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Gefahr, dass wir jederzeit kommen

„Gefahr, dass wir jederzeit kommen“ Margit Kraker , Präsidentin des Rechnungshofes, über ihre Wünsche zur Verschärfung des Parteiengesetzes, ihren Plan, die Corona-Hilfspakete der Regierung zu prüfen, und darüber, warum der Ibiza-Untersuchungsausschuss öffentlich übertragen werden sollte.

rofil: Frau Präsidentin, das Ibiza-Video wurde vor über einem Jahr öffentlich. Geändert hat sich seither wenig: Wahlkampfkosten dürften weiter überschritten werden. Und es tauchen immer neue parteinahe Vereine auf, die das vorrangige Ziel haben, Sponsorings einzusammeln – am Rechnungshof vorbei. Fühlen Sie sich hinters Licht geführt? Kraker: Wir brauchen jedenfalls viel mehr Licht. Die Parteien haben bisher eine gewisse Scheu gehabt, die Prüfrechte des Rechnungshofes auszuweiten. Nach Ibiza führt kein Weg daran vorbei. Wir sollten jetzt die politische Kultur verbessern. Dazu gehört, dass man das Parteiengesetz verschärft, dass man den Rechnungshof ordentlich kontrollieren lässt und dass man auch festlegt, was denn der Zweck von öffentlicher Parteienförderung sein soll. Da gibt’s jetzt Anlass genug dafür. profil: Bis heute können Sie keinen direkten Einblick in die Parteifinanzen nehmen. Wo stoßen Ihre Prüfer derzeit an die Grenzen? Kraker: Der Rechnungshof schaut überall hin, wo er kann. Aber manchmal kann er eben nicht. Derzeit müssen wir glauben, was uns die Parteien in ihren Rechenschaftsberichten übermitteln. Natürlich würden wir viel mehr sehen, wenn wir selber in die Buchhaltung schauen könnten. profil: Haben Sie dafür ein Beispiel? Kraker: Wir merken ja, wenn Parteien in Medien Inserate schalten. Und da fragen wir dann nach, ob diese Rechnungen auch im Rechenschaftsbericht e ntha l t e n s i n d. U n d d ann b ek o mm e n w i r e ine S t e l lungnahme. profil: Sie würden Ihre Prüfer gerne direkt in die Part e i ze n tr a le n s ch i cken, u m d as z u k o n tr o llie r e n .

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Margit Kraker, 59, führt seit 2016 den Rechnungshof, ihre zwölfjährige Amtszeit läuft noch bis 2028. Eine Verlängerung ist nicht möglich. Anfangs kritisiert, hat sich Kraker inzwischen über die Parteigrenzen einen Ruf als unparteiische Präsidentin erarbeitet, die ihre Rolle aktiver anlegt als ihr A mtsv o r g änger J o s ef M oser . S o m ahnt d ie J u r istin s eit d er I biza- A ffär e vehement mehr Prüfrechte für ihr Haus ein. Im Rechnungshof führt K r a ker e tw a 3 0 0 M itar b eit e r , d ie r und 7 0 P rüfungen p r o J a h r d ur c hf ühr e n – e inen G r o ßt e il d a v o n a u s e igenem A ntrieb . N eben d er E inhaltung des Parteiengesetzes prüft der Rechnungshof etwa öffentliche Unternehmen und Auftragsvergaben. In einigen Fällen beauftragte d er N a t ionalr a t d as K o n tr o llor g an m it S onderprüfungen. Kraker: Genau. Wobei der Rechnungshof ja nicht alles und jeden prüfen kann. Aber die Gefahr, dass wir jederzeit kommen können, hätte eine präventive Wirkung. Denn was soll passieren? Die Bevölkerung soll das Gefühl haben, dass politische Parteien redlich arbeiten und dass es faire Bedingungen gibt. profil: Bringt die Prüfung der Parteifinanzen überhaupt etwas, so wie sie derzeit abläuft? Kraker: Im Rahmen dessen, was möglich ist, schauen wir sehr genau hin. Wenn wir glauben, dass mit den Vorschriften etwas nicht übereinstimmt, zeigen wir das beim Unabhängigen Parteien-Transparenzsenat an. Wenn etwa Wahlkampfkosten überschritten werden oder Spenden nicht deklariert werden. Der Senat ist in seiner Spruchpraxis zuletzt viel mutiger geworden und hat hohe Strafen gegen mehrere Parteien verhängt. profil: Auf manche Trickserein stoßen Sie nur durch den Leichtsinn von Parteien. Die FPÖ führte im Impressum der Facebook-Fanpage ihres früheren Parteichefs Heinz-Christian Strache den freiheitlichen Parlamentsklub an. Dabei darf der Klub seine Gelder nur für die parlamentarische Arbeit verwenden – also etwa für Gesetzesinitiativen. Für PR wäre die Parteienförderung gedacht. Kraker: Wir haben das angezeigt, und der ParteienTransparenzsenat hat eine Geldstrafe ausgesprochen. Das ist sehr wichtig. Das wird die Klubs darauf aufmerksam machen, dass sie keine Kosten für die Partei übernehmen dürfen. p r o fil: S i e k o n tr o ll i er e n a ber n ur d ie P a r t e ien. D ie K a s sen d er P a r l a men t s k lubs s ind e ine B lack b o x –bis auf diesen Zufallstreffer. Warum prüfen Sie nicht a u c h d ie K lu b s? Kraker: Jetzt hat einmal die Parteienprüfung Priorität. Wir kämpfen darum, dass wir da neue Kompet e n zen b ek o mmen u nd d iese m it L eben e rfüllen –u nd d ann k o m men d ie K lu b s d r a n. profil: Sie haben noch acht Jahre als Präsidentin des Rechnungshofs vor sich. In diesem Zeitraum werden Sie die Klubs prüfen? K r a k e r : J a , i ch m eine, d ass d as g ut w ä r e . D enn e s i st wichtig, dass es keine Querfinanzierung zwischen K lub u nd P a r t e i g ib t . E s k ö n nt e s ei n , d ass w ir u ns d ie S oc ia l- M edia- A ktivi t ä t e n a lle r K lubs a n s ehen. p r o fil: I m R eg i eru n gspr o g r a m m v e r s p r i ch t d ie t ürk is - grün e K o a lit i on d ie d ir e kt e E ins i ch t i n d ie P a r t e i f i na n zen f ür d en R echnung s ho f . S ie h abe n i m V o r jahr D ruck g emacht , d ass d er G esetzesentwurf

im ersten Quartal 2020 kommt – das ist sich nicht ausgegangen. Glauben Sie noch daran? Kraker: Die Regierung sendet Signale, aber ich habe noch nichts schriftlich gesehen. Ich hoffe sehr, dass im Herbst noch was kommt. Wenn da heuer nichts mehr kommt, dann glaube ich nicht mehr daran. profil: Die Grünen wollen gleich ein großes Transparenzpaket – dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Das kann also noch dauern. Kraker: Die direkte Prüfung der Parteifinanzen könnte die Regierung auch mit einfacher Mehrheit beschließen, dafür braucht es keine Zweidrittelmehrheit. Das sollte man gleich machen. Ich habe natürlich Verständnis dafür, dass die Regierung jetzt sehr stark in der Krisenbewältigung beschäftigt war. Aber wenn ein Staat eine Krisensituation gut meistern will, braucht es Vertrauen. Und Vertrauen hat man nur in einen Staat, der transparent handelt. profil: Sie sprechen die Corona-Krise an. Da wurde medizinische Ausrüstung in Millionenhöhe freihändig angeschafft und Milliarden für Hilfspakete ausgegeben. Werden Sie sich das ansehen? Kraker: Es geht natürlich nicht, dass so ein großes finanzielles Volumen – bis zu 50 Milliarden Euro –unkontrolliert bleibt. Oft hat man fast ein bisschen Sorge, wenn man hört, es werden große Hilfspaket e g e s tart e t . D as i st z w a r g ut i n d er K rise. A ber e s muss schon auch ordentlich abgerechnet werden. Darauf werden wir den Finger sehr stark legen. M profil: Der Rechnungshof kontrolliert immer erst hinC O E S K . terher. Da ist ein allfälliger Missbrauch von Geldern D E C T U R irreparabel. Was spricht dagegen, die Begünstigten I I K U / P der Corona-Hilfen gleich öffentlich zu machen? G A V K O Kraker: Der Rechnungshof unterstützt alles, was zur L T A N I S Transparenz beiträgt – die Kanzleramtsministerin S Karoline Edtstadler hat ja ein Informationsfreiheitsgesetz angekündigt. Das begrüße ich. Alle Bürger „Es ist nicht sollen sich selbst ein Bild machen können: Wer profitiert von öffentlichen Mitteln? Und wird das richschlimm, tig abgewickelt? Förderungen sind dazu da, um jewenn jemand manden zu unterstützen. Das ist ja nicht anrüchig

Wohnbauförderung – s olange e s n icht w il l k ü r l ich e r f olg t . profil: Sehen Sie die Gefahr, dass an die Stelle des Amtsgeheimnisses der Datenschutz tritt – als neubekommt. e s T o t schl a gar g ument f ü r A u s k u nfts v e r w e ig e ru n

Warum kann man das nicht gen? Im Regierungsprogramm wird der Datenschutz e x t r a b et o nt . K r a k e r: E s g ibt n a t ü r l i ch sc h u tzw ü r d ig e I nt e r e ss e n, öffentlich w e n n e s u m p er s onenbezogene D a t e n g eht . I ch g la u machen?“ b e t r o t z dem, e s g ibt e in ö ffen t liches I nt e r e sse , w e n n öffentliche Mittel fließen. Es gibt auch ein öffentliches Interesse an öffentlichen Studien. Die sollen für alle zugänglich sein. Denn da ist immer die Frage: Wem gehört etwas, das mit öffentlichen Geldern bezahlt wurde? Ich meine: der Allgemeinheit. profil: Also die Namen aller Förderempfänger veröffentlichen – bis zur Wohnbauförderung? K r a k e r: I ch f i n de n ichts S chli m mes d ar a n, w e n n j e m and öf fen t lic h e W o h n b a u fö r d e run g b ek o mmt . Warum kann man das nicht öffentlich machen? Da muss sich in der Kultur was ändern, man darf dem d as n ich t n ei d ig s ein. U n d e s g ib t j a b er e its j e t zt e in z el n e F ö r d e r b ericht e , d ie a lles b ei n halt e n. Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Digitale Nutzung gem PDN-Vertrag des VÖZ voez.at. Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 01/213 12-3502). 18 profil: Sie haben auch eine Sonderprüfung zur Causa Ischgl angekündigt. Was wollen Sie da genau prüfen? Kraker: Das Thema Ischgl betrifft aus Sicht des Rechnungshofes die Frage des Zusammenwirkens der Gesundheitsbehörden im Pandemiefall – zwischen Bezirken, Ländern und dem Bund. Passt das? Oder gab’s hier Mängel in der Krisensituation? profil: Sie vermuten also, dass die Abstimmung zwischen den Verwaltungsebenen nicht funktioniert hat? Kraker: Wir werden prüfen, ob es da Schwachstellen gibt, in welchen Ländern es gut funktioniert hat und wo nicht. Wir warten allerdings auf den Bericht der Tiroler Untersuchungskommission und werden unsere Prüfung darauf aufsetzen. profil: Als Rechnungshofpräsidentin kennen Sie den Kontostand der mächtigsten Politiker dieses Landes. Alle Minister, Landeshauptleute und Landesräte müssen Ihnen drei Monate nach Amtsantritt und auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt sämtliche Vermögenswerte offenlegen. Falls Ihnen auffällige Zuwächse auffallen, müssen Sie das dem Nationalratspräsidenten melden. Ist das in Ihrer Amtszeit schon einmal vorgekommen? Kraker: Wir hatten immer wieder Fälle, wo wir Regierungsmitglieder in Bund und Ländern um Aufklärung ersucht haben. Wir können das aber nur plausibilisieren, wir können es nicht überprüfen. Das Ganze ist sanktionslos. Wenn wir glauben, dass es einen auffälligen Vermögenszuwachs gab, dann w ür d e n w ir e in S chr e ib e n a n d en P r ä sid e n t e n d es Nationalrats oder des Landtags richten. Das ist in meiner Amtszeit noch nicht passiert. profil: Was würde der Nationalratspräsident mit dieser Information machen? Kraker: Das weiß ich nicht. Das könnte im Unvereinbarkeitsausschuss des Parlaments diskutiert werden. Aber gesetzlich geregelt ist das alles nicht. profil: Der Ibiza-Untersuchungsausschuss wird von heftigen Debatten begleitet. Kritiker meinen, das Kontrollgremium verkomme zur Farce. Wie bewerten Sie die Arbeit? K r a k e r: D a s P a r l a me n t s oll s ic h e in u mfassen d es B ild machen. Und ich denke, dass inzwischen ein hinreichendes Bild dafür besteht, dass wir das Parteiengesetz verschärfen müssen. profil: Die Befragungen der Auskunftspersonen laufen unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab. Was s prich t e i g entl i c h d agegen, d e n U nt e r s uchu n gsa u s schuss live zu übertragen? Kraker: Ich fände es sinnvoll, wenn dieser Untersuchungsausschuss direkt übertragen wird. Weil sich dann die Bürger selbst ein Bild machen können. Auch das ist ein Beitrag zu mehr Transparenz. Dafür gibt es viele internationale Beispiele. profil: Als Rechnungshofpräsidentin könnten Sie jed er z eit v o n e iner e infa c hen M ehr h eit i m N a t ion a l r a t a bge w ä h lt w e r d e n . H emm t S ie d as i n I hr e r A r b eit a ls K o n tr o lleur i n? K r a k e r: D a b i n i ch s ehr g ela s sen. D ie U nabh ä ngi g k eit e in e r K o n tr o llbe h ör d e l ässt m an u na n getast e t . I nter v iew: J ak o b W i n ter

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