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„DER FREIHEIT EINE GASSE“
Im April 1848 waren Freiburg und andere Orte in Südbaden Schauplätze einer Reihe von Versuchen, das herrschende Feudalsystem zu stürzen und eine bürgerliche Republik zu errichten. Der Drang nach Freiheits- und Bürgerrechten wurde jedoch mit Waffengewalt niedergeschlagen.
Text: Erika Weisser
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„Ein Gedanke zuckt durch Europa. Das alte System wankt und zerfällt in Trümmer.“ Mit diesen Worten eröffnet der radikaldemokratische Jurist Gustav Struve am 27. Februar 1848 die Volksversammlung in Mannheim. Dabei bezieht er sich auf die zwei Tage zuvor erhaltene Nachricht vom Sturz des französischen Königs Louis-Philippe durch die entschlossene aufständische Pariser Bevölkerung: Seit 24. Februar 1848 ist Frankreich Republik.
Diese Nachricht, schreibt der Journalist Heinz Siebold, „wirkte wie ein Funke – aber nicht in ein einzelnes Pulverfass, sondern in die vielen Pulverfässer der 34 Fürstentümer und Königreiche, die den Deutschen Bund bildeten.“ Besonders aber im Großherzogtum Baden, wo die wirtschaftliche und soziale Lage sehr angespannt war: Überall trafen laut Siebold „Menschen in Wirtshäusern zu erregten Debatten“ zusammen.
Man debattiert über die von den Freunden der Verfassung um Struve und dessen Berufskollegen Friedrich Hecker bereits im Herbst 1847 im Offenburger Gasthaus Salmen formulierten „13 Forderungen des Volkes in Baden“, die den ersten Grundrechtekatalog in der deutschen Geschichte darstellen. Debatten gibt es auch darüber, wie die Adelsherrschaft zu beenden und die
Demokratie zu erkämpfen sei. Denn viele Menschen sind überzeugt, dass sie nur in Würde leben können, „wenn kein Fürst mehr ist und kein Knecht“, wie Hecker (Bild unten) sagt.
Nicht nur in Gasthäusern wird debattiert: Bei der besagten Volksversammlung wird eine Petition an „die Deputierten von Carlsruhe“ verabschiedet, deren Inhalt auf unbedingte Pressefreiheit, allgemeine Gerichtsbarkeit, Volksbewaffnung und die Einrichtung eines deutschen Parlaments abzielt. Das wird von Republikanern anderer Kleinstaaten übernommen und geht als „Märzforderungen“ in die Geschichte ein.
Am 2. März wird die Petition der großherzoglichen Regierung unter Minister Baptist Bekk überbracht. Dieser sichert den zu Tausenden vor der Karlsruher Residenz erschienenen Menschen zwar zu, die Forderungen zu erfüllen. Doch es sind Zusagen ohne Ausführungsgesetze –die Radikaldemokraten bleiben skeptisch. Als nach längeren Verhandlungen absehbar wird, dass es nur um Zeitgewinn geht, rufen Hecker und Struve am 13. April in Konstanz die Badische Republik aus und zum bewaffneten Aufstand zum Sturz von Großherzog Leopold auf.
In mehreren Zügen wandern republikanische Freischaren auf Freiburg zu, wo sie von der Bevölkerung sehnlich erwartet werden. Doch sie kommen nie dort an, werden unterwegs aufgerieben. An ihrer Stelle rücken am Ostermontag, dem 24. April, Regierungstruppen an, erstürmen die Stadt gewaltsam, reißen die letzte Barrikade am Schwabentor nieder und bereiten den Demokraten eine vernichtende Niederlage.