STUDI VERSUM NUMMER 37 | 2011.03
Wem Studis einen Schnauz malen 05 das lenzsymptom 09 in den tiefen der warschauer metro 16
Underground
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EDITORIAL | INHALT
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Liebe Leserinnen und Leser,
Nichts ist spannender, als das Unbekannte. Es kann auch furchterregend und gefährlich sein. «Underground» herrscht Anonymität, Dunkelheit und Guerilla. StudiVersum hat den Untergrund an die Oberfläche geholt und zeigt, wie lebendig diese mysteriöse Welt ist: Unter der Erde – Was erzählt uns die Warschauer Metro? Kaum eine U-Bahn hat eine so lange Geschichte. Über diese und das persönliche Schicksal eines ehemaligen Professors hat Filip Dingerkus geschrieben. Des Theaters Muse – Dominic llli hat sich mit Underground-Jobs befasst. Das können Bestatter oder Minenarbeiter sein. Unser Redaktor hat mit der Souffleuse Rita von Horváth in die Seele des Theaters geblickt. Die geheime Szene – oder doch nicht mehr so geheim? Underground-Partys sind ein Teil der Electro-Szene. Nun ist das ClubAngebot so gross, dass improvisierte, versteckte Partys seltener geworden sind – aber es gibt sie immer noch. Jonas Frehner hat eine besucht. Politisch und anonym – «Uni von unten» hat sich einen Namen gemacht bei der Polizei, an den Career Days und während den Besetzungen der Hörsäle auch an den Universitäten. Die Mitglieder dieser Gruppe betätigen sich im politischen Untergrund. Wird irgendwo gegen irgendwas protestiert, denkt man dabei an sie. Gesichter kennt man nicht. Redaktorin Claudia Piwecki hat sich anonym mit einigen von ihnen unterhalten. Underground ist eine andere Welt. Ja, beinahe schon eine Lebensweise. Man schaue sich nur um in der New Yorker Metro: Da wird gelebt. Sie läuft die ganze Nacht. Professionelle Jazzbands musizieren dort aus Spass, es wird gerappt und man hört wunderschöne weibliche Soulstimmen schon von Weitem. Da spielt einer Cello und dort tanzen B-Boys. Begebt auch ihr euch Underground und sucht die Dinge, die nicht gleich ersichtlich sind. Lasst sie auf euch wirken. Guten Semesterstart!
Eure Raffaela Angstmann
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04 LIEBLINGSDING Warum ich mein Kinderfoto liebe 05 UMFRAGE Wem malst du einen Schnauz? 06 AUS DEM LEBEN prima della rivoluzione 08 ATELIER Real oder digital? 09 WISSENSCHAFT streit um hormone 10 DAS UNIKAT Gewinn den Maulwurf! 12
Alle für einen! 16
Eine unendliche Geschichte 22
Abseits der Clubs 26
Das Gesicht zum Geheimnis 29 UNIPOLITIK schon im job? 30 UNTERHALTUNG impressum, rätsel 31 Die flotte 3er-WG Eine Nacht zum Vergessen 32 reportage alles kommt zurück 34 WIE ANNO DAZUMAL En Guete!
LIEBLINGSDING
Warum ich mein Kinderfoto liebe
Mirjam Borter, 21, studiert Jus an der Universität Bern und schwelgt gerne in Erinnerungen «Beim Rumstöbern habe ich dieses alte Kinderfoto von mir gefunden. Für mich ist es eine Erinnerung an eine tolle Kindheit, eine Erinnerung an eine unbeschwerte Zeit voller Träume und Erwartungen, eine Erinnerung an eine Zeit, die ich manchmal gerne zurück hätte. Darum ist dieses kleine Stück Nostalgie mein Lieblingsding.»
4 STUDIVERSUM | 2011.03
UMFRAGE
Wem malst du einen Schnauz? Akku des iPods leer, die Zeitung schon zum dritten Mal lustlos überflogen und doch dauert die Heimreise mit dem Zug noch über eine Stunde. Bewaffnet mit einem Kugelschreiber blättern wir die Zeitung durch und verschönern Prominente und weniger prominente mit unserem Werkzeug. Welche Gesichter «verschönert» ihr? r Text und Bilder Jonas Frehner Silvan Blumer, 20, Pädagogische Hochschule «Christoph Blocher male ich einen gekringelten Italo-Schnauz, damit er mehr Lebensfreude und Freude an anderen Kulturen ausstrahlt.» Larjan Makic, 24, Publizistik, Politologie und Fotografie «Carl Hirschmann, damit die minderjährigen Mädchen abgeschreckt werden.» Stefan Böhi, 23, Landschaftsarchitektur «Lady Gaga, die braucht einfach einen Schnauz um ihren Auftritt zu perfektionieren!» Sarah Erzberger, 28, Facility Management «Ich male fast nie Schnäuze. Viel lieber verschönere ich die Menschen mit Brüsten und Zombieaugen. Diese male ich allen, die es verdient haben, von Justin Bieber bis Arnold Schwarzenegger – Frauen nicht ausgenommen!» Simon Kopp, 20, Publizistik, Politologie und Fotografie «Roger Köppel, weil dann seine giftige Rhetorik im Schnauzhaar hängen bleibt.» Anina Nadig, 22, Rechtswissenschaften «Tom Cruise. Der dreht schon bei Scientology völlig durch, also braucht er auch einen abgedrehten Schnauz.» Yves Weber, 26, Soziale Arbeit «Prinz William, weil er eine so schöne Freundin hat. Der Streit zwischen den beiden über den neuen Schnauz soll zur Trennung führen: Kate, ich warte auf dich!» Patricia Battegay, 24, Facility Management «Silvio Berlusconi male ich einen schmierigen Zuhälterschnauz. Bei all seinen Weibergeschichten ist dies der mit Abstand beste Schnauz für ihn.» Alexandra Götz, 20, Publizistik, Kunstgeschichte und Filmwissenschaften «Ich male David Beckham einen gekringelten Schnauz als Bestrafung fürs Fremdgehen. Wenn der schöne Mann schon fremdgeht, dann bitte mit mir!» Wir sind seit neustem auch mit der Kamera unterwegs! Schaut rein in unsere Video-Umfrage: www.semestra.ch/schnauzereien www.semestra.ch/suesse-ablenkungen www.semestra.ch/erkenntnisse-im-2010
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AUS DEM LEBEN
Prima della rivoluzione Die Tücke politischer Umwälzungen. Wird vor der Revolution nach der Revolution sein? Text Filip Dingerkus
Seit Jahren schon eine schwarz-rote, personifizierte Pop-Art Erscheinung, Auflehnung gegen die Ungerechtigkeit, Kampf um Freiheit und Rechte, Sprengung der Ketten der Unterdrückung: Der ach so positiv behaftete Begriff der Revolution, nahezu immer mit der Befreiung der Bürger asoziiert. Das ist alles recht plakativ und abgedroschen. Die Realität sieht meist anders aus. Eine politische Revolution möchte die Machtverhältnisse verändern. Im Lexikon steht, die Revolution habe das Ziel mit «einem politischen Neuanfang die bisherigen Probleme und Machtstrukturen zu beseitigen und radikal Neues an ihre Stelle zu setzen». Das radikal Neue stellt dabei wohl die Knacknuss dar. Denn allzu oft hat das, was folgt, nicht mehr viel mit den heroisch erkämpften, politischen Veränderungen zu tun. Wer erinnert sich noch an die orange Revolution 2004 in der Ukraine? Unter tosendem Jubel wurde Juschtschenko nach aufgedeckten Wahlmanipulationen nachträglich zum Sieger ernannt. Er wollte das Land reformieren, gegen Westen hin öffnen und nach vorne treiben. Doch wie bereits die Realisten um Thomas Hobbes und Hans Morgenthau bemerkten, ist der Mensch ein machtlüsternes Wesen. Und so zerbrachen die Träume jeher und die neue Regierung versank in Streitereien und Korruption. Ein Jahr zuvor – der Beginn der Farbrevolutionen 2003 – brach die Rosenrevolution in Georgien los und der korrupte, fast diktatorisch anmutende Schewardnadse wurde gestürzt. Danach sollte alles besser werden, demokratischer und transparenter. Was acht Jahre nach der Revolution bleibt: Ein korrupter, autoritärer Regierungschef namens Saakaschwili. Grosse Veränderungen: Fehlanzeige! Zuletzt waren politische Revolutionen wenig erfolgsversprechend und verloren schnell den Glanz anfänglicher Euphorie des Wandels. Trotz all den negativen Schlagzeilen bleibt der Revolutionsbegriff ein Symbol der Hoffnung. Die aus dem Umsturz resultierende Neuordnung der Macht, so lässt sich argumentieren, ist nicht mehr direkter Teil des Revolutionsprozesses, sondern lediglich die Folge nach der Revolution. Welchen Lauf die jüngsten Aufstände im muslimischen Raum nehmen werden,
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wird sich zeigen. Es bleibt zu hoffen, dass die Oppositionellen mehr aus der Situation machen, als zuletzt unsere kulturell europäischen Revolutionen im Stande waren zu verändern.
Dies liest ein Tee auf dem Ei Ob bei der Arbeit oder während der Erholung: Der Mensch von heute kann sich von digitalen Heinzelmännchen helfen lassen. Text Dominic Illi
«Evernote» stellt sich vor als «Ihr virtuelles Gedächtnis». Tatsächlich erleichtert das Tool das Leben ungemein. Ohne dass das eigene Gehirn einen Gedanken daran verschwenden müsste, werden Notizen, die auf einem Smartphone, einem Computer oder eine Tablet-PC erstellt werden, automatisch auf einen Server geladen und mit sämtlichen konfigurierten Geräten synchronisiert. Den genialen Einfall für die anstehende Semesterarbeit generiert die Applikation zwar nicht selber, aber immerhin kann er während einer Zugfahrt sofort ins Konzept der Arbeit eingefügt werden. Wer das Denken bereits so sehr an digitale Chips delegiert hat, dass er seine Gedanken nicht mehr selber aufs Papier bringen – oder zumindest ins Textverarbeitungsprogramm eintippen – möchte, benötigt zusätzlich eine «digitale Sekretärin». «Dictation» etwa wandelt gesprochene Sätze direkt in druckreifen Text um. Wer seiner Sekretärin sogleich die Kündigung schickt, dürfte nach einem ersten Härtestet leer schlucken: «Dies liest
ein Tee auf dem Ei.» Erst nach ein wenig Übung nähert sich der Text dem eigentlichen Wortlaut. Die klare, abgehackte Sprache lässt die Zeitersparnis gegenüber dem Tippen schwinden und gleicht akustisch der ersten Kontaktaufnahme mit einem Neugeborenen. «Dies ist ein Test auf dem iPhone.» Die Freude über die korrekt wiedergegebenen Worte ähnelt dem Gefühl, das einen Vater bei den ersten Worten des eigenen Sohnemanns durchströmen muss. Nach getanem Arbeitenlassen hat sich der fleissige Mensch ein wenig Erholung verdient – vielleicht an einem lodernden Kaminfeuer? Holz stapelnde und Streichholz anzündende Software sucht man zwar vergebens, dennoch greifen einen Applikationen wie «Kamin» oder «Fireplace» beim Entspannen unter die Arme. Im Internet entflammen heisse Diskussionen über die Vor- und Nachteile der zwei Anwendungen, die beide eine simple Endlos-Videoaufnahme eines knisternden Kaminfeuers zeigen. Wer auf die behagliche Wärme verzichten kann, wird sich am fehlenden Rauchgeruch umso mehr erfreuen.
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ATELIER
Real oder digital? Projekt von Ruedi Lüthi, Simon Broggi und Niko Eriksson
Am besten beides, ereifern sich Ruedi Lüthi, Simon Broggi und Niko Eriksson. Auf ihren Monitoren leuchten aparte Gebilde aus der digitalen Welt. «Virtuelles wird spannend, wenn es auf die Realität trifft», sagt Simon und projiziert sich mit einem Mini-Beamer eine Krawatte auf den Pullover. Per Mausklick bringt der Game-Designer einen mit Rucksack und Bauhelm ausstaffierten Tunnelgräber dazu, auf dem Bildschirm eine Runde zu schreiten. Das Wesen soll bald mit Schaufel und Pickel den Durchstich in unsere Welt schaffen. Humane Formen habe die Figur absichtlich fast keine, sonst werde die Animation unheimlich oder sehr aufwändig, meint Simon und verweist auf das «Uncanny Valley» [Anm. d. Red.: Hypothese die besagt, dass zu menschenähnliche Roboter eine ablehnende Wirkung bei Menschen erzeugen]. Projektion in Kombination mit Analogem fasziniert Ruedi, den Interaction-Designer. Im Container hat er ein riesiges Sparschwein an die Wand gesprayt. Wirft man Kleingeld in ein danebenstehendes «Kässeli», purzelt das Geld als Projektion in den Bauch des Schweins. Dort hüpfen die gesammelten Münzen munter zur Musik und animieren zu weiteren Gaben. Am Tag der offenen Tür hätten sie so ihr Startkapital zu erhöhen versucht. Ob als Film animiert oder nur als Einzelbild, Computer-Grafik ist Nikos Spezialität. Er arbeitet an einer digitalen Jukebox und erklärt Ruedi und Simon, wie er die verschiedenen Texturelemente integriert hat. Weiter animiert der Medienkünstler einen gelben Kopffüssler in einem Wohnraum, den er selbst kreiert hat. Im Gespräch mit Simon, Ruedi und Niko begreift man eines: Gemeinsam ist den dreien nicht nur der Arbeitsort. Reale und digitale Ideen in den Bereichen Animation, Installation, Grafik oder Game werden ausgetauscht und realisiert. Dreierlei Perspektiven eröffnen eine neue Dimension in der digitalen Unterhaltung. r Text Martina Zimmermann, Bilder insert-coin.ch
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SURFEN Mehr Informationen zu Arbeiten aus dem Container im Zürcher Basislager unter: www.insert-coin.ch
Eine andere Ansicht – Meinungsfrage?
WISSENSCHAFT
streit um hormone Lassen sich die im Volksmund als «Frühlingsgefühle» bekannten Empfindungen auf Hormone zurückführen?Eine Erklärung für Winterkinder. Die ersten Sonnenstrahlen nach den kalten, grauen Wintermonaten locken die Menschen in Scharen nach draussen. Wir spazieren am See entlang, treffen uns mit Freunden draussen zum Sport und tragen luftigere Kleidung. Wer von uns kennt nicht das Gefühl von Freude und Leichtigkeit, das einen in solchen Momenten durchströmt? Was volkstümlich als «Frühlingsge-
fühle» bezeichnet wird, nennt man in der Medizin «spring fever». Doch über deren Ursachen sind sich Forscher nach wie vor uneins.
Hormoneller Einfluss
Unser Körper produziert das in der Zirbeldrüse gebildete und für unsere Aktivität verantwortliche Hormon Melatonin nur im Dunkeln. Die langen Winternächte bewirken folglich, dass der Melatonin-Spiegel steigt, was seinerseits das sexuelle Begehren reduziert. Werden die Tage im Frühjahr länger, produziert die Zirbeldrüse weniger Melatonin, die sexuelle Erregbarkeit nimmt zu – wir verspüren eben Frühlingsgefühle. Einige Wissenschaftler, vor allem Evolutionsbiologen, bezeichnen solche Gefühle daher als ein Überbleibsel unserer Vorfahren und führen diese auf den geschlechtlichen Jahreszyklus zurück, wie wir ihn auch bei Tieren vorfinden. Ihrer Auffassung nach produziert der Körper auch mehr Östrogen, Testosteron und Endorphine – Hormone also, welche die menschliche Sexualität anregen. Auch das Schilddrüsenhormon Thyroxin, das die Menschen aktiver macht und vor allem in den warmen Monaten ausgeschüttet wird, soll eine Rolle spielen.
Obwohl Frühlingsgefühle in Kunst und Literatur oft thematisiert – vom deutschen Schriftsteller Kurt Tucholsky als «Lenzsymptom» bezeichnet – und von den einen Forschern hormonell begründet werden, verneinen andere diese Erklärung hauptsächlich aus drei Gründen. Unser Umfeld hat sich so stark verändert, dass wir saisonale Schwankungen nicht mehr gleich wahrnehmen wie früher, weshalb Frühlingsgefühle auch nicht mehr evolutionsbiologisch und mit Vergleichen mit dem Tierreich erklärt werden können. Melatonin spielt gemäss dieser Ansicht eine untergeordnete Rolle, da wir auch im Winter Licht – wenn auch künstlichem – ausgesetzt sind und so jede Nacht zum Tag werden kann. Zusätzlich beeinflusst die Pille den weiblichen Zyklus so erheblich, dass das sexuelle Verhalten nicht mehr jahreszeitlichen Veränderungen unterliegt. Ausserdem machen wir in den kalten Monaten gerne Urlaub in wärmeren Gebieten und unterbrechen damit auch den saisonalen Rhythmus der Hormonproduktion. Frühlingsgefühle könnten durch den süsslichen Duft faulender Pflanzen, der ins limbische System eindringt und somit Erinnerungen und Empfindungen weckt, hervorgerufen werden. Die Zürcher Endokrinologin Sibylle Kohler hält dies allerdings für eine wenig plausible Erklärung: «Frühlingsgefühle sind eher dadurch bedingt, dass es wärmer und sonniger wird. Dadurch halten sich die Menschen vermehrt im Freien auf, bewegen sich mehr und fühlen sich folglich aktiver, fitter und wahrscheinlich glücklicher.» Ihrer Meinung nach werden Gefühle eher vom allgemeinen körperlichen Befinden als von Hormonen beeinflusst. Statistiken bezüglich Geburtenrate und Fruchtbarkeit bringen keine Klarheit in die wissenschaftliche Debatte, sondern scheinen sich zu widersprechen. Und obwohl laut Kohler nicht jeder Mensch gleich auf saisonale Hormonschwankungen reagiert, scheinen sich doch alle auf den Frühling zu freuen. r Text Silja Aebersold, Illustration Melanie Imfeld
Forschung an der Zirbeldrüse In den 50er-Jahren fanden die Biologen Mark Altschule und Julian Kay von der Harvard-Universität heraus, dass die Zirbeldrüse, ein kleines Organ zwischen den beiden Hirnhälften, sowohl die Hirntätigkeit steuert, als auch die Hautpigmentierung und Genitalfunktion beeinflusst. Etwa gleichzeitig entdeckte der Dermatologe Aaron Lerner von der Yale-Universität die Produktion des Hormons Melatonin in der Zirbeldrüse.
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Das Unikat
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PUBLIREPORTAGE
Beziehungen aufbauen Christine Richartz wollte nach ihrem Studium an der Universität Zürich weiterkommen und in Kundenbeziehungen investieren. Sie hat sich deshalb für PwC entschieden. Hier erzählt sie dir von ihren Erfahrungen. Während meines Studiums an der Universität Zürich hatte ich Gelegenheit, viele Unternehmen und verschiedene Karrierewege kennenzulernen. Und gerade weil mir viele Türen offen standen, fiel mir der Entscheid für einen bestimmten Arbeitgeber schwer. Durch Bekannte habe ich einen Mitarbeitenden von PwC kennengelernt, der mir vom Bereich Systems & Process Assurance erzählt hat, so heisst die IT-Revision und -Beratung bei PwC. In dieser Abteilung werden Risiken, Kontrollen und Schwachstellen in internen Kontrollsystemen identifiziert und Lösungen und Empfehlungen zuhanden der Wirtschaftsprüfer und Kunden erstellt. Er empfahl mir einen Besuch auf der Careersite von PwC, wo ich mich genauer informiert habe. Ich war gleich begeistert von der Firmenkultur und dem Arbeitsbe-
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reich, der mich erwarten könnte: viele verschiedene Kunden, internationale Projekte, unterschiedliche Kulturen und anspruchsvolle und abwechslungsreiche Aufgaben. Aus diesem Grund habe ich mich bei PwC beworben und konnte nach dem Abschluss meines Studiums 2007 hier anfangen. Bereits der Start hat mich beeindruckt: Zuerst besuchte ich die Einführungstage, später folgten zwei Wochen Training in Portugal – zusammen mit anderen Neueinsteigern von PwC aus ganz Europa. Dort haben wir viel gelernt – und ebenso viel gelacht! Während der gesamten Anfangszeit begleitete mich mein Coach bei fachlichen Fragen und meiner persönlichen Entwicklung. Besonders gut gefallen hat mir, dass ich bereits in der zweiten Woche bei PwC einem Projekt zugeteilt wurde und «on the job» erste Grundlagen für meine Arbeit erlernen konnte. Im darauffolgenden Projekt betreute ich einen internationalen Kunden.
Bereits nach dem ersten Jahr durfte ich neue Mitarbeitende einlernen und war innerhalb eines Projektes für eigene Bereiche zuständig. Jetzt, nach gut drei Jahren bei PwC, trage ich die Verantwortung für die Leitung von Projekten mit mehreren Mitarbeitenden und bin als Hauptansprechperson unserer Kunden auch für die Beziehungspflege zuständig. Ich finde es total spannend, durch unsere unterschiedlichen Kunden Einblick in verschiedene komplexe Organisationen zu erhalten. Was mir auch sehr viel Freude macht, sind die Events für Studierende, an denen ich regelmässig teilnehme und dort meinen Alltag bei PwC vorstelle und viele Fragen beantworte. Auch auf deine Fragen geben wir dir gerne Antworten! Nimm doch einfach via unsere Careersite www.pwc.ch/careers Kontakt mit uns auf, oder besuche uns an einem unserer Events oder Workshops! Kontakt PwC | Natalie Vogel Human Capital Marketing & Recruitment PricewaterhouseCoopers AG Birchstrasse 160 Postfach, 8050 Zürich Tel. +41 58 792 18 04 swiss.recruitment@ch.pwc.com
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Alle für einen! Studentenbewegungen gibt es seit UniGedenken – zum Beispiel die 68erBewegung. Die letzte grosse Aktion ist Teil unserer Generation: die europaweiten Besetzungen von Unis im Herbst 2009. Wo Geist ist, ist auch Revolte! An der Uni möchte sich nicht jeder einer Dressur unterwerfen.
statt in die Wirtschaft. Konkret heisst das zum Beispiel: die Abschaffung von Studiengebühren und ein verbessertes Stipendiensystem. Wer längerfristig denkt, weiss wie wichtig eine gute Ausbildung ist und dass am Ende auch die Wirtschaft davon abhängt – nicht umgekehrt. Forschung soll unterstützt, die Gesellschaft vorangetrieben, an die Zukunft geglaubt werden! Politisch aktive Studenten nehmen kein Blatt vor den Mund und setzen sich dafür ein, ihre Überzeugung kund zu tun.
Die Akteure Die Drahtzieher grosser Studentenaktionen bleiben meist unbekannte Helden im Hintergrund. Das politische Engagement und der Wille, sich selbst für sein Schicksal einzusetzen, verbindet Studenten seit jeher. Die Gesellschaft verändert sich stetig und politisch Aktive wollen sie mitgestalten. Dafür sind sie bereit, Berge zu versetzen. Das verlangt ihr Geist, der an der Universität erst recht gefordert wird. Alleine kommt man da nicht weit. Erst als Gruppe sind sie stark. Eine dieser Gruppen nennt sich «Uni von unten». Die Mitglieder organisieren Workshops, Tanzabende und Diskussionsrunden und greifen, wenn nötig, auch zu durchschlagenden Massnahmen.
Forderungen
Zu viele Studenten jammern über Anwesenheitszwang, Hausaufgaben wie in der Schulzeit und Punktejagd. «Uni von unten» möchte nicht nur jammern, sie will etwas verändern. Und sie fordert! Unabhängigkeit der Universitäten! Mehr Geld für Bildung! Bildung für alle! Die Universität soll eine öffentliche Institution sein, die Wissen vermittelt des Wissens wegen und nicht aus Dank an einen edlen Spender der Privatwirtschaft. Die langsame «Elitisierung», die in den USA schon der Fall ist, ist vielen ein Dorn im Auge. Denken soll frei sein und unabhängig aller finanziellen Einflüsse. Der Kanton soll unterstützen und zwar indem er seine Gelder vermehrt in die Bildung steckt
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Das sind hochgesteckte Ziele, doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Um etwas zu erreichen, muss man sich auch mal die Finger schmutzig machen. Wer ist überhaupt bereit, gegen bestehende Strukturen anzugehen? «Uni von unten» hat sich gebildet, als 2009 Daniel Vasella an der Universität Zürich einen Vortrag halten sollte. Im Vorfeld mobilisierte die Gruppe mit Flyern und verteilte Ritalin in den Hörsälen. In dieser Hinsicht hat das Engagement der «Uni von unten» bereits Früchte getragen: die Nähe der Privatwirtschaft zur Universität war der Grund für den Protest – Novartis und andere Unternehmen würden schon zu sehr in die vermeintlich freie Bildung eingreifen. Die Aktion war ein voller Erfolg. Vasellas Vortrag an der Universität Zürich wurde auf unbestimmt verschoben. Martina, Französisch- und Englischstudentin in Zürich, hielt auch eines der Schilder. Sie sagt: «Das Wichtigste ist die Sache an sich; dass man etwas bewegen möchte.» Ein paar Monate später schlief sie bei den Besetzungen in der Aula und diskutierte mit. «Wenn wir etwas ändern möchten, dann jetzt, wo neue Reformen noch in den Kinderschuhen stecken», erklärt Martina die Beweggründe. Bei der Aktion damals lehnten es «Uni von unten»-Aktivisten jedoch ab, sich öffentlich zu äussern.
Sicherheit Anonymität
Böse Zungen könnten behaupten, die Aktivisten hätten Angst vor ihrer eigenen frei-
«Unabhängigkeit der Universitäten! Mehr Geld für Bildung! Bildung für alle!»
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«Wir bestehen als Ganzes, da braucht es kein einzelnes Gesicht»
en Meinung, denn in den letzten Fällen stellte sich kaum ein Student hin und erzählte, gegen was gerade protestiert wurde. Erst muss alles im Plenum besprochen werden, weit weg von Journalistenohren. Selbst die Mitglieder der «Arbeitsgruppe Medien» (sozusagen die Mediensprecher der «Uni von unten») wollten keinesfalls namentlich zitiert werden. Martina beschwichtigt, dass das nur bei den Unibesetzungen der Fall war, schliesslich möchte niemand die Verantwortung für Hunderte Studenten übernehmen. Ausserdem sei das auch bei politischen Aktionen ausserhalb der Uni so. «Da steht man als Gruppe hin, nicht als einzelner Sündenbock.» Nachvollziehbar: in Extremfällen wie damals bei der Unibesetzung wurde von Seiten der Unileitung mit Sanktionen gedroht. Das rechtfertigt, dass ein engagierter Student nicht seine Zukunft verbauen will, nur weil er es wagt, frei zu denken. «Es ist schon vorgekommen, dass exponierte Studenten in Schwierigkeiten kamen», weiss Martina. Ein Zürcher Kantonsrat hat sogar gefordert, Studenten leichter exmatrikulieren zu können. Für eine Sache einstehen, muss nicht bedeuten, an ihr zu Grunde zu gehen. Gerade was die Bildung angeht, sollte Vernunft vor Revolution kommen. Wenn es wieder Zeit wird für «Career Days» an der Uni, ist es nicht ratsam, sich gegen die Unternehmen zu stellen. Doch genau diese Einstellung geht dem Aktionskomitee «Uni von unten» eigentlich gegen den Strich. Die wichtigste Forderung bleibt gleich: Die Universität soll frei sein von äusseren Einflüssen (wie der einflussreicher Konzerne) und eine starke, kritische Meinung vertreten. Der wahre Grund scheint aber eher in der Überzeugung für das Gan-
ze, als bei taktischen Gründen zu liegen. Wer wolle, könne ohne weiteres die Namen der Beteiligten herausfinden und gerade in einer idealen Uni-Welt, in der das Denken frei sein sollte, sollte man sich nicht verstecken müssen, oder? Eine gewisse Romantik steckt dahinter, ein Hang zum Märtyrertum. Das wiederum bekommen Nichtaktivisten oft in den falschen Hals.
Gruppendynamik
Jeder der aktiv ist, polarisiert auch. Wurden die Studenten, die tagelang in den Universitäten sassen, nicht auch ein bisschen belächelt? Allen Skeptikern wurde damals aber gezeigt, zu was so ein engagierter Zusammenhalt führen kann: europaweite Mobilisierung. Die Gruppe zählt als Ganzes, die Aktion an sich steht im Vordergrund. Ein weiterer Grund, wieso man vergeblich nach Namen sucht. Adrian war zu seiner Studentenzeit selbst bei «Uni von unten» dabei, bevor er letztes Jahr mit dem Lizentiat abschloss. Dass sich niemand durch Aktionen profilieren möchte, sieht er aus interner Perspektive: «Damit vermeiden wir, dass Machtverhältnisse unter uns entstehen. Klappt eine Aktion, wäre einer der grosse Held; klappt es nicht, der grosse Buhmann.» Obwohl selbst nicht betroffen von Bologna, setzte er sich ein für die universitäre unabhängige Bildung. So sah er auch die Schattenseiten seiner politischen Aktivität. Die Energie verpuffte bei vielen schnell. «Anfangs sind alle Feuer und Flamme für etwas und einfach zu begeistern, wenn sich aber irgendwann die Arbeit hinter einer Sache bemerkbar macht, gibt die Hälfte auf», sagt er. Lässt die Mystik der Gruppendynamik nach? Um Anerkennung muss immer gekämpft werden und wenn eine Aktion gut
geht, heisst das noch lange nicht, dass die nächste auch ein Erfolg wird. Einen grossen Dämpfer erlebten die Aktivisten allerdings bei der Unibesetzung. Soviel Einsatz, tagelanges frieren und dann sprangen nur kurze Statements der Rektoren heraus. Das Engagement der Studenten wurde nicht ernst genommen und das Ganze als «viel Lärm» abgetan. So schön der Zusammenhalt anfangs war – gebracht hat es nicht viel.
Einer für alle
Der Verband der Schweizer Studierendenschaften VSS vertritt die Studenten auf eidgenössischer Ebene. Dank Studien des Staatssekretariats für Bildung und Forschung und des Bundesamts für Berufsbildung und Technologie hat der VSS die Wichtigkeit studentischer Partizipation definiert. Die studentische Sichtweise und Meinung wird anerkannt und geschätzt. Darf mal also auf freie Meinungsäusserung hoffen? Wie es scheint, ist das schon der Normalfall, denn mittlerweile ist es ruhiger geworden um die «Uni von unten». Auf der Homepage finden sich keine aktuellen Events, auch keine friedlichen wie Seminare, Workshops und Diskussionsforen, bei denen auch Nicht-Studierende teilnehmen und ihren Horizont erweitern könnten. Das kann sich aber schnell ändern, sitzen bestimmt ein paar Ausdauernde noch oder schon in den Startlöchern. Die Untergrundsache ist Schutz; Schutz davor, als Einzelgänger von der Herde abgetrieben zu werden und Schutz, um das knitterfreie Bild der Revolution zu erhalten. Nicht erwähnenswert, dass auch Martina nicht wirklich Martina heisst und Adrian nicht Adrian. r Text Claudia Piwecki, Bild Selin Bourquin
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swisscom «Ich habe erfahren, was es heisst, ein Projekt zu führen.» Sabrina Hubacher, Studienschwerpunkte Medien- und Kommunikationswissenschaften, BWL und Journalistik
Swisscom ist im Aufbruch. Unsere Kultur ist geprägt von Veränderung und Innovation. Das ist eine ideale Voraussetzung für junge, motivierte Persönlichkeiten, die in einem spannenden Arbeitsumfeld etwas bewegen wollen. Als multidisziplinär ausgerichtetes Unternehmen für Telekommunikation, IT, Media und Entertainment bieten wir Ihnen interessante Aufgaben, vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten und fortschrittliche Arbeitsbedingungen. Reizt Sie das? Dann packen Sie Ihre Chance. Drei Möglichkeiten stehen Ihnen offen: der Direkteinstieg, unser TraineeProgramm oder ein Praktikum. Wir freuen uns auf Sie. www.swisscom.ch/getintouch
15 STUDIVERSUM | 2011.03
Eine unendliche Geschichte Ein Blick in die scheinbar unspektakuläre Unterwelt einer Verkehrsmetropole. Die jüngste U-Bahn aller europäischen Millionenhauptstädte verkehrt in Warschau. Das Bauwerk ist ein Versuch den Kommunismus hinter sich zu lassen und den Anschluss an den westlichen Standard herzustellen.
Längst haben die Warschauer Gefallen an ihrem unterirdischen Transportmittel gefunden. Bis zu einer halben Million Fahrgäste werden jährlich mit der U-Bahn transportiert. Nichts im Vergleich zu anderen Städten wie London, wo laut dem Geschäftsbericht der «London Underground» von 2009/2010 über eine Milliarde Einzelfahrten jährlich durchgeführt wurden. Selbstverständlich hinkt da die Gegenüberstellung in Anbetracht der Grösse der polnischen Hauptstadt und der Tatsache, dass die Stadt momentan nur über eine 23 Kilometer lange Linie verfügt. Diese ist zwar nicht alt, aber umso geschichtsträchtiger. Um neun Uhr morgens fangen die Waggons an, sich ein wenig zu leeren. Die Stosszeit und das damit verbundene Gedränge sind vorbei und man hat Zeit zum Durchatmen. Die meisten Berufstätigen befinden sich nun an ihrem Arbeitsort. So auch Ma-
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teusz, der unermüdlich von einer Person zur anderen durch die U-Bahnwagen geht. Er kontrolliert aber nicht die Tickets, sondern befindet sich auf seinem alltäglichen Bettelgang nach Almosen. Er ist 62 Jahre alt. Kein Mönch, bloss arbeitslos. Was er von Warschaus unaufhaltsamen Wandel und der modernen U-Bahn hält? «Alles Heuchelei! Äusserlich scheint alles schön, aber hier fliessen doch ständig Schmiergelder! Die Politiker wirtschaften alle in ihre eigene Tasche. Nichts hat sich seit damals verändert!» Die Politikverdrossenheit vieler Polen ist häufig spürbar. Sie haben sich von einer demokratischen Staatsführung mehr erhofft. Seit dem Ende des Kommunismus hat sich das Gesicht der Stadt verändert. Viele Investoren sind nach Warschau geströmt und haben auch infrastrukturelle Veränderungen herbeigeführt. Doch der Zug des Kapitalismus fährt schnell, ohne Rücksicht auf Zuspätkommende. Gewisse sozial Benachteiligte, wie Mateusz, bleiben zurück. «Wendeverlierer», wie sie in Ostdeutschland genannt werden. Anschluss zu finden und sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern, erweist sich als ein steiniger und meist langwieriger Weg. Steinig war auch die Geschichte der Warschauer Metro.
Eine reifende Idee
Es war der Beginn eines neuen Jahrhunderts, das mit ambitionierten Visionen beginnen sollte. Wie Wojciech Markiewicz von der Zeitung «Polityka» in seinen Recherchen aus dem Jahr 2008 herausgefunden hat, gab es bereits 1903 – noch unter
«Eine Metro brauchen wir nicht. Wir nehmen den Kulturpalast»
russischer Besatzung – Pläne zur Verwirklichung einer unterirdischen Bahn. London besass seit 1863 die erste Metro Europas, damals noch mit Dampf betrieben. Nach deren Vorbild sollte auch die polnische UBahn konzipiert werden. Mangels Wagemut von Seiten der Investoren wurde das Projekt aber vor sich her geschoben und erst 1923 nach dem Ende des ersten Weltkriegs wieder ins Gespräch gebracht. Polen war nun ein freies Land und die Regierung setzte alles daran, die vorliegenden Pläne in die Tat umzusetzen. Als Ende der 20er-Jahre der Bau beginnen sollte, führte der wirtschaftliche Abschwung zur grossen Depression, welche die 30er-Jahre fest im Griff hatte. Die Realisierung verzögerte sich. Und mit dem Ausbruch des zweiten Weltkriegs waren jegliche Überlegungen einer unterirdischen Bahn vom Tisch. Bei Kriegsende – Warschau war zu rund 85 Prozent zerstört worden – galt es, sich in erster Linie
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dem Wiederaufbau der Gebäude zu widmen. Niemand dachte mehr an die Metro.
Nachkriegspräsent
Anfang der 50er-Jahre entschied Josef Stalin der Hauptstadt Polens ein «Geschenk» zu machen. So liess er dem damaligen Präsidenten Bolesław Bieruta die Wahl zwischen einer Wohnungssiedlung, einer U-Bahn oder dem Palast der Kultur und Wissenschaft. Bieruta antwortete: «Eine Wohnsiedlung können wir selber bauen und eine Metro brauchen wir nicht. Wir nehmen den Kulturpalast.» So war die Abmachung besiegelt, Warschau erhielt von der Sowjetunion sein (heute umstrittenes) Wahrzeichen: Den Palast der Kultur und Wissenschaft. Die U-Bahn hingegen musste wieder warten. Und als der Kalte Krieg beängstigende Ausmasse annahm, wurden Stimmen laut, man müsse – allein schon aus militär-strategischen Gründen – wie-
der den Bau einer unterirdischen Bahn in Betracht ziehen. Sie sollte dazu dienen, aus dem feindlichen Sichtfeld zu verschwinden und den Transport von Kriegsmaterial zu vereinfachen. Eine propagandistische Bauoffensive wurde gestartet, diverse unterirdische Stationen ausgehoben und Tunnelstücke gebohrt. Leider mit verheerenden Folgen. Trotz angeblich gründlicher geologischer Untersuchungen kam es zur Überschwemmung von Tunnelsystemen nahe der Weichsel. Die Zensur untersagte jegliche Berichterstattung zur Metro. Der Bau wurde wieder einmal gestoppt.
Rettung des Kommunismus
Als dann in den 70er-Jahren ein weiterer, zögerlicher Vorstoss in Sachen U-Bahn gewagt wurde, musste die Regierung mit Bedauern feststellen, dass das kommunistische Polen völlig heruntergewirtschaftet war und kein müder Groschen mehr zur Verfügung stand. Das Wort «Metro» wurde aus dem Wortschatz der Politiker verbannt, bis im Jahre 1982 Premierminister Wojciech Jaruzelski, überraschenderweise öffentlich, den Bau der Warschauer U-Bahn verkündete. Geradezu absurd erschien diese Mitteilung in Anbetracht der Tatsache, dass bereits so viele Vorstösse kläglich geschei-
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tert waren. Ausserdem befand sich Polen gerade im Kriegszustand. Die kommunistischen Machthaber hatten mit oppositionellen demokratischen Kräften zu kämpfen, also ein wahrlich dringenderes Problem auf ihrer Agenda als den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Genau dieser Schachzug mit der Metro erwies sich jedoch als kluge taktische Finte. Die Hauptstadt war in den vergangenen Jahren einem wahnwitzigen Verkehrschaos erlegen. Reisende brauchten in den völlig überfüllten Bussen zwei Stunden, um vom Stadtrand ins Zentrum zu fahren. Hier schien die unterirdische Bahn der einzig sinnvolle Ausweg aus der Misere zu sein. Jaruzelskis kommunistische Partei sah in diesem Unterfangen die Chance, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen. Die Verträge mit der Sowjetunion wurden unterschrieben und das Vorhaben in Angriff genommen. Die Arbeiten gingen wegen ständiger Finanzierungsquerelen nur schleppend voran und mit dem Ende des Kommunismus 1989 versiegten auch die Finanzspritzen der UdSSR. Wiederum galt es, neue Geldquellen zu erschliessen. Zunächst mit mässigem Erfolg. Die neue demokratische Regierung brauchte einige Jahre, um sich mit der einst von Feindbild Jaruzelski ins Leben gerufenen Metro identifizieren zu können. 1995 konnte schliesslich ein erstes Teilstück eingeweiht werden.
Auf Kurs dank Demokratie
In den Folgejahren konnten, auch dank Unterstützung der Europäischen Union, weitere Haltestellen in Betrieb genommen werden. 2008 wurde schliesslich die offizielle Fertigstellung der gesamten Warschauer Linie Nummer 1 verkündet. Nicht alle teilten diesen glücklichen Moment. Für Mateusz hat die Metro keinen grösseren Einfluss auf sein Leben, wie er behauptet. «Was bringt es mir, dass Milliarden Zloty in dieses Projekt gepumpt wurden. Ich habe sowieso keinen Job und keinen Arbeitsplatz, zu dem mich diese Bahn schneller bringen könnte.» Seit 17 Jahren ist er obdachlos. Mittlerweile hat er sich daran gewöhnt, sich auf der Suche nach Geld vor anderen Menschen selbst zu erniedrigen. Dies war nicht immer so. Seine Zeit an der Hochschule ist für Mateusz eine Erinnerung, die ihn plötzlich ruhig werden lässt. Sehr zaghaft berichtet er von seinem Studium der Polonistik und dem darauf folgenden Doktortitel. Mit 35 Jahren, noch zu Zeiten des Kommunismus, wurde er Dozent für polnische Philologie an der Universität in Poznań. Er verfolgte eine erfolgreiche Akademikerkarriere bis zum Zusammenbruch der kommunistischen Volksrepublik Polen. Danach wurde alles anders. Schnell folgten Reformen an den Hochschulen. Sympathisanten des kommunis-
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Krisen im 21. Jahrhundert Es laufen Untersuchungen bezüglich einer Schmiergeldaffäre im Falle der Wagenlieferanten. Die Zeitung «Gazeta Stoleczna» berichtete am 14. Januar 2010 von der Festnahme des Ex-Direktors der Warschauer Metro. Er soll angeblich Bestechungsgelder angenommen haben und so die Entscheidung über den Zuschlag für die U-Bahnwagenlieferung zugunsten von Alstom gefällt haben. Alstom ist bereits in den Schlagzeilen gewesen, da sie schlecht verarbeitete Fahrwerke für ihre Metrowaggons ausgeliefert hatte. Die Räder fingen an, sich unter der Bremsbelastung zu verformen. Nach deren kompletter Auswechslung konnte das Problem jedoch behoben werden. In einem Pressecommuniqué vom 12. Januar 2011 wurde die Warschauer Metro GmbH, sowie alle beteiligten Personen von der Schuld am Unfall des blinden Filip Zagonczyk am 17. September 2008 freigesprochen. Der junge Mann mit Sehbehinderung hatte damals den Rand des Bahnsteigs mit seinem Stock nicht ertasten können und ist auf die Gleise gefallen. Er wurde von der U-Bahn erfasst und überlebte den Vorfall mit erheblichen Hirnschäden nur knapp. Die Metroverantwortlichen reagierten auf den Zwischenfall und statteten alle Bahnsteigränder mit gerillten Kacheln aus. Der Unfall löste in den Medien eine grosse Diskussion über Sicherheit und über die behindertengerechte Nutzbarkeit öffentlicher Einrichtungen aus. Die zweite Linie wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht bis zur EURO 2012 fertiggestellt sein. Schwierigkeiten mit ans Tunnelsystem angrenzenden Gebäudefundamenten zwangen die Bauherren zur Verlegung eines Streckenabschnitts. Die Neukonzipierung des Tunnelabschnitts erforderte zusätzliche geologische Bohrungen und Auswertungen, wodurch erst im August 2010 mit den eigentlichen Tunnelarbeiten begonnen werden konnten. Infolge dessen musste die Warschauer Metro GmbH den Eröffnungstermin auf den 27. November 2013 verlegen.
In der Innenstadt Warschaus sticht der Kulturpalast hinter der Metrostation «Centrum» hervor.
tischen Regimes wurden verfolgt und von wichtigen Positionen entlassen. «Im Kommunismus lief vieles falsch», sagt Mateusz. Er verteufelt marxistisches Gedankengut jedoch nicht, sondern pflegte seiner Aussage nach einen konstruktiven Diskurs. Seine mangelnde anti-kommunistische Haltung wurde ihm zum Verhängnis. Nach einiger Zeit füllten sich die Vorlesungsräume mit neuen Dozenten und wenig später wurde Mateusz mitgeteilt, dass er auf Grund von Umstrukturierungen und Einsparungen leider nicht mehr länger beschäftigt werden könne. Sein Frust war gross und statt sich aufzurappeln um auf Jobsuche zu gehen, blieb er an der Flasche hängen. So zogen die Jahre ins Land und Mateusz nach Warschau, um nicht zufällig von Leuten auf der Strasse erkannt zu werden. Nun ist er hier im unterirdischen Röhrensystem, tagein, tagaus auf der Suche nach ein paar Zloty. Er sitzt täglich in den U-Bahnwaggons und fährt hin und her. Vielleicht bringt ihm die Bahn doch etwas, immerhin ist es dort unten im Winter nicht so bitterkalt. Wie ein Uhrwerk verlassen die Bahnen im Minutentakt pünktlich ihre Bahnsteige. Unermüdlich füllen und leeren sich die Waggons mit umtriebigen Menschen. Der zukunftsträchtige Wandel geht weiter, denn das Land möchte der Europäischen Union mit seinen führenden Nationen Deutschland, Grossbritannien und Frankreich in nichts nachstehen. Eine moderne Metro, ein öffentlicher Verkehr nach Schweizer Vorbild, eine Infrastruktur wie in Deutschland, ein starker Markt wie in den USA? In Lichtgeschwindigkeit versucht Polen aufzuholen, was zu Zeiten des Kommunismus unmöglich war. Anschluss an die Wirtschaftsmächte dieser Welt finden, lautet die oberste Maxime. Keine Zeit nach links und rechts zu blicken. Nur eine Richtung zählt: Immer geradeaus. Immer nach vorne. Unaufhaltsam gleitet der Wagen die Schienen entlang und so gleitet Mateusz mit. Wohin? Er weiss es nicht. Was ihm die Zukunft bringen wird? Nur Gutes, so hofft er. Das Warnsignal ertönt, die Türen schliessen sich, ein Wink zum Abschied und dann entschwindet er im Dunkeln des Tunnels. r Text Filip Dingerkus, Bilder Adam Grochocki
GENIESSEN Unser Autor war mit einem professionellen Fotografen unterwegs. Die Fotoserie der Warschauer Metro findet ihr hier: www.semestra.ch/unter-warschau ANSCHAUEN Underground-Feeling versprüht auch der Video «Undercity» von Andrew Wonder, der in der New Yorker U-Bahn spielt. Es gibt Metro-Geschichte zu sehen. Du findest es unter folgendem Link: www.semestra.ch/undercity
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Abseits der Clubs Schon seit über 20 Jahren wird Techno als Musikrichtung an Partys, auf Festivals und in Clubs gespielt. Eine Subkultur, die so keine mehr ist. Und doch gibt es immer noch die kleinen, feinen Partys neben den grossen Clubs – ob man dabei von Underground sprechen kann, bleibt fraglich. Eine Bestandesaufnahme in Zürich.
Wegbeschreibung? Fehlanzeige! Angegeben wird auf dem offensichtlich in grosser Eile gestalteten Flyer gerade mal Zeit und Datum der Party und die nächstgelegene Tramhaltestelle. Die Party zu finden bleibt den guten Ohren der Suchenden überlassen. Doch schon beim Aussteigen aus dem Tram fällt auf: Allein suchen muss hier bestimmt keiner. Schnell bildet sich eine bunt gemischte Gruppe von Gleichgesinnten, die alle dasselbe Ziel haben. Einer übernimmt die Führung: «Ich war beim letzten Mal schon hier und weiss noch ungefähr, wo’s durchgeht!» Nach einem kurzen Waldspaziergang hört man auch schon die ersten wummernden Bässe. Das Erste was von der Party zu sehen ist, sind ein paar verwunderte Spaziergänger, welche die Sonne am Sonntagmorgen ebenfalls gerne im Wald geniessen möchten. In sicherem Abstand halten sie kurz an, kneifen die Augen zusammen und öffnen staunend den Mund. Die Szenerie ist ungewohnt; die Spaziergänger lächeln den Tanzenden entweder zu oder wenden sich mit gerümpfter Nase ab. «Eine Frechheit ist das hier, hoffentlich nehmen die wenigstens ihren Abfall wieder
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mit», grummelt ein rüstiger Rentner in seinen gepflegten Schnauzer. Nicht mal vom netten «Grüezi» der mit uns ankommenden Partygänger lässt sich der gute Herr aufheitern. Lässt man den Blick über die Waldlichtung schweifen, wird schnell klar, hier wurde nicht viel Aufwand betrieben, geschweige denn zu viel Equipment den Hügel hoch geschleppt. Ein kleiner Tisch, der durch einen Pavillon vom hoffentlich nicht einsetzenden schlechten Wetter geschützt wird, trägt Mixer und Plattenspieler. Rechts und links davon befinden sich die Boxen, welche gerade mal ausreichen, um den kleinen, improvisierten Dancefloor in ausreichender Lautstärke zu beschallen. Hier machen nicht die Einrichtung, nicht die Soundqualität und nicht die grosse Auswahl Drinks an der Bar die Party aus. Hier machen wirklich noch die Anwesenden – von denen sich viele bereits von anderen Partys zu kennen scheinen – die ungewohnte Location im Wald, sowie die absolut ungewöhnliche Situation am Sonntagmorgen zu feiern, die Party zu dem, was sie ist. Vielleicht 150 Leute sind anwesend, ein bunter Haufen, vom Studenten bis zum «Bänker», der auch mal abschalten will – die Stimmung ist locker. Es schallt kein harter, treibender Techno aus den Boxen, wie es in den Anfängen der Technobewegung meist der Fall war. Hier wird zu «lüpfigem» und fröhlichem Minimal-Techno getanzt. Doch ist dies jetzt eine Undergroundparty, und was hat man sich überhaupt unter Undergroundpartys vorzustellen?
Subkultur ohne Halbwertszeit?
Als Anfang der 90er-Jahre Techno zum ersten Mal als Musikrichtung in Erscheinung trat, konnte man guten Gewissens von einer Sub- oder Jugendkultur sprechen. Doch über die Jahre hat sich dies verändert. Der
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Zürcher Produzent und DJ Styro 2000, der von den ersten Anfängen der Szene zu berichten weiss, bemerkt dazu: «Eine Jugendkultur hat normalerweise eine Halbwertszeit von ungefähr zwölf Jahren. Man will sich ja klar von der vorangegangenen und der nachfolgenden Generation abgrenzen und ausbrechen, wenn man jung ist!» Für ihn ist klar, dass dieser Rhythmus in den letzten 20 Jahren aus dem Ruder gelaufen ist: «Nach dem Punk in den 80ern und dem Beginn der 90er-Jahre mit Techno und Grunge hat sich nicht mehr viel getan. Die Musikrichtung Techno hat sich zwar in den letzten 20 Jahren weiterentwickelt, doch als Subkultur kann dies nicht mehr bezeichnet werden.» Inwiefern können also Technopartys, die sich klar neben der oberflächlichen Mainstreamkultur bewegen, noch als Undergroundpartys bezeichnet werden? Styro, der schon bei der ersten «Lethargy»Party, welche jeweils am Street-Parade-Wochenende in der Roten Fabrik stattfindet, als Mitorganisator dabei war, trennt klar Partys mit Bewilligung von Partys ohne Bewilligung. «Was wir beim ersten Mal im Jahr 1994 ohne Erlaubnis der Leitung der Roten Fabrik und ohne Bewilligung während der Street Parade bei der Roten Fabrik am See organisiert haben, ist heute zu einem fixen Bestandteil des Programms geworden. Von Underground kann da nicht mehr die Rede sein.» Sieht man sich heute das Programm der Technoclubs in Zürich an, kann man klar sehen, dass die Musik nach wie vor am Mainstream vorbeizielt und immer wieder mit schrägen und ungewohnten Künstlern überrascht. Doch «Cabaret», «Hive», «Alte Börse», «Zukunft» oder «Frieda’s Büxe» sind mit ihrer Vermarktung und ihrem Konzept schon lange weg von der Form, welche die ersten Technoclubs noch innehatten. Mit Techno wird Geld verdient – ob dies jetzt nur für bessere Soundanlagen und Bookings von Künstlern oder zum Decken der Ausgaben und Bezahlen der Mitarbeiter verwendet wird, bleibt offen. Jedenfalls ist Techno in Zürich definitiv nicht mehr eine Subkultur, bei der es rein darum geht, die beste Party mit guter Musik zu feiern.
Eigeninitiative wird überflüssig
Die Möglichkeit, selber eine Party zu organisieren, steht den Jungen von heute ebenso offen, wie es schon vor 20 Jahren der Fall war. Für Styro wird diese Möglichkeit heute nur viel zu wenig wahrgenommen, weil das Angebot in Clubs so zugenommen hat, dass ein alternatives Programm für Liebhaber elektronischer Musik nicht mehr nötig erscheint. «Für uns gab es dieses breite Angebot an Clubs noch nicht. Wir mussten gezwungenermassen selber etwas auf die Füs-
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Nach einem kurzen Waldspaziergang hört man auch schon die ersten wummernden Bässe. se stellen», so der DJ. Doch auch heute gibt es noch einige wenige, die nicht zufrieden sind mit dem bestehenden Angebot und selber etwas organisieren. Vor allem im Sommer nimmt die Zahl illegaler oder halblegaler Partys in und um Zürich rapide zu. Gemeinsam wird auf dem Zürichberg, am Oberen Letten oder auf der Wiese am See beim Gemeinschaftszentrum Wollishofen bei strahlendem Sonnenschein zu lauter Musik im 4/4-Takt getanzt. Erol Neziri und Andreas Ramos, die beide selber Platten auflegen und ihre Freizeit der elektronischen Musik widmen, haben im August letzten Jahres selbst eine Party auf die Beine gestellt. «Wir wollten ergänzend zu den Partys in den Zürcher Clubs eine Möglichkeit bieten, auch mal in der Sonne den Tag durchzutanzen», so Neziri. Mangels grossem Budget verzichteten die beiden darauf, Flyer zu drucken und luden nur über Facebook zu ihrer Party, der «Feier am Damm», ein. In erster Linie ging es den
beiden darum, mit guter Musik, ungewohnter Location im Freien und der Idee, die Party tagsüber bei Sonnenschein durchzuführen, etwas anderes zu bieten. Da es sich um eine Party von Freunden für Freunde handelte, war der Eintritt selbstverständlich frei. Eine kleine Bar mit Getränken zu Freundschaftspreisen wurde zur Kostendeckung und zum Bezahlen der Gagen der eingeladenen DJs betrieben. Neziri blickt positiv zurück: «Anfangs waren wir ziemlich unsicher, ob unsere Rechnung aufgeht und wir nicht am Ende noch aus der eigenen Tasche die Differenz berappen müssen. Als dann aber mehr und mehr Leute eingetroffen sind, haben sich unsere Sorgen in Luft aufgelöst und wir konnten beruhigt mitfeiern!» Auch das Eintreffen der Polizei am frühen Abend konnte der guten Stimmung auf der Allmend in Brunau nichts anhaben. Nachdem die beiden angerückten Gesetzeshüter auf die Frage nach einer Bewilligung ein«Nein» als Antwort er-
In Zürich wird getanzt Nicht etwa Berlin oder London, sondern das vergleichs weise kleine Zürich weist europaweit die höchste Clubdichte auf. Mit über 500 Bars, Konzertlokalen und Clubs, vor allem in den Ausgehquartieren ZürichWest, Langstrasse und Niederdorf, bietet Zürich für jeden Geschmack etwas an. Im Bereich der elektronischen Musik stechen vor allem sechs Clubs hervor: «Hive», «Cabaret», «Zukunft», «Frieda’s Büxe», «Pfingstweide» und «Alte Börse». Freitag- und Samstagnacht wird vor allem elektronische Musik, von House bis Techno, von Experimental bis zu Minimal, gespielt. Jedes Wochenende beehren internationale Acts die Stadt und verzücken die Partygänger mit Live- und DJ-Sets. Neben dem vielfältigen Programm in den Clubs ist vor allem die Street Parade, welche jeweils am zweiten Samstag im August stattfindet, als grösste Technoparty der Welt zu erwähnen. Seit 1992 hat sich diese Veranstaltung von einem kleinen, als bewilligte Demonstration für Liebe, Frieden, Freiheit, Grosszügigkeit und Toleranz veranstalteten Umzug, zum Riesenanlass, der auch schon eine Million Technobegeisterte aus dem In- und Ausland angelockt hat, entwickelt.
«Eine Frechheit ist das hier, hoffentlich nehmen die wenigstens ihren Abfall wieder mit», grummelt ein rüstiger Rentner in seinen gepflegten Schnauzer. hielten, verliessen sie ohne eine Busse zu erteilen den Platz. Am Beispiel der «Feier am Damm» sieht man, dass es nach wie vor möglich wäre, neben dem vielfältigen Angebot in den Clubs eine alternative Ausgehmöglichkeit auf die Beine zu stellen. Tot ist sie bestimmt noch nicht, die Undergroundparty, doch immer mehr verliert sie an Bedeutung und wird durch das breite Angebot der Clubs überflüssig gemacht. Doch diejenigen, die in den Genuss einer Veranstaltung abseits vom üblichen Nachtleben gekommen sind, wissen dies bestimmt auch in Zukunft zu schätzen. r Text Jonas Frehner, Bild Selin Bourquin
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Das Gesicht zum Geheimnis Das Einflüstern von vergessenem Text führte im Theater lange Zeit ein verstecktes Schattendasein. Wir holen mit Rita von Horváth eine Souffleuse auf die Bühne und folgen damit einem Trend, den das Theater selbst ausgelöst hat.
Während der Souffleurkasten noch fester Bestandteil der Oper ist, ist er in den Theatern weitgehend verschwunden. Als Rita von Horváth zu Beginn der 90er-Jahre ihre Berufung fand, war die Zeit der isolierten Höhle am Schauspielhaus bereits definitiv passé. «Ich habe gehört, es sei wahnsinnig praktisch, da man so alle Schauspieler besser im Auge hat», so von Horváth, die nie den Drang hatte, sich zu exponieren. Irene Herbst war 40 Jahre lang am Schauspielhaus Zürich tätig. Zuerst als Schauspielerin, später als Regie-Assistentin und Inspizientin. Sie erinnert sich an die Übergangszeit: «Bei den klaren, leeren Räumen sieht es seltsam aus, wenn da plötzlich ein Souffleurkasten steht. Deshalb hat man sich wohl dem Diktat der Bühnenbildner unterworfen.» Seither wurde die Souffleuse umplatziert – entweder prominent in die erste Zuschauerreihe oder neben die Bühne. Das Einflüstern wurde öffentlich und entzaubert somit den Glanz des Abends, trägt aber zugleich zur Identität des modernen Theaters bei. Während die Souffleuse früher noch bewusst vom Publikum versteckt und in den Souffleurkasten unter die Bühne gesteckt worden ist, spielt sie heute selber eine Rolle. Eine Rolle, bei
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der man nur im absoluten Notfall zum Einsatz kommt. Dass ein Schauspieler bei einer Aufführung nicht mehr weiter weiss, ist äusserst selten. «Es kommt vor, dass 20 Abende vergehen, ohne dass ich ein Wort spreche», erläutert Rita von Horváth. In Deutschland ist es deshalb – auch aus Kostengründen – an manchen Theatern üblich, dass die Souffleuse die Produktionen nur bis zur Premiere begleitet.
Gegen den Schein der Perfektion
Ist die Souffleuse während den Aufführungen also überflüssig, da sie erstens nur selten zum Einsatz kommt und zweitens deren Auftritt das Publikum irritieren könnte? Regisseur Sebastian Baumgarten verneint: «Ich will den Schein der Perfektion gar nicht bewahren. Insofern muss man die Zutaten oder die Mythen, welche diese Illusion erzeugen, erkennen.» Deshalb werden bei der Aufführung sowohl scheinbare Perfektion vermittelt, als auch deren Herstellung offen dargelegt. Während beim Film Szenen, die bei den Dreharbeiten Mühe bereitet hatten, allenfalls während dem Abspann in den Outtakes gezeigt werden, sind Fehler auf der Bühne nicht mehr zu korrigieren. Für Regisseur Sebastian Baumgarten, der bisher vor allem in Deutschland tätig war, grenzt sich das Theater dadurch von einer durchkalkulierten Fabrik ab: «Das Publikum liebt Fehler oft mehr als die blanke Perfektion.» Was für den Zuschauer den Reiz ausmacht, kann für die Schauspieler zur Belastung werden. Eine Belastung, die durch die textsichere Retterin mit der Taschenlampe reduziert werden kann. Erst so wird der Spagat zwischen Textsicherheit und ungezwungenem Auftreten möglich. Klaus Brömmelmeier, Ensemble-Mitglied am Schauspielhaus Zürich: «Manche Kollegen lassen sich nicht gerne helfen, andere per-
manent. Ich persönlich bin dankbar, dass jemand da ist, der im Falle einer Textunsicherheit eingreifen kann.»
Ein notwendiger Luxus
Rita von Horváth sieht ihre Tätigkeit pragmatisch: «Bei den Abendaufführungen ist es ein reiner, in den Proben dagegen ein notwendiger Luxus.» Tatsächlich wird die Souffleuse vor der Probe von Schauspielern umschwärmt, um nochmals einen Dialog durchzugehen. Nicht selten entstehen so konspirative Maulwurf-Geschichten: «Ich neige dazu, mich zu äussern, wenn mich Schauspieler auf potentielle Textänderungen ansprechen.» Und so fliesst die Meinung der Souffleuse immer mal wieder in die Inszenierung. Regisseur Sebastian Baumgarten schätzt die Arbeit der Souffleusen und sieht darin mehr, als das reine Zuflüs-
«Es kommt vor, dass 20 Abende vergehen, ohne dass ich ein Wort spreche» tern des Textes: «Sie sollen sich in die Produktion einbringen und am Ganzen mitwirken.» Gerade bei Regisseuren, die sich nicht streng an den Originaltext halten, beteiligt sich die Souffleuse bei der Suche nach neuen Formulierungen. Baumgarten: «Während der Probe entwickeln wir die Texte ja weiter. Da ist es beruhigend, eine Ansprechperson dabei zu haben, die sich alle Änderungen notiert und jederzeit die aktuelle Fassung wiedergeben kann.» Die Tätig-
keit der Souffleuse bewegt sich also in einer Doppelrolle zwischen Textproduzent und Textreproduzierer.
Die Inszenierung als Lebenszyklus
Während die Schauspieler ihre Texte im Laufe der Probe immer besser beherrschen, wird die Souffleuse leiser und leiser, bis sie ab der Premiere nur noch im absoluten Notfall eingreifen muss. Rita von Horváth erlebt die Produktion einer Inszenierung als
Ausnahmsweise mal auf statt neben der Bühne: Rita von Horváth im Schiffbau/Box in Zürich.
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Lebenszyklus, wobei die Soufflage direkt nach der Schwangerschaft einsetzt, während der die Konzepte für die Dramaturgie und die Besetzungen ausgehandelt worden sind. «Die erste Leseprobe ist die Geburt. Wir üben die Texte und so wird die Inszenierung bis zur Premiere volljährig. Anschliessend darf sie leben und reifen, bis sie irgendwann wieder stirbt.»
Eine Ausbildung zur Souffleuse gibt es nicht. Rita von Horváth (39) ist eher zufällig in die Theaterszene reingerutscht, als sie einen Dolmetscherjob für einen ungarischen Gastregisseur am Nationaltheater Mannheim ausgeübt hat. Der erste Kontakt mit der Probebühne: Eine grosse Erleichterung – endlich war sie nach Schule und Universität zu Hause angekommen. Nach drei Semestern Literatur- und Theaterwissenschaften kam ihr eine Tätigkeit, die auf den Kern des Theaters – auf die Texte und die Schauspieler – fokussiert, gerade gelegen. So gelegen, dass sie bis heute bereit ist, die Spannungen im Ensemble zu ertragen und Ferien, Termine oder Kinobesuche flexibel zu gestalten.
Das «Mami» der Produktion
Und tatsächlich, die Analogie ist perfekt: In Theaterkreisen gilt die Souffleuse als «Mami» der Produktion. Und genau wie im richtigen Leben verändert sich die Rolle der Mutter im Verlaufe der Zeit. Während bei den ersten Proben noch sätzchenweise Text eingegeben werden muss, tritt die Souffleuse immer mehr in den Hintergrund – ohne aber je ganz zu verschwinden. Während sich Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner nach der Premiere zurückziehen, ist die Souffleuse nach wie vor präsent und fungiert als Sicherheitsnetz, um die Schauspieler im Notfall sicher aufzufangen. Und sie ist somit Teil der Inszenierung, Teil des Theaterabends. r Text Dominic Illi, Bild
SURFEN Einen weiteren Underground-Job stellen wir euch auf semestra.ch vor. Unser Redaktor hat sich auch mit einem Studenten unterhalten, der den Nebenjob eines Bestatters ausgeübt hat. Das Interview findet ihr hier: www.semestra.ch/nebenjob-bestatter
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UNIPOLITIK
schon im job? Ausgebildet werden Studierende für die Forschung an einer Universität, aber nur wenige bleiben nach ihrem Abschluss tatsächlich dort. Die Mehrheit wechselt in die Privatwirtschaft – entgegen dem universitären Geist. Inzwischen gibt es an den meisten Universitäten und Fachhochschulen Career Services, die für Studierende kostenlos sind und sie bei ihrem Übergang ins Berufsleben unterstützen. Eines der ersten seiner Art in der Schweiz war das Career Service Center (CSC) der Universität Basel. Was Career Services für die Studierenden leisten und weshalb das wichtig ist, erzählt Birgit Helga Müller, die Geschäftsführerin des CSC der Universität Basel. StudiVersum: Sie haben das CSC in Basel aufgebaut, Frau Müller. Wie kam es dazu? Birgit Helga Müller: 2005 wurde das CSC vom Kanton Basel-Stadt und Firmen aus der Umgebung gegründet. Letztere gaben die Initiative dazu, denn: Die Uni-Absolventen seien exzellent, würden sich aber schlecht verkaufen, so dass man gar nicht wisse, wie gut sie sind. Das CSC wurde dann vier Jahre lang von diesen Firmen finanziell getragen, im Namen der Universität. Seit zwei Jahren bin ich nun von der Universität Basel direkt angestellt.
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Die Studierenden müssen von sich aus zu Ihnen kommen, tun sie das denn auch? Die Nachfrage ist so hoch, dass jeder Studierende nur einmal für zwei Stunden zur Laufbahnberatung bei mir vorbeikommen kann. Damit diese Zeit optimal genutzt werden kann, müssen mir die Studierenden jeweils vorgängig ihre Bewerbungsunterlagen und ihre Hauptfragen schicken, die ich dann für das Gespräch vorbereite. Zudem spreche ich in diesen zwei Stunden eigentlich alle Themenbereiche an, die mit der Laufbahn zu tun haben: Was verdiene ich? Was ziehe ich an? Zu welchem Unternehmen möchte ich? All das ist massgeschneidert auf die Person, die zur Beratung kommt. Mit welchen Fragen kommen die Studierenden zu Ihnen? Manche Leute kommen zu mir und sagen: «Frau Müller, das sind meine Traumjobs, helfen sie mir, die zu bekommen.» In diesem Fall kann ich die Person spezifisch darauf vorbereiten, wie das Bewerbungsverfahren im betreffenden Unternehmen ungefähr ablaufen könnte. Es gibt aber auch solche, die sagen: «Ich habe Kulturanthropologie studiert, was mache ich jetzt damit?» In diesem Fall gehe ich den Lebenslauf durch, um herauszufinden, was die Person an Ausbildung, Jobs und Erfahrungen mitbringt und zeige ihr Möglichkeiten auf oder gebe Hinweise, was sie nachholen sollte, um auf dem Arbeitsmarkt gut anzukommen. Wie gefragt ist denn eine Kulturanthropologin in der Grossindustrie? Die grossen Firmen sagen dazu meist: «Brauchen wir nicht! Was machen die eigentlich? Das kennen wir gar nicht.» Dort kläre ich dann erst mal auf, was die alles können, also auch Statistik, Informatik, Projekterfahrung und Sprachen. Ich bereite also einerseits Absolventen auf die Firmenwelt vor und umgekehrt die Firmenwelt darauf, dass auch eine Kulturanthropologin oder ein Soziologe beispielsweise im Bereich Projektkoordination bestens zu Novartis passt. Von solchen Firmen heisst es auch immer, dass sie keine Psychologen suchen würden und trotzdem werden zum Beispiel für den Personalbereich welche eingestellt. Die Leute finden ihr Plätzchen, aber man muss beide Seiten zuerst mal aufeinander vorbereiten und auch zeigen, dass das geht und dass das passt. Schätzt die Universität die Dienstleistung, die Sie den Studierenden bieten? Es gibt die verbreitete Meinung, dass Studierende als erwachsene Menschen die Informationen zum Thema Bewerbung im
Internet selber zusammensuchen können. Das stimmt natürlich auch, nur: Wenn man sich in diesem Bereich nicht auskennt, weiss man nicht, welche Informationen für die eigenen Belange die richtigen sind. Bewerbungsverfahren variieren zwischen den Arbeitgebern und sind auch Modeströmungen unterworfen. Meine Aufgabe ist es einerseits, die Absolventen fit für den Arbeitsmarkt zu machen, andererseits aber auch die Firmen zu besuchen, um den Kontakt zu pflegen und zu wissen, was so läuft. Das CSC ist die Schnittstelle zwischen Universität und Wirtschaft/Verwaltung. Häufig wird vergessen, dass die persönliche Laufbahnberatung einen sehr grossen Mehrwert schafft, denn sie bereitet die Studierenden auf die Arbeitswelt vor und bringt ihnen und ihrer Universität eine hohe Reputation. Die grosse Nachfrage, die ich beim CSC bemerke, gibt der ganzen Sache Recht. Und auch, dass die Leute ihren Job bekommen, obwohl es teilweise sehr schwierig ist. Weshalb sind Studierende auf Hilfestellungen angewiesen? Im Gegensatz zu einem KV-Absolventen, der sich seit seinem sechzehnten Lebensjahr darin üben kann und muss, sich zu bewerben, steht für den Akademiker meist erst mit 25 zum ersten Mal eine offizielle Bewerbung an. Er bewirbt sich dann in ein Umfeld hinein, in dem man das bereits können muss. Dieses Manko kann ich hier ausbügeln, denn das wird im Studium nicht gelehrt. Es ist ein Unterschied, ob man eine Seminararbeit verfasst oder ein Motivationsschreiben. Im März finden an vielen Universitäten und Fachhochschulen Firmenkontaktmessen statt. Sie organisieren die «meet&connect» in Basel. Für wen sind solche Messen interessant? Seit 2006 gibt es mit der «meet&connect» in Basel eine gesamtuniversitäre Kontaktmesse, die für alle Studienrichtungen gedacht ist. Das wurde von den Arbeitgebern auch gewünscht, da diese nicht nur Ökonomen einstellen, sondern vielleicht auch einen Chemiker brauchen oder eine Ärztin oder eben doch einen Phil-I-er, der im Bereich Öffentlichkeitsarbeit unterkommt. Die Messe ist zudem nicht nur für Absolventen interessant, sondern auch für Studierende, die sich nach einem Praktikum erkundigen möchten. Oder falls jemand gerne irgendwann bei der Firma XY arbeiten möchte, kann er dort nachfragen, was ihm dazu noch fehlt. Das Wichtige dabei ist, dass die Studierenden an solchen Messen persönliche
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Silja Aebersold, Raffaela Angstmann André Bähler, Filip Dingerkus Jonas Frehner, Mario Fuchs Dominic Illi, Julia Krättli Christoph Lutz, Claudia Piwecki Martina Zimmermann LAYOUT:
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Céline Beyeler, Maike Hamacher
Kontakte zu den Firmen knüpfen. Das ist sehr viel wert. Und als Tipp noch zum Schluss: Beginnt mit der Firma, zu der ihr eigentlich nicht wollt. Wenn ihr dann warmgelaufen seid, könnt ihr euren Traumarbeitgeber ansteuern. r Text Julia Krättli, Illustration Melanie Imfeld
BESUCHEN Firmenkontaktmessen im März und April: 10. März: Kontakttag der FHNW, Messe Basel. Infos: www.kontakttag.ch 16. März: Absolvententag der ZHAW, Eulachhallen, Winterthur. Infos: www.absolvententag.ch 24. März: LionsContact Kontaktmesse, Park Hyatt Hotel, Zürich. Infos: www.lionscontact.ch
BILDREDAKTION:
Selin Bourquin ILLUSTRATION:
25. März: meet&connect, Universität Basel. Infos: www.meetandconnect.unibas.ch
Melanie Imfeld FOTOGRAFIE:
Selin Bourquin, Durchzwei Adam Grochocki LEKTORAT:
André Bähler
12.–14. April: Polymesse, ETH Zürich Infos: www.polycareer.ch AIESEC veranstaltet Career Days in Basel, Fribourg, Genf, Lausanne und Zürich. Infos: www.careerdays2011.ch
DRUCK:
Vogt-Schild Druck AG KONTAKT:
Campus Lab AG Lavaterstrasse 71 8002 Zürich Tel: +41 44 201 16 57 Fax: +41 44 201 16 50 info@campuslab.ch Web:
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leserbriefe@studiversum.ch StudiVersum erscheint sechs Mal jährlich in einer Auflage von 25 000 Exemplaren an allen Universitäten und Fachhochschulen der Deutschschweiz. Alle Rechte vorbehalten; Nachdruck, Aufnahme in OnlineDienste und Internet und Vervielfältigung auf Datenträgern wie CD-Roms etc. nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung der Herausgeberin.
DENKSPIEL | Rigor-Ei «Was kostet eine Einzige?» «Eine, eine Einzige kostet nur eine Rigor-Ei.» «So kaufe ich keine.» «Warum?» «Ganz einfach, weil es mir zu teuer ist!» Wir spüren es, wir stecken mitten im Land der Unlogik, dort wo selbst dann alles stimmt, wenn nichts stimmt. Hierzu passt allerdings folgendes Spielchen mit dem Taschenrechner nur halbwegs. Wir tippen eine dreistellige Zahl in den Taschenrechner, zum Beispiel 789, und dies zweimal hintereinander. Danach teilen wir die Zahl 789'789 durch 13 und erhalten – nachrechnen ist erlaubt – 60'753. Dieses Ergebnis teilen wir durch 7. Das Resultat (8'697) teilen wir schliesslich noch durch 11 und staunen zumindest ein erstes Mal über den harmonischen Abschluss. Der Taschenrechner liefert uns den Input, konkret 789. Gibt es hierfür eine einfache Erklärung? Briefwechsel Frage: p ⁄ à à 6 ⁄100 Antwort: J a Vor allem aber die falsche Optik gehört ins Land der Unlogik. Hier ist es die (alt bekannte) Frage nach der Anzahl Würfeln in der Abbildung. Last but not least möchten wir noch einen Briefwechsel zwischen Friedrich dem Grossen und Voltaire servie-
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ren, der nebst «une grande portion» Phantasie auch etwas Gefühl für die französische Sprache abverlangt, zumal hinter der Antwort «J a» mehr steckt als nur ein simples «Ja».
Lösung der letzten Ausgabe (Ideenreichtum): 7 8
42 56
105 140 105
42
168 280 280 168
7 56
8
Abgesehen von der Symmetrie lassen sich Gesetzmässigkeiten finden wie zum Beispiel die folgenden: 56 = 7 mal 8 oder 7 + 7 + 42 168 = 21 + 42 + 105 , wobei 21 die Hälfte von 42 ist. 280 = 35 + 105 + 140 , wobei 35 ein Drittel von 105 ist. r Kreation P.H.
Die flotte 3 er-WG
Eine Nacht zum Vergessen Text: André Bähler
Als John erwacht, geht es ihm so richtig dreckig: Revoltierender Magen, völlig ausgetrockneter Mund, pochende Kopfschmerzen. Vor dem Bett liegt ein Haufen Kleider, der nach Bier und Zigarettenrauch stinkt. Wie und wann er nach Hause gekommen ist, weiss John nicht. Die Erinnerung endet ungefähr beim fünften, sechsten Whisky in der ‹Banana Bar›. Alles was nachher kam, ist weg. Dabei hätte er doch lieber vergessen, was vorher passiert ist: Wie jeden Freitag kellnerte John im ‹Jute statt Plastik›, ein alternativ angehauchtes Restaurant, bei dem man es mit dem Alternativ-Sein aber nicht so bierernst nimmt wie anderswo. Als es einmal Streit gab, ob es politisch korrekt sei, pakistanische Datteln zu verwenden, hatte Nadia, Johns Chefin, gesagt: «Es reicht, wenn die Datteln aus biologischem Anbau stammen, sie müssen nicht zwingend von einer basisdemokratisch organisierten, gewaltfrei Widerstand leistender Kommune schwul-lesbischer Palästinenser geerntet worden sein.» John liebt Nadia für solche Bonmots – und ja, er liebt sie auch sonst. Aber sie weiss nichts davon. Und gestern, als er sie dann durch die offen stehende Tür des Pausenraums sah, wie sie mit Mirko knutschte, merkte er erst richtig, wie viel er für diese Frau empfand und immer noch empfindet. Nach seiner Schicht liess sich John volllaufen. In der ‹Bluesmen Bar› kippte er Whisky um Whisky, schwankend zwischen sentimentalen Gefühlen für Nadia und Wut darüber, dass sie sich ausgerechnet mit Mirko eingelassen hatte, einem abgehobenen, rechthaberischen 6Philosophiestudenten, der sich damals am heftigsten gegen die pakistanischen Datteln ausgesprochen hatte. Dann wechselte John ins ‹Striker’s›, musste aber bald wieder abhauen, weil er so einen grossmauligen Breite-Hosen-Typen provozierte. In der ‹Banana Bar› klagte er einer fetten Finnin sein Leid, das ist das Letzte, was er noch weiss. Filmriss! Ich muss wissen, was gestern passiert ist, denkt John
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und richtet sich im Bett auf. Das Pochen im Kopf verstärkt sich. Hektisch wühlt er im Kleiderhaufen. Zu seiner grossen Erleichterung findet er in seinen Jeans sowohl Handy als auch Portemonnaie. John klappt das Portemonnaie auf: Die EC- und die Kreditkarte sind noch da. Das Notenfach ist allerdings leer, bis auf eine Quittung. Aus der geht hervor, dass John mit seiner Kreditkarte im Nachtklub ‹Red Rabbit› ein Flasche ‹Perrier Jouët Belle Epoque› zum Schnäppchenpreis von 850 Franken gekauft hat. 850 Franken Schulden! Wenn ich kein Rettungspaket erhalte, bin ich pleite, stöhnt John. John greift zum Handy. Im Ordner «Gesendete Nachrichten» sind drei Mitteilungen von gestern Nacht. Um 00:46 hat er Beat eine Nachricht gesandt: «Wieso stehen die tollsten Frauen immer auf die grössten Idioten?» Um 01:28 hat er seiner Ex-Freundin Tanja eine schwülstige SMS geschrieben, ob sie es nicht noch einmal miteinander versuchen sollten. Hektisch wechselt er auf den «Posteingang». Tanja hat geantwortet! «John, wir waren mit 14 Jahren für drei Wochen ein Paar. Trink bitte nicht zu viel! Elg Tanja.» Peinlich berührt lässt John das Handy sinken. Sein Blick fällt auf die Kreditkartenquittung. Das fettgedruckte «850.00 inkl. Mwst.» scheint ihn höhnisch anzugrinsen. Trotz des Jobs im ‹Jute statt Plastik› wird er diese Schulden wohl über Monate hinweg abstottern müssen. Dass sich seine Finanzprobleme noch deutlich verschärfen werden, realisiert John aber erst, als er wieder zum Handy greift und die letzte gesendete Nachricht liest. «Liebe Nadia, ich wünsche Mirko und dir viele tiefschürfende Gespräche über korrekte Datteln und kündige hiermit per sofort meinen Job.» Weitere Geschichten der flotten 3er-WG findest du auf semestra.ch. Schau doch rein!
REPORTAGE
Thomas (links) im Kampf gegen Goliath. Das Prinzip des Schiftens macht auch vor grösseren Gegnern keinen Halt.
Thomas Lötsch ist seit über sechs Jahren begeisterter und erfolgreicher Wing Chung Kämpfer. An der WM 2009 belegte er den dritten Platz und wurde zum besten Kämpfer des Turniers gekürt. Im Interview verrät er, was Wing Chung ist, wie er es so weit gebracht hat und wieso sich die Kampfkunst auch für Studenten eignet.
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StudiVersum: Wie bist du zu Wing Chung gekommen? Erzähl uns ein bisschen über deine Anfänge. Thomas Lötsch: Ich bin praktisch von einem unserer Instruktoren «gefunden» worden. Er hatte mich im Fitnesscenter aufgegabelt und ins Training mitgenommen. Als ich 2004 das erste Mal in unsere Schule ging, konnte ich mir nicht wirklich viel unter Wing Chung vorstellen und hatte auch keine Ahnung, was mich da alles erwarten würde. Zunächst war ich stolzer Träger des schwarzen Gürtels in Taekwon-Do (koreanische Kampfsportart, bei der vor allem mit den Beinen und hohen Kicks gearbeitet wird). Daher waren für mich die «weichen» Bewegungen im Wing Chung anfangs ein richtiges Hindernis und brachten mich komplett durcheinander. Dennoch habe ich mich dazu entschlossen, Wing Chung zu erlernen und somit auf einem neuen Gebiet ganz bei null anzufangen. Wenn ich mir überlege, dass ich zuvor im Taekwon-Do wirklich gut war und respektiert wurde, nagte es zu Beginn sehr an meinem Ego, mich neben Schülern wiederzufinden, die keine Ahnung hatten und
wie ich die ersten Trainingsstunden absolvierten. Aber es schien mir, als könnten sie mir hier etwas zeigen, das ich zuvor nicht kannte. So begann ich mit dem Training und als sich mein Verdacht beim ersten Sparring (Trainingskampf) gnadenlos erhärtete, war mir klar, dass ich in nächster Zeit alles daran setzen würde, Wing Chung zu erlernen. Was sind die grundlegenden Prinzipien von Wing Chung? Ein wichtiges Prinzip ist das Drehtürprinzip, das wir von der Migros kennen: Wenn sich die Türe auf einer Seite nach innen bewegt, kommt gleichzeitig die andere Seite nach aussen. Das heisst, wenn man einen Schlag gekonnt aufnimmt, kann man diesen wieder zum Gegner zurückführen und durch die eigene Schlagkraft verstärken. Das Ergebnis ist auf jeden Fall beeindruckend. Damit sind wir auch schon beim zweiten Prinzip: Die aufgenommene Energie muss im selben Moment weitergegeben werden, was bedeutet, dass Abwehr und Angriff unmittelbar zusammengehören und somit in vielen Fällen gleichzeitig stattfinden.
Ein weiteres Prinzip ist das Reagieren auf Druck und der Tastsinn in Armen und Beinen. Erinnerst du dich, als dir das letzte Mal eine Mücke ins Auge geflogen ist? Du konntest erst reagieren, als die Mücke deine Wimpern berührte und das im Bruchteil einer Sekunde. Diese Reflexe werden im Wing Chung genutzt und ermöglichen mir bei Kontakt festzustellen, wo die Hände und Beine meines Gegners sind. So kann ich ihn kontrollieren, selbst ohne Augenlicht, denn dieses ist ohnehin oft zu langsam. Wodurch unterscheidet sich Wing Chung von anderen Kampfsportarten? Wie bereits erklärt, arbeitet Wing Chung mit physikalischen Grundgesetzen. So eröffnet Wing Chung selbst körperlich schwächeren Menschen die Möglichkeit körperlich stärkeren auf gleicher Augenhöhe zu begegnen. Es ist keine Wunderwaffe, aber es lehrt, wie man die eigene Kraft und die eigenen Möglichkeiten optimal nützen kann. Am Ende entscheidet der Moment über Sieg oder Niederlage, aber wie es so schön heisst: «Das Glück bevorzugt den Vorbereiteten.» Was bringt einem das Wing Chung Training? Man lernt in erster Linie sich und seine Fähigkeiten kennen. Neben der körperlichen Fitness wird auch das Selbstempfinden gestärkt: Man wird ausgeglichener und dadurch, dass man seine Möglichkeiten kennenlernt auch ruhiger und friedlicher. Man legt Gemeinsamkeiten fest, lernt neue Leute kennen und schliesst Freundschaften. Wo kann man trainieren? Es gibt in der Schweiz dutzende Wing Chung Schulen. Unsere Schulen ermöglichen bestimmt ein hochwertiges Training. Unter JustKnow.ch können Interessierte alle Informationen über Wing Chung und unser Training erfahren. Im Moment haben wir Schulen in Luzern, Zürich, Baar und Schattdorf. Wobei in den meisten neben Wing Chung noch weitere Stile, wie Krav Maga und Eskrima, unterrichtet werden. Kommen wir auf die WM zu sprechen. Wie ist es gelaufen? Aus Schweizer Sicht hervorragend. Wir sind mit sieben Kämpfern angetreten und haben zwei erste Plätze (Tomislav Meserek/JustKnow Luzern und Oliver Hasler/ Ning Mui Zürich), einen zweiten Platz sowie durch mich einen dritten Platz und die Auszeichnung zum besten Kämpfer der WM 2009 erreicht: also sieben Kämpfer
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und fünf Auszeichnungen für die Schweiz. Das Resultat kann sich durchaus sehen lassen, finde ich.
mer wieder das zu üben, was ich von meinem Trainer gelernt habe, ist für mich der Weg zum Erfolg.
Was möchtest du in Zukunft noch erreichen? Turniermässig habe ich ja schon einiges geschafft: Dritter bei der WM, Best Fighter bei der letzten WM, zwei Mal Europameister, zwei Mal Swiss Open Gewinner, zwei Mal Schweizermeister, und das alles im Lei Tai Vollkontakt. Jetzt fehlt mir nur noch der WM-Titel und um den werde ich mich das nächste Mal wieder bemühen. So ein Turnier setzt viel Vorbereitung und einen enormen Zeitaufwand voraus. 2009 hab ich zwischen zwei und drei Mal täglich trainiert und das fast neun Monate am Stück. Aber wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Wieder mit dem Schweizer Nationalteam an einer WM dabei zu sein, reizt mich schon sehr.
Wie läuft ein typisches Turnier ab? Welche Regeln gibt es? Die Turniere beginnen in der Regel mit einem traditionellen Löwentanz, danach treten die Formenläufer, anschliessend die Quinda, Sanda (beides Leichtkontakt) und zuletzt die Lei Tai (Vollkontakt) Kämpfer auf. Ein Kampf wird mit vier Seitenschiedsrichtern und einem Hauptschiedsrichter ausgetragen, die für die Punktezählung verantwortlich sind. Die Kämpfer tragen einen Helm mit Gitter vor dem Gesicht, einen Mund- sowie einen Tiefschutz. Die Regeln sind einfach: Verboten sind Schläge auf den Hinterkopf, den Kehlkopf, die Wirbelsäule, direkt gegen die Gelenke oder in die Genitalien sowie Stiche in die Augen. Das war‘s dann auch schon im Groben. Speziell ist noch, dass es keine Ringseile gibt und dass die Kampfflächen 90 Zentimeter erhöht sind, was es mühsam macht, wieder reinzukommen, wenn man mal runter fliegt.
Wie hast du es zum besten Kämpfer des Turniers geschafft? Wie hast du dafür trainiert? Um ehrlich zu sein, war es für mich selbst eine Überraschung, als die Jury ausgerechnet meinen Namen zum besten Kämpfer der WM ausgerufen hat, da es einfach so viele erstklassige Kämpfer gab. Ich hatte zwar einen sehr guten Start, so dass ich den ersten Kampf in 32 Sekunden gewann und auch im nächsten Kampf war ich überlegen: Ich gewann klar, trotz eines Rippenbruches, den ich mir anfangs der zweiten Runde zugezogen habe. Diese Verletzung bedeutete für mich jedoch das Aus und ohne je in diesem oder einem vorangegangenen Turnier geschlagen worden zu sein, musste ich mich an der WM mit dem erreichten dritten Platz zufrieden geben. Ich denke, dass die Art, wie ich Wing Chung im Kampf anwenden konnte und mein Wille nicht aufzugeben, ausschlaggebend dafür waren, dass ich die Auszeichnung zum besten Fighter erhielt. Mit Fleiss und Geduld, kontinuierlich immer und im-
Nenn uns eine effektive Methode, um sich auf der Strasse zu verteidigen? Einfach jetzt: wissen und machen, denn merke Wissen = Erfolg und zu wissen, welches Wissen man im entscheidenden Moment einsetzt, ist der Weg zum Frieden. Wieso eignet sich Wing Chung für Studenten? Wing Chung eignet sich gleichermassen für Studenten wie für jede andere Gruppe. Studenten haben jedoch den Vorteil eines besonders preisgünstigen Jahresabos. In Zürich besteht meine Gruppe fast nur aus Studenten der ETH und der Universität. Insofern findet man sich unter Kollegen wieder: Um es rauszufinden, einfach mal bei uns vorbeischauen und im gratis Probetraining erkunden, was einen erwartet. r Text Christoph Lutz, Bild zvg
Der Legende zufolge entwickelte eine Nonne vor rund 250 Jahren die südchinesische Kampfkunst Wing Chung, um sich effektiv gegen stärkere Gegner zu verteidigen. Anschliessend wurde das Prinzip mündlich von Generation zu Generation überliefert und weiterentwickelt und ab den 1960er-Jahren durch Ip Man, vor allem aber Bruce Lee, populär.
WIE ANNO DAZUMAL
Alltagstipp En Guete! Patricia sass neben mir in der Cafeteria und bereitete ihr Referat vor, während ich gemütlich eine heisse Ovo schlürfte. Als sie von ihrem Buch aufschaute, fragte ich sie, warum sie so nervös sei. «Wirke ich nervös?» Ich schmunzelte. «Seit wir hier sitzen, kaust du unablässig an deinen Fingernägeln. Wenn das kein Zeichen von Nervosität ist.» Patricia seufzte. «Ja, ich weiss. Doch was soll ich dagegen tun?» Ich überlegte. Denn mit dem Fingernägelkauen ist es so eine Sache. Die einen tun es aus Gewohnheit, andere weil sie zu faul sind, sich die Nägel zu schneiden oder, eher selten, an Aichmophobie, der Angst vor Scheren, leiden und wieder andere – wie Patricia – um Anspannung abzubauen. Wer das Nägelkauen als schlechte Angewohnheit empfindet, dem empfehle ich, in der Drogerie eine spezielle bittere Nageltinktur zu besorgen. Einmal damit lackiert, laden auch die saftigsten Nägel nicht mehr zum Kauen ein. Wer’s lieber natürlich mag, kann auch eine Knoblauchzehe auspressen und die Nägel damit einreiben. Aber Obacht: Am besten an einem Sonntag zu Hause ausprobieren, wenn niemand dabei ist. Wer seine Nägel kaut, weil er zu faul ist, sie zu schneiden – nun ja, für den habe ich beim besten Willen keinen Tipp. Mutter Natur hat es nun einmal so eingerichtet, dass unsere Nägel wachsen, und dagegen ist kein Kraut gewachsen. All denjenigen, welche Scheren und Messer fürchten, sei der Gebrauch einer sanften Feile empfohlen. Oder, wenn gar nichts mehr hilft, sich Unterstützung von einer Fachperson zu holen. Ähnlich heikel ist Patricias Fall. Dass sie Nägel kaut, ist Ausdruck innerer Anspannung und als Laie kann ich darüber nicht viel sagen. Allerdings muss man jetzt nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Oft hilft es bereits, sich in Stressmomenten dem aufreibenden Gefühl nicht einfach hinzugeben. Ich habe Patricia also geraten, öfter Pausen zu machen, ihrem Körper Gutes zu gönnen, sich insgesamt weniger Arbeit aufzubürden und bewusst Ruhe und Entspannung zu suchen.
Horst
Horst, 75, ist allzeit bereit: Ob im Haushalt oder in der Garage, beim Einkaufen oder an der Uni, Horst hilft! Als Hörer besucht er regelmässig Vorlesungen und weiss daher bestens Bescheid, was den Jungen von heute unter den Nägeln brennt. Seine Tipps sind längst schon keine Geheimtipps mehr. Deshalb: Horst ausschneiden, an den Kühlschrank oder die Pinnwand heften, dann kann nichts mehr schiefgehen!
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Karriere in der Wirtschaftsprüfung? Einladung zum MATCH-Workshop am 7.4.2011 Was macht den Einstieg als WirtschaftsprüferIn bei Ernst & Young so attraktiv? Welche Aufgaben und welche Karrierechancen erwarten Sie? Antworten gibt Ihnen unser MATCH-Workshop, zu dem wir Studierende der Wirtschaftswissenschaften und vergleichbarer Studiengänge herzlich einladen. Anmeldeschluss ist der 1.4.2011, alles Weitere erfahren Sie auf unserer Website.
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