Das Objekt im Fokus. Fotografien aus der Sammlung SpallArt

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Das Objekt im Fokus Fotografie aus der Sammlung SpallArt



Das Objekt im Fokus

Fotografie aus der Sammlung SpallArt



Das Objekt im Fokus Immer schon haben Fotokünstlerinnen und Fotokünstler sich mit Objektfotografie beschäftigt. Ihr Interesse war dabei sowohl dokumentarisch als auch historisch und sozial- wie medienkritisch. Es ging teils um eine exakte Abbildung eines Gegenstandes, aber oft auch genau darum, die Gegenständlichkeit zu hinterfragen. Eine Langzeitfotografie, eine Spiegelung oder auch eine absolute Nahaufnahme laden uns ein, Geschichten zu erfinden und genauer hinzuschauen. Modelle, die manchen Aufnahmen als Objekt zugrunde liegen, wollen uns irritieren und manches, das wie ein Objekt aussieht, ist zur Zeit der Aufnahme schon gar nicht mehr vor der Kamera präsent, sondern nur noch ein Wärmeabbild. Ein Künstler zitiert mit seinen Fotoarbeiten großartige, inspirierende Kollegen, ein anderer hält während einer Vernissage nicht die Luft, aber doch die Zeit an und lässt uns so teilhaben. Die Objekte, mit denen wir uns beschäftigen und umgeben, erzählen viel über uns … und sind das, was bleibt. Das kann eine heitere Erinnerung sein oder manchmal eine sehr schmerzliche. Bereits vor einem Jahrzehnt hat die Sammlung SpallArt gemeinsam mit der Sammlung von Fritz Simak unter dem Pseudonym Sputnik einen Blick auf das Objekt in der Fotografie geworfen. Unter dem Titel Magie des Objekts wurde im Jahr 2011 im Leopold Museum in Wien eine Ausstellung gezeigt und ein Buch dazu veröffentlicht. Wir haben am Ende dieses Katalogs den sehr stimmigen Text von Timm Starl aus dem Jahr 2011 nochmals abgedruckt. Mit der vorliegenden Auswahl wagen wir einen weiteren Blick in die Sammlung SpallArt und möchten damit zum neuentdecken einladen. Ergänzend zur Auswahl der Fotografien zeigen wir einzelne reale Objekte und Skulpturen, die das Themenfeld konkretisieren. Andra Spallart, 2021

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Seit ihren Anfängen hat die Fotografie die Beziehung zwischen Fakt und Fiktion erforscht. Frühe Praktiker wurden für ihre Bilder des amerikanischen Westens gepriesen, die dessen Großartigkeit und Existenz belegten. Während die meisten Künstler und Künstlerinnen die Kamera nutzten, um Menschen, Orte und Ereignisse zu dokumentieren, verfolgten Oscar Rejlander und H. P. Robinson einen anderen Ansatz: Sie kombinierten Negative und inszenierten Ereignisse, um vorherrschende soziale Themen zu diskutieren. ­Rejlander und Robinson sorgten in den späten 1850er-Jahren für Aufsehen und zwangen die Menschen dazu, sich mit dem Konzept auseinanderzusetzen, dass die Kamera die Fähigkeit besitzt, Fiktionen zu schaffen und die Wahrheit obsolet zu machen. Douglas Prince setzte diese Tradition fort, indem er Stücke konstruiert, die die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion verwischen und uns daran erinnern, dass Fotografien aufgenommen und konstruiert werden. Prince schafft fotografische Abzüge und dreidimensionale Fotoskulpturen, die Negative makellos kombinieren und so eine Hyperrealität schaffen, die in der Dunkelkammer zum Leben erwacht. Ein

Oscar Gustave Rejlander

Museumsdiorama eines Elefanten wird mit ausgedörrter Erde in Kentucky kombiniert;

geboren 1813 in Stockholm (SE), gestorben 1875 in London (GB)

ein Kind baut Sandburgen an einem Strand, während eine Welle es wegzuspülen droht; ein Junge steht in einem Weizenfeld, während sich hinter ihm ein Luftschiff auf

die Landung vorbereitet. Douglas Prince begann in den späten 1960er-Jahren Negative zu kombinieren und

The Two Ways of Life, 1857 Mitte des 19. Jahrhunderts schuf Rejlander sein bekanntestes allegori-

neue Wege der Darstellung zu erforschen. Eine seiner bekanntesten Serien ist die

sches Werk, Die zwei Wege des Lebens. Dies war ein nahtlos montierter

Serie Photo-Sculptures: auf Film gedruckte Bilder, die zwischen Acrylglas einge-

Kombinationsdruck, der aus zweiunddreißig Bildern in etwa sechs Wochen entstand. Erstmals auf der Manchester Art Treasures Exhibition von 1857 ausgestellt, zeigt das Werk zwei Jugendliche, die von einem

klemmt sind und so eine fotografische Fantasie erzeugen. Wenn das Licht durch die „Boxen“ fällt, erscheinen die Objekte schärfer und erzeugen ein Drama, das unsere Erinnerungen und Träume anspricht. Die Bildinhalte reichen von realistischen Umge-

Patriarchen angeleitet werden. Jeder Jugendliche blickt auf einen

bungen bis hin zu unlogischen Räumen und stellen eine surreale Gegenüberstellung

Ausschnitt eines bühnenartigen Tableau vivant – dem einen Jugend-

von Elementen dar. Diese Verbindung zwischen ungleichartigen Komponenten ist das

lichen werden die tugendhaften und dem anderen die sündhaften

Herzstück von Princes Arbeit, egal ob er mit traditionellem Fotopapier arbeitet oder

Ver­gnügungen gezeigt.

Fotoskulpturen konstruiert. (Edelman Gallery, Chicago)

Douglas Prince geboren 1943 in US, lebt und arbeitet in Portsmouth (US)

• Hayrake in Winter, 1989 Backyard in Winter, 1989 aus der Serie: Photo-Sculptures Gelatinesilber/Ortholitho Abzüge, zwischen Acrylglas, je 13 × 13 × 7 cm © Douglas Prince / Sammlung SpallArt, Inv. S-317, S-157

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Das Objekt im Fokus, Ausstellungsansicht Lagerhalle Sammlung SpallArt, Salzburg 2021

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Das Objekt im Fokus, Ausstellungsansicht Lagerhalle Sammlung SpallArt, Salzburg 2021


Das Objekt im Fokus, Ausstellungsansicht Lagerhalle Sammlung SpallArt, Salzburg 2021



Während ihres Aufenthalts in Paris entdeckte Berenice Abbott 1925 die Fotografien von Eugène Atget und nahm dessen Aufnahmen von Paris zum Vorbild für ihre späteren Arbeiten in New York. Atget starb 1927 und Abbott kaufte den Nachlass auf, um sein Werk einem breiteren Publikum bekannt zu machen. 1929 kehrte sie in die USA zurück und war dort anfänglich als freie Bildreporterin tätig, began jedoch bald Atgets Aufnahmen zu veröffentlichen. Mit ihrer Dokumentation von New York City begann sie ebenfalls im gleichen Jahr und sammelte diese in den Bildbänden Changing New York (1939) und Greenwich Village today and yesterday (1949). Ihre Arbeiten bieten eine historische Chronik vieler heute zerstörter Gebäude und Gegenden New Yorks. (Boris Friedewald, Meisterinnen des Lichts: große Fotografinnen aus zwei Jahrhunderten, München 2014, Seite 8) Designer’s Window, Bleeker Street ist ein früher Abzug, an dem man den Einfluss ihres Vorbilds Eugène Atget erkennen kann. Auslagen spielen auch in seinem Werk eine bedeutende Rolle. (Fritz Simak)

Eugène Atget geboren 1857 in Libourne (FR), gestorben 1927 in Paris (FR)

• Window, Corset Shop, 1912 Gelatinesilberabzug (1940 von Berenice Abbott)

Berenice Abbott geboren 1898 in Springfield (US), gestorben 1991 in Monson (US)

• Designer’s Window, Bleeker Street, 1947 Gelatinesilberabzug auf Karton, 48 × 38 cm © Commerce Graphics Ltd, New York / Sammlung SpallArt, Inv. S-295

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In Saul Leiters Aufnahmen fließen die unterschiedlichen Genres der Street-, Porträt-, Still-, Life-, Mode- und Architekturfotografie zusammen. Er fand seine Motive wie Schaufenster, Passanten, Autos, Schilder und immer wieder Regenschirme in der unmittelbaren Umgebung seiner New Yorker Wohnung, die er über 60 Jahre bewohnte. Die Unschärfe im Detail, die Verwischung von Bewegung und die Minderung der Tiefenschärfe, der Ausgleich oder gewollte Entzug von notwendigem Licht und die Verfremdung durch Fensterdurchsichten und Spiegelungen – dies alles verschmilzt zur Farbsprache eines halb realen, halb abstrahierten urbanen Raums. (Kunsthaus Wien) Im Vergleich dazu dokumentiert Bob Hauser die Schaufenster seiner Heimatstadt Buffalo, ähnlich wie Berenice Abbott in New York und zuvor Eugène Atget in Paris. Auch Hauser verzichtet

Bob Hauser

auf eine bewusste Inszenierung der vorgefundenen Szenerie.

geboren 1880 in Odessa (RU), gestorben 1948 in Buffalo (US)

(­Christoph Fuchs)

• Kleinhans Departmentstore, Buffalo, 1930 Gelatinesilberabzug auf Baryt, 15,2 × 21 cm Sammlung SpallArt, Inv. S-2250

Saul Leiter geboren 1923 in Pittsburgh (US), gestorben 2013 in New York (US)

• Shirt, um 1948 (späterer Abzug) C-Print, 35 × 28 cm © Saul Leitner Estate / Sammlung SpallArt, Inv. S-1377

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Ähnlich wie Lisette Model in ihrer zur gleichen Zeit entstandenen Serie Reflections zeigt die aus Deutschland stammende Ellen Auerbach eine zum Nachdenken anregende Komposition, indem sie ihren Blickwinkel auf die Reflexion und die Uniform in der Auslage gezielt wählt. Der sich im Fenster spiegelnde Mann scheint in Interaktion mit den ausgestellten Uniformen zu stehen. Ähnlich wie Lisette Model, die für die Zeitschrift Harpar’s Bazaar arbeitete, fotografierte Auerbach für das Time Magazine. Beide versuchten mit der konventionellen Bildsprache zu brechen und mit ihren Bildern zum Nachdenken anzuregen. (Christoph Fuchs)

Lisette Model geboren 1901 in Wien (AT) als Elise Amelie Felicie Stern, gestorben 1983 in New York (US)

• Window, Bonwit Teller, New York, 1939–1940 Gelatinesilberagbzug, 34,3 × 27,3 cm © Smithsonian American Art Museum / Lisette Model Estate

Ellen Auerbach geboren 1906 in Karlsruhe (DE), gestorben 2004 in New York (US)

• Shopwindow, N.Y.C., 1938 (Abzug aus den 1970er-Jahren) Gelatinesilberabzug, 25 × 18 cm © Ellen Auerbach Estate / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-853

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unbekannt • Dolls Heads in Ike Davis’ doll repair shop, 1930er Gelatinesilberabzug, 11 × 15 cm Sammlung SpallArt, Inv. S-211

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Berenice Abbott geboren 1898 in Springfield (US), gestorben 1991 in Monson (US)

• Hardwarestore, 1938 Lower East Side, 316–318 Bowery, Bleecker Street Gelatinesilberabzug, 39 × 50 cm © Commerce Graphics Ltd, New York / Sammlung SpallArt, Inv. S-190

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Mit extremen Langzeitbelichtungen, die von Minuten über Stunden bis hin zu Jahren dauern können, stellt Michael Wesely Motive und Situationen im Verlauf ihrer Veränderung, im Fluss ihrer Bewegung in der Fotografie dar. Ergebnis ist jeweils ein fotografisches Bild, auf dem alles festgehalten ist, was sich vor der selbst konstruierten, fix montierten Kamera in der Zeitspanne der Öffnung des Verschlusses ereignet hat. Für das menschliche Auge ist die Entstehung nicht wahrnehmbar. Mit dieser Technik verdichtet Wesely das Prozesshafte von Zeit. Durch die Transferierung ins Filmische bzw. aufgrund der durch die Langzeitbelichtung entstehenden, zahlreichen sich überlappenden und damit scheinbar gleichzeitigen Bilder von Veränderungen werden die Fotografie als Medium der Momentaufnahme und die Zeit als chronologische Größe neu zur Disposition gestellt. Basis von Weselys hyperrealen Fotografien sind alltägliche Dinge, Situationen und Orte, wie im Bild die Sammlungspräsentation des Museu de Arte de São Paulo (MASP). In Darstellungen von Orten, in denen Zeit per se schon eine große Rolle spielt, wie in einem Museum, potenziert sich die Auseinandersetzung mit Zeit. Durch das Charakteristikum der Langzeitbelichtung, der Unschärfe, ausgelöst vor allem durch die Bewegung von Menschen, die bei heftigen Aktionen bis hin zur „Auflösung“ derselben führen kann, wird Zeit auch in ihrer Eigenschaft des Verschwindens sichtbar gemacht. (Petra Noll, 2013)

Michael Wesely geboren 1963 in München (DE), lebt und arbeitet Berlin (DE)

• Apertura, Pinacoteca MASP (19.01–23.09 Uhr 10.12.2015), 2015 C-Print auf Aluminium auf Glas (UltraSec), 90 × 135 cm © Michael Wesely / Bildrecht Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-1904


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Das Objekt im Fokus, Ausstellungsansicht Lagerhalle Sammlung SpallArt, Salzburg 2021


Vivian Maier stammt aus einer amerikanischen Einwandererfamilie mit österreichisch-französischen Wurzeln. Sie war eine ambitionierte Amateurfotografin: Zeit ihres Lebens hielt sie mit ihrer Kamera mehr als 100.000 Eindrücke auf New Yorks und später ­Chicagos Straßen fest. Niemand wusste von ihrer großen Leidenschaft. Einsam und verarmt lebte sie sehr zurückgezogen als Kindermädchen und Haushälterin. Erst nach ihrem Tod wurde ihr Nachlass entdeckt und durch den preisgekrönten Film Finding Vivian Maier von John Maloof erlangte sie internationale Auf­ merksamkeit. „Die genaue Beobachterin sozialer Ungleichheit nimmt […] präzise wahr, wie bereits Kinder […] in Habitus und Ausdruck von ihrer Herkunft geprägt sind. Ihr Blick auf Frauen ist weicher, verständnisvoller als der auf Männer. Ihr bevorzugter Ausschnitt ist die Halbtotale, Menschen sozial höherer Schichten fängt sie – verdeckt und unbemerkt – auch mal in Untersicht, aus dem sozialen Netz Gefallene in Aufsicht ein. Doch am liebsten richtet sie die Kamera direkt auf die Dargestellten.“ (Meret Ernst, 2016) Ein immer wieder kehrendes Motiv ihrer Fotografien ist ihr eigenes Abbild im Widerschein eines Spiegels oder einer Schaufensterscheibe. Sie verortet sich damit in der von ihr dokumentierten Welt, zeigt sich als kleiner, stummer Teil davon. Die sonst so still und heimlich lebende Frau wird sichtbar, schreibt sich bewusst in die von ihr erzählte Geschichte. (Christoph Fuchs, 2019)

Vivian Maier geboren 1926 in New York (US), gestorben 2009 in Chicago (US)

• Selbstporträt, n.d. (späterer Abzug von 2018) Gelatinesilberabzug, 30,5 × 30,5 cm © Estate of Vivian Maier, Courtesy Maloof Collection and Howard Greenberg Gallery, New York / Sammlung SpallArt, Inv. S-651

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Anders als die zuvor erwähnten großen Fotografinnen (Berenice Abbott, Ellen Auerbach, Lisette Model und Vivan Maier) wurde Lillian Birnbaum in New York geboren und wuchs in Wien auf. Auch sie arbeitete für große Magazine wie FAZ, Stern und Marie Claire. Breite Aufmerksamkeit erlangte Lillian Birnbaum jedoch mit dem Schwarzweiß-Band Vier Frauen (1992), für den sie die vier deutschen Schauspielerinnen Hanna Schygulla, Barbara Sukowa, K ­ atharina Thalbach und Sunnyi Melles in gestellten Posen ­ablichtete. (Christoph Fuchs)

Lillian Birnbaum geboren 1955 in New York (US), lebt und arbeitet in Wien (AT)

• Hannah und Spiegel, 1992 Gelatinesilberabzug, 26 × 40,5 cm © Lillian Birnbaum / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-516

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AA Bronson ist ein Pionier und Wegweiser der Queer-Kunst. Er versteht sich als ein Bindeglied zwischen Künstlern verschiedener Generationen und ist ein praktizierender Schamane. „Sicherlich ist die traditionelle Rolle des Künstlers die eines egozentrischen Verrückten, gewissermaßen eine Art Superheld mit besonderen Kräften. Die Art und Weise, wie ich arbeite, ist das Gegenteil davon, fast wie ein Gleichaltriger für die jüngeren Leute, die mit mir in Kontakt kommen“. Gemeinsam mit den Kanadiern Felix Partz und Jorge Zontal trat er als Kollektiv unter dem Namen General Idea auf. Von 1969–1994 entwickelte die Gruppe Arbeiten, die den Fetischismus der Kunstfabrikation und des individuellen Genies unterliefen und zugleich den Kunstmarkt ironisierten, persiflierten und imitierten. Einer ihrer Ansatzpunkte war, „das Kommmerzielle der Kunst und die Ökonomie der Kunstwelt selbst in Kunst zu verwandeln“. Eine dieser verbindenden und einflussreichen Arbeiten war das QueerMagazin (auch Fagzine oder Queer Zine genannt) FILE Megazine. Der Aids-Tod seiner beiden Kollegen im Jahr 1994 bedeutete auch das Ende des Kollektivs. „Jetzt, da so viele schwule Männer meiner Generation gestorben sind, habe ich das Gefühl, dass es zunehmend meine Verantwortung ist, für andere da zu sein. Das ist für mich einfach eine Selbstverständlichkeit – um die QueerGeschichte intakt zu halten. Ich denke, es ist unglaublich wichtig, das Geschichtenerzählen zu ermöglichen.“ Die Arbeit Mirror verweist auf die frühe Serie von AA Bronson The Mirror Sequence (1969–1970). (Christoph Fuchs) • The Mirror Sequence, 1969–1970 © AA Bronson

AA Bronson geboren 1946 in Vancouver (CA), lebt und arbeitet in Berlin (DE) und Toronto (CA)

• ohne Titel (Mirror #5), 2000 C-Print, 27 × 38 cm © AA Bronson / Sammlung SpallArt, Inv. S-1098

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Das Geheimnis des Gesichts Das menschliche Gesicht ist ein ganz besonderer Körperteil. Jedes

Das Gesicht ist mehrdimensional, opak und polyphon. Ein Typus

Gesicht verfügt über dieselben Komponenten, jedoch sind diese in

kann „wie eine durchschimmernde Maske ein ganz anderes, ver-

ihrer ähnlichen Anordnung so nuanciert, dass kaum jemals eines

borgenes Gesicht allmählich durchblicken lassen“.9 Eine Miene wird

dem anderen gleicht. Darüber hinaus – so bemerkt der Psychiater,

nach und nach in eine andere übergeblendet. Wie in der Musik hallt

Verhaltensbiologe und Neurowissenschafter Eric Kandel – können

im gegenwärtigen Ausdruck noch der vergangene nach, während

wir uns im Vergleich zu einem vergrößerten Fingerabdruck Hun-

bereits ein zukünftiger hineindringt. Das Gesicht zeigt nicht nur

derte oder sogar Tausende Gesichter einprägen und diese in Sekun-

„die einzelnen Seelenzustände, sondern den geheimnisvollen Pro-

denbruchteilen wiedererkennen.1 Es ist uns selbst unmöglich, unser

zess der Entwicklung selbst“.10 Ein menschliches Gesicht existiert

eigenes Gesicht direkt zu betrachten, sondern wir sind angewiesen

nicht einfach wie jenes eines Tieres, sondern es entsteht. (aus: Karin

auf Spiegel, Abbilder oder Beschreibungen. Somit ist unser Ein-

Fisslthaler, I’ll be Your Mirror. Mediale körperliche Konstruktionen

druck davon stets ein indirekter. Wir tragen ein Gesicht und dieses

als selbst­reflexive Techniken, Harpune Verlag 2019)

Tragen ist ein „vor sich Hertragen“.2 „Ich trage es vor mir her wie ein Geständnis, von dem ich nichts weiß, und es sind im Gegenteil die Gesichter der anderen, die mich über das meine belehren.“3 „Man schlüpft eher in ein Gesicht hinein, als dass man eines besitzt.“4 Wir lesen in Gesichtern, fühlen uns zu den einen hingezogen, lehnen

1 Vgl. Eric Kandel, Das Zeitalter der Erkenntnis. Die Erforschung des Unbewussten in

andere wiederum ab. Sie können uns unter Drogeneinfluss oder im

Kunst, Geist und Gehirn von der Wiener Moderne bis heute, München 2012, S. 335.

Wahn entgleiten, wir haben Angst, unser eigenes zu verlieren, oder

2 Vgl. Gilles Deleuze/Félix Guattari, Tausend Plateaus: Kapitalismus und Schizo­

wollen uns in anderen Gesichtern verlieren, wie Roland Barthes die

phrenie, Berlin 2005.

Wirkung des Abbilds Greta Garbos schildert, in dem die Menschen

3 Christa Blümlinger, Karl Sierek (Hg.), Das Gesicht im Zeitalter des bewegten Bildes,

sich verloren „wie in einem Liebestrank“. Ihr Gesicht scheint wie

Wien 2002, S. 258.

ein organischer, „absoluter Zustand“5, der zugleich Anziehungskraft

4 Gilles Deleuze/Félix Guattari, Tausend Plateaus, S. 243.

und Unerreichbarkeit ausstrahlt. Das Gesicht ist, so Jean-Paul

5 Roland Barthes, Mythen des Alltags, Frankfurt/M. 1964, S. 73.

Sartre, „natürlicher Fetisch“.6 Es ist, bevor es zum Bedeutungsträger

6 Vgl. Christa Blümlinger/Karl Sierek (Hg.), Das Gesicht im Zeitalter des bewegten

wird, eine weiße Fläche, in die man Bedeutungen einschreibt. Das

Bildes, S. 258.

bewegungs-lose Gesicht ist zunächst Ding und nichts als eine

7 Vgl. Gilles Deleuze/Félix Guattari, Tausend Plateaus, S. 230.

Projektionsfläche – eine weiße Wand – 7, doch keineswegs eine

8 Ebd.

zweidimensionale, wenn man erst beginnt, „schwarze Löcher“8

9 Béla Balázs, Der sichtbare Mensch oder die Kultur des Films, Frankurt. 2001, S. 42.

hineinzuschneiden, und dadurch eine Tiefendimension entsteht.

10 Ebd., S. 45.

Karin Fisslthaler geboren 1981 in Oberndorf bei Salzburg (AT), lebt und arbeitet in Linz und Wien (AT)

• Echoes, 2017 Collage aus gefundene Fotografien, bearbeitet auf Karton, 65 × 50 cm © Karin Fisslthaler / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-2350

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Das künstlerische Interesse von Ilse Haider gilt den Darstellungsformen von Mann und Frau sowie dem Spiel mit geschlechtsspezifischen Identitäts- und Rollenverhalten. Haider verbindet in ihrer Arbeit das Medium der Fotografie mit jenem der Skulptur. Durch die Verwendung von innovativen Methoden neben traditioneller Fototechnik erreicht die Künstlerin eine dreidimensionale Wirkung, die den Betrachter und die Betrachterin zwingt, selbst aktiv zu werden und mit dem Bild zu interagieren. Die uneinheitliche Oberfläche zeigt ein dekonstruiertes Bild, das beim Betrachten animiert, einen idealen Standpunkt zu suchen, an dem sich die einzelnen Raumsegmente wieder zu einem vollständigen Bild zusammenfügen. Trägermaterialien sind Peddigrohre, wobei die einzelnen Streifen unterschiedlich im Raum strukturiert werden. In Ihren aktuellen Arbeiten befasst sich die Künstlerin mit öffentlichen Bildern. Sie zeigt Porträts von SchauspielerInnen und Filmschaffenden, deren mediales Agieren mit der Visualisierung von politischen Anliegen und gesellschaftspolitischem Engagement verbunden ist. Die Filme fungieren als öffentliche Monumente, die ein soziokulturelles Bild vermitteln und bildmächtige Unterhaltung mit gesellschaftlicher Anamnese verbinden. In heutigen Zeiten medialer Bildschwemme und politisch-sozialer Agonie erlangen solche Ikonen einen Grad an optischer Eindringlichkeit, der irritieren und faszinieren kann. Aus diesem Grund verwendet Ilse Haider historische Bildnisse, um Themen und Engagement einer medialen Geschichte ins Heutige zu transferieren. Die Betrachterin und der Betrachter muss im Vorbeigehen und Ansehen dieser Porträts und Szenen seinen Standpunkt finden. Viel zu schnell verschwimmt das Motiv undeutlich hinter den Stäben, taucht etwas Neues aus dem Untergrund hervor, dass näherer Untersuchung wert ist. Die Wahrnehmung der fotografischen Skulpturen von Ilse Haider ist – wie im Film – an Zeit und Aufmerksamkeit gekoppelt: Das Bild setzt sich im Auge des Betrachters und der Betrachterin zusammen und entfaltet im Bewusstsein, in den Erfahrungen und Erinnerungen eine individuelle Bedeutsamkeit. (Margit Zuckriegl)

Ilse Haider geboren 1965 in Salzburg (AT), lebt und arbeitet in Wien (AT)

• Ingrid, 2019 auf dem Foto Ingrid Bergman, Porträtaufnahme um 1945 (Postkarte, AKG-Images/Picturedesk.com) Fotoemulsion, Acrylfarbe auf Holz, 67 × 45 × 20 cm © Ilse Haider / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-2351

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Tiere sind wiederkehrende Motive in Anna Jermolaewas Arbeit. Dabei geht es weniger um eine symbolhafte Parallelführung von tierischen und menschlichen Eigenschaften, sondern vielmehr um alltägliche und konkrete Situationen der Koexistenz von Mensch und Tier. (Krzysztof Kościuczuk, 2015)

Anna Jermolaewa geboren 1970 in St. Petersburg (RU), lebt und arbeitet in Wien (AT)

• Bird on Nothing, 2015–2016 C-Print auf Karton, 65 × 115 cm © Anna Jermolaewa / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-2364



Anna Jermolaewa arbeitet vornehmlich in den Medien ­Fotografie, Video und Installation, wobei videografische Arbeiten den größten Stellenwert einnehmen. Ihr Hauptinteresse gilt der A ­ nalyse funktionaler Strukturen der Gesellschaft und den sozialen Beziehungssystemen alltäglicher Lebensumstände. Immer wieder stehen die Grundbedingungen der menschlichen Existenz und die Natur des Menschen im Mittelpunkt. Komplexe politische und gesellschaftliche Sachverhalte werden mithilfe präziser filmischer Kompositions- und Aufzeichnungsschemata zu eindringlichen, bedrückend-absurden Metaphern verdichtet. Ein oft hintergründiger Humor ist den vielschichtigen Arbeiten eigen und ermöglicht eine vermeintlich leicht zugängliche Rezeption. Dahinter verbirgt sich jedoch stets ein äußerst kritisches Potenzial. Dabei geht es Jermolaewa um das Verhältnis von Individuum und Masse, Freiheit und Restriktion, Macht und Ohnmacht, insbesondere auch um Zusammenhänge und Netzwerke hegemonialer Strukturen, in deren Einflussbereich weitreichende Entscheidungen getroffen werden. So ist ihre Kunstproduktion eine, die im Kontext der Geschichte die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Implikationen analysiert und das Ausgeliefertsein sowie die Möglichkeiten der Einflussnahme des Individuums durch ein widerständiges Bewusstsein metaphorisch erkundet und damit auch das Potenzial der Kunst für die Gesellschaft andeutet. (Hans-Peter Wipplinger, 2012)

Anna Jermolaewa geboren 1970 in St. Petersburg (RU), lebt und arbeitet in Wien (AT)

• ohne Titel, 2013–2014 C-Print, 45 × 60 cm © Anna Jermolaewa / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-1655

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twitter ist eine Sammlung strenger Bilder von eleganten und komplizierten kleinen Objekten. Jahrelanges Fotografieren von Nestern als Teil der Faszination für die Geheimnisse und Wunder der Natur. Hunderte von Reisen unternimmt ein Vogel um das Material zu sammeln und damit ein Nest zu bauen, das dann mit Spinnweben und Speichel gewebt und verklebt wird. Jede Art tut dies instinktiv, weil Rassengedächtnis­fähigkeiten und -reaktionen als Ergebnis der gemeinsamen Erfahrung ihrer Vorfahren in ihren genetischen Code aufgenommen wurden. (Hans Wetzelsdorfer)

Hans Wetzelsdorfer geboren 1952 in Wiener Neustadt (AT), lebt und arbeitet in Neufeld an der Leitha (AT) twitter. Nachrichten aus leeren Nestern, 2014–2019 C-Prints auf Diasec, je 40 × 40 cm © Hans Wetzelsdorfer / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-2333, S-2334, S-2335

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Judith Metzner geboren 1963 in Rosenheim (DE), lebt und arbeitet in Prien am Chiemsee (DE)

• 31. März 2018 (Karsamstag), 16:20h, 2018 aus der Serie: „Little Lost Places“ C-Print auf Dibond, 30 × 40 cm © Judith Metzner / Sammlung SpallArt, Inv. S-2253

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Ein mehrjähriges soziales Kunstprojekt zum Thema Überfluss, Verschwendung, Müll und Recycling. Die Motive stammen aus vier Kontinenten und den Ländern Italien, Großbritannien, Österreich, Türkei, Deutschland, Korea, Indien, Südafrika und den USA. Diese Arbeiten sind [Anm.: im Gegensatz zu vielen anderen Arbeiten Dieter Hubers] nicht manipuliert und stellen so als Dokumentar­ fotografie einen höheren Wahrheits- und Wirklichkeitsanspruch. (Dieter Huber)

Dieter Huber geboren 1962 in Schladming (AT), lebt und arbeitet in Wien und Salzburg (AT)

• Waste #071 Mayerling / Waste #016 Piacenza, 2010–2015 aus der Serie: Waste UV-Direktdruck auf MDF Platte, Dammarharz, 27 × 22 cm © Dieter Huber / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-1863, S-1865

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Das Objekt im Fokus, Ausstellungsansicht Lagerhalle Sammlung SpallArt, Salzburg 2021

Marcus Geiger thematisiert in seinen künstlerischen Interventionen konzeptuell den Begriff des „Kunstwerks“ und stellt ihn provokativ in Frage. Seine Werke scheinen bewusst im Spannungsfeld zwischen alltäglichem Gebrauchsgegenstand und Kunstwerk positioniert und halten der Betrachterin und dem Betrachter eine Erfahrung offen, die jede eindeutige Lesart unterbindet. (­Christoph Fuchs)

Marcus Geiger geboren 1957 in Muri (CH), lebt und arbeitet in Wien (AT)

• Ohne Titel, 1988/2001 Kunststoffeimer, Kunststoffschnur (Skulptur) 100 × 90 × 90 cm © Sammlung Volpinum, Volp# 996


Anmerkungen zur analogen Fotografie Analoge Arbeiten sind im Zeitalter der digitalen Fotografie selten.

herstellung erlaubt mir die Steuerung der Bildergebnisse mittels

Warum sollte man diesen arbeitsintensiven Aufwand auch auf sich

gewähltem Papier und Entwickler. Diese Arbeiten sind Unikate und

nehmen, wenn es mittels der digitalen Assistenten, den hochauf-

lassen nach der Belichtung keine weiteren Manipulationen zu.

lösenden Kameras und den enormen Möglichkeiten der digitalen Bildproduktion so viel einfacher und vielversprechender erscheint Fotografien herzustellen? Meine eigene Arbeit begann in einer Zeit als die digitale Foto-

Viele der Arbeiten wären mit den Mitteln der digitalen Fotografie nicht oder nur anders zustande gekommen. Vor allem die Negative, die es in ihrer ursprünglichen Bedeutung in der digitalen Fotografie nicht mehr gibt, sind in ihrer analogen Form einmalig.

grafie noch nicht vorhanden war. Die frühere, analoge Arbeitsweise

Die Aspekte Zufall und Experiment sind weitere Möglichkeiten,

habe ich bis heute beibehalten. Der analogen Fotografie ist eine Art

die die analoge Fotografie bietet: Das Arbeiten mit chemischen

von anhaltender Spannung eigen, die durch die Ungewissheit des

Prozessen zur Produktion von analogen Bildern führt gelegentlich

Ergebnisses bei der Aufnahme entsteht und indem das fotografierte Bild erst zu einem späteren Zeitpunkt durch die Entwicklung in

zu nicht kalkulierten Ergebnissen, wie den hier abgebildeten „Lebenden Arbeiten“, die sich im Laufe der Zeit noch verändern.

der Dunkelkammer sichtbar wird, wo es gewissermaßen langsam

Vielleicht ist es für die Betrachterin und den Betrachter von

aus dem Dunkel hervortritt. Gleichzeitig besitzt das analoge Bild

fotografischen Arbeiten unbedeutend, ob diese digital oder analog

eine Authentizität, die ich in der digitalen Fotografie nicht mehr in

entstanden sind. Die Erforschung der Möglichkeiten der analogen

gleichem Maße vorfinde, da hier eine maschinelle Bildproduktion

Fotografie bleibt für mich jedenfalls nach wie vor spannend.

in beliebiger Zahl erfolgt. Die von mir bevorzugte analoge Bild-

(Werner Schnelle, 2019)

Werner Schnelle geboren 1942 in Wien (AT), lebt und arbeitet in Salzburg (AT)

• Still Life #4, 2010 Papiernegativ, 39,5 × 8,4 cm © Schnelle Photographie / Sammlung SpallArt, Inv. S-2317

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Bereits seit den 1970er-Jahren arbeitet Gerald Domenig mit seinen bevorzugten Medien Fotografie, Zeichnung und Text und hat damit ein umfassendes Œuvre geschaffen, das durch formale Strenge und thematische Offenheit gekennzeichnet ist. In Hinblick auf eine Konstruktion von Wirklichkeit verwendet der Künstler Zeichnung und Fotografie quasi diametral entgegengesetzt. Die Zeichnungen sieht er als Entwürfe oder Vor-Zeichnungen für seine Fotografien: Während die Arbeit mit dem Bleistift als eine Annäherung an die Welt begriffen werden kann, sind die meist schwarzweißen Foto­ grafien eben kein Festhalten eines Moments, nicht bloß ein Abbild der Realität. Sie sind immer mehr als das, nämlich eigenständige Bilder einer Situation, eines Ortes. Domenig, der stets analog fotografiert, die Filme selbst entwickelt und die Vergrößerungen herstellt, versteht Fotografie als Technik der Bildkonstruktion, der Überführung von Raum in die Fläche, als Auflösung des Abgelichteten ins Bild: „Wenn ich fotografiere, will ich ein in der Dreidimensionalität verstecktes Bild, eine latente Zweidimensionalität in ein konkretes Bild übersetzen.” In den inszenierten Stillleben in kleinformatigen Fotografien von eigenwillig ineinander verschränkten Objekten (wie Schalen, zerbrochenem Porzellan, Trinkgläser und Besteck) spielt Domenig mit einer Perspektive, die ins Wanken gerät, die – wie bei Vexierbildern – schwer zu fassen ist. (Secession, 2016)

Gerald Domenig geboren 1953 in Villach (AT), lebt und arbeitet in Frankfurt a. M. (DE)

• ohne Titel, 2011–2012 Gelatinesilberabzüge auf Baryt, je 20 × 30 cm © Gerald Domenig / Sammlung SpallArt, Inv. S-1317, S-1319

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In der Zeit der Unterdrückung und Verfolgung der künstlerischen Avantgarde entwickelt Elde Steeg, mit bürgerlichem Namen Elfriede Stegemeyer, – entgegen der offiziellen von den Nationalsozialisten propagierten Ästhetik – einen offenen, experimentellen Umgang mit dem Medium Fotografie, der sie eine Sonderrolle in der deutschen Fotografiegeschichte der 1930er-Jahre einnehmen lässt. Elde Steegs Anfänge in der Fotografie und ihre Entwicklung eines eigenständigen fotografischen Œuvres waren weitgehend autodidaktisch. Aus großbürgerlichem Hause stammend, studiert sie an der staatlichen Kunstschule in Berlin und ab 1932 an der Kölner Werkschule für Fotografie. Sie wird Mitglied in der Kölner Widerstandsgruppe der Roten Kämpfer. In dieser Zeit experimentiert Steeg intensiv mit der Fotografie und in Anlehnung an die Fotoavantgarde der Weimarer Republik erkundet sie die Grenzen und Möglichkeiten des Mediums. Ausgangspunkt ihrer Arbeit ist vor allem die Objektwelt der alltäglichen Dinge, die sie als Vorlagen für Fotogramme, Fotomontagen, Mehrfachbelichtungen und ähnliches einsetzt. Vor allem gläserne Objekte und besonders Trinkgläser dienen ihr als Material für Studien, die für ihr (nicht publiziertes) Buch Die Schule des Sehens gedacht sind. Sie arrangiert die Dinge in ungewohnten Perspektiven, dynamischen Arrangements und unter dem effektvollen Einsatz von Licht und Schatten. (Ferdinand Brueggemann, Galerie Priska Pasquer, Köln) •

1943 wurde Elde Steegs Wohnung bei einem Bombenangriff zerstört,

ohne Titel, 1938

wobei sie den größten Teil ihres bis dahin geschaffenen Werkes

Gelatinesilberabzug, 12 × 8 cm

verlor, was diese Arbeiten zu besonderen Relikten macht.

Elde Steeg geboren 1908 in Berlin (DE), gestorben 1988 in Innsbruck (AT)

• ohne Titel, 1934 Gelatinesilberabzug, 23,5 × 14,5 cm © Nachlass Elde Steeg / Sammlung SpallArt, Inv. S-2381, S-2382

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Matthias Hermann geboren 1963 in München (DE), lebt und arbeitet in Wien (AT) und Riparbella (IT)

• Untiled Filmstill, 11. XII. 2012, 2012 C-Print auf Aluminium, 50 × 40 cm © Matthias Herrmann / Sammlung SpallArt, Inv. S-2348

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Die Werkserie Eine Geste wird belichtet (2011–2014) bestehend aus analogen Filmen, Fotografien und Objekten. Die abgebildete fotografische Posevorrichtung diente vor allem im 19. Jahrhundert dazu, Personen für die lange Dauer der Belichtungszeit ruhigzustellen. Im 16mm-Film Eine Geste wird belichtet, Teil 1 löst sich die Akteurin nach und nach tanzend von der Posevorrichtung. Manfredi entwickelte zu diesem Film eine eigene Form der Notation. Kader für Kader des analogen Materials wurde eingescannt und die einzelnen Fotografien schließlich als Grafik notiert – eine abstrakte Ordnung des Körpers in Raum und Zeit entstand. […] Teil 2 der Serie widmet sich der Korsettschnürmaschine. […] Im 16mm-Film zu Eine Geste wird belichtet, Teil 2 entfernt sich die Akteurin ebenfalls vom Objekt. […] Mit der Idee, Bewegung im fotografischen Bildraum zu visualisieren, warf die Künstlerin während der Belichtungszeit die 16mm-Film-Rollen auf das lichtempfindliche Fotopapier […]: Die spiralförmigen Lichtchoreografien enthalten in sich die Bewegungen der Filmakteurin, die an manchen Stellen durchleuchten. […] so erweisen sich sowohl Notation als auch Fotogramm als Eingriff in Raum und Zeit der Fotografie, der Bilder, der Bewegungen, als mehr oder weniger geordnete Zugriffe und Variationen auf den Körper als Ort der Disziplinierung und der Möglichkeit zugleich. Eine Geste wird belichtet steht damit paradigmatisch für Manfredis künstlerische Praxis, in der ihr Medium, die Fotografie, und ihr zentrales Referenzobjekt, der Körper, stets aufs Neue auf •

ihre historischen Konditionierungen und gegenwärtigen Hand-

Eine Geste wird belichtet, Notationen, Teil 2, 2013

lungsspielräume befragt werden. (aus: Astrid Peterle, still:moving,

Gelatinesilberabzug, 90 × 47 cm

Museum der Moderne Salzburg, 2012)

Anja Manfredi geboren 1978 in Lienz (AT), lebt und arbeitet in Wien (AT)

• Eine Geste wird belichtet – photographische Weiterführung, 2013 Gelatinesilberabzug auf Baryt, 38 × 30 cm © Anja Manfredi / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-1513, S-2246

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In Marc Peschkes Foto-Objekten geht es wie auch in seinen anderen Serien um Abstraktion, Transformation und Verschlüsselung des Vorgefundenen. Die sechseckigen gefrästen Diasecs befassen sich in einer konstruktivistisch-modernistischen Bildsprache mit dem Kommunikationsschrott der Konsumgesellschaft, die der Künstler zu absurden, würfelförmigen Wareneinheiten verfestigt. Diese ironischen, absurd-hermetischen Foto-Objekte lassen die Betrachterin und den Betrachter zur Zeugin und zum Zeugen eines inhaltlich komplexen Spiels werden: Auf der einen Seite appellieren sie an ein Kaufverhalten, andererseits verweisen die Texte auf nichts mehr außer auf sich selbst. Sie machen keinen Sinn mehr, haben sich aufgelöst: Liquidacion total! „Se vende“, zu verkaufen, steht da auf drei Seiten eines Kubus, doch es wird nicht klar, was angepriesen wird. Ein anderer Würfel, der wie ein massiver Designer-Metallsafe wirkt, trägt in schöner Fünfziger-Jahre-Typografie die Aufschrift „Poussez“, „Drücken“, doch bietet keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass sich an diesem undurchdringlichen Block irgendetwas öffnen ließe. Eine weitere Fotomontage erinnert an einen Betonblock, „Tirez“ steht darauf geschrieben. „Ziehen“, doch wozu? (Marc Peschke)

Marc Peschke geboren 1970 in Offenbach am Main (DE), lebt und arbeitet in Hamburg (DE)

• Open, 2012 aus der Serie: The Cubes – Liquidacion Total C-Print auf Diasec, 59 × 82 cm © Marc Peschke / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-1709

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Peter Dressler erzählt mit inszenierten Bildern „Fotogeschichten“ in einer metaphorischen Bildsprache. Öffentliche Räume, die er durch Zufall fand, und Alltagssituationen dienten ihm als Schauplätze, in welchen er für seine Fotografien temporäre Eingriffe vornahm. Leitmotiv für den Fotozyklus Mit großem Interesse ist eine kleine Papierskulptur des kleinen Hundes „Burschi“, der durch die Ausstellungsräume großer Museen und Ausstellungshallen in Wien aber auch anderen Städten wandert. Die Figur des „Burschi“ hat Peter Dressler von einer frühen fotografischen Arbeit mit dem Titel Z ­ wischenspiel (Wien, 1980er-Jahre) übernommen. Diese Bezeichnung geht auf die Inschrift auf einem Grabstein für einen Hund zurück, sie lautete „unser lieber guter Burschi“. Das Foto eines Hundes, den Peter Dressler als Inkarnation des Burschi, als dessen typische Entsprechung betrachtete, wurde von ihm zu dieser Hundeskulptur verarbeitet. Mit der Arbeit Mit großem Interesse treibt Peter Dressler sein Spiel mit der Zweidimensionalität der Fotografie, dem Bild im Bild und dem Abbild und der Wirklichkeit. •

Die Eingriffe selbst finden temporär, möglichst unbeobachtet

Burschi, 1980er

und unspektakulär statt. Sie lassen sich wieder aufheben und

Gelatinesilberabzug auf Karton, konturgeschnitten, 16,5 × 25 cm

hinterlassen keine Spuren – die lässige, noble Geste eines Flaneurs.

© Sammlung SpallArt, Inv. S-390

(Fotohof Archiv, Salzburg)

Peter Dressler geboren 1942 in Kronstadt, Brasov (RO), gestorben 2013 in Wien (AT)

• Mit großem Interesse, Burschi, 1990 Gelatinesilberabzug, 17 × 23 cm © Fotohof Archiv, Nachlass Peter Dressler / Sammlung SpallArt, Inv. S-1946

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Das Objekt im Fokus, Ausstellungs­ ansicht, Lagerhalle Sammlung SpallArt, Salzburg 2021

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Auch in der Videoarbeit 3’ Überlebensversuche spielen die Frontalität des Bildes, die Beschränkung der Themenwahl auf ein zentrales Motiv und deren Wiederholung eine wichtige Rolle für die geistige Umleitung auf das Dahinterliegende. Vierzehn Stehaufmännchen geraten darin durch eine unbekannte Kraft in Bewegung und können diese nicht mehr stoppen. Mit steigender Bewegungsgeschwindigkeit fallen sie ins Unbekannte und verschwinden, begleitet von lauten Knallgeräuschen. Stehaufmännchen sind nicht nur Spielzeuge für Kinder, sondern fungieren auch als Symbol für das Vermögen von Problemverarbeitungen von Individuen. Was auch geschieht – ein Stehaufmännchen lässt sich durch nichts umwerfen und steht immer wieder auf, um nochmals von vorne zu beginnen. Das Video nimmt jene Eigenschaft mittels Loop-Verfahren wörtlich. Das eindringliche, beinahe schussartige Aufprallen der Figuren abseits des Sichtbaren geht „unter die Haut“ und wird physisch wahrgenommen. Die Puppe als verkleinerte Repräsentantin des Menschen rührt an Körperliches und schafft ein Vergleichsbild für das Agieren innerhalb sozialer Kontexte. (aus: Sabine Schaschl, „Never stop the action“ in: Living and working in Vienna, Kunsthalle Vienna, 2000/2001) Auf der Ausstellungsansicht rechts, vor der Videoprojektion, sind drei der kleinen Stehaufmännchen im Original zu sehen.

Anna Jermolaewa geboren 1970 in St. Petersburg (RU), lebt und arbeitet in Wien (AT)

3’ Überlebensversuche, 2000 Video (VHS), Farbe, Ton, 3 min

© Anna Jermolaewa / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-933

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Das Objekt im Fokus, Ausstellungsansicht Lagerhalle Sammlung SpallArt, Salzburg 2021


Wo einst Bilder die Wände geschmückt haben, bleiben nach dem Abhängen Spuren der Erinnerung – Nachbilder sozusagen, die nur langsam verblassen. Robert Zahornicky fängt die Aura der ehemals aufgehängten Bilder ein und katalogisiert Anspielungen auf Dehnbares, das nicht dargestellt werden kann. „Ist ein Bild erst eines, wenn etwas drauf ist? Was kann alles weggelassen werden, ohne dass es aufhört, ein Bild zu sein?“ Auch drängt sich die Frage nach dem Kunstwerk als reines Schmuck- und Dekorationsobjekt auf; erst die Abwesenheit des Objekts thematisiert das Objekt an sich. (Christoph Fuchs, nach: Wolfgang Zinggl in Bilder 78, Fotogalerie Wien, 1992)

Robert Zahornicky geboren 1952 in Wien (AT), lebt und arbeitet in Pressbaum (AT)

• Anamnesis, 1990 aus der Serie Invisibles Gelatinesilberabzug, 130 × 100 cm © Robert Zahornicky / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-925

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Bei den thermografischen Arbeiten werden nicht die Lichtwellen von der Kamera aufgezeichnet, sondern Wärmedifferenzen, die von Sensoren aufgefangen und digital übertragen werden. Die Räumlichkeiten entziehen sich durch die unscharfen Wärmewellen. Viele der aufgezeichneten Objekte waren zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht mehr anwesend. Das was sie zeigen ist Anwesenheit von etwas Abwesendem. Diese hinterbliebenen Wärmespuren werden in Zeitdifferenzen von 3 bis 15 Minuten nach verlassen des Schauplatzes aufgenommen. Das Resultat von Zeit als Lichtwärme erlaubt so mit einem anderen und größeren Zeitfenster zu arbeiten. Dabei bedeutet die thermografische Bildgewinnung referenzielle Sichtbarmachung von etwas Unsichtbarem. Mit meinen Arbeiten versuche ich in der Imagination bei der Betrachterin und dem Betrachter Zonen unbewusster Erinnerung zu berühren. Die Bilder entstehen bei den Betrachtenden. Sie kennen die Bilder aus Erinnerungen und machen sie sich selbst scharf. Wir sehen was wir fühlen. (Stephan Reusse)

Stephan Reusse geboren 1954 in Köln (DE), lebt und arbeitet in Köln (DE)

• 3 Minutes Chair / Thonet #1, 2005 aus der Serie „Leaving Shadows“ C-Print auf Forex, 90 × 75 cm © Stephan Reusse / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-700

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Gregor Schmoll führt in der Serie Aus der Privatsammlung Arbeiten vor, die seit 1996 entstanden sind und Reminiszenzen an prominente Werke der Kunst- und Fotografiegeschichte bilden. Das sind Nachstellungen im doppelten Wortsinn: Indem die Vorbilder motivisch nachempfunden und in eine neue Fasson gebracht werden, ist der Fotokünstler ihren Eigenarten nachgegangen. Die Privatsammlung besteht aus Polaroids, womit ebenso ein auslaufendes Modell der Bildherstellung herausgestellt, wie mit den Unikaten auf die Einzigartigkeit von Entwürfen als abgewandelte Konstrukte verwiesen wird. Das Projekt vermag die Kunst- und Fototheoretiker ebenso anzusprechen wie die Liebhaber zeitgenössischer Fotografie. Die einen entdeckten beispielsweise die Nähe zu A Scene in a

Albert Renger-Patzsch

Library von William Henry Fox Talbot aus den 1840er-­Jahren oder

geboren 1897 in Würzburg (DE), gestorben 1966 in Wamel (DE)

zu der mit La Femme betitelten und 1920 entstandenen Aufnahme

Duchamp. Andere stoßen auf eine Galerie aller möglichen Figuren

eines Schneebesens von Man Ray oder einen Hinterkopf à la Aufnahme eines „falschen“ Schuhwerks, aus einer Auftragsarbeit

und Gegenstände, miniaturhaft vorgestellt, wie es einer privaten

über das Schuhindustrieunternehmen Fagus bei Hannover, ver-

Sicht auf Alltägliches entspricht. (Timm Starl, 2010)

mutlich aus dem Jahr 1928 oder 1952. © Albert Renger-Patzsch Archiv / Ann und Jürgen Wilde, Köln / ­Bildrecht, Wien

Gregor Schmoll geboren 1970 in Bruck a. d. Mur (AT), lebt und arbeitet in Wien (AT)

• Aus der Privatsammlung (PS.AR-P.2015.I–Renger-Patzsch) – Doublette, 2015 Aus der Privatsammlung (PS.RB.2015.I–Bernhard) – Doublette, 2015 s/w-Sofortbilder (Polaroid) auf Karton, je 7,2 × 9,4 cm © Gregor Schmoll / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-796, S-797

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Das Objekt im Fokus, Ausstellungsansicht Lagerhalle Sammlung SpallArt, Salzburg 2021


Nach dem Studium bezog Lois Renner zuerst ein Atelier in einer ungenutzten Werkstatt seines Elternhauses, der „Malerei Renner“. Wenig später, 1991, ging er nach Wien, das nach dem Fall des Eisernen Vorhangs aus seiner Randlage rückte und zu einem neuen Zentrum kreativer Kräfte wurde. Die „Malerei Renner“ nahm er mit. Das erste Atelier baute er im verkleinerten Maßstab als Modell nach und arrangierte darin seine eigene Künstlerexistenz, um sie sodann fotografisch zu reproduzieren. Das Modell ist Urbild einer Künstlerwerkstatt und dreidimensionales Fragment der eigenen Biografie zugleich. Vor allem ist es Bühne für Bilder. Diese Versuchsanordnung nannte Renner Formforschung. Dabei wurden nicht nur Materialien, Techniken, Medien und Bildbegriffe auf ihre aktuelle Tauglichkeit untersucht, Renner begann vielmehr eine Langzeitstudie über das Verhältnis von Fotografie und Malerei, die stets auch von der Schwierigkeit handelte, in der Gegenwart Künstler zu sein. Wenngleich das Endprodukt seiner künstlerischen Tätigkeit eine großformatige Fotografie war und der Weg dorthin Fertigkeiten etwa eines Bildhauers, Konstrukteurs oder Lichtkünstlers verlangte, verstand sich Lois Renner gleichwohl als Maler. Auch wenn sich Lois Renner als Maler sieht und er das Ergebnis seines Schaffens als „malerische Fotografie“ bezeichnet, so ist die Technik seiner Werke dennoch ein modernes, gestochen scharfes Printverfahren aus der Fotografie. Im Gegensatz zu der für die Fotografie typischen Vervielfältigung ist jedoch konsequenterweise jedes Werk ein Unikat, das Malerei und Fotografie vereint. (Wikipedia) Lois Renner verstarb im August 2021 bei einer Wanderung am Salzburger Untersberg, er lebte und arbeitete in Wien und Salzburg.

Lois Renner geboren 1961 in Salzburg (AT), gestorben 2021 in Salzburg (AT)

• Von Oben (Die Angst), 1998 (späterer Abzug 2020) C-Print auf Alu auf Acrylglas (Diasec), 150 × 120 cm © Lois Renner / Sammlung SpallArt, Inv. S-953

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Benjamin Eichhorn thematisiert und ironisiert auf spielerische Weise den Tod. Die potenziellen Mordwerkzeuge werden in mit Blumen­muster überzogenen Stoff eingehüllt. Das Stoffmuster weckt mehr Assoziationen an gefällige Interieur-Ausstattung als an ein gefährliches Mordwerkzeug, auf das der Titel der Arbeit Corpus delicti verweist. Der Widerspruch zwischen der Verpackung und ihrer Form, zwischen Außen und Innen spiegelt sich in einer kognitiven Dissonanz. Kognitive Dissonanz entsteht, wenn zwei zugleich bei einer Person bestehende Kognitionen (Erkenntnisse) einander widersprechen oder ausschließen. Das Erleben dieser Dissonanz führt zum Bestreben der Person, diesen Spannungszustand aufzuheben. In diesem Fall ruft es bei der Betrachterin und dem Betrachter ein unbehagliches Gefühl hervor, vergleichbar mit dem Wolf im •

Schafspelz. (Christoph Fuchs) Mit Corpus delicti („Körper des Verbrechens“, lateinisch corpus –

In Deckung, 2010 Hackbeil in Stoff eingenäht, 15 × 35 × 2 cm

Körper, delictum – Verbrechen) bezeichnete man in der Frühen Neuzeit die äußeren Merkmale, in denen eine Straftat zum Ausdruck kommt, insbesondere ein Beweisstück, durch welches ein bestimmter Täter einer Tat überführt werden konnte. Historisch stammt die Lehre vom Corpus delicti aus der Beweislehre des kanonisch-italienischen Inquisitionsprozesses des 13. Jahrhunderts, die im Rahmen der Rezeption in das deutsche Strafverfahrensrecht vordrang. (Wikipedia)

Benjamin Eichhorn geboren 1982 in Waidhofen an der Thaya (AT), lebt und arbeitet in Wien (AT)

• Corpus delicti, 2012 Pigmentbasierter Tintenstrahldruck auf Dibond, 188 × 148 cm © Benjamin Eichhorn / Sammlung SpallArt, Inv. S-1245, S-1246

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Für diese Serie wurden verschieden große, aus diversen künstlichen Materialien realitätsgetreu gefertigte Pflanzen vor einem neutralen weißen Hintergrund platziert, fotografiert und jeweils in Originalgröße geprintet. Mit den Fotografien wird die Ästhetik der Werbe-Bildsprache und deren raffinierte Symbiose von Verlockung und Manipulation gleichzeitig zitiert und konterkariert: Die Pflanzen „posieren“ in ihrer ganzen Schönheit und bieten sich als glücksverheißende Ware an. Aber alles ist Täuschung, denn tatsächlich sind sie nur Ersatznatur, Massenprodukt und Dekoelement. (Robert F. Hammerstiel)

Robert F. Hammerstiel geboren 1957 in Pottschach (AT), lebt und arbeitet in Wien (AT)

• „Trust Me“, 2010–2014 C-Print auf Aluminium, 211 × 163 cm © Robert F. Hammerstiel / Sammlung SpallArt, Inv. S-1888

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Das Objekt im Fokus, Ausstellungsansicht Lagerhalle Sammlung SpallArt, Salzburg 2021



Mit seinem Fotoessay Magie der Schiene hat sich der Schweizer Fotograf René Groebli in die Geschichte der Fotografie eingeschrieben. Auf seiner Reise mit der Eisenbahn von Paris nach Basel hat er die ihm begegnenden Stimmungen festgehalten und in einer Broschüre veröffentlicht. Die Produktion und Finanzierung dieser sich formal an Man Ray und Paul Eluard orientierenden Publikation war abenteuerlich und führte unter anderem dazu, dass der junge Fotograf die Druckkosten über Jahre bei seinem Vater durch monatliche Zahlungen zu begleichen hatte. Doch das Wagnis hat sich gelohnt. Die Publikation Magie der Schiene ist in die Annalen der Fotografie eingegangen und wurde etwa auch durch Martin Parr in seiner Geschichte des Fotobuchs gewürdigt. […] Groeblis erste große freie Arbeit führte ihn in seiner Faszination für Dynamik und Bewegung an die Geleise, in Bahnhöfe und auf eine Express-Dampflokomotive von Paris nach Basel. Groebli fotografierte Stimmungen, Geschwindigkeit und Technik. Aber auch das Atmosphärische, das Zischen des Dampfes, den beißenden Rauch, das Quietschen der Achsen und die harte Arbeit im Führerstand. Das Unterwegssein hat er als ein Zustand in der Schwebe eingefangen. Ihm ist gelungen festzuhalten, was nicht greifbar ist, was man aber heute noch spüren, riechen und hören kann, wenn man diese traumhaft assoziative Bilderreihe betrachtet. Er ist somit zum Wesentlichen vorgedrungen, das bis heute die Wirkung dieser Bilderserie ausmacht. (Hilar Stadler, Museum im Bellpark, 2016)

René Groebli geboren 1927 in Zürich, lebt und arbeitet in Zürich (CH)

• ohne Titel (Nr. 394), 1949 aus der Serie Magie der Schiene Gelatinesilberabzug, 22,4 × 29,4 cm © René Groebli / Sammlung SpallArt, Inv. S-1888

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James Welling ist seit seiner Kindheit von Eisenbahnen fasziniert und fotografiert Zug- und Eisenbahnlandschaften, die sich von seiner Heimat New York City über Connecticut, Massachusetts und Upstate New York bis nach Pennsylvania, Ohio, Illinois und schließlich Wyoming und Kalifornien erstrecken. Welling bezeichnet diese Serie als seine Lieblingsarbeit. Seine Faszination für Eisenbahnen ist wohl von seinem Vater und seinem Onkel vererbt, den Anstoß zu seiner Serie Railroad Photographs fand Welling jedoch in einer Zeitschrift aus dem Jahr 1950. Das Magazin Fortune zeigte eine Fotoserie von Walker Evans mit Ausblicken aus dem Zugfenster Along the Right-of-Way. Walker Evans zählt neben Dorothea Lange und anderen Fotografinnen und Fotografen der FSA (Farm Security Administration) zu den Begründern der Dokumentarfotografie als eigenständiges Anwendungsgebiet der Fotografie in den 1930er-­ Jahren. (­Christoph Fuchs)

Walker Evans geboren 1903 in St. Louis (US), gestorben 1975 in New Haven (US)

• Along the Right-of-Way, Fortune Magazin, 1950

James Welling geboren 1951 in Hartford (US), lebt und arbeitet in New York (US)

• Danbury, CT, 1991 aus der dokumentarischen Serie Railroad Photographs, 1987–2000 Gelatinesilberabzug, 45 × 55 cm © James Welling / Sammlung SpallArt, Inv. S-844

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Ein einfacher, vorgefundener Alltagsgegenstand, die Dopplerflasche (Fritz Simak stammt aus dem Weinviertel) wird Objekt der fotografischen Untersuchung. Dabei ändert Simak nicht den Standpunkt und die Perspektive seiner Kamera oder das Objekt an sich, sondern lediglich den Lichteinfall durch die dahinterliegenden Jalousien am Fenster. Durch unterschiedliche Kontrastfilter bei der Vergrößerung entsteht so eine abwechslungsreiche Serie des gleichen Motivs. Simak dringt damit hinter das eigentlich abgebildete Objekt, hinter das Sujet und bildet die Fotografie an sich ab, als wörtlich übersetzte Lichtzeichnung (aus Altgriechisch φώς [phōs], im Genitiv φωτός [photós] für Licht und γράφειν [graphein] für schreiben, malen, zeichnen, also „zeichnen mit Licht“). (­Christoph Fuchs)

Fritz Simak geboren 1955 in Wien, lebt und arbeitet in Wien (AT)

• Doppler, 1973 Gelatinesilberabzug auf Baryt auf Karton, je 36 × 24 cm © Fritz Simak / Sammlung SpallArt, Inv. S-1137 bis S-1148

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Durch einen Zufall kam ein Mobiltelefon auf dem Fotopapier in der Dunkelkammer zu liegen und läutete bei einem Anruf. Das Fotopapier wurde entwickelt und zeigte überraschend die gespenstisch anmutende Gestalt des vibrierenden und blinkenden Telefons. Zu dieser Zeit, in den Anfängen der Mobiltelefonie, hatten die Geräte noch farbige LCD Displays und beleuchtete Tasten. Die verschiedenen Modelle bilden sich so auf ganz unterschiedliche Weise in ihrem Fotogramm ab. Diese anlog, fast lebendig wirkenden Gestalten schweben über dem Blatt, als wären sie unbekannte Wesen aus unentdeckten Tiefseegebieten oder gar von fremden Planeten. Die Assoziationen sind vielfältig. Zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Abbilder konnte deren Bedeutung im Bezug auf die rasante Entwicklung der Mobiltechnologie noch nicht abgeschätzt werden. Aus heutiger Sicht bilden diese Fotogramme ein Artefakt und eine Spur uralter Dinosaurier der Mobiltelefonie. Legt man ein modernes Mobil­ telefon mit Touchscreen Display auf ein Fotopapier, würde sich das Papier in gleicher Art färben? (Christoph Fuchs, 2020) Diese Abzüge sind eine Neuauflage der originalen Unikate.

Christoph Fuchs und Gregor Hofbauer geboren 1978 in Salzburg (AT), lebt und arbeitet in Wien / geboren 1982 in Wien, lebt und arbeitet in Wien (AT)

• Gregor calling, Siemens S55 / Michael calling / Nora calling, Motorolla CD930 / Matthias calling, Nokia 3410, 2003 (Abzug 2020) Pigmentbasierte Tintenstrahldrucke, je 24 × 30 cm © Christoph Fuchs und Gregor Hofbauer / Sammlung SpallArt, Inv. S-2337 bis S-2340

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An den Rändern des Geschehens — mittendrin In der zuletzt entstandenen Serie When Scanners Meet führt S ­ elichar nicht nur eine Auswahl jener Apparaturen vor, deren bildgebendes Verfahren bei manchen Menschen für den Regenbogen­effekt verantwortlich zeichnet. Er gibt auch einen programmatischen Einblick in seine eigene Denk- und Produktionsweise. Denn in der Arbeit lässt der Künstler jeweils zwei Geräte gleichen Typs, handelsübliche Flachbett- oder Handscanner, aufeinandertreffen. Der erste Scanner scannt den zweiten Scanner beim Scannen des ersten … und so weiter und so fort. Selichar erzeugt mit den Bildern dieser Serie visuelle wie konzeptuelle Endlosschleifen, die sich selbst zum Thema haben und buchstäblich wie im übertragenen Sinn durchleuchten. Er zeichnet die Bewegung der sich gegenseitig reflektierenden Apparaturen auf, er erfasst den Zeitpunkt, an dem die beiden Lichtquellen einander treffen, er bringt das industrielle Gehäuse des Geräts zum Vorschein und spielt mit der Abstraktion als gestalterischem Mittel — inklusive des irisierenden Effekts. Bei When Scanners Meet wird offensichtlich, wie sich Selichar kunstimmanenten Fragestellungen nähert, indem er sich zuerst den vermeintlichen Nebenschauplätzen der Kunstproduktion widmet: Der Regenbogeneffekt äußert sich zwar an den Rändern der eigentlichen Bilder, in letzter Konsequenz bringt er jedoch ihre mediale Basis, ihren Urgrund, zum Vorschein. Ähnlich entwickelt Günther Selichar sein Werk entlang der Ränder, Begrenzungen und Peripherien des massenmedialen Geschehens — und ist dennoch mittendrin. (Franz Thalmair, 2016 in: Günther Selichar. Who’s Afraid of Blue, Red and Green? (1990–2017), Wien 2017).

Günther Selichar geboren 1960 in Linz (AT), lebt und arbeitet in Wien (AT)

• When Scanners Meet (#4), 2013 (Abzug 2016) Pigmentbasierter Tintenstrahldruck auf Hahnemühle Photo Rag, 163 × 59 cm © Günther Selichar / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-2322

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Zu einer Zeit, in der weltweit Fragen über die Chancen, Herausforderungen und Risiken der Digitalisierung diskutiert werden, lenken die Arbeiten von Elias Wessel in Die Summe meiner Daten die Aufmerksamkeit auf den Gebrauch gesammelter Informationen und auf die vom Individuum im Netz hinterlassenen Spuren. Fingerabdrücke, Schlieren und sich auflösende Spuren, die aus der alltäglichen Verwendung digitaler Geräte mit berührungsempfindlichen Bildschirmen hervorgehen, münden in großformatige, malerische Fotografien, in denen Wessel die Gleichzeitigkeit von Digitalisierung, Überwachung und Identität dokumentiert. Während gesammelte Daten und daraus entwickelte Identitätsprofile für wirtschaftliche und politische Zwecke genutzt werden, nutzt Wessel die sich auf den Displays abzeichnenden Strukturen zur Bildgewinnung. Dabei verleiht Wessel den immateriellen Datenströmen des digitalen Zeitalters eine materielle Erscheinung. Er holt die im virtuellen Raum versunkenen Handlungsprozesse des Menschen aus der Unsichtbarkeit an die Oberfläche und lässt sie zu Lichtbildern werden. Durch bildkünstlerische Strategien macht Wessel das scheinbar im Verborgenen Liegende in einem Verbund aus Fotografie und gestischer Malerei wahrnehmbar. So hat er im kreativen Akt fotografischer Bildfindung eine ganz eigene Bildsprache für das digitale Zeitalter entwickelt. Nach wie vor bildet jedoch die Realität den Ursprung von Wessels künstlerischer Fotografie. Die digitale Welt und die mit ihr verknüpften menschlichen Handlungen besitzen von vornherein eine abstrakte Erscheinungsform. Diese abstrakte Wirklichkeit spiegelt sich in der ungegenständlichen Bildsprache des Zyklus wider. Es verbindet sich absolute Abstraktion mit absolutem Realismus. (Jenny Graser, Kupferstichkabinett Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz)

Elias Wessel geboren 1978 in Bad Godesberg (DE), lebt und arbeitet in New York (US)

• Die Summe meiner Daten – Off Series, No. 20, 2017 Pigmentbasierter Tintenstrahldruck auf Hahnemühle Papier, 132 × 220 cm © Elias Wessel / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-2341



Staub ist bei Erwin Wurm bereits 1990 zum plastischen Bildmaterial bestimmt worden. Mit Staubablagerungen verbinden wir allgemein Zeit wie Vergänglichkeit. Indem Wurm die Wiederholbarkeit der Staubarbeiten postuliert und Zertifikate zum Erstellen von Staubskulpturen ausgibt, macht er diese dauerhaft, erhebt sie zu unzerstörbaren, der Zeit trotzenden „Denkmälern“. Sein bild­ nerisches Universum besteht bis dahin aus Skulpturen aus Blech und Farbe, aus Blechzylindern und Quadern, aus hohlen und massiven Volumen. Wurm entdeckt in den Staubskulpturen von 1990 bis 1993 die Virtualität der Skulptur. Die Staubspuren auf Sockeln, in Glasvitrinen und selbst unter dem zylindrischen Stülpglas für Verehrungsgegenstände verweisen auf „verlorene“ Dinge aus vergangener Zeit. Man Rays Staubfotografien (Elevage de poussière,

Man Ray

1920) von Duchamps Großem Glas eröffnen eine neue Sehebene.

geboren 1890 in Philadelphia (US), gestorben 1976 in Paris (FR)

An die Stelle der Transparenz tritt in den Staubablagerungen eine Art von unberührbarem Relief, ein Hauch von Körperlichkeit. In den

Wurm’schen Arbeiten wird durch den Staub die Abwesenheit eines

Marcel Duchamp, Elevage de poussière, 1920

vormals vorhanden Objektes sichtbar. Volumen und Körper werden

Gelatinesilberabzug, 15,5 × 28,3 cm

als vorstellbare, imaginierte Möglichkeiten begriffen, die hier auf

© Man Ray Trust / Bildrecht, Wien

der Basis einer Staubkontur und ggf. durch die äußeren Begrenzungen des umgebenden Gefäßes einen Platz für eine Konkretisierung angeboten bekommen, ohne jemals dezidiert benennbar zu sein. (Helmut Friedel, 2014)

Erwin Wurm geboren 1954 in Bruck an der Mur (AT), lebt in Wien und Limberg (AT)

• Staubskulptur, 1995 Holzsockel mit Glassturz, 53,7 × 35,3 × 27,7 cm © Erwin Wurm / Bildrecht, Wien / Sammlung Volpinum, Inv. 1053

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Das Objekt im Fokus, Ausstellungsansicht Lagerhalle Sammlung SpallArt, Salzburg 2021

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Das Objekt im Fokus, Ausstellungsansicht Lagerhalle Sammlung SpallArt, Salzburg 2021


Im Jahre 1928 veröffentlichte Karl Blossfeldt das inzwischen legendäre Fotobuch Urformen der Kunst – die Heliogravüre ist eine Originalseite aus dem Buch. Es versammelte eine Auswahl jener Pflanzenbilder, die der Kunstgewerbler nur als Anschauungs­ material für seine Studenten an der Berliner Hochschule aufgenommen hatte. Die isoliert vor neutralem Grund abgelichteten Pflanzen, ihre oft in starker Vergrößerung wiedergegebenen Blüten, Knospen, Stängel, Dolden und Samenkapseln sollten als direktes Vorbild dienen für die dekorativen Kunstformen des damals schon verblühten Jugendstils. Doch bei dieser kunstpädagogischen Verwendung der Bilder blieb es nicht. Der Berliner Avantgarde-Galerist Karl Nierendorf erspürte in den emotionslosen und präzisen Aufnahmen den kühlen Geist der Neuen Sachlichkeit und wurde entsprechend aktiv: 1926 stellte er die Werke – zusammen mit afrikanischen Skulpturen! – in seiner Galerie aus, zwei Jahre später verfasste er die Einleitung zu der im Ernst-Wasmuth-Verlag Berlin erschienenen Buchpublikation Urformen der Kunst. Dieses Fotobuch, zu dessen ersten Rezensenten Walter Benjamin gehörte, begründete nicht nur den bis heute ungebrochenen musealen Erfolg von Blossfeldts fotografischem Werk – es machte selbst eine steile Karriere als Bestseller. Der Erfolg stellte sich unmittelbar ein. Bereits 1929 erschien eine zweite Auflage in Deutschland sowie Ausgaben in London, New York und Paris. (Susanne Boecker, Karl-Blossfeldt-Archiv)

Karl Blossfeldt geboren 1865 in Schielo (DE), gestorben 1932 in Berlin (DE)

• Carex grayi. Riedgras, Segge. Fruchtform in 5facher Vergrößerung, um 1900 (Abzug 1928) Heliogravüre, 26,8 × 20,4 cm Sammlung SpallArt, Inv. S-2305

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Für seine ersten fotografischen Serien Das Watt, Die Kurische Nehrung, Kristalle sowie Muscheln und Schnecken verbindet Alfred Ehrhardt Tendenzen der Fotografie der Neuen Sachlichkeit und des Neuen Sehens. Er isoliert die Naturform aus ihrem gegenständlichen Kontext und löst das Bildgefüge bis zur Abstraktion auf. Häufig setzt er scharfes Licht ein, um einen starken Hell-Dunkel-Kontrast zu erreichen. Ganz dem am Bauhaus gelehrten strukturellen Sehen verpflichtet, wählt er eine lichtgrafische Linienführung, um die Oberflächenstruktur hervorzuheben und die Materialität des Gegenstands zu verlebendigen. Die kompositorische Präzision seiner Fotografien verraten Ehrhardts künstlerische Ausbildung. Seine Vorkursstudien am Dessauer Bauhaus bei Josef Albers manifestieren sich in der Malerei wie in der Fotografie als Auseinandersetzung mit Materialbeschaffenheit und Oberflächenstruktur. Als gelernter Musiker beherrscht er wie Paul Klee oder Wassily Kandinsky Rhythmus, Dynamik und Kontrapunktik im Bildgefüge. Klee folgend, der das Naturstudium als Ausgangspunkt bildnerischer Schöpfung definiert, will Ehrhardt mit seinen Aufnahmen von Landschaften und Naturphänomenen die „elementaren Urkräfte“ der Natur und die „absoluten Gesetze aller Erscheinungen“ darstellen. Ihm liegt daran zu vermitteln, dass der Mensch nur Teil einer „überwältigenden, zeitlosen“ Natur ist. Nicht von ungefähr wurde Ehrhardt in den 1930er-Jahren „Naturphilosoph mit der Kamera“ genannt. Seine Fotografien sind im weitesten Sinn Naturaufnahmen. (Alfred Ehrhardt Stiftung)

Alfred Ehrhardt geboren 1901 in Triptis (DE), gestorben 1984 in Hamburg (DE)

• Ampelita sepulchralis (Madagascar), 1939 Gelatinesilberabzug, glänzend, 23 × 17 cm © Alfred Ehrhardt Stiftung / Sammlung SpallArt, Inv. S-153

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Dieses Bild einer Paprika ist eine der ikonischsten Fotografien von Edward Weston. Paprikaschoten krümmen sich oft in sich selbst und können sich ein wenig verdrehen. Indem Weston die Paprika so nah an uns heranbringt und sie so sorgfältig beleuchtet, erhebt er sie fast in den Status einer menschlichen Figur. Das Arrangement eines Stilllebens ist natürlich eines der ältesten Themen für Kunstwerke. Das Faszinierende an amerikanischen Künstlerinnen und Künstlern, die in den 1930er-Jahren arbeiten – wie Edward Weston – ist, dass sie auf viele dieser klassischen Arbeitsweisen zurückgreifen, aber auf neue, moderne Weise. (Esther Adler, MoMA New York, 2014)

Edward Weston geboren 1886 in Highland Park (US), gestorben 1958 in Carmel (US)

• Pepper (35P), 1930 (Abzug 1980er von Cole Weston) Gelatinesilberabzug auf Karton, 18 × 23 cm © Center for Creative Photography, Arizona Board of Regents / Sammlung SpallArt, Inv. S-149

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Robert Bodnar ist ein Künstler, der die Grenzen des Fotografischen ständig neu vermisst. Er kombiniert traditionelle, gleichsam handwerkliche fotografische Methoden mit hoch entwickelten digitalen Technologien. Seine Bilder und Installationen verweisen sowohl spielerisch auf den Ursprung der Fotografie in den Silbersalzkristallen des Analogfilms, als auch auf die gegenwärtigen Formen der Bilder als abstrakte Information in den Leiterplatten unserer elektronischen Geräte. Oft steht in den Diskursen über die post-digitale Fotografie die Beliebigkeit der elektronischen Bilder im Vordergrund. Die Bilderflut, Copy & Paste, komplexe Manipulationen per Knopfdruck – das fotografische Bild ist oft nur der Ausgangspunkt für eine Simulation, die scheinbar jede beliebige Form annehmen kann. Aber so frei, wie man uns glauben lassen möchte, sind die Bilder nicht. „Die Cloud“ ist keine körperlose Metaebene, sie baut auf einer riesigen industriellen Infrastruktur auf: Datenzentren mit eigenen Kraft­werken, ein weltumspannendes Netz aus Kupfer- und Glasfaserkabeln. Robert Bodnar untersucht nicht nur die Algorithmen und Interfaces, sondern vor allem den materiellen Unterbau des Digitalen. Seine Fotolithografien mit ihren filigranen Kupferlinien vor mattschwarzem Hintergrund sind mit denselben photochemischen Verfahren hergestellt, wie die Leiterbahnen auf Computerplatinen, die in der Massenproduktion ebenso belichtet und entwickelt werden wie eine analoge Fotografie. (Johan Nane Simonsen, 2019)

Robert Bodnar geboren 1980 in Prag (CZ), lebt und arbeitet in Wien und Niederösterreich (AT)

• self-similar object #1|1, 2018 Fotogramm, Kupfer-Fotolithografie auf Epoxidharz-Glasfaser-Gewebeplatte [FR4], beschichtet mit ­Chemisch-Nickel/Palladium/Gold [ENEPIG], 25,5 × 25,5 cm © Robert Bodnar / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-2278

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Walker Evans wurde vom Direktor des Museum of Modern Art

of African Negro Art) aufgenommen würden, das Colleges mit einer

(MoMA) in New York, Alfred H. Barr, gebeten, über 600 Leihgaben zu

großen Anzahl afroamerikanischer Studenten wie dem Spelman

fotografieren, die im Mittelpunkt der bahnbrechenden Ausstellung

College in Atlanta und öffentlichen Bibliotheken geschenkt werden

African Negro Art standen, die 1935 von James Johnson Sweeney

sollte. Andere Institutionen mit Interesse an afrikanischer Kunst

kuratiert wurde. Johnson Sweeney reiste zwei Monate lang durch

wurden daraufhin gebeten, die Fotoportfolios zu kaufen.

England, Deutschland, Frankreich und Belgien, um Leihgaben von

Im Katalog des Portfolios argumentierte Johnson Sweeney,

zahlreichen Museen und Privatsammlungen zu organisieren. Die

dass die ethnografische Präsentation von Werken aus Afrika das

ausgewählten Objekte – wie Masken und Fruchtbarkeitsgottheiten –

Publikum bisher daran gehindert hatte, den künstlerischen „plas-

unterstrichen die Kunstfertigkeit von Holz- und Metallskulpturen,

tischen“ Charakter der Skulpturen zu würdigen – ein Thema, das

die in Afrika südlich der Sahara hergestellt wurden, wobei ein

er in Artikeln und Büchern wie Plastic Redirections in 20th Century

besonderer Schwerpunkt auf Werken aus west- und zentralafrikani-

Painting (1934), das ein Jahr vor seiner Arbeit an der MoMA-Ausstel-

schen Ländern wie Kamerun, Mali und Burkina Faso lag.

lung erschien, ausführlicher erörtert hatte. Er machte auch deutlich,

Evans war bei der von ihm verwendeten Aufnahmetechnik sehr

dass seiner Meinung nach insbesondere die Holzskulpturen viele

genau und sorgte dafür, dass die Qualität trotz der umfangreichen

europäische und amerikanische Künstler, die in dieser Zeit arbei-

Aufgabe konstant war. Er verbrachte mehr als 200 Stunden damit,

teten, beeinflussten. MoMA-Direktor Barr legte großen Wert darauf,

die ausgewählten Objekte über einen Zeitraum von mehreren

dass die Dokumentation der Ausstellung erhalten bleibt, damit

Monaten zu fotografieren, wobei er wichtige Stücke mehrfach aus

auch künftige Generationen verstehen können, dass die „Kunst

verschiedenen Blickwinkeln ablichtete. Er achtete penibel darauf,

Afrikas die Kunst eines Bildhauers ist“.

dass die Fotografien korrekt gedruckt und montiert wurden. Die Ausstellungsinstallation wurde bewusst so aufgebaut, dass die

Die Ausstellung wurde zu einer der meistbesuchten Ausstellungen im MoMA während dieser Zeit, mit über 30.000 Besucherinnen

afrikanische Skulptur in den Kanon der Kunstgeschichte eingeord-

und Besuchern in den ersten zwei Monaten nach ihrer Eröffnung. Es

net wurde: Die Anordnung der Objekte und die Beleuchtung ließen

wurde auch eine kleine Wanderausstellung organisiert, die über ein

die abstrakten Kompositionen in den Mittelpunkt rücken.

Jahr lang durch die Vereinigten Staaten reiste.

Mit seiner 8 × 10-Inch-Fachkamera versuchte Evans, die Kunst-

Obwohl dieses Werk oft von Evans FSA-Arbeiten in den Hinter-

fertigkeit der Objekte hervorzuheben, indem er zwischen Frontal-,

grund gedrängt wird, ist es klar, dass die Fotografien für die

Seiten- und Rückseitenprofilen wechselte und Tiefe und Volumen

Ausstellung African Negro Art stilistisch mit seinen Bildern von

sowie die Details der Schnitzereien betonte. Die Skulpturen nehmen

Farmern und Architektur im amerikanischen Süden verwandt

oft fast das gesamte Bild ein. Evans konzentrierte sich genau auf

sind. So bedienen sich beispielsweise Fotografien wie das Porträt

die Objekte und schnitt seine Negative vor dem Druck sogar aus.

von Allie Mae Burroughs ähnlicher Techniken: Das Motiv nimmt

Der Prozess des Druckens, Montierens und Zusammenstellens der

den größten Teil des Bildes ein, und Evans zeigt eine ähnliche

Abzüge zu einem Katalog nahm insgesamt fast ein Jahr in Anspruch.

Verwendung der Perspektive. Walker Evans’ Fotografien historischer

Barr war der Meinung, dass Bildung ein wesentlicher Bestandteil

afrikanischer Skulpturen sind nach wie vor eine wichtige Quelle

des Ethos des Museums sei: Er wünschte sich, dass die von Evans

für die Erforschung der afrikanischen Kunstgeschichte. (Vanessa

aufgenommenen Fotografien in ein Portfolio (Photographic Corpus

Peterson, Victoria and Albert Museum, London 2017)

Walker Evans geboren 1903 in St. Louis (US), gestorben 1975 in New Haven (US)

• Leopard, Benin, British Nigeria. New York, 1935 Gelatinesilberabzug, 20,2 × 25,4 cm © Walker Evans Archive, The Metropolitan Museum of Art / Sammlung SpallArt, Inv. S-893

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Oskar Schmidts fotografisches Werk gleicht stilllebenhaften Arrangements, in denen Interieurs und Gegenstände lyrisch ins Werk gesetzt werden. Dabei möchte der Künstler Spuren von gelebter Geschichte beleuchten. An den Arbeiten lässt sich eine hohe Reflektionsbereitschaft gegenüber den eigenen wie fremden Bildern erkennen, so wie sie einigen Künstlern der Leipziger Schule eigen ist. In seiner vermeintlichen Vertrautheit mit dem Abgebildeten oszilliert die Betrachterin und der Betrachter zwischen kollektiver und individueller Wiedererkennung. Auf diese Weise möchte Schmidt auch darauf hinweisen, dass Geschichte nicht nur ein objektiv-chronologisches Vergangenes ist, sondern immer auch ein subjektiv-konstruiertes Gebilde. Mitten in der globalen Finanzkrise seit 2007 reinszeniert Oskar Schmidt in seinen Arbeiten der The American Series ausgewählte Fotografien des amerikanischen Fotografen Walker Evans, wo dieser im Auftrag der Farm Security Administration (FSA) zu Beginn der 1930er-Jahre während der Großen Depression das Elend der Landbevölkerung in den USA dokumentierte. Aus alten, abgenutzten Materialien rekonstruiert Schmidt detailliert in Lebensgröße in seinem Atelier, was auf den Fotografien von Evans abgebildet ist – eine verwitterte Bretterwand mit abgenutztem Aluminiumgeschirr oder einem alten Stuhl davor, unterschiedliche Details einer ärmlichen Holzhütte oder ein Stück verschlissener Dielenboden mit verschiedenen gebrauchten Alltagsobjekten. Davon wiederum fertigt er mit einer analogen Großformatkamera eine Fotografie an, die dann das eigentliche Werk darstellt. (­Scheublein & Bak, 2014)

Oskar Schmidt geboren 1977 in Erlabrunn (DE), lebt und arbeitet in Berlin (DE)

• Cookware and Towel, 2011 aus der Serie The American Series I–XII Pigmentbasierter Tintenstrahldruck, 68 × 54 cm © Oskar Schmidt / Sammlung SpallArt, Inv. S-1508

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Eine Person verschwindet. Sie wird der Sichtbarkeit entzogen, hat kein Bild mehr von sich. Marko Lipuš besitzt ein einziges Foto seiner Großmutter aus den 1930er-Jahren. Auf diesem sitzt sie neben ihrem Ehemann Franz Lipuš auf einer Bank; ein junges Ehepaar blickt den unbekannten Fotografen an, ein stolzer, zuversichtlicher Ausdruck in ihren Mienen, Maria etwas lächelnd, mild, weich. Wenige Jahre später verschwindet diese Frau im Konzentrations­lager Ravensbrück; es versiegt ihr Leben dort, bildlos, kommentarlos in der Finsternis einer brutalen Mordmaschinerie. Marko Lipuš widmet sich im ersten Kapitel seiner Fotoserie Babica einer ähnlich gelagerten Aneignungsstrategie. In großen Farbfototafeln zeigt er Hautpartien von den Armen, Händen, anderen Körperteilen seines Vaters. Florjan Lipuš, einer von zwei Söhnen von Maria Lipuš und bei deren Abtransport ins KZ gerade sechs Jahre alt, ist der Zeitzeuge und Bewahrer des Erbes seiner Mutter, das er wiederum an seinen Sohn weitergibt. Immer weiter nach innen, immer mehr ins Innere führen die Wege den Fotografen auf der Spur nach dem Verborgenen, auf der Suche nach Wegen, Relikten und Zeichen der Verschwundenen. Ein Kapitel seines vielteiligen Foto-Essays ist den Gegenständen gewidmet, die sich im Lager gefunden haben. Blechtassen, Bürsten und Kämme werden vom Fotografen aus ihrer Umgebung isoliert und wie Stillleben der Neuen Sachlichkeit präsentiert. Da auch sie die Spuren der Auslöschung in sich tragen, sind sie ebenso intime Träger von Nachrichten der Verschwundenen wie die Steinplatten, die noch den Hall ihrer Schritte in sich bergen. (Margit Zuckriegel, 2015, aus dem Text: Auf der Suche nach dem Verborgenen)

Marko Lipuš geboren 1974 in Eisenkappel/Železna Kapla-Bela (AT), lebt und arbeitet in Wien (AT)

• Becher 4, 2015 aus der Serie Babica C-Print auf Aluminium, 80 × 95 cm © Marko Lipuš / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-1902

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L’Inconnue de la Seine (Die Unbekannte aus der Seine) war eine unbekannte junge Frau, deren Totenmaske nach 1900 an den Wänden vieler Künstlerwohnungen in Paris zu finden war. Diese war Inspiration für zahlreiche Literaten und Motiv für viele Fotografinnen und Fotografen. Der Legende nach handelt es sich bei der unbekannten Frau um eine Selbstmörderin, deren Leiche um 1900 in Paris aus der Seine geborgen wurde. Ein Mitarbeiter der P ­ ariser Leichenschauhalle soll von ihrer Schönheit so angetan gewesen sein, dass er einen Gips­abdruck ihres Gesichts nahm. Er ließ eine Totenmaske anfertigen, von der in den folgenden Jahren zahlreiche Kopien gemacht wurden, die in der Pariser Bohème als morbides Einrichtungsaccessoire in Mode kamen. Der rätselhaft friedvolle Gesichtsausdruck der Toten war Anlass für zahllose Spekulationen über ihr Leben, ihre Todesumstände und ihre Befindlichkeit im Jenseits. Medienhistorisch interessant ist die damalige Popularität dieser Abbildungen. Sie hängt mit der Mehrfachreproduktion zusammen: Dass die Abdrücke der Totenmaske fotografiert und von den Negativen wiederum reproduziert wurden, schien ihre Authentizität zu verstärken. Das Wasser schien den letzten Gesichtsausdruck ihres Lebens wie ein Foto gebannt zu haben, was bei Wasserleichen üblicherweise nicht der Fall ist. Elisabeth Bronfen überliefert in ihrem Buch Nur über ihre

Grete Eckert geboren 1895 in Dresden (DE), gestorben 1982 in München (DE)

Leiche. Tod, Weiblichkeit und Ästhetik (1994) eine andere Entstehungslegende, gemäß der ein findiger Hamburger Gipsfabrikant einen Abdruck vom Gesicht seiner lebenden Tochter herstellte.

(­Wikipedia)

L’Inconnue de la Seine, 1930er Gelatinesilberabzug, 22 × 16 cm Sammlung SpallArt, Inv. S-249

unbekannt • L’Inconnue de la Seine, 1920er Gelatinesilberabzug auf Karton, 15 × 22 cm Sammlung SpallArt, Inv. S-146

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Name geb. 1900 in Ort (XX), gest. 1900 in Ort (XX)

• Titel, Jahr technik, 0 × 0 cm © / Sammlung SpallArt, Inv. S-

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Das Objekt im Fokus, Ausstellungsansicht Lagerhalle Sammlung SpallArt, Salzburg 2021

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Das Objekt im Fokus, Ausstellungsansicht Lagerhalle Sammlung SpallArt, Salzburg 2021 114



Ende der 1960er-Jahre zog Steiner nach Vermont und widmete sich fast zwanzig Jahre lang dem Fotografieren von Wolken. Wolken sind seit jeher von großem Interesse für Künstlerinnen und Künstler und wiederkehrendes Motiv in der Kunst­geschichte. In der Fotografie wird das Thema oft mit Alfred Stieglitz in Verbindung gebracht, der Wolken unter dem Titel Equivalents fotografierte, weil er glaubte, dass sie direkt das Unterbewusstsein ansprechen. Steiner erkannte in ähnlicher Weise das stimmungsvolle Potenzial von Wolkenformationen, obwohl er der Meinung war, dass die Bedeutung eines jeden Bildes weitaus unbeständiger war als sein Vorgänger. Da er seine Werke bewusst unbetitelt ließ, forderte er die Betrachterin und den Betrachter auf, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen und ihre eigenen Titel zu finden, was seiner Meinung nach zu einem Prozess •

des Ausprobierens verschiedener Beschreibungen und Metaphern

Cloud, um 1975

wurde. Im Jahr 1985, kurz vor seinem Tod, veröffentlichte Steiner ein Buch mit diesen Studien, In Pursuit of Clouds. Die luftig flatternde Wäsche an der Leine könnte auch mit der Leichtigkeit einer Wolke verglichen werden. (Christoph Fuchs)

• Rückseite von Swirling Laundry, mit einer Referenz zum Gedicht Love Calls Us to the Things of This World (1956) von Richard Wilbur

Ralph Steiner geboren 1899 in Cleveland (US), gestorben 1986 in Vermont (US)

• Swirling Laundry, um 1960 Gelatinesilberabzug, 8 × 11 cm © Ralph Steiner Estate / Sammlung SpallArt, Inv. S-131

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Hannes Kilian geboren 1909 in Ludwigshafen (DE), gestorben 1999 in Wäschenbeuren (DE)

• Man tanzt wieder!, 1955 Gelatinesilberabzug, 21 × 17 cm © Hannes Killian / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-1236

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Leo Kandl transferiert durch den gezielt gewählten Ausschnitt ein banales Alltagsobjekt zu einem Objekt der Bildhauerei. Dies wird einerseits durch die Spannung seiner Kontur, andererseits durch die mannigfaltigen Binnenformen im Gegensatz zum hellen Bildträger erzeugt. (Fritz Simak)

Leo Kandl geboren 1944 in Mistelbach (AT), lebt und arbeitet in Wien (AT)

• o.T., 1996 Gelatinesilberabzug, 49 × 77 cm © Leo Kandl / Sammlung SpallArt, Inv. S-446



Zur Korrespondenz der Bilder Ein Plädoyer von Timm Starl

Ein Bild allein gibt es nicht, ohne dass sofort ein zweites auftritt.

Licht erscheinen lassen. Einmal davon abgesehen, dass Fotograf

Fällt der Blick der Betrachterin und des Betrachters auf eine

und Fotografin sich ein Bild von ihrem Gegenstand machen, bevor

Fotografie, kommen ihnen sofort, wenn auch nicht immer bewusst,

sie ihn fotografisch erfassen. Denn wie das Erkennen eines Bild-

noch andere Bilder in den Sinn: solche von anderen Autorinnen und

gegenstandes das Vorhandensein anderer Bilder im Speicher des

Autoren oder aus anderen Zeiten, die einen ähnlich aussehenden

Gedächtnisses bedingt, so geht dem Produzieren einer Fotografie

Gegenstand oder eine beinahe gleiche Szene darstellen; oder auch

eine Vorstellung, ein Entwurf in der Fantasie voraus. Bilder werden

welche, die anders gestaltet sind und etwas anderes erzählen und

immer von Bildern begleitet.

von denen man oft gar nicht weiß, weshalb sie in diesem Moment über uns kommen. Oder wir erinnern uns, das abgebildete Objekt

Das hier Gesagte gilt, obgleich es manchmal nicht so aussieht – wie beispielsweise bei den überlieferten Werken der Pioniere, die

früher mit eigenen Augen gesehen zu haben. Ohnehin bedarf

gerne als Ikonen auftreten. Die älteste erhaltene Fotografie, von

es immer zumindest eines Bildes im Kopf, um überhaupt etwas

Joseph Nicéphore Niépce im Jahr 1826 angefertigt, ist nicht das

identifizieren zu können. Würde das Gedächtnis keine Bilder

Produkt eines Augenblicks gewesen, sondern das Ergebnis einer

bereitstellen – seien es Erinnerungen an ein reales Gegenüber oder

langen Reihe von Versuchen an derselben Stelle. Aus den Briefen

an ähnliche Ansichten, die gemalt oder gezeichnet gewesen sein

des Erfinders an seinen Bruder geht hervor, wie er immer wieder

können –, wüsste man nicht, was der Inhalt bedeutet. Jede solche

in seinem Domizil in Le Gras die Kamera auf die Brüstung eines

Ansicht ohne „Vorbild“ würde als abstrakt erscheinen. Es existiert

Fensters gestellt und auf den Hof und die Nebengebäude gerichtet

also kein Bild für sich.

hat. Doch in den Fotogeschichten ist von diesen Versuchen allzu

Auch bei der Herstellung fotografischer Bilder bleibt es in der

selten die Rede. Wie auch zu der bekanntesten Aufnahme von Louis

Regel nicht bei einem einzigen. Nur selten gibt sich jemand, der die

Jacques Mandé Daguerre, einer Ansicht des Boulevard du Temple im

Kamera bedient, mit nur einer Aufnahme zufrieden. Zumeist lässt

Paris des Jahres 1838, immer betont wird, dass erstmals ein Mensch

er weitere folgen, weil zum einen nicht abzusehen ist, ob alles so

fotografisch festgehalten worden sei. Nicht erwähnt wird, dass der

getroffen wurde, wie man es sich vorgestellt hat. Zum anderen ist

Bildautor zwei weitere Aufnahmen zu anderen Tageszeiten gemacht

nicht sicher, ob nicht etwas hinzugekommen ist. Alle Fotografen

hat. Ihm ging es nämlich darum, inwieweit sich Lichteffekte

und Fotografinnen haben es schon erlebt, dass sie erst im Negativ

fotografisch darstellen und möglicherweise für die theatralischen

oder auf dem Abzug Einzelheiten entdecken, die sie im Augenblick

Inszenierungen in seinem Diorama verwenden ließen. Zwei Daguer-

der Aufnahme nicht wahrgenommen haben. Oder es fehlte etwas,

reotypien kennt man, aber auch die dritte ist von Zeitgenossen wie

von dem man sicher war, es gesehen zu haben. Auch würde eine

Alexander von Humboldt gesehen und in einem Brief dokumentiert

geringfügige Änderung der Perspektive das Objekt in einem neuen

worden.

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Dass das Interesse der Fotohistoriografie sich mit Vorliebe auf

es ihm nicht um dokumentarische Aufzeichnung, sondern um eine

jeweils ein einziges Bild konzentriert und das Prozessuale der Bild-

foto­grafische Sicht auf die Welt, deren Vielfalt an Erscheinungen

produktion außer Acht lässt, liegt nicht zuletzt an dem Momenthaf-

mit einem Einzelbild nur unzureichend beizukommen ist. Anfang

ten, das jeder Fotografie eingeschrieben ist. Indem sie etwas zeigt,

des 20. Jahrhunderts haben Fotokünstler die Doppelbelichtung vom

was die Bewegung nicht kennt, nämlich den Stillstand, wird jedes

Ruch des misslungenen Fotos befreit und ihre Fähigkeit erkannt,

Prozedere aufgehoben. Ihr Unvermögen, Bewegung in Raum und

zwei verschiedene zeitliche oder räumliche Momente in einem Bild

Zeit zur Darstellung zu bringen, wird zu einer Kategorie erhoben,

ansichtig zu machen. Andere haben mit Spiegeln gearbeitet und

die auf die historischen Rückblicke ausstrahlt. Das Medium, möchte

damit unterschiedliche räumliche Perspektiven in einer Ansicht

man sagen, rächt sich für das, was ihm versagt ist. Es liefert den

vereint. Und wenn Konzeptkünstlerinnen und Künstler der letzten

Historikern einen Bilderberg, aus dem diese nach Maßgabe der

Jahrzehnte Texte in oder neben eine Fotografie gesetzt haben, so

Tradition oder des Geschmacks eine Aufnahme auswählen und mit

bedeutet dies ebenso eine Erweiterung, denn die Sprache bringt

ihrer isolierten Darbietung ein weiteres Mal den fotografischen Akt

eigene Bilder hervor und zudem hat jede Schrift ihr eigenes Bild.

als Prozess verleugnen. Als Meister solcher Interpretation des Fotografischen und als ihr

Fotografische Bücher und Ausstellungen brechen die Einsilbigkeit von Einzelbildern nur begrenzt auf. Denn meist bewegen sich

erfolgreichster Propagandist muss Henri Cartier-Bresson angesehen

die Bildfolgen innerhalb eines Themas oder stellen gleiche Motive

werden. Der französische Pressefotograf formulierte 1952 die Theo-

gegeneinander. Gezeigt wird beispielsweise eine Porträtauffassung

rie des „entscheidenden Augenblicks“ und veröffentlichte von all

über mehrere Jahre oder wie eine Fotokünstlerin die Atmosphäre

den Motiven, die er in seinen Reportagen und Studien aufgegriffen

der Straße an den sich spiegelnden Schaufensterscheiben einfängt,

hatte, immer nur eine einzige Aufnahme. Selbstverständlich hat er

während der Kollege dem fließenden Verkehr unscharfe Konturen

mehrmals dasselbe Szenario in den Fokus genommen, aber immer

abzugewinnen weiß. In Ausstellungen wird mit Bildreihen tenden-

nur eine einzige Variante als beachtenswert ausgewählt. Damit stellt

ziell linearen Entwicklungen der Vorrang eingeräumt, während

er die Autonomie des Foto­grafen über jene der Betrachter. Wie die

in Büchern die Doppelseiten eher ästhetischen Entsprechungen

allermeisten Kunst- und Fotohistoriker immer wieder dieselben

gewidmet sind. Es gibt seltene Ausnahmen.

Bilder aus der Schatztruhe der längst durch zahllose Kommentare

Sputnik opponiert gegen die übliche Vermittlung von foto-

legitimierten Stücke holen und dem Publikum vorsetzen. Doch die

grafischen Bildern, gegen die Alleinstellung von Aufnahmen sowie

Geschichte kennt keinen Stillstand, weil sie ausschließlich in der

gegen das eindimensionale Verfolgen von Sukzessionen, seien sie

Zeit existiert und jede neue einen anderen Entwurf verlangt. In den Kreisen der Künstlerinnen und Künstler hat es nicht wenige gegeben, die sich gegen das Diktat des Einzelbildes gestellt

temporalen, räumlichen oder formalen Gegebenheiten verpflichtet. Das Projekt setzt entschieden auf die Möglichkeiten rein bildlicher Konversation, indem jeglicher Konfrontation eine Chance einge-

und auf Modalitäten und Formen gesetzt haben, bei denen zwei

räumt wird. Diese erweitert den Blick auf das fotografische Spek-

oder mehr Bilder aufeinandertreffen. Sequenz und Serie geben

trum um einige Aspekte und nimmt ein Verfahren vorweg, das in

die einfachsten Modelle für eine Erweiterung fotografischer

jüngster Zeit auch die Bildwissenschaften fordern. Bildbestimmung,

Argumentation ab. Schon William Henry Fox Talbot hat eine solche

wissen die Autoren und Autorinnen in einer Ausgabe der kritischen

Vorgehensweise praktiziert, als er 1842 eine nachgebildete Büste des

berichte, sei nicht mehr eine alleinige Domäne der Sprache, die auf

Patroklus umrundet und immer wieder abgelichtet hat. Dabei ging

der Basis überlieferten Wissens Bilder beschreibt, sondern es sei

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Zeit für die Öffnung zu einer visuellen Argumentation, die Bilder

von Farbe und Schwarzweiß, von einfacher oder expressiver

miteinander kommunizieren lässt. Denn die Sprache erreicht die

Rhetorik, gestalterischen Überlegungen hinsichtlich der Präsen-

Bilder nur unzureichend, und nur Bilder vermögen sich auf gleicher

tation in Ausstellung wie Buch geschuldet ist oder nicht vielleicht

Augenhöhe auszutauschen.

für unsere Blicke Zäsuren setzt, damit sie bei der Durchsicht nicht

Bei Sputnik bilden die Identifizierungen mit Autorin und Autor,

der Stereotypie anheimfallen, sondern sich ständig umstellen

Titel, Herstellungsdatum und Beschaffenheit sekundäre Merkmale,

müssen? Oder ob der Einschnitt nicht vielleicht einen Halt auf

und ihre Auflistung erfolgt entsprechend am Ende des Tafelteils. Die

einem unbekannten Pfad abgeben kann, der erlaubt und verlangt,

Angaben haben die Funktion von Quellen, die gelegentlich nachzu-

sich umzudrehen, zurückzuschauen und zu prüfen, ob man sich

lesen sind, aber den Austausch unter den Bildern nicht bestimmen

tatsächlich an einem Wendepunkt befindet, der vorne und hinten

sollen. Diese stehen in der Ausstellung nebeneinander und sich im

kein Gemeinsames mehr aufweist, oder lediglich der Blick dazu

Katalogbuch gegenüber, als hätten sie sich noch nie gesehen. Mit

angehalten wird, sich neu zu fokussieren? Was bedeutet es zum

wenigen Ausnahmen: Die Blumen der Elfriede Mejchar, könnte

Beispiel, wenn in einem lebenden Bild die heraustretenden Muskeln

man sagen, kennen sich bereits, aber dermaßen gehäuft treten sie

auf dem nackten Oberkörper eines Mannes wie die Verformungen

üblicherweise nicht auf. Hier duckt sich gewissermaßen die eine

in einer Felspartie der darauffolgenden Fotografie anmuten, auf der

hinter der anderen bzw. drängt sich jede vor die andere und in den

nächsten Ansicht archaische Zeichnungen auf Stein wiedergegeben

Blick, und ihre ganze Pracht offenbart sich erst in der Entfaltung der

sind und gleich darauf eine mit Ranken und Blättern überwachsene

großen Menge, die ein eigenes Bild abgibt. Und gelegentlich sind

Skulptur zu sehen ist, mit der die einfache Analogie von natürlicher

auch Entsprechungen der herkömmlichen Art zwischengeschaltet,

und gezeichneter Form aufgehoben und der banale Vergleich

als müsste an die konventionellen Zusammenstellungen erinnert

zurückgewiesen wird?

werden, wenn eine Serie mit Aktstudien desselben Bildautors eingeschoben ist oder Handstudien unterschiedlicher Herkunft

Sputnik liefert keine Antworten, sondern reiht aneinander, stellt zueinander, polemisiert, lässt Ruhepausen zu, gestikuliert, über-

aufeinanderfolgen. Es sind Reminiszenzen, die gängige Sichtweisen

fällt mit massiven Formationen und flüstert mit zarten Gebilden.

zitieren als eine weiterhin gültige und notwendige Art der Auseinan-

Eigentlich stellt Sputnik auch keine Fragen, sondern provoziert sie

dersetzung mit Fotografie. Doch wird mit dem Fehlen der Legende

und lässt alle zu. Damit man nicht so leicht in die alten Sichtweisen

bereits angedeutet, dass sich die Betrachterin und der Betrachter

verfällt, wird vielfach Bildmaterial angeboten, das noch nicht oder

lösen sollte von der Orientierung an deren Genauigkeiten, die mit

selten publiziert worden ist: Arbeiten von berühmten und weniger

dem eigentlich Bildlichen nichts zu tun haben.

bekannten Lichtbildnerinnen und Lichtbildner, von professionellen

Wie die Bilder entblößt werden von begleitenden Daten und

Atelierbetreiberinnen und Betreibern sowie von Amateurinnen udn

Zahlen und sozusagen in purem Zustand aufeinandertreffen, muss

Amateuren, aus nahezu allen Epochen und aus weit auseinanderlie-

unser Blick frei sein von den Kenntnissen um die Vergangenheit

genden Regionen, aus unterschiedlichen Genres und Anwendungs-

und den ehemaligen Gebrauch der Bilder, um ihnen naiv – wie

bereichen. Die Betrachterin und der Betrachter ist gefordert, nicht

zum ersten Mal – begegnen zu können. Ganz unbedarft soll man

lediglich eine Ordnung oder eine Idee nachzuvollziehen, sondern

sich fragen, warum manche Fotos zu anderen Abstand halten, und

sich auf die Suche zu begeben, infrage zu stellen, das heißt, Fragen

welche zueinander geneigt sind, wobei sich trotz der Nähe ein

an die Geschichte und nach dem Konstitutiven des Mediums zu

Bruch auftut? Ob der Wechsel von seriellen und solitären Arbeiten,

formulieren. Das Nebeneinander der Bilder bereitet genügend

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Gelegenheiten, frühere Gewissheiten beiseitezulassen und sich

Erwähnte Literatur

neu auf die Besonderheiten des Fotografischen einzustellen. Wer

Alexander von Humboldt, Schreiben aus Paris an Carl Gustav Carus, 25. Februar

es nicht bei Irritationen belässt und nachzudenken beginnt, hat

1839, wiedergegeben unter dem Titel „Ein Besuch bei Daguerre“ in: Die Wahrheit

schon den ersten Schritt getan, um das fotografische Terrain neu zu

der Photographie. Klassische Bekenntnisse zu einer neuen Kunst, hg. von Wilfried

erkunden und sich überraschenden Entdeckungen auszuliefern.

Wiegand, Frankfurt am Main: S. Fischer 1981, S. 19–22. Henri Cartier-Bresson, „Der entscheidende Augenblick. Betrachtungen eines Photographen über sein Handwerk“ [1952] in: Der Monat. Eine internationale Zeitschrift, 7. Jg., Heft 74, 1954, S. 176–180. Robert Felfe, „Stil, Sprache und eine universelle Morphologie. Ein Interview mit Horst

Timm Starl, Dr. h.c., geboren 1939 in Wien, freier Kulturwissen-

Bredekamp“ in: kritische berichte. Zeitschrift für Kunst- und Kulturwissenschaften,

schafter, Ausstellungskurator und Fotopublizist, Gründer (1981)

38. Jg., 2010, Heft 3, S. 26–31.

und Herausgeber (bis 2000) der Zeitschrift Fotogeschichte; Entwurf

Nicéphore Niépce, Der Blick aus dem Fenster. Gesammelte Briefe, hg. von Kathrin

(1995) und Fortschreibung einer Datenbank zur Fotografie in Öster-

Reichel, aus dem Französischen von Irene und Kathrin Reichel. Hamburg: material

reich von 1839 bis 1945, arbeitet an einer theoretischen Bestimmung

Verlag 1998 (material 100).

der Fotografie, lebt im Weinviertel und in Wien (AT).

Claus Zittel, „Bildwissenschaft als Herausforderung für die Philosophie?“ in: kritische

www.timm-starl.at

berichte. Zeitschrift für Kunst- und Kulturwissenschaften, 38. Jg., 2010, Heft 3, S. 7–17.

Der Text wurde 2011 im Katalog zur Ausstellung Magie des Objekts im Leopold Museum, Wien veröffentlicht. Sputnik war ein fotografisches Projekt, dass die Sammlung von Fritz Simak mit der Sammlung SpallArt vereinte. Leopold Museum Privatstiftung, Fritz Simak und Andra Spallart (Hg.), Magie des Objekts. Sputnik Photographic Projects vol. II, Christian Brandstätter Verlag, Wien 2011.

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Die ursprüngliche Installation im öffentlichen Raum Beleuchtung in der Fußgängerzone der Hüsingstraße in Schwerte (DE) wurde 1997 errichtet. Neben eine bereits vorhandene historisierte Straßen­ laterne wurde eine Peitschenlaterne neuesten Typs aus dem Fundus der Stadt Schwerte platziert. Im Zuge der Umgestaltung der Fußgängerzone 2002 konnte die Arbeit nicht mehr an ihrem ursprünglichen Ort erhalten bleiben. Seit 2004 befindet sie sich als Denkmal für eine vormals ortsspezifische Skulptur im Stadtpark der Stadt Schwerte. (Maik und Dirk Löbbert) Als letzte Referenz an die Beleuchtungs-Skulptur fertigte das Künstlerbrüderpaar im Jahr 2009 noch eine kleine modelartige Skulptur mit dem gleichlautenden Titel Beleuchtung.

• Beleuchtung, 2009 Glas, Kunststoff, Leuchten, 12 × 12 × 20 cm © Maik und Dirk Löbbert / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-2328

Maik und Dirk Löbbert geboren 1958 in Gelsenkirchen (DE) / geboren 1960 in Wattenscheid (DE), leben und arbeiten in Köln (DE)

• Denkmal/Beleuchtung, 2004 Pigmentbasierter Tintenstrahldruck, 54,5 × 37 cm © Maik und Dirk Löbbert / Bildrecht, Wien / Sammlung SpallArt, Inv. S-2329

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Dieser Katalog erscheint anlässlich der Ausstellung Das Objekt im Fokus. Fotografie aus der Sammlung SpallArt im Lager der Sammlung, Jakob-Auer-Straße, Salzburg 2021

Impressum Herausgeber Sammlung SpallArt Jakob-Auer-Straße 8, 5020 Salzburg mail@sammlung-spallart.at www.sammlung-spallart.at Konzeption, Redaktion, grafische Gestaltung Christoph Fuchs Lektorat Melanie Gadringer Druck und Bindung Holzhausen, Wolkersdorf, Österreich © 2021 Sammlung SpallArt und die Autorinnen und Autoren


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