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CAPRI

CAPRIS cooLER SCHICK

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Capri hat viele Gesichter. Einerseits VIPs auf ihren Mega-Jachten, schicke Boutiquen und überfüllte Restaurants. Andererseits römische Ruinen, seltene Eidechsen, wunderbare Spaziergänge und das fast schon lächerlich schöne Meer. Das Italien Magazin verrät, was Sie auf keinen Fall verpassen sollten.

TEXT PAOLA VAN DAM AUFMACHERFOTO ANP/SIME/CORNELIA DÖRR

TIPPS

• SHOPPEN UND SNACKEN

Wer auf hohem Niveau shoppen und snacken möchte, kann den Funicolare zur Piazzetta nehmen und von dort aus die Via Camerelle, Via Vittorio Emanuele und die Via Tragara ansteuern. Hier gibt es die höchste Konzentration an Top-Marken von Chanel bis Valentino und von Aquazzura bis Dior. Auf der Piazza Vittorio Emanuele, auch La Piazzetta genannt, kann man herrlich draußen sitzen und das gut gekleidete Publikum beobachten. Wer seine Drinks lieber an einem ruhigeren Ort zu sich nimmt, dem sei die nur drei Minuten entfernte Terrasse des historischen Hotels Quisisana empfohlen. Es ist kein gänzlich neues Phänomen, dass Capri Besucher zu begeistern vermag. Zu Beginn unserer Zeitrechnung war der römische Kaiser Tiberius von der Insel so angetan, dass er sich im Alter ganz hierhin zurückgezogen hat. Gleich zwölf Villen ließ er sich bauen. Ein kleines Wunder, wenn man bedenkt, dass die Insel nur zehn Quadratkilometer groß ist. Später im 18. Jh. wurde Capri ein beliebtes Etappenziel auf der großen europäische „Bildungsreise“, der berühmten Grand Tour. Vom einen Moment auf den anderen wurde die Insel zum Rückzugsort für wohlhabende

Romantiker und junge Herrscher aus dem konservativen Nordeuropa. Die Menschen ließen ihre Kutschen auf dem Festland stehen und setzten mit dem Boot zu dem aus Kalkstein geformten Buckel über, um in den Genuss der unberührten Landschaften, türkisfarbenen Buchten und freundlichen Inselbewohner zu kommen. Dieser paradiesische Zufluchtsort bot der Elite neben der schönen Natur auch eine ziemlich dehnbare katholische Moral, die sie aus dem Korsett ihres Alltags befreite. Wer diese magische Insel erst einmal entdeckt hat, wird sie nicht so schnell vergessen. Und das ist bis heute so.

Capri und Anacapri

Um etwaiger Verwirrung zuvorzukommen, ist es gerade für Erstbesucher gut zu wissen, dass die gesamte Insel als Capri bezeichnet wird, das Eiland aber in die Gemeinden Capri und Anacapri aufgeteilt ist. In Capri kommen Besucher mit der Fähre an, um von der Marina Grande den Funicolare oder ein Taxi in die höher gelegenen Gefilde zu nehmen, wo sich die schönen Geschäfte und die Terrassen von Bars und Restaurants befinden. Anacapri liegt derweil auf der anderen Inselseite, gut 20 Minuten per Taxi oder Bus entfernt. Erstaunlicherweise waren sich die Bewohner von Capri und Anacapri früher nicht grün –und es war völlig normal, dass man

Wer diese magische Insel einmal entdeckt hat, wird sie nicht so schnell vergessen

Aquazzura Capri boutique starb, ohne jemals einen Fuß in die Nachbargemeinde gesetzt zu haben.

Natur und Architektur

Bis heute steht Capri für irdische Freuden, wobei Art und Weise den Präferenzen des jeweiligen Besuchers obliegen. Oscar Wilde hat sich mit seinem Geliebten Lord Douglas hierhin zurückgezogen, Jackie Kennedy ging shoppen und Pablo Neruda schrieb hier seine Bücher. Auf Capri findet jeder etwas. Wer die japanischen und amerikanischen Touristen hinter sich lässt, befindet sich in wenigen Minuten in einer ländlichen Umgebung mit duftendem Jasmin, blühenden Bougainvillea und blendenden Aussichten. Ein Spaziergang bietet auf nicht einmal drei Stunden umwerfende Panoramen und grandiose Architektur. Die Villa Malaparte des berüchtigten Schriftstellers >

Einkaufen in der Via Camerelle

TIPPS

• EIN BOOT MIETEN

Boote können Sie sowohl an der Marina Grande als auch an der Marina Piccola mieten, mit oder ohne Steuermann. Wer mit der Fähre auf Capri ankommt, gelangt zur Marina Grande. Von dort geht es per Bus oder Taxi zur Marina Piccola, oder Sie nehmen direkt ein Boot.

• WANDEL DE PIZZOLUNGO

Eine der schönsten Wanderungen, die Pizzolungo, führt von der mondänen Piazzetta (offiziell Piazza Umberto I) zum Arco Naturale und zurück. Sie dauert knapp drei Stunden, die man am besten morgens oder abends in Angriff nimmt. Wasser und gute Schuhe nicht vergessen. Curzio Malaparte hat dieser persönlich zwischen 1938 und 1940 errichten lassen. Sie gilt als eines der gelungensten Beispiele für moderne italienische Architektur. Wer die Pizzolungo-Wanderung entweder mit Smartphone oder Führer in Angriff nimmt, kann dieses beispiellos schöne Bauwerk mit seiner futuristischen Simplizität in der Sonne bewundern. Die von Adalberto Libera entworfene – und dem Vernehmen nach mit Geldern der Faschisten finanzierte – Villa ist nur zu Fuß oder vom Meer aus zu erreichen. Dabei erinnert sie an ein modernes Raumschiff.

Godard war begeistert

Der französische Regisseur Jean-Luc Godard war von der spartanischen Villa gar derart beeindruckt, dass er Brigitte Bardot und Michel Piccoli in Die Verachtung endlos auf der riesigen Terrasse hat umher streunen lassen. Die Wanderung eröffnet zudem einen beispiellos schönen Ausblick auf die berühmten Faraglioni. Dabei handelt es sich um drei aus dem Meer emporragenden Felsformationen, deren mittlere (Il Faraglione del Mezzo) von Wellen ausgehöhlt ist. Im Wasser strampelnd, küssen sich italienische Paare heute in dem Tunnel. Einer Legende zufolge bewirkt dieser Kuss, dass die Paare für immer zusammen bleiben. Doch auch wer Single oder an einer dauerhaften Beziehung nicht interessiert ist, sollte im funkelnden Wasser des 60 Meter langen Tunnels ein Bad nehmen. Vor allem muss man um die beiden äußeren Felsen herum schwimmen: Sie sind der Lebensraum der Podarcis siculus coeruleus, einer einzigartigen, tief blauen Eidechsen-

Die Wanderung eröffnet einen beispiellos schönen Blick auf die berühmten Faraglioni, drei aus dem Meer emporragende Felsen

In der Boutique Jacky O.

©ANP/SIME/PIETRO CANALI Die Marina Piccola mit den berühmten Faraglioni - Felsen. >

Ein Traum in Blau: Das Hotel JK Palace

TIPPS

• JK PALACE

Dieses hervorragende Hotel in Anacapri hat Stararchitekt Michele Bönan entworfen. Die schicken Zimmer haben eine fast schon kolonialistisch Anmutung. Die Zimmer, das von Wiesen eingerahmte Schwimmbad und die Terrasse mit Meerblick treiben Besuchern die Tränen in die Augen, so dass sie dauerhaft hier einziehen möchten. jkcapri.com

© ADRIANO BACCHELLA

art, von der die Fischer früher geglaubt haben, dass sie einen Schatz bewachen, den Kaiser Tiberius persönlich auf den Felsformationen versteckt hat. Dabei sind die kobaltblauen Reptilien selbst eine Kostbarkeit, die ausschließlich auf den dunklen Felsen Capris vorkommen. Schwimmende Städte

Wer die Insel im Juli oder August besucht und einen der charakteristischen Gozzo caprese (eine capresisches Schaluppe) mietet, kann von den Superjachten durchaus eingeschüchtert sein, die dann vor der Küste in den Wellen schaukeln. Die im Schnitt fünf Meter langen Wasserfahrzeuge verblassen neben den Booten, die nicht selten auf den Kaiman-Inseln registriert sind und die gerne auch als Landeplatz für Hubschrauber dienen. In diesem Sommer dürfte es sich anders verhalten, doch gemeinhin lassen sich auch russische Oligarchen die Freuden Capris gefallen. Jachten von 150, 160 oder 170 Metern Länge sind keine Ausnahme. Auch sonst muss man gut aufpassen, denn ähnlich wie auf den Straßen Neapels gelten in den Gewässern rund um die Insel keinerlei Verhaltensregeln: Links und rechts ziehen Boote vorbei – und das mit zuweilen erstaunlicher Geschwindigkeit. Dass andere vor Anker liegende Boote hierdurch ins Schaukeln geraten, scheint niemanden zu interessieren. So musste bereits manch speisender Familie minutenlang Gläser und Geschirr festhalten, als seien sie chinesische Zirkusartisten. Doch auch sie rühren sich kaum, wenn ein Motorboot mit 500 PS nur eine Armlänge entfernt vorbei donnert. Wer die schwimmenden Städte der VIPs ins Kalkül mit einbezieht, gelangt fast zwangsläufig zu der �berzeugung, dass man einen Gozzo besser inklusive Steuermann anmietet. Ohne einen solchen hilft nur gesundes Selbstvertrauen. Ein Platz an der Sonne

Doch keine Angst: wer sich von den Wonnen des capresischen Seemannslebens nicht angezogen fühlt, kann sich stattdessen in den vielen Strandpavillons verdingen. Zwar gibt es auf Capri kaum Sandstrände, sondern überwiegend felsige Buchten, wo Liegen und Sonnenschirme vermietet werden – und wo man köstlich essen kann. Ein Klassiker um den Tag zu verbringen, ist der Lido Faro direkt neben dem Leuchtturm von Anacapri. Hier gibt es nicht nur eine exzellent Küche, sondern

auch ein Erscheinungsbild, das seit der Eröffnung 1970 nahezu unverändert und noch immer von bezaubernder Schönheit ist. Hier gelangen bis zum Sonnenuntergang Strahlen hin – günstige Rahmenbedingungen für den Aperitif. Gegessen wird direkt am Wasser – ein Salat oder ein Sandwich unter einem Sonnenschirm – oder unter dem Strohdach des Restaurants. Dort gehören die Linguine con seppie, ricci di mare e crema di zucchine (Spaghetti mit Tintenfisch, Seeigel und Zucchini) zu den Kompositionen, für die man sich jederzeit gerne die Serviette um den Hals bindet. Ein weiterer Garant für einen außergewöhnlichen Tag ist das Fontelina, dessen Name sich vom E font d’o lino ableitet, also dem Ort, wo die Frauen früher die Leinen für ihre Kleider und Tücher eingeweicht haben. Vor noch viel längerer Zeit haben hier die Schiffe von Kaiser Tiberius mit Baumaterialien für die zwölf Villen angelegt. Heute ist der Pavillon mit Blick auf die Faraglioni einer der besten Orte für eine wunderbare Aussicht, leckeres Essen und den Anblick schöner Menschen.

Jackie Kennedys Hosen

Was für die Nutzung der capresischen Gewässer gilt, besitzt auch für die Straßen Gültigkeit. Von Ostern bis Anfang November sind nur die Autos von Einheimischen zugelassen, weshalb Touristen gerne Motorrollern mieten. Ungleich empfehlenswerter jedoch sind Taxi oder Bus, denn die Teilnahme am Straßenverkehr gleicht einer Herausforderung der

Bis zum Sonnenuntergang fallen die Strahlen auf das Anwesen, günstige Rahmenbedingungen für einen Aperitif

TIPPS

• DIE PIZZERIA AURORA

Die Crew dieser gemütlichen Pizzeria serviert viele gute Gerichte auch jenseits von Pizza. Eine Spezialität aber darf man sich auf keinen Fall entgehen lassen: die Pizza all’Acqua. Das ist nicht etwa eine wässrige Pizza, sondern im Gegenteil eine besondere pikante Variante, neben der eine Karaffe Wasser stehen muss. Daher der Name, auch wenn Milch besser gegen die Schärfe wirkt. Wie dem auch sei: Besucher kommen von nah und fern, um ein Exemplar dieser ebenso knusprigen wie pikanten Pizza zu ergattern. auroracapri.com

Bei jedem Capri-Besuch Pflicht: Die VIlla San Michele.

Oben: Die Villa Malaparte und der Lido del Faro. Rechts: Die Piazza Umberto I, der wichtigste Platz auf Capri. hier in exklusiven Boutiquen und Hotels die internationalen Eliten. Besuchen Sie unbedingt die Piazza Umberto Nummer 1. In der Boutique La Parisienne hat Jackie Kennedy ihre Capri-Hosen gekauft, jene wadenlange Dreiviertelhose, die dadurch auf einen Schlag berühmt wurde. Chaos und Gemütlichkeit

Wer Urlaub mit Büchern, einem Picknickkorb und Ruhe verbindet, mag während der warmen Monate andernorts besser aufgehoben sein. Den gesamten Sommer über brummt Capri. Nirgendwo auf der Welt scheint die Konzentration an Touristen aus dem In- und Ausland höher. Vor allem die Neapolitaner sind verrückt auf die Insel. Sie kommen notfalls auch am Freitagnachmittag fürs Wochenende all’isolana hierhin. Zuweilen klingt es

In der Boutique La Parisienne hat Jackie Kennedy ihre Capri-Hosen gekauft, wodurch die wadenlange Dreiviertelhose auf einen Schlag berühmt wurde

Götter: Haarnadelkurven, Ehrfurcht erweckende Abgründe, Autos, die einander mit millimetergenauer Präzision passieren, und Busfahrer, die sich auf die Gunst des Inselheiligen San Costanzo zu verlassen scheinen, machen jede Fahrt zu einem Erlebnis der dritten Art. Am besten also begeben Sie sich auf Schusters Rappen, nehmen die orangenen Busse oder gleich die sympathischen Cabrio-Taxis. Wer keine Lust auf die unvermeidlichen Steigungen hat, nutzt ohnehin am besten das Boot. Ab Marina Grande, dem Großen Hafen, legen stündlich Boote ab, die in weniger als zwei Stunden die Insel umrunden. Zwischendurch legen sie einige Stopps ein. Von der Marina Grande auch setzt sich alle 15 Minuten ein Funicolare in Bewegung, also eine vertikale aufsteigende Standseilbahn, welche die mondänen, höher gelegenen Teile der Insel ansteuert. Rundum La Piazzetta versammeln sich auf den Straßen amerikanischer, als etwa in New Jersey. Der enorme Betrieb scheint die Capreser allerdings kaum zu stören. Nein, sie arrangieren sich sogar ziemlich gut damit. Selbst bei sehr hohen Temperaturen scheinen ihnen die Touristen egal. Stattdessen machen sie hier ein Witz, lachen dort, singen Lieder – oder sie verteilen gar Geschenke. Bei meinen letzten Besuch hatte ich eine Tasche mit Sandalen von Aquazzura in einem Taxi vergessen. Diese hatte ich kurz davor in einer der schönsten Boutiquen der Welt erworben hatte. Nur eine Stunde später wurden sie im Hotel abgegeben. Auf so etwas müsste man im nahen Neapel erst mal drauf kommen. So sagen sie auf Capri nicht umsonst: „Quann’ ’o mare è calmo, ogni strunz è marenaro“, oder: „Wenn die See ruhig ist, ist jeder Lümmel ein guter Kapitän.” Will sagen: Hier fahren sie auf meterhohen Wellen und behalten dabei ihren Humor. >

©ANP/SIME/PIETRO CANALI

TIPPS

Typische Details der Villa San Michele

• IL RICCIO

Holzfußböden, blaue Stühle und weiße, im Wind wehende Gardinen. Im Restaurant Il Riccio stimmt einfach alles, nicht nur die extrem guten Fischgerichte. Und doch tut man gut daran, nicht zu viel zu essen, denn das Lokal ist berühmt für seine Stanza della Tentazioni, das Zimmer der Verführung. Hier stehen Dutzende Schalen, Töpfe und Platten mit den verschiedensten Dolci: Törtchen, Schokolade, Pralinen, Bonbons, Meringues und andere verführerische Süßigkeiten. Ein wahres Paradis für Leckermäuler, die sich später beim Schwimmen im Meer alles wieder abtrainieren können. Wer ein Boot gemietet hat: Das Restaurant ist auch vom Wasser aus erreichbar. capripalace.com

Der Bauer, der hier wohnte, hat mit Genugtuung davon berichtet, sein Domizil aus 2000 Jahre als Steinen und Marmorblöcken erbaut zu haben

Ein Capri-Aufenthalt ist indes ohne den Besuch der historischen Villa San Michele nicht vollständig. Sie wurde auf den Relikten einer jener Villen errichtet, die Kaiser Tiberius gebaut hat.

Die Villa San Michele

Zu Beginn des 20. Jh. stolperte der junge schwedische Arzt Axel Munthe während eines Spaziergangs über ein einfaches Häuschen mit einmaliger Aussicht. Der Bauer, der hier wohnte, berichtete ihm mit Genugtuung davon, sein Domizil aus 2000 Jahre alten Steinen und Marmorblöcken gebaut zu haben. Seitdem konnte Munthe den Ort nicht vergessen. Einige Jahre später kaufte er das Haus mitsamt Grund. Ohne Plan und nur mit Skizzen für die Arbeiter baute nach den Gesetzen der „Architettura spontanea“ die Villa San Michele. Hunderte Fragmente römischer, etruskischer und ägyptischer Kunst, die aus seiner Sammlung stammen, machen diesen Landsitz zu seiner Versinnbildlichung. Wer durch die Gemächer läuft, hat das Gefühl, dass Munthe und seine Busenfreundin, die schwedische Königin Victoria von Baden, jeden Moment hereinkommen könnten. Nach seinem Tod hat Munthe all dies – die Villa, den prächtigen Garten mit seiner bogenförmigen Pergola und der ägyptischen Sphinx – dem schwedischen Staat vermacht, der schließlich das Museum Villa San Michele daraus gemacht hat.• villasanmichele.eu

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