chilli Themenheft

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Jobstarter

Azubis on tour: Praktikum im Ausland

Im Team gemeinsam Handwerk durchstarten

In Teilzeit erfolgreich Ausbildung zum Abschluss

Themenheft April 2023 Ausgabe Nr. 43
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Glück und das Geld

Harvard-Studie zeigt, was wirklich entscheidend ist

Was brauchen Menschen, um ihr Glück zu finden?

Eine klare Antwort auf die Frage haben Forschende der Harvard University gegeben. Für ihre Untersuchung haben sie mehr als 80 Jahre lang Menschen verschiedener Generationen und Schichten begleitet. Im Jobstarter gibt’s ergänzend dazu Tipps zum beruflichen Glückspfad.

Das vielleicht relevanteste Studienergebnis vorab: Geld ist nicht das Wichtigste. Das zeigt die HarvardVeröffentlichung im Buch „The good Life“. Vielmehr sind stabile und erfüllende Beziehungen zu anderen Menschen der Schlüssel zum Glück. Partner, Freunde, Familie, aber auch Kolleginnen und Kollegen. Entscheidend sei die „Wärme einer Beziehung“, erklärt Studienleiter Robert

Waldinger. Beispielsweise könne so Stress reduziert werden. Sein Appell: Gute Beziehungen müssen gepflegt werden, sie sind kein Selbstläufer.

So läuft das auch bei der Zukunftsplanung: Dranbleiben ist angesagt,

um das Richtige zu finden. Auf den kommenden Seiten gibt’s dazu die Möglichkeit. Wir zeigen Wege in den Traumjob mit Ausbildung, Studium oder Praktikum. Außerdem gibt’s Tipps und Tricks rund um Karriere und Co.

Zum Beispiel zeigen wir am Beispiel zweier junger Menschen, was und wie man in einer Biobäckerei lernt. Überraschenderweise ist früh aufstehen für die beiden kein Thema. Der Blick richtet sich zudem auf das Modell Teilzeitausbildung. Für wen ist das gut? Und stimmt es, dass man da manche Dinge sogar besser lernen kann?

Viel Spaß beim Lesen und durchstarten.

Till Neumann & das Jobstarter-Team

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IMPRESSUM – JOBSTARTER 04-2023

Das Jobstarter-Themenheft erscheint im Freiburger Stadtmagazin chilli

Herausgeber:

chilli Freiburg GmbH

Paul-Ehrlich-Str. 13, 79106 Freiburg www.chilli-freiburg.de Geschäftsführung:

Michaela Moser (V.i.S.d.P.)

Redaktion: Till Neumann (tln), Pascal Lienhard (pl), Anita Fertl (BZ)

Autor·innen: Sabine Meuter (dpa), Amelie Breitenhuber (dpa), Inka Jahn (epd), tmn

Titelbild: iStock.com/Yokeetod

Grafik: Benedikt Schmidlin

Anzeigen: Marion Jaeger-Butt, Jennifer Patrias, Dirk Borcherding, Nathalie Braun, Armando Sainovic

Lektorat: Beate Vogt

Druck: Hofmann Druck, Emmendingen

Ein Unternehmen der Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung und Einspeicherung in elektronische Systeme. Gleiches gilt für den Nachdruck der von uns entworfenen Bilder und Anzeigen.

chilli | Jobstarter | 04.2023 | 3 JOBSTARTER INTRO
© pixabay
Visualisierung:
Der chilli-Jobstarter ist in Zusammenarbeit mit dem „Jugend & Beruf“-Extra der Badischen Zeitung erstellt worden. Kommt es darauf an?

Im Team zum Erfolg

Wie junge Menschen bei Kaisers Gute Backstube durchstarten

Schon als Kinder konnten sie in die Backstube reinschnuppern. Heute machen Joselin Erdmann (19) und Hugo Schreiber (16) eine Ausbildung bei Kaisers Gute Backstube. Bei einer der größten Bäckereien Südbadens lernen sie, worauf es beim Brot ankommt – und dass Teamarbeit das A und O ist.

Die Leidenschaft für Brot und Brezeln ist Joselin Erdmann in die Wiege gelegt worden. Ihr Vater arbeitet als Produktionsleiter bei Kaisers Gute Backstube und nahm die 19-Jährige schon in jungen Jahren mit in die Backstube. Jetzt steht sie vor dem Abschluss ihrer dreijährigen Ausbildung zur Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk Schwerpunkt Bäckerei oder Bäckereifachverkäuferin. An ihrem Job schätzt sie vor allem das Miteinander: „Es ist einfach schön, im Team zu arbeiten.“ Es macht ihr richtig Spaß, die Theke so zu richten, dass sie ordentlich aussieht, den Kund·innen Empfehlungen zu geben und Verkostungen anzubieten.

Im 1. Lehrjahr hat sie die Brote und ihre Inhaltsstoffe kennengelernt. So kann sie Kunden bei Nachfragen detailliert Auskunft geben. Im 2. Jahr ging es unter anderem darum, Kunden auch in schwierigen Situationen korrekt gegenüberzutreten. Im Juli schließt sie ihre Ausbildung ab – und kennt mittlerweile das Sortiment ihres Betriebs in- und auswendig. Auch regelmäßige Verkostungen helfen dabei.

Frühaufsteherin muss sie dafür auf jeden Fall sein: Um 5 Uhr starten ihre ersten Schichten. „Dann habe ich um 13 Uhr Feierabend, so bleibt viel vom Tag übrig“, schwärmt Joselin. Spätere Schichten starten auch mal erst um 12 Uhr. Die größte Herausforderung für sie? „Der richtige Umgang

mit den Kunden.“ Manche seien eher spaßig drauf, andere ernst. Bei Beschwerden muss sie den richtigen Ton treffen. Fingerspitzengefühl ist gefragt.

Ein gutes Händchen braucht auch Hugo Schreiber. Der 16-Jährige hat im September die Ausbildung zum Bäcker begonnen. Auch sein Vater arbeitet bei Kaisers Gute Backstube und hat ihm früh die Welt der Brote gezeigt. „Das hat immer Spaß gemacht“, erinnert sich Hugo. Nach der Realschule machte er Praktika und unterschrieb schließlich den Ausbildungsvertrag.

In der großen Kaiser-Backstube in Ehrenkirchen lernt er jetzt das Brotmachen. „Ich kriege von allem was mit“, erzählt Hugo. Aus dem Teig formt er Brezeln, macht Mehrkornbrötchen oder Bio-Kartoffel-Walnussbrote. Langweilig kann’s dabei kaum werden: Das Sortiment der Bäckerei wird ständig erweitert. „Das ist spannend“, sagt der Azubi, der auch mal Frühschichten haben wird. „Früh aufstehen ist kein Problem“, sagt Hugo. Seine Leidenschaft für Brot und Teamarbeit machen das wett. Vorstellen, länger bei Kaisers zu bleiben, können sich beide. Hugo möchte vielleicht einen Meister dranhängen. Joselin hat eine Weiterbildung als Filialleiterin im Kopf. Die Zukunftsaussichten sind rosig: Motivierte junge Menschen werden im Bäckereihandwerk vielerorts gesucht. Kaisers Gute Backstube ist dabei als Familienbetrieb mit 44 Filialen und rund 500 Mitarbeitenden in der Region verankert. Das Azubigehalt ist überdurchschnittlich hoch: Es gibt 900 Euro monatlich im 1. Lehrjahr, 1300 Euro sind es im 3. Lehrjahr. Zudem gibt's eine Regiokarte und weitere Vorteile wie regelmäßige Weiterbildungen in der „Kaiser Akademie“.

TESTIMONIAL HANDWERK
Fotos: © tln 4 | chilli | Jobstarter | 04.2023
Kriegen viel gebacken: die Azubis Joselin Erdmann und Hugo Schreiber bei der Arbeit

Langsamer lernen – aber gut

Teilzeitausbildungen bieten einige Vorteile

Kinder, pflegebedürftige Angehörige, körperliche Einschränkungen – es gibt viele Gründe, die eine Ausbildung erschweren können. Eine Lösung kann eine Teilzeitausbildung sein. Sie ermöglicht, nebenher und familienfreundlich einen Beruf zu erlernen. Und schult sogar Dinge, die bei einer Vollzeitausbildung kürzer kommen.

„Eine Teilzeitberufsausbildung ist in allen anerkannten Berufen des dualen Ausbildungssystems möglich“, sagt Fachbereichsleiter Ausbildungsberatung Jörg Wiebeck von der Handwerkskammer Freiburg. Dabei gelten die gleichen Voraussetzungen wie für eine reguläre Ausbildung in Vollzeit. Wiebeck: „Dazu gehören die Eignung, der Ausbildungsvertrag, die Zustimmung der zuständigen Stelle und der Besuch der Berufsschule sowie der überbetrieblichen Ausbildung.“ Die Ausbildung kann von Beginn an in Teilzeit absolviert werden - oder man wählt nur einen bestimmter Abschnitt dafür. „Gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel birgt eine Teilzeitausbildung für viele Unternehmen eine Reihe von Vorteilen“, so Simon Kaiser, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung der IHK Südlicher Oberrhein. „Sie eröffnet Betrieben neue Wege, engagierte Mitarbeitende zu finden.“ Sie fördere zudem die Bindung an das Unternehmen. Linda Steger ist überzeugt, dass auch Auszubildende profitieren: „Eine Teilzeitausbildung stellt ein modernes Instrument familienfreundlicher Unternehmenspolitik dar“, sagt die Leiterin der Kontaktstelle Frau und Beruf Freiburg –Südlicher Oberrhein. Auszubildenden ermögliche sie auch nach einer Schwangerschaft den Wiedereinstieg und den Berufsabschluss. „Teilzeit-Azubis verfügen durch Erziehungs- und Pflegeaufgaben zudem über ein hohes Maß an Organisationstalent und Verantwortungsbewusstsein.“

„Als Betrieb gibt es keinen Grund mehr, auf Teilzeitausbildung zu verzichten“, ergänzt Andrea Klimak, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Agentur für Arbeit. „Ich freue mich über jedes Unternehmen, das sich darauf einlässt und dadurch seinen Nachwuchs sicherstellt.“

In Freiburg haben sich für das Modell mehrere Strukturen im Arbeitskreis Teilzeitausbildung zusammengeschlossen: IHK Südlicher Oberrhein, Handwerkskammer, Agentur für Arbeit, Kontaktstelle Frau und Beruf sowie Caritasverband Freiburg Stadt. chilli

chilli | Jobstarter | 04.2023 | 5 ARBEITSZEITEN AUSBILDUNG ANZEIGEN

Zoff im Job: Boomer versus Gen Z

Kampf der Generationen.

So lassen sich Konflikte am Arbeitsplatz lösen

Ok, Boomer! So würgt die Generation Z die Aussagen ihrer Eltern ab. Auch am Arbeitsplatz kann sich dieses Spannungsfeld der Generationen aufbauen – so lassen sich Konflikte lösen.

Obwohl es eigentlich normal ist, dass mehrere Generationen am Arbeitsplatz zusammenkommen, können unterschiedliche Werte und Arbeitsweisen Konfliktpotenzial bergen. Schließlich treffen die sogenannten Babyboomer (1956 bis 1965) auf die Generation X (1966 bis 1980) und Y (1981 bis 1995). Seit einiger Zeit mischt auch die Generation Z mit, zu der alle ab 1996 Geborenen gehören.

„Die Babyboomer stehen nach einem gängigen Klischee für Leistungsbereitschaft und Zuverlässigkeit. Autoritäten respektieren sie“, sagt Ute Gietzen-Wieland, Karriere-Coach in Bielefeld. Boomer würden hart arbeiten und Überstunden in Kauf nehmen. Der Generation X und Y hingegen sei eine Work-Life-Balance wichtig. Für die Generation Z hätten Faktoren wie Spaß an der Arbeit und Sinnfindung Vorrang. Für sie liege der Fokus auf einer klaren Abgrenzung von Beruf und Privatleben.

Unmutsthema Überstunden

Aus Sicht von Timo Müller, Leiter des Instituts für Konfliktmanagement und Führungskommunikation, kann gerade das Thema Überstunden für Unmut in einem altersgemischten Team sorgen: „Für Babyboomer ist es in der Regel selbstverständlich, länger zu arbeiten.“

Eine Person der Generation Z habe dazu eine andere Einstellung, so Müller. Die Argumentation laute hier vielfach: „Bei Überstunden geht mir wichtige Freizeit verloren, dazu bin ich nicht bereit.“ Und: „Bei Konflikten mit dem Chef oder mit der Chefin kündige ich, schließlich gibt es andere Arbeitgeber mit netten Führungskräften.“

Für diese Einstellung der Generation Z mangelt es Babyboomern laut Müller teilweise an Verständnis. „Wenn Mitarbeitende immer pünktlich nach Hause gehen, interpretieren dies Babyboomer dann womöglich als Faulheit“, sagt Müller.

Werte unterscheiden sich

Und wenn ein Vertreter oder eine Vertreterin der „Gen Z“ bei Stress mit anderen am Arbeitsplatz kündigt und sich eine neue Stelle sucht, stempeln Babyboomer das unter Umständen als fehlende Durchhaltefähigkeit ab. „Die Einstellung, im Beruf zuerst an sich zu denken und am Ende möglichst viel Freizeit zu haben, ist für Boomer nicht nachvollziehbar, widerspricht deren Normen und ist für diese sogar moralisch verwerflich“, so Müller. Nach seiner Beobachtung hat es umgekehrt die Generation Z größtenteils nicht auf dem Schirm, dass es eine „Einstellungswelt“ außerhalb der eigenen gibt. Ein weiteres mögliches Konfliktpotenzial: „Viele der Jüngeren werfen Älteren nicht selten vor, zu starr an bisherigen Strukturen festzuhalten und nicht aufgeschlossen genug gegenüber neuen Ideen zu sein“, sagt Gietzen-Wieland. Hinzu komme, dass der Umgang mit digitalen Medien für Jüngere selbstverständlich ist und sie ihn in den Joballtag integrieren wollten. „Aber an der Stelle kommen viele der Älteren oft nicht mit und verschließen sich“, so die Expertin. Die Älteren wiederum würden häufig den Jüngeren vorwerfen, sie wollten mit allen auf Augenhöhe sein und überall mitreden, seien aber nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen.

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6 | chilli | Jobstarter | 04.2023
Illustration: © Irina Strelnikova (stock.adobe.com)

Perspektive wechseln und den anderen verstehen

Wenn solche generationsbezogenen Konflikte am Arbeitsplatz auftreten, hilft nur eins: „Sich als Team zusammensetzen und miteinander reden“, sagt GietzenWieland. Das habe sich bei altersgemischten Teams auch vor dem Auftreten von Streitigkeiten, also quasi vorbeugend, bewährt.

Dabei komme der Führungskraft eine moderierende Rolle zu. Auch externe Konfliktmoderatoren könnten bei einer solchen Teamsitzung hilfreich sein. „Zunächst geht es darum, dass alle Beteiligten einmal die Perspektive wechseln“, sagt Müller. Ziel sei dabei, den Erfahrungs- und Sozialisationshintergrund der anderen Generationen zu verstehen und nachzuvollziehen.

Voneinander lernen und Toleranz üben

Verständnis zu wecken ist das eine. Das andere, ebenfalls Wichtige: „Jeder und jede im Team sollte sich bewusst machen, dass alle voneinander lernen können“, erklärt Karriere-Coach Gietzen-Wieland. So könnten Jüngere zum Beispiel Ältere dabei begleiten, sich schneller in digitale Prozesse – die ja oftmals den Joballtag wesentlich unkomplizierter machen –einzufinden. Ältere wiederum könnten Jüngere an ihren langjährigen Erfahrungen teilhaben lassen.

„Oft macht es Sinn, wenn ein altersgemischtes Team explizit ein paar Spielregeln für den Umgang miteinander festlegt“, so Gietzen-Wieland. Dazu könne beispielsweise gehören, dass jeder jedem mit Respekt begegnet oder dass alle Mitarbeiter neue Ideen beispielsweise für Arbeitsabläufe aufgeschlossen prüfen und nicht gleich verwerfen.

„Wichtig ist aber auch, dass alle eine gewisse Toleranz für das andere Arbeitswelt-Erleben entwickeln“, fordert Konfliktexperte Müller. Denn offen miteinander zu reden und Verständnis füreinander zu entwickeln, lohne sich: Der Joballtag gestaltet sich konfliktfreier und für den Betrieb unter dem Strich in jedem Fall wirtschaftlich produktiver.

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Sabine Meuter (dpa)/BZ

Neue Wege in die Pflege

Pflegecampus in Neu-Isenburg eröffnet

Ein Pflegecampus lockt Auszubildende aus aller Welt nach Deutschland und bietet ihnen eine kompetente Ausbildung inklusive Sprachschule.

Neun junge Erwachsene aus sieben Nationen verbindet ein gemeinsames Ziel: Sie wollen in Deutschland zur Pflegefachkraft ausgebildet werden. Ein passendes Gesamtpaket und den Austausch mit Gleichgesinnten finden sie im hessischen Neu-Isenburg. Denn: In Deutschland wohnen, in Deutschland arbeiten, in Deutschland bleiben – davon träumen die Brasilianerin Leticia Borges, der Syrer Mustafa Sultan und die Kirgisin Cholpon Urustemova. Als Auszubildende an einer Krankenpflegeschule wollen die drei jungen Erwachsenen diesen Traum wahr werden lassen. Sie sind Teil eines Ausbildungskonzepts, das ihnen auf dem Pflegecampus Theorie, Praxis, Sprachschule und eine Unterkunft bietet. Die 22 Jahre alte Urustemova war schon vor ihrem Ausbildungsstart in Deutschland: „Ich habe bei einer Familie in Mainz als Au-pair gearbeitet und währenddessen Deutsch gelernt“, erzählt sie. In Russland, wo sie mit ihrer Familie zuletzt lebte, machte sie eine Ausbildung zur Bankkauffrau. „Bei uns entscheiden die Eltern, was die Kinder machen sollen, und bei uns arbeiten alle in diesem Bereich – ich sollte das also auch machen.“ Die junge Frau wollte jedoch in die Medizin und kam deshalb nach Deutschland. Nach ihrem Abschluss als Pflegefachkraft will sie studieren. In der Zukunft sieht sie sich in der Onkologie. Was sie auf diesem langen Weg antreibt, erzählt Urustemova: „Mein Opa ist an Krebs gestorben. Zuvor hat er eine

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(stock.adobe.com) 8 | chilli | Jobstarter | 04.2023
Foto: © Karin & Uwe Annas
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Hand in Hand in Sachen Pflege: Während ihrer Ausbildung erlernen die Berufsneulinge alle Basics.

falsche Diagnose bekommen. Das sollte niemandem passieren.“ Begonnen haben die Auszubildenden mit einer Theoriephase auf dem Campus, auf dem sie zunächst auch gewohnt haben. Nun sind viele in ihre eigene Wohnung gezogen und begleiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ambulanter Pflegedienste. „Die Patienten sind sehr nett und vor allem sehr geduldig“, erzählt die 24 Jahre alte Borges. Der Umgang mit ihnen sei ihr nicht fremd, denn schon in Brasilien habe sie eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht, diese jedoch abgebrochen. „Noch ist das Fachliche nicht mein Problem, schwerer ist die Sprache“, sagt sie. Seit die angehenden Pflegekräfte arbeiten, haben sich ihre Sprachkenntnisse verbessert, erzählt die Pflegedienstleiterin Alma Nieto: „Man

merkt einen deutlichen Unterschied. Aber auf ein Gespräch mit den Patienten müssen sich die Auszubildenden erst einmal einlassen.“ Auch Nieto kam für ihre Pflege-Ausbildung von Spanien nach Deutschland, kennt die Situation ihrer Schützlinge. „Ich sage ihnen immer wieder, dass es sehr schwierig ist, aber dass man es schaffen kann. Das Wichtigste ist die Sprache.“ Dass die Ausbildung trotz Pandemie starten konnte, freut den geschäftsführenden Gründer der Krankenpflegeschule, Tilman Frank: „Unsere Auszubildenden scheinen zufrieden.“ Zwar habe sein Unternehmen „Talent Orange“ viel Erfahrung in der Rekrutierung von bereits ausgebildeten Menschen, die Auswahl der neuen Auszubildenden unter Corona-Bedingungen stellten Frank und sein Team

jedoch durchaus vor Herausforderungen: „Wir mussten die jungen Leute über Online-Bewerbungsgespräche davon überzeugen, dass wir kein dubioses Programm sind, sondern dass sie hier kompetent ausgebildet werden und für ihre Arbeit auch Geld bekommen.“ Weil das Konzept neu ist, konnten Bewerberinnen und Bewerber nicht auf Erfahrungsberichte von Vorgängern zurückgreifen, was die Überzeugungsarbeit zusätzlich erschwert habe. „Was wir hier momentan gemeinsam machen, bedeutet also Vertrauensvorschuss von beiden Seiten. Der Start ist uns nun ja schon gut gelungen“, zeigt sich Frank zuversichtlich.

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Inka Jahn (epd)/BZ

Doppelt gemoppelt

Ausbildung oder Abitur? Pascal Brungs verbindet beides

Eine Ausbildung beginnen oder weiter zur Schule gehen und das Abitur machen? Eine Frage, die sich nach der Mittleren Reife viele junge Leute stellen. Pascal Brungs macht beides.

Der 22-Jährige absolviert eine dreijährige Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik bei der Firma Gilog in Frechen und will parallel dazu die Fachhochschulreife erwerben – nach der Arbeit steht noch einmal Lernen auf dem Programm. „Klar, das ist manchmal anstrengend“, sagt Brungs. Doch dieser zeitliche Aufwand wird sich eines Tages bezahlt machen, davon ist er überzeugt: „Mit der Doppelqualifikation verschaffe ich mir ein gutes Sprungbrett, um eines Tages auf der Karriereleiter möglichst weit oben zu landen.“

Gesellenabschluss plus Abitur oder Fachhochschulreife – nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) ist das derzeit in neun Bundesländern möglich; Baden-Württemberg ist darunter. Das „BerufsAbitur“, das der ZDH gemeinsam mit der Kultusministerkonferenz ins Leben gerufen hat, existiert seit dem Schuljahr 2017/2018.

Aber nicht nur im Handwerk kann die Doppelqualifikation für junge Leute eine Option sein, sondern auch in der Industrie und im Handel. Aus Sicht von Carsten Berg, Leiter Ausbildung der Industrie- und Handelskammer in Köln, bietet das Modell einen großen Vorteil: „Den beruflichen Abschluss, den man erwirbt, kann einem keiner nehmen.“ Wer mit der erworbenen Fach- oder allgemeinen Hochschulreife zur FH oder Uni geht und feststellt, dass ein Studium doch nicht das Richtige ist, hat zumindest eine abgeschlossene Ausbildung. „Man kann dann in dem erlernten Beruf arbeiten und muss im Berufsleben nicht bei null anfangen.“

Während der Ausbildung ist der Besuch der Berufsschule obligatorisch. Pro Woche kommen noch drei Stunden Schulunterricht für alle, die ein Fachabitur oder Abitur anstreben, hinzu. Im Zusatzunterricht geht es darum, tiefergehende Kenntnisse in Mathe, Deutsch, Englisch oder Biologie zu erwerben. Auch zu Hause steht Lernen an. „Oft mache ich das mit Kollegen, dann helfen und motivieren wir uns gegenseitig“, so Brungs. Das Engagement, das die jungen Leute im Bemühen um eine Doppelqualifikation zeigen, kommt bei Arbeitgebern „enorm gut an“, sagt Berg. Wer neben der Ausbildung einen höheren Schulabschluss gemacht hat, habe in Bewerbungsgesprächen einen dicken Plus-

punkt: „Weil man damit echte Leistungsbereitschaft zeigt.“ Solche hoch motivierten Beschäftigten wollen viele Unternehmen halten. Deshalb haben sie nach erfolgreichem Abschluss oft die Option auf eine Tätigkeit als Fachkraft in der Firma. Und wer ein Studium aufnimmt, bleibe dem Ausbildungsbetrieb oft als Mitarbeitender oder Werkstudierender erhalten. „Daraus kann sich dann eines Tages ergeben, nach einem Studienabschluss zum Beispiel als Führungskraft in dem Ausbildungsbetrieb von einst aufzusteigen“, so Berg. Pascal Brungs kann sich später ein duales Studium gut vorstellen. Denkbar wäre für ihn, dass er sich beispielsweise für das Studienfach Logistik einschreibt und daneben praktische Berufserfahrungen im Unternehmen sammelt. Doch erst einmal muss er seine Ausbildung erfolgreich abschließen und zugleich ein gutes Fachabitur schaffen. Dafür lernt er unter der Woche abends viel. „Aber am Wochenende habe ich komplett frei und kann ausschlafen und mich mit meinen Freunden treffen.“ Es sei denn, in der kommenden Woche stehe eine Klausur an, dann setzt er sich auch samstags und sonntags zwei Stunden hin. Eine Ausbildung absolvieren und sich gleichzeitig auf das Abitur vorbereiten: „Die drei Jahre sind beruflich fordernd, aber es ist machbar“, fasst Berg zusammen. Schade findet er, dass dieses Doppelqualifikationsmodell noch nicht sehr bekannt sei. Schließlich profitierten Arbeitgeber, die händeringend Fachkräfte suchen, ebenso davon wie junge Erwachsene, denen mit der Doppelqualifikation viele Türen offen stehen.

Sabine Meuter (dpa)/BZ

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Foto: © Henning Kaiser (dpa) Nach der Arbeit im Ausbildungsbetrieb steht noch Lernen an.
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Tschüss Deutschland

So gelingt ein Ausbildungspraktikum im Ausland

Andere Länder und Kulturen kennenlernen, die Welt sehen, Fernweh stillen. Das dürfen bloß Studierende? Falsch. Auch Azubis können im Ausland Erfahrung sammeln. Was bringt das, an wen können sich Interessierte wenden, wie viel Vorlauf braucht das kleine Abenteuer und wie funktioniert’s?

Unter Studierenden sind Auslandssemester etabliert und gehören teilweise sogar zum Pflichtprogramm. Aber auch Azubis können während ihrer Ausbildung andere Länder kennenlernen. Denn ob als Schreiner nach Dänemark, als Bierbrauerin nach Schweden oder als Industriekaufmann nach China: Azubis haben die Möglichkeit, in andere Länder und deren Arbeitskultur einzutauchen. Aber wie läuft so ein Auslandsaufenthalt während der Ausbildung ab? Antworten auf wichtige Fragen:

Was bringt mir ein Auslandspraktikum?

Während eines Auslandsaufenthalts können Azubis ihre Fremdsprachenkenntnisse erweitern und beruflich dazulernen. Sie sammeln Erfahrung auf dem internationalen Arbeitsmarkt und müssen ihre Selbstständigkeit und Flexibilität unter Beweis stellen. So verbessern Azubis insgesamt ihre beruflichen Möglichkeiten.

Wie kann so ein Aufenthalt aussehen?

Meist absolvieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein betriebliches Praktikum im Ausland, heißt es von der Nationalen Agentur beim Bundesinstitut für Berufsbildung (NA BIBB). In der Regel dauert das Praktikum zwischen drei und acht Wochen. Es sind aber auch längere Aufenthalte möglich. Die Azubis kommen in Jugendherbergen, Mietunterkünften oder bei Gastfamilien unter.

AUSBILDUNG AUSLAND
12 | chilli | Jobstarter | 04.2023

An wen wende ich mich zuerst?

Die Berufsschule oder der Ausbildungsbetrieb ist üblicherweise der erste Ansprechpartner. Wenn diese nicht weiterhelfen können, liefert zum Beispiel auch das Serviceportal „MeinAuslandspraktikum“ Unterstützung. Laut NA BIBB sind darüber hinaus die Mobilitätsberater des Netzwerks Berufsbildung ohne Grenzen (BoG) zentrale Ansprechpartner. Sie agieren als Brückenbauer, da sie sowohl Azubis und junge Fachkräfte als auch die Betriebe zum Thema Auslandsaufenthalte beraten. Die Beratung ist bei den Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern angesiedelt.

Mit wie viel Vorlauf muss ich rechnen?

Bewirbt sich ein Auszubildender auf ein Erasmus-Stipendiumin der Praktikumsplatzsuche der Nationalen Agentur beim BIBB, könne es mit dem Auslandsaufenthalt tatsächlich sehr schnell gehen. Den Angaben zufolge dauert es dann nur wenige Wochen. Wenn der Ausbildungsbetrieb oder die Schule einen eigenen Antrag stellen möchten, gibt es hingegen Anmeldefristen. Hier kann es bis zu einem Jahr dauern, bis es dann endlich losgehen kann. Auszubildende und Betriebe können sich von den Mobilitätsberatern des BoG-Netzwerks unterstützen lassen.

Gibt es finanzielle Unterstützung?

Die gute Nachricht: Auszubildende können Zuschüsse für die Reise und Unterkunftskosten vor Ort bekommen. Für Aufenthalte in Ländern der EU kommt zum Beispiel eine Förderung des Programms Erasmus plus infrage. Für Auslandsaufenthalte in Ländern, die Erasmus plus nicht abdeckt, gibt es dann das Förderprogramm „AusbildungWeltweit“. Außerdem können Ausbildungsbetriebe, aber auch Kammern, überbetriebliche Ausbildungszentren oder berufliche Schulen Zuschüsse für ihre Auszubildenden beantragen. Sofern bereits ein Partnerbetrieb im Ausland gefunden wurde.

Amelie Breitenhuber (dpa)/BZ

Bildungsmessen

Kompass für die Karriere

Was will ich werden? Welches Unternehmen oder welche Schule passen am besten? Antworten finden junge Menschen bei drei Bildungsmessen in der Regio.

JuBi Freiburg | 22. April

Auf der JugendBildungsmesse JuBi stellen von 10 bis 16 Uhr im St. Ursula Gymnasium Freiburg Experten der Austauschbranche ihre Programme zu Schüleraustausch, Gastfamilie werden, Sprachreisen, Feriencamps, Work & Travel, Au-pair, Praktika, Freiwilligenarbeit und Auslandsstudium vor. Junge Menschen können dort persönlich mit den Anbietern ins Gespräch kommen. Die JugendBildungsmesse JuBi richtet sich an Schülerinnen und Schüler, ihre Eltern und Lehrer, Schulabgänger·innen, Azubis und Studierende, die einen Auslandsaufenthalt planen.

BIM Offenburg | 12. & 13. Mai

Die 22. Berufsinfomesse (BIM) steigt bei der Messe Offenburg. Sie ist die nach eigenen Angaben „größte Bildungsmesse im Süden Deutschlands“ und richtet sich an Jugendliche aller Schularten, Absolvent·innen, Studierende und Weiterbildungsinteressierte.

Die BIM bietet mit 380 angemeldeten Unternehmen und Institutionen Informationen zu Ausbildung, Job und Karriere.

Der Eintritt ist kostenfrei ebenso wie das Parken und der Bus-Shuttleservice vom Bahnhof Offenburg zum Messegelände und zurück. Die BIM ist von 9 bis 17 Uhr geöffnet.

Vocatium Freiburg | 12. & 13. Juli

Auf der Fachmesse für Ausbildung und Studium im Konzerthaus Freiburg haben Interessenten die Chance, mit Mitarbeitenden von Unternehmen, Fach- und Hochschulen sowie Institutionen zu sprechen. Das Besondere: Es werden vorab terminierte Gespräche mit den Ausstellern organisiert. Die Veranstaltung läuft jeweils von 8.30 Uhr bis 15 Uhr.

AUSBILDUNG BILDUNGSMESSEN
14 | chilli | Jobstarter | 04.2023 Foto: © BIM 2022
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