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KIRSCHEN UND KOMMUNISMUS

Wer an den Kaiserstuhl denkt, hat Sonne, Weinreben und malerische Natur vor Augen. Für ein besonderes Highlight sorgen im Frühling die Kirschbäume. Von Ende März bis Mitte April sind deren Blüten zu bestaunen – etwa auf dem Kirschbaumpfad. Doch auch Ende April lohnt sich die Route durch den Nordkaiserstuhl.

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Hat XXXLutz eine Filiale mitten in den Reben des Kaiserstuhls eröffnet? Oder warum ragt da am Rande des Dorfs Leiselheim bei Sasbach ein überdimensionaler Stuhl in die Höhe? Nein, der Möbelhändler hat keine Expansion ins Grüne gestartet. Die Sitzgelegenheit für Riesen symbolisiert natürlich „den“ Kaiserstuhl.

Man hat sich an den klingenden Namen für das kleine Mittelgebirge gewöhnt. Aber woher kommt er? Im Jahre 994 hielt der römischdeutsche König Otto III. einen Gerichtstag bei Sasbach ab. Im Nachgang wurde das Gebirge bis 996 als Königsstuhl bezeichnet. In diesem Jahr wurde der Ottone Kaiser, der bis heute geläufige Name war geboren. So weit die Folklore. Ob das stimmt? Erstmals belegt ist der Name für das Jahr 1304, vor dem 13. Jahrhundert dürfte er nicht entstanden sein.

Vom Kirschbaumpfad aus ist der „Kaiserstuhl“ zu bestaunen. Los geht die Wanderung entweder am Bahnhof Sasbach oder Riegel. Beide Stationen sind an die Kaiserstuhlbahn angebunden. Auf der 18 Kilometer langen Strecke passieren Wandernde die Dörfer Leiselheim, Kiechlinsbergen und Amoltern sowie die Stadt Endingen. Aber Achtung: Einige der Wegschilder führen falsche Kilometerangaben und können einen ordentlich ins Bockshorn jagen.

Kühne Ideen

Es sind malerische Orte, durch die der Kirschbaumpfad führt. Jeder von ihnen birgt faszinierende Geschichten. Besonders kurios nimmt sich eine Erzählung über das Winzerdorf Amoltern aus. Die Gemeinde war in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Schauplatz eines frühen kommunistischen Experiments. Damals versuchten der Freiburger Pater Romuald Baumann und der Dorfpfarrer Franz Xaver Ganter eine Gemeinschaft für kommunalen Besitz, gemeinschaftliche Arbeit und gemeinsame Erträge zu gründen.

Welch utopische Vorstellungen die beiden Männer umtrieben, zeigt ein Zitat auf einem Wegschild in Amoltern: „Der Plan dieser Gemeinschaft besteht darin, dass alles das Unsrige, was wir besitzen, der künftige Erwerb, alles ohne Ausnahme, eine allgemeine Masse vorstelle, aus welcher jedem Mitglied oder jeder Familie nach dem Verhältnis der Bedürftigkeit ein hinlänglicher Lebensunterhalt gewährt wird.“

Weng Weltpolitik

Der Mundart-Autor aus Schallstadt über Hilfe im Kleinen

„S isch eifach schön do bi uns“, sagt der alte Mann nebe mir uff ere Sitzbank obe uff de Batzeberghöchi bi Schallstadt. „Schön, wemmer in sonere Heimet lebe derf“, sagt r, un ich sag: „Schön isch, wemmer überhaupt ä Heimet het.“

„Do hen jetz sie widder räächt“, denno er. „Do unte in Pfaffewiiler, in Bad Krozinge un in Staufe … hen Mensche uss de Ukraine Zuflucht gfunde, die hen keini meh. Denne hen d Russe d Heimet über em Kopf un unter de Bein weggschosse. Aber solang de Putin un de Selensky enander s Muul nit gunne (nicht miteinander reden), wurd des nix mit em Friede. Mir könne denne arme Lit numme wünsche, dass der grusige Krieg bald uffhört.“

Dann widder ich: „Aber s Wünsche ällei hilft au nix, mr muss au ebbis mache.“ „Stimmt“, het r gmeint, „aber des mit em Mache, mit em Friede mache, isch leider au schneller geschwätzt als gmacht. D Politiker groote sich jo schun in d Hoor, wenn s um ä Waffestillstand geht. Was könne mir do biitrage, usser im Kleine ä weng helfe?“

Fotos: auf die Verbreitung der AmarellaKirsche hin – und die Bedeutung des Obstes für den Kaiserstuhl.

Historie, Wein & Sonnenschein

Info

Kirschbaumpfad

Start & Ziel: Sasbach Bahnhof & Riegel Bahnhof (variabel)

Dauer: 6,5 Stunden

Länge: 18 km

Auf- und Abstieg: 440 Höhenmeter

Solch kühne Ideen waren im 18. Jahrhundert zum Scheitern verurteilt. Die Pläne der Geistlichen trafen bei der vorderösterreichischen Landesherrlichkeit auf wenig Liebe; Das Projekt wurde wenig überraschend gestoppt. Auf der Geschichte um die beiden Geistlichen beruht die Novelle „Die Heiligen von Amoltern“ (1886) des Autors Wilhelm Jensen.

Doch zurück zur Namenskunde: Was hat es mit Amoltern auf sich?

Die Antwort finden wir in den Kirschbäumen, von denen hier selbst Ende April noch einige blühen. 1150 war Amoltern noch unter dem Namen „Amiltran“ verzeichnet. Das weist

Der Kaiserstuhl ist eine der wärmsten Regionen Deutschlands. Schon im April sollte man an Sonnencreme denken; 18 Kilometer sind immerhin eine ordentliche Strecke. Wer von Sasbach aus startet, kann die Tour auch schon in Endingen beenden. Die Stadt ist ebenfalls an die Kaiserstuhlbahn angebunden.

Mag sein, dass die meisten heute zunächst an den Wein denken, wenn der Begriff „Kaiserstuhl“ fällt. Doch wer auf dem Kirschbaumpfad wandelt, erkennt, dass es mit einer reichen Historie, den Kirschen und der wunderbaren Landschaft noch deutlich mehr gibt, das die Region ausmacht.

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