5 minute read

Fitte Muskeln – fitter Mensch. Krafttraining schützt vor Krankheiten

Next Article
Urfahr-Umgebung

Urfahr-Umgebung

Fitte Muskeln, fitter Mensch

Wer glaubt, fitte, trainierte Muskeln sind höchstens dazu da, andere zu beeindrucken, der irrt: Sie halten fit, schützen vor Krankheiten und haben sogar Heilkraft. Was sie bewirken und wie das erklärbar ist. Von Mag.a Sabine Stehrer

Advertisement

» Bereits rund um das dreißigste

Lebensjahr beginnt der

Körper, Muskeln abzubauen. «

Breite Schultern, ein Sixpack und muskulöse Beine: Das finden Umfragen zufolge die meisten Frauen an Männern attraktiv. Was das weibliche Schönheitsideal anbelangt, heißt es ebenfalls längst „stark ist das neue sexy“. Und das ist auch gut so. Denn trainierte Muskeln können viel mehr als die Anziehungskraft gegenüber dem anderen Geschlecht zu erhöhen und zu beeindrucken. „Mittlerweile wurde mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Muskelmasse und dem Gesundheitszustand gibt“, sagt der Internist und Sportmediziner an der Medizinischen Universität Wien Univ.-Prof. Dr. Paul Haber. „Fitte, trainierte Muskeln, fitter Mensch“ lautet den Studienergebnissen nach die Devise. Ihr zu folgen, zahlt sich aus. Und zwar in jedem Alter – doch je früher, desto besser.

1 Schutz vor

Übergewicht

Denn bereits rund um das dreißigste Lebensjahr beginnt der Körper, Muskeln abzubauen. Wer diesem Abbau mit einem Aufbau der Muskeln gegensteuert, ist gut vor Übergewicht geschützt, der Wurzel vieler gesundheitlicher Beschwerden und Erkrankungen. Das aber nicht nur wegen des erhöhten Kilokalorienverbrauchs während des Krafttrainings und bedingt durch den sogenann-

Adobe Stock / Foto: auremar

ten Nachbrenneffekt in den Stunden danach, sondern auch, so der Grazer Internist, Kardiologe und Sportmediziner Doz. DDr. Manfred Wonisch: „Weil ein kräftiger Muskel selbst dann, wenn er nicht

Krafttraining – so heilt es:

Wer beginnt, seine Muskeln zu trainieren, wenn er an Prädiabetes leidet, der Vorstufe von Diabetes Typ 2, kann eine Erkrankung an Diabetes verhindern. Auch lassen sich mit Krafttraining leichte Formen der Zuckerkrankheit heilen. Besteht Osteopenie, eine Vorstufe von Osteoporose, oder bereits Osteoporose, kann durch ein Training der Muskeln ein Fortschreiten des Knochenschwunds verlangsamt bis verhindert werden. Bei Bluthochdruck ist durch das Training eine Linderung erzielbar, so auch bei weiteren chronischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose (MS), Depressionen, der sogenannten Raucherlunge COPD, Morbus Parkinson oder Demenz. Bei Herzschwäche hat sich erwiesen, dass eine gute Muskelkraft zumindest ein besseres und längeres Leben möglich macht.

beansprucht wird, mehr Energie aus der Nahrung benötigt und abbaut als dieselbe Menge an Fettgewebe.“

2 Vorbeugung vor

Rückenschmerzen

Egal, ob die Muskelkraft mit Kniebeugen & Co, mit Hanteln oder an Geräten gesteigert wird: „Trainierte Muskeln geben dem gesamten Stütz- und Bewegungsapparat mehr Halt als untrainierte“, erklärt Haber. So beugen sie Problemen vor, die Gelenke, Knochen, Bänder und Sehnen aufgrund von großen oder falschen Belastungen oft bereiten – und damit verbundenen Knie-, Rücken-, oder Schulterschmerzen.

3 Mittel gegen

Entzündungskrankheiten

Darüber hinaus werden bei einem Krafttraining bestimmte, hormonähnliche Botenstoffe ausgeschüttet, Myokine. Und das wirkt sich gleich mehrfach positiv auf die Gesundheit aus. „Myokine sti-

» Trainierte

Muskeln geben dem gesamten

Stütz- und Bewegungsapparat mehr Halt als untrainierte. «

» Fitte, starke

Muskeln benötigen auch in Ruhe mehr Zucker als untrainierte schwache und somit schützt

Krafttraining vor

Diabetes Typ 2.«

mulieren die Abwehrzellen des Immunsystems“, weiß Haber. Das bewahrt beispielsweise vor Infekten durch Viren, Bakterien oder andere Krankheitserreger. Des Weiteren hemmen Myokine Entzündungsprozesse. So schützen sie vor entzündlichen Gefäßerkrankungen und damit vor Arteriosklerose, der Gefäßverengung, sowie deren häufigen Folgen Schlaganfall und Herzinfarkt. Dem nicht genug kann eine gesteigerte Ausschüttung des Botenstoffs auch das Wachstum von Tumoren hemmen und vor einer Erkrankung an Krebs bewahren.

4 Gegen hormonelle

Probleme

Aber nicht nur hormonähnliche Substanzen wie die Myokine werden beim Stärken von Bauch, Bein & Co vermehrt produziert, „sondern auch das männliche Sexualhormon Testosteron“, wissen die Sportmediziner. Das ist generell gut für die Gesundheit, und zwar beider Geschlechter. Verhilft es doch zu einer Steigerung der körperlichen Leistungskraft, zu mehr Lust auf Sex, Männern zu mehr Potenz und Frauen zu einer Linderung hormonell bedingter Probleme, die während des Menstruationszyklus oder in den Wechseljahren auftreten.

Krafttraining – so geht es:

Das wichtigste ist, eine Form des Krafttrainings zu wählen, die Spaß macht, denn das erleichtert das Dranbleiben. So kann dem einen ein Training mit dem eigenen Körpergewicht gefallen, dem anderen eher ein Training mit Hanteln oder Gummibändern liegen, und wieder andere trainieren lieber an Geräten, die geführte Bewegungen ermöglichen oder mögen einen Mix aus allem. Wichtig ist auch, den gesamten Körper zu trainieren und mit großen Muskelgruppen zu beginnen, also mit den Rücken- und Beinmuskeln, um anschließend kleinere Muskeln wie die Arm-, Bauch-, und Brustmuskeln zu stärken. Das Gewicht und die Schwere der Übungen sollten so gewählt sein, dass acht bis zwölf Wiederholungen pro Trainingssatz zu schaffen sind. Ratsam sind zwei bis drei Sätze. Zwischen den Sätzen wird dreißig Sekunden bis drei Minuten pausiert – je anstrengender die Übung ist, desto länger. Das Krafttraining sollte zwei- bis dreimal wöchentlich absolviert werden. Sobald es nicht mehr so beansprucht wie anfangs, kann die Schwere der Übungen gesteigert werden. Idealerweise wird das Krafttraining mit einem Ausdauertraining kombiniert: Pro Woche sollte 150 Minuten gelaufen oder geradelt, geschwommen oder zügig gewalkt werden.

5 Vorbeugung vor

Alterskrankheiten

Weil beim Stemmen von Gewichten vermehrt Transportmoleküle ausgeschüttet werden, die Zucker in die Körperzellen transferieren, und weil fitte, starke Muskeln auch in Ruhe mehr Zucker benötigen als untrainierte schwache, „schützt Krafttraining vor Diabetes Typ 2“, weiß Wonisch. Wie die Zuckerkrankheit tritt mit zunehmendem Alter Bluthochdruck öfter auf: Davor kann Krafttraining ebenso bewahren, denn das Muskeltraining macht auch den Herzmuskel fit – der dann mit weniger Druck und Schlägen seine Aufgabe erfüllen kann, Blut durch den Körper zu pumpen.

6 Schutz vor

Pflegebedürftigkeit

Selbst noch mit über achtzig Jahren lassen sich die Muskeln durch ein Krafttraining aufbauen – das ist ebenfalls wissenschaftlich erwiesen. Und trainierte Muskeln zahlen sich auch in höherem und hohem Alter in vielerlei Hinsicht aus. „Je älter der Mensch, umso wichtiger ist Muskeltraining sogar“, sagt Wonisch. Denn durch das Kräftigen der Muskulatur kann Sarkopenie, der altersbedingte Muskelschwund, aufgehalten bis wettgemacht werden. Je besser das gelingt, desto länger können Alltagserledigungen ohne große Mühe bewältigt werden. Überdies werden durch den Zug, den die Muskeln beim Training auf die Knochen ausüben, die Knochen gestärkt, was vor Osteoporose bewahrt, dem Knochenschwund – und damit vor dem Frailty-Syndrom, der Gebrechlichkeit, die oft rasch Richtung Pflegebedürftigkeit führt. ●

This article is from: