Neue Landwirtschaft #3

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EINE UNABHÄNGIGE THEMENZEITUNG VON EUROPEAN MEDIA PARTNER

NR 3 | SEPTEMBER 2016 NEUEUMWELT.DE

NEUE LANDWIRTSCHAFT

MIT FOKUS AUF INNOVATION UND NACHHALTIGKEIT

TIERWOHL IN DEUTSCHLAND

Zwei Experten über artgerechte Tierhaltung LESEN SIE DIESE AUSGABE DIGITAL! Wahlweise als E-Paper mit der EMP-App oder auf neueumwelt.de

CHRISTIAN SCHMIDT

BUNDESMINISTER FÜR ERNÄHRUNG UND LANDWIRTSCHAFT

„Landwirtschaft 4.0 und flächendeckendes Smart Farming werden den Alltag der Landwirte erleichtern“ Sonderpublikation in Die Welt am 12. September 2016

GÜLLE ALS ENERGIEQUELLE

Eine sinnvolle Ergänzung

BAUER SUCHT AZUBI Es werden dringend Fachkräfte benötigt

BAUERNSCHLAU 4.0 Computer, Internet und die Landwirtschaft

LESEN SIE DAS VORWORT MIT

Joachim Rukwied, DBV

Landwirtschaft 4.0

Sie haben die Idee, wir entwickeln die Software. www.lacos.de/landwirtschaft4.0


Eine unabhängige Themenzeitung von European Media Partner

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VORWORT – NEUEUMWELT.DE

Joachim Rukwied

„Technischer und züchterischer Fortschritt wird in den Betrieben schnell umgesetzt.“

Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV)

UNSERE LANDWIRTE – INNOVATIV UND LEISTUNGSFÄHIG

D

ie deutsche Landwirtschaft liegt mit ihrer computergesteuerten Landtechnik mit an der Spitze bei der Digitalisierung der deutschen Wirtschaft. Unsere Landwirte nutzen die Digitalisierung konsequent: Tablets, Smartphones und Apps sind gängige Helfer bei der alltäglichen Arbeit auf den Höfen. Die digitale Technik ermöglicht es, genauer zu säen, exakter und bedarfsgerechter zu düngen sowie besser zu ernten. Dadurch werden auch große Fortschritte im Hinblick auf eine noch nachhaltigere Landwirtschaft erreicht. Das Gleiche gilt für unser Bestreben, die Nutztiere artgerecht zu halten. Vollautomatische Fütterungstechnik oder Melkroboter sind längst keine Ausnahme mehr in unseren Ställen. Moderne Sensorik überwacht beispielsweise die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere. Dabei ersetzt die digitale Technik nicht den Menschen, sondern hilft dem Landwirt, sich noch besser um seine Tiere zu kümmern. Unsere Landwirte sind wettbewerbsstark, innovativ und leistungsfähig. Technischer und züchterischer Fortschritt wird in den Betrieben schnell umgesetzt. Weiterentwicklung und damit Veränderungen sind in den Betrieben der Regelfall. Jährlich investiert die deutsche Landwirtschaft in normalen Jahren rund 11 Milliarden Euro. Die aktuell sehr schwierige wirtschaftliche Situation und die gesellschaftliche Debatte über die moderne Landwirtschaft stellen jedoch unsere Bauernfamilien vor gewaltige Herausforderungen. Ökonomische Grenzen werden erreicht, gar überschritten, wenn Erzeugerpreise nicht mehr kostendeckend sind, wie dies derzeit bei einigen landwirtschaftlichen Produkten der Fall ist. Um technische Veränderungen und neue gesellschaftliche Anforderungen marktgerecht umzusetzen, ist eine faire Teilhabe an der

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Wertschöpfung in der Lebensmittelkette unabdingbar. Nur ökonomisch erfolgreiche Betriebe sind auch in der Lage nachhaltig zu wirtschaften. Ungeachtet des technischen Fortschritts müssen unsere Bauernfamilien auch stetig um die Wertschätzung für ihre Leistungen und um Akzeptanz in Gesellschaft und Politik kämpfen. Der diesjährige bundesweite Tag des offenen Hofes erhielt als Dialogangebot der deutschen Landwirtschaft an Politik, Verbraucher und Medien millionenfache Zustimmung. Anschaulich, offen und ehrlich wurde über das Denken und Handeln auf dem Acker und im Stall, über tiergerechte Haltung und über die Bedeutung unserer Land-, Agrar- und Ernährungswirtschaft mit ihren rund 4,5 Millionen Arbeitsplätzen informiert. Jeder neunte Erwerbstätige in Deutschland ist direkt oder indirekt damit beschäftigt, Menschen mit hochqualitativen Nahrungsmitteln zu versorgen und Bioenergie sowie nachwachsende Rohstoffe zu erzeugen und zu verarbeiten. Die vielseitige Kulturlandschaft in Deutschland wäre ohne eine nachhaltige Landwirtschaft nicht möglich. Somit ist und bleibt die Landwirtschaft das Herzstück unserer ländlichen Räume, wirtschaftlich wie gesellschaftlich. Trotz modernster Digitaltechnik – nach wie vor wirtschaften unsere Landwirte in und mit der Natur. Sie wissen nicht erst seit den Wetterextremen der letzten Monate, dass sie von Witterung und Klima abhängig sind. Die diesjährige Getreideernte hat aber auch gezeigt, wie wichtig modernste Technik mit ihrer Schlagkraft ist, um an den wenigen trockenen Tagen die Ernte bodenschonend vom Feld holen zu können. Beispiele dieser Erfolgsgeschichte der landwirtschaftlichen Entwicklungen zeigt diese Beilage verbrauchernah auf.

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Recyclen oder weiterreichen!

NESLIHAN EMPFIEHLT! Ich empfehle Ihnen den Artikel auf Seite 5 zum Thema Informationstechnologie in der Landwirtschaft. Neslihan Gruel, Project Manager

INHALT 4

Bauer sucht Azubi

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Nachhaltige Landwirtschaft

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Tierwohl in Deutschland

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Mehr Zeit für die Tiere

8

Titelstory – Bundesminister Christian Schmidt

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Gülle als Energiequelle

12

Bauernschlau 4.0

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Die digitale Ernte

NEUE LANDWIRTSCHAFT Project Manager: Neslihan Gruel neslihan.gruel@europeanmediapartner.com Geschäftsführer: Redaktionsleiter: Layout und Anzeigengestaltung: Lektorat: Titelbild: Distribution: Druck:

Kristoffer Andersson Mats Gylldorff Aileen Reese Nicole Bitkin BMEL/photothek.net/ Joerg Sarbach Die Welt Gesamt, September 2016 Axel Springer SE

European Media Partner Deutschland GmbH Neuer Wall 59, DE-20354 Hamburg Tel.: +49 40 299 977 400 Email: info@europeanmediapartner.com www.europeanmediapartner.com

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SCHLÜSSEL zu mehr EFFIZIENZ Es ist gut möglich, dass die vor uns liegenden Jahre als das Zeitalter der Konnektivität und der hochgradigen Automation in die Geschichte eingehen werden. Das fortschrei­ tende Wachstum des globalen Handels wird weitere Investitionen in effiziente, sichere und auch autonome Systeme erfordern. Dies gilt auch für landwirtschaftliche Fahrzeuge. Die wichtigsten Zielvorgaben in diesem Bereich sind Wirtschaftlichkeit und Schutz der Natur in der unmittelbaren Umgebung. In der Landwirtschaft ist es offensichtlich, dass

Zugleich müssen Anforderungen wie die Robust­

das verfügbare Land immer rentabler bewirt­

heit von Systemen unter Berücksichtigung der

schaftet werden muss. Vorhersehbare Ernte­

Gegebenheiten des mobilen Betriebs erfüllt

erträge werden immer wichtiger, um die wach­

werden. Effiziente Antriebssysteme müssen

sende Bevölkerung ernähren zu können und

Temperaturschwankungen standhalten, Parame­

zugleich der Industrie nachwachsende Rohstoffe

ter jenseits der auf Datenblättern spezifizierten

zu bieten. Die gesamte Systemeffizienz ist eine

Werte tolerieren, und sie müssen unempfindlich

Herausforderung für das Segment der Nutzfahr­

gegenüber Schwingungen und Stößen sein,

zeuge, Bau­ und Landmaschinen, denn diese

um robusten Betrieb garantieren zu können.

müssen nachhaltig und mit besonders hoher Verfügbarkeit betrieben werden können.

In diesem Kontext liegt es auf der Hand, dass branchenspezifische Kenntnisse über Chips

Elektronische Systeme spielen bereits eine

für die Entwicklung von funktionsfähigen und

wichtige Rolle bei der Bewältigung der aktuellen

funktionssicheren Systemen unerlässlich

Herausforderungen in diesem Zusammen­

sind. Auch Softwarekomponenten dürfen im

hang. Telematik­ und Tracking­Systeme liefern

Hinblick auf die funktionale Sicherheit nicht

schon heute präzise Daten über den aktuellen

unterschätzt werden. Zu den Funktionen, die

Standort von Waren. So können Materialströme

elektronische Systeme mit Hilfe von Software

Smart, Secure, Connected – Everywhere

überwacht und in Echtzeit beeinflusst werden.

bereitstellen müssen, zählen unter anderem

Im Agrarbereich können bestimmte Ernteerträge

die Überwachung und Analyse von Betriebs­

je Flächeneinheit bereits dank Methoden der

zuständen sowie die Erkennung und wirksame

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Präzisionslandwirtschaft gewährleistet werden.

Behebung von Fehlern.

Europa bei Anwendungen, die heute unter

Im Bergbau werden Lastzustände aufgezeichnet

den Begriff IoT – Internet of Things – fallen.

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Die Schlüssel zu mehr Effizienz in der Landwirt­

entwickeln und neue Features wie wireless

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Frank-Steffen Russ

und security zu integrieren. Für alle Fragen

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FOKUS – NEUEUMWELT.DE

BAUER SUCHT AZUBI Niedrige Milch- und Schweinefleischpreise, wenig Urlaub und harte Arbeit von früh bis spät. Das sind die Vorurteile, mit denen die Landwirte zu kämpfen haben. Immer weniger Jugendliche wollen sich zum Landwirt ausbilden lassen.

Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes: „Heute muss der Ausbilder um die Auszubildenden werben. Das heißt, im Zweifelsfall muss der Einzelbetrieb sich bewerben oder der Berufsstand muss Werbung für die Branche machen, damit möglichst viele junge Menschen auch von außen reinkommen, die Interesse an den grünen Berufen haben.“ Zwar stieg die Zahl der Auszubildenden in der Landwirtschaft im Jahr 2015 um 1 % auf 33.800 im Vergleich zum Vorjahr. Doch entschieden sich gerade mal 2,5 % der Ausbildungswilligen für einen der „grünen Berufe“.

3.000 – das war die Zahl der nicht

besetzten Ausbildungsplätze in der deutschen Landwirtschaft 2013/2014. Auch für dieses Jahr kann der Deutsche Bauern Verband (DBV) nichts Anderes berichten. „Die Zahlen haben sich aber gegen den Trend (weniger Bevölkerungswachstum) nicht verschlechtert“, so Dr. Michael Lohse vom DBV. Die Ausbildung in den so genannten 14 „grünen Berufen“ ist im Wandel. Berufsschulen mussten wegen Schülermangel geschlossen werden, die Ausbildung der Berufsschullehrer hinkt den Anforderungen hinterher. Vielen Auszubildenden mangelt es an guten Deutsch- und Mathekenntnissen. Hier will der Deutsche Bauern Verband gegensteuern. „Wir haben Musterausbildungsbe-

„Heute muss der Ausbilder um die Auszubildenden werben.“

Die Zahl der Auszubildenden in der Landwirtschaft stieg im Jahr 2015 um 1 % auf 33.800 im Vergleich zum Vorjahr.

triebe geschaffen, da werden die Deutsch- und Matheschwächen in extra Kursen ausgeglichen. Da schulen wir die jungen Leute selbst und machen sie fit für den Beruf “, so Dr. Michael Lohse. Das Bild vom Bauern, der mit seiner Familie den Hof bewirtschaftet, entspricht zwar noch zu 90 Prozent der Realität. Doch die zehn Prozent der Betriebe, die als GmbH, Personengesellschaft, Genossenschaft oder AG geführt werden, bewirtschaften zusammen mittlerweile über ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland. Der

„Wir haben Musterausbildungsbetriebe geschaffen.“ demographische Wandel führt dazu, wie auch in anderen Branchen, dass dringend benötigte Fachkräfte knapper werden. So haben viele Betriebe bereits heute große Mühe, gut ausgebildete Fachkräfte zu bekommen. Be-

trachtet man die Altersstruktur der in der Landwirtschaft tätigen, sind bereits heute 32 Prozent älter als 55 Jahre und lediglich knapp 12 Prozent der Arbeitskräfte zwischen 25 und 35 Jahre alt (Quelle: Stat. Bundesamt). Doch nicht nur strukturelle und

demografische Veränderungen führen zum Fachkräftemangel. Die Berufe in der Landwirtschaft haben mit einem schlechten Image zu kämpfen. Unregelmäßige und lange Arbeitszeiten, harte körperliche Arbeit bei Niedriglöhnen sind nicht gerade attraktiv. Werner Schwarz,

„Wir müssen uns anstrengen, den jungen Leuten eine Perspektive zu geben, mehr Lohn, mehr Freizeit. Die Vorteile, sich für einen Beruf heute in der modernen Landwirtschaft zu entscheiden, müssen überwiegen“, meint Dr. Michael Lohse, Sprecher des Deutschen Bauernverbandes. Ein Lichtblick für die Landwirtschaft: Frauen aus den Städten fragen vermehrt nach Ausbildungsplätzen in der Landwirtschaft nach. Text: Jörg Wernien

FAKTEN Seit 1995 bis zum Jahr 2013 schrumpfte die Anzahl der Betriebe von 587.744 auf 285.000. Gleichzeitig verdoppelte sich dabei die durchschnittliche Größe je Betrieb auf 59 Hektar. ANZEIGE


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NEUEUMWELT.DE – NEUEUMWELT.DE ENTWICKLUNG

Foto: Holmer Maschinenbau GmbH

Der Wandel in der landwirtschaftlichen Produktion hat andere hochtechnisierte Wirtschaftszweige wie die Automobilindustrie längst überholt. Der erste selbstfahrende Mähdre-

scher wurde in Europa bereits 1951 vorgestellt. Mit dem Agri-Robot stellte 1964 der einstige Traktorenbauer Eicher einen Pflugmaschinen-Prototyp vor, der ohne Fahrer selbstständig einen Acker pflügen konnte. Und lange bevor die ersten Navigationsgeräte für Autos auf den Markt kamen, setzte die Landwirtschaft bereits Anfang der 1990er Jahre auf Satellitenortung. Wenn heute ein Traktor im Früh-

jahr präzise seine Pflugreihen zieht und die Saat ausbringt, wenn im Spätsommer die Mähdrescher ihre Bahnen ziehen, dann hat der Fahrer seine Hände höchstens noch am Joystick. Die Maschine fährt nämlich autonom. Oft gleich mehrere Monitore, die moderne Traktor- und Mähdrescherkabinen wie Flugzeugcockpits erscheinen lassen, liefern in Echtzeit genaue Daten darüber, wie der Ackerboden beschaffen ist, ob die richtige Menge an Saatgut für genau diesen Boden in die Furchen fällt, oder ob der Mähdrescher automatisch den nächsten Lkw zum Überladen des Ernteguts angefordert hat.

Das Nonplusultra dieser landwirt-

schaftlichen Entwicklung ist jedoch das so genannte Smart Farming, das weit über die reine Maschinensteuerung hinaus geht. Denn die Traktoren können eine Vielzahl von Daten erfassen und alle erledigten Arbeiten dokumentieren. Damit lassen sich anfallende Tätigkeiten einschließlich der Maschinenwartung optimal planen, betriebswirtschaftliche Daten und Ernteprognosen gewinnen. Auch wenn sich die Gesamtern-

Wenn heute ein Traktor im Frühjahr präzise seine Pflugreihen zieht und die Saat ausbringt, dann hat der Fahrer seine Hände höchstens noch am Joystick.

Die äußerst präzise Steuerung ist das Ergebnis mehrerer digitaler und informationstechnischer Komponenten. Da sind zum einen die automatischen Lenksysteme, die das globale Navigationssatelliten-System nutzen. Der Traktor berechnet daraus die aktuelle Position und bestimmt die Fahrspur. Werden zusätzlich die festen Bodenstationen der so genannten Real Time Kinematik RTK genutzt, liegt die Genauigkeit im Zentimeterbereich, so dass sich die Lenksysteme sogar für die Einzelkornsaat eignen. So bleibt kein Quadratzentimeter des Bodens ungenutzt. Das erleichtert später nicht nur die Ernte und die gesamte Bodenbearbeitung, sondern die Fahrspuren lassen sich auch abspeichern,

im Folgejahr wieder abrufen oder auch per USB-Stick in andere Maschinen einlesen. All das entlastet nicht nur die Arbeit der Fahrer, sondern erhöht auch die Qualität der Arbeit.

teerträge in hoch entwickelten Landwirtschaften kaum noch steigern lassen, so helfen Digitalisierung und Vernetzung, die Nahrungsmittel nachhaltiger und schonender zu produzieren und gleichzeitig Ressourcen und Umwelt zu schonen. Text: Neo Nording

Durch eingebaute Sensoren in Ver-

bindung mit Karten, auf denen die Bodenqualität verzeichnet ist, kann der Traktor die Menge an Düngemitteln punktgenau dosieren. Denn ein Acker gleicht hinsichtlich der Bodenstruktur, der Feuchtigkeit oder der vorhandenen Nährstoffe eher einem Mosaik als einer homogenen Landmasse. Der sparsame Umgang mit Dünger kommt nicht nur der Umwelt zugute, sondern entlastet auch den bäuerlichen Geldbeutel.

ROLAND SCHULER Foto: Gerhard Blank

NACHHALTIGE LANDWIRTSCHAFT DANK INFORMATIONSTECHNOLOGIE

INTERVIEW MIT

FAKTEN Eine Umfrage bei Landwirten zu den neuen Informationstechnologien, durchgeführt vom digitalen Branchenverband Bitkom 2015, kommt zu folgendem Ergebnis: – Jeder fünfte Betrieb nutzt Informationstechnologien. – Jeder elfte Betrieb plant den Einsatz. – 21 Prozent haben noch keine konkreten Pläne. – Für rund die Hälfte sind Informationstechnologien derzeit kein Thema.

Roland Schuler, Vorstand der BayWa AG und Gesellschafter der FarmFacts GmbH

Die BayWa-Tochter FarmFacts bietet unter anderem Software für Landwirte als Desktop- oder Cloudlösung an. Worauf legen Sie dabei Wert? Unsere Lösungen für Digital Farming sind herstellerunabhängig mit Landmaschinen einsetzbar. Wir gehen von den Bedürfnissen des Kunden aus und wollen diesen nicht einschränken. Die FarmFacts versteht sich mit ihren Produkten und Dienstleistungen als umfassender Lösungsgeber für smarte Hofbewirtschaftung.

Was sind die Vorteile einer Cloudlösung? Als zentrale Datenablage bietet die Cloud dem Landwirt die Möglichkeit, von jedem Ort und jedem Gerät aus auf die Daten zuzugreifen. Zudem müssen keine Softwareupdates eingepflegt werden, sondern diese erfolgen automatisch.

Und die Sicherheit der Daten? Durch zentrale Speicherung und professionelle Sicherung der Daten ist der Kunde vor dem Verlust oder Fremdzugriff geschützt. Unsere Server stehen zudem in Deutschland, was die Rechtssicherheit gewährleistet. ANZEIGE

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EINBLICK – NEUEUMWELT.DE

TIERWOHL IN DEUTSCHLAND Dietrich Holler, Leitung Kommunikation Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e. V. (DLG) und Dr. Karl Schlösser, Projektleitung der Fachausstellung für Tierhaltung und -management „EuroTier“ zum Thema artgerechte Tierhaltung.

und Informationen zur Genetik mit, sodass Interessenten Rassen passend zu Regionen und Absatzmärkten wählen können. Gülletechnik und Bio-Energie sind weitere Themen: Landwirte nutzen Synergien durch die Produktion von Biogas.

Was kann die Wissenschaft für die

Landwirtschaft tun? Dietrich Holler: Seit mehr als 130 Jahren hat die DLG es sich zur Aufgabe gemacht, den Fortschritt in der Landwirtschaft und der Herstellung von Lebensmitteln zu fördern – sowohl technologisch als auch sozial, ökonomisch und ökologisch. Unsere Arbeitsschwerpunkte lassen sich als Dreieck darstellen: Ein Bereich ist die „Fachliche Arbeit“, unsere Funktion als Think Tank, die Durchführung von Studien und die Herausgabe von Praxisinfos zu aktuellen Themen wie Pflanzenschutz oder Tierwohl. Eng verbunden damit sind das „Testen und Prüfen“ von Lebensmitteln und landwirtschaftlicher Technik sowie „Messen“ wie die AGRITECHNICA. Worauf legen Sie derzeit Ihren

Fokus? Dr. Karl Schlösser: Mit den Jahren hat sich eine immer stärkere Fokussierung auf Teilbereiche entwickelt, die dem Alltag in der Landwirtschaft gerecht wird: Die Profis in der Tierhaltung sind in der Regel nicht länger breit aufgestellt, sondern auf einen Bereich spezialisiert. Die Eutergesundheit wird mit

Text: Ulrike Christoforidis

FAKTEN Dietrich Holler, Leitung Kommunikation Deutsche LandwirtschaftsGesellschaft e. V. (DLG)

einem speziellen Bereich und Diskussionsforen einen Schwerpunkt bilden, Emissionsminderung ist aktuell ein weiteres zentrales Thema in der Landwirtschaft – und damit auch auf der EuroTier. Auf einer Hallenfläche von 280 000 Quadratmetern erwarten wir auch in diesem Jahr etwa 2500 Aussteller zur EuroTier. Mehr als die Hälfte von ihnen sind internationale Anbieter – aus über 50 Ländern. Die Messe stellt Anfang November in Hannover alles rund um die landwirtschaftliche Nutztierhaltung vor. Dietrich Holler: Wir sind die fachliche Stimme, die das Know-how aus der wissenschaftlichen Forschung an die Praxis

Dr. Karl Schlösser, Projektleitung der Fachausstellung für Tierhaltung und -management „EuroTier“

vermittelt und umgekehrt zeigt, was die Landwirte benötigen. Impulse für unsere Arbeit und die aktuellen Aufgaben kommen dabei von unseren mehr als 27.000 Mitgliedern und einem großen Netzwerk ehrenamtlicher Experten. Derzeit stehen vor allem Aspekte wie Tierwohl und Lösungen für eine noch nachhaltigere Landwirtschaft im Fokus. Auf der Basis unserer Qualitätsprüfungen, etwa der sensorischen Prüfung von Lebensmitteln oder der Tests von Betriebsmitteln und Landtechnik, vergeben wir unsere traditionsreiche Auszeichnung. Die DLG-Tests geben Verbrauchern ebenso Sicherheit wie landwirtschaftlichen Investoren.

Welchen Neuheiten bekommen die Besucher der Messe zu sehen? Dr. Karl Schlösser: Beim Stallbau stellt die Messe je nach Tier spezielle Techniken vor. Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Haltungsformen, die das Tierwohl verstärkt berücksichtigen, werden Neuheiten in diesem Bereich im Vordergrund stehen, auch wenn wir weiterhin die gesamte Palette zeigen, die sich auch an den Bedarfen anderer Märkte orientiert. Es gibt den Bereich Futter und Futterkomponenten, hier fließt viel Forschung ein. Lebende Tiere wird es nur wenige zu sehen geben, die Messe ist keine Zuchtschau. In erster Linie bringen die Anbieter Zahlen, Bilder

Die DLG: Die DLG e.V (Deutsche LandwirtschaftsGesellschaft) wurde von dem Ingenieur und Schriftsteller Max Eyth gegründet. Seit der Gründung im Jahr 1885 hat sie über 27.000 Mitglieder bekommen. Sie ist eine Spitzenorganisation der Agrarund Ernährungswirtschaft und fördert wissenschaftlichen und technischen Fortschritt. Die DLG ist eine für jeden offene Fachorganisation, ist politisch unabhängig und sieht sich als neutrales, offenes Forum des Wissensaustausches und der Meinungsbildung. Die „EuroTier“: Internationale Fachausstellung für Tierproduktion und Management. Seit 1996 findet die Messe alle zwei Jahre im November im Wechsel mit der Agritechnica auf dem Messegelände Hannover statt. Die Messe nimmt weltweite Bedeutung und Einfluss auf technische Entwicklungen in der Tierhaltung für sich in Anspruch. Hauptausstellungsbereiche sind neben Rind, Schwein, Geflügel und Produkten für alle Tierarten die seit 2006 stattfindende Ausstellung EnergyDecentral, die sich auf nachwachsende Rohstoffe und dezentrale Energieversorgung konzentriert. ANZEIGE

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MEHR ZEIT FÜR DIE TIERE Foto: Production Perig – Fotolia

Mehr Zeit für jedes einzelne Tier. Das ermöglichen Automatisierung und strenge Hygiene den Bauern in modernen Ställen. Tierhaltung und -pflege auf dem

Bauernhof haben sich radikal verändert. Moderne Maschinen und Computer sind in die Ställe eingezogen und haben den Bauern schwere Arbeit abgenommen. Mit vernetzten EDV-Systemen

können Bäuerin und Bauer heute sogar über ihr Smartphone den Gesundheitszustand und die Futteraufnahme ihrer Tiere kontrollieren, feststellen, wann eine Klauenpflege angesagt ist und wie viel Milch jede Kuh gibt. Auf solchen Hightech-Betrieben lässt sich jedes Tier einzeln überwachen, weil es einen Computerchip an einem Hals- oder Fußband trägt. Die Automatisierung in der Tierhaltung entlastet die Landwirte von schweren und aufwendigen Handarbeiten, wie

Dank moderner Technik können Bauern und Bäuerinnen den Gesundheitszustand und die Futteraufnahme ihrer Tiere kontrollieren.

Fütterung und Ausmisten. Die eingesparte Zeit nutzen sie, um sich besser um die einzelnen Tiere und Herden zu kümmern. Dadurch, und durch konsequente Hygienemaßnahmen, sind Verluste durch kranke oder tote Tiere in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken.

der Verbraucher. Das gilt auch für Schweine, die sich gerne im Dreck suhlen. Schweine im Freiland wühlen zu lassen, ist nicht ohne Risiko. Denn Erde und andere Tiere, wie Ratten oder Vögel, können Krankheitserreger übertragen.

Denn Ställe müssen heute penibel sauber sein, was nicht nur dem Wohlergehen der Tiere dient, sondern auch der Gesundheit

trocken und gut durchlüftet sein. Sie sind unterteilt in Bereiche für Fressen, Liegen, Trinken und Melken zwischen denen die Kühe

Auch Kuhställe müssen sauber,

je nach ihren Bedürfnissen hin und her wandern. So laufen sie selbstständig zum Melkstand, wenn es Zeit ist, die Milch loszuwerden. Melkroboter finden die Zitzen der Euter automatisch, saugen die Milch schonend ab und zählen nebenbei sogar die Körperzellen, die in der Milch natürlicherweise vorhanden sind. An der Zahl dieser Zellen kann ein Landwirt erkennen, ob die Euter gesund sind. Steigt deren Zahl nämlich

über 100.000 Zellen pro Milliliter, dann ist etwas nicht in Ordnung und eine Entzündung des Euters kündigt sich an. Vor dem Melken müssen natürlich

die vier Zitzen gereinigt und desinfiziert werden. Vier Saugbecher saugen dann vorsichtig die Milch aus den empfindlichen Zitzen und stoppen automatisch, wenn der Milchstrom nachlässt. Nach dem Melken taucht der Melker die Zitzen in ein so genanntes Dippmittel, also Chemikalien, die Bakterien abtöten, die aber auch Hautpflegemittel enthalten. Bei Melkrobotern werden auch Sprays eingesetzt. So ist gewährleistet, dass keine Keime durch die Milchkanäle der Zitzen ins Euter gelangen. Der Einzug von Hygiene und

Automatisierung erleichtert nicht nur den Menschen in der Landwirtschaft die Arbeit, sondern dient auch dem Tierwohl und den Verbrauchern. Text: Neo Nording

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AUCH DER MODERNE BAUER

„Für mich sind Digitalisierung und Forschung die Eckpfeiler einer erfolgreichen, wirklich smarten Landwirtschaft.“

Dieses Bild hat wenig mit der Realität zu tun:

Die moderne Landwirtschaft ist innovativ und verantwortungsbewusst. Sie ist eine Zukunftsbranche, auf die viele spannende Aufgaben wartet. Das ist wichtig, weil die Landwirtschaft so jungen Frauen und Männern ein attraktives Arbeitsumfeld bietet. Und das ist elementar, weil wir den begeisterten Nachwuchs brauchen, um uns den großen Herausforderungen unserer Zeit stellen zu können. Denn: Landwirtschaft muss die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung sichern, das Klima schützen und unsere Ressourcen schonen. Und bei all den Herausforderungen unseren Landwirten noch eine ökonomische Grundlage bieten. Zum Erreichen dieser Ziele setze ich vor allem auf die digitale Landwirtschaft. Sie erlaubt eine präzise Bearbeitung der Ackerfläche und erhöht so die Ertragskraft und die Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig hilft sie den Bauern dabei, Rücksicht auf Belange des Umweltschutzes zu nehmen. Unsere Landwirtschaft ist modern und leistungsfähig, schon jetzt organisieren viele Bauern ihren Betrieb am Laptop. Ich will einen Schritt weiter gehen: Für mich sind Digitalisierung und Forschung die Eckpfeiler einer erfolgreichen, wirklich smarten Landwirtschaft.

Landwirtschaft 4.0 bedeutet, dass der Bauer

auf Wetterdaten in Echtzeit zugreift, den Ressourcenverbrauch in Echtzeit misst und Maschinen ferngesteuert den besten Weg über den Acker fahren lässt. Sie erleichtert die Arbeit der Bauern, schont die Ressourcen, ermöglicht effizienten Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln. Landwirtschaft 4.0 ist für mich auch die Ver-

netzung der Wertschöpfungskette vom Feld bis zum Verbraucher, von der alle profitieren können. Deswegen stellen wir 29 Millionen Euro Forschungsgelder bis 2017 zur Verfügung – das ist mein Angebot für eine moderne Landwirtschaft. Wir bringen die beteiligten Akteure an einen Tisch, um die Herausforderungen zu besprechen. Und wir lassen untersuchen, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf die Agrarstruktur hat – wo können wir gewinnen, wo müssen wir aufpassen? Moderne Landwirtschaft ist für mich auch der

Einsatz für Nachhaltigkeit. Umweltziele und Ernährungssicherung dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Denn Land- und Forstwirtschaft leisten bereits heute viel für den Klimaschutz, zum Beispiel als CO2-Speicher im Boden und Wald. Jetzt müssen Wege gefunden werden, wie wir mithilfe der Digitalisierung und der Auswertung von Bodendaten die effiziente Nutzung von Land, Wasser und Energie weiter verbessern und die Ressourceneffizienz steigern. So können wir nachhaltige Erzeugung zum Qualitätsmerkmal im Wettbewerb machen. Ich will, dass Deutschland zum Vorreiter in Sachen Tierwohl wird. Auch dabei hilft die Digitalisierung: Messeinrichtungen bestimmen die Inhaltsstoffe der Milch und werten so den Gesundheitszustand der Kuh aus.

Klimaführungssysteme sorgen in Schweineund Geflügelzucht für optimale Luftqualität und Temperatur in den Ställen. Das alles trägt zum Tierwohl bei, und davon können auch Landwirte finanziell profitieren. Denn Tierwohl steht bei den Verbrauchern hoch im Kurs, sie sind bereit dafür mehr Geld zu bezahlen. Deshalb arbeitet mein Ministerium derzeit an der Einführung eines Tierwohllabels mit staatlicher Rahmensetzung. Als Bundeslandwirtschaftsminister setze ich mich für eine selbstbewusste Branche ein, die sich über Innovation, Forschung und Fortschritt definiert und nicht über Verzicht oder Rückbau. Landwirtschaft 4.0 und flächendeckendes Smart Farming werden den Alltag der Landwirte verändern und erleichtern. Die Digitalisierung macht die Landwirtschaft noch leistungsfähiger und gleichzeitig ressourcenschonender. Ich sehe in Zukunft eine vielfältige Landwirtschaft mit großen und kleinen, mit leistungsfähigen und flexiblen Betrieben. Eine Landwirtschaft in der Mitte der Gesellschaft, der man respektvoll begegnet und deren Leistungen und Erträge geachtet und geschätzt werden.

Text: Bundesminister Christian Schmidt

FAKTEN Christian Schmidt, geboren am 26. August 1957 in Obernzenn, ist ein deutscher Politiker (CSU) und seit dem 17. Februar 2014 Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft. • 2005 bis 2013 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung • 2013 bis zur Ernennung zum Minister war er als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung tätig.

Foto: maximilian mutzhas fotografie

Wir alle haben ein Bild von Landwirtschaft im Kopf, obwohl es für viele Menschen keine Berührungspunkte zur täglichen Arbeit der Bauern gibt. Die Portraits aus großen Fernsehsendungen und teils auch aus der Werbung zeichnen allzu oft nicht mehr als eine romantisierende Vorstellung. Auch dies ist sicherlich einer der Gründe, wieso Landwirtschaft häufig als altmodisch, ja manchmal gar rückständig wahrgenommen wird – jedenfalls von vielen Menschen nicht als sonderlich modern gesehen wird.

BLEIBT LANDWIRT

Interview mit Frank-Steffen Russ, Direktor des Segments Automotive & HIREL bei EBV, einem führendem Lieferanten von Halbleiter-Elektronik.

Worauf müssen sich Landwirte in Zukunft einstellen? Sie müssen sich in Zukunft auf einen neuen auch digital vernetzten Maschinenpark einstellen. Landmaschinen können nicht mehr größer werden. Kleinere Mähdrescher beispielsweise verdichten den Boden nicht so stark.

Wie kann der Landwirt dann noch effektiv arbeiten? Ein Ansatz ist die sogenannte Schwarm-Technik, bei der beispielsweise mehrere Erntemaschinen miteinander vernetzt sind, die noch autonomer arbeiten als heute.

Wird der Bauer in Zukunft noch Landwirt sein oder eher Informatiker? Ich sehe den Landwirt weiterhin auf der Seite der Pflanzen und Tiere, als Fachmann für unsere Nahrungsmittel. Allerdings hilft die Digitalisierung zum einen den idealen Erntezeitpunkt im Hinblick auf die gesamte Logistikkette zu bestimmen und zum anderen den wirklichen Ertrag zu messen. Da Landwirte Sensorik und Vernetzung beherrschen müssen, werden sie sich auf die Digitalisierung einstellen müssen. ANZEIGE

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MÖGLICHKEITEN – NEUEUMWELT.DE

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GÜLLE ALS ENERGIEQUELLE Biogas ist eine sinnvolle Ergänzung im Mix der Erneuerbaren Energien.

Seit Beginn der 1980er-Jahre setzen immer mehr Landwirte auf Biogasanlagen, um den eigenen Strombedarf zu decken und ein zweites Einkommen zu erwirtschaften. Aus dem, was bei der Viehzucht

zwangsläufig als Nebenprodukt auf dem Stallboden landet, Energie zu erzeugen, mit der landwirtschaftliche Maschinen betrieben, das Haus geheizt, das Getreide getrocknet werden kann: Was so bestechend simpel und sinnvoll klingt, ist komplex und erfordert sorgsame Umsetzung. Gründliche Information, exakte Planung und gewissenhafte Durchführung sind das A und O, um eine Anlage ökonomisch und ökologisch erfolgreich zu betreiben. Deutschlandweit gab es Ende 2015 fast 9000 Biogasanlagen. Mit ihrer Leistung von mehr als 4000 Megawatt, so teilte der Fachverband Biogas e. V. Anfang Juli 2016 mit, versorgten sie bereits gut acht Millionen Haushalte mit Strom. Für viele Landwirte ist die Energieerzeugung neben der eigenen Nutzung zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden. Unternehmen, die ausschließlich eine Anlage betreiben und keinen Agrarbetrieb bewirtschaf-

ten, sondern mit Zulieferungen aus der Landwirtschaft arbeiten, kamen im Laufe der Jahre hinzu. Ebenso zum Beispiel städtische Einrichtungen, die in großen Biogas- und Kompostwerken etwa die organischen Abfälle aus Küche und Garten, die in Biotonnen gesammelt werden, als Energiequelle nutzen. Gefördert wurde die Entwicklung

in Deutschland seit dem Jahr 2000 durch das Gesetz für den Ausbau Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz/ EEG), das die Bewahrung fossiler Ressourcen sowie die Weiterentwicklung alternativer Technologien im Sinne des Klima- und Umweltschutzes zum Ziel hat und die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen ins Stromnetz regelt. Gesundheitliche Folgen der Verschmutzung der Luft durch fossile Brennstoffe, Umweltschäden unter anderem durch klimatische Veränderungen und die Risiken der Nutzung von Kernenergie sollen reduziert und langfristig vermieden werden. Vom Einsatz des alternativen Bio-

gases als Energiequelle profitiert die Umwelt: Bei der Verbrennung wird nur jene Menge an Kohlenstoffdioxid freigesetzt,

die die genutzten Pflanzen zuvor der Atmosphäre entzogen haben. Anders als fossiles Methan im normalen Erdgas belastet das Biogas die Atmosphäre nicht mit zusätzlichen Mengen klimaschädlichen Kohlenstoffdioxids. Der konsequente Einsatz tierischer Exkremente in Biogasanlagen, so der Fachverband Biogas e. V. in einer Pressemitteilung von Anfang August, würde zu einer Reduzierung der unkontrollierten Methan-Freisetzung aus Gülle mit einem CO2-Äquivalent von bis zu 21 Millionen Tonnen pro Jahr führen. Bei den Güllekleinanlagen sei noch deutlich Luft nach oben: Lediglich ein Fünftel der anfallenden Gülle werde aktuell genutzt. Biogas, da herrscht breiter Konsens in der Branche, ist eine sinnvolle Ergänzung im Mix der Erneuerbaren Energien. Anders als Windkraft und Photovoltaik unterliegt die Erzeugung des Methans keinen wetter-, jahres- oder tagezeitabhängigen Schwankungen: Ob es schneit, die Sonne untergegangen ist oder tagelang Flaute herrscht – Energie aus Biogasanlagen steht kontinuierlich zur Verfügung. Erzeugt wird das Gas, indem Biomasse in einem Abbauprozess ohne Sauerstoff von

Mikroben vergoren wird – und die verrichten ihre Arbeit ohne Pause rund um die Uhr. Als Substrat werden neben Gülle oder Abfällen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb nachwachsende Rohstoffe wie Mais-, Getreide- oder Grassilage eingesetzt. Der geplante Einsatzstoff ist einer der Aspekte, die bei der Planung einer Biogasanlage eine entscheidende Rolle spielen.

Steht Gülle oder Festmist zur Verfügung oder gibt es Anbauflächen für Energiepflanzen? Die Art des Einsatzstoffes entscheidet über die Technik, mit der das Substrat im Fermenter vergoren wird: Ist der Vorgang einoder zweistufig? Wird nass oder trocken fermentiert? Daneben ist die Menge der eingesetzten Substratpflanzen entscheidend, um das Volumen des sogenannten Fermenters – des Behälters oder Tanks, in dem der Gärprozess unter Ausschluss von Sauerstoff stattfindet – zu bestimmen. Auch die Verweildauer des Substrats im Tank spielt dabei eine Rolle. Bei der Planung der Anlage und ihres wirtschaftlichen Einsatzes ist zudem relevant, ob vorhandene Bausubstanz genutzt werden kann oder welcher Motor eingesetzt wird. Für die Wirtschaftlichkeit ebenso wie

für den Schutz der Umwelt sind regelmäßige Wartungen der Anlage sowie Kontrollen der Funktionsweise und des Einsatzes der Betriebsmittel erforderlich. Ob sich die Investition langfristig

rechnet, hängt auch von der Nutzung möglicher Zuschüsse und von der Höhe der Einspeisevergütung ab. Mit der aktuellen Novelle des EEG wird diese bei Anlagen ab einer Leistung von 150 kW künftig nicht mehr politisch festgelegt, sondern auf wettbewerbliche Ausschreibungen umgestellt. Eine Regelung, die die Fachverbände der Bioenergiebranche in einer gemeinsamen Pressemitteilung zwar als Ansatz werten, den massiven Rückbau von Biogasanlagen zu verhindern. Jährlich, so sieht es die Novelle vor, können Anlagen im Umfang von 150 Megawatt installierter Leistung in den Jahren 2017 bis 2019 sowie von 200 MW in den Jahren 2020 bis 2022 neu gebaut oder nach Auslaufen ihrer EEG-Vergütung weiterbetrieben werden. Mittelfristig, so die Forderung der Verbände, müsse das Ausschreibungsvolumen jedoch deutlich angehoben werden, um der Branche eine Perspektive zu geben. Text: Ulrike Christoforidis ANZEIGE



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TREND – NEUEUMWELT.DE

BAUERNSCHLAU 4.0 – INTERNET, COMPUTER UND DIE LANDWIRTSCHAFT In den letzten Monaten war oft die Rede von der vierten industriellen Revolution. Doch die Entwicklung beschränkt sich nicht nur auf die Industrie. Auch der schlaue Bauer ist heute mehr Software- und Computerexperte als Landwirt.

„Mikrodrohnen werden in der Mähzeit zur Wildrettung auf den Feldern eingesetzt.“

Statt im Märzen die Rösslein an-

zuspannen, schaltet der moderne Landwirt seinen Computer ein, lässt sich das Mikrowetter vorhersagen, überprüft per Sensordaten das Wachstum der Pflanzen, während die Roboter auf dem Feld das Unkraut zupfen. Das Ziel von Precision Farming – die Erträge sollen gesteigert und dabei Aufwand und Kosten gesenkt und dadurch auch die Umwelt entlastet werden. Ein großes Thema sind dabei die fliegenden Agrarhelfer, die so genannten Mikrodrohnen. Immer mehr Landwirte setzen diese fliegenden Helfer auf ihren Feldern ein. Sie werden zur Wildrettung in der Mahd (Mähzeit) eingesetzt und können mit der Infrarotkamera ein Boden-, Dünger- und Pflanzenschutz-Monitoring betreiben. Sogar der gezielte Abwurf gegen Schädlinge auf dem Feld ist damit möglich. Fast jeder fünfte Landwirt-

schaftsbetrieb nutzt heute schon Precision Farming (Studie des Digitalverbandes Bitkom, 2015).

Hand gemacht werden muss. Die Entwickler hoffen, dass ihr Agrar-Roboter in drei bis vier Jahren auf den Markt kommen kann. Die Landwirtschaft wird komple-

Immer mehr Landwirte setzen diese fliegenden Agrarhelfer, die so genannten Mikrodrohnen, auf ihren Feldern ein.

Sensortechnik, Elektronik und Software machen bei Landmaschinen nach Angaben des Vereins Deutscher Ingenieure heute rund 30 Prozent der Wertschöpfung aus. Zum Vergleich: In der Autobranche liegt diese Quote erst bei 10 Prozent. Wissenschaftler der Firma Bosch

entwickeln zurzeit eine Art Roboter für das Feld. „Bonirob“ ist eine selbst fahrende Plattform, auf der unterschiedliche Module eingebaut werden können. „Bonirob“ fährt besonders langsam (5 - 10 cm/s), das schafft kein

„Die Landwirtschaft wird komplexer, die Auflagen der EU steigen und die Nachweispflicht wird immer schwieriger.“

Traktor. In die vorgesehenen Schächte können diverse unterschiedliche Module für vielseitige Anwendungen eingebaut werden. „Bonirob“ ist komplett vernetzt, hat G-Bit-Ethernet, WLAN, Bluetooth, USB und GPS an Bord. Besonderer Clou – der Roboter kann zur mechanischen Unkrautbekämpfung auf Bio- Höfen eingesetzt werden. Eine Kamera unterscheidet Unkraut und Nutzpflanzen und drückt das Unkraut mit einem Stempel dann in die Erde. Eine Arbeit, die im biologischen Anbau noch mühsam von

xer, die Auflagen der EU steigen und die Nachweispflicht wird immer schwieriger. Mittlerweile gibt es eine Systemsoftwarelösung, die offen für weitere Partner ist, um den Landwirt in der Bewirtschaftung seines Betriebes zu unterstützen. Die Grundsoftware ist kostenlos, weitere Bausteine können dann in einer Art Abo dazu gebucht werden. Fakt ist: Die weiter rasant fort-

schreitende Digitalisierung der Landwirtschaft wird ein Umdenken bei vielen Landwirten erfordern. Der moderne Bauer mit dem Laptop im Kuhstall ist keine Utopie mehr, sondern schon jetzt der Alltag. Text: Jörg Wernien ANZEIGE

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ENTWICKLUNG – NEUEUMWELT.DE

DIE DIGITALE ERNTE – FARMING 4.0 Foto: BayWa

Immer mehr wird die traditionelle Landwirtschaft zu einem Entwicklungsfeld der Hightech Industrie. Farming 4.0 ist in aller Munde.

Die Sonne scheint hoch über dem

Betrieb der Agrargenossenschaft in Hinsdorf, Sachsen-Anhalt. Über 11.000 Hektar Anbaufläche machen die Genossenschaft zu einem der größten Agrarbetriebe in Deutschland. Gigantische Mähdrescher kommen zum Einsatz, um die endlosen Felder mit Weizen und Gerste zu ernten. Im Cockpit seines Mähdreschers wählt der Landwirt die Einstellung „minimaler Kraftstoffeinsatz“. Ab jetzt läuft die Ernte auf dem Weizenfeld fast von alleine. Hier erprobt die Deutsche Telekom die „digitale Ernte“. Über GPS werden die Mähdrescher zentimetergenau über das Feld gesteuert. Hinter ihnen rollen die Traktoren über das Feld, um den Weizen aufzunehmen und gleich in die Silos zu fahren. Alle Fahrer sind mit Tablets über LTE vernetzt. Der Mähdrescher meldet, wenn sein Kornspeicher voll ist und ruft automatisch den Überladewagen. Der sucht sich via GPS den besten Weg zum Mähdrescher, schont dabei den Boden und die Zeit.

„Farming 4.0“ ist auf dem Vor-

marsch. Allerdings bislang nur in den großen Betrieben im effektiven Einsatz. Das will der Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt ändern. „Mein Ziel ist es, dass auch die kleinen und mittleren Familienbetriebe den Sprung in die Landwirtschaft 4.0 packen und von den Effizienssteigerungen profitieren.“ Inzwischen hat über den Feldern

Funklöcher sind nicht akzeptabel für Farming 4.0 in den ländlichen Regionen.

Vom Silo aus wird die Menge und

die Qualität der Ernte gleich an die Zentrale des Betriebes weitergeleitet. Satelliten melden neue Wetterdaten, in drei Stunden soll es regnen. Jetzt wird die Ernte mit maximaler Geschwindigkeit gefahren, um noch vor dem Regen den Weizen einzufahren. Das, was die Telekom im Großen erprobte, setzt allerdings schnelle Internetverbindungen für den erheblichen Datenaustausch voraus. Etwas, was im ländlichen Raum aber oft fehlt. Günther Oettinger, EU Kommissar für die digitale Wirtschaft, fordert einen schnellen Ausbau der Netze.

„Schlaglöcher sind in ländlichen Regionen eher zu akzeptieren als Funklöcher“, so Oettinger auf der Tagung „Farm&Food 4.0“ in Berlin. Das Land Niedersachen hat reagiert

und stellt Millionen aus dem Europäischen Förderfond (ELER) für den Ausbau der Netze zur Verfügung. 50 Millionen Euro für das schnelle Internet auf dem Land. „Die Menschen in der Fläche dürfen nicht abgehängt werden. Schnelle Datenverbindungen sind heute als Daseinsvorsorge immens wichtig“, so Christian Meyer, Landwirtschaftsminister in Niedersachsen.

der Genossenschaft heftiger Regen eingesetzt. Doch die Landwirte sind zufrieden. Dank Farming 4.0 und der Vernetzung von Maschine und Mensch konnte das 20 Hektar Feld noch rechtzeitig abgeerntet werden. Die 500.000 Euro teuren Mähdrescher stehen sicher in den großen Hallen und warten auf ihren nächsten Einsatz. Farming 4.0 wird die Landwirtschaft weiter revolutionieren. Text: Jörg Wernien

FAKTEN Schnelles Internet, neue Techniken und vernetzte Bauern. Die Landwirtschaft in Deutschland ist auf dem Weg in die Zukunft. Sie setzen schon jetzt um, was unter dem Stichwort Industrie 4.0 als vierte industrielle Revolution die deutsche Wirtschaft beflügeln soll.

INTERVIEW MIT DIPL.-ING. SVEN KÖHLER

Dipl.-Ing. Sven Köhler, Produktmanager Gasmotoren- und AutomotiveSchmierstoffe, ADDINOL Lube Oil GmbH

Für immer mehr Landwirte ist die Biogasanlage zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden. Dabei wird die anfallende Gülle verarbeitet und somit zur Energiegewinnung genutzt. Der Bau einer Anlage ist zunächst eine Investition. Umso wichtiger ist es, sie effizient zu betreiben. Der Motor ist das Herzstück einer Anlage. Daher spielen Schmierstoffe für die Motoren eine wichtige Rolle für die Wirtschaftlichkeit. Die Öle müssen auf die Gasmotoren abgestimmt und von den Herstellern freigegeben sein. Eine hohe Qualität trägt dazu bei, die Anlage optimal zu betreiben. Ein Ziel ist es, die Ölwechsel-Intervalle zu verlängern. Das spart Arbeitszeit, Ausfallzeiten und Öl. Zusammen mit der Technik der Gasmotoren entwickeln sich auch die Öle entsprechend weiter: Veränderungen am Motor steigern zwar die Effizienz, sorgen aber gleichzeitig für eine höhere thermische Belastung des Öles, die nur mit hochwertigen Motorenölen aufgefangen werden kann. Der Einsatz des Gasmotorenöles sollte durch regelmäßige Ölanalysen begleitet werden. Anhand der Kennwerte kann die optimale Ölstandzeit bestimmt werden und sie dient auch zur Erhaltung der Gewährleistung sowie zur Zustandsüberwachung des Motors. ANZEIGE

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