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III Unvernunft keimt, wie Unkraut, schon bei Sternenlicht
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Eine simpel gestrickte Legende ist kognitiv attraktiver als deren komplexe Widerlegung …, 2012 Die neurotische Perspektive, 2012 Geborgenheit kann einen überall anfallen …, 2012 Fun Fatal, 2012
Die Poesie ist die Muttersprache des menschlichen Geschlechts, sagt Herder …, 2012 Fundgrube Nachbarschaft, 2012 Der Vorschlag, die Wahrheit zu sagen, ist nicht einmal amüsant …, 2012 Geborgenheit im Geschrei …, 2012
Verschwörungen sind leichter zu akzeptieren als die Kamikazeangriffe des Zufalls, 2012 Die Botox-Verschwörung, 2013 Frauen, die sich geliebt wähnen, überleben die Statistik …, 2013 Dieses Kind wird sich totsaufen …, 2013 80 82 81
Die Fähigkeit zu einer halbwegs akkuraten Selbsteinschätzung entscheidet wesentlich, wie ein Leben verläuft …, 2015 Der geduldige Götze …, 2015 Artgerechtes Schicksal …, 2015 Angst – die gekrönte Konstante …, 2015
Der gute Hegel setzte große Hoffnungen in den von ihm entdeckten Weltgeist. Dieser Weltgeist sollte ein heißes Verlangen nach Vernunft haben und diese Vernunft im Laufe der Zeit zur Weltmacht bringen. Zweihundert Jahre nach Hegel haben wir nun Statistiken, die diese Spekulation Hegels weder stützen, noch Hoffnung für die nächsten zweihundert Jahre machen. Der Weltgeist hat inzwischen ein neues Wirtschaftssystem inthronisiert, das seinem Wesen nach völlig unidealistisch ist und sich Kapitalismus nennt. Dieses System verlangt auch von mir, dessen Berufsbezeichnung »Künstler« lautet, »proaktive« schnödeste Gewinnerzielungsabsicht. Sollte ich mit meiner Tätigkeit fünf Jahre lang keinen Gewinn erzielen (die Zeitspanne variiert von Finanzamt zu Finanzamt), wird, so belehren mich die Steuereintreiber, meine Tätigkeit als Liebhaberei eingestuft. Die Konsequenz ist, dass ich meine Arbeitsräume und Materialien nicht mehr steuerlich absetzen kann und meine Situation prekärer wird. Für einen idealistischen Künstler kommt dies einem Berufsverbot nahe (mich bitte nicht damit verwechseln!). Jeder Lump kann als Waffen-, Drogen- und Geldhändler in diesem System nahezu unbehelligt seine Kreise ziehen, denn er hat die Gebenedeitheit der Gewinnerzielungsabsicht, das Mantra des Kapitalismus. Altruismus ist ihm etwas zutiefst Verdächtiges. Deswegen müssen gemeinnützige Organisationen regelmäßig peinlichste Überprüfungen über sich ergehen lassen, ihre Absichten sind dem Kapitalismus wesensfremd und unverständlich. Die Lumpen dagegen versteht er in Gänze. Auch Geschenke sind etwas, das der Kapitalismus nur schwer in seine Weltsicht integrieren kann. Er macht daraus ein »Schenkungsgeschäft« und verlangt, dass der Empfänger des Geschenks zum Geschäftspartner wird und ebenfalls eine Leistung erbringt. Hier nun wird es schwierig, denn die zu erbringende Leistung ist Dankbarkeit. Für Dankbarkeit gibt es meines Wissens kein Messgerät und keinen Maßstab. Das führt dann zu seltsamen Prozessen. Der überall hinpinkelnde Prügelprinz Ernst August von Hannover (Beschreibung des Boulevards) fordert deshalb von seinem Sohn das geschenkte Schloss zurück. Begründung: Die Gegenleistung sei nicht erfolgt, Dankbarkeit nicht geliefert worden. Die Urteilsbegründung wird auf jeden Fall bemerkenswert.
Man bekommt den Eindruck, dass der Kapitalismus gewisse Todsünden fördert und gewisse Tugenden hemmt und beeinträchtigt. Oder nicht ganz so religiös-ideologisch, er düngt Egoismus und gräbt Altruismen das Wasser ab. In meinen leider sich verschlechternden Augen hat sich der Weltgeist von seinem ursprünglichen Ziel abgewendet und – aus nicht nachvollziehbaren Gründen – auf die Unvernunft gesetzt. In den Collagen in diesem Kapitel gebe ich einen kleinen Einblick in die tobsüchtige Rasanz, mit der die Vernunftwidrigkeit alle Lebensbereiche unserer Zeit malträtiert. Die Bildfragmente sind den zeitgenössischen Periodika entnommen. Ihre Kombinationen gehen auf mein Befremden und meinen Ekel zurück. Ihre Kommentierung entspricht wohl der mephistophelischen Sehnsucht nach dem Nichts. Und dieser letzte, leicht solidarische Kommentar ist eine der schöneren Floskeln des Fatalismus: Wir sind alle vom Stamm der armen Teufel!
Im Gegensatz zu vielen meiner Kollegen war ich auch eine gute Hausfrau …, 2015 Wenn das Böse siegt, ist dann endlich Ruhe?, 2015 Vom Glück und seinen Glasknochen …, 2015 Zwei Mumien, die Uhr ernst nehmend …, 2015 103 102 104
Das unsterbliche Staunen, 2016 Die existenzielle Banalität ist alternativlos geworden …, 2016 Die Humorlosigkeit der Historiker gebiert weitere Ungeheuer, 2016 Die schöne Scheidung, 2016
Die beste DNA liegt eh auf den letzten Schlachtfeldern, pflegte meine vorletzte Schwiegermutter immer zu sagen …, 2017 Jede starke Weltanschauung reduziert Angst, 2017 Die Zärtlichkeit der Würgefeige, 2017 Immer in Gedanken – ein sicheres Asyl …, 2017 129 127 128
Die Traurigkeit mit Grund, 2017 Gleichwohl darf niemand etwas so besitzen, als sei es sein Eigentum, ausser vielleicht die Lüge (Augustinus), 2018 Appetitloses Wesen, 2018 Nur die Wirklichkeit darf es wagen, so zu sein, 2018