Standpunkt
Paul Kimberger Mein Standpunkt
Schulen in Zeiten der Pandemie
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uallererst: Ein herzliches Dankeschön für Ihren wesentlichen Beitrag und die großartige pädagogische und organisatorische Arbeit der letzten Wochen zur Bewältigung der Krise in unserem Land! Die Schule hat aus meiner Sicht einmal mehr eindrucksvoll bewiesen, dass man sich auch in Ausnahmesituationen auf sie verlassen kann. Trotz unklarer Etappenpläne, sich widersprechender Informationsschreiben, unzumutbarer Zeitleisten, administrativer Mehrbelastung und oft unzureichender Sicherheitsvorkehrungen schaffen wir es, unsere Schülerinnen und Schüler gut durch diese schwierige und herausfor» Ich bin sicher, in wenigen dernde Zeit zu bringen. Alle, die in diesem System arbeiWochen werden sich sämtliche ten, haben große AnerkenEltern einig sein: Wir haben die nung und hohe Wertschätbesten Schulen der Welt.« zung verdient. Dass das nicht alle so sehen, bedau(Klaus Eckel, Kabarettist und Vater, „Teachme, ere ich sehr. if you can“, Kurier vom 22. März 2020.) Doch nun zu einer spannenden Frage: Wird Schule nach Corona digital? Man chattete mit seinen Schülern, diese lernten mit webbasierten Tools, die nächste Unterrichtseinheit wurde als Video im Netz hochgeladen und Lernmaterialien standen auf Online-Plattformen für die Klasse bereit. Seit das Virus überfallsartig Home-Schooling und Distance-Learning notwendig gemacht hat, sprießen geradezu die Ideen für neue digitale Unterrichtskonzepte. In kürzester Zeit entstanden Kommunikationswege, die vorher nicht oder nur ansatzweise vorhanden waren. Ob diese Ausnahmesituation der Digitalisierung des Schulbetriebs nun den Schub verleihen wird, den das Bildungswesen seit Jahrzehnten bräuchte, bleibt allerdings abzuwarten.
Lernen mit der Maus Der Ruf nach technologischem Fortschritt ist alt. Älter sind mancherorts nur die Computer, die den Schülerinnen und Schülern zur Verfügung stehen, wenn sie denn überhaupt vorhanden sind. Der Schritt in das digitale Zeitalter steht jedenfalls seit Jahrzehnten „unmittelbar
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JUNI 2020 | DAS SCHULBLATT
bevor“. Doch er wurde – außer in politischen Sonntagsreden – bis heute nicht wirklich gemacht. Schon vor 25 Jahren gab es leidenschaftliche Diskussionen, ob das „Lernen mit der Maus“ in der Volksschule sinnvoll sei. Gleichzeitig fantasierten einige mit einer Mischung aus Faszination und Grauen über die Schule der Zukunft und waren sich sicher, dass der „total vernetzte Schüler“ nicht mehr allzu fern sei.
Technologische Fortschritt ging fast spurlos vorbei Diese Vision entsprach nun tatsächlich dem pädagogischen Alltag in der Zeit des Lockdowns. Grund dafür war allerdings nicht der fortschrittliche Wandel in unseren Schulen, sondern das Corona-Virus. Diese rasante Entwicklung kann aber nicht vertuschen, dass der technologische Fortschritt der vergangenen Jahrzehnte an vielen Klassenzimmern fast spurlos vorbeigegangen ist. Die Krise hat die Versäumnisse der derzeitigen Krisenmanager nun gnadenlos aufgedeckt. In vielen Schulen fehlt es an Ausstattung, Infrastruktur, Programmen und Konzepten – ein Mangel, den die Betroffenen (Schulleiterinnen und Schulleiter, Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, Eltern) schon seit Jahren mit enormer Anstrengung, bewundernswertem Aufwand und selbst finanzierten Eigeninitiativen zu beheben versuchen. Wäre dem nicht so, hätte in dieser Phase pädagogisch recht wenig funktioniert.
Home-Schooling und Distance-Learning Zugegeben, diese noch nie dagewesene Ausnahmesituation ist mit einem normalen Schulalltag, wie wir ihn kennen, nicht zu vergleichen. Home-Schooling und Distance-Learning können nur eine Übergangslösung sein und es ist im Interesse aller Beteiligten, diesen Zustand möglichst kurz zu halten, was natürlich wiederum von der weiteren Entwicklung der Infektionszahlen abhängen wird. Für ein endgültiges Resümee in dieser im wahrsten Sinne des Wortes verrückten Zeit ist es noch zu früh. Trotzdem gibt es bereits jetzt Erkenntnisse, von denen einige für die Weiterentwicklung von Schule – auch nach der Krise – von Bedeutung sein könnten.