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KLIMA UND ENERGIE
„MEHR STROM AUS WINDKRAFT“
MICHAEL GERBAVSITS, VORSTANDSVORSITZENDER DER ENERGIE BURGENLAND, KÜNDIGT EIN GROSSES INVESTITIONSPAKET FÜR ERNEUERBARE ENERGIEN AN.
Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind zentrale Inhalte der neuen Burgenländischen Landesregierung. Dazu gehört das Ziel, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Aber ist das auch möglich? „Ja, es ist realistisch“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Energie Burgenland, Michael Gerbavsits. Natürlich werde es Anstrengungen bedürfen, aber das Burgenland hat bereits gezeigt, was alles möglich ist: „Im Jahr 2000 sind drei Prozent des verbrauchten Stromes im Land erzeugt worden, 2003 erfolgte der Einstieg in die erste große Windstromausbauphase. Das hat das Burgenland revolutionär verändert“, skizziert Gerbavsits die Entwicklung. Die Eigenstromproduktion ist in den folgenden Jahren rapide angestiegen, 2011 gab es die zweite große Ausbauphase der Windenergie. „Über das Jahr gesehen, haben wir 2013 erstmals mehr Strom produziert als verbraucht wurde, der Stromeigenproduktionsgrad lag damals bei 102 Prozent.“
Beispielhaft für ganz Europa
Doch dabei blieb es nicht. Energie Burgenland hat Flagge gezeigt und weiter investiert. 2019 wurden 158 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs aus erneuerbarer Energie gewonnen. Dieses Ergebnis ist beispielhaft für ganz Europa. Neidvoll blicken EU-Staaten auf das Land am Neusiedler See. Der Chef der Energie Burgenland lehnt sich ob dieses Erfolges aber nicht bequem zurück, er hat neue Vorhaben. Repowering lautet das Zauberwort, und es bedeutet, dass Windräder der ersten Ausbauphase sukzessive durch moderne ersetzt werden. „Wir beginnen in diesem Jahr, die alten Anlagen abzubauen. Wir werden 61 alte Anlagen durch 51 neue, deutlich leistungsstärkere Anlagen ersetzen. Derzeit gibt es insgesamt 225 Anlagen, mit den neuen wird der Output bis zu 30 Prozent gesteigert werden“, kündigt Gerbavsits an.
Das Unternehmen lässt sich die Innovationen bei der Windkraft etwas kosten. „Das ist ein enormes Investitionsprogramm“, sagt der Energie Burgenland-Chef. Die Summen sind beachtlich: „Wir haben bisher eine Milliarde Euro in den Windausbau inklusive Netzausbau gesteckt. Der Investitionsschwerpunkt bis 2025 umfasst aber nicht nur Wind, sondern auch Fotovoltaik, erneuerbare Wärme, Innovationen und neue Netze. Wir werden künftig deutlich mehr Strom aus Windkraft und Fotovoltaik haben und brauchen deswegen auch stärkere Netze.“
Die Investitionen sind auch wegen des Stromverbrauches erforderlich. Der Stromverbrauch im Burgenland hat sich seit 1995 bis heute verdoppelt, rechnet Gerbavsits vor, „und er wird wegen der E-Mobilität und der Zunahme an Elektro-Geräten deutlich steigen. Die große Herausforderung für die Klimaziele ist aber, den Gesamtenergieverbrauch stark zu senken, wenn man die CO 2 -Ziele erreichen will. Das ist die Aufgabe des Jahrhunderts“, erklärt der Vorstandsvorsitzende.
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© Land Burgenland/Siess Energie Burgenland-Chef Michael Gerbavsits kündigt enorme Investitionen in Höhe von 300 Millionen Euro für Fotovoltaik an
Geht es nach den Berechnungen von Experten, ergibt sich bis zum Jahr 2030 eine Steigerung des Strombedarfes um 40 Prozent zum aktuellen Ist-Wert. Bis 2050 rechnet man mit einer Verdoppelung des Stromverbrauches im Vergleich zu heute. Konkret heißt das: Der Stromverbrauch wird steigen, der Gesamtenergieverbrauch muss sinken – das sind die internationalen Vorgaben, an die sich das Burgenland hält.
Welche Maßnahmen braucht es nun, um den Gesamtenergieverbrauch zu senken? Das ist die Frage, die auch alle Konsumenten interessiert. „Es handelt sich um ein Bündel von Maßnahmen: Sanierung alter Häuser, der GebäudeEnergieverbrauch muss kleiner werden. Und das gute alte Energiesparen ge
ERNEUERBARE ENERGIEN: INVESTITIONEN BIS 2025 WINDAUSBAU – 250 Millionen Euro FOTOVOLTAIK – über 300 Mio. Euro ERNEUERBARE WÄRME 31 Millionen Euro NETZAUSBAU FÜR ZUSÄTZLICHEN STROM 115 Millionen Euro INNOVATIONEN mindestens 5 Millionen Euro
Energie Burgenland-Chef Michael Gerbavsits kündigt enorme Investitionen in Höhe von 300 Millionen Euro für Fotovoltaik an
hört auch dazu.“ Gerbavsits erwartet außerdem, dass durch technologische Entwicklungen der Energiebedarf reduziert wird.
Auch jeder Einzelne kann durch Eigenverantwortung einen Beitrag zum Klimaschutz leisten: „Radfahren, kürzere Strecken zu Fuß gehen, Geräte nicht Tag und Nacht eingeschaltet lassen“, nennt der Energie Burgenland-Boss einige nützliche Beispiele. Den Bonus des Unternehmens für energiesparende Geräte wird es weiterhin geben und verstärkt sollen hauptberufiche Energie-Sparberater eingesetzt werden. Der direkte Kontakt, die Informationen aus erster Hand, wird wieder wichtiger.
„Power-to-heat“-Anlage
Stolz ist Gerbavsits auf ein Projekt, das noch in diesem Jahr in Neusiedl am See startet. Dabei geht es um die Umwandlung von Windstrom in saubere Wärme, die dann ins Fernwärmenetz der Energie Burgenland in Neusiedl eingespeist wird. „Für dieses innovative Projekt haben wir bereits drei Branchen-Awards gewonnen.“ Diese technologische Entwicklung entstand durch die Kooperation von Energie Burgenland und der Forschung Burgenland. „Damit werden wir einen ganz wesentlichen Beitrag für die Umsetzung der Klima- und Energie-Strategie der Landesregierung leisten“, betont der Energie Burgenland-Chef.
Aktiv wird auch an der E-Mobilität gearbeitet. Die Energie Burgenland hat bereits 2016 eine E-Mobilitätsstrategie beschlossen, um in den nächsten zehn Jahren das Land umfassend mit Ladestationen und Schnellladestationen zu versorgen. Mehr als 90 Prozent der E-Auto-Besitzer tanken jedoch in der Nacht zu Hause. Auch im Unternehmen selbst setzt man auf E-Mobilität und stellt den Fuhrpark auf ElektroAutos um. „Das nächste Jahrzehnt“, ist Gerbavsits überzeugt, „wird elektrisch geprägt sein. Die Stromkapazität dafür ist gegeben“.
Was den Schwerverkehr angeht, so gibt es auch Alternativen zu den herkömmlichen Antriebsmitteln, nämlich Wasserstoff. Energie Burgenland plant eine Kooperation mit Postbus und OMV. „Das Projekt ist fertig, wir sind mit der neuen Regierung im Gespräch und warten auf die Förderzusage des Bundes. Wir würden aus Strom den Wasserstoff herstellen“, erklärt Gerbavsits. n
Margaretha Kopeinig
Hans Christian Siess 27
KURZ-INFOS
IN MATTERSBURG FÄHRT ELEKTRO-BUS
Klimafreundliche Mobilität. Seit Juni ist ein neuer Elektro-Stadtbus in Mattersburg in Betrieb. Mattersburg ist die erste Bezirkshauptstadt des Landes mit einem E-Bus. „Das ist ein Vorzeigeprojekt für klimafreundliche Mobilität und ein wichtiger Schritt, um den Umstieg auf den öffentlichen Verkehr zu forcieren“, sagte Verkehrslandesrat Heinrich Dorner. Der E-Bus ist an den Bahnhof und Bushaltestellen angebunden. „Das ist eine Qualitätssteigerung für den regionalen Bahnund Busverkehr“, freut sich Dorner. Bürgermeisterin Ingrid Salamon begrüßt das umweltfreundliche Mobilitätsangebot für das Stadtgebiet. n
Infos über Preise und Fahrpläne: www.mabu-mattersburg.at oder unter Tel.: 02626/623 32-11
NEUE GESELLSCHAFT FÜR BAUPROJEKTE
Gemeinden. Ende Juni hat das Land Burgenland eine Gesellschaft gegründet, die Gemeinden bei Bauprojekten unterstützen soll. Die Projektentwicklung Burgenland GmbH werde die Vorhaben der Kommunen zu Landeskonditionen abwickeln. „Damit stellen wir sicher, dass die Gemeinden genauso billig und gut bauen wie das Land selbst“, erklärte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Die Projektentwicklung Burgenland GmbH wird als Tochtergesellschaft der BELIG (Beteiligungs- und Liegenschafts GmbH) realisiert. Ab 1. Jänner 2021 ist die neue Gesellschaft handlungsfähig. Rund 30 Projekte seien bereits geplant. n