Bauen & Wohnen

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Themenheft

BAUEN &

September 2021 Ausgabe Nr. 29

Wohnen

Der Kampf um die Klimaneutralität

Dietenbach soll Deutschlands erster emissionsfreier Stadtteil werden Konfliktiv

Kreativ

Kooperativ

Anwälte spielen dritte Halbzeit bei SC-Arena

Neues Co-Working am Augustinerplatz

Warum Ältere vermehrt in WGs leben wollen



Editorial

Ringen ums richtige Energiekonzept Bedenken gegen zentralistische Lösung für Dietenbach

D

ietenbach soll der erste Stadtteil in der Bundesrepublik werden, der klimaneutral ist. Was keineswegs meint, dass der Bau eines Stadtteils mit bis zu 6900 Wohnungen irgendwie kli-

mafreundlich wäre. Was aber meint, dass der Dietenbach, wenn er fertig ist, mindestens so viel Energie erzeugt wie er verbraucht, sodass er sich das Etikett sozusagen bilanziell verdient.

Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif. 1,862 Milliarden Euro, so stand es auf einer Folie des Büros EGS-Plan aus Stuttgart, das die Möglichkeiten zu einem klimaneutralen Quartier untersucht hat. 1,862 Milliarden Euro kostet allein die Infrastruktur. Für diese Investition muss europaweit ein Unternehmen gefunden werden, das dieses Geld in die Hand nimmt – und sich über Energielieferverträge refinanziert. Das ist die eine Hürde. Die andere ist das Konzept selbst, das einen zentralistischen Ansatz verfolgt und damit auf den einzelnen Bauplätzen individuelle Lösungen verunmöglicht. Wenn die letzten Grundstücke ab Mitte der 30er Jahre verkauft werden, ist die Frage durchaus berechtigt, ob es dann nicht schon wieder völlig andere, umweltfreundlichere Lösungen gibt. Das Freiburger Rathaus hat sich im Gemeinderat trotzdem grünes Licht für das Konzept KliEn geholt. Aber auch einen Auftrag, noch viele Fragen zu beantworten, nicht zuletzt die, wie gewährleistet sein soll, dass die Nebenkosten das primäre Ziel bezahlbares Wohnen nicht konterkarieren. Und auch damit setzt sich unsere Titelgeschichte auseinander. Um unerträgliches Wohnen ging es unlängst bei einem Gerichtsprozess. Eine Familie aus dem Dreisamtal hatte sich den Traum eines Einfamilienhauses erfüllt und nach dem Einzug gemerkt, dass das Haus stinkt. Und damit auch seine

Bewohner. Die Verkäufer wussten von der Geruchsbelästigung, was nur durch einen Zufall ans Licht kam. Und sie mussten das Fertighaus aus den 70ern wieder zurücknehmen, weil sie den Mangel arglistig verschwiegen hatten. Tausende, wenn nicht Zehntausende Fertighäuser aus der Zeit sind mit Chloranisolen belastet. Sollten Sie eins kaufen wollen, achten Sie auf die entsprechenden Formulierungen im Kaufvertrag – und auf einen entsprechenden Preis. Gar keinen Preis wird die Freiburger Stadtbau für ein fast 4100 Quadratmeter großes Grundstück auf dem Güterbahnhof bezahlen. Von der Redaktion geschätzter Wert: sieben Millionen Euro. Und nur deswegen kann die Stadttochter auf diesem auch 75 öffentlich geförderte Mietwohnungen bauen. Denn deren Bau ist immer dann defizitär, wenn die Miete günstig und der Boden teuer ist. Unseren kleinen Beitrag zu einer klimaneutralen Ausgabe haben wir geleistet. Wir gleichen die Emissionen wieder aus, indem wir ein Meeresschutzprojekt der ClimatePartner fördern. Wir wünschen ebenso informative wie anregende Lektüre. Herzlichst Ihr Lars Bargmann | Chefredakteur Anzeige

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Inhalt Generalunternehmer

Titel

Prima Klima im Dietenbach? Während Rathaus, Räte und Experten ums richtige Energie­konzept ringen, liegen Stadt und Sparkasse noch viele Millionen Euro auseinander 6-9

Baurecht

Neue Studie

Sozial toxisch: Wie neulich ein Hauskauf wegen Geruchsbelästigung rückabgewickelt wurde

Warum auch Ältere vermehrt in WGs leben wollen 10

Bauträger Warum die WOBAG in Sexau einen Wettbewerb gewonnen hat

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Kirschner Wohnbau voll auf Freiburg fokussiert

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Warum die Stuckert Wohnbau das Freiburger Rathaus verklagt

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Arbeitswelt Der Grünhof weitet seine Co-Working-Zone aus

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Totalunternehmer Der Bau der neuen SC-Arena in Freiburg dauert länger als der der Allianz-Arena 14

Themenheft 09-2021

S-Immo legt ersten Wohnmarktbericht vor – und kritisiert politische Regulatorik

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Freiburg baut für 87 Millionen Euro ein zweites Rathaus im Stühlinger 18-19

Im HausBauPark können Kaufwillige sich auch Inneneinrichtungen anschauen

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Planspiel mit vier Schulen: Freiburger Rathaus prüft Rochade im Osten

Schwarzarbeit

Kommunen 32

Wohnungsbau Grundstück kostenlos: Deswegen kann die Stadtbau 75 Sozialwohnungen auf dem Güterbahnhof bauen 20

Projektentwickler Grande Finale: Die Strabag setzt letzten Grundstein auf dem Post-Areal 22 Großes Rad: Die Unmüßig-Gruppe managt derzeit ein Projektvolumen von 1,6 Milliarden Euro

28

Amtsgericht verurteilt Bauunternehmer aus Emmendingen zu 22 Monaten auf Bewährung 31

Stadtentwicklung VAG und Stadtverwaltung legen neue Planung für den Kappler Knoten vor 36

Kommentar Das unschöne Ende eines schönen Projekts

22

Redaktion: Philip Thomas, Liliane Herzberg Titel: © K9 Architekten / Latz+Partner / StetePlanung / endura kommunal - Stahl+Weiß

Herausgeber:

Fotos: freepik, iStock Grafik: Sven Weis (kombinat79) Lektorat: Beate Vogt

Geschäftsführung: Michaela Moser (V.i.S.d.P.)

Anzeigen: Christoph Winter (Leitung),

Chefredaktion: Lars Bargmann

Giuliano Siegel, Jennifer Leval, Fredrik Frisch

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Makler

Streit stattet SC-Geschäftsstelle im neuen Stadion aus

16-17

Das Bauen & Wohnen-Themenheft erscheint im Freiburger Stadtmagazin chilli chilli Freiburg GmbH Paul-Ehrlich-Straße 13 | 79106 Freiburg fon: 0761-76 99 83-0 | fax: 0761-76 99 83-99 bargmann@chilli-freiburg.de www.business-im-breisgau.de

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Einrichten

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IMPRESSUM Bauen & Wohnen

Die Dürrschnabel Industriebau baut in Freiburg 180 Wohnungen

38

36

Druck: Hofmann Druck, Emmendingen Ein Unternehmen der

Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung und Einspeicherung in elektronische Systeme. Gleiches gilt für den Nachdruck der von uns entworfenen Bilder und Anzeigen.



Titel

Das Ringen ums richtige Energiekonzept Dietenbach soll Deutschlands erster klimaneutraler Stadtteil werden

Visualisierung: © K9 Architekten / Latz+Partner / StetePlanung / endura kommunal - Stahl+Weiß

Das geplante Zentrum des Quartiers: Bis zu 16.000 Menschen sollen Ende der 30er-Jahre im neuen Stadtteil leben. Die geplante zentrale Wärmeversorgung würde individuelle Lösungen verunmöglichen, kritisieren Experten.

D

ie Freiburger Stadtspitze hält an ihrem Ziel fest, den geplanten Stadtteil Dietenbach klimaneutral zu bauen. Einen Widerspruch zum bezahlbaren Wohnen sieht sie nicht. Auf einer bei einer Pressekonferenz an die Wand geworfenen Folie des Planungsbüros EGS-Plan aus Stuttgart stand die Zahl 1,862 Milliarden Euro. Das kostet die Infrastruktur für die Klimaneutralität. Hinter den Kulissen gibt es zwischen der Sparkassen-Tochter Entwicklungsmaßnahme Dietenbach (EMD) und dem Rathaus weiterhin stark unterschiedliche Auffassungen über die Wirtschaftlichkeit. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat derweil die von drei Landwirten angestrengte Normenkontrollklage gegen Dietenbach verworfen. Einen – im Betrieb – komplett klimaneutralen Stadtteil gibt es in Deutschland bisher nicht. Das Energiekonzept werde „Aufsehen erregen“, heißt es in einer Presseeinladung. Für das Büro EGS-Plan hatte Tobias Nusser vier Varianten vorgestellt, eine darunter hört auf den schönen Namen ­K liEn (klimaneutral und energiewendedienlich), sie liefere „das beste Gesamtergebnis“. Mit KliEn sei ein klimaneutraler Stadtteil möglich, es böte darüber hinaus Chancen und 6 | chilli | bauen & wohnen | 09.2021

Perspektiven für ganz Freiburg. KliEn sei etwas „ganz Besonderes, eine echte Herausforderung“, kommentierte Klaus von Zahn, Chef des städtischen Umweltschutzamtes.

180.000 Quadratmeter Solarmodule Das Konzept setzt bei der Wärmeversorgung auf eine 2500 Quadratmeter große Heizzentrale auf dem Parkplatz am Mundenhof, das die Wärme aus dem unter der Munzinger Straße liegenden Abwasserkanal sowie Grundwasser aus 28 Förderbrunnen nutzt. Solaranlagen auf maximal 180.000 Quadratmetern Dachfläche, auf bis zu 30.000 Quadratmetern Fassadenflächen und auch an der Lärmschutzwand zum Autobahnzubringer sowie ein grünes (durch ­regenerative Quellen gespeistes) Wasserstoffkraftwerk sollen Strom und Wasserstoff liefern (siehe Grafik nächste Seite). „Da rechtliche Unsicherheiten bestehen, ob Fassaden-PV vorgeschrieben werden kann, soll eine PV-Fassade bei der konzeptionellen Vermarktung von Grundstücken positiv berücksichtigt werden“, heißt es in der Drucksache G-21/093


Titel

Hauptrolle werden die Grundstückspreise spielen, eine tragende Figur auch, ob das Rathaus seine Flächen nur auf Erbpacht vergibt. Haag sieht im Gemeinderat eine große Mehrheit dafür, dass das noch nicht final beschlossen ist. Auch wenn im Grunde der Beschluss, keine Flächen mehr zu verkaufen, steht. Dem Rathaus gehören aktuell 41 Prozent des Baulands, die EMD hat 57 Prozent optioniert, 2 Prozent sind im Besitz von Kirche und Privaten. EMD-Geschäftsführer Ingmar Roth geht es aber um das Nettobauland:

und im wahren Leben die Nutzer zwischen mollig und frisch entscheiden, braucht es auch noch einen Konzessionär, der die Milliarden-Investition stemmt – und diese dann mit Wärmelieferverträgen amortisiert. Das Konzept wird europaweit ausgeschrieben, die Badenova, so Sprecher Roland Weis, werde sich beteiligen. Offen ist weiterhin auch, wie das Kernziel des Stadtteils, bezahlbares Wohnen, angesichts des besonders schillernden Straußes an Anforderungen erreicht werden soll. In diesem Kapitel spielt das Energiekonzept nur eine Nebenrolle. Die

KliEn

Klimaneutral und energiewendedienlich Bezug von außen Quartiersgrenze Dietenbach Dach Abwasser Grundwasser

Stromnetz Kraftstoffe

Fassade Lärmschutzwand

3*

0,4*

35*

14*

Photovoltaik

27* 19*

13

19*

16*

Elektrolyse

Umweltwärme

Strom

1*

10*

14* 29*

2*

Wärmepumpe

6 Verluste

43

1* Rückkühlung

*

9*

Wärmebedarf

*

Motorisierter Individualverkehr und ÖPNV (elektrisch, konventionell)

26*

7* 3*

Nutzer- Allgemein-/ strom Kältestrom Mobilität

Anteil Lokaler Erzeugung H2 PV-Einspeisung bezogen auf EnergieExport bedarf (2050): 61%

Der per Elektrolyse gewonnene grüne Wasserstoff würde auch für andere Abnehmer wie den ÖPNV oder die Industrie zur Verfügung stehen. chilli | bauen & wohnen | 09.2021 | 7

Visualisierung: © Bauen & Wohnen, basierend auf EGS-plan

10*

*

*Angabe in Gigawattstunden pro Jahr

für den Gemeinderat. Ebenso, dass die Grundwasserentnahme einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf und auch die Konsequenzen derselben auf die Ausweisung des Wasserschutzgebiets für die Tiefbrunnen Schorren und Spitzenwäldle in Umkirch. Die konsequente Solarnutzung der Dächer steht im Widerspruch zur Begrünung oder auch zum Urban Gardening. „Dietenbach ist eine einmalige Chance, heute Zukunft zu entwerfen“, so Umweltbürgermeisterin Christine Buchheit. Der Stadtteil soll ein „Modellort für die klimaneutrale und lebenswerte Stadt“ werden. Baubürgermeister Martin Haag sieht einen Stadtteil, der „bezahlbar, von hoher Qualität und klimaneutral“ ist. In diesen Grundton stimmen indes nicht alle mit ein. Deutliche Vorbehalte gab es bei der Vorstellung im Gemeinderat, Kritik gab es vom Klimabündnis Freiburg, das eine „Totalrevision des Konzepts“ fordert, von der Fesa, Baugenossenschaften, vom Klimahäuser bauenden Architekten Rolf Disch und der Solares Bauen GmbH. Der vorgeschriebene Effizienzhausstandard 55 für Wohn- und der Standard 70 für Gewerbegebäude würde beim Bezug schon der ersten Häuser im Jahr 2025 einen um „300 Prozent höheren Heizenergiebedarf“ aufweisen als die im Jahr 2000 gebauten im Vauban. Die favorisierte zentrale Wärmeversorgung würde gegenüber einer dezentralen den doppelten Stromhunger haben, zudem werde die Chance vertan, das Grundwasser zur Kühlung der Gebäude zu nutzen, listen Disch und Solares-Bauen-Chef Martin Ufheil auf. Wie Stadtrat Wolf-Dieter Winkler forderten sie eine Absetzung des Themas im Gemeinderat. Der aber stimmte – wenn auch verhalten - zu, forderte aber die Verwaltung auf, einige offen gebliebene Punkte noch zu klären. Etwa, welche Wärmekosten auf die Bewohner zukämen. In der Drucksache stehen 48 Euro pro Quadratmeter und Jahr, in der EGS-Studie bis zu 60. Mal abgesehen davon, dass das stur technisch errechnete Werte sind


Visualisierung: © K9 Architekten / Latz+Partner / StetePlanung / endura kommunal - Stahl+Weiß

Titel

„Netto haben wir aktuell nur 43 Prozent und wir brauchen 50.“ Vor allem, dass das Rathaus von den 17 Hektaren, die das Land der Stadt für 16,50 Euro verkaufen wird, keinen einzigen bekommen hat, sei einer Wirtschaftlichkeit für die EMD abträglich. Wenn die EMD nicht die Hälfte des Nettobaulands bekäme, müsse das kompensiert werden, fordert Roth. Durch einen geringeren Erschließungsbeitrag. Das Rathaus will für die Grundstücke, die die EMD vermarktet, aktuell rund 400 Millionen Euro. „Wir werden der EMD einen höheren Ausgleich für den höheren Einstandspreis gewähren“, drückt sich Haag aus. Die EMD rechnet für den Kauf der Grundstücke, die Nebenkosten, die Regiekosten und die jedes Jahr anfallenden 800.000 Euro schwere Optionsgebühr für die 80 Hektar mit einer halben Milliarde Euro an eigenen Kosten. Dafür könne sie derzeit 340.000 Quadratmeter für Wohnungsbau vermarkten. Wenn sie eine schwarze Null bei dem Deal machen soll – die conditio sine qua non für die Bank –, kostet der Quadratmeter Bauland jetzt schon 1470 Euro. Da auf diesem im Schnitt 1,6 Quadratmeter

Lebenswerter Stadtteil: Ob er für Tausende Freiburger am Ende auch bezahlbar wird, ist derzeit noch offen.

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Wohnraum gebaut werden darf, liegt der Grundstücksanteil pro beheiztem Quadratmeter bei 920 Euro. Stand heute. Insgesamt können im Dietenbach 820.000 Quadratmeter Wohnfläche gebaut werden (siehe Infobox).

Der Gutacher, das Rathaus und die EMD Stadt und EMD haben mittlerweile eigens einen Gutachter eingeschaltet, der für jedes erschlossene Grundstück mit allen auf diesem lastenden Anforderungen (etwa den Bau von Kitas, öffentlich gefördertem Wohnungsbau, Architektenwettbewerben, besonderen Klimaschutzauflagen etc.) einen „Endwert“ berechnet. Der soll Ende September vorliegen. Dann werden sich die Parteien die Boxhandschuhe anziehen. „Heute haben wir noch keine wirtschaftliche Tragfähigkeit“, sagt Roth. Die Sparkasse rechne parallel auch ein Ausstiegsszenario mit rund neun Millionen Euro durch, die dann rausgeworfen wären, wenn die EMD die Vereinbarung mit dem Rathaus nicht unterzeichnet. Frei nach dem Motto „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“. Haag hält den Ball flacher: Die Abwendungsvereinbarung sei „auf einem guten Weg, nicht einfach, aber lösbar“.

Zu den auch von den eingeschalteten Dialogbürgern gern gesehenen Akteuren zählen Baugenossenschaften oder auch das Siedlungswerk. Dessen Freiburger Leiter Heinz-Dieter Störck sagt auf Anfrage: „Wenn wir geförderten Wohnungsbau auf Erbbaugrundstücken bauen sollen, dann geht das nur, wenn der Erbbauzins bei nahe null Prozent liegt.“ Und er müsste parallel auch Eigentumswohnungen bauen: „Das ist eine Voraussetzung für die Finanzierung.“ Der Bauvereinsvorsitzende Marc Ullrich würde sich freuen, „wenn die Bedingungen am Ende so wären, dass wir wie im Rieselfeld oder im Vauban tatsächlich bezahlbare Wohnungen für unsere Mitglieder bauen können“. Erbbaugrundstücke machten das Wohnen aber nur teurer. Auf einer Pressekonferenz präsentierten Baudezernat und ausgewählte Dialogbürger unlängst die Ergebnisse ihrer Beratungen. „Unsere Vorgaben sind schon heftig, aber wir müssen dafür auch keine Machbarkeitsstudie machen“, fasste Clemens Hauser bündig zusammen. Ingo Breuker von der städtischen Projektgruppe Dietenbach nickte und sagte: „Das eine ist, was man will, und das andere, was man machen kann.“ Das ist auch die Formel für die nächsten Verhandlungen beim größten Neubauvorhaben in Baden-Württemberg.

Lars Bargmann


Titel

INFO Flächen, Kosten 1. Bauabschnitt Das Dietenbach-Areal ist 110 Hektar groß. Knapp 60 Hektar sind Nettobauland. Davon hält die Stadt Freiburg aktuell 41 Prozent, die Entwicklungsmaßnahme Dietenbach 57 Prozent. Die restlichen 2 Prozent gehören der Kirche oder Privaten. Insgesamt können 938.000 Quadratmeter oder 134 Fußballfelder vermarktbare Quadratmeter gebaut werden. 820.000 darunter sind für Wohnnutzungen geplant. In zwei Jahren sollen die Erschließungsarbeiten für den ersten Bauabschnitt starten, der im Zentrum des neuen Stadtteils gebaut wird und 43 Hektar umfasst. Darauf sollen die ersten 1600 Wohnungen, ein Handwerkerhof, ein Wohnheim des Universitätsklinikums, ein Supermarkt, ein Pflegeheim, das Haus der Kirche, die Stadtbahntrasse in Richtung Rieselfeld, die Radwegeverbindung über den Autobahnzubringer an das Radvorrangnetz FR 1 sowie die Hochgarage am Parkplatz des Mundenhofs gebaut werden. Die Grundschule, eine Sporthalle und ein Rasenspielfeld mit 400-Meter-Bahn sind ebenfalls Teil des ersten Bauabschnitts. Die städtischen Gesamtkosten – ohne die für die Klimaneutralität – belaufen sich nach derzeitigen Angaben auf 850 Millionen Euro. Die Projektgruppe Dietenbach rechnet mit 750 Millionen Euro Erlösen aus Grundstücksverkäufen. 20 Jahre lang je 5 Millionen Euro kommen zudem aus der Stadtschatulle. Mindestens. bar

Die Gegner wettern weiter Zu den nicht müde werdenden Gegnern des Stadtteils zählen der Verein ECOtrinova, Stadtrat Wolf-Dieter Winkler von der Liste Freiburg Lebenswert und neuerdings auch der Wasserwirtschaftsingenieur Rolf Baiker. Der schreibt in einem offenen Brief an die Bürgermeisterriege und den Gemeinderat, dass angesichts der jüngsten Starkregenereignisse die Bebauung des Überschwemmungsgebiets „völlig unsinnig und nicht nachvollziehbar“ sei. Auch Winkler machte sich die Bilder aus NRW und Rheinland-Pfalz zunutze und fordert in einer Pressemitteilung, Dietenbach „zugunsten der Sicherheit der Bevölkerung und ihrer Enkelgenerationen zu begraben“. Der ECOtrinova-Vorsitzende Georg Löser hat zuletzt den Gemeinderat aufgefordert, die von der Stadt angestrebten Aufweichungen von Verordnungen zum Trink- bzw. Grundwasserschutzgebiet für Umkirch unter Dietenbach abzulehnen und sich gegen die drohenden Risiken bzw. Gefährdungen von (Trink-)Grundwasser einzusetzen. Das Rathaus begebe sich beim Gewässerumbau des Dietenbachs in „gefährliches Fahrwasser“. Auch die schleichende und fahrlässige Verschlechterung von Grundwasser sei per Strafgesetzbuch verboten. bar


Baurecht

Wenn das Haus wie verkorkter Wein müffelt

Wegen Geruchsbelästigung: Kaufvertrag wird rückabgewickelt

E

Foto: © iStock.com/aristotoo

s war unerträglich“, sagt Carolin Cohen über das Wohnen in ihrem neuen Eigenheim. Unerträglich war der Gestank. Grund war die Belastung mit Chloranisol. Der Verkäufer des schmucken Eigenheims wusste von der Belastung, verschwieg sie aber arglistig. Das Landgericht Offenburg beschloss, dass der Kauf rückabgewickelt werden muss. Auf jeden Cent. Gewonnen hat das Verfahren die Baurechtsspezialistenkanzlei Steiger, Schill und Kollegen in Staufen. Aus einer Wohnung im Dreisamtal ins erste eigene Haus in Rheinbischofsheim bei Achern, das war der Traum der Familie Cohen. Doch der wurde zum Albtraum. Ehemann Nadav Cohen ließ im neuen Heim eine Wand zwischen Küche und Wohnzimmer rausreißen, wenn er abends wieder zu seiner jungen Familie kam, roch er seltsam. Nach dem Einzug wurde es immer schlimmer. Carola Cohen recherchierte im Netz, fand schließlich die Firma Stelly Hausrenovierungen GmbH mit Sitz in Weissach im Tal bei Heilbronn. Der Geschäftsführer Peter Stelly kam vorbei, betrat das Haus und wusste sofort: hier war er schon einmal. „Wir hatten Glück, dass Frau Cohen genau bei der Firma gelandet war, die für die Verkäufer schon einmal ein Angebot zur Sanierung eingeholt hatte, den Geruchsmangel aber, wie auch die

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verbauten Asbestplatten, im Kaufvertrag verschwiegen hatte“, erzählt Nina Wolber von der Kanzlei Steiger, Schill und Kollegen, die in jüngeren Ausgaben von brandeins, Capital und FOCUS zu den besten Baurechtskanzleien Deutschlands gezählt wird. „Zu den versteckten, also bei der Besichtigung nicht erkennbaren Mängeln versichert der Verkäufer ausdrücklich, von solchen nichts zu wissen, insbesondere nichts verschwiegen zu haben“, heißt es im Kaufvertrag. Für

Einmal Nase rümpfen bitte: Faule Korken sind kein olfaktorischer Genuss. den Vorsitzenden Richter bestand kein Zweifel, dass die Verkäufer, ein Ehepaar aus der Gemeinde Lauf in der Ortenau, sehr wohl von nicht erkennbaren Mängeln wussten. Soziale Toxizität nennt Wolber die Folgen vom Wohnen in einem Stinkhaus. Die Kinder müffeln in der Schule, die Verwandten sind froh, wenn sie wieder zu Hause sind, die Eltern müffeln am Arbeitsplatz, Bücher, Möbel, Autositze: Überall setzt sich der muffige Geruch – ähnlich dem eines verkorkten Weines – fest.

Die Cohens sind dabei kein Einzelfall: So gut wie alle Fertighäuser, die in den 70er-Jahren gebaut wurden, enthalten Holzschutzmittel auf Spanplatten – das war seinerzeit eine behördliche Auflage –, die heute ausdünsten. Und den Bewohnern das Bewohnen vermiesen. Eine andere Familie, die sich ebenfalls durch die Staufener Kanzlei vertreten lässt, ist wegen der Geruchsbelästigung aus dem gerade erst gekauften Haus im Hochschwarzwald direkt wieder ausgezogen. Die Familie war übrigens zuvor aus ihrer Wohnung ausgezogen, weil diese mit Formaldehyd belastet war. Auch in Dieburg gibt es einen aktuellen Fall, den die Kanzlei beschäftigt. „Kaufinteressierte sollten vor dem Kauf gezielt Fragen nach Chloranisol und Asbest stellen und eine etwaige Belastung durch Experten untersuchen lassen“, sagt Wolber. Und etwaige Kosten beim Kaufpreis berücksichtigen. Die Sanierung einer solchen Altlast – die ausdünstenden Bauteile werden dabei eingepackt – kostet schnell mehrere Zehntausend Euro. Peter Stelly wollte sich zu dem Vorgang und der grundsätzlichen Chloranisol-Belastung „der Presse gegenüber“ nicht äußern und verwies auf den Verband. Der HDH (Hauptverband der Deutschen Holzindustrie) ließ eine Anfrage der Redaktion unbeantwortet. Das von der Familie Cohen wieder zurückgegebene Haus steht übrigens auch heute, 18 Monate nach dem Urteil, noch leer.

Lars Bargmann


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Bauträger

WOBAG gewinnt erneut Bebauungskonzept überzeugt auch in Sexau

Neubaugebiet Moos III: Viel Freiraum um 30 Wohnungen.

N

Visualisierung: © Wobag

ach dem die Wohnbau Baden AG (WOBAG) im vergangenen Jahr einen Wettbewerb in Lörrach gewonnen hatte (wir berichteten), hat das Team um Vorstand Klaus Ruppenthal Ende Juni nun auch in Sexau mit dem besten Bebauungskonzept überzeugt und sieben Mitbewerber hinter sich gelassen. Im Baugebiet Moos III arbeitet die WOBAG aktuell am Baugesuch für fünf dreigeschossige Häuser mit je sechs Wohnungen. In zwei Gebäuden stellen die Freiburger geförderten Mietwohnungsbau her, die anderen 18 Einheiten werden für Käufer gebaut. 40 Prozent öffentlich geförderter Mietwohnungsbau, das war ein Trumpf bei der Vergabe. „Aber auch unser wegen der großen Tiefgarage hochwertiges Freiflächenkonzept, die Aufteilung mit je sechs Einheiten pro Haus und die flexiblen Grundrisse für Cluster-Wohnungen haben den Gemeinderat überzeugt“, freut sich Ruppenthal. Öffentlicher Mietwohnungsbau sei aber immer nur dann machbar, wenn die Kommunen die Grundstücke nicht meistbietend vergeben: „Die Grundstückspreise sind angesichts steigender

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Baupreise heute der entscheidende Faktor.“ So war es unlängst auch in Teningen, wo die WOBAG die Hälfte von 32 Einheiten gefördert gebaut hat – dafür aber auch nur den Bodenrichtwert bezahlen musste. „80 Prozent des Wohnungsbaus in Deutschland leisten nicht kommunale Wohnbaugesellschaften oder Genossenschaften, sondern private Unternehmen. Damit sind wir auch in der Verantwortung, möglichst preisgünstigen Wohnraum zu erstellen“, sagt Ruppenthal, der im Vorstand des Landesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen sitzt. Hohe Bodenpreise oder auch vergleichsweise teure Erbbaugrundstücke erschwerten hingegen das preisgünstige Wohnen. Das Investitionsvolumen in Sexau wird bei rund 13 Millionen Euro liegen, Anfang kommenden Jahres plant er den Baustart. In den finalen Zügen ist derweil das Projekt Am Schänzle in Waldkirch, das die WOBAG federführend für die Badische Wohnungsbaugesellschaft geschultert hat. Hier gibt es von insgesamt 30 Häusern und 29 Eigentumswohnungen im letzten Bauabschnitt nur noch fünf Häuser. „Eines der attraktivsten Projekte, die wir gemacht haben“, sagt der Vorstand.

In Heuweiler übergibt die WOBAG demnächst sechs Doppelhaushälften, in Dottighofen bei Bad Krozingen seien innerhalb von nur zehn Tagen vier von acht Doppelhaushälften (mit bis zu 400 Quadratmeter großen Grundstücken) verkauft worden, in Königschaffhausen läuft indes der Vertrieb der elf Reihenhäuser im Ortsetter noch etwas schleppend. Im Lörracher Neubaugebiet Belist ist indes im ersten Bauabschnitt alles verkauft, im zweiten gibt es von 17 Wohnungen nur noch drei (Quadratmeterpreis bei rund 5000 Euro). Für das mit fast 100 Mietwohnungen größte Projekt „Sieben Linden“ – auch hier hatte die WOBAG einen Wettbewerb gewonnen – ist der Bauantrag eingereicht. Bis zum Jahresende soll zudem das größte von drei Gebäuden im Herzen von Bad Krozingen fertig sein. In diesem gibt es nur noch eine Wohnung und eine Ladenfläche. In den anderen beiden Häusern gibt es noch acht Einheiten zu kaufen. Hier gestaltete die WOBAG gemeinsam mit dem Rathaus die Ortsmitte völlig neu. „Wir haben architektonisch noch nie derart aufwendig gebaut“, erzählt Ruppenthal, „gemeinsam mit der Platzgestaltung durch die Stadt wird dieser prominente Standort erheblich aufgewertet.“ bar


Arbeitswelten

Die Ausweitung der Co-Working-Zone Grünhof mietet 1200 Quadratmeter am Augustinerplatz

Direkt am Augustinerplatz im 1. Obergeschoss gibt es bald neue Möglichkeiten zum gemeinsamen Arbeiten.

D

Foto: © Hagen Krohn

ie Grünhof GmbH hat sich ihren vierten Co-WorkingSpace in Freiburg gesichert, am Augustinerplatz. Entsprechende Informationen der Redaktion hat Geschäftsführer Hagen Krohn bestätigt. „Wir haben seit der Eröffnung des Kreativparks eine große Nachfrage nach Teamspaces, die wir auf lange Zeit nicht befriedigen können, deswegen haben wir uns zu dem Schritt entschlossen.“ Die Co-Work-Kreierer vom Grünhof betreiben schon seit acht Jahren das gleichnamige Gründerzentrum an der Belfortstraße. 2018 feierte die Crew dann die Eröffnung des 1500 Quadratmeter fassenden Kreativparks in der Lokhalle. Derzeit betreibt der Grünhof auch im Rotteckhaus noch einen Popup-Co-Work, der indes zeitlich befristet ist, weil in das Gebäude die Landeszentrale für politische Bildung und ein NS-Dokuzentrum einziehen sollen (wir berichteten). Nun folgt der nächste Standort am Augustinerplatz. Über dem Atrium, wo durch den Umzug von JobRad an die Bahnhofsachse Flächen frei wur-

den, stehen ab dem 1. November Arbeitsplätze für Teams mit bis zu zwölf Köpfen zur Verfügung, zum Jahreswechsel auch Co-Working-Plätze – auch für Mitarbeitende, die in anderen Firmen auf Homeoffice-Basis arbeiten. „Das ist eine gefragte Alternative, nicht nur für Pendler“, weiß Krohn. Derzeit ist das Grünhof-Team mit dem Umbau der „oldschool“ gestalteten Flächen beschäftigt. Es sei „durchaus eine Herausforderung“, in diese Flächen den „Grünhof-Spirit“ einziehen zu lassen. Der Eigentümer ist die Hanse Merkur Grundvermögen, die das revitalisierte Gebäude am Augustinerplatz 2 vor fünf Jahren vom Freiburger Projektentwickler Peter Unmüßig gekauft hatte. Bei der Flächenvermittlung war Christian Müller vom gleichnamigen Immobilienbüro behilflich. Der Mietvertrag mit dem Grünhof läuft vorerst auf fünf Jahre – mit Option zur Verlängerung. Der Grünhof erweitert mit der Fläche sein Portfolio für die immer wichtigere – und immer mehr Wertschätzung genießende – Start-up-Szene im Großraum Freiburg. Und er bietet Arbeitswelten, die künftig wohl noch mehr Räume beanspruchen werden. bar


Totalunternehmer

Sieht optisch fertig aus, ist es aber in den Innereien noch nicht.

Köster knabbert an Arena Nach dem Bau des neuen SC-Stadions spielen Juristen die dritte Halbzeit aus

D

Foto: Screenshot, www.scfreiburg.com/stadion/das-neue-sc-stadion/baustellen-cam

as neue Stadion des SC Freiburg wird auch zur Saisoneröffnung 2021/22 nicht fertig. Im November 2018 hatte der Totalunternehmer Köster mit dem Bau begonnen. Nun hofft der SC Freiburg, dass die Partie gegen den RB Leipzig Mitte Oktober 2021 das erste Bundesliga-Spiel in der neuen Arena sein wird. „Wir verfolgen nicht nur eine technisch perfekte Fertigstellung, sondern auch eine nachhaltige Wirtschaftlichkeit der Immobilie. Das Stadion wird höchsten Ansprüchen an Funktionalität und Architektur gerecht.“ Das sagte der für den Stadion-Neubau zuständige Köster-Geschäftsführer Claude-Patrick Jeutter im September 2017. Technisch perfekt ist das Stadion auch 33 Monate nach dem Baubeginn nicht. Insbesondere in den Bereichen Elektro-, Medien- und Datentechnik, so meldet es der SC, haben die aufgetretenen Probleme „trotz aller Anstrengungen nicht mehr vollständig kompensiert“ werden können. Eine aktuelle Anfrage beantwortet die Pressestelle bei Köster heute so: „Wir verstehen das hohe Interesse an diesem

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bedeutenden Freiburger Projekt. Bezüglich Ihrer Fragen möchten wir Sie gern bitten, sich direkt an die Stadiongesellschaft zu wenden.“ Jeutter ist übrigens längst nicht mehr Geschäftsführer bei der Köster GmbH. Auch sein Nachfolger Niklot von Bülow ist es nicht mehr. Es ist nur zu erahnen, wie viele Anwälte sich hinter den Kulissen mit dem Projekt beschäftigen. „Wir lassen unsere Interessen von einer bundesweit tätigen Spezialkanzlei vertreten“, sagt Baubürgermeister Martin Haag auf Anfrage. Haag bestätigt auch die Informationen der Redaktion, wonach im Vertragswerk bei Verzug der Fertigstellung eine Konventionalstrafe festgelegt ist. Dass die „komplexe Baustelle auch wegen Corona“ hinter dem Zeitplan hinterherhinkt, versteht er. Dass es aber so lange dauert, bis die Arena fertig ist, könne mit Corona nicht allein erklärt werden. Es liefen derzeit, räumt er ein, „schwierige Gespräche“ mit Köster-Vertretern. So viel aber scheint klar: Köster wird am Freiburger Stadion nichts verdienen, er wird wohl eher Geld bringen müssen. Die Stadiongesellschaft, so Haag, sei jedenfalls immer noch im Kostenrahmen. Der umfasst 76,45 Millionen, wovon

neun Millionen allein für die Einrichtung budgetiert sind, also nicht an Köster gezahlt werden. Die Osnabrücker setzten 2019 knapp 1,2 Milliarden Euro um und wiesen einen Gewinn nach Steuern in Höhe von 9,8 Millionen aus – keine Umsatzrendite, die für Kapitalanleger interessant wäre. Der Bau der neuen Arena wird hinter den Kulissen sicher noch in die dritte Halbzeit gehen. Priorität bei der Festlegung des ersten Heimspiels mit zwei Halbzeiten habe die Gewährleistung eines für Fans, Spieler, Trainerstab, Medien, Sponsoren, Dienstleister und Einsatzkräfte „sicheren und reibungslosen“ Spieltags, meldet der SC. Der Fokus werde nun auf die Sicherstellung der TV-Übertragung sowie aller spieltagsrelevanten ITund Datentechnikthemen liegen. Die erste inoffizielle Partie soll ein vorgeschaltetes Freundschaftsspiel in der Länderspielpause sein. Wenn das Spiel gegen Leipzig die offizielle Eröffnung markiert, hat Köster für die Arena mit 34.700 Plätzen 35 Monate gebraucht. Die Allianz-Arena in München war in 31 Monaten fertig. Und ist doppelt so groß.

Lars Bargmann


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Häufig ein Modell für den Ruhestand: Fast die Hälfte der befragten Freiburger·innen kann sich vorstellen, später einmal in einer Wohngemeinschaft zu leben.

Leben in WGs ist trendy Neue Studie soll auch im Dietenbach berücksichtigt werden

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Fotos: © iStock.com/SeventyFour, Gabi Bruns

er Wunsch nach gemeinschaftlich organisiertem Leben ist in Freiburg weit verbreitet. Das ergab jetzt eine Umfrage des städtischen Statistikamts zum Schwerpunkt „Wohnformen“ unter mehr als 2600 Befragten. Fast die Hälfte kann sich demnach vorstellen, zu einem späteren Zeitpunkt in einer Wohngemeinschaft zu leben. Oft spielen dabei die Finanzen eine große Rolle. Aber nicht nur. „Wir treffen uns alle vier Wochen und sprechen über das, was anliegt“, erzählt Christa Mohn, Bewohnerin des „Ponyhofs“ in Bad Krozingen. Seit elf Jahren lebt sie dort mit zehn anderen Menschen. Lange Zeit wohnte sie mit ihrer Familie in Freiburg, nach der Scheidung wollte die damals 59-Jährige schließlich selbst eine Gemeinschaft gründen. Da sie niemanden fand, mach16 | chilli | bauen & wohnen | 09.2021

te sie sich auf die Suche nach bestehenden Projekten. „Es ist irrsinnig viel Arbeit, sich ein Wohnprojekt neu aufzubauen, das sollte man spätestens zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr beginnen, eher früher“, weiß die heute 70-jährige Psychologin.

Gemeinschaft und Rückzug an einem Ort Küche und Bad hat sie in ihrer heutigen Anderthalb-Zimmer-Wohnung für sich alleine. Mit den anderen Ponyhof-Bewohnenden teilt sie sich einen großen Gemeinschaftsraum mit angrenzender Küche, den Garten und einen Waschraum. „Jeder hat sein Eigenes, aber wir treffen uns auch gerne für Geburtstagsfeiern, kochen manch-

mal zusammen oder verbringen unsere Abende im Garten“, berichtet Mohn. Die „Haus-WG“ mit eigenständigen Wohnungen zählt zu den favorisierten Modellen der Freiburger·innen, ebenso wie die Gemeinschaft in Mehrgenerationenhäusern: Zumindest ist das der städtischen Umfrage zu entnehmen. Neben den klassischeren Wohngemeinschaften gibt es auch den vielfachen Wunsch nach Baugemeinschaften oder genossenschaftlich erworbenen und gebauten Häusern oder Wohnungen. Aktuell wohnen 14 Prozent der 2606 Befragten in gemeinschaftlichen Wohn-formen, 46 Prozent können sich das aber zu einem späteren Zeitpunkt vorstellen. Allen voran gebildete Frauen mit einem überdurchschnittlichen Einkommen im Alter zwischen 45 und 60 Jahren. Nur für 35 Prozent der Bürger·innen kommt es gar nicht in Frage, so zu wohnen.


Wohnformen

Dass es häufig ein Modell für den Ruhestand ist, weiß auch Andreas Kern, Mitarbeiter in der Freiburger Statistikstelle und Leiter der Umfrage. „Für die meisten ist es eine Mischung aus Finanzen und Philosophie.“ Familien mit hohem Einkommen und Bildungsstand seien am meisten an Baugemeinschaften interessiert, „weil sie gerne teilen wollen, aber auch, weil der Freiburger Wohnungsmarkt teuer und der Eigentum-Erwerbsmarkt schwierig ist.“ Sarah May, Kulturanthropologin an der Universität Freiburg, geht noch einen Schritt weiter: „Das Arbeiten verändert sich immer weiter in eine eher abstrakte, digital dominierte Form, die von überall aus möglich ist.“ Dadurch rücken Arbeit und Wohnen in größere Nähe und es werden Fragen der Abgrenzung von Beruf und Freizeit sowie der Gestaltung von Stadt- und Wohnraum wichtig. In beiden Bereichen sei vor allem das Soziale wichtig. „Das etabliert

Lebt in einer Wohngemeinschaft: Christa Mohn sich auch durch gemeinschaftliches Wohnen. Nur wenige leben noch in Großfamilien. Die Idee des Zusammenlebens findet sich jetzt in neuen Formen wieder“, weiß May. Darum gehe es

beim gemeinschaftlichen Wohnen „um Beziehung, soziale Nähe, Kollektivität“. Aber in Freiburg sei es natürlich auch eine Frage des verfügbaren und bezahlbaren Wohnraums. „Es ist wichtig, dass die Stadtplanung das beachtet.“ Im Falle des geplanten Stadtteils Dietenbach werden die Ergebnisse der Umfrage bereits in die Planungen miteinbezogen, bestätigt Ingo Breuker, der stellvertretende Projektgruppenleiter: „Für uns waren sie teilweise überraschend und absolut positiv zu werten.“ Die Ergebnisse würden zeigen, dass Wohngemeinschaften mehr als ein Nischen-Thema sind. Besonders, wenn es dann um die Vergabe der Baugrundstücke gehe, werde das Thema noch mal stärker in den Blick genommen. Für Christa Mohn ist das nicht mehr entscheidend. Für sie ist klar: Solange es möglich ist, möchte sie ihren Lebensabend im Ponyhof verbringen.

Liliane Herzberg

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Freie Fahrt für Rathaus-Neubau II Gemeinderat übt beim Verkauf der Karlskaserne Salto rückwärts

Für 87 Millionen Euro: Neben dem schon stehenden Rathaus-Gebäude (r.) soll der zweite Rundling gebaut werden.

Visualisierungen: © ingenhoven

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er Freiburger Gemeinderat hat Ende Juli mit großer Mehrheit den Neubau des zweiten Rathauses im Stühlinger (RIS II) beschlossen. Die Freien Wähler (FW) hatten eine gute Woche vor der Sitzung dazu einen Bürgerentscheid gefordert. Der Antrag wurde abgeschmettert. Die Großinvestition von mindestens 87 Millionen Euro will das Rathaus durch wegfallende Mieten in anderen Gebäuden, geringere Energieund Sanierungskosten gegenfinanzieren. Und durch den Verkauf der Karlskaserne. Eigentlich. „Wie kann es sein, dass die Verwaltung sich einen solchen Bau leistet, wenn so viele notwendige und zum Teil bereits beschlossene Projekte, wie beispielsweise das Eisstadion, der Spielplatz im Colom18 | chilli | bauen & wohnen | 09.2021

bipark oder Schulsanierungen, nicht in Angriff genommen werden, weil dafür aktuell die Mittel fehlen“, hatte der FreieWähler-Fraktionsvorsitzende Johannes Gröger kritisiert. Der Bau eines zweiten Rathauses müsse durch die Bürgerschaft mitgetragen werden, sagte Stadträtin Gerlinde Schrempp: „Anders wäre es nur schwer vermittelbar.“

Ein schwer vermittelbarer Vorstoß Der Vorstoß war zunächst den anderen Fraktionen nur schwer vermittelbar. Und der Rathausspitze ohnehin. Die FW würden suggerieren, dass bei einem späteren Bau des RIS II das dafür geplante Geld anderweitig investiert

werden könne (Grüne), was falsch sei. Unterm Strich lohne sich der Bau (CDU, SPD/Kult, JUPI), allerdings erinnerte die CDU-Fraktionsvorsitzende Carolin Jenkner auch daran, dass als Teil der Finanzierung die Karlskaserne am Siegesdenkmal für geschätzt zehn Millionen Euro verkauft werden müsse. So steht es auch in der Fortschreibung des Finanzplans für den Eigenbetrieb Neubau Verwaltungszentrum aus 2017. Doch auch hier steht das Gremium offenbar vor einem Salto rückwärts: ESfA, Grüne, SPD/Kulturliste, JUPI und Freiburg Lebenswert (zusammen mit 33 von 48 Sitzen in einer deutlichen Mehrheit) haben das Rathaus stattdessen aufgefordert, zu prüfen, inwieweit die beschlossene Teilfinanzierung durch Vermietung und Verpachtung ausgeglichen werden könne. Die Karlskaserne sei ein


Kommunen

für die Freiburger Innenstadt „prä800.000 Euro. Etwaige Erlöse aus gendes Gebäude von historischem der Karlskaserne nicht eingerechnet. Wert“. Ziel müsse sein, es zu behalAuch für den ersten Rathausten und eine Nutzung sicherzustelNeubau im Stühlinger stand der len, die zur Steigerung der Frequenz Verkauf dreier städtischer Liegenund Attraktivität der Innenstadt schaften in der Finanzplanung. beitrage. Verkauft wurde nur das alte OrdSollte die Kaserne, in der heute nungsamt an der Basler Straße. Das das Amt für Kinder, Jugend und Forstamt und der Schlossbergring 1 Familie untergebracht ist, nicht bis heute nicht. verkauft werden, würde sich die 87 Millionen Euro, statt ursprüngstädtische Miete im RIS II um lich 71,8, sind ein sehr stolzer Preis etwa 400.000 Euro auf 3,5 Milliofür weniger als 20.000 Quadratmenen Euro erhöhen. Das muss aus ter Nutzfläche – und darunter sind der Kasse von Finanzbürgermeisnoch 3500 vergleichsweise günstige ter Stefan Breiter an den Eigenbe- Amorphes aus der Luft: Das RIS II (oben) im Untergeschoss. 81 Millionen Euro trieb als Bauherren gezahlt werden. bietet Platz für 650 Beschäftigte. kostet der reine Bau, 1,7 Millionen die Die Gegenrechnung laut DrucksaSolaranlagen, fast 600.000 Euro che G-21/156: 1,8 Millionen Euro kosten die Mieten in Grauwassernutzung und Notstromoptimierung, 450.000 den bestehenden Standorten, 250.000 die Miete für das Euro ein größeres Lager. Für „Unvorhergesehenes“ sind Gebäudeensemble an der Schlossbergnase (mit Vollzugs- 3,26 Millionen taxiert. Und in all dem ist die Einrichtung dienst), 68.000 Euro für zusätzliche Lagerflächen, 300.000 von 650 Arbeitsplätzen noch nicht drin. 4500 Euro pro QuaEuro Personalkosteneinsparung „durch Synergien“, dratmeter neue Gewerbefläche haben – auch in Freiburg 274.000 Euro durch geringere Energiekosten. Mache un- – Spitzenreiterqualität. term Strich 2,692 Millionen. Fehlen strukturell demnach Lars Bargmann Anzeige

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Kurz gemeldet

Visualisierung: © mbpk Architekten und Stadtplaner GmbH

950 neue Wohnungen Der Freiburger Gemeinderat hat die Offenlage für die Bebauungspläne in den Neubaugebieten Hinter den Gärten in Tiengen und Zinklern in Lehen beschlossen – dort nach jahrzehntelangen Planungen. 950 Wohnungen können gebaut werden. In Lehen 515, darunter mindestens 100 öffentlich geförderte Mietwohnungen, sowie 35 Doppelhaushälften und Reihenhäuser. Die Einwohnerzahl wird von heute 2500 auf knapp 4000 steigen. In Tiengen sind es 360 Wohnungen. Der Satzungsbeschloss soll im kommenden Jahr folgen.

Wohnungsbauunternehmen

Ein kostenloses Grundstück FSB baut rund 75 geförderte Wohnungen am Güterbahnhof

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ie Freiburger Stadtbau (FSB) wird bis zu 75 geförderte Mietwohnungen am Güterbahnhof bauen. Den Wettbewerb dafür hat das Freiburger Architekturbüro Melder Binkert Prettner Kerner (mbpk) gewonnen. Da Stadtbau-Geschäftsführer Ralf Klausmann den Bau von Sozialwohnungen immer als „defizitär“ bezeichnet hatte, stellt sich die Frage, ob die FSB mit dem Bauvorhaben ein tiefes Loch in ihre Kasse reißt.

Fraktionen machen Druck beim Eis-Stadion Die Gemeinderatsfraktionen von SPD/Kulturliste, ESfA, CDU, JUPI, FDB/BFF, Freie Wähler und Freiburg Lebenswert zwingen die Verwaltung, im ersten Quartal 2022 einen Grundsatzbeschluss für den Bau eines neuen Eis-Stadions vorzulegen. Dabei sei zu berücksichtigen, unter welchen Voraussetzungen ein solches in Freiburg realisiert werden kann, wozu insbesondere auch unterschiedliche Finanzierungsvarianten und Größenoptionen gehören. Zudem soll der Beschluss einen Zeitplan mit den wesentlichen Projektschritten umfassen. Die Rathausspitze hatte im Doppelhaushalt 2021/22 das Projekt erneut auf Eis gelegt.

Durchaus wuchtig: der Siegerentwurf

Haag erneut zum Vorsitzenden gewählt Freiburgs Baubürgermeister Martin Haag ist erneut zum Vorsitzenden des Bauausschusses des baden-württembergischen Städtetags gewählt worden. Aktuelle Themen im Gremium sind unter anderem die Wohnraumversorgung, die Baulandmobilisierung und die Prozesse der Bauleitplanung. Der Städtetag vertritt die Interessen und Belange seiner Mitgliedstädte gegenüber dem Land Baden-Württemberg, dem Bund und der Europäischen Union.

Das knapp 4100 Quadratmeter große Grundstück liegt entlang der IngeborgKrummer-Schroth-Straße, grenzt an das Nahwärmekraftwerk auf der einen und ans Kirschner-Wohnbau-Projekt IKS 4 auf der anderen Seite. „Es ist beabsichtigt, das Grundstück im Rahmen des städtebaulichen Vertrags zwischen der Aurelis und der Stadt Freiburg an die Freiburger Stadtbau zu übertragen“, teilt die FSB auf Nachfrage mit. Übertragen meint: Die FSB bekommt das Grundstück für den Bau von Sozialwohnungen und einer Kita kostenlos. Nur so reißt das Vorhaben kein Loch in die Kasse.

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Das Konzept sieht einen teils siebengeschossigen Baukörper an der Ingeborg-Krummer-Schroth-Straße vor, der gemeinsam mit zwei rückwärtigen, fünfgeschossigen Hofhäusern „eine städtebauliche Verbundenheit bildet“, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Zudem gibt es eine, vermutlich von der Stadtverwaltung selbst betriebene, viergruppige Kita über zwei Ebenen des straßenseitigen Langhauses. Die zwischen den Gebäuden liegenden Freiflächen werden sodann als „grünes Zimmer“ charakterisiert und auch von begrünten Fassaden umrahmt. In der vermutlich grauen Tiefgarage können dann Autos und Fahrräder abgestellt werden. „Mit diesem Projekt schaffen wir weiteren, dringend benötigten, bezahlbaren Wohnraum“, sagen die Geschäftsführer Magdalena Szablewska und Klausmann. Die gesamte Wohnfläche wird 4600 Quadratmeter fassen. Die Mieten werden 40 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, so Stadtbau-Sprecherin Marion Uerlings. Wie hoch diese sein wird, „können wir erst mit der Vermietung auf Basis der zugrunde liegenden Förderbedingungen und des dann aktuell gültigen Mietspiegels ermitteln“. Der Entwurf von mbpk habe die Fachjury vor allem durch die schlüssig ausgearbeiteten Erschließungsstrukturen und Grundrissgestaltungen der einzelnen Wohngebäude überzeugt. „Daraus ergeben sich attraktive Wohnqualitäten für die künftigen Bewohner und Bewohnerinnen“, sagt der Stadtplanungsamtschef und Juryvorsitzende Roland Jerusalem. Mit dem Bau wird die Stadtbau voraussichtlich erste Ende 2023 beginnen.

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Projektentwickler

Strabag setzt letzten Grundstein Post-Areal in Freiburg auf der Zielgeraden – 45.000 Quadratmeter entwickelt

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Visualisierung: © Stipan Vukovic für STRABAG Real Estate

ie Strabag Real Estate (SRE) hat in Freiburg den letzten Grundstein auf dem alten Post-Areal an der Bahnhofsachse gelegt. Für die Strabag ist es der erste Stein im Gebäude Milestone 4, für die Mieterin, die JobRad GmbH, der Auftakt zum Campus-Süd. Das zweite JobRad-Gebäude umfasst gut 8000 Quadratmeter und steht mit der offenen Seite eines U zum Nachbargebäude, das das Freiburger Vorzeigeunternehmen JobRad erst im Frühjahr auf ebenfalls 7500 Quadratmetern bezogen hat. Spätestens im Winter 2022/23 wird auch der Campus-Süd – erneut erstellt durch die Ed. Züblin – schlüsselfertig übergeben. Dann stehen sich zwei spiegelgleiche Bürohäuser gegenüber, die Raum für gut 750 Arbeitsplätze und einen großen Innenhof bieten. Passend zu den ökologischen Ansprüchen der Exklusivmieterin erfüllt der JobRadCampus auch die Standards der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) in Gold. JobRad ist in nur drei Jahren von 160 auf heute über 550 Mitarbeiter gewachsen und hat einen Mietvertrag für zehn Jahre plus Verlängerungsoption abgeschlossen. „Das ist eine Freiburger

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Erfolgsgeschichte. Sie so unmittelbar mitzuerleben und durch ein ideales Standort- und Raumangebot zu unterstützen, ehrt uns sehr“, sagte der Freiburger Strabag-Bereichsleiter Martin Lauble im Beisein von Oberbürgermeister Martin Horn und FWTM-Geschäftsführerin Hanna Böhme. „Der JobRad-Campus ist ein Bekenntnis zu Freiburg, zu unseren Wurzeln und unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir sind überzeugt, dass der Campus ideale Arbeitsbedingungen schafft und damit beste Voraussetzungen, noch mehr Menschen aufs DienstRad zu bringen“, so JobRad-Gründerin Sandra Prediger. Die Strabag hat den Milestone 4 an die in Hamburg sitzende Warburg-HIH Invest Real Estate verkauft, die in einer Pressemitteilung eine Rendite von 4,2 Prozent für ihre institutionellen Investoren nennt. Über den Kaufpreis ist Stillschweigen vereinbart worden. Er dürfte bei über 30 Millionen Euro liegen. Mit dem Bau des Milestone 4 – und dem Verkauf – ist der Job für Lauble auf dem Areal weitgehend erledigt. Hinter dem Campus-Süd entsteht entlang der Bahnstrecke derzeit noch der

Milestone 5 c, in den als Hauptmieter der Landesbetrieb Bundesbau BadenWürttemberg (BBBW) mit 90 Beschäftigten auf 3500 Quadratmetern – mithin der Hälfte der Gebäudefläche – einziehen wird. Insgesamt hat die SRE auf dem Areal nach eigenen Angaben 240 Millionen Euro investiert und etwa 45.000 Quadratmeter Mietfläche gebaut. Knapp 3000 sind noch zu haben. Den städtebaulichen Entwurf für das Gesamtprojekt Businessmile verantworten „böwer eith murken vogelsang architekten“ aus Freiburg. Das nächste große Projekt von Lauble und seinem Team ist vier Kilometer weiter westlich und hört auf den wohlklingenden Namen Haid Park. An der Ecke Munzinger Straße und BesanÇonallee hat die SRE das zwei Fußballfelder große Areal des ehemaligen Händlers Südwest-Auto gekauft (wir berichteten exklusiv). Hier bereitet Lauble derzeit einen Architektenwettbewerb vor, der im Herbst starten soll. Aktuell bespielt das Wallgraben-Theater die großzügigen Räumlichkeiten. Hier wird der erste Grundstein frühestens 2023 gesetzt. Weitere werden folgen.

Lars Bargmann

So ähnlich wird das südliche Gebäude auf dem JobRadCampus aussehen.


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Generalunternehmer

Bereits im Bau: IKS 4 auf dem Güterbahnhof

Wohnungsbau im Fokus Dürrschnabel Industriebau erstellt 180 Einheiten

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Visualisierung: © Kirschner Wohnbau

ur DNA eines anständigen Generalunternehmers gehört, dass er seiner Kundschaft nicht nur fest zusagt, wann das Bauvorhaben schlüsselfertig ist, sondern auch, was es kostet. Egal, ob im Industrie-, im Gewerbe- oder auch im Wohnungsbau. Das war für Stefan Schäfer, Geschäftsführer der Dürrschnabel Industriebau, jahrzehntelang auch kein großes Problem. Heute aber muss Schäfer erst einmal Luft holen, bevor er über die so gut wie unberechenbare Lage auf dem Markt spricht. Unlängst sei bei einem Bauvorhaben allein die Fassade wegen der Materialpreiseskapaden in nur drei Wochen 50.000 Euro teurer geworden, erzählt der Diplom-Ingenieur. Holzpreise, Stahlpreise, Kosten für Kunststoffe und Dämmungen, manche Auftragnehmer oder Lieferanten halten sich an ihre Angebote genau einen Tag gebunden. Weil auch sie ein Glied in der Kette der Knappheit sind. „Unsere Auftraggeber wollen natürlich weiterhin Festpreise, schließlich müssen die auch ihre Finanzierungen erstellen, aber für uns ist es aktuell ein sehr großer Aufwand, die Preisentwicklungen vorauszusehen, auch wenn wir bei vielen Gewerken einen sehr tiefen Einblick haben“, sagt Schäfer. 24 | chilli | bauen & wohnen | 09.2021

Auch andere Generalunternehmer oder Baufirmen fahren derzeit mit höheren Risikozuschlägen. Erzählen das aber nur hinter vorgehaltener Hand. Schäfer duckt sich nicht weg. „Jeder weiß doch, was gerade am Markt los ist.“ Zu den Rohstoffpreisen gesellen sich fortwährend komplexere Anforderungen an Neubauvorhaben. Heutzutage sei ja allein schon die Entwässerung eines Grundstücks ein eigenes Projekt. In der Branche geht schon der Begriff „Entwässerungsführerschein“ um. Dabei steigen auch durch diese Auflagen – etwa kostspielige Filterschächte mit kostspieligen Wartungsanforderungen – die Bau- und Unterhaltungskosten weiter. Am Ende deswegen, weil die Kommunen das Regenwasser auf privaten Flächen nicht mehr in ihre Kanäle aufnehmen. Aufgenommen hat Schäfers CoGeschäftsführer Markus Keune derweil den Bau des Gebäudes IKS 4 auf dem Güterbahnhof. Der Baggerfahrer hebt die zweigeschossige Baugrube GPS-gesteuert zentimetergenau aus. Demnächst wird auch die Grube für das Nachbargebäude IKS 2 ausgehoben. Knapp 120 Wohnungen baut die Dürrschnabel an der Ingeborg-Krummer-Schroth-Straße. Ein Gebäude als Generalunternehmer für die Kirschner Wohnbau GmbH, das zweite als Projektgesellschaft der Dürrschnabel

Bauträger GmbH und der Kirschner Wohnbau gemeinsam. Parallel stemmen die Emmendinger das gemischt genutzte Gebäude mit Werkstatt und Wohnungen für den Reha-Verein am nördlichen Ende auf dem Güterbahnhof, es soll im kommenden Sommer schlüsselfertig übergeben werden. Zudem managt Keune auf dem Areal den rund 3000 Quadratmeter großen Ausbau für einen EdekaMarkt im Komplex Quadriga, der im kommenden Frühjahr eröffnen soll, und bereitet den Rohbau für eine 3500 Quadratmeter große Bürofläche in der Nordhalle der Lokhalle vor. Nicht zu vergessen sind zwei knifflige Wohnhäuser „mit allen Ecken und Kanten“ auf dem Lorettoberg. Schäfer steht seinerseits vor dem Baustart am Schnaitweg in Littenweiler. Dort erstellt die Dürrschnabel erneut für die Kirschner Wohnbau 43 Wohnungen mit rund 3400 Quadratmetern Wohnfläche. Die Bauzeit wird knapp zwei Jahre in Anspruch nehmen. Und auch in St. Georgen steht das Unternehmen vor dem Baustart von drei Häusern mit jeweils fünf Wohnungen für einen Freiburger Projektentwickler. Bei Schäfer und Keune spielt derzeit der Wohnungsbau die tragende Rolle im Industriebauunternehmen.

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Makler

Kamenisch hält wenig von viel Regulatorik S-Immo legt Wohnmarktbericht 2021 vor

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ie Immobiliengesellschaft der Sparkasse Freiburg (S-Immo) hat erstmals einen Wohnmarkbericht vorgelegt. Die Corona-Krise hat darin kaum Spuren hinterlassen. S-ImmoGeschäftsführer Oliver Kamenisch übte vor Journalisten bei Vorlage der Ergebnisse auch Kritik an gesetzgeberischer Regulatorik. Die Datenbasis für den Bericht waren öffentliche Immobilien-Angebote von April 2019 bis April 2021. Demnach kosten Einfamilienhäuser im Freiburger Osten aktuell zwischen 1,0 und 1,6 Millionen Euro, Wohnungen zwischen 4950 und 6600 Euro pro Quadratmeter. Die Mieten liegen zwischen 13,10 und 20 Euro. Die Wohnungspreise sind binnen Jahresfrist um 4,6, die Mieten um 3,3 Prozent gestiegen. In Emmendingen kosten Einfamilienhäuser – in einfachen Lagen – rund um 350.000 Euro, in Top-Lagen aber auch mal 1,3 Millionen. Für Wohnungen werden je nach Lage 2000 bis 4400 Euro fällig. Die Mieten liegen zwischen 7 und 14 Euro. Die Preissteigerungen für Häuser, Eigentums- und Mietwohnungen lagen im Schnitt bei rund 4,7 Prozent. Von einem CoronaEffekt merke man bislang nichts.

Foto: © bar

Festes Klammern an Sachwerte Dass die Preise immer noch steigen, liege, so Kamenisch, am knappen Angebot, am Baulandmangel, aber auch an fehlenden Anlagealternativen. Da die Deutschen zudem Aktienmuffel seien, 26 | chilli | bauen & wohnen | 09.2021

würden sie auch jetzt, wo sich die Preise „auf Höchststand“ befänden, ihre Immobilien nicht verkaufen, sondern weiter festen Sachwerten vertrauen. Oder aber sie finden zum Bestand keine passende Alternative auf dem Markt. Zusätzlich würden vor allem in Freiburg, getrieben durch die hohen Mieten, viele solvente Nutzer ins Eigentum drängen. Auch wegen der historisch niedrigen Zinsen. Der Fachkräftemangel in der Baubranche, höhere behördliche Anforderungen, „extrem gestiegene“ Rohstoffpreise während der Corona-Krise heizten die Preise weiter an und erschwerten eine verlässliche Kalkulation für Bauherren und Bauträger. Diese müssten wohl oder übel beim Kalkulieren nun höhere Risikopuffer einbauen und es könne gut sein, dass die teuren Baupreise sich bald auch auf die Bereitschaft auswirkt, sehr hohe Grundstückspreise zu bezahlen. Durch die starke Preiserhöhung der letzten Jahre, auch bei den Mieten, fände ein Verdrängungswettbewerb statt. Einkommens- oder kapitalstarke Käufer können sich die Preise in Freiburg noch leisten, untere Einkommensschichten oder Familien mit nur einem Einkommen würden zunehmend gezwungen, sich in Umlandgemeinden nach „günstigem“ Wohnraum umzuschauen. Es sei aber ein Irrglaube, dass man im Umland viel bessere Chancen habe, eine passende Immobilie zu finden. Denn auch dort sei das Angebot mittlerweile äußerst knapp: „Der Verdrängungswettbewerb geht von Freiburg in die Umlandgemeinden in der Rhein­ ebene und von dort dann in Richtung Schwarzwald“, so Kamenisch. Mit dem

Oliver Kamenisch: „Was soll der Quatsch?“ geplanten Stadtteil Dietenbach sei zwar Baulandfläche in Aussicht, aber erst in vier, fünf Jahren auch beziehbar. Für den Geschäftsführer sind immer neue Knebelwerkzeuge der öffentlichen Hand, immer mehr regulatorische Einflussnahme auch beim Mietwohnungsbau eher kontraproduktiv: Sei es der Mietendeckel in Berlin – den das Bundesverfassungsgericht gestoppt hat – oder auch die Inhalte des am 23. Juni in Kraft getretenen „Gesetz zur Mobilisierung von Bauland“. Darin ist etwa geregelt, dass Eigentümer ihre Miethäuser nicht mehr ohne gesonderte Genehmigung in Eigentumswohnungen umwandeln dürfen. „Wir haben vor einigen Jahren selber in Weil am Rhein ein Mehrfamilienmietshaus in Eigentum gewandelt und damit 19 Mieter zu Eigentümern gemacht. Was soll der Quatsch, so etwas verbieten zu wollen?“ An eine Preisblase am Immobilienmarkt glaubt Kamenisch nicht: „Käufer sollten aber dennoch derzeit vorsichtig sein, ob die Wohnungen wirklich das wert sind, für was sie angeboten werden.“ bar Die 96-seitige Broschüre ist über www.s-immobilien-freiburg.de/ wohnmarktbericht kostenlos abrufbar.


Kurz gemeldet

PH plant Neubau Die Pädagogische Hochschule Freiburg plant auf einer freien Wiese am Kunzenweg einen Neubau für etwa 23 Millionen Euro. Der soll den bestehenden Platzmangel beheben und zudem als Ausweichfläche dienen, weil die mit PCB schadstoffbelasteten Kollegiengebäude 3 und 4 saniert werden müssen. Der viergeschossige Neubau soll bis Ende 2024 in Holzbauweise errichtet werden und 4600 Quadratmeter Nutzfläche umfassen. Neues Förderprogramm „GebäudeGrün hoch3“ Das Freiburger Rathaus hat 150.000 Euro aus dem Haushalt für mehr Grün in der Stadt bereitgestellt. Mit dem Programm „GebäudeGrün hoch³ – Grüne Dächer | Fassaden | Höfe für Freiburg“ unterstützt das Rathaus Gebäudeeigentümer, Mieter, Vereine, Unternehmen und städtische Gesellschaften, den urbanen Raum grüner zu machen, vor allem auf Dächern und an Fassaden sowie bei Entsiegelung. „Damit gehen wir einen wichtigen Schritt, um

Freiburg an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen. Und wir machen das künftig als Stadtverwaltung nicht mehr allein, sondern binden nun die Menschen aktiv für mehr Grün in der Stadt ein“, so Umweltbürgermeisterin Christine Buchheit. Maximal können 50 Prozent der förderfähigen Kosten oder 5000 Euro pro Jahr und Liegenschaft gefördert werden. Anträge können ab Herbst gestellt werden. Mehr Info: 0761/2016198 Rathaus fördert Vermieter Die Stadtverwaltung Freiburg sucht Wohnungen für geflüchtete und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen. Wer seine Wohnung vermietet, leiste einen wichtigen Beitrag zur Integration und gibt Menschen in Not eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben. Gleichzeitig profitieren bei dem Programm auch die Vermieter:SieerhalteneineMietausfallgarantie von bis zu zehn Jahren und können bis zu 5000 Euro Zuschüsse zur Renovierung bekommen. Mehr Info: freiburg.de/vermieten Anzeigen

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Projektentwickler

Unmüßigs Sorgen um die Effizienz Unternehmensgruppe wuppt aktuell 1,6 Milliarden Projektvolumen

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Visualisierung: © WWA Architekten

ie Firmengruppe um den Freiburger Projektentwickler Peter Unmüßig hat derzeit 36 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 1,6 Milliarden Euro auf dem Tisch. Ein mächtiges Paket. Doch der Firmenchef wäre im 75. Jahr des Bestehens noch schlagkräftiger, wenn die Auswirkungen der Corona-Krise nicht vielfach ihre Spuren hinterlassen würden. Die tatsächlichen Auswirkungen der Krise könne man heute noch gar nicht absehen, sagt Unmüßig. Es gebe „lange Bremsspuren“, es gab und gibt „enorme Ineffizienzen“, alle Termine in den kommunalen Behörden sind ein Jahr lang nicht möglich gewesen. „Da läuft dann so gut wie nichts mehr. Normalerweise dauern unsere Projekte fünf Jahre, jetzt sind es bei einigen sieben.“ Effizienz ist ein Leitthema im Denken von Unmüßig. Private Unternehmen hätten andere Ansprüche an die Effizienz als öffentliche Behörden. „In der Pandemie ist der Staat weit nach vorne geprescht. Das muss nun wieder zurückgehen.“ Als Anhänger einer ordoliberalen Politik fordert Unmüßig so viel Privatwirtschaft wie möglich und so wenig Staat wie nötig: „Die Privaten sind effizienter, es ist ökonomisch sinnvoller, sie machen zu lassen.“

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Machen würde er gerne. Etwa ein EisStadion in Freiburg bauen (wir berichteten). „Wir könnten ein Eishockeystadion privat finanzieren, ohne dass der kommunale Haushalt belastet würde. Wenn wir eine großflächige Einzelhandelsnutzung mit 8000 Quadratmetern und anderen Drittnutzungen genehmigt bekommen.“ Dagegen aber steht das städtische Märkte- und Zentrenkonzept. So etwas wie die Heilige Kuh von Verwaltung und Gemeinderat. „Es müssten ideologische Hemmnisse und Verkrampftheiten im politischen Umfeld überwunden werden. Diese Hürde wird der Gemeinderat wohl nicht überspringen“, bedauert Unmüßig. Wenn aber eine neue Eishalle nicht über den Haushalt finanziert werden kann, brauche man eben einen Investor. Und der brauche Finanzierungsmöglichkeiten. Der 70-Jährige ist fest davon überzeugt, dass die Privatwirtschaft künftig mehr und mehr dazu kommen wird, auch öffentliche Gebäude wie Theater, Museen oder eben auch Stadien zu bauen. „Man muss dafür nur intelligente Mischnutzungen finden.“ Wenn es in dem gleichen Gebäude auch noch kommerzielle Nutzungen gibt, funktioniere das – wie sein Beispiel EisStadion zeige. Die gängige Formel „der Kommerz ist böse und die Kultur ist gut“ sei allenfalls albern.

Um eine gemischt genutzte Immobilie geht es aktuell auch in St. Georgen auf dem Gelände des ehemaligen ObiMarktes. Unmüßig wollte dort – getreu dem Bebauungsplan – bis zu „20.000 Quadratmeter“ gewerbliche Nutzungen bringen. Doch das Baudezernat plädierte im Prozess für Wohnungen. Mit der Folge, dass das umgeplante Projekt, das auf einer Geschossfläche von rund 13.000 Quadratmetern nun neben einem Fitness-Studio, einer Apotheke, einem „Tante-Emma-Laden“, einer Bäckerei, einem Café und betreutem Wohnen auch 250 kleine Wohnungen fasst, nun schon zwei Mal im Gestaltungsbeirat war – und das Gremium nun noch eine dritte Vorstellung mit erneuter Planänderung wünscht. Es fällt Unmüßig schwer, hier nicht wieder die Vokabel „Ineffizienz“ in den Mund zu nehmen. Es wird also noch eine Weile dauern, bis sich der Private und die Öffentliche Hand auf eine Bebauung – und die wirtschaftlichen Eckdaten – einigen. 80 Prozent der Unternehmensleistung der Gruppe spielt mittlerweile auf auswärtigen Schauplätzen. Das aktuell größte Spielfeld liegt in Stuttgart. Dort bauen die Freiburger bis 2024 für 360 Millionen Euro das Degerloch Office Center – und werden es schon bald an einen institutionellen Anleger veräußern.

Lars Bargmann


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Einrichten

15 Aussteller im HausBauPark

Streit stattet Stadion aus

Foto: © Christoph Duepfer

Ein emotionales Projekt

Foto: © HausBau-Park

Inspiration Musterhäuser

Gefällt oder gefällt nicht: In Villingen-Schwenningen können sich Interessierte individuelle Lösungen erarbeiten lassen.

Das Projektteam: Carlo Welle, Daniela Danzeisen und Clemens Imberi (v.l.n.r.).

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nergieeffizient und ein gesundes Wohnklima: Häuser aus Holz sind beliebt. Wie man diese ganz individuell planen und gestalten kann, das zeigt der HausBauPark Villingen-Schwenningen. 15 Aussteller präsentieren unterschiedliche Architektur­stile, das Design soll lange Freude bereiten und ins Budget passen. Bauen für die Familie, da gibt es viele Wünsche zu berücksichtigen: Geräumig soll das Haus sein, mit viel Platz zum Spielen für die Kinder, zum Feiern, zum Leben und zum Arbeiten, und eine Einliegerwohnung wäre auch ganz praktisch. Bauherren und Familien können ausprobieren, wie sich eine offene Frühstücksbar anfühlt, wie komfortabel das Schlafzimmer mit begehbarem Kleiderschrank ist oder wie eine ebenerdige Dusche wirkt. Wie läuft es sich auf edlem Parkett, auf schicken Fliesen oder auf weichem Teppichboden? Kaufinteressenten können die eigenen Ideen frühzeitig einbringen, um persönliche Akzente für die eigenen vier Wände zu setzen. Das künftige Eigenheim kann individuell oder nach dem Baukastenprinzip geplant werden. Die Vorteile des Hausbaus mit den Anbietern im HausBauPark: Alles kommt aus einer Hand, der Bauherr kann mit fair kalkulierten Festpreisen rechnen. Auch wegen der wetterunabhängigen Vormontage im Werk bleibt man vor finanziellen Überraschungen geschützt. Die Fachleute beraten außerdem über Finanzierungskonzepte und mögliche Eigenleistungen. Und wer noch keinen Bauplatz hat – viele Aussteller bieten einen eigenen Grundstücksservice an. chilli Öffnungszeiten Der HausBau-Park ist mittwochs bis sonntags zwischen 11 und 17 Uhr geöffnet. www.hausbaupark.de 30 | chilli | bauen & wohnen | 09.2021

er Büroeinrichter Streit Service & Solutions hat die neue Geschäftsstelle im neuen Stadion des SC Freiburg fertiggestellt. Im Mai 2019 waren die ersten Eckpunkte für die Flächen festgelegt worden. Zusammen mit der Partner AG und dem SC entwickelte Streit sodann das Konzept. Und das kann sich sehen lassen. Die Geschäftsstelle ist auf drei Stockwerken in der Haupttribüne untergebracht. Wichtig war dem SC, einen zentralen Bereich für alle Mitarbeitenden zu schaffen, der zudem einen guten Blick ins Stadion hat. Für Streit ist die Zusammenarbeit mit dem SC Freiburg auch ein „sehr emotionales Projekt“, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Viele Mitarbeitende sind bekennende SC-Fans und mit dem Möblierungsprozess sei die Zahl nochmals nach oben geklettert. „Alle unsere Kolleginnen und Kollegen identifizieren sich sehr stark mit diesem Einrichtungsprojekt“, so Streit-Projektleiter Carlo Welle, „deshalb waren alle sehr motiviert, mit anzupacken.“ Der SC ist von der Umsetzung des Projektes durch Streit überzeugt. „Verlässlichkeit und hohe Kompetenz waren für uns angesichts eines solch komplexen Projektes sehr wichtig“, so SC-Projektmanagerin Daniela Danzeisen. Streit habe „immer mitgezogen“, die „offene und ehrliche Zusammenarbeit und das Commitment waren enorm wichtig bei einem komplexen Projekt dieser Größenordnung.“ „Das Projekt Geschäftsstelle SC Freiburg hat die ganze Belegschaft bei Streit inhouse elektrisiert“, so Clemens Imberi, Leiter der Business Unit Streit inhouse. Den SC auf dem Weg in die neue Arbeitswelt kompetent begleiten zu dürfen, habe das Team „bis in die Haarspitzen motiviert und uns mit Stolz und Freude erfüllt“. chilli


Kurz gemeldet

Emmendinger Bauunternehmer unterschlägt 260.000 Euro Das Amtsgericht Emmendingen hat gegen einen Bauunternehmer aus der Stadt wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in einem besonders schweren Fall eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verhängt. Den Stein ins Rollen gebracht hatte eine Routinekontrolle der Einsatzkräfte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Hauptzollamts Lörrach (HZA) im Herbst 2018 auf einer Baustelle in Freiburg. Die Prüfung der Geschäftsunterlagen im Unternehmen und vom Gericht angeordnete Durchsuchungsmaßnahmen lieferten schließlich stichhaltige Beweise: Zwischen 2016 und 2018 hatte der „unehrliche Geschäftsmann“, wie es in einer Pressemitteilung

des HZA heißt, mehrere für ihn tätige Arbeitnehmer bewusst nicht bei der Sozialversicherung angemeldet, um die Pflichtbeiträge zu sparen. Die Arbeiter wurden schwarz in bar bezahlt. Durch gefälschte Rechnungen von mit der Ausführung von Arbeiten angeblich beauftragten Subunternehmen, hatte er die Schwarzlohnzahlungen an seine Beschäftigten vertuscht. Die Rechnungen hatte er per Banküberweisung an den angeblichen Subunternehmer bezahlt, die Beträge jedoch von diesem abzüglich einer Provision sofort wieder in bar zurückerhalten, um sie an seine Arbeiter weitergeben zu können. Die Straftat gab er vor Gericht zu. Den Sozialkassen ist ein Schaden in Höhe von 266.000 Euro entstanden. Diesen Betrag muss der Unternehmer nachbezahlen. bar Anzeige

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Kommunen

Seit Jahren ungenutzt: der Westflügel des Lycée Turenne (im rechten Bild das Gebäude mit Eck-Turm)

Rathaus plant Rochade Neues Leben im alten Lycée Turenne

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Fotos: © Patrick Seeger

ier Fliegen mit einer Klappe schlagen – das ist der Plan der Freiburger Stadtverwaltung für die Schullandschaft im Freiburger Osten. Bei einer Rochade könnte dem seit 1992 ungenutzten Westflügel des Lycée Turenne durch den Einzug des DeutschFranzösischen Gymnasiums (DFG) neues Leben eingehaucht werden. Dadurch würden im DFG Räume für zwei weitere Schulen frei – und der geplante Erweiterungsbau des Berthold-Gymnasiums (BG) hinfällig. Laut Stadtspitze wäre das gut fürs Klima und den kommunalen Geldbeutel. Es sind aber nur erste Gedankenspiele: Würde das DFG in den Westflügel des zwischen 1905 und 1907 errichteten Lycée Turenne umziehen, könnte die Außenstelle des Walter-Eucken-Gymnasiums (WEG) in die dann frei gewordenen Räume des DFG übersiedeln. Zusätzlich wären Räume für die Erweiterung des BG im Pavillon des DFG frei. Auch die Richard-Mittermaier-Schule würde profitieren und bekäme drei zusätzliche Klassenzimmer im Lycée Turenne. Die alte Turnhalle könnte zu einer Cafeteria werden, eine neue ist am Standort Emil-Thoma-Schulen vorgesehen, wie Eva Amann, Pressesprecherin der Stadt Freiburg, mitteilt. Bisher ist das aber keine Entscheidung, sondern lediglich ein Szenario der Stadtverwaltung. „Wir haben die Flächen aufgenommen und wissen um die Herausforderungen“, sagt Baubürgermeister Martin Haag. Vor allem da das DFG und WEG voll im Betrieb sind, wäre die Rochade keine Kleinigkeit. „Wir stehen noch ganz am Anfang der Gespräche, aber die ersten Signale waren positiv“, betont Schulbürgermeisterin Christine Buchheit. Nun müssten die Gespräche mit den Schulen, dem Amt für Schule und Bildung sowie dem städtischen Gebäudemanagement aufgenommen werden.

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Zwar würde der Erweiterungsbau des BG gespart, aber der Westflügel des Lycée Turenne müsste saniert werden, „das wäre eine Herausforderung. Tendenziell ist ein Neubau einfacher. Aber wir haben schon Erfahrung mit dem Lycée Turenne, deshalb sind wir guter Dinge“, sagt Haag. Die geschätzten Kosten für den Erweiterungsbau des BG liegen laut Amann bei 22 Millionen Euro. „Diese Mittel können für die Schulrochade und Sanierung des Lycée Turenne eingesetzt werden.“ Dafür jetzt ein festes Budget zu nennen, wäre aber grob fahrlässig, betont Haag. Die Rochade würde sowohl Kosten reduzieren als auch die Umwelt entlasten: „Wir können graue Energie sparen, wenn wir die Sportwiese erhalten können, statt die Erweiterung des BG dort zu bauen“, sagt Buchheit. Das bestehende Lycée Turenne werde außerdem derzeit geheizt, um den Ist-Zustand zu erhalten, deshalb könne es energetisch nur besser werden, schließt sich Oberbürgermeister Martin Horn an. Nur für den Erhalt des unsanierten Westflügels muss das Rathaus jedes Jahr 24.000 Euro ausgeben. Dass die Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Lycée Turenne enorme Herausforderungen berge, sei ihnen bewusst, sagt Horn. Je nach Haushaltslage könnten die derzeit leerstehenden Gebäudeteile frühestens Mitte der 2020er Jahre bezogen werden. Der eigentlich geplante Erweiterungsbau des BG wäre dagegen nicht eher als im Jahr 2027 fertig. „Wir hätten so die Chance auf eine Win-win-win-Situation.“ Außerdem komme das Deutsch-FranzösischeGymnasium quasi zurück an seine alte Wirkungsstätte, äußert sich Stadträtin Claudia Feierling von der Fraktionsgemeinschaft FDP/Bürger* für Freiburg zustimmend: „Die jetzt angekündigte Lösung kann ein gangbarer Weg für die drei Schulen werden, wir werden die Stadtverwaltung bei der Umsetzung positiv begleiten.“ Liliane Herzberg



Bauträger

Kirschners Quartett Wohnbauunternehmen voll auf Freiburg fokussiert

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uf dem Schreibtisch von Dennis Kirschner, Geschäftsführer des gleichnamigen Wohnbauunternehmens, liegen aktuell vier frische Baugenehmigungen. Das allein gilt schon als besonders. Aber sie betreffen zudem ausnahmslos Bauvorhaben in Freiburg. Und das dürfte derzeit ein Alleinstellungsmerkmal sein.

Visualisierung: © Kirschner Wohnbau

Twenty One: Exklusiv am Hang Auf dem Güterbahnhof wird nach dem Baustart fürs Gebäude IKS 4 (Ingeborg-Krummer-Schroth-Straße auf dem Güterbahnhof, wir berichteten) bald auch der fürs benachbarte IKS 2 erfolgen. Die insgesamt 120 Wohnungen werden nach neueren EntwicklunAnzeige

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gen allesamt vermietet und sind bereits an einen institutionellen Anleger verkauft. Zum Kaufpreis macht Kirschner keine Angaben. Das dritte Bauvorhaben liegt am Schnaitweg in Littenweiler, wo die Kirschner Wohnbau 43 Wohnungen erstellen wird, darunter bis zu neun geförderte Mietwohnungen. „Die meisten Eigentumswohnungen sind schon reserviert“, sagt Kirschner. Baustart ist nach den Sommerferien. Zudem startet Kirschner ebenfalls nach den Sommerferien mit dem Bau eines exklusiven Acht-Familien-Hauses in Günterstaler Hanglage. Auf einem Grundstück, auf dem bis vor kurzem ein baufälliges Dreifamilienhaus stand. Das Projekt hört auf den Namen Twenty one. „Das ist aktuell unser Schmuckstück“, sagt Kirschner. Hier sind bereits einige Wohnungen reserviert. Anders als fast alle anderen Bauträger, bei denen der Begriff Landflucht eine neue Facette erfährt, ist Kirschner voll auf Freiburg fokussiert. „Das hat vor allem damit zu tun, dass wir uns frühzeitig mehrere Grundstücke gesichert haben. Wir sind die nächsten drei bis fünf Jahre in Freiburg noch ausgelastet.“ bar

Kurz gemeldet

Stuckert verklagt Rathaus Die Stuckert Wohnbau AG hat im geplanten Neubaugebiet Hinter den Gärten in Tiengen drei Grundstücke von Privaten erworben. Dann grätschte das Freiburger Rathaus in den Prozess und machte ein Vorkaufsrecht geltend. Nach einigem Schriftverkehr reicht das Unternehmen nun Klage gegen das Rathaus ein. „Wir wollen rechtlich geklärt haben, ob die Stadt hier überhaupt begründet ein Vorkaufsrecht ausüben kann“, sagt Prokurist Aribert Frece. Stuckert hätte den Eigentümern rund 420 Euro für das Bauerwartungsland gezahlt. Kein Pappenstiel, weil dazu noch die Erschließungskosten kommen und zudem 20 Prozent der Nettobaulandfläche kostenlos ans Rathaus abgetreten werden müssen, damit es auf diesen Flächen Sozialwohnungen bauen lassen kann. Die drei Grundstücke sind insgesamt 4524 Quadratmeter groß, auf ihnen könnten nach Abzug von weiteren Erschließungen mindestens 30 Wohnungen gebaut werden. Rund zwei Millionen Euro muss das Rathaus für die Flurstücke auf den Tisch blättern. Auch andere Private hatten an andere Bauträger verkauft, ohne dass das Rathaus das Vorkaufsrecht reklamierte. „Wer früh verkaufte, hatte Glück, und die anderen eben Pech“, hatte FDPStadtrat Christoph Glück in einer Hauptausschuss-Sitzung kritisiert. Es ist nicht nur spannend, ob das Rathaus sich am Ende vor Gericht durchsetzen, sondern auch, ob es dann auch preiswertes Wohnen ermöglichen kann. Denn das führt das Rathaus unter anderem als Grund fürs Vorkaufsrecht an. bar



Stadtentwicklung

Ende für die Wendeschleife

Neues Bahnkonzept für Littenweiler bringt neues Baufenster Parkh aus

Edeka

Mult ifunk tions gebä ude

Flüchtlingsu nterkunft

Hal tes tell e

Tunnelein fahrt

Ohne Wendeschleife, aber mit Parkhaus: Neuer Plan für die künftige Endhaltestelle am Kappler Knoten

Visualisierung: © Firu, Garten- und Tiefbauamt Freiburg

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ie Freiburger Stadtverwaltung hat ihre Pläne für den Ausbau der Straßenbahnlinie in Littenweiler überarbeitet. Demnach sollen an der künftigen Endhaltestelle am Kappler Knoten ein großes Parkhaus und ein Baufenster für ein gewerblich genutztes Gebäude geschaffen werden. Wie nebenbei springt an an der bisherigen Endhaltestelle Laßbergstraße durch Wegfall der Wendeschleife auch noch ein attraktives Baufeld heraus. Aus Parkplatz wird Parkhaus. An der künftigen Endhaltestelle soll auf einer Grundfläche von 2720 Quadratmetern eine viergeschossige P&R-Parkgarage für bis zu 500 Autos entstehen. Ursprüngliche Pläne sahen eine ebenerdige Park-and-Ride-Anlage mit 340 PkwPlätzen vor. Außerdem soll die Wendeschleife an der Laßbergstraße-Haltestelle zurückgebaut werden. Dadurch „ent36 | chilli | bauen & wohnen | 09.2021

steht an städteräumlich interessanter Stelle ein neues Baufenster“, heißt es in einer Drucksache aus dem Freiburger Gemeinderat. Der gewonnene Standort biete sich an für einen Nahversorger mit einer Verkaufsfläche von 600 bis 800 Quadratmetern.

Parkhaus für 500 Autos Ursprünglich sollte die Stadtbahnverlängerung Littenweiler an eine bereits bestehende Wendeschleife anschließen. Weil die Freiburger Verkehrs AG ihre Flotte aber mittelfristig auf sogenannte Zweirichtungs-Fahrzeuge umstellen möchte, bei denen die Türen auf beiden Seiten liegen, wird eine Schleife an dieser Stelle überflüssig. Fertiggestellt werden soll der Stadtbahnausbau in Littenweiler bis zum Kappler Knoten laut Garten- und Tiefbauamt vor dem Bau-

beginn des Freiburger Stadttunnels. Denn diese Baustelle werde den Verkehr im Drei­samtal und insbesondere auf der B31 „drastisch einschränken“. Bis 2030 will die Stadtverwaltung das Tramnetz noch an drei weiteren Stellen ausbauen. Die seit den 90er-Jahren kolportierte Stadtbahnlinie in St. Georgen soll dieses Jahr in einer Machbarkeitsstudie geprüft werden. Bewohner des neuen Stadtteils Dietenbach müssen wohl nicht so lange warten: Das Quartier-Konzept sieht den Stadtbahnanschluss als Verlängerung der Rieselfeld-Linie vor. Derzeit wird von einem Baubeginn im Jahr 2025 ausgegangen. Der zweite Bauabschnitt der „Stadtbahn Messe“ soll den Fahnenbergplatz mit der Breisacher Straße verbinden und die Hautbahnhofbrücke entlasten. 2023 soll eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden, ein Baubeginn wäre 2027 möglich.

Philip Thomas


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Kommentar

Zankapfel Augustinermuseum: Auch im Gebälk des Dachstuhls im Kirchenschiff saß der Porenschwamm. Das Dach ist mittlerweile gedämmt, die Luft entfeuchtet, die befallenen Holzteile mussten ausgetauscht werden.

Das unschöne Ende eines schönen Projekts

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Foto: © Städtische Museen Freiburg

xakt 18 Zeilen lang ist die Pressemitteilung der Freiburger Stadtverwaltung, in der sie „gemeinsam“ mit dem Architekten Christoph Mäckler verkündet, dass die „langjährige und erfolgreiche Zusammenarbeit“ nach 20 Jahren beendet worden ist. „In bestem Einvernehmen.“ In „allerbestem“ wäre noch ein bisschen besser gewesen. Hätte aber auch die berufsbedingt zur Skepsis neigenden Journalisten noch misstrauischer gemacht. Mehr als diese 18 Zeilen will niemand im Rathaus dazu sagen. Was daran liegt, dass in einem Schriftstück beidseitiges Stillschweigen vereinbart wurde. So ist das ja schließlich auch gang und gäbe, wenn man etwas „in bestem Einvernehmen“ macht. Man vereinbart fortwährendes Schweigen. Obwohl: Ich hatte mich unlängst „in bestem Einvernehmen“ von meiner Aufgabe, die heimische Spülmaschine „auch mal auszuräumen“ getrennt. Von stillem Schweigen war allerdings danach überhaupt nicht die Rede. Es gibt also auch hier wieder Ausnahmen. Die Eskalationsstufen von „im Einvernehmen, im beiderseitigen, im gu38 | chilli | bauen & wohnen | 09.2021

ten, im besten, im allerbesten“ drücken meistens spiegelbildlich aus, wie sehr sich die Parteien im Vorfeld gezofft haben. Immerhin erklärt Baubürgermeister Martin Haag, der in dem Fall wohl seine diplomatischen Finessen noch einmal aktivieren musste, auf die x-te Nachfrage, dass die wirtschaftlichen Folgen dem Gemeinderat zu gegebener Zeit dargestellt werden. Mehr nicht. Mäckler, in Freiburg hochgeschätzt, war für die fast 90 Millionen teure Sanierung des Augustinermuseums verantwortlich. Aktuell wird am dritten und letzten Bauabschnitt gewerkelt. Die unterschiedlichen Auffassungen über „baukonstruktive, bauphysikalische und bauablauftechnische Fragestellungen“ im Zusammenhang mit einem denkmalgeschützten Gebäude „haben zu dem Ergebnis geführt“, dass sich Mäckler Architekten aus dem Projekt fortan zurückzieht, heißt es in den 18 Zeilen. Das Rathaus dankte Mäckler für dessen „besonderes Engagement und die herausragende Architektur“, die das Haus zu einem weit über die Grenzen Freiburgs hinaus beachtenswerten Museum gemacht und zu dessen internationalem Erfolg beigetragen habe.

Allerdings war im ersten Bauabschnitt viele Jahre nach der Sanierung im Kirchenschiff der holzzersetzende Weiße Porenschwamm eingezogen, dessen Kündigung weder fristlos möglich ist, sondern auch noch eine siebenstellige Summe verschlungen hat. Vor zwei Jahren hatte sich – wohl in der Folge – ein Stück vom Fassadengesims gelöst und war auf die Salzstraße geknallt. Glücklicherweise ohne dass jemand zu Schaden gekommen war. Bauphysiker und Architekten, das ist kein Geheimnis, gehen bei ihren unterschiedlichen Aufgabenstellungen am gleichen Projekt längst nicht immer „in bestem Einvernehmen“ vor. Die Physiker umbauen oder packen Schwachstellen gerne ein, die Architekten wollen die Struktur zeigen und bekommen spätestens dann Hautausschlag, wenn der Brandschutzgutachter auf die Baustelle kommt. Da braucht es nachhaltig tragfähige Kompromisse. Mäckler und Rathaus haben zuletzt aber offenbar mehr das Trennende als das Gemeinsame gesehen. Ein unschönes Ende eines – auch architektonisch – schönen Projekts.

Lars Bargmann




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