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Waldecks Wallfahrten

Ich begleite die Wallfahrten des Pilgervaters Phil Waldeck als Fotograf. Manchmal illustriere ich seine Texte. Meist aber wird ein zusätzliches Thema aufgegriffen. So auch diesmal. Erkennen Sie das Thema anhand des Bilds? Vielleicht nicht gleich. Es zeigt einen Ausschnitt der umstrittenen Autobahn-Lärmschutzmauern (hier: A22). Die Hälfte der Bevölkerung (und wahrscheinlich die ganze Tierwelt) mag sie als Akustik-Filter, die zweite Hälfte klagt, man fahre jetzt wie in einer Frischluft-Röhre. Und alle halten die Mauern für hässlich. Das gilt vor allem dort, wo Architekten versuchen, sie hübscher zu machen. Dort, wo sie rein funktional auftreten, zeigen sie erstaunliche, technische Schönheit im Detail. Profi-Fotografen haben einen angelernten „Tunnelblick“ für Einzelheiten. Tipp für Amateure: Tragen Sie immer ein leeres Dia-Rähmchen bei sich. Durch dessen Ausschnitt werden Sie die Welt wie neu sehen – Helmut A. Gansterer

TEXT VON PHIL WALDECK. FOTO: HELMUT A. GANSTERER

Ein Müßiggänger spaziert durch die Stadt und fährt rund um Wien herum.

SONNTAG 07:00 UHR LOKALITÄT: DIE AUTOBAHNEN VON OST-ÖSTERREICH BETR.: WARUM NICHT DIE POLITIKER LOBEN?

Willkommen, kluge Leserin, schöner Leser, zur einunddreißigsten Wallfahrt. Sie steht unter einem christlichen Stern. Ich rege an, endlich auch einmal Politiker zu loben. Dies wäre grundsätzlich klug. Wenn wir weiterhin auf die Politiker einschlagen, wenn sie schlecht sind, aber kein Wort verlieren, wenn sie Gutes tun, bewirken wir eine negative Auslese. Dann wird bald kein tüchtiger Mensch mehr Politiker werden wollen. Nur Masochisten werden übrig bleiben, oder Komplexler, die in keinem anderen Beruf so viel relative Macht erwarten dürfen. „Was um Himmels willen soll ich denn loben?“, fragt mich ein Eisenstädter in der feinen Osteria Corso beim Rauchertischchen im Freien. „Zum Beispiel das Viele, das klaglos und still funktioniert“, antworte ich. Das trifft in Österreich auf das meiste zu. In anderen Ländern hingegen, wie meine Weltreisen zeigen, auf das wenigste. Ein Beispiel: Man findet weltweit kaum Städte, die so klug verwaltet, so sensibel restauriert, so reinlich und sicher wie unsere sind. Das weist hin auf ein gerüttelt Maß an ordentlicher Politik. Im Wesentlichen gilt dies auch für den Verkehr in den drei Bundesländern B, NÖ und W, die Gegenstand der schauMedien sind. Beispiele: Die anfangs als sinnlos kritisierte Donaubrücke bei Jettsdorf, die vom Nordufer schnell nach St. Pölten führt, erweist sich als Hit. Sie macht sich schon jetzt bezahlt. Nicht nur Niederösterreicher, auch Bewohner des Nord-Ostens von Wien, erreichen nun die Westautobahn flüssig und eine halbe Stunde früher, bei gleichzeitiger Schonung der schönen Stadt Krems. Desgleichen gefällt die neue Spange, die zwischen Schwechat und Südautobahn gespannt wurde, um die katastrophale Wiener „Tangente“ zu entlasten. Sie hält nicht nur die Slowakei-LKWs von dieser fern. Auch als Sportwagenfahrer nütze ich sie, wenn ich vom Weinviertel ins schau-TV-Studio in Eisenstadt fahre. Da verölen keine Zündkerzen. Da ist ein 100er-Schnitt ohne Stau garantiert. Oft bin ich nach 45 Minuten am Ziel. Das sind Werte, von denen alle Ausländer nur träumen können. Dazu genießen wir noch die besten Raststätten glänzender Unternehmer wie Rosenberger & Co. Selbst im reinlichen Bayern fand ich welche, die im Vergleich dazu Schweineställe sind und Schweinefraß bieten. Das Gute geschieht oft in der Stille. Es wird auch bestenfalls still gelobt, nach dem dummen Motto: „Nicht g’schimpft is g’lobt gnua.“ MITTWOCH 16:00 UHR LOKALITÄT: EISENSTADT UND ST.PÖLTEN BETR.: DIE KLEINEN HAUPTSTÄDTE

Wien wird geliebt oder gehasst. Aber doch immer geachtet. Es ist Österreichs einzige Stadt in Weltformat. Und wird seit sieben Jahren in maßgeblichen Umfragen als „lebenswerteste Stadt der Welt“ vergoldet. Die kleineren Städte tun sich da schwer. Selbst Landeshauptstädte werden oft belächelt. Aber nur von Leuten, die sie nicht wirklich kennen. Bregenz im Westen, Klagenfurt im Süden sowie St. Pölten und Eisenstadt im Osten Österreichs haben ihren eigenen Zauber. Der bald als modern erkannt werden wird, weil er der Entschleunigung dient. Auch hier ein Beispiel: Wenn ich mich der burgenländischen Landeshauptstadt Eisenstadt nähere, erfasst mich elementare Heiterkeit. Die Lebensfreude steigt. Die Farbe dieser Freude ist Gelb. Gelb wie Wärme und Sonnenblumenfelder und das EsterházySchloss. Und die Musik des Esterházy-Hofkapellmeisters „Papa“ Haydn. Sie umfasst viele heitere, sogar witzige Kammerstücke. Das überträgt sich noch heute als Wohlgefühl. Was uns, ganz nebenbei, als Österreicher zu denken geben sollte, ist dies: Haydn fand seinen Übermut erst, als er im fernen London bejubelt worden war – in einer kunstlieben Stadt, die viele Österreicher seelisch aufmöbelte, ehe sie dann auch daheim anerkannt wurden: den Musiker Bruckner, den Maler Kokoschka, den Schriftsteller Koestler, den Philosophen Popper. Gewisse Gezeiten Eisenstadts mögen im täglichen Leben spürbar sein: Untertags eine Flut durch die vielen einströmenden Beschäftigten. Nächtens eine gewisse Ebbe durch relativ wenige Ansässige. Der wissende Streuner findet aber alles, was er braucht. Und findet anderntags, nach einem späten Frühstück, ein neues, genussreiches Burgenland vor, wo die Wahl zur Qual wird. Wo vor allem eine neue Spannweite von „extrem traditionell“ bis „extrem avantgardistisch“ auffällt, darin als nun bald schon ewiger Qualitätsgipfel das Reich der Eselböcks in Schützen, mit dem Taubenkobel als Stephansdom.

Man findet weltweit kaum Städte, die so klug verwaltet, so sensibel restauriert, so reinlich und sicher wie unsere sind. Das weist hin auf ein gerüttelt Maß an ordentlicher Politik. Im Wesentlichen gilt dies auch für den Verkehr in den drei Bundesländern B, NÖ und W, die Gegenstand der schau-Medien sind.

Die Marke war lange Zeit Japans Nummer eins in Deutschland.

Und schlief dann ein. Bis sie 2012 mit der neuen, kleinen V-Strom 650 wieder Herzschläge zeigte. Die jetzt vorgestellte „große“ V-Strom 1000 soll sie wieder nach vorn bringen: ein preiswertes Universal-Bike für Alltag und Reisen um die Welt, aber eher für gute Straßen.

Als österreichischen Beitrag begrüßen wir den Wahnsinn: KTM 1290 Super Duke R mit 1190-Zweizylinder und 180 PS, wie alle KTM seit der 990 SMT auch von Normalfahrern beherrschbar. Tests, sobald das Eis schmilzt.

Suzuki V-Strom 650

Ganz, ganz ähnlich, in größerem Maßstab, das unterschätzte St. Pölten. Es hat die schlimmsten Anfechtungen hinter sich. Als erste eigene NÖ-Hauptstadt litt es unter Kritik, sogar Spott. Beides ist verstummt. Die Ausrichtung nach Westen wurde als richtig erkannt – als Halbetappe zwischen Wien und der tüchtigen Großstadt Linz. Man weiß heute auch, dass Krems als weiterer Hauptstadt-Kandidat aus den Nähten geplatzt wäre. Während St. Pölten mit seinen großen Landreserven sich wohlig als Ellipse mit zwei Brennpunkten einrichten konnte. Der schöne historische Kern mit hoher Lebensqualität als emotionaler, erster Brennpunkt. Das moderne, gläserne Landhausviertel als funktionaler, zweiter Brennpunkt, der die Kraftlinien von Politik und Bigger Business mit großen Raumreserven verbindet. Beide Teile sind ausgezeichnet geeignet, die anströmenden Kunst & Kultur-Agenden arbeitsteilig zu betreuen. Kaum ein Business-Building in Österreich ist beispielsweise so gut geeignet wie das der Noevers (Niederösterreichische Versicherung) für großflächige Hängungen moderner Kunst. Dies wird vom inspirierten Management auch glänzend genützt. Als große Kunstkraft wirkt logisch auch das dort beheimatete, große Landesmuseum, oder die so genannte Ausstellungsbrücke des Landhauses. Der historische Kern St. Pöltens bedient ausgezeichnet die intimeren, kürzeren Events. Man erinnert sich mit Freude an Vernissagen der Galerie Maringer oder Lesungen in der Buchhandlung Schubert, die erst im Morgengrauen versiegten. Einmal fiel dabei Tiefschnee über Nacht. Orange gekleidete Hilfskräfte der Stadt halfen den Autos der Eingeschneiten auf die Piste zurück. Von Herzlichkeiten dieser Art kann in Riesen-Kommunen keine Rede sein. Bisher galten Kleinstädte als „weder Fisch noch Fleisch“. Allmählich werden sie als künftige Ideale denkbar.

FREITAG 13:00 UHR LOKALITÄT: PFARRWIRT UND HAJSZAN NEUMANN BETR.: WEIN UND GEIST IN GRINZING

Rund um den Pfarrplatz in Grinzing findet man am Freitag, der das Wochenende einläutet, neben den Touristen auch viele Wiener, die zum Wein die hohe Musik lieben. Sie denken an Beethoven und die hierorts komponierte „Eroica“, und gehen alle Wanderwege, die auf Beethoven und Eroica verweisen und teils hoch in die Weinberge führen, von denen man in C-Dur auf die Wienerstadt niederblickt.

Suzuki V-Strom 1000

KTM 1290 Super Duke R

kolumne

Der Autor

Philipp „Phil“ Waldeck schreibt die Kult-Kolumne „Waldecks Wanderbriefe“ in der autorevue.

Der Fotograf

Helmut A. Gansterer schreibt für trend und profil, sein Buch „Endlich alle Erfolgsgeheimnisse“ ist ein aktueller Bestseller. Er wurde von Waldeck und schau als Fotograf entdeckt.

Hier, am Pfarrplatz, in einem Epizentrum der europäischen Klassik, steht der Pfarrwirt. Hier wollte ich demnächst Hans treffen, meinen Jugend-Freund, der dieses Gehöft in einen höheren Rang hob. Jetzt stehe ich allein da, um Wochen verfrüht. Gleichwohl erkenne ich die vorzügliche Handschrift des Freundes. Größte Klarheit in allem, beinahe Bauhaus, aber herzlich und warm, in Vollholz und Metall. Ich bin im schönen Vorraum arretiert. Nur dieser ist für Raucher gedacht. Zum Glück steht hier auch die riesige, blitzblanke Bar, die Weinflaschen auf dem Bord soldatisch geordnet. Und, unvergleichlich jedem Lokal der Welt, ein meterlanger Fries aus Daniel-Spoerri-Kunstwerken. Ich trinke ein „Rotes Tor“, ehe ich zum Nachbarn wechsle, dem Nobel-Heurigen Hajszan Neumann. Dort, im gepflegten Gewölbe ergänze ich das Fest einer renommierten Company mit einem Vortrag über „Die innere Natur der Sieger“. Gute Akustik, fröhliche Zuhörer, nachher ein schöner Weißburgunder und eine hohe Cuvee. Hier ist sogar eine Vor-Halle für die Freunde der Tabakkultur freigehalten, mit Barhockern, falls einer müde wird. Zwei Lokale in drei Stunden. Und so viel Qualität auf engem Raum, wie sie noch in den 1990er Jahren in großen Wiener Wein-Bezirken nicht zu finden war. Hier darf nicht von einer guten, alten Zeit, nur von einer guten, neuen Zeit gesprochen werden. ///

Glaubst du noch an dich?

TEXT VON MARIE-THERES STREMNITZER, FOTO: BY BLODER

Schon auf dem

Donauinselfest 2011 konnte jeder, der wollte, den Song „Able“ live hören. Doch nur wenige Besucher wollten das. Thomas David hat aber dennoch nicht aufgegeben. Heute läuft die

Nummer mit Erfolg im Radio und sein erstes Album ist fertig.

WENN EINER EIN LIED davon singen kann, dass sich Erfolg nicht von heute auf morgen einstellt, dann ist das der aktuelle Gewinner der TVShow „Die große Chance“, Thomas David Putz. „Glaubst du noch an dich?“ – Diese Frage hat ihn angetrieben, sich noch einmal in einer CastingShow preiszugeben. Mit 17 hatte er recht unbeholfen an der ersten Staffel von „Starmania“ mitgewirkt und war der Nation als „Putzi“ in Erinnerung geblieben. Mit diesem Namen hatte ihn Konkurrentin Christina Stürmer bedacht. „Es war schwer, als Siebzehnjähriger durch die Gassen zu laufen und verhöhnt zu werden“, sagt Thomas heute. Es hat sich ausgezahlt.

„Ich werde mir nie mehr im Fernsehen eine Casting-Show ansehen“

Er machte trotzdem weiter. Zehn Jahre lang stand er in kleinen Clubs auf der Bühne, schätzte trotzdem jeden Auftritt. Er lernte mit dem Publikum zu kommunizieren, lernte die Gesetze der Bühne kennen, lernte, „was es braucht, damit du du sein kannst“. Doch sein Leben bestimmt habe seine Arbeit als Behindertenbegleiter. Ihr verdankt er seine Haltung und seine Demut dem Leben und den Menschen gegenüber.

„Privates halte ich gerne bedeckt. Aber wer mein Album hört, erfährt sowieso fast alles über mich.“ Thomas David teilt sich am liebsten über seine Songs mit.

Die Präsentation des ersten Albums fand im vergangenen Dezember im Volksgarten Pavillon statt. Vor allem Freunde und befreundete Musiker waren da, kein großer Medienrummel. Kein Starauftrieb. Ein intimer Moment, den der Sänger mit seinen Wegbegleitern Mr. Kuli und Stevie vielleicht noch mehr genossen hat als den Sieg bei der ORF-Show: „Ich werde mir nie wieder eine Casting-Show anschauen und schweißnasse Hände haben, weil ich mir denke, ‚wenn ich noch einmal dabei sein würde …‘“ Das Album „Able“ hat sich in der ersten Woche über 7.500 Mal verkauft. Der gleichnamige Song hielt sich wochenlang auf den Top-Plätzen der Charts. Es ist immer noch das gleiche Lied wie damals auf der Donauinsel, nur jetzt wollen es plötzlich alle hören. ///

info

Aus der Konserve und live

Das Album „Able“ ist beim Label Columbia erschienen. Im März tourt Thomas David durch Österreich. Hier gibt es die Gelegenheit, den Künstler live zu erleben:

13. 3. Warehouse, St. Pölten 14. 3. Festsaal, Judenburg 15. 3. Marenzikeller, Leibnitz 18. 3. Support Gavin deGraw, Arena, Wien 21. 3. Ballonwirt Aigner, Wieselburg 22. 3. Röda, Steyr www.facebook.com/thomasdavidmusic

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