f79 – Das Schülermagazin für Freiburg und Region

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DEPRESSIONEN // KRANK DURCH DIE KRISE TECHNIK // FREIBURG FUNKT ZUR ISS POLITIK // KLIMAPROTESTE MIT KLEBSTOFF TEST // WELCHER FEIERABEND-TYP BIST DU? JOBSTARTER // FRAUEN IM HANDWERK // BILDUNGSMESSEN // REISEN & HELFEN


Wir sagen

DANKE!

Das Bildungsprojekt f79 ist seit 2009

Rheinfelden bis Waldshut, Breisgau-Hoch­

Nur mit Hilfe von Förderern der

am Start. Mittlerweile beteiligen sich mehr

schwarzwald, von Emmendingen bis in die

öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft,

als 480 Schulen und 2600 Jugend­

Ortenau, vom Schwarzwald-Baar-Kreis bis

Stiftungen, dem Land Baden-Württemberg

einrichtungen aus ganz Südbaden an

Bodensee. Somit sind alle Schulen aller

und der EU kann diese Projektarbeit

verschiedenen Bildungs-, Berufs- und

Schularten und ein Großteil der Jugend-

umgesetzt werden. Dafür möchten wir uns

Medienangeboten beim f79 Schüler-

einrichtungen in Südbaden an das

auch im Namen aller Schülerinnen und

magazin: Von Freiburg bis Weil a.R., von

Projekt angebunden.

Schüler bedanken.

Wir suchen weitere Kooperationspartner. Interessiert? Infos unter bildungssponsoring@f79.de

MOBBING // „ES GING UMS ÜBERLEBEN“

Gendern // wie wichtig ist das?

HAUPTFACH // KÄLTE IM KLASSENZIMMER

DEUTSCH // DIE ANGST VORM TELEFONIEREN TEST // WELTVERBESSERER ODER UMWELTSÜNDER? PREIS // WER WIRD LEHRER*IN DES JAHRES?

Umwelt // e-scooter – kein nachhaltiger trend test // welcher impftyp bist du? interview // schüler will lego-rekord aufstellen

COMPUTER-AG // CLASH DER KONSOLEN TEST // WELCHER WINTER-TYP BIST DU? SOZIALKUNDE // DIE ONLINE-SEELSORGER

PROMI-INTERVIEW // KLIMAWET TE // TRENDSPORT PARKOUR // JOBSTARTER

jobstarter // duale ausbildung // karriere beim zoll // jugendforum

INTERVIEW: EHC-GOALIE BEN MEISNER ÜBER SEINE SCHULZEIT // JOBSTARTER

www.f79.de


ERSTE STUNDE

DOWN DURCH KRISE IMPRESSUM f79 // Das Schülermagazin für Freiburg und Region Redaktionsbüro // Paul-Ehrlich-Straße 13 // 79106 Freiburg fon // Redaktion 0761-76 99 83-85 fon // Anzeigen 0761-76 99 83-0 Website www.chilli-freiburg.de/chilli/f79/ Herausgeber // chilli Freiburg GmbH

Geschäftsführerin (V.i.S.d.P.) & Projektleitung // Michaela Moser // moser@f79.de Redaktionsleitung // Till Neumann // redaktion@f79.de Redaktion // Philip Thomas, Pascal Lienhard Koordination Schulen // Erika Weisser // weisser@f79.de Pressearbeit // Jennifer Patrias Publizistischer Berater // Lars Bargmann Schülerredaktion dieser Ausgabe // David Hamann, Nathalie Baumgartner Titelbild // © iStock.com/FGorgun

Foto // freepik.com/bunditinay

Trägerverein // Kinderstadt Freiburg e. V.

an Depressionen Viele Jugendliche leiden

Fotos // Schülerredakteure Bildagenturen // iStock, freepik, flaction Grafik & Layout // Miriam Hinze (Leitung), Tatjana Kipf, Katharina Fischer Lektorat // Beate Vogt Anzeigenberatung // Christoph Winter (Leitung), Giuliano Siegel, Jennifer Patrias, Fredrik Frisch Druckunterlagen // anzeigen@f79.de Druck & Weiterverarbeitung // Freiburger Druck GmbH & Co. KG Auflage // 35.000 Exemplare Auslagestellen // an 480 HS, RS, Gymnasien, berufl. Schulen in Südbaden: Von Freiburg bis Weil a.R., von Rheinfelden bis Waldshut, Breisgau-Hochschwarzwald, von Emmendingen bis in die Ortenau, vom SchwarzwaldBaar-Kreis bis Bodensee. Alle Agenturen für Arbeit in diesem Gebiet, alle BZ-Geschäftsstellen sowie über 2600 Jugendeinrichtungen in Südbaden (Jugendzentren, Vereine, Stadt- & Ortsverwaltungen, Büchereien, Fahrschulen, Haus- & Zahnärzte). Druckunterlagenschluss für Heft-Nr. 51 // 10. Mai 2022. Es gilt die Preisliste Nr. 13.

f79 ist Mitglied der Ein Unternehmen der f79 wird gefördert // vom Land Baden-Württemberg und dem Europäischen Sozialfonds

Homeschooling, kaum Freizeitaktivi­

Damit fordern sie ein Gesetz, das das

täten, viel Zeit alleine oder auf engem Raum.

Wegwerfen von Lebensmitteln einschränkt.

Die Einschränkungen der vergangenen zwei

Mit ihrem Engagement macht sich die

Jahre haben viele Folgen. Eine davon ist,

Gruppe viele Gegner – das f79 hat mit zwei

dass junge Menschen verstärkt an Depressi­

Protestierenden aus Freiburg über ihre

onen leiden. Der Corona-Blues hat viele

Motivation gesprochen. Und gefragt, was sie

getroffen – und man kann gut nachvollzie­

bei den Aktionen erleben.

hen, warum. Das f79 hat sich das näher angeschaut: Woran leiden die Betroffenen?

Etwas lässiger geht es dafür im f79-Test zu den Feierabend-Typen zu. Zu welcher

Was kann man dagegen tun? Und wie

Gruppe gehört ihr? Netflix-Freak oder

kommt man eigentlich an professionelle

hammerharter Workaholic? Mit nur ein paar

Hilfe? Die Antwort auf die letzte Frage ist fast

Antworten wisst ihr mehr.

schon Grund für weitere Sorgen: Die Wartelisten für eine Behandlung sind lang. Den Blick nach oben richteten kürzlich

Was zu entdecken gibt es auch im Jobstarter in diesem Magazin. Wir zeigen Wege zu eurem Traumjob: Ausbildungen,

dafür Schüler*innen aus Südbaden bei einer

Studiengänge, Freiwilliges Engagement. Wie

Live-Schalte zur Internationalen Raumstation

ist es beispielsweise als angehender

ISS. Bei einem Funkgespräch mit dem

Berufskraftfahrer? Wusstet ihr, dass man

deutschen Astronauten Matthias Maurer

dafür gut in Mathematik sein muss? Oder

konnten die jungen Menschen ihre Fragen in

welche Fallen es gibt, wenn man sich für

das All schicken. Maurer antwortete gedul­

einen Voluntourismus-Trip ins Ausland

dig. f79-Redakteur Philip Thomas war live

interessiert? Zwei Verbraucherschützerinnen

dabei und berichtet vom Funkkontakt in den

raten dringend, die AGBs zu lesen. „Auch

Weltraum. Er hat sich schlaugemacht: Wie

wenn das keiner gerne macht.“

sieht die internationale Zusammenarbeit auf f79 ist Preisträger des SPIEGELSchülerzeitungswettbewerbs 2012, 2014 und 2015 f79 ist Mitglied der

der ISS in diesen Zeiten aus?

Viel Spaß beim Lesen

Als eine Art Mission sehen auch die

und bleibt gesund

Aktivist*innen der Letzten Generation ihre Proteste. Sie kleben sich auf Autobahnen an

Till Neumann &

den Boden – und blockieren den Verkehr.

das f79-Team

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f79 // 03.22


KLASSENFOTO

ON I T K A D E R E I D ABE G S U A R E S E I D

PHILIP THOMAS SCHULE // Wöhler Gymnasium (Frankfurt) ALTER // 32 BEITRAG // Jobstarter ÜBER MICH // „Immer von Spiel zu

H ARD PASCAL LIEN

Spiel denken.“

nasium Bühl Windeck Gym SCHULE // Abi am ALTER // 28 , Jobstarter BEITRAG // Test st o live is the rare ÜBER MICH // „T exist, le op pe t rld. Mos thing in the wo ar Wilde) that is all.“ (Osc

TILL N EU M A N

N

SCHULE // Ganzta gsgymn Osterbu asium rken ALTER // 37 BEITR AG // Redak tion & Jo ÜBER MIC bstarter H // „Red en ist Silb Schreibe er, n ist Gold .”

NATHALIE BAUMGART NER SCHULE // Leibniz-Gym nasium Östringen ALTER // 21 BEITR AG // Abi in der Tas che, was nun? ÜBER MICH // „Es sind nic ht unsere Fähigkeiten, die zeigen, wer wir sind, sondern unsere Entscheidungen. “

IPF TATJANA K

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eschule ner Gewerb ck Lu ud tr er SCHULE // G ALTER // 18 taltung yout und Ges lebe im BEITR AG // La er Zukunft, d n vo e um rä „T // ÜBER MICH tzt.“ Je d un Hier

f79 // 03.22

KATHARINA FI SCHER SCHULE // Gertru d Luckner Gew erbeschule ALTER // 22 BEITRAG // Layo ut und Gestaltu ng ÜBER MICH // „E s gibt keine Gren zen. Weder für Geda nken noch für Ge fühle. Es ist die Angst, die immer Gren zen setzt.“


PRREDAKTION OM RUBRIK I-EC KE

INHALTSANGABE

INHALT f79//03.22 Seite 4 // Klassenfoto Wir sind f79! Die Blattmacher dieser Ausgabe

Seite 6 -9 // Hauptfach Corona-Maßnahmen auf Kosten geistiger Gesundheit

Seite 10-11 // Technik Angefunkt: Schüler*innen aus Südbaden kontaktieren ISS Foto // © Theodor Kiefner

Seite 12-13 // Politik Klebriger Protest: Last Generation legt Verkehr still

Seite 14-16 // Test Streaming-Suchti oder ambitioniertes Arbeitstier? Wer bist du?

Seite 17 // Sozialkunde Wegen Catcalling: Aktion kreidet Sexismus auf der Straße an

Seite 18 // Musik Fast 40 Jahre und kein bisschen leise: Jazz und Rock Schulen

Seite 19 // Jobstarter Ausbildung, Studium oder Praktikum? Starten statt warten

Seite 22 // Handwerk Influencerin Anna-Lena wirbt für Frauen im Handwerk

Seite 24-26 // Ausbildung I Spedition, Azubi-ABC, Gesundheitswesen

Schnell, schneller, Jolanda Kallabis. Gerade ist die 17-Jährige aus Freiburg deutsche Meisterin im U18-800-Meter-Lauf geworden. Im Sommer möchte sie bei der EM in Israel angreifen. Im f79-Interview mit Till Neumann erzählt die Läuferin von Zielen und Sportler-Genen. f79 // Jolanda, warum bist du so schnell? Jolanda // Das fragen wir uns auch immer. Irgendwie liegt es auch an meinen Eltern. Sie waren beide gute Läufer. Mein Vater Damian war sogar mal Europameister. Ich bin auf dem Sportplatz aufge­ wachsen, schon mein ganzes Leben lang mache ich Leichtathletik. Meine Mutter ist meine Trainerin, sie kennt mich gut, das passt perfekt. f79 // Wie viel trainierst du? Jolanda // Ich laufe fünf Stunden pro Woche. Außerdem mache ich Yoga, Krafttraining und Gymnastik. Das sind nochmal drei, vier Stunden extra. Eigentlich trainiere ich jeden Tag. Viel Zeit bleibt neben der Schule nicht mehr.

Seite 28-29 // Bewerbungen Jeder Dritte mit ungenauen Angaben im Lebenslauf

f79 // Was war dein größter Erfolg bisher? Jolanda // In Erfurt habe ich im 800-Meter einen Hallenrekord

Seite 30-31// Reisen & Helfen Achtung, unfaire Voluntourismus-Angebote

gebrochen, der 46 Jahre alt war. Jetzt bin ich Deutsche Meisterin im 800-Meter-Lauf geworden. Die beiden Titel sind für mich die stärksten.

Seite 35 // Bildungsmessen Abi und dann? Experten geben Tipps

f79 // Im Sommer ist EM in Israel. Was hast du dir vorgenommen? Jolanda // Letztes Jahr ist die U18-EM abgesagt worden. Daher bin

Seite 36-39 // Ausbildung II

ich bei der U20-EM angetreten. Da die Konkurrenten drei Jahre älter

Bestatter, Badenova, Omega Electronic

waren, bin ich im Vorlauf ausgeschieden. Dieses Jahr will ich ins Finale. International bin ich gut platziert, ich will eine Medaille.

Seite 39 // Aufstiegschancen Fortbildungen nach der Ausbildung als Perspektive

f79 // Hast du den einen großen Traum? Jolanda // Ja, ich würde gerne zu Olympia. Ich denke, das ist machbar, wenn es so weiterläuft. Ich

Dein Thema nicht dabei?

will mich einfach immer weiter verbessern

Werde selbst f79-Reporter! // Kontakt: redaktion@f79.de

und das Beste rausholen. Das Ziel ist, vom Sport zu leben.

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HAUPTFACH

„Fälle werden noch zwei Jahre anfluten“ Kinder und Jugendliche sowie Menschen mit psychischen Krankheiten leiden besonders unter den Corona-Maßnahmen

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HAUPTFACH

Corona geht an niemandem spurlos vorbei.Besonders hart getroffen sind Menschen, die schon vor der Pandemie unter psychischen Erkrankungen wie Depressionen gelitten haben. Durch die Maßnahmen gegen das Virus habe sich die Situation noch einmal verschlechtert, sagen Experten und Betroffene. Und auch Kinder und Jugendliche hat die Krise gezeichnet. Laut einer Studie zeigt knapp jeder dritte junge Mensch in Deutschland psychische Auffälligkeiten. Auf einen Therapieplatz warten Betroffene in der Regel monatelang.

Text // Philip Thomas und Pascal Lienhard Foto // iStock.com/Ahmet Yarali

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HAUPTFACH Kinder und Jugendliche werden vom

Auf die Kinder- und Jugendpsychiatrie

um rund 82 Prozent gestiegen. Bei einma­

Coronavirus selbst eher verschont. Laut dem

rolle eine Welle zu. „Die Fälle werden noch

ligen depressiven Phasen verzeichnet die

Intensivregister der Deutschen Interdiszipli­

zwei Jahre anfluten – selbst wenn die

KKH im selben Zeitraum ein Plus von knapp

nären Vereinigung für Intensiv- und Notfallme­

Pandemie morgen vorbei wäre“, schätzt der

25 Prozent. In Deutschland erhält mittlerweile

dizin (DIVI) sind Anfang März nur knapp zwei

57-Jährige. Die Freiburger Klinik sei dafür

jeder Siebte eine dieser oder beide Diagno­

Prozent aller Corona-Patient*innen auf

nicht gewappnet. Mindestens 50 Betten und

sen. In Baden-Württemberg und Berlin ist es

deutschen Intensivstationen nicht volljährig.

viel mehr Tagesplätze brauche es laut

sogar jeder Sechste. Den größten Anstieg bei

Fleischhaker für das gesamte Einzugsgebiet

wiederkehrenden Depressionen verzeichnete

Maßnahmen gegen den Erreger: Bereits ein

des Klinikums mit rund 650.000 Einwohnern.

die Krankenkasse mit 140 Prozent ebenfalls in

knappes Jahr nach dem ersten Ansteckungsfall

Derzeit können von 31 stationären Plätzen in

Baden-Württemberg.

An jungen Menschen zehren vor allem die

Lisa Kleber (Name von der Redaktion geändert) litt schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie unter einer chronischen Depression und Sozialphobie. Dass „etwas nicht stimmte“, spürte sie erstmals während ihres Biologiestudiums. Selbst kurze Referate bedeuteten für die junge Frau panische Angstzustände. Früher habe sie solche Furcht nicht gehabt: „In meiner Kindheit habe ich Theater gespielt. Ich hatte nie ein Problem damit, im Mittelpunkt zu stehen“, berichtet Kleber bei einem Spaziergang durch ein abgelegenes Freiburger Waldstück. Bald wurde Klebers Beklemmung größer. „Ich hatte Angst, dass Menschen in meinem Umkreis oder mir irgendetwas zustößt“, berichtet sie. Die Diagnose Stirnhöhlenent­ zündung kam für Kleber einem Todesurteil gleich. Tagelang habe sie ihr Bett nicht verlassen können, wollte keinen Ton von sich geben, aus Angst, von Nachbarn als faul zeigte jedes dritte Kind in Deutschland

der Freiburger Klinik 27 betrieben werden.

abgestempelt zu werden. „Betroffene

psychische Auffälligkeiten. Zu diesem

Neun Monate müssen Patienten bereits jetzt

erkennen sich selbst nicht wieder, haben

Ergebnis kam die „Copsy“-Studie des

auf einen Behandlungsplatz an der Haupt­

Schuldgefühle und leiden unter Erschöpfung,

Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf

straße warten. Fleischhaker: „Das ist ein

Freudlosigkeit oder permanenter innerer

(UKE) mit mehr als 1000 Kindern und

Armutszeugnis.“

Anspannung. Hinzu kommen noch Appetit-

Jugendlichen im Alter von 7 bis 17 Jahren.

Wie genau eine Depression entsteht, ist

und Schlafstörungen. Viele entwickeln

nicht abschließend geklärt. Ein wesentlicher

Suizidgedanken. Der Leidensdruck ist hoch“,

Fleischhaker, Kommissarischer Ärztlicher

Faktor ist laut Ulrich Hegerl, Vorsitzender der

erklärt Hegerl.

Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psycho-

Stiftung Deutsche Depressionshilfe, neben

therapie und Psychosomatik im Kindes- und

äußeren Faktoren wie Stress oder Traumata

Jugendalter am Uniklinikum Freiburg, geht

vor allem genetische Veranlagung. Der

jedoch davon aus, dass die Auswirkungen der

Professor mahnt, die Krankheit nicht zu

Pandemiebekämpfung für junge Menschen

unterschätzen: „Eine Depression ist eine

bereits jetzt „signifikant“ sind. Sogenannte

wirklich schwere Erkrankung und keine

Entwicklungsaufgaben seien nicht erfüllbar:

Befindlichkeitsstörung.“ Ratschläge à la „Reiß

Noch fehlen Langzeitstudien. Christian

Etwa die soziale sowie Autonomieentwick­

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lung von den Eltern habe kaum stattfinden können. „Um alle Maßnahmen einzuhalten, hätten

dich zusammen“ oder „Iss doch mal Schokolade“ helfen Betroffenen nicht. Und betroffen sind immer mehr. Laut der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) ist die

sich Kinder in einen Winterschlaf

Zahl der Patienten, bei denen Depressionen

versetzen müssen“, so der Arzt.

wiederkehren, bundesweit von 2010 bis 2020

„Für Betroffene eine Katastrophe“: Ulrich Hegerl


HAUPTFACH

Je früher die Behandlung beginnt, umso besser sind Depressionen heilbar. Bei Kleber dauerte es Monate, bis sie begriff, dass sie Hilfe brauchte. „Ich dachte lange, dass es vielen Menschen wesentlich schlechter geht als mir.“ Unterstützt von ihrer Mitbewohnerin kontaktierte sie schließlich einen Arzt und ergatterte im Frühjahr 2020 einen Platz in der Friedrich-Husemann-Klinik in Buchenbach. Nach sechswöchiger Behandlung machten jedoch die Maßnahmen gegen das Coronavirus ihrer Genesung einen Strich durch die Rechnung. Im folgenden Lockdown gelang es Kleber

INFO

nicht, ins Leben zurückzufinden. Die Angst, Mitmenschen zu infizieren, trieb Kleber in

Kreisen die Gedanken darum, sich das Leben zu nehmen?

strenge Selbstisolation. Dinge, die ihr vor der

Sprich mit anderen Menschen. Telefon-Seelsorge: 0800 1110111.

Pandemie noch Freude bereitet hatten,

Hilfsangebote gegen Depressionen in Freiburg via Freiburger

Freunde treffen, das Lieblingscafé besuchen,

Bündnis gegen Depression. Im Internet unter fbgd.org oder

ins Kino gehen, fielen weg. Schließlich habe sie

Tel.: 0761 1521 956 30. Diagnostisches Erstgespräch unter

keinen Sinn mehr darin gesehen, aufzustehen

bit.ly/chilli_erstgespräch

oder die Wohnung zu verlassen. „Ich war hoffnungslos, antriebslos und meiner Gedan­ kenwelt ausgeliefert“, erklärt sie. So wie Kleber ging es vielen. In einer Sondererhebung der Deutschen Depressions­

kungen der Corona-Schutzmaßnahmen seien

Ambitionen musste sie allerdings aufgeben.

hilfe berichtet fast die Hälfte (44 Prozent) der

laut Hegerl für Menschen mit depressiven

„Ich war eine sehr gute Schülerin und Studen­

mehr als 5100 Befragten mit diagnostizierter

Störungen enorm: „Die Frage ist, wie viel Leid

tin“, blickt Kleber zurück. Aus Leistungsdruck

Depression, dass sich ihr Krankheitsbild im

und Tod können wir verhindern und wie viel

sei schließlich Existenzangst geworden: „Eine

zweiten Lockdown bis hin zu Suizidversuchen

Leid und Tod verursachen wir?“

Abwärtsspirale wurde in Gang gesetzt, aus der

verschlechtert habe. „Die Maßnahmen gegen

Nach einem Jahr Pandemie und mit

das Coronavirus sind für Betroffene eine

ärztlicher Hilfe habe Kleber es geschafft, aus

Katastrophe“, sagt Hegerl.

dem Haus zu kommen, in die Natur zu gehen

Mit einer Selbsthilfegruppe durfte sich

und Freunde zu treffen. Noch heute hat sie mit

Kleber nicht mehr treffen, in ihrer hellhörigen

der Krankheit zu kämpfen. Dank Therapie und

Wohnung seien Telefonate mit ihrer Therapeu­

Psychopharmaka gehe es ihr aber besser als

tin nicht infrage gekommen. Die Nebenwir­

noch vor zwei Jahren. Ihre akademischen

ich erst jetzt wieder herauskrieche.“

Fotos // iStock.com/Algefoto; tadamichi, Katrin Lorenz

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TECHNIK

„RAUMFAHRT IN DIE KLASSENZIMMER BRINGEN“ Schüler*innen aus Südbaden funken Internationale Raumstation ISS an

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Umkreist die Erde in knapp 90 Minuten: die Internationale Raumstation ISS


TECHNIK 19 Fragen in elf Minuten und viele strahlende Gesichter. Das ist die Bilanz eines Anrufs des Erasmus-Gymnasiums in Denzlingen sowie des Freiburger Goethe-Gymnasiums auf der Internationalen Raumstation ISS. Der Funkkontakt

vom Erasmus-Gymnasium antwortet der Materialwissenschaftler: „Ich habe mich am Anfang total erschrocken, wie dünn und wackelig die Erdatmosphäre ist. Wir müssen viel besser auf unsere Erde aufpassen, was wir da unten machen, ist viel zu rabiat.“

zum deutschen Astronauten Matthias

Schließlich bricht der Kontakt ab. Was

Maurer soll Interesse für MINT-Fächer

nach elf Minuten vorbei war, wurde monate­

bei Schüler*innen wecken.

lang vorbereitet: Im Herbst 2020 stellten Lehrer vom Erasmus-Gymnasium in Denzlin­

Text // Philip Thomas Fotos // pixabay, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

gen sowie vom Freiburger Goethe-Gymnasi­ um einen Draht her zu den Funkern von „Amateur Radio on the International Space Station“ ARISS. Die Amateurfunker bauen

befeuern damit die nächste Generation.“ Ziel

eigene Satelliten. Laut Bopp, Rufzeichen

der Aktion sei, Werbung für MINT-Fächer

DD1US, vom Verein Deutscher Radio Club

(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft

India, Sierra, Sierra ruft Delta, November,

DARC, sind derzeit etwa 30 Amateurfunk-

und Technik) zu machen.

Eins, Echo, Mike, Echo, over“, sagt Amateur­

Satelliten im Orbit unterwegs. Viele dieser

funker Matthias Bopp immer wieder ins

Raumflugkörper sind kaum größer als ein

Cosmic-Kiss-Mission beim Deutschen

Mikrofon. Aus den Boxen in der Aula des

Fußball.

Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), zeigte

Sternenzeit 99743.39: „Delta, Papa, Null,

Erasmus-Gymnasiums Denzlingen rauscht es – bis schließlich: „Hier ist die Internationale

Um die rund 450 Tonnen schwere Raumstation zu erreichen, wurde auch auf der

Auch Volker Schmid, Leiter der aktuellen

sich zufrieden: „Das bringt Raumfahrt und internationale Kooperation in die Klassen-

Raumstation, wie geht es euch?“, meldet sich Matthias Maurer aus fast 360 Kilometern Höhe. Elf Minuten haben Schüler*innen des Freiburger Goethe- und des Denzlinger Erasmus-Gymnasiums nun Zeit, dem deutschen Astronauten Fragen zu stellen – so lange hält der Funkkontakt. „Welche Gesetze gibt es auf der ISS?“, möchte Katharina vom Erasmus-Gymnasium zuerst wissen. „In jedem Raumschiff gelten die Gesetze des Landes, die es gestartet hat. Auf der ISS sind verschiedene Module zusammengeknüpft, deswegen herrscht hier ein Internationales Abkommen“, erklärt Maurer. Matteo vom Goethe-Gymnasium interessiert, was im Falle einer defekten Toilette auf der ISS zu tun ist. Maurer klopfe dann bei den russischen Kollegen an und

Auf der ISS alles im Griff: Astronaut und Werkstoffkundler Matthias Maurer

frage, ob er ihren Lokus benutzen dürfe. So selbstverständlich wie das internationale

Erde schweres Gerät aufgefahren. 14 DARC-

zimmer.“ Vielleicht breche mal jemand aus

Miteinander auf der Raumstation sei für den

Techniker sorgten für einen reibungslosen

Freiburg oder Denzlingen auf zu den Sternen.

Astronauten auch die Existenz von außerir­

Ablauf. Im Gepäck hatten sie laut Bopp

Schülerinnen wie Nele Wagner vom Goethe-

dischem Leben.

Ausrüstung im Wert von rund 20.000 Euro,

Gymnasium scheinen vom kurzen Kontakt

Dann werden ernste Töne angeschla­

darunter zwei Notstromaggregate. Die beiden

mit dem Weltraum zumindest inspiriert: „Ich

gen. Adriana vom Goethe-Gymnasium fragt,

notwendigen Antennen befestigten die Funker

hatte so etwas noch nicht in Erwägung

ob die Folgen des Klimawandels von der ISS

auf zwei 27 Meter hohen Hubsteigern. „Wir

gezogen. Nun denke ich darüber nach, ein

zu beobachten sind. „Ich sehe, dass der

sind schon nervös gewesen“, gesteht Bopp,

MINT-Fach zu studieren.“

Urwald brennt und dass Gletscherbereiche

der mit DARC bereits die fünfte Schule

und Seen deutlich kleiner geworden sind, als

besuchte. Nicht immer sei Funkkontakt

auf Karten eingezeichnet“, entgegnet der

zustande gekommen. Dass die Verbindung

51-Jährige. Auf eine ähnliche Frage von Esra

gehalten habe, freue ihn umso mehr: „Wir

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POLITIK

Die umstrittenen Aktivist*innen der „Letzten Generation“ Immer wieder haben sie zuletzt

Sie sind bereit, mit heftigsten Maßnah­

forschung und

men friedlich für ihre Ziele zu kämpfen: die

langjähriges

Aktivisten von „Aufstand der letzten Generation“.

Mitglied des

Hervorgegangen ist die mittlerweile deutsch­

Weltklimarats. Die

nennen die Protestierenden ihre

landweit aktive Gruppe aus einem Hungerstreik

Protestierenden

Form des Widerstands für mehr

im Sommer 2021. Vor dem Reichstag in Berlin

sehen sich daher als

Klimaschutz. Er sorgt in Bevölke-

harrte eine Gruppe aus und wollte erst dann

„die ‚letzte Generation‘,

rung und Politik für viel Kritik. Auch

wieder essen, wenn die Regierung ihnen ein

die die unumkehrbare

Gespräch zusagt. Das ist nach langem

Vernichtung unserer Lebensgrundlagen und

Durchhalten gelungen, Bundeskanzler Scholz

damit unserer Zivilisation stoppen kann“.

Autobahnen blockiert – und sich dabei mit Klebstoff auf die Straße geheftet. „Zivilen Ungehorsam“

in Freiburg ist eine Gruppe der „Letzten Generation“ aktiv. Zwei Engagierte erzählen, was sie antreibt.

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Text // Till Neumann Fotos // freepik.com/lifeforstoc, Melina, Till Neumann Illustrationen // freepik.com/starline, vectorpocket, macrovector

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stellte sich später ihren Fragen – es wurde hitzig. In den Augen der Hungerstreikenden ist

Auch Melina, die ihren Nachnamen lieber für sich behält, sieht das so: „Wir rasen

die deutsche Klimapolitik zu lasch und muss

ungebremst in den Klimakollaps.“ Was sie

dringend verschärft werden. Mit ihrer Forderung

antreibe? „Es ist eine Art Verzweiflung, wenn

verbinden sie ein Zitat des Klimaforschers Hans

man sich die Fakten anschaut.“ Auch hier in

Joachim Schellnhuber: „Ich sage Ihnen, dass

Deutschland sei der Kollaps nahe, mit Klima-

wir unsere Kinder in einen globalen Schulbus

flüchtlingen sei zu rechnen.

hineinschieben, der mit 98-prozentiger Wahr­

Mehrfach war sie zuletzt bei Straßen-

scheinlichkeit tödlich verunglückt.“ Er ist

blockaden dabei. Sowohl die B31 hat sie mit

Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgen­

Kolleg*innen in Freiburg lahmgelegt als auch


POLITIK die Abfahrt der Autobahn A5. „Ich hätte selbst

minister Marco Buschmann von der FPD

nicht gedacht, dass ich so etwas mal mache“,

schrieb auf Twitter: „Unangemeldete Demos

erzählt Melina. Aber es habe sich richtig angefühlt – trotz des heftigen Gegen­ winds. „Wir wurden mehrmals ange­ schrien“, erzählt sie. „Verpiss

auf Autobahnen sind und bleiben rechts­ widrig. Protest ist okay, aber nur im Rahmen von Recht und Verfassung.“ Dennoch stößt das Ziel der

dich“, sei da noch eine

Gruppe auf Zuspruch: Sie fordert

Beschimpfung der harm­

ein sofortiges „Essen-Retten-Ge­

loseren Sorte gewesen. Der Ärger der ausge-

setz“. Es soll Supermärkte verpflich­ ten, Lebensmittel zu spenden, statt sie

bremsten Autofahrer war wie zu

wegzuwerfen. In Frankreich gibt es das seit

erwarten groß. Daher kommt die

2015. Daher ist auch das sogenannte

„Letzte Generation“ zu solchen Aktionen mit

Containern Teil der Aktionen der „Letzten

einem Deeskalationsteam. „Wir haben

Generation“. Sie fischen weggeworfene

Schokolade dabei und verteilen die an die

Lebensmittel aus Müllcontainern von

Autofahrer – manchmal hilft’s“, berichtet

Supermärkten. Mitgemacht hat dabei auch

Wird angeschrien: die Freiburgerin Melina.

Melina. Auch Konflikttraining gibt’s im Vorfeld:

der Freiburger Tobias März. Der 42-jährige

„Wir schreien uns gegenseitig an“, berichtet

Familienvater ärgert sich maßlos über die

die Aktivistin. Ihr Ansatz, um Distanz zu

gängige Verschwendung: „Es ist doch

Essen in den Müll geworfen“, ärgert sich

wahren: „Wir stehen für die Sache ein, man

absurd, dass 30 Prozent der Lebensmittel

Melina. Genau daher findet Tobias März so

darf es nicht persönlich nehmen.“ Die Polizei

weggeworfen werden.“ Ein Gesetz, das das

eine konkrete Aktion wie das Containern richtig.

nahm sie mehrfach mit aufs Revier. Geld-

stoppt, sei etwas Konkretes: „Das kann man

„Wir wollen maximalen Druck erzeugen“, sagt

strafen stehen im Raum.

sofort ändern“, sagt März. Er ist seit 20

er zu den Aktionen. Auch mit wenigen Leuten

Jahren Berater für Solarenergie und schon

schaffen sie so große Aufmerksamkeit – vor

länger Klimaaktivist.

allem mit den Blockaden.

15 bis 20 Leute umfasse das Team in Freiburg, berichtet Melina. Von einer 66 Jahre alten Seniorin bis zu Studierenden sei die

Bei einer Container-Aktion in Freiburg

„Jede Minute wird eine LKW-Ladung

Manche Reaktion macht die Gruppe

Gruppe breit gefächert. Mit ihren Blockaden

mit der „Letzen Generation“ war März bereit,

fassungslos So startete sie kürzlich eine

macht sich die „Letzte Generation“ jedoch auf

sich danach selbst anzuzeigen. So wollte die

Lebensmittel-Verschenk-Aktion in der

breiter Linie unbeliebt. Ihre Einsätze werden

Gruppe darauf aufmerksam machen, dass das

Freiburger Innenstadt. Passanten konnten

als illegal gescholten, selbst die Klimapartei

Retten weggeworfener Lebensmittel strafbar

sich containertes Essen mitnehmen. Doch die

der Grünen hat sich in großen Teilen distan­

ist. Es kam jedoch anders: Der Filialleiter des

Polizei stoppte die Aktion und kassierte die

ziert. „Autobahnen oder auch Flughäfen zu

Supermarkts entdeckte die Gruppe und rief die

Ware. Für Melina ist das schwer nachzuvoll­

blockieren ist keine Hilfe, es ist falsch“, sagt

Polizei. Für März ist das kein Drama, auch er ist

ziehen. Sie ist fest entschlossen, sich weiter

Umweltministerin Steffi Lemke. Bundesjustiz­

bereit, für seine Ziele Ärger in Kauf zu nehmen.

für die „Letzte Generation“ einzusetzen.

Blockieren Straßen: die Protestierenden fordern mehr Klimaschutz.

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TEST

Netflix-Freak oder hammerharter Wo Der Arbeits- oder Schultag ist vorbei, der Feierabend steht vor der Tür. Aber was anfangen mit der freien Zeit? Schließlich gibt es ganz unterschiedliche Feierabend-Menschen. Zu welcher Gruppe gehörst du? Finde es mit dem f79-Test heraus. Zähle dazu die Buchstaben hinter den Antworten zusammen. Welcher taucht am häufigsten auf? Die Auflösung gibt’s auf der nächsten Seite. Text // Pascal Lienhard Foto // iStock.com/Solovyova Illustrationen // flaction.com/ Pixel perfect; freepik; photo3idea_studio; itim2101; srip

5. Was sagen eigentlich deine Eltern zu deiner Abendgestaltung?

1. Es ist 8 Uhr, dein Tag beginnt. Welche Aussicht hält dich bis zum Abend motiviert? a) b) c) d)

Die Hausparty bei der Freundin. Oder haben die Clubs schon wieder geöffnet?

P

Endlich „Vikings“ weiterzuschauen. Mir sind gestern an der spannendsten Stelle die Augen zugeklappt.

S

Der Wunsch, so viel wie möglich zu arbeiten. Dann kann ich heute Abend beruhigt einschlafen.

A

Den Tag heute Abend ausführlich auf Social Media Revue passieren zu lassen ... und mich über jedes Like zu freuen.

b) c) d)

Ab in die gemütlichen Klamotten und los geht das Streaming-Vergnügen.

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b)

„Im ZDF läuft doch auch was Gutes. Du musst doch nicht immer im Internet fernsehen.“

S

„Heute Abend bist du aber mal wirklich um 11 Uhr daheim!“

P

„Willst du nicht vielleicht lieber ein neues Game zocken, anstatt dauernd zu arbeiten?

A

c) d)

I

a)

Gar nichts! Endlich habe ich noch mehr Zeit zum Arbeiten und bin von gesellschaftlichen Zwängen befreit. Wer braucht schon „Freizeit“? A

b)

Die Partys! Immer diese Einschränkungen. Ich habe mir sogar eine Diskokugel gekauft, um mich wegzuträumen.

P

Es ist in dieser Lage so schwierig, nicen Content für meine Follower zu kreieren.

I

S

Handy ans Netz und direkt eine neue Story erstellen.

I

Sachen abstellen, umziehen und um die Häuser ziehen!

P

Kaffee aufsetzen und weiter geht’s!

A

14

„Bist du wieder im Instant Gramm?“

4. Hand aufs Herz: Was fehlt dir während der Pandemie am meisten?

2. Was machst du als Erstes, wenn du abends nach Hause kommst? a)

I

a)

c) d)

Streaming gab es ja vorher schon. Aber jetzt ist es sozial akzeptabler, nur vor der Mattscheibe zu sitzen.

3. Was ist dein typisches abendliches Outfit? I

a)

Irgendetwas Auffälliges, das sofort ins Auge springt

b)

Jeans und Hemd

c)

Jogginghose und Shirt S

d)

Etwas Schickes, um das mich alle beneiden

A P

S


TEST

orkaholic? Welcher FeierabendTyp bist du? 8. Und was sagen deine Freunde zu deiner Abendgestaltung?

6. Was ist für dich ein verlorener Abend? a)

Wenn ein Projekt oder eine Aufgabe abgeschlossen sind – und ich nicht direkt mit dem nächsten weitermachen kann. A

b)

Wenn das WLAN fürs Streaming nicht ausreicht. Ich will doch wissen, wie es mit Jon Snow weitergeht.

c)

d)

S

Wenn Instagram und Co. down sind. Das war ein dunkler Tag. Sobald ich mich daran erinnere, läuft es mir kalt den Rücken runter.

I

Ein Abend alleine im Zimmer. Wir haben doch schließlich keinen Lockdown mehr! Oder?

7. Welche App benutzt du im Laufe des Abends am häufigsten? a)

Netflix

b)

Instagram

c)

Duden

d)

WhatsApp

S

P

a)

„Super Ansprechpartner für eine Serienempfehlung!“

S

b)

„Keine Ahnung, was der abends macht. Ich kann ihn mir nicht bei einer Freizeitbeschäftigung vorstellen.“

A

c)

„Wenn mal abends nichts auf Instagram erscheint, rufe ich die Polizei.“

d)

„Heute schon wieder Action? Ich bin viel zu fertig, muss mal schlafen.“

P

9. Wenn dein typischer Abend ein Song wäre: Welcher wäre es? a)

LMFAO: Party Rock Anthem

P

b)

Tocotronic: Digital ist besser

I

c)

Robbie Williams: Let me entertain you S

d)

John Lennon: Working Class Hero

A

10. Das Bett ruft! Wovon träumst du? a)

Von dem Tag, an dem ich mehr Follower als Toni Kroos oder Lisa und Lena Mantler habe.

I

b)

Von einer wilden und gut besuchten Party in einem Club – so wie es vor Corona gewesen sein muss.

A

c)

Von Sheldon Cooper. S

P

d)

Davon, irgendwann in einem Atemzug mit Steve Jobs oder Albert Einstein genannt zu werden.

I

I

P

A

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TEST

Auflösung S Streaming-Suchti Hier eine neue Serie, dort ein aktueller Film und hier noch ein exklusives Special – mit Streaming kennst du dich aus. Du kannst dir gar nicht vorstellen, dass heute noch Menschen fernsehen. Keine Spontaneität, ewige Pausen zwischen Folgen. Das kann dir nicht passieren. Du bist immer topinformiert und kennst alle neuen Trends. Aber pass auf, dass du dabei nicht das Leben abseits des Internets aus dem Auge verlierst. Auch hier kann es spannend werden und es gibt total unerwartete Cliffhanger. Versprochen!

A Ambitioniertes Arbeitstier Die anderen arbeiten, du arbeitest; die anderen machen Pause, du arbeitest; die anderen haben Feierabend, du arbeitest. Du hast deine Ambitionen und von denen lässt du dich auch nicht so leicht abbringen. Gut so! Aber übertreibe es nicht. Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut, und selbst die größten Denker brauchen mal einen Break. Versuch doch mal, den Kopf frei zu bekommen und ziehe mit einem „Party-Kracher“ (s. unten) los.

P Party-Kracher Work hard – party harder. Das könnte dein Lebensmotto sein. Nach einem langen Tag gibt es für dich nichts Besseres, als direkt noch etwas zu erleben. Party, mit Freunden treffen, auf Achse sein. Es ist ja auch einfach schön, das Leben zu genießen. Aber gönn dir auch mal eine Pause. Der Streaming-Suchti (s. oben) hat bestimmt einen guten Tipp für dich, wie du mal ausspannen kannst.

I Intensiver Influencer

16 f79 // 03.22

Du hast eigentlich zwei Leben: Eines findet im realen Leben statt, das andere auf deinen liebsten Social-Media-Foren. Du kennst hier alle Tricks, um Klicks zu generieren, und verwirk­ lichst dich selbst. Aber dabei solltest du nicht den Halt im ech­ ten Leben verlieren. Stecke doch ab und an das Smartphone weg. Manches funktioniert einfach nur im echten Leben.

Fotos // iStock.com/Jorge Garcia Argazkiak; SIphotography; shironosov, freepik.com/disobeyart


CATCALLING AN KREIDEN

SOZIALKUNDE

Freiburgerinnen bemalen Straßen mit Belästigungen

„Hey Süße, renn doch nicht weg vor

Kreide schreiben sie die Erfahrung einer

uns!“ Ein verbaler Angriff, der die

Userin auf die Straße, die am Bahnsteig

Betroffene fassungslos zurücklässt.

belästigt wurde: „Ich aß ein Eis. Ein Mann

„Eine von vielen Belästigungen auf der

(circa 50) macht Blowjobbewegungen, stößt

Straße, gegen die etwas unternommen

seine Hüfte und schlägt sich auf den Hintern.”

werden muss“, findet Sandra Emrich (20). Zusammen mit Nele Wiemhoff (21),

Trauriger Alltag. Und nur einer von knapp 50 Catcalls, den die vier bereits öffentlich

Frauke de Vries (21) und Sophie Hunhold

gemacht haben. „Für mich hat der Schock­

(25) betreibt sie seit gut einem Jahr den

faktor mit der Zeit abgenommen, das macht

Instagram-Kanal @catcallsoffr.

es zum Glück leichter, damit umzugehen”, erzählt Wiemhoff.

Text und Fotos // David Hamann Illustrationen // freepik.com/microone; ibrandify

Tun was gegen Sexismus: Frauke de Vries, Sandra Emrich und Nele Wiemhoff (von links).

Erfahrungen mit Beleidigungen während des Ankreidens oder Auseinander­

Der englische Begriff „Catcalling“

setzungen mit der Polizei haben die Freibur­

beschreibt verbale Straßenbelästigung. Wie

gerinnen bisher nicht gemacht. In anderen

einer Katze wird Menschen, meist Frauen, auf

Städten kommt sowas jedoch vor. Die

der Straße hinterhergerufen. „Der Raum dafür

Resonanz nach über einem Jahr @catcallsoffr

Freiburger Ableger Teil der internationalen

ist leider vorhanden”, merkt Emrich an, „es

sei für Freiburg überwiegend positiv. „Wir

Jugendbewegung #Chalkback. In 150

fehlt an negativer Resonanz.“ Sie wünscht

wollen den Menschen die Chance geben,

Städten weltweit werden Belästigungen Wort

sich: Wer selbst Zeuge wird, sollte reagieren,

sich wehren zu können“, sagt Emrich – und

für Wort an der Stelle auf die Straße geschrie­

Betroffenen helfen und den oder die Täter

das Angebot wird dankend angenommen. Im

ben, an der sie passiert sind – das sogenannte

direkt ansprechen.

Schnitt bekommen sie vier Catcalls pro

Die Studentinnen sind mit ihrem

Ankreiden. Dann fotografieren sie das

Einige latschen noch während des

Woche, alltägliche Grenzüberschreitungen,

Geschriebene und laden es auf Instagram

Ankreidens über das Geschriebene. Eine

die sie öffentlich machen. Die Hemmschwelle

hoch. So können Betroffene die Belästi­

ältere Dame wird neugierig, bleibt stehen.

soll auf diese Weise steigen, damit Straßen­

gungen anonymisiert veröffentlichen lassen.

„In Portugal habe ich das auch schon mal

belästigung weniger wird. Bis dahin werden

gesehen“, berichtet sie erfreut. Die Gespräche

sie weiter ankreiden gehen.

Gemeinsam knien die Aktivistinnen vor dem Eingang des Freiburger Hauptbahnhofs.

auf der Straße sind ein großer Teil der

Menschen strömen vorbei. Mit neonfarbener

Aufklärungsarbeit.

CHALKBACK- BEW EGUN G @catcallsofnyc wurde 2016 in New York von der Aktivistin Sophie Sandberg ins Leben gerufen – als erster Instagramaccount der „Chalkback“Bewegung. Der erste Account in Deutschland ist Anfang 2019 in Berlin online gegangen. Mittlerweile gibt es hierzulande 73 aktive Accounts – allein 10 davon in Baden-Württemberg. Online sind diese unter @catcallsof

Schreiben auf die Straße, was andere verletzt: die Aktivisten von Catcalls Freiburg.

mit dem jeweiligen Städtenamen zu finden.

17

f79 // 03.22


MUSIK

Ja z z &

R o ck

r eib u F n e l Schu

rg

hern c i e r e b

„Die Musik drückt das aus, was nicht

im Kulturpark an der

gesagt werden kann und worüber zu

Haslacher Straße und im

schweigen unmöglich ist.“ Der Satz stammt von Victor Hugo. Wer die Leidenschaft für Musik teilt, wird verstehen, was der französische Autor meint. Doch um sich über Musik auszudrücken, braucht es meist Anleitung und Unterstützung. Die Jazz & Rock Schulen Freiburg (J&RSF) bieten genau das.

Text // Pascal Lienhard Illustrationen // freepik.com/onyxprj Fotos // Pascal Lienhard, Jazz & Rock Schulen Freiburg

sei t

hr en

ene

E-Werk. Rund 2000 Musikfans nehmen Unterricht oder wirken in Bands, Ensembles oder Workshops mit. Die J&RSF stehen auf zwei Säulen: der allgemeinen Musikschule und dem Zentrum für Musikpädagogik. Im Zentrum

Einer von zwei Stützpunkten der J&RSF: der Kulturpark an der Haslacher Straße

für Musikpädagogik werden Projekte mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in

an Ensembles von Kindergruppen über

Kooperation mit Schulen, Kindergärten und

Jugend- bis zu Senioren-Bands. 18 Bands

Jugendeinrichtungen umgesetzt. Vor allem

und drei Chöre werden betreut. Das Kollegi­

benachteiligte Kinder und Jugendliche sollen

um kommt auch aus Ländern wie China, den

aktiv gefördert werden: „Wir wollen ein offenes

USA, der Schweiz oder Peru. „Wir wollen

und inklusives Musikhaus sein“, sagt Arthur

kulturelle Vielfalt abbilden“, erklärt Adler.

Adler, künstlerischer Leiter der Jazz & Rock Als die J&RSF 1984 gegründet wurden,

Ja f as t 4 0

ik s z s u M e di

Schulen Freiburg.

Natürlich schränkte die Pandemie auch die Musik ein. Gemeinsames Spielen im digitalen Raum ist kaum umsetzbar. So

war die Musikwelt eine andere: Von Billie Eilish

Zwei Veranstaltungen stellt er bei der

oder Taylor Swift hatte noch niemand gehört,

Förderung junger Nachwuchs-Musiker*innen

wurden häufig Einzelcoachings angeboten. Mit

die Jahrescharts regierte Herbert Grönemeyer

heraus: Bei der Newcomer-Bühne „My Stage“

Erfolg, wie das Percussion-Ensemble „Rumble

mit „Männer“. Wie in den Charts ist auch im

können – in Kooperation mit der Popakademie

in the Jungle“ mit Kindern zwischen 8 und 14

Freiburger Kompetenzzentrum für Popularmusik

Baden-Württemberg – junge Künstler*innen

Jahren zeigt. „Die haben durch das individuelle

viel passiert – und mit Schülern wie Uwe

viermal im Jahr erste Bühnenluft schnuppern.

Coaching unglaublich viel mitgenommen“,

Bossert von „Reamonn“ oder Max Mutzke

Wer Blut geleckt hat, kann sich beim Jazzhaus

freut sich Adler. „Als sie wieder zusammen-

haben die J&RSF heute berühmte Musiker

Freiburg zum Wettbewerb „Rampe 2022“

kamen, haben sie ein super Konzert gespielt.“

ausgebildet. Etwa 60 Lehrer*innen unterrichten

anmelden. Ein Herzensprojekt der J&RSF ist das Freiburger Schüler-Jazzorchester FSJ. Seit September tragen die Schulen als Partner

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Insgesamt sind die Schulen laut Adler gut durch die Pandemie gekommen. „Natürlich gab es Kündigungen“, berichtet er. „Aber insgesamt ist die Schülerzahl kontinuierlich

des Freiburger Jazzhauses durch kosten­

gestiegen.“ Zudem freut Adler sich über eine

freie Bereitstellung von Proberäumen und

Aktion des Fördervereins der J&RSF für das

Expertise dazu bei, die Arbeit des

Schuljahr 2022/23: Mit 7000 Euro werden

Orchesters weiterzuführen. Interessierte

begabte Kinder und Jugendliche aus ein-

Schüler*innen können sich für ein Vorspiel

kommensschwachen Familien mit Stipendien

bewerben.

gefördert. Eine Bewerbung ist bis zum 2. Mai

In der Allgemeinen Musikschule

möglich. So können noch mehr Menschen

erlernen Menschen jeden Alters mehr als 20

lernen, über Musik das auszudrücken, was

Instrumente. Hinzu kommt ein großes Angebot

nicht gesagt werden kann.


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