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Schalenwild wird im Wald verstärkt

Bündner Jagd 2020: Jagddruck auf Schalenwild wird im Wald verstärkt

Aufgrund der hohen Schalenwildbestände und des regional sehr starken Wildeinflusses im Wald und in landwirtschaftlichen Kulturen, wird der Jagddruck beim Hirsch- und Rehwild regional stark erhöht, in einzelnen Regionen auch beim Gamswild. In optimierter Form wird die Öffnung beziehungsweise die Teilöffnung verschiedener Wildschutzgebiete auf der diesjährigen Hochjagd als zusätzliche Massnahme weitergeführt, um die Hochjagdstrecke zu steigern.

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Adrian Arquint

Dank der hohen Jagdstrecke 2019 und jenen der Vorjahre konnte der Hirschbestand trotz den tieferen Fallwildzahlen im vergangenen Winter stabilisiert bis leicht reduziert werden. Es wurden insgesamt 11 670 Hirsche gezählt (2019: 13 298). Gründe für die tieferen Zahlen waren sicher die wegen der früh eingetretenen Schneeschmelze erschwerten Zählbedingungen, die geringere Zuwanderung wegen des milden Winters und die regional tieferen Bestände. Aufgrund des vorliegenden Datenmaterials kann in diesem Frühjahr von einem leicht tieferen Bestand von rund 16 300 Hirschen ausgegangen werden (2019: 16 500). Der Rehbestand ist im Gegensatz zur Rothirschpopulation nicht zählbar, weshalb bei dieser Wildart die Bockstrecke im September als Indikator für Bestand und Jagdplanung gilt. Beim Gamswild und Steinwild scheint die Bestandssituation stabil zu sein.

Schwerpunktbejagung in Gebieten mit grossen Wald-Wild-Konflikten

In Gebieten mit grossen Wald-Wild-Konflikten muss weiterhin versucht werden, den Hirsch- und Rehwildbestand weiter zu reduzieren. Bei diesen beiden sich stark vermehrenden Tierarten muss die Bestandsregulation über den Abschuss von weiblichen Tieren erfolgen. In allen Regionen mit grossen Wald-Wild-Konflikten wurde beim Hirschwild der Anteil an weiblichen Tieren, die gemäss Abschussplan zu erlegen sind, erhöht. Der Plan ist in diesem Jahr somit erfüllt, wenn mindestens 3154 weibliche Tiere erlegt sind (2019: 3116). Insgesamt liegt der Abschussplan beim Hirschwild mit 5560 Hirschen gleich hoch wie im Vorjahr. Der Abschussplan kann nach der Hochjagd und während der Sonderjagd erhöht werden, wenn dies zweckmässig ist. Die tieferen Zählergebnisse des Hirschbestands im Domleschg seit 2018 und die unveränderte Waldsituation bezüglich des Wildeinflusses zeigen auf, dass in Regionen mit grossen Wald-Wild-Konflikten nebst dem Hirschwild auch weitere Schalenwildarten stärker bejagt werden müssen. Beim Hirschwild wurden zudem neben den bisherigen, neue Schwerpunktbejagungen in den Teilregionen Domleschg und Surses festgelegt. In Gebieten mit grossen Wald-Wild-Konflikten wird die Sonderjagd auf Rehwild unabhängig der Hochjagdergebnisse durchgeführt. Trotz der sensiblen Bestandsentwicklung muss in gewissen Waldgebieten auch das Gamswild stärker reguliert werden. Neben den bereits bestehenden Gebieten mit Schwerpunktbejagung wird neu in den Schutzwäldern der Gemeinden Bergün Filisur, Surses und fast im ganzen Jagdbezirk XI Herrschaft-Prättigau die Jagd auf das Gamswild intensiviert.

Die Öffnung beziehungsweise Teilöffnung verschiedener Wildschutzgebiete wird aufgrund der Erkenntnisse aus den vergangenen Jahren in einer optimierten Form weitergeführt. Diese sollen dabei weiterhin helfen, die Hochjagdstrecke zu maximieren. Die Jäger haben in diesem Jahr zudem die Möglichkeit, an den letzten vier Jagdtagen Hirschspiesser unabhängig der Stangenlänge zu bejagen.

Ausblick

Für die Jagd und die Jagdplanung ist es seit Langem Aufgabe und Ziel, die Konflikte zwischen Wild, Wald und Landwirtschaft zu entschärfen. In Graubünden reicht die Liste von der Einführung der Steinwildjagd (1977) über die Ausdehnung der Sonderjagd auf den ganzen Kanton (1986), die Neuausrichtung der Gämsbejagung (1990), das neue Rehbejagungskonzept (ab 1996) bis zur starken Erhöhung des Jagddrucks auf den Hirsch seit 2016. Dabei geht oft vergessen, dass in einem Ökosystem die natürlichen Ressourcen wie Qualität der Futtergrundlage, Rückzugsmöglichkeiten und die Witterungsbedingungen das Zusammenspiel von Wild, Wald und auch Mensch sowie auch die Umsetzung der jagdlichen Massnahmen stark beeinflussen. Auch haben wir es mit sehr lernfähigen Wildtieren in einem sich dauernd verändernden Umfeld zu tun. Das erleichtert die Erfüllung unserer Aufgaben nicht, nämlich die Wildtierbestände an deren Lebensraum anzupassen und so eine für die Umwelt verträgliche Wilddichte zu schaffen. Wir brauchen die entsprechenden Witterungsbedingungen vor der Jagd, während der Jagd und im Winter. Wir brauchen die Bereitschaft der Jäger, die hohen Ziele zu erreichen. Wir brauchen die Akzeptanz in der Bevölkerung und auch bei den Schutzorganisationen, die Jagden und insbesondere die konsequente Regulation durchführen zu können. Wir brauchen eine gute Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Vertretern, die bei der Erfüllung der Aufgabe eine Mitverantwortung tragen (Jagd, Forst, Landwirtschaft, Gemeinden und Tourismus) und wir brauchen Zeit dafür. Die moderne Jagd hat es mit Lebewesen zu tun, denen wir mit dem höchsten Respekt begegnen. Sie darf nicht zu einer reinen Aufgabenerfüllung oder sogar zur Schädlingsbekämpfung verkommen. Die moderne Jagd, sie lebt mit dem Respekt vor der Natur, ethische Grundsätze sind ihr wichtig. Das wollen wir … Den Jägerinnen und Jägern wünschen wir in bocca d'luf.

Adrian Arquint ist Vorsteher des Amts für Jagd und Fischerei

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