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Kulturtipps

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7 x Île-de-France

7 x Île-de-France

La Rose bleue (1964)

© Foto Adrien Didierjean

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VON PABLO PICHEL. EUGENIE GOLDSCHMIEDING, RALF JOHNEN UND ANNEKE WARDENBACH

Bauer oder Unternehmer?

Pierre ist 25, als er aus den USA zurückkehrt, um mit seiner Verlobten den Hof seines Vaters in der französischen Heimat zu übernehmen. Der junge Landwirt strotzt vor neuen Ideen und Tatendrang, wohingegen sein Vater Jacques nur schwer loslassen kann. 20 Jahre später ist der Betrieb gewachsen und mit ihm die Familie. Doch die glücklichen Tage der gemeinsamen Hingabe für Hof und Land gehören bald der Vergangenheit an… Inspiriert von der eigenen Familiengeschichte offenbart Regisseur Edouard Bergeon einfühlsam und authentisch das Leben auf dem Land zwischen Erfüllung und Entbehrung sowie den wahren Preis unserer Nahrung. Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) hat den Kinofilm mit dem Prädikat „Besonders wertvoll“ ausgezeichnet und schreibt: „Bemerkenswert ist die Vielschichtigkeit der Emotionen, die sorgsame Balance zwischen Momenten voller Freude und Episoden der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung.“ Der Film regt zum Diskutieren und Nachdenken an. „Das Land meines Vaters“, ab 18.11.2021 im Kino

Tausend Lichter in Nizza

Marc Chagalls Glasfenster aus den Werkstätten des Glasmachermeisters Simon-Marg in Reims schmücken 15 Gebäude in Frankreich und in der ganzen Welt. Es sind Bilder des Friedens und der Transzendenz, die Darstellungen werden durch die Kraft seiner Farben und die wechselnden Reflexe des Außenlichts hervorragend unterstützt. Die Ausstellung in Nizza hebt zwei außergewöhnliche Werke aus dem Besitz des Musée National Marc Chagall hervor: das Modell der Rose für die Kathedrale von Metz und die Glasfenster „Die Erschaffung der Welt“, die für den Konzertsaal des Museums entworfen wurden. An diesem außergewöhnlichen Ort haben die Besucher das Privileg, die mit 1000 Lichtern beleuchteten Glasfenster am Morgen zu entdecken und am Abend zurückzukehren, um sich von der Musik im Konzertsaal entführen zu lassen. Marc Chagall , „Le Passeur De Lumière” Musée National Marc Chagall, Nizza, bis 10.01.2022 musees-nationaux-alpesmaritimes.fr/chagall/

Rendezvous der Freunde

Unter dem Titel „Rendezvous der Freunde“ vereint das Kunstmuseum Pablo Picasso in Münster in einer großen Sonderausstellung rund 90 Gemälde, Zeichnungen und grafische Arbeiten der sogenannten „Moreau-Gruppe“. Charles Camoin, Henri Manguin, Albert Marquet und Henri Matisse waren Schüler des französischen Malers Gustave Moreau und miteinander befreundet. Nach einer gemeinsamen fauvistischen Stilperiode beschritten die vier Künstler in ihrer weiteren Entwicklung jeweils eigene Wege. Die Ausstellung spürt jenen Gemeinsamkeiten und gegenseitigen Inspirationen, aber auch der künstlerischen Individualität nach. In diesem Zusammenhang sind auch Werke ihres gemeinsamen Lehrers Gustave Moreau zu sehen. Münster (Westfalen), bis 16. Januar 2022 kunstmuseum-picasso-muenster.de

Rendez-vous à Heidelberg

Das ist aktiv gelebte deutsch-französische Freundschaft: Die „Französische Woche Heidelberg“ bietet etwa 50 Veranstaltungen aus nahezu allen kulturellen und künstlerischen Sparten. Die Organisatoren vom Deutsch-Französischen Kulturkreis e.V. feiern dieses Jahr 60 Jahre Städtepartnerschaft mit Montpellier und der Occitanie, veranstalten Märkte, Kochkurse, Ausstellungen und liefern einen Schwerpunkt über das frankophone Kanada. Heidelberg, 15. – 24. Oktober 2021 französische-woche.de

Den Louvre ins Haus holen

©bastien-nvs-unsplash Zum Glück haben die französischen Museen wieder geöffnet, aber für alle, die noch nicht da waren (oder für diejenigen, die während der Arbeit von zu Hause aus eine kurze kulturelle Pause einlegen wollen): Der Louvre hat eine Online-Datenbank mit mehr als 482.000 verschiedenen Kunstwerken eingerichtet. Mit wenigen Klicks können Sie Gemälde, Schmuck, Teppiche und Skulpturen betrachten. Neben den Sammlungen des Louvre finden Sie hier auch Werke aus dem Musée Delacroix, Skulpturen aus dem Jardin des Tuileries und Objekte, die von den Musées Nationaux Récupération aus den Händen der Nazis gerettet wurden. Mit einer interaktiven Karte können Sie auch durch das Museum „spazieren“ und sich die derzeit ausgestellten Werke ansehen. collections.louvre.fr

Loïc Prigent mischt den ModeLaden auf

Es gibt einen deprimierenden Film aus den 1970er Jahren, in dem Yves Saint Laurent bei der Arbeit in seinem Modeatelier zu sehen ist: Holzige Models werden schweigend in den neuesten Entwürfen gezwängt, gelegentlich erklingt das missbilligende Gemurmel des Meisters. Ein französischer Intellektueller drehte einen ähnlich trockenen Film über Karl Lagerfeld, der daraufhin seine Vorliebe für den Ansatz des fröhlichen Loïc Prigent zum Ausdruck brachte. Loïc Prigent trappelte wie ein gut gelauntes Fohlen in die Chanel-Ateliers und zauberte einen bahnbrechenden Dokumentarfilm, der ganz auf Intuition beruht: Le jour d‘avant“. Er filmte liebevoll das engagierte Nähen, Knöpfe-Drücken und paspelieren (Ränder absetzen), die unter der Leitung von Kaiser Karl Chanel zu dem machten, was es damals war. Loïc Prigent und sein Kameramann Julien kichern, während sie die Bekleidungsindustrie beobachten. In seinen Büchern, im TV und im Internet dokumentiert er seine geliebte Welt der Mode bis ins kleinste Detail. Und er macht sich auf freundliche Art und Weise darüber lustig, was auch in Ordnung ist, denn er selbst gehört dazu. Dabei ist er keineswegs oberflächlich: Subtil und spielerisch verwebt er sein Wissen über Mode und Kunstgeschichte mit den Aufnahmen. So erfahren wir, dass die neueste Chanel-Kollektion von Virginie Girard von Kopf bis Fuß von Jean Cocteaus Film „Das Testament des Orpheus“ inspiriert wurde. @loicprigent

Pinault in Paris

Im vergangenen Frühjahr eröffnete in Paris ein großartiges neues Museum: die Collection Pinault. Für François Pinault, einen französischen Geschäftsmann mit einer umfangreichen Kunstsammlung (u. a. Eigentümer der FNAC-Kette und der Modehäuser Gucci und Yves Saint Laurent), wurde ein Traum wahr. „Ein Weg, sehr glücklich zu sein, ist, sehr sehr reich zu sein“, dichtete Kurt Weill in den 1940er Jahren in seinem lustigen Lied „Very very“ am Klavier. Offensichtlich hat der junge François Pinault diese Melodie gehört und mit Erfolg umgesetzt. Finanziell entsprechend ausgestattet, wurde Francois Pinault ein begeisterter Kunstsammler. So sagt er in einem Dokumentarfilm, mit einem Seufzer der Erleichterung: „In der Kunst geht es vor allem nicht um Geld“. Ein interessanter Widerspruch, der für eine Menge Dynamik im Leben sorgt. Nun endlich kann Pinault (einen Teil) seiner Kunstsammlung auf heimischem Boden unterbringen (ein früheres Projekt auf der Île Seguin scheiterte, Stichwort: „französische Bürokratie“) und anstatt seine Sammlung im italienischen Palazzo Grassi zu zeigen, hat er nun einen Mietvertrag mit der Pariser Handelsbörse im 1. Arrondissement. Im Gegenzug wurde dieses schöne, aber vernachlässigte Monument um die Ecke des Louvre umfassend restauriert. In dem Dokumentarfilm sehen wir Pinault, wie er zu Beginn des Projekts stoisch die zerbrochene Glaskuppel der Börse betrachtet, durch welche die Tauben auf dem Dach provokativ koten. Es versprach eine alptraumhafte Renovierung zu werden mit Tausenden von Glasscheiben in verschiedenen Formen und Größen. Daraufhin sagt Pinault grimmig: „Le confort m‘indispose“ (Bequemlichkeit macht mich unpässlich.), und „Faut prendre des risques“ (Man muss Risiken eingehen.). In einem solchen Moment weiß man, dass der Geschäftsmann Herausforderungen wie diese für seine tägliche Dosis Adrenalin braucht. Nach jahrelangen Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten (Architektur von Tadao Ando) konnte das Prunkstück im Mai endlich eröffnet werden. In der Mitte unter der Kuppel steht ein schönes Werk von Urs Fischer: eine in Wachs gegossene Nachbildung einer großen Marmorstatue, die wie eine Kerze angezündet wird und von der am Ende nichts übrig bleiben wird. Ebenfalls ein Muss: eine Reihe von Werken des geheimnisvollen Konzeptkünstlers David Hammons, der nur schwer greifbar ist und absolut nicht darauf aus ist, irgendjemandem zu „gefallen“: logischerweise ein Liebling von Pinault.

Bourse de Commerce Collection Pinault, 2, rue de Viarmes, Paris. Geöffnet von 11-19 Uhr, außer dienstags. Freitags bis 21 Uhr geöffnet. Eröffnungsausstellung bis 31.12.2021. pinaultcollection.com

Cinéma im Kino und im Netz

Während der 38. Französischen Filmtage in Tübingen verwöhnen die Kinos der Stadt ein kenntnisreiches Publikum mit den besten Filmen der Saison und mit hochkarätigen Stars persönlich. Schauspielerinnen wir Fanny Ardant und Julie Delpy oder Regisseure wie Luc Besson bereichern das Festival mit Gesprächsrunden vor oder nach dem Film. In diesem Jahr sind die Filme pandemiebedingt auch im Heimkino zu sehen. Für die Vorstellungen im Saal gibt es Tickets nur bei den Kinos. Tübingen, 3. - 10. November 2021 filmtage-tuebingen.de

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