schau-Magazin, Ausgabe 7/2014

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schaubrauch Seit dem 16. Jahrhundert lodern die Schmiedefeuer in Ybbsitz. Hier gab es Wasserkraft und Holz sowie die Möglichkeit, viele Arbeitskräfte zu verpflegen, die als Schmiede bzw. in ähnlichen Bereichen tätig waren. Das Roheisen stammt vom steirischen Erzberg. Damit die Flammen nicht erlöschen, geben beherzte Schmiede ihr Wissen in Hobbykursen weiter.

Wo das Eisen noch durchs Feuer geht TEXT UND FOTOS VON JUDITH JANDRINITSCH

WIE KOLOSSE aus der Urzeit stehen die historischen Federhämmer da, still verharren sie auf ihrem Platz, doch man spürt, dass sie nur darauf warten, mit ihrer ganzen Kraft auf glühend heißes Eisen einzuschlagen. Mit ihrer ganzen Energie zu Werke gehen auch die Teilnehmer des heutigen Einsteigerkurses für Hobbyschmiede unter der Leitung von Schmied Franz ­Hofinger. Er zeigt seinen Schützlingen, wie man das Eisen in der Esse zum Glühen bringt und es anschließend kantet, verbiegt, spaltet oder verdreht. Regina aus Wiener Neustadt ist die einzige Frau unter den Hobbyschmieden. „Mein Vater war Schmied, als Kind wollte ich Goldschmiedin werden“ erzählt Regina, warum es ihr großer Wunsch war, an diesem Kurs teilzunehmen. Schmiedekarriere wurde ­vorherbestimmt

Kursort ist der Fahrngruber Hammer, eine ehemalige Hammer- und Hackenschmiede, wo vom 16. Jahrhundert bis in die 1980er Jahre Werkzeug geschmiedet wurde. Der 48 schau

„Man braucht zum Schmieden auch das richtige Gefühl.“ Franz Hofinger

einzige, der während des Kurses nicht schwitzt, ist Franz Hofinger. „Ich mach’ das schon seit 45 Jahren“, erzählt er und füttert dabei das Feuer auf der Esse mit Steinkohle, denn beim Nachlegen sind die Schmiede in spe noch etwas zurückhaltend. Eigentlich wollte er Tischler werden, doch sein Nachbar, der Schmiede-Besitzer Sonneck, erklärte: „In Ybbsitz wird man Schmied, nicht Tischler“ – damit war sein berufliches Schicksal besiegelt. Obwohl er um 5.30 Uhr bei der Firma Sonn­ eck zu arbeiten beginnt, tüftelt und werkt er nach Arbeitsschluss zuhause in seiner Werkstatt weiter.

Verhinderte Berufswünsche endlich erfüllen

Christian ist extra aus Oberösterreich nach Ybbsitz gereist. Nach der Schule wollte er Schmied werden, sein Vater meinte dazu nur: „Du hast ja zwei Linke.“ Also wurde Christian Software-Entwickler, doch der Wunsch, mit der Kraft seiner Hände etwas zu formen, ist geblieben. „Manchmal braucht man zum Ausgleich etwas zum Draufhaun“, befindet Christian und schon lässt er wieder seinen Hammer auf seine glühende Eisenstange niedersausen. Doch Kraft alleine ist in diesem Beruf nicht alles, weiß Franz Hofinger, auch wenn in seinem Berufsalltag die Eisenstücke durchschnittlich 18 Kilo wiegen. „Man braucht zum Schmieden auch das richtige Gefühl“, hält er fest. Und Geduld, denn: „Man muss warten können, bis das Eisen richtig heiß ist.“ Gerald ist vom Kurs ebenfalls begeistert, denn mit handwerklichem Geschick praktische Dinge herzustellen kommt im Alltag viel zu kurz. Nur: „So anstrengend habe ich es mir nicht vorgestellt.“

Federhämmer arbeiten wieder

Am Nachmittag betritt Nick Frühwirth den Fahrngruber Hammer. Der ehemalige Lehrling von Franz Hofinger will den Kursteilnehmern zeigen, wie man mit einem der historischen Federhämmer schmiedet. Zuerst flickt er einen schadhaften Keilriemen, damit der Antrieb des Hammers auch funktioniert. Die Hämmer wurden bis zum Aufkommen der Elektrizität mit Wasserrädern angetrieben, darum liegt der Fahrngruber Hammer auch d ­ irekt an der Ybbsitzer Schmiede-Lebensjuli/august 2014


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