TH E O RI E
Süße Vielfalt Er ist zwar umstritten, wird aber trotzdem meist verwendet: der aus Zuckerrohr bzw. aus der Zuckerrübe gewonnene weiße Zucker. Er besteht hauptsächlich aus Saccharose und ist auch bekannt unter den Bezeichnungen Kristallzucker oder Haushaltszucker.
Paracelsus sagte so treffend: „Die Dosis macht das Gift“, und so sehe ich es auch beim Einsatz von Zucker. Das weiße Kristall gilt als Geschmacksträger und ist in unterschiedlicher Körnung erhältlich. Feiner Backzucker ist – wie die Bezeichnung besagt – von feiner Körnung und löst sich bei der Zubereitung schneller auf als normaler Kristallzucker. Weißer Zucker ist geschmacksneutral, sorgt aber auch für Farbe, denn ab einer bestimmten Temperatur karamellisiert er und gibt dem Gebäck eine goldfarbene Tönung. Zudem zieht Zucker Wassermoleküle an und bindet sie, das heißt sie verdampfen nicht im Ofen und während des Abkühlens. Das Gebäck bleibt dadurch saftig. Wenn Zucker mit Eigelb cremig aufgeschlagen wird, bringt das Fluffigkeit in die Masse. Wird er mit Eiweiß geschlagen, sorgt diese Verbindung für die perfekte stabile Festigkeit des Eischnees. Zucker sollte kühl und trocken gelagert werden. Bei den zahlreichen Zucker-Alternativen fallen diese wichtigen Eigenschaften, die für ein perfektes, lockeres Gebäck oder eine fluffige Creme sorgen, dagegen weg. Bei manchem ZuckerErsatz spielt schlichtweg auch die Chemie eine Rolle. Beispielsweise sollte beim Einsatz von Birkenzucker bzw. Xylit bei der Zubereitung von Hefeteigen eher Trockenhefe gewählt werden, da Frischhefe diese Zuckerart nicht richtig aufspalten kann. In Gebäcken mit einer Kombination aus Zucker und Eiweiß funktioniert Xylit ebenfalls nicht optimal. Eine Möglichkeit, Zucker bei Bedarf zu reduzieren, ist die Kürzung der im Rezept angegebenen
Menge um ein Drittel. Bei dieser Bemessung bleibt der Geschmack zwar erhalten, die Konsistenz wird sich allerdings etwas verändern. Ich arbeite gerne auch mit anderen Zuckersorten, um mit dem Geschmack zu variieren. Dafür kommen die folgenden Produkte infrage: Brauner Zucker ist ebenso verarbeitet wie weißer Zucker. Um eine gleich bleibende Farbe zu erhalten, wird der Zucker häufig mit Melasse dunkel gefärbt. Der braune Zucker hat eine höhere Feuchtigkeit. Er sollte luftdicht verschlossen gelagert werden, da er sonst austrocknet. Rohrohrzucker wird aus Zuckerrohr gewonnen, was noch keine Aussage darüber zulässt, ob er braun ist oder durch Raffinade weiß wurde. Chemisch gesehen ist er das Gleiche wie raffinierter Rübenzucker. Vollrohrzucker hingegen hat eine deutlich geringere Verarbeitung erfahren, dies zeigen seine dunkle Farbe und das sandige Aussehen. Er lässt sich gut für Gebäck einsetzen und hat einen intensiven Eigengeschmack. Der feuchte, leicht körnige Muscovado gehört zur Familie der Vollrohrzucker. Durch seinen naturbelasseneren Ursprung hat er, je nach Ausführung in hell oder dunkel, eine geschmackvolle Note von Honig über Karamell bis zu einem leichten Lakritzgeschmack. Was seine Verarbeitung angeht, müssen Sie beachten, dass er nicht komplett als Ersatz von weißem Zucker verwendet werden kann. Das Gebäck verliert sonst seine
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Fluffigkeit und wird „speckig“. Er sollte in jedem Fall luftdicht verschlossen aufbewahrt werden. Kokosblütenzucker wird recht aufwendig aus dem Nektar der Kokospalmenblüten gewonnen. Daher kommt auch der Begriff Palmzucker. Sein Geschmack ist karamellig und malzig. Aufgrund seines niedrigen glykämischen Index lässt er den Blutzuckerspiegel nur wenig ansteigen. Zur Gewinnung des Zuckers müssen die Palmen nicht gefällt werden. Daher wurde er von der Nahrungs- und Landbauorganisation der UN zum nachhaltigsten Zucker der Welt erklärt. Melasse, die als Nebenprodukt bei der Herstellung von Zucker entsteht, verwende ich aufgrund des kräftigen Geschmacks gern für Cremes und Cookies. Zuckerrübensirup ist der Melasse im Aussehen ähnlich, der Unterschied liegt aber in der Herstellung. Für den Sirup werden die ganzen Rüben eingekocht. Die Melasse gilt dagegen eigentlich als „Abfallprodukt“ bei der Zuckergewinnung – und erfreut sich aufgrund ihrer Nährstoffdichte großer Beliebtheit. Honig verleiht unterschiedlichsten Gebäcken ein wunderbar rundes Aroma. Durch die Hitze des Backofens verliert er allerdings zahlreiche Mineralstoffe, Vitamine und Enzyme. Beim Einsatz von Honig ist auf die unterschiedliche Konsistenz und auch die zahlreichen Aromen zu achten – von sehr mild (Akazien) bis hin zu kräftig (Tannenhonig). Honig enthält ca. 20 % Wasser, weshalb Sie eventuell die angegebenen Flüssigkeitsmengen im Rezept reduzieren bzw. später dazugeben sollten.