KOMMUNIKATION, HERZTÄTIGKEIT UND MUSIKALISCHER DIALOG David Aldridge & Lutz Neugebauer
D
ieser Artikel befaßt sich mit einer physiologischen Untersuchung während einer musikalischen Improvisations-Situation, die der Musiktherapie nachgestellt ist. Im Mittelpunkt des Interesses steht dabei das physiologische Geschehen bei zwei Menschen, während sie miteinander musizieren.Aktive Musiktherapie ist ein dialogischer Prozeß, bei dem sowohl Therapeut als auch Patient Teil eines musikalischen Prozesses sind. In der Auswertung musiktherapeutischer Situationen wird die Bedeutung dieses musikalischen Prozesses häufig in den Vordergrund gestellt..Es bleibt aber auch die Frage bestehen, welche physiologischen Auswirkungen dieser musikalische Dialog auf den Körper des Patienten hat. In der vorliegenden Untersuchung gehen wir einen Schritt weiter, indem wir die Frage stellen, welche Auswirkungen (während der musikalischen Vorgänge) auf beide Partner des Dialoges zu beobachten sind, während Sie gemeinsam improvisieren. Eine solche Untersuchungsperspektive ist keineswegs so naheliegend wie es scheint. Unsere Erwartung ist, daß eine therapeutische Beziehung sowohl den Patienten als auch den Therapeuten beeinflußt.lAm Ende unserer Ausführungen werden wir auch auf die mögliche Bedeutung unserer Ergebnisse für andere Arbeitsfelder eingehen. Um darstellen zu können, weshalb Musiktherapie sinnvoll und hilfreich ist, ist es entscheidend zu wissen, was sich während einer musikalischen Improvisation ereignet. Unsere Intention ist deshalb, eine Möglichkeit aufzuzeigen, körperliche Veränderungen beim Patienten während der Musiktherapie darzustellen. Hieraus könnte man ableiten, nicht nur jene Auswirkungen anzuerkennen, die Musiktherapie auf
das seelisch/geistige Befinden hat, sondern auch solche, die bei einem Patienten auf der körperlichen Ebene auftreten.lAber selbst wenn gezeigt werden kann, daß Musik direkte Auswirkungen auf den Körper hat, ist es die gesamtkörperliche Organisation, der nicht-materielle Aspekt, der entscheidend für die Kommunikation ist, sowohl innerhalb einer Person als auch zwischen mehreren Personen (Aldridge 1996). Wie dem auch sei, unsere Sichtweise fußt auf der Überzeugung, daß Musik in der Lage ist, physiologische Veränderungen im Körper hervorzurufen. Ein Verständnis, das in unserer Kultur schon seit der Antike besteht (Aldridge 1993). 1
Herztätigkeit und Kommunikation
U
m die Veränderungen, die in der Musiktherapie auftreten, zeigen zu können, suchten wir nach einem einfachen physiologischen Indikator. Aus einer vorausgegangenen Literaturrecherche und Durchsicht zum Thema Kommunikation boten sich angemessene Parameter aus Studien zur Veränderung der Kreislauf- und Herztätigkeit an. Die wesentlichen Untersuchungen bei diesen Arbeiten waren solche, die sich mit der Veränderung des Blutdrucks und der Pulsfrequenz befaßten. Für die vorliegende Untersuchung entschieden wir uns für die Pulsfrequenz, da sie als Parameter relativ leicht zu beobachten und zu erfassen ist. Wie die Musik entwickelt diese sich im zeitlichen Verlauf und läßt sich als solcher darstellen.Was aber vielleicht noch wichtiger für diese Entscheidung ist: sie ist ein Parameter, der für die medizinische Wissenschaft akzeptabel ist, mit der wir als therapeutische Disziplin in einen Dialog treten wollen.