wo sie sogar in lockeren Geröllhalden stocken und nach Steinschlägen die Stammwunden rasch wieder verschliessen können. Wie auch die anderen Ahornarten wird der Bergahorn durch das Schalenwild bevorzugt verbissen und kann sich deshalb ohne Wildschaden-Verhütungsmassnahmen (z. B. Wildschutzzäune oder Wuchshüllen) in einigen Gebieten aktuell kaum in genügender Anzahl von selbst verjüngen und aufwachsen.

Die Baumarten in den Bestandeskarten

In Graubünden werden für alle grösseren Waldeigentümer ab 40 Hektaren in regelmässigen Abständen Betriebspläne erstellt, in welchen detaillierte Bestandeskartierungen oder Luftbild-Interpretationen mit Angabe der Baumartenanteile (in 10%-Schritten) erarbeitet werden. Damit kann heute auf knapp 90 Prozent der Waldfläche eine ungefähre Abschätzung der Ahornvorkommen erfolgen (Abb. 1). Für die nachfolgenden Beschreibungen der Verbreitung wurden sämtliche Bestände ausgewählt, in welchen die genannte Ahornart erfasst wurde, unabhängig ob die betreffende Art nur als Einzelbaum oder bestandesbildend vorkommt. Bei der Erfassung können insgesamt vier Ahornarten unterschieden werden, dies sind Bergahorn, Spitzahorn, Feldahorn sowie Schneeballblättriger Ahorn (Opalahorn), der jedoch in Grau-

Abb. 1: Verbreitung der Ahorne in Graubünden gemäss Bestandeskartierung.

(Bild: AWN)

bünden in den aktuellen Bestandeskarten nicht erfasst ist. Bei den Aufnahmen gilt zu beachten, dass nur schlecht oder gar nicht zugängliche Bestände genauso wie unproduktive Flächen innerhalb des Waldareals oftmals nicht beschrieben werden. Auch sind Unsicherheiten bei der Ansprache im Feld nicht auszuschliessen.

Der Bergahorn

Die mit Abstand wichtigste Rolle der drei vorkommenden Arten spielt in Graubünden der Bergahorn (Acer pseudoplatanus). Das Vorkommen liegt in fast allen grösseren Talschaften in den Laubmischwäldern bis auf rund 1650 m ü. M., je nach Lage sogar noch etwas höher (Abb. 2). Der Bergahorn ist in der hochmontanen Stufe eine wichtige Hauptbaumart, kommt aber auch bis in die subalpine Stufe vor. Die Hauptverbreitung zieht sich von der Bündner Herrschaft bis in das hinterste Prättigau, vom Churer Rheintal weiter aufwärts und in das Schanfigg (fast bis nach Arosa) sowie in die Surselva bis nach Sedrun, inklusive allen grösseren Seitentälern wie etwa Val Sumvitg, Val Lumnezia, Valser Tal und Safiental. Auch in Mittelbünden dringt der Ahorn vom Domleschg bis in das Rheinwald und das Avers vor. Ebenfalls ist er weitverbreitet im Albulatal bis Bergün, vereinzelt im Surses bis Mulegns sowie an einigen Orten rund um Davos. Auf der Alpensüdseite ist der Bergahorn bis in die hinterste Val Calanca und in der Mesolcina bis kurz vor San Ber

Abb. 2: Bergahorn-Laubmischwälder zeigen im Herbst eine ansprechende Farbenvielfalt. (Bild: M. Vanoni)

nardino verbreitet, im Bergell von der Landesgrenze bis kurz vor dem Malojapass sowie im Puschlav bis nach Cavaglia. Ebenfalls stockt der Bergahorn im Unterengadin von der Landesgrenze her vereinzelt bis nach Zernez, und er hat auch noch einzelne Vorkommen in der Val Müstair. In den Bestandeskarten sind Bergahorne von Einzelvorkommen bis hin zu bestandesbildenden Vorkommen auf 19 389 Hektaren erfasst, was fast 10 Prozent der Waldfläche entspricht. In 36 Prozent dieser beschriebenen Bestände sind Bergahorne sowohl im Altbestand als auch im Jungwuchs vorhanden, auf 40 Prozent der Flächen nur im Altbestand, und 24 Prozent der beschriebenen Bergahornbestände weisen zum Zeitpunkt der Bestandesbeschreibung nur BergahornJungwuchs auf.

Der Feldahorn

Die zweithäufigste, wenn auch deutlich geringere Verbreitung, weist in Graubünden der Feldahorn (Acer campestre) auf. Dieser stockt meist an Waldrändern, Hecken und im offenen Feld bis etwa 1000 m ü. M. Die Hauptverbreitung beschränkt sich in erster Linie von der Bündner Herrschaft durch das Churer Rheintal bis Tamins sowie das Prättigau bis vor Klosters. Weitere Einzelvorkommen sind bekannt in der Surselva, im Domleschg, im Schams sowie in der Mesolcina. Die Bestandesbeschreibungen weisen Feldahorne auf insgesamt 580 Hektaren aus. Davon sind auf 35 Prozent dieser Flächen Feldahorne im Jungwuchs und im Altbestand vorhanden, auf 48 Prozent nur im Altbestand und auf 17 Prozent stockt nur Feldahorn-Jungwuchs.

Der Spitzahorn

Der Spitzahorn (Acer platanoides) als dritthäufigste Art wächst in Graubünden ähnlich dem Feldahorn meist an Waldrändern, Hecken und im offenen Gelände bis auf eine Höhe von etwa 1000 m ü. M. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt in der Bündner Herrschaft und im unteren Churer Rheintal mit weiterer Verbreitung im Vorder- und Mittelprättigau, im äusseren Domleschg sowie in der Mesolcina. Einzelvorkommen sind bekannt in der Surselva, im Schams und im Albulatal. Die Gesamtfläche der beschriebenen Bestände, in welchen Spitzahorne vorkommen, beträgt 405 Hektaren. In 28 Prozent dieser Bestände stocken Altbäume und Jungwuchs, auf 45 Prozent der Flächen kommt der Spitzahorn nur im Altbestand vor und auf 27 Prozent der Flächen wächst Spitzahorn-Jungwuchs ohne vorhandenen Altbestand auf. Der Spitzahorn gilt auch als beliebter Park- und Strassenbaum. So steht im Garten der Klinik Waldhaus in Chur ein Spitzahorn, der bei der Eröffnung der Klinik im Jahr 1892 gepflanzt wurde und mit einem Stammdurchmesser (BHD) von über 1,3 Metern schon als «der stattlichste Spitzahorn der Schweiz» bezeichnet wurde (Brunner, 2009).

Dr. Marco Vanoni leitet den Bereich Schutzwald und Waldökologie an der Zentrale des Amts für Wald und Naturgefahren in Chur.

Literaturverzeichnis auf www.buendnerwald.ch

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