chilli – das Freiburger Stadtmagazin

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SZENE SICHERHEIT

Zwischen Geigerzählern: Experte Andreas Bollhöfer

DETEKTIVE DES UNSICHTBAREN WIE EINE MESSSTELLE AUF DEM SCHAUINSLAND KERNWAFFENTESTS NACHWEIST

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Fotos: © Till Neumann

ndreas Bollhöfer und sein Team sind Spürnasen: Auf dem Freiburger Hausberg betreiben sie eine der weltweit führenden Messstationen für Radioaktives. Selbst Atomtests in Nordkorea können sie nachweisen, die Ukraine hat die Station besonders im Blick. Das chilli hat sich die Detektivarbeit zeigen lassen. Die Reporter stießen auf Hightech, einen gewaltigen Staubsauger und ein rotes Telefon. Von der Bergstation des Schauinslands schlängelt sich eine kleine Straße zu einem unscheinbaren Haus am Waldrand. Wer hier unterwegs ist, geht meist Wandern oder Radfahren. Doch Andreas Bollhöfer sucht Gefahr statt Genuss: Er leitet die Messstation des Bundesamts für Strahlenschutz. Mit modernsten Geräten fahnden er und vier weitere Wissenschaftler nach der unsichtbaren Bedrohung: Radioaktivität. Elemente rund um den Globus 14 CHILLI NOVEMBER 2022

können sie auf ihrer 1200 Meter hohen Station nachweisen. „Das ist historisch gewachsene Detektivarbeit“, erklärt Bollhöfer. Schon 1946 begannen Freiburger Physiker hier oben Strahlungen zu messen. 1953 wiesen sie erstmals einen Kernwaffentest nach. Beim Atomunglück in Tschernobyl im Jahr 1986 waren ihre Messungen maßgebend. Heute ist die Station Teil eines weltumspannenden Kontrollnetzes, dem quasi nichts entgehen kann: „Alle bösen Buben, die heimlich etwas machen wollen, müssen wissen: Es klappt nicht“, sagt Bollhöfer. Bluffen mache keinen Sinn. Egal wann, wo und in welcher Form. Grund dafür sind feinste Messgeräte. So fungiert ein weißes Häuschen vor der Station als Spurenfänger: „Das ist ein riesengroßer Staubsauger“, erklärt Bollhöfer. Er ziehe 1000 Kubikmeter Luft pro Stunde an, um radioaktive Partikel herauszufiltern. „Das sind etwa 20 Kästen Sprudel pro Sekunde“, erklärt

Bollhöfer. Durch die große Menge können auch kleinste Quantitäten ausfindig gemacht werden. Die Arbeit an der Messstation ist eine Passion für den 57-Jährigen. Auch wenn das Ziel ein kurioses ist: „Am liebsten finde ich gar nichts.“ Denn dann ist die Lage entspannt. Seit sechs Jahren leitet Bollhöfer das Team, das ein Labor in der Freiburger Innenstadt und die Station auf dem Schauinsland betreibt. Vorher hat er 15 Jahre lang in Australien für die Regierung den Abbau von Uran überwacht. Auf einer Wiese am Waldrand neben der Station auf dem Schauinslandgipfel stehen weitere Kontrollgeräte: Es sind rund 20 Metallstäbe, im Kreis angeordnet, sie recken sich meterhoch in die Luft. „Das sind Geiger-Müller-Zählrohre aus verschiedenen Ländern“, erklärt Bollhöfer. Sie seien fürs Grobe da, zum Beispiel, um bei einem Unfall in einem Atomkraftwerk Alarm zu schlagen. Jedes Land liefere eine etwas


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