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7 x Île-de-France
Ruhe rund um Paris
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Parks, Künstlerdörfer und Schlösser im Umland der Hauptstadt
Selten, ganz selten, wird ihm das Pariser Stadtleben zu viel. Dann findet der Fotograf und Blogger Ferry van der Vliet Zuflucht im Umland der Île-de-France. Er nimmt uns mit zu seinen Lieblingsorten: vom perfekten Picknickplatz bis zum schönsten Markt der Region.
TEXT & FOTOS: FERRY VAN DER VLIET
Die Île-de-France ist das historische Herz Frankreichs mit wunderschönen Museen, Schlössern, Abteien, alten Städten, romantischen Parks und Gärten. Aber auch mit stillen Wäldern, Tälern und Seen. Hier tummelten sich einst Jagdgesellschaften der Könige und fanden Künstler Ruhe und Inspiration. Bis heute sind sie ideale Orte der Erholung. Bis zum Déjeuner sur l'herbe (Mittagessen auf der Wiese) ist es von Paris mit dem Zug zuweilen kaum mehr als eine halbe Stunde. ›
BARBIZON
Mehr Maler als Bauern
Im 19. Jahrhundert lag der Weiler Barbizon mit seinen paar hundert Einwohnern tief in den Wäldern. Hier lebten Holzfäller, Steinmetze und Bauern. Um 1850 wurde der Ort, unter anderem dank der Maler JeanBaptiste Camille Corot und Théodore Rousseau, zur Heimat zahlreicher Maler, die von der Natur fasziniert waren. Sie gründeten die „Schule von Barbizon“‚ Freunde kamen zu Besuch, manche blieben. So wohnten einst mehr als hundertzwanzig Maler in einem Dorf mit achtzig Bauern. Sie kamen erst aus der Hauptstadt und dann aus der ganzen Welt. In Barbizon fanden sie zwischen der Ebene und dem Wald all die Motive, die sie suchten. Als Antwort auf die Romantik malten sie schmucklose Landschaften und gelten damit als Vorläufer der Impressionisten. Bis heute spielt Kunst hier die Hauptrolle: Die Hauptstraße ist mit wunderschönen Mosaiken gesäumt, Kopien der Gemälde der Schule von Barbizon. Schulkinder werden im Freien über Kultur unterrichtet, und an den Häusern sehe ich verschiedene Gedenktafeln, die an Künstler erinnern, die hier gelebt haben. In der Grande Rue liegt die Auberge Ganne, heute das Musée départemental de l'École de Barbizon. Hier befinden sich auch das Haus und das Atelier von Théodore Rousseau und das Atelier von Jean-François Millet, jenem Maler, der Barbizon durch seine beiden großen Meisterwerke „L'Angélus“ und „Les Glaneuses“ weltweit bekannt gemacht hat.
Tipp: Restaurant Le Relais de Barbizon (2, Avenue du Général de Gaulle, lerelaisbarbizon.fr) mit leckerem Barsch in Salzkruste. Oder genießen Sie die schöne Atmosphäre im Garten am Waldrand von La Folie Barbizon (ebenfalls ein schönes Hotel), wo es durchaus passieren kann, dass Sie neben einem bekannten französischen Künstler sitzen (5, Grande Rue, lafoliebarbizon.com).
MORET-SUR-LOING
Sisley und Süßwaren
Das malerische mittelalterliche Städtchen Moret-sur-Loing hat ebenfalls viele impressionistische Künstler inspiriert, unter anderem den englischen Maler Alfred Sisley, der dort die letzten 20 Jahre seines Lebens verbrachte und über 400 Gemälde schuf. Dieses Dorf ist besonders fotogen mit seinen majestätischen Toren, der Brücke über den Loing, den Ufern des Flusses und dem Blick auf Notre-Dame. Bei einem Spaziergang durch das Stadtzentrum entdecken Sie schöne Renaissancefassaden, Fachwerkhäuser und das Haus des Gerstenzuckers „Sucre d'Orge des religieuses de Moret“. Hier können Sie die durchsichtigen, goldenen Bonbons erstehen, deren Verpackung mit dem Herz-Jesu-Kreuz und den Initialen R und M (Religieuses de Moret) versehen ist. Am Ende der Grande Rue gehen Sie unter der Porte de Bourgogne hindurch und erreichen die Brücke über den Loing. Wenn Sie das Gewässer überqueren, haben Sie den besten Blick auf das Städtchen und das reizvolle Flussufer.
Tipp: Mittag- oder Abendessen mit herrlicher Aussicht auf die Stadt: Le Bistrot du Loing (1, Route de Saint-Mammès, le-bistrot-du-loing.lafourchette. rest).
PARC DE SCEAUX
Versailles Gärten in Miniatur
Der Parc de Sceaux ist ein prächtiges Beispiel für jene klassischen Parks aus dem 17. Jh., die als „französischer Garten“ bezeichnet werden. André Le Nôtre, Gartenarchitekt von Versailles, ist für dieses Meisterwerk verantwortlich. Es ist 180 Hektar groß und liegt nur sieben Kilometer von Paris entfernt. Das Schloss ist seit 1937 ein Museum und wurde im September 2020 nach umfassender Renovierung wiedereröffnet. Es beherbergt wertvolle Stiche, Zeichnungen, Gemälde, Skulpturen, Möbel, Manuskripte und anderen Schätze in Räumen, die den ehemaligen Besitzern gewidmet sind: Colbert, Maine, Penthièvre und Trévise. Besuchen Sie auch die 88 Meter lange und 12 Meter hohe Orangerie aus dem Jahr 1686. Im Winter beherbergt er 300 Orangenbäume und zahlreiche Skulpturen.
domaine-de-sceaux.hauts-de-seine.fr ›
KÖNIGSSTADT VERSAILLES
Der schönste Markt der Region
Der Name Versailles ist so eng mit dem Schloss verbunden, dass die Millionen von Touristen fast vergessen, dass es auch eine Stadt mit diesem Namen gibt. Die gemütlichen Straßen mit ihren charakteristischen Fassaden und schönen Beispielen klassischer und barocker Architektur, auch Louis-Quatorze-Stil genannt, haben den Glanz ihrer königlichen Vergangenheit bewahrt. Besuchen Sie zum Beispiel die Königlichen Stallungen aus dem 17. Jh., die Grande Écurie und die Petite Écurie. Oder die Cour des Senteurs, 100 Meter vom Schloss entfernt, ein Park, in dem viele Pflanzenarten zu finden sind, die für die Herstellung von Parfüm verwendet werden. Auf beiden Seiten der Rue Royale und der Rue d'Anjou liegt einer der malerischsten Orte von Versailles: „Les carrés Saint-Louis“. Die kleinen Häuser aus dem Jahr 1736 waren ursprünglich für einen Markt mit verschiedenen kleinen Geschäften gedacht. In der Rue du Maréchal Joffre Nr. 10 liegt der Potager du Roi, der ehemalige Gemüsegarten des Palastes. Schauen Sie sich unbedingt die autofreien Gassen der Bailliage an und die Passage des Antiquaires mit ihren Antiquitätengeschäften, Galerien und Restaurants. Die Passage de la Geôle führt zum Marché Notre-Dame. Der Markt wurde unter Ludwig XIII. eingerichtet und findet seit dem 17. Jh. an derselben Stelle statt. Er ist ein Fest für die Sinne und wurde zum „schönsten Markt der Île-de-France“ gewählt.
Tipp: In der Rue de Satory, in Fußnähe des Schlosses, finden Sie mehrere nette Restaurants, wie zum Beispiel Les Trois Marches in Nummer 22, mit einer schönen Terrasse mit Schatten und Sonne (lestroismarches78.fr)
versailles-tourisme.com
DOMAINE NATIONAL DE SAINT-CLOUD
Perfekt für Picknicks
Die Geschichte dieses Parks geht auf den Beginn des 16. Jahrhunderts zurück. Heute ist er ein idealer Ort für ein Picknick mit Baguette, Fromage, Jambon und Wein sowie zum Spazierengehen, Joggen und Flanieren in den spektakulär angelegten Terrassengärten. Was für eine schöne Aussicht auf Paris! In den fünf Räumen des Musée Historique du Domaine National de Saint-Cloud erfahren Sie alles über das Schloss und seine Besitzer. Und die Wasserspiele sind klasse, wie zum Beispiel La Grande Cascade. Der Bau dauerte fünf Jahre bis 1665. Der obere Teil des Wasserfalls besteht aus neun Terrassen. Das Wasser fließt dank der Wasserspeier aus Blei von Becken zu Becken. Der Wasserfall ist 200 m lang und 21 m hoch. Wer hinaufsteigt, wird mit einem schönen Blick über Paris belohnt. Ein Spaziergang in Richtung Westen führt Sie zu einem weiteren großen Wasserspiel, das von 24 Wasserdüsen und Statuen umgeben ist. Von hier aus hat man einen herrlichen Blick auf das riesige Waldgebiet voller Eichen, Buchen, Kastanien und Linden.
Tipp: Angenehme Adresse für mittags oder abends: Chalet de l’Oasis (La Butte aux Chèvres, Parc de Saint-Cloud). Die Terrasse bietet einen schönen Blick auf das Tal und das Städtchen Meudon.
domaine-saint-cloud.fr ›
SAINT-GERMAIN-EN-LAYE
Musikalisches Erbe
Der vornehme Vorort von Paris war einst die Domäne der französischen Könige, von Franz I. bis Ludwig XIV. Die Gegend war so beliebt und die Luft so sauber, dass Baron de Rothschild 1847 persönlich die Zugverbindung von Saint-Germain-en-Laye nach Paris finanzierte. Die Stadt ist bei Touristen wenig bekannt, aber die Pariser kommen gerne her. Die RER hält auf dem Vorplatz des Schlosses am Place Charles-deGaulle, wo Sie sofort mit der Besichtigung des Schlosses, der Gärten und der Stadt beginnen können. Viele Berühmtheiten haben hier gelebt, darunter die Komponisten Claude Debussy, Jean-Baptiste Lully und Mozart sowie verschiedene bildende Künstler, darunter Maurice Denis, der die Cover von Debussys Musik gezeichnet hat. Wenn Sie keine Lust haben, das Schlossmuseum zu besuchen, können Sie endlos durch die Gärten schlendern. Mächtige 200 Jahre alte Linden säumen die 2.400 Meter lange Terrasse des Gartenarchitekten Le Nôtre, sie ist eine der berühmtesten Promenaden im Pariser Raum und bietet einen herrlichen Blick auf die Wolkenkratzer von La Défense.
musee-archeologienationale.fr
MONTFORT-L’AMAURY
Für die Reichen & Promis
Viele wohlhabende Pariser und Prominente aus der französischen Filmindustrie haben hier ihren Zweitwohnsitz. Der Ort ist auch dafür bekannt, dass der Komponist Maurice Ravel hier lange Zeit lebte, bis zu seinem Tod im Jahr 1937. Sein Haus, 5 Rue Maurice Ravel, ist heute ein Museum. Später lebte hier auch der Filmemacher und Regisseur HenriGeorges Clouzot (1907-1977), zudem hat der berühmte französische Designer Philippe Starck hier seinen Landsitz. Es ist eine sehr gepflegte Stadt mit engen Gassen und malerischen (Fachwerk-)Häusern, die am Hang einer Zitadelle gebaut wurden. Ein Fußweg führt auf den Gipfel des Hügels, von wo aus man in etwa 185 Metern Höhe einen schönen Blick über die Dächer der Stadt und auf die Église Saint-Pierre hat. Unbedingt sehenswert ist der alte Friedhof aus dem 15. Jh. mit Eingang an der Ruelle des Fossés. Das Eingangstor ist im extravaganten gotischen Stil mit schönen Skulpturen verziert. Charles Aznavour ist hier mit seinen Eltern und seinem Sohn Patrick begraben, der 1976 im Alter von 25 Jahren starb. montfortlamaury.fr/culture-tourisme/ maison-du-tourisme-et-du-patrimoine