December 2008 issue

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Der verlorene Tempel Alltag auf arabisch Neue Hochschulen in Kairo

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Phänomen Mohammed und Marianne

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Touristenalltag in Kairo Fröhliche Weihnachten im Heimat!

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Ägypten Heute ist eine monatlich - kulturelle, touristische und politische Zeitung

Fernsehprogramme

Dialog der Kunst im Hurghada

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2 € / 15 L.E


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Inhalt

Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

Faszination der Westlichen Wüste!

Alexandria Zukunft

Alexandria ist vor allem ein Mythos, ein klingender Name, dazu eine Sommerfrische für Ägypter und arabische Touristen - mehr aber nicht. Die zweitgrößte Stadt Nordafrikas will sich künftig allerdings wieder mehr auf ihre große Vergangenheit besinnen und an den einstigen Glanz anknüpfen.

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Zum Phänomen Mohammed + Marianne Die beiden Artikel in Ägypten Heute (Okt./Nov. 2008, Seiten 11 und 12), „Kindesentführung“ sowie „Integration oder Isolation?“, liessen dem Soziologe Wolfgang Freund keine Ruhe. Seiner Erfahrung nach, findet er daß, Mehrsprachigkeit sowie multikulturelles Denken und Fühlen bei Ehepartnern und Kindern möglich sind, erfordern aber bewusstes Planen und Handeln von seiten der Eltern.

Fröhliche Weihnachten!

Kunst im Dialog

Birgit Baumann ist eine deutsche Künstlerin, die seit 8 Jahren in Hurghada lebt. Durch die Fotos des finnischen Fotografen Kimmo Hagman hat sie sich zu einer Serie von Ölbildern inspirieren lassen, die das alltägliche Leben von Ägyptern auf den Strassen zeigen.

Unter Bilder der Tänzer – Opferszenen – Riten – Jagdszenen – Familiendarstellungen – Handabdrücke in Gilf Kebir und Uweinat, besonders gefällt mir das Bild des sitzenden Paares – eine Liebesgeschichte aus der Steinzeit. So erzählt Georg Zenz im zeiten Teil seines Reiseberichtes über die faszinierenden Westlichen Wüste. Der Bericht von Georg Zenz entführt Sie in die Wüsten Ägyptens und beschreibt, was Sie erwartet, was Sie faszinieren wird oder wo Sie klar formulieren: „Keine zehn Pferde kriegen mich dahin!“

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Alltag auf arabisch

Ein altes arabisches Sprichwort lautet: „Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt:“ Der Nahost-Korrespondent des ORF hat eines geschrieben. Und es handelt nicht vom Nahostkonflikt - nicht vordergründig: Karim El-Gawharys „Alltag auf arabisch“ ist ein weiter, vielfältig blühender Garten „orientalischer“ Geschichten.

Der verlorene Tempel Lügen ist keine Lösung!

Ägyptens oberster Moralhüter musste sich dieser Tage in eine Notlüge flüchten. „Nein, ich kannte diesen Mann nicht“. Gemeint ist Israels Präsident Schimon Peres!

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Der Königstempel von Amenophis III. mit den sitzenden Kolossen hielt der Zeit nicht stand. Erdbeben, Steinraub und Nilfluten ließen sie der Vergessen anheimfallen - bis Archäologen erstaunliche Funde machten. Seit mehr als 33 Jahrhunderten thronen Die Memnons-Kolosse auf dem Westufer des Nil bei Luxor, sitzende Giganten aus rotem Quarzit, rund 18 Meter hoch, die zerborstenen Gesichter nach Osten gewandt, die Hände flach auf die Knie gelegt.


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Weihnachten Wer kennt es nicht, das Gefühl: „zwei Seelen streiten, ach, in meiner Brust“.. Eine, die sich in Ägypten zuhause fühlt, und die andere, die sich gerade in der Weihnachtszeit oft an den Ort ihrer Kindheit zurückwünscht.

Schöner Platz zwischen den Stühlen Bei 23 Grad und einer Tasse Kaffee auf dem Balkon lässt sich gut träumen von dem Duft des Weihnachtsmarktes, vom „Schietwetter“, das aus warmen Wohnzimmern kleine Paradiese der Gemütlichkeit macht. Dann erinnert man sich an die 1000 Sorten Regentropfen, Fahrrad fahren durch Felder und Wälder, auch an das Spazierengehen in der Natur, wo es ganz still ist, niemand hupt und nur ein paar Singvögel vor sich hintirilieren, wenn man, je nach Jahreszeit, eines der diversen Naturschauspiele verfolgt. Sogar die deutsche Esskultur wird- im richtigen Zusammenhang-( Kartoffeln mit Soße schmecken halt erst, wenn die Temperaturen unter 5 Grad fallen und die „Linda“ ihr volles Aroma entfaltet) mit einigen „Wehmutstropfen“ blankpoliert. Und der weihnachtliche Geschenkekauf, für die berufstätige Mutter die Hölle auf Erden („ja, die Kleinkinder bitte winterfest verpacken, nein, bitte keine Schleife...“), glitzert und funkelt wie von Sternenstaub bestreut, weil er in einem Land stattfindet, wo man ALLES überall kaufen kann, und nicht die ewige Liste in der Tasche hat, was man nächstes Mal aus Kairo/ Deutschland/Schlaraffenland mitbringt. Ja, ich habe das Glück, jetzt einige Monate in diesem nasskalten Shoppingparadies verbringen zu dürfen. Und jeden Tag vermisse ich Ägypten mehr. Nicht die Sonne, nicht das Baden gehen, und auch nicht die „Malesch-Mentalität“- aber Hamada von der Laundry (alhamdulelah, nie wieder bügeln...), der mir auch nach mehreren Jahren noch „Izzayek ya Madam Heissam““ hinterher flötet, wenn ich an seinem Open-Air-Bügelbrett vorbeimarschiere, vorbei auch an Mohamed Soghaya (ca. 4 Jahre alt) und seinem Kumpel Mohamed Soghaya awi (erst 3, aber kann schon Fußball), die zu jeder Tages- und Nachtzeit Fußball vor dem Shop ihrer Anverwandten spielen, natürlich barfuss, die mir mit einer erstaunlichen Ausdauer jeden Tag ein „Hallu! Hallu! Hallu!“ mit auf den Weg geben. Wie vermisse ich all die kleinen Leckereien, von Falafel über Kosheri bis zum Ruzz bil Laban, das ägyptische Spezial-Fast-Food, das soviel nahrhafter ist als die McPappburger. Wie freue ich mich darauf, meine früheren Kollegen wiederzusehen, die mich mittlerweile wie eine(n) der ihren mit „Waheschtini ya Milani“ begrüßen. Dann die blaue Stunde auf dem Balkon, wie der grelle Tag sich langsam verabschiedet und man sich einen Augenblick entspannt, bevor man noch ein bisschen durch Dahar spaziert, wo der beste Nüsschenmann Hurghadas mal wieder lustig mit den Preisen jongliert. Dann noch ein kleiner Besuch in der besten Buchhandlung der Welt (jetzt auch vor dem Arabia) und ein wunderschöner Tag geht zu Ende. So träume ich hier in Deutschland von Ägypten, und vergesse dabei den allwöchentlichen Putzmarathon, der jeden freien Tag einleitete, die Stromausfälle und leeren Gasflaschen, die mir gelegentlich das Leben versüßten, die dritte Autoreparatur im Monat (aber jetzt läuft die Karre wieder wie ne Eins!), die Mücken, Kakerlaken, Geckos und nicht zu vergessen unsere vierbeinigen Freunde, die sich draußen vor der Tür über unsere Essensreste hermachten und die bestimmt auch den kleinen Mohamed anknabbern würden, wenn der neben seiner FußballLocation mal ein Nickerchen macht. Und genauso vergesst ihr Glücklichen in Ägypten, dass man auf dem Weihnachtsmarkt meistens Schnupfen, Halsweh und kalte Füße hat und sich über absurde Preise für ein paar Pilze in Knoblauchsoße ärgert. Der Glühwein ist also nur ein kleines Trostpflaster, das das ganze Leid ein bisschen erträglicher macht. Weihnachten döst man dann gegen halb elf unterm Tannenbaum weg und steht drei Tage nur zum Essen auf, um den Stress und die Hektik der letzten Wochen abzuschütteln und sich für die schlimmste Zeit des Jahres (Anfang Januar bis Mitte März) vorzubereiten. So ist einfach, egal, wo man auf dieser Welt ist, die Idee von einem Ort und Leben oft schöner als das tatsächliche Vor-Ort-Sein. De Facto können wir „Aussiedler“ uns also glücklich schätzen, dass wir mit mindestens zwei „Zuhauses“ gesegnet sind, unsere Vorstellungen von der perfekten Heimat je nach bedarf kostenlos und unbedenklich austauschen können. Praktischer wäre es natürlich, sich immer dahin zu wünschen, wo man grade ist, also im ägyptischen Sommer dankbar für die Schweißtropfen zu sein, für die andere Leute viel Geld zahlen, und dann, wie ich Glückspilz, von September bis März die Kunst des Frierens zu studieren, live und direkt von der hauseigenen Nebelbank. Fröhliche Weihnachten!

Ich habe das Glück, jetzt einige Monate in diesem nasskalten Shoppingparadies verbringen zu dürfen. Und jeden Tag vermisse ich Ägypten mehr.

Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

Errichtet am 28 Oktober 2002, veröffentilcht monatlich von Ghofran Publishing Company Limited. London Registration No: 4279535 Herausgeber & Chefredakteur

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Werner Witpeerd Autoren dieses Heftes: Anja Herold Bahey Edin Hassan Beke Hoppe Detlef Berg Esther Saoub Georg Zenz Kerstin Franz Martin Gehlen Michael Anheier Melanie Blitz Wolfgang Freund Rechtschreibung Birgit Witpeerd Design und Bildredaktinon Amr Attwa D & B Assistent Elham Abdel-Karim Archive Ahmed Gomma Produktionseinheit www.sale7-77.com www.15-3.net info@15-3.net

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Der Schweizerische Botschafter wünscht Ihnen frohe Festtage sowie ein glückliches neues Jahr.. (Siehe nächste Seite)

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Weihnachten Sehr geehrte Leserinnen und Leser von „Ägypten Heute“

Zuerst möchte ich der Zeitung „Ägypten Heute“ für deren Erscheinung im Jahre 2008 gratulieren. Die Zeitung stellt eine ausgezeichnete Initiative dar, um der deutschsprachigen Gemeinschaft in Ägypten zusätzliche Informationen zu vermitteln, die sehr nützlich und willkommen sind. Für die Schweizer Gemeinschaft und die Schweizerische Botschaft war das Jahr 2008 reich an bedeutenden Ereignissen. So fand im Juni 2008 die Europafussballmeisterschaft EURO 08 statt, die gemeinsam von der Schweiz und Österreich organisiert worden war. Ausserdem leistete die Schweiz mit dem Programm „Swiss Tales“ einen wichtigen Beitrag zum zwanzigjährigen Jubiläum der Oper in Kairo. Im Rahmen dieses Programms fanden während des ganzen Jahres eine Reihe von Konzerten und Vorstellungen statt. Im Jahr 2008 konnte weiter das hundertfünfzigste Jubiläum des Schweizer Clubs in Alexandrien gefeiert werden. Es handelt sich hier sicherlich um einen der ältesten Vereine dieser Art in Ägypten. Zusammen mit der deutschen und der österreichischen Botschaft nahm die Schweizerische Botschaft an den Deutschsprachigen Kulturtagen der Universität Assiut teil. Last but not least, fand am 2. und 3. Dezember 2008 der erste Internationale Marathon in El Gouna statt, der vom Verein El Gouna Marathon organisiert worden war. Es war ein reich gefülltes Jahr, welches bezeugt, dass die deutschsprachige Gemeinschaft, namentlich die Schweizer Gemeinschaft, stark im kulturellen und sozialen Leben Ägyptens verankert ist. Im Laufe des Jahres 2009 werden weitere Aktivitäten folgen, unter anderem wird vom 15. bis 19. März die Schweizer Woche der Deutschen Evangelischen Oberschule in Kairo stattfinden. Ich wünsche Ihnen allen frohe und besinnliche Festtage sowie ein glückliches neues Jahr. Der Schweizerische Botschafter in der Arabischen Republik Ägypten Charles-Edouard Held

Dezember/Januar 2009

Chères lectrices, chers lecteurs de Aegypten Heute,

Grusswort vom Botschafter Charles-Edouard Held

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lastiktanne oder heimisches Gestrüpp – oder lieber doch eine sündhaft teure Importfichte aus Holland? An Angeboten fehlt es nicht, in Kairo, denn längst ist der Weihnachtsbaum nichts Exotisches mehr – Christen wie Moslems, Ägypter wie Ausländer stellen sich einen ins Wohnzimmer. Nur: wer mit deutschen Qualitätsanstrprüchen einkaufen geht, hat es schwer. Für Husam ist der Fall klar. „Was ich brauche ist ein Plastikbaum. Der bleibt dir Jahre lang erhalten, du klappst ihn am Ende Saison zusammen, steckst ihn in seinen Karton und hebst ihn auf, bis zum kommenden Jahr. Den echten Baum dagegen schmeißt du weg. Er hat nur einen einzigen Vorteil: er riecht gut“. Ein stattliches Tannenimitat aus China kostet umgerechnet über 50 Euro – das abgemagerte Bäumchen daneben, das mit bis zum Knie geht, ist schon für acht Euro zu haben. Jedes Jahr im Dezember verwandelt sich Husams Geschenkeladen an einer befahrenen Einkaufsstraße in ein rot-grün-goldenes Schatzkästchen: Draußen locken die Bäume, drinnen glitzern die Kugeln. Früher waren alle Kugeln golden, aber dieses Jahr gibt es welche mit Bildern: Maria, ein Schneemann oder der Weihnachtsmann. Während sich für die religiösen Modelle nur christliche Käufer entscheiden, sind Weihnachtsmänner auch bei den Muslems beliebt: es gibt sie in zig Größen und Modellen und alle haben eins gemeinsam. Sie machen krach. Der mit der poppigen Djingle Bells Version trägt einen Wollpullover und eine Wollmütze und fährt auf

Ägypten Heute

Weihnachtsbaumkauf in Kairo Von Esther Saoub

Tout d’abord, je voudrais féliciter le magazine Aegypten Heute pour sa parution en 2008. Il s’agit là d’une initiative qui apportera à la communauté de langue allemande en Egypte un complément d’information très utile et bienvenu. Pour la communauté suisse et l’Ambassade de Suisse en Egypte, l’année 2008 a été très riche en événements marquants. Elle a vu en effet le déroulement du championnat européen de football Euro 2008 organisé conjointement par l’Autriche et la Suisse, ainsi qu’une importante contribution de la Suisse au 20e anniversaire de l’Opéra du Caire avec le Programme Swiss Tales, c’est-à-dire toute une série de concerts et de spectacles tout au long de l’année. 2008 a été aussi l’occasion de célébrer le 150e anniversaire du Club Suisse d’Alexandrie, certainement l’une des plus anciennes associations de ce type en Egypte. Ensemble avec les Ambassades d’Allemagne et d’Autriche, l’Ambassade de Suisse a pris part, au mois de mai, aux Deutschsprarige Kulturtage de l’Université d’Assiout. Last but not least, le 1. Internationaler Marathon in El Gouna s’est tenu les 2 et 3 décembre 2008 dans le village balnéaire du même nom, organisé par le Verein El Gouna Marathon. Une année fort bien remplie, donc, qui témoigne de la vitalité de la communauté de langue allemande, notamment de la communauté suisse, et de son ancrage dans la vie culturelle et sociale égyptienne. Dans le courant de l’année 2009, ces activités se poursuivront, entre autres événements, avec la Schweizer Woche de la Deutsche Evangelische Oberschule, qui se tiendra au Caire du 15 au 19 mars. Dans cet esprit de communion et d’échange, je souhaite à toutes et à tous d’excellentes fêtes de fin d’année et une heureuse année 2009. L’Ambassadeur de Suisse en République Arabe d’Egypte Charles-Edouard Held einem roten Snowboard hin und her. Andere singen, tanzen, spielen Geige oder Akkordeon und einer liegt erschöpft auf dem Rücken und schnarcht. Mir wird es ein bisschen zu bunt bei Husam – lieber doch nach einem echten Baum schauen. Die gibt es ein paar Ecken weiter beim Blumenladen „Gardenia“. Auch der hat voll auf Weihnachten umgestaltet – es gibt sogar Advents- oder Türkränze hier, und natürlich Bäume, bis zu 2,50 m hoch. Das ist eine Thuja, eine echte! Sie hat noch Wurzeln im Topf, man kann sie gießen. So hält sie einen Monat, oder sogar anderthalb. Die heimische Thuja, also jenes immergrüne Gewächs, das die Vorgärten deutscher Kleinstädte vor neugierigen Blicken schützt, duftet in der Tat ein bisschen, aber ihre Zweige zeigen steil nach oben: Da kann ich sowohl meine echten Kerzen als auch die baumelnden Holzengelchen vergessen. Der Verkäufer Marwan hat die Lösung. „Der Baum hier kommt aus Holland – siehst du: er hat Etagen. Unten sind die ausladenden Äste, nach oben werden sie immer kürzer. Er ist natürlich teuer.. drei bis viertausend Pfund. Dafür hält er aber auch lange“. 500 Euro für eine importierte Blautanne? Das ist zuviel, selbst wenn sie bis Ostern halten würde. Also doch lieber die struppige Thuja für 30 Euro. Bei Hosam finde ich den passenden Schmuck: eine bunt blinkende Lichterkette, Lamettagirlanden, goldene Engelchen und jede Menge glitzernde Kugeln. Meine Töchter jubeln. Ihnen hat die puristische deutsche Fichte, mit Äpfeln, Glaskugeln und Bienenwachskerzen, sowieso nie gefallen. (Mit freundlicher Genehmigung der ARD)


Weihnachten Tausende von Sudanesen sind vor dem Bürgerkrieg zwischen Norden und Süden nach Ägypten geflohen – viele von ihnen Christen. Sie leben teilweise seit über zehn Jahren in Kairo, unter ärmlichen Verhältnissen mit immer wieder wechselnden Arbeitsstellen. Hilfe finden sie in den Kirchen – und hierher kommen sie auch, wenn es Weihnachten wird.

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Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

Von Esther Saoub

Wenn die Kirche zur Familie wird D

er Hof der All Saints Cathedral in Kairo liegt friedlich im mittäglichen Sonnenschein. Auf dem Absatz oberhalb der Kirchentreppe sitzen ein paar Frauen auf Plastikstühlen und plaudern: Sudanesinnen aus dem Süden, gut erkennbar an ihren bunten Gewändern. Ayaka Kitt ist seit vier Jahren hier in Kairo – sie lebt mit ihrer Tochter und ihrem Sohn in einer Zweizimmer-Wohnung am Stadtrand. Der Vater ist im Sudan geblieben. Weihnachten ist die Zeit, in der wir an die Familie denken, sagt Ayaka: „Meine Familie ist weit, weit weg – ich weiß gar nicht, zu wem ich hier gehen sollte. Also konzentriere ich mich auf die Kirche. Da treffe ich Leute, mit denen ich feiern kann, und danach geht jeder zu sich nachhause.“ „Was den Menschen am meisten fehlt, ist die Familie“, sagt auch Reverend Emmanuel Bension, der anglikanische Pfarrer der Gemeinde. „Keiner hat seine ganze Familie hier. Viele versuchen diesen Verlust auszugleichen, indem sie mit anderen Sudanesen feiern. Die sudanesische Gemeinde kommt zusammen, alle Konfessionen ge-

meinsam.“. Emmanuel Bension lebt seit 20 Jahren in Ägypten. Ursprünglich kam er zum Studium her: Pädagogik und evangelische Theologie. Dann ging er ins anglikanische Priesterseminar. Heute leitet der Reverend eine Gemeinde von 400 Menschen: die fünf verschiedene Stammessprachen sprechen. Außer den Anglikanern gibt es katholische, evangelische und orthodoxe Sudanesen in Ägypten. Um Weihnachten treffen sie sich jeden Tag in einer anderen Kirche. Aber wie zuhause ist es trotzdem nicht, sagt Ayaka: „Im Sudan marschieren wir ab dem 22. Dezember mit Trommeln durch die Straßen und machen Freudenmusik. Junge, Alte, Frauen, Männer – aller Kirchen sind auf der Straße und trommeln. Im Sudan ist die Freude am Fest großartig. Es ist sehr, sehr schön. Die Leute sind so fröhlich – in der Nacht zum 25. Dezember schläft niemand, sie bleiben bis morgens früh in der Kirche. Dann gehen sie nachhause, ziehen sich um und kommen wieder in die Kirche.“ Festzüge auf der Straße oder eine ganze Nacht durchfeiern, das ist in Ägypten undenkbar – die Polizei

„Meine Familie ist weit, weit weg – ich weiß gar nicht, zu wem ich hier gehen sollte.“

verbietet Versammlungen dieser Art. „Ich vermisse so viele Dinge – jedes Jahr, wenn dieses Fest näher rückt, erinnere ich mich an den Sudan und wünschte, ich wäre dort und könnte mit meinen Leuten feiern. Hier gibt es keine Festivitäten, du bleibst zuhause und fertig, sonst nichts. Geschenke sind nicht üblich im Sudan, nur die Kinder bekommen neue Kleider. Dekorationen gibt es auch nicht, aber das Haus wird im wahren Wortsinn herausgeputzt“, erklärt Reverend Emmanuel „Wenn es am Haus etwas zu reparieren gibt, dann machen wir das im Dezember, vor Weihnachten. Das ganze Haus wird neu gemacht, die Wände gestrichen, uns so weiter.“ Weihnachtsmänner, Kugeln oder Bäume, die jetzt auch in Kairo überall zu kaufen sind, kennen die Sudanesen höchstens aus den Städten. Auch die aufwändige Krippe in der All Saints Cathedral ist eher Sache des Hausherren, einer englischsprachigen Gemeinde. Für die Sudanesen ist auch im Exil der Gesang das wichtigste: (Mit freundlicher Genehmigung der ARD)


Gesellschaft

Menschenrechte.. so gut wie schlecht

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ie Jahre 2004 und 2005 waren vielversprechend, da zu dieser Zeit die internationale Gemeinschaft, vor allem die EU und die USA, in Reaktion auf die Attentate des 11. Septembers 2001 eine grundlegende Neubewertung ihrer Standpunkte und Ansichten gegenüber den despotischen Regierungen des Nahen Ostens vorgenommen hatten. In diesen zwei Jahren wurden Grenzen der Unterdrückung gesetzt. Doch danach kehrten die USA und Europa wieder zu ihrer alten Politik zurück, und das, was wir heute beobachten können, sind massive Angriffe auf die Menschenrechte in der ganzen Region, vor allem in Ländern wie Ägypten. Die interreligiöse Gewalt in Ägypten verschlechtert sich schon seit längerer Zeit. Die Regierung hat es versäumt, auf diese Herausforderung zu antworten. Es braucht ernsthafte Verbesserungen des rechtlichen Rahmens, auch die audiovisuellen Medien spielen hier eine Rolle und müssen reformiert werden. Sehr wichtig ist eine Reform der Unterrichtsmaterialen und Lehrpläne, die viele Inhalte haben, die religiösen Hass erzeugen. Es muss konsequent auf jedes Ereignis religiöser Gewalt reagiert und dagegen vorgegangen werden. Dieses Phänomen lässt sich erst seit einigen Jahren beobachten, vorher gab es keine interreligiösen Auseinandersetzungen, und das ist natürlich alarmierend. Wenigstens seit Beginn der 70er Jahre gibt es Spannungen zwischen Kopten und Muslimen. 1972 gab es dazu eine parlamentarische Untersuchungskommission. Wenn sie deren Bericht, in dem auch verschiedene Empfehlungen enthalten sind,

Von Bahey Edin Hassan

Direktor des Kairoer Instituts für Menschenrechte

heute lesen, müssten Sie annehmen, er sei erst gestern geschrieben worden. Damals waren solche Probleme nur vereinzelte Fälle, heute haben sie sich über das ganze Land ausgebreitet. Natürlich stellt sich hier die Frage, warum die Lösung der Probleme nicht frühzeitig genügend Aufmerksamkeit erfuhr. Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder, auch ihr Vorsitzender, gehörten der Regierungspartei an. Es gibt keine Entschuldigung für dieses Versäumnis. Aber die Entscheidung über die Renovierung und den Neubau von Kirchen und Moscheen liegt seit kurzer Zeit nicht mehr beim Präsidenten selbst, sondern wurde an die Provinzen delegiert. Es gibt also doch Reformen. Das hat aber nichts an der Situation geändert. Das eigentliche Problem liegt in der Ungleichbehandlung der Bürger, es gibt keine wirkliche Religionsfreiheit in Ägypten. Moscheen kann man ohne große Probleme bauen und gründen, andere Sakralbauten aber dürfen ohne Erlaubnis nicht einmal unterhalten werden, auch wenn sie schon lange bestehen. Der büro-

Wir haben ein Regime, das nicht einmal die Minimalstandards von Demokratie und Menschenrechten beachtet.

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Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

kratische Aufwand, eine solche Erlaubnis zu bekommen, ist sehr hoch, der Ausgang des Bemühens ungewiss. Darin versteckt sich eine Botschaft an alle Bürger, seien sie Muslime oder nicht: Dass sie eben nicht gleich sind, dass es verschiedene Klassen von Bürgern gibt. Die zweite Seite derselben Medaille – der des fehlenden Respekts für die Menschenrechte im Innern- ist Behandlung von Flüchtlingen in Ägypten. Denken Sie nur an das Massaker unter sudanesischen Flüchtlingen im Dezember 2005 in Kairo, dessen Untersuchung die ägyptische Regierung verweigerte. Auch eine Aufarbeitung durch die UN – schließlich spielte sich das unter den Augen des UNHCR ab – wurde verhindert. Solche Ereignisse dürfen nicht unter den Teppich gekehrt werden. Und Europa darf hier keine falsche Rücksicht zeigen. Der frühere Generalsekretär der Vereinten Nationen, Boutros-Ghali, der heute den regierungsnahen Rat für Menschenrechte in Ägypten leitet, sagte vor kurzem in einem Interview, dass die Erziehung in Bezug auf Menschenrechte lange dauern wird, dass man aber auf einem guten Weg sei. Das ist in der Tat die Rhetorik, die der Rat immer und immer wieder verwendet. Sie ist sehr demütigend für die ägyptischen Bürger. Denn dadurch werden die Bürger für den schlechten Zustand der Menschenrechte verantwortlich gemacht. Die Regierung arbeitet an deren Verbesserung, die Bevölkerung aber sperrt sich dagegen aufgrund ihrer Kultur? Das ist doch ein Witz. Es bedeutete, dass in unseren Gefängnissen gefoltert wird, weil die Kultur der Normalbevölkerung das verlangt. Oder dass die Bevölkerung sich gegen gleiche Rechte für alle, Rechte unabhängig von Geschlecht oder Religion, wendete. Daraus spricht nur eine weitgehende Ignoranz gegenüber der ägyptischen Geschichte. In der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts gab es hier eine völlig andere Situation. In dieser Zeit hatten wir ein semi-liberales Regime, das Minimalstandards von Demokratie und Menschenrechten respektierte. Vieles stand natürlich nur als Ideal im Raum, aber das, was in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts stattfand, war ein völliger Zusammenbruch dieser Ideale und dieses semi-liberalen Rahmens. So gesehen, haben wir heute fast sechs Jahrzehnte der totalen Missachtung von Menschenrechten. Wenn Professoren und Dozenten an den Rechtsfakultäten nach einem Modell für eine Verfassungsreform befragt wurden, würde niemand antworten, wir wollen die französische, die deutsche oder die USamerikanische Verfassung als Vorbild. Nein, das Modell, das alle hier bevorzugen, ist das der Verfassung von 1923. Ägypten war aktiv an der Vorbereitung der Universellen Erklärung der Menschehrechte vor 60 Jahren beteiligt, erst nach 1952 hat sich die Lage komplett geändert. Das Problem, das wir hier also haben, ist kein Problem der Kultur. Es ist ein politisches Problem: dass wir ein Regime haben, das nicht einmal die Minimalstandards von Demokratie und Menschenrechten beachtet.


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Gesellschaft

In der U-Bahn, im Bus, in Warteschlangen – immer wenn es eng wird, fühlen sich Frauen in Ägypten bedrängt. Aber wann kann eine sagen, ob der Mann neben ihr gegen sie gedrückt wurde oder sie mutwillig berührt hat? Und wie soll sie sich im Gedrängel einem unverschämten Blick entziehen?

Sexuelle Belästigung von ägyptischen Frauen

Von Esther Saoub

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ast jede ägyptische Frau erlebt auf der Straße und in öffentlichen Verkehrsmitteln unangenehme Situationen: Von verbaler Belästigung bis zu Handgreiflichkeiten. „Also bleiben sie lieber unter sich“, sagt Aziza, die nur noch im Frauenwagen U-Bahn fährt. „Ich fühle mich wohler, wenn ich unter Frauen bin, besonders wenn es voll wird“. Ausweichen – das ist fast immer die Lösung. Auch wenn sie offen angemacht oder angefasst werden, wehren sich die wenigsten Frauen. Nur 2% bringen eine solche Tat zur Anzeige. Das hat eine ausführliche Studie des ägyptischen Zentrums für Frauenrechte gezeigt. Selbst als im September an einem Feiertag Dutzende Jugendliche auf einer Kairoer Einkaufsstraße Frauen bedrängten und an ihren Kleidern rissen, gab es hinterher keinen Prozess. Doch letzten Monat hat sich ein junges Mädchen getraut: Nuha Rushdie, der ein Mann mit dem Auto den Weg abgeschnitten und sie dann bedrängt hatte, ging vor Gericht und erhielt Recht: Der Täter muss für drei Jahre ins Gefängnis. Nehad Abul Komsan, die Vorsitzende des Frauenrechtzentrums ist begeistert: „Dieser Fall hat das Vertrauen ins ägyptische Justizsystem wieder hergestellt – plötzlich erstatten viele Mädchen Anzeige und bestehen auf ihrem Recht. Früher haben wir hier einen solchen Fall im Jahr gehabt, aber zwei Wochen nach dem

Ein Mann mit dem Auto den Weg abgeschnitten und sie dann bedrängt hatte, ging vor Gericht und erhielt Recht: Der Täter muss für drei Jahre ins Gefängnis.

Urteil hatten wir schon vier neue Fälle“. Sie sieht die Erziehung als ein wichtiger Teil des Problems. „Wir erziehen die Mädchen von Klein auf in dem Verständnis, dass sie schwach sind und immer Hilfe brauchen. Sie haben das Gefühl, dass ihr Körper eine Last sei, eine Schande, die sie bedecken müssen. Wir erziehen unsere Mädchen dazu, leise zu sprechen, brave Mädchen lachen nicht in der Öffentlichkeit. Wir machen sie zu einer psychisch angeschlagenen Persönlichkeit, die leicht belästigt werden kann.“ Leise, geduckte Mädchen sind beliebte Opfer, denn sie wehren sich nicht. Mehr Selbstbewusstsein wünscht sich daher auch Kairos Internetradio Banat wa Bas - nur

für Mädchen - . Mai Abuzeid, eine Studentin und Moderatorin des Senders fordert: „Wir haben den Wunsch, das Denken der Mädchen weiter zu entwickeln. Wenn ich will, dass ein Mädchen arbeitet, ehrgeizig ist und Karriere macht, dann muss ich dafür sorgen, dass sie unbehelligt und ohne Angst auf die Straße gehen kann. Ich wünsche mir, dass Mädchen erwachsen werden. Auch die, die lieber heiraten und zuhause bleiben, müssen ihr Denken entwickeln, damit sie ihre Kinder richtig erziehen können.“ Eine ihrer Sendungen heißt „ich halts nicht mehr aus“, da geht es oft um Anmache. Mai selbst trägt lange Ärmel und ein Kopftuch, sie weiß was sie will und wer sie ist – und doch hat sie Angst auf

Frauen mit Kopftuch, im langen Mantel sind ebensolchen Belästigungen ausgesetzt, wie diejenigen, die sich europäisch kleiden.

Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

der Straße: „Ich passe immer auf. Nicht nur, was die Kleidung angeht, ich achte auch auf die Jungen auf der Straße: Der kommt mir entgegen, könnte er was machen? Ich bin immer angespannt. Sogar wenn ich mit Freundinnen unterwegs bin. Warum ist das so? Früher war das anders.“ Die Ägypter sind korrumpiert worden, von einer anderen Kultur: In den letzten 30 Jahren sind Millionen von Ägyptern zum Arbeiten in die Golfstaaten gegangen: sie kamen wieder mit golfarabischem Geld und golfarabischen Gedanken. Frauencafés, Frauenfitness, Frauenstrände – Ägypten ist auf dem besten Weg, die Gesellschaft zwei zu teilen, nach saudischem Vorbild. Aber ist das die Lösung? Die Männer auf dem Bahnsteig sind für Trennung: „Der Frauenwagen schützt meine Schwestern, meine Mutter. Wir leben hier in einer orientalischen Gesellschaft, da ist es inakzeptabel, dass eine Frau neben einem Mann steht.“ Ein Jugendlicher, höchstens Zwanzig, gibt offen zu, dass er Frauen anmacht. Damit ist er nicht allein: über sechzig Prozent der Männer haben in der Studie des Zentrums für Frauenrechte zugegeben, dass sie Frauen mustern, ansprechen oder anfassen. Immer wieder kommt dabei das Argument der Kleidung vor: „Die Frauen sind selbst schuld. Manche Mädchen tragen enge Sachen, die ihren Körper betonen. Warum ziehen sich Mädchen so an? Weil sie wollen, dass Männer sie anschauen. Sie provozieren die Männer. Mädchen sind glücklich, wenn Männer sie anschauen oder anmachen. Ägypten ist ein muslimisches Land und wir müssen die Kleider tragen, die Gott und der Prophet empfohlen haben. Wenn alle Frauen und Männer dieser Regel folgen würden, hätten wir keine Probleme.“ Stimmt nicht, beweist die Studie der Frauenrechtlerinnen: Frauen mit Kopftuch, im langen Mantel – sogar mit Gesichtsschleier – sind ebensolchen Belästigungen ausgesetzt, wie diejenigen, die sich europäisch kleiden. Wenn es also nicht an den Frauen liegt, sollte man die Männer um mehr Anstand bitten? „Ich bitte die Männer um gar nichts. Wer Frauen anmacht, ist ein Krimineller, ich bitte ihn nicht darum, ein guter Mensch zu werden. Ich verlange von der Regierung, dass sie für Sicherheit sorgt: Ich verlange von den Männern Respekt. Und wer diese Regeln bricht, muss die Konsequenzen tragen!“ sagt Nehad Abul Komsan. (Mit freundlicher Genehmigung der ARD)


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Eindrücke

reitag 23.03.07 Wiederum ein Kharmsin in der Nacht - ich schlafe schlecht und wache mit Kopfschmerzen auf. Bald bin ich richtig krank: Pulsflattern, leichtes Fieber und starke Kopfschmerzen. Einige Tabletten und ich lege mich ins Auto – Abfahrt Richtung Norden, ich schlafe sofort ein. Claytons Crater, die Ebene, alles im Schlaf – aber ich hab es schon 2x gesehen. Es wird immer stürmischer und heißer – Mittag hat es 41° im Schatten und es bläst ein heißer Quilbi (Südwind) Sicht maximal 50m – Sandsturm. Das Wasser in den Flaschen ist so warm, dass man es kaum noch trinken kann. LKW Wrack der LRDG aus dem 2. Weltkrieg – immer noch da. Mir geht es wieder wesentlich besser. 14:00 Ankunft im Wadi Sora (Tal der Bilder) Die Höhle der Schwimmer diesmal enttäuschend, Idioten haben ihre Namen eingeritzt oder mit schwarzen Stiften neben die Malereien geschrieben – ich glaube sogar es wurden einige der Bilder von der blättrigen Sandsteinf läche gelöst oder einfach so zerstört. Lunchtime – alle sind etwas enttäuscht über das Wadi Sora, dazu eine Staubglocke die das Atmen schwer macht über dem gan- zen Tal. 15:00 Abfahrt Richtung Westen. Foggini Site Vor drei Jahren von Mestaquawi und Foggini entdeckt. Andras hat zwei Monate vorher die Suche etwa 2 Kilometer vorher aus Zeitgründen abbrechen müssen. Es ist schlicht und einfach überwältigend....Bild reiht sich an Bild, lässt Interpretationen zu, Vermutungen, Spekulationen oder einfach nur fasziniertes Betrachten. Tänzer – Opferszenen – Riten – Jagdszenen – Familiendarstellungen – Handabdrücke besonders gefällt mir das Bild des sitzenden Paares – eine Liebesgeschichte aus der Steinzeit. Wir fotografieren, diskutieren, sitzen dann wieder ganz still da und lassen die Bilder auf uns einwirken. Danach Campsuche, ca 2 km östlich, bei den „Domes“ errichten wir in einem windgeschütztem U das Camp. Am Abend wieder ein gutes Essen (Fleisch, Nudeln, Gemüse) und wiederum eine Dose Bier dazu...ab ins Zelt um 9:00 Samstag 24.03.07 Morgenkälte, es ist immer noch trüb von Staub und Sand in der Luft. Sand, er ist überall und die Sandstürme der letzten Tage haben einiges verändert: die Reißverschlüsse des Zeltes funktionieren nur mehr bedingt und der Verschluss der

Warum nehmen Menschen immer wieder diese schweren Belastungen und Strapazen auf sich, was treibt sie in diese unsicheren, menschenleeren Gebiete, wo es für den Laien nur Hitze, Durst und Entbehrungen gibt? Der zweiteilige Bericht von Georg Zenz entführt Sie in die Wüsten Ägyptens und beschreibt, was Sie erwartet, was Sie faszinieren wird oder wo Sie klar formulieren: „Keine zehn Pferde kriegen mich dahin!“

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Dezember/Januar 2009

Faszination d

wir halten an und stehen vor zwei Toten. In einfache Kattunkleider und Decken gehüllt, mumifiziert , den Kampf gegen Wüste und Durst verloren.

Tänzer, Opferszenen, Riten, Jagdszenen, besonders gefällt mir das Bild des sitzenden Paares – eine Liebesgeschichte aus der Steinzeit.

Kamera zeigt erste Mängel. Brot, Zucker, Kaffee sind gewürzt mit Sand. Temperatur heute um 08:00 20° - d.h. um 21° weniger als gestern Mittag! Die Karte „Survey of Ägypt“ beschreibt das Gebiet weiter westlich als „broken country“ – (also sehr schwer passierbar). Abfahrt um 7:30 vom Camp, vorbei am Wadi Sora in Richtung AqabaPass, der Himmel völlig staubgrau, bedeckt, die Augen brennen und die Sicht wird immer schlechter, der Wind nimmt, je weiter wir in die Ebene kommen, stark zu. Alles ist konturlos, grau in grau, Erde und Himmel sind Eins, verschmelzen, sind nicht mehr zu unterscheiden. Es ist die Zeit der Dschinns, der Geister der Wüste. Aqaba-Pass

Ägypten Heute

Die erste Hürde, den langen Sandhang, gehen wir zu Fuß und die drei Autos kommen ohne größere Schwierigkeit hinauf. Der Hang links hinauf – der originale Weg Almasys, den auch wir 2002 nahmen – ist extrem steil, aber geradeaus führen Spuren auf eine Rampe.... wir fahren ihnen nach und stehen wenige Minuten später oben am Plateau. Heureka! Oft stellen sich Dinge, die anfangs schwierig und beinahe unlösbar schienen, im Nachhinein als furchtbar einfach heraus. Weiter in Richtung Norden und später ab nach Osten in das unbekannte Tal wo wir 2 Fakten feststellen: das „unbekannte“ Tal ist schon befahren worden (Reifenspuren) und es ist „grün“ – viel grüner als das Wadi Hamra (wel-

Ich marschiere los, untersuche die Regebene und die Berghänge dahinter, schaue unter jeden Felsüberhang, in jede Höhle – Nichts!

ches für „viel“ Bewuchs bekannt ist). Wir finden einige libysche Benzinfässer – also auch hier Jäger in unerlaubten Revieren (wir sehen Falken und finden Waddanhörner) Rückfahrt zum Hauptteil des Tales und aufschlagen des Camps 06-07. Ich marschiere los, untersuche die Regebene und die Berghänge dahinter, schaue unter jeden Felsüberhang, in jede Höhle – Nichts! Sonntag 25.03.07 Ich habe auf dieser Reise noch nie so gut geschlafen wie letzte Nacht. Es ist zwar etwas klarer als gestern aber dennoch immer noch leicht trüb – nach dem Frühstück marschieren wir los und Mahmoud nimmt uns eine Stunde später auf. Suche im zweiten Tal östlich des Aqaba-Passes, Kilometer um Kilometer: Nichts, keine shelter, keine Höhlen, wir fahren bis zum absoluten Ende des Tales – beinahe bis oben auf das Plateau. Um 10:30 brechen wir ab – zurück Richtung Aqaba. Der Pass wird zur Bewährungsprobe der Fahrer, wir steigen aus und gehen zu Fuß. Alle drei Autos schaffen aber nach mehreren Anläufen die steilen Sandhänge. Oben am Aqaba, Almasys Steinpyramide – ein Steinmann oder Alaam – steht noch da, danach die Weiterfahrt über das Plateau, harte staubige schwarze Piste, schier unendlich von Horizont zu Horizont – aber in fast 1000m Höhe. Dann der jähe Abbruch im Westen – der Blick weit über die Ebene tief unten, am schönsten Platz vor der Abbruchkante das Monument für Samir Lama (von seiner Frau errichtet). Weiter über die Hochfläche: Staub, Monotonie, Ödnis, Trostlosigkeit..... Wir beginnen mit der Suche nach einer Abfahrtsrampe ins Wadi Hamra, Kilometer um Kilometer suchen wir, immer jedoch bricht die Kante fast 200m jäh ins Tal ab. Endlich eine Möglichkeit. Steil zwar, aber befahrbar. Kurze Zeit später sind alle drei Autos unten – im Wadi Hamra. Bei einer langen Seifdüne errichten wir das Camp. Sofort gehen wir (Mahmoud kommt auch mit) zum daneben liegenden Berg, steigen die steile Flanke hinauf und sind überwältigt. Die Sicht ist grandios. Einerseits das Wadi Hamra und im Norden die Große Sandsee – und soweit das Auge reicht kein Mensch außer uns weit und breit, nur das Lager weit unten als kleiner Punkt. Wolfgang stürzt vom Gipfelfelsen und verletzt sich am Kopf, Armen und Beinen. Dennoch Glück gehabt! Oben gehen wir noch ein Stück auf das Plateau und danach einen steilen Dünenabhang bis hinunter ins Tal.


Eindrücke

der westlichen Wüste! Sonnenuntergang – kaum ist die Sonne hinter dem Horizont verschwunden kriecht die Kälte aus dem Sand, von den Bergen und ein kühler Wind tut sein Übriges. Montag 26.03.07 Morgenkälte, steif die Glieder, mit klammen Fingern baue ich das Zelt ab. Frühstückskaffee. Die Tasse wärmt die Hände, der heiße Kaffee den Körper von innen. Allerdings trinken wir hier den letzten Kaffee. Die Vorräte an Kaffee sind zu Ende – ab heute also Tee, der Chech auf dem Kopf und die Fleecejacke wärmen bis endlich die Sonne hinter den Dünen hochsteigt und die Wärme spüren lässt. Nach dem Frühstück gehen Reinhard und ich los, die Route entlang – 6,2 km schaffen wir bis uns die Autos einholen. Das Wadi Hamra wird immer breiter bis es sich in der weiten Ebene im Norden des Gilf verliert – endlose glatte Sandflächen, die Fahrt mit 70 bis 80 km/h darüber hinweg, im Osten immer die Dünen der Großen Sandsee. Der Begriff Sandmeer wird hier drastisch vor Augen geführt, besonders dort wo die Dünen der Sandsee an die Abhänge des Gilf branden. Es ist aber ein Meer der Stille , ohne Brandungsgeräusche und Wellenschlag. Metamorphose eines Gebirges. Eine Landschaft im Endstadium, so endet alles Vertikale in der Horizontalen – das Gebirge vom Wind abgeschliffen, vom eigenen Sand zermahlen zu Sand und Staub. Sand erzeugt hier Sand. Mittag erreichen wir die Silica Glass Area. Um 15:00 überqueren wir zu Fuß den östlichen Dünenrücken ins nächste parallele Dünental, gehen in diesem etwa eine Stunde nach Norden und queren über den Dünenzug zurück in „unser“ Tal und gehen die Stunde wieder zurück nach Süden, zum Camp. Dienstag 27.03.07 Fahrt zwischen den Paralleldünen der Großen Sandsee nach Norden – 70 km/h. Große Sandsee: Der Blick aus dem Fenster: Sand, einfach nur Sand. Sandmonokultur, gelb mit der Sonne im Rücken, grell weiß gegen die Sonne. Die gesamte Sicht beschränkt auf ein einziges Material, hinter jedem Dünenrücken wiederholt sich diese Sicht – hunderte Male, immer wieder und wieder. Fulgurite: Blitzeinschläge, zu Glas erstarrter Quarzsand, als fragile Röhren im Sand versteckt. Extrem steile Dünenabfahrten folgen. Ein einzelner dürrer, aber lebender Strauch als Symbol für den Überlebenskampf, so als wollte er zeigen, dass auch gegen die Wüste anzukommen ist. David gegen

Von Georg Zenz

Wie viel Lebenswille gehört dazu, dass hier aus einem Samen ein Keimling und daraus letztlich ein Strauch wird?

Idioten haben ihre Namen neben Malereien geschrieben

Goliath. Wie viel Lebenswille gehört dazu, dass hier aus einem Samen ein Keimling und daraus letztlich ein Strauch wird? Ich bewundere ihn dafür. Plötzlich ist etwas sichtbar, das nicht in die gewohnte Monotonie passt. Ich zeige es Mahmoud und sage ihm er solle hinfahren – wir halten an und stehen vor zwei Toten. In einfache Kattunkleider und Decken gehüllt, mumifiziert, den Kampf gegen die Wüste , gegen die Sonne, gegen den Durst verloren. Ein Mann und eine Frau – gemeinsam haben sie es bis hierher geschafft, gemeinsam sind sie gestorben. Wir finden einen handgeschriebenen Taschenkoran, in Leder gebunden – Mahmoud nimmt ihn an sich,

dann begraben wir sie. Wie hatten sie nur so weit in die Sandsee vordringen können? Die Sahara als tödliche Barriere gegen den Flüchtlingsstrom aus Schwarzafrika. Vermessungszeichen – ein rostiges Eisenrohr in Betonsockel. Aufgeschweißte Schrift: Erste Seite: SAT NAV / Zweite Seite: STN 345 OFF SET. Die Vermessung der Welt scheint nach Gauß und Humboldt auch vor der Großen Sandsee nicht haltgemacht zu haben. Plötzlich ein Benzinfass, schwarz und rostig, noch eines, weiter vorne wieder und am Horizont ein Weiteres – an Hand der alten Clayton Karte stellen wir fest: wir haben die alte West-Ost Route von Patrick Clayton wiederentdeckt. 1942 hat

Das Wasser in den Flaschen ist so warm, dass man es kaum noch trinken kann.

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Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

er sie für den britischen Angriff auf die Italiener in Kufra (Libyen) für die LRDG angelegt. Danach finden wir noch ein altes Camp der LRDG mit Konservendosen, Trinkgläsern und Tellern.... Die Dünenabfahrten werden immer steiler – Mahmoud wird immer verwegener, oft schaufeln wir, legen Sandbleche aus bis wir um 17:00 beim alten Wrack der LRDG ankommen (Ford Pickup mit Ballonreifen, vorne zwei Sitze, hinten auf der Ladefläche noch das Haltegestell für das Maschinengewehr). Tagesleistung: gesamte West-Ost Querung des zentralen Teiles der Großen Sandsee in nur einem Tag (264,4 km Luftlinie durch Dünen, Dünen, Dünen......) Mittwoch 28.03.07 Aufbruch Richtung Ain Dalla. Wind – die Dünenoberflächen in Bewegung, alles fließt, es weitet sich wiederum zu einem Sandsturm aus. Dazu stehen wir vor einem nicht befahrbaren Dünenabhang – müssen mittels Sandblechen wieder zurück – Arbeit in aller Herrgottsfrühe. Die Passage ist schwer zu finden, immer wieder steigen Mahmoud und ich aus um die Abhänge zu checken. Gestern ist er bei der letzten Düne schon über das Limit gefahren – ein kleiner Fehler oder eine unterschiedliche Sandbeschaffenheit und der Wagen überschlägt sich unweigerlich. Wir folgen der alten Militärroute der LRDG durch die Dünen, bei 021 finden wir auch einen alten LKW-Anhänger der Engländer, aufgelassen, ohne Räder. Nummolites scarf: wir finden den Durchstieg nach längerem Suchen, eine steile, versteckte Felspassage nach unten – hunderte Fossilien, versteinerte Schnecken, Muscheln und Ammoniten. Dann die Suche nach Claytons „easy pass“ von der Hochebene in die Ain Dalla-Depression. Ich navigiere, es ist aber sehr schwierig da ein heißer Quilbi alles in eine Staubwolke hüllt und die Sicht max. 60m beträgt. Dennoch: der Durchstieg gelingt. Nach einer weiteren Dünenfahrt mit extremen Steilfahrten ein ebener Platz (025), wir halten für das lunch. Weiterfahrt, um 15:30 erreichen wir die Piste Farafra – AinDalla neben einem Funkmast, das Wüstenabenteuer ist damit zu Ende, die Zivilisation hat uns wieder. Die Reifen werden wieder auf Druck gebracht und dann geht’s weiter. Weiße Wüste – der Kreis schließt sich. Zu Skulpturen erstarrte Landschaft – Land Art im wahrsten Sinne des Wortes. Der erste Militärcheckpoint: jetzt ist es also endgültig: Wir sind wieder im Ägypten des Militärs, der Behörden. Hier haben wieder beglaubigte Papiere, Stempel und Unterschriften das Sagen, nicht die Steilheit einer Düne, die Beschaffenheit des Sandes, die Entfernung zu einem Brunnen oder die Windgeschütztheit eines Camps.


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Ausländer in Ägypten

Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

Von Wolfgang Freund

Prof. Dr. Wolfgang Freund, 69, lange Jahre in Kairo beruflich und privat ansässig gewesen, ist ein deutschfranzösischer Soziologe und Medienwissenschaftler (Institut de Recherches et d’Etudes sur la Communication der Université Paris-II).

Die beiden Beiträge von Melanie Belitz in Ägypten Heute (Okt./Nov. 2008, Seiten 11 und 12), „Kindesentführung“ sowie „Integration oder Isolation?“, liessen mir keine Ruhe; denn ich fühlte mich betroffen, direkt angesprochen, sozusagen unter umgekehrtem Vorzeichen. Und wäre meine Frau vor bald drei Jahren nicht einem langen Krebsleiden erlegen, gäbe es unsere euro-arabische Mischehe, welche 1966 begonnen hatte, wohl heute noch. Eine Ägypterin war meine Frau nicht gewesen, ich hätte sonst „Nagat“ geschrieben; allerdings hatten wir auch lange Zeit in Ägypten gelebt, und die Tunesierin Najet sprach nach wenigen Monaten Kairo schon ein fliessendes, akzentfreies ägyptisches Arabisch. Die in unserem Hause dienstbaren Geister nannten sie ohnehin „Set Nagat“. Unser gemeinsamer Sohn, Karim, heute Anfang 40 und Pilot bei einer zivilen Luftfahrtgesellschaft, stand niemals in Gefahr, in die eine oder andere Richtung „entführt“ zu werden. Er tat das nämlich schon von sich aus, mit unserer Förderung, sei gleich hinzugefügt, und damit bin ich bereits mitten im Thema.

Erfahrungsbericht zum Phänomen „M I

ch habe im Verlauf meiner maghrebinischen und vorderorientalischen Wanderungen (erster Kontakt mit Ägypten 1957) viele im euro-arabischen Sinne „gemischte“ Ehepaare und deren Kinder kennengelernt. Der hier schreibende Soziologe weiss auch, dass statistisch gesehen die Mehrzahl dieser Verbindungen früher oder später in die Brüche geht, u.a. aus jenen Gründen, die Melanie Belitz in ihren oben genannten Artikeln aufführt. Der „euro-arabische“, „christlichislamische“, „west- östliche“ Kulturkonflikt - wie immer man das nennen will, es läuft unterm Strich auf dasselbe hinaus - behält einfach die Oberhand, wenn das betroffene Paar nicht von Beginn seiner Beziehung an bewusst alles tut, um „gegenzusteuern“. Es kann nämlich nicht gut gehen, wenn in derart delikaten Paarbeziehungen wie der hier angesprochenen ein Partner den anderen „soziokulturell“ und auch sprachlich unterzubuttern versucht. Die „Revolte“ kommt früher oder später. Wenn dann auch noch zusätzlich Kinder dazwischen hängen, wird diese „Revolte“ in der Regel auf deren Rücken ausgetragen mit dem kreuzbanalen Effekt: sie tragen die Hauptkosten solcher Auseinandersetzungen, und dies meistens lebenlänglich. Bereits als Najet und ich uns kennengelernt und beschlossen hatten, das Leben gemeinsamen zu verbringen, waren uns diese „Gefahren“ zumindest theoretisch bewusst. Meine Frau stammte aus einer gutbürgerlichen doch gerade in Religionsund Sittenfragen eher konservativen tunesischislamischen Familie, meine Herkunft hingegen trug ein typisch mitteleuropäisches Profil. Wir waren „Taufscheinkatholiken“. Meine Mutter nahm das ernster als mein Vater und ich, d.h. sie liess sich am Sonntag von ihm in die Kirche fahren, während mein Vater die Zeit des Hochamts im gegenüberliegenden Wirtshaus verbrachte und dort bei Zeitungslektüre und einem Schoppen Wein die „Beterei“ meiner Mutter geduldig abwartete. Innerhäusliche Probleme hatten meine Eltern mit ihren zweifelsfrei unterschiedlichen Kontakten zum Jenseits nicht ... und ich auch nicht; denn ich hatte mich sehr rasch dafür entschieden, bei solchen Gelegenheiten meinem Vater Gesellschaft zu leisten. Eine zusätzliche „Gottesgabe“ war für mich auch die in meinem Elternhaus stets gepflegte deutschfranzösische Zweisprachigkeit; denn mein Vater war Elsässer, und wir waren alle deutsch-französische „Doppelstaatler“, von Geburt an. Mein zukünftige Frau wiederum war ein echtes Kind des neuen, von Frankreich 1956 unabhängig gewordenen Tunesiens. Ihre Zweisprachigkeit war von frühester Kindheit an arabisch-französisch gewesen. Und das war unsere erste Chance. Wir hatten jenseits der bei solchen Begegnungen äusserst wirksamen erotischen Magnetkräfte noch etwas

anderes gemeinsam: eine Auf „Ausländereng- gelebte Sprache, in der wir nicht lisch“ alleine nur einkaufen und studieren sondern auch „träumen“ konnten. Hier liegt meiner Auffassung nach kann eine ein erstes „Erfolgskriterium“ für eine unterm Strich Lebensgut verlaufende „Mukltikulti“-Ehe. Wenn die aus beziehung verschiedenen Kulturecken zusammentreffenden nicht funkti- Partner eine Sprache wirklich miteinander teilen, ist ein grosser Risikofaktor bereits ausgeschaltet. onieren. In der Regel ist dem aber nicht so. Die fragliche „Marianne“ spricht deutsch und vielleicht ein bisschen Schulenglisch. Der erkürte „Mohammed“ ist von Haus aus arabischsprachig und lernt später - engen wir die Betrachtung einmal auf Ägypten ein - einiges Englisch. Ich schematisiere fast bis zum Exzess; aber es geht mir darum, einen wichtigen Faktor herauszustreichen: die Beziehung startet fast immer mit einem grossen sprachlichen und damit auch emotionalen Handicap. Ist die erste sexuelle Faszination erst einmal einer - durchaus normalen - Alltagsroutine gewichen, bleibt ausser Häuslichkeit und Geldverdienen an Gemeinsamkeiten nicht mehr viel übrig. Die „Träume“ trock-

nen rasch aus, weil sie sich sprachlich nicht tief genug artikulieren können. Auch der von solchen Paaren oft beschrittene Weg, dass die Frau sich in die Erlernung der Muttersprache ihres Mannes voll investiert und dabei ihre eigene vernachlässigt, ist keine Lösung. Auch wenn „Marianne“ fliessend arabisch lernt, wird das nie so tief ins psychische Unterbewusstsein eindringen, dass daraus „Träume“ werden können. Umgekehrt ist es genau so. Selbst der in Deutschland studiert habende „Mohammed“ wird, vor allem wenn er nach Ägypten zurückkehrt, rasch keine deutschen „Träume“ mehr haben ... sollte er sie je gehabt haben! Das sprachlichemotionale Miteinander verdorrt; denn auf „Ausländerenglisch“ alleine kann eine Lebensbeziehung nicht funktionieren. Bald haben sich „Mohammed“ und „Marianne“ nur noch Banalitäten zu sagen, und das ist häufig der Anfang vom Ende. Najet und ich waren nicht in diese Falle gelaufen. Zwar lernte sie rasch gut deutsch, doch zusammen sprachen wir, 40 Jahre lang, untereinander eigentlich nur französisch, unsere „zweite“ Muttersprache, die wir aus ganz verschiedenen Wurzeln heraus von Kindheit an erworben hatten. Das war unsere Chance. Im geistig-sprachlichen Sinne „banal“ wurde es zwischen uns nie. Wir hatten uns jenseits des täglichen Lebens immer noch etwas zu sagen. Als unser Sohn auf die Welt gekommen war, dachten wir sofort über Erziehungsverlauf, Sprache(n), Religion usw. nach. Meine Frau war zwar Moslemin, aber weiss Gott keine bigotte. Sie respektierte die Bräuche ihrer Familie, ging jedoch eigene Wege, ohne davon viel Aufhebens zu machen oder gar ihre (islamische) Umwelt brüskieren zu wollen. Im Ramadan fastete sie nicht, und das Erste, worum sie mich bei der Ankunft 1966 am Frankfurter Flughafen gebeten hatte, war „une vraie bière allemande“ ... ein echtes deutsches Bier. Rasch lernte sie auch, Schweinegulasch auf eine Art zuzubereiten, das jeder unserer islamischen Gäste geschworen hätte, das Ganze sei vom Hammel. Wir täuschten aber niemanden und sagten immer offen, was in den Tellern lag. In Sachen unseres Sohnes hatten wir beschlossen, ihn „religionsfrei“ aufwachsen, ihn jedoch am katholischen Religionsunterricht (solange wir in Deutschland waren, bzw. solange er deutsche Schulen besucht hatte) teilnehmen zu lassen, um Ausgrenzungen, „Ghettoisierung“ gegenüber den Schulkameraden zu vermeiden. Er sollte später selbst entscheiden, mit welcher „heiligen Schrift“ er näheren Umgang zu pflegen wünschte. Karim bezeichnet sich heute als „Moslem“, aber als ein solcher, der im Ramadan nicht fastet, geräucherten Schinken mag und auch einem guten Tropfen nicht


Ausländer in Ägypten Mehrsprachigkeit sowie multikulturelles Denken und Fühlen bei Ehepartnern und Kindern sind möglich, erfordern aber bewusstes Planen und Handeln vonseiten der Eltern.

Mohammed + Marianne“

Wenn die aus verschiedenen Kulturecken zusammentreffenden Partner eine Sprache wirklich miteinander teilen, ist ein grosser Risikofaktor bereits ausgeschaltet.

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abgeneigt ist. Trotzdem lebt er primär in Tunesien. Die Dinge sind für ihn unproblematisch, er kommt „multikulti“ mit sich zurecht und war uns immer dankbar dafür, dass wir ihn nie in die eine oder andere „Weltanschauung“ getrieben hatten. Sprachlich durchliefen wir mit Karim ein sehr interessantes Experiment. Schon bei seiner Geburt trafen wir eine Entscheidung: ich sollte mit ihm nur deutsch reden, und meine Frau nur arabisch, während wir unseren „Brauch“ beibehielten, untereinander nahezu ausschliesslich französisch zu sprechen. Pädagogisches Ziel: das Kleinkind von Anfang an, gerade in den ersten drei Lebensjahren, da sich alles in dem kindlichen Hirn formt, an die drei Idiome phonetisch und sentimental zu gewöhnen. Im Wesentlichen hatten wir das „Programm“ durchgehalten, sein Funktionieren später aber - so ab dem 5. Lebensjahr - durch gezielte Zusatzprogramme weiter gefördert, so wie etwa Besuch eines französischen Kindergartens mitten in Deutschland, regelmässige Ferien bei der tunesischen, nur arabischsprachigen Grossmutter. Das Ergebnis war eindeutig: bereits im Alter von 8 Jahren sprach Karim fliessend deutsch, französisch und arabisch. Längst hatte er selbst erkannt, wie wichtig es für ihn war, das alles noch voranzutreiben und zu konsolidieren. Nie werde ich eine Ägyptenreise vergessen, auf die ich Karim, er war damals 15, mitgenommen hatte. Ich musste für eine Woche aus beruflichen Gründen nach Kairo, und wir wohnten zusammen im Nile Hilton. Es war Hochsommer und heiss. Wir sassen an der Bar, nahmen einen Drink. Karim, im Gegensatz zu mir eher südländisch-mediterran aussehend, sass neben mir und sprach mit dem Barman arabisch. Die herumstehenden Kellner beobachteten uns jedoch argwöhnisch, wir konnten nahezu ihre Gedanken lesen: da kommt wohl so ein europäischer „Schwuli“ daher und hat sich auch gleich noch einen jungen Araber fürs Horizontale aufgerissen. Wir amüsierten uns köstlich; dann sagte Karim zu dem Barman: „Das ist mein Vater!“ Die Erleichterung war total, alle sprachen plötzlich fröhlich auf uns ein, und wir bekamen sogar noch einen Gratisdrink spendiert. Heute ist mein Sohn absolut fünfsprachig. Neben seinen drei „Mutter- und Vatersprachen“ beherrscht er fliessend englisch und italienisch. Im Sprachenbereich hatten wir es also mit ihm „geschafft“. Ich möchte aus unserer Erfahrung eine Erkenntnis ableiten: Mehrsprachigkeit sowie multikulturelles Denken und Fühlen bei Ehepartnern und Kindern sind möglich, erfordern aber bewusstes Planen und Handeln vonseiten der Eltern. Nichts ist für einen jungen Menschen frustrierender, als mit 15, 18 oder 20 Jahren plötzlich das Gefühl zu haben, „nirgendwo“ zu Hause oder gar ein „mehrsprachiger Analphabet“ geworden zu sein. Qualifizierte „Multikultur“ und „Mehrsprachigkeit“ sind wichtige Attribute im Zeitalter unseres global village. Sie entstehen aber nicht von alleine; man muss viel aktiv dafür tun. Es kommt für die betroffenen Jugendlichen darauf an, diese Attribute zu „meistern“ und nicht zu „erleiden“, um sie nämlich als Instrumente der positiven Identitätsfindung wie auch für die eigene Lebensgestaltung einsetzen zu können. Das ist nicht einfach, gerade auf der Ebene des „Mohammed + Marianne - Syndroms“. Aber die Sache ist machbar und erfordert, wie gesagt, grossen persönlichen Einsatz von allen ins „Projekt“ verwickelten Akteuren.


Ausländer in Ägypten

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Die Rede ist nicht von jenen Charter- und Bustouristen, die vor Abflug zu Hause bereits alles pauschal bezahlt haben und glauben, dafür während ihrer nilotischen Tage Fünf-Sterne-Service rund um die Uhr fordern zu können. Ausser Flughafen, Sammeltaxis, Busse, gebuchten Hotels und den im ägyptischen Falle meistens mehrere Jahtausende alten, vorab programmierten Sehenswürdigkeiten (Pyramiden, Ägyptisches Museum, Pharaonentempel und -gräber) bekommen sie vom Gastland eh kaum etwas mit.

N euer „Nepp“ vor altem Elend

Von Wolfgang Freund

Touristenalltag in Kairo

N

ein, ich spreche hier von „Otto Normaltourist“, der alleine am Flughafen Kairo eintrifft, sich dort ein Taxi nimmt und damit in jenes Kairoer Stadthotel fährt, wo er von zu Hause aus ein Zimmer reserviert hatte, so wie man das auch in Paris, London oder Berlin tun würde. Das war in Kairo, wenn man die Sache richtig anpackte, ein durchaus attraktives Vorgehen gewesen. Die ägyptische Metropole war bis vor Kurzem noch (damit meine ich etwa ein Jahr) ein grossstädtischer Ort, wo der Besucher auf verschiedenen Komfort-Ebenen für wesentlich weniger Geld als in Europa überdurchschnittlich gut und preiswert leben konnte (Hotels, Restaurants usw.) ...strukturelles Plus der Stadt, trotz 20 Millionen Einwohnern, Wahnsinnsverkehr und einem geradezu dantesken Treiben auf den Strassen rund um die Uhr. Diese Zeiten sind vorbei und, so fürchte ich, unwiderruflich. Die Weltverteuerung hat auch in Kairo voll zugeschlagen, und zwar mit einer Intensität, so dass der Individualreisende, falls nicht beruflich unterwegs, sich künftighin von Kairo abwenden wird. Hier nun ein paar Beispiele aus einem „Novembererlebnis“ des Jahres 2008: Einheimische und Besucher trinken leidenEinheimische schaftlich gerne das und Besucher seit über hundert Jahren trinken leidennicht nur in Belgien sondern auch am Nil schaftlich gerne gebraute „Stella“-Bier. das seit über hunDie ägyptische Version dert Jahren nicht desselben ist in seinem nur in Belgien Alkoholgrad (4%) den meist heissen Temperasondern auch turen angepasst, bleibt am Nil gebraute aber dennoch schmack„Stella“-Bier. haft und ungeheuer erfrischend. Auch war es nie sehr teuer, egal wo man es trank, im Garten des Marriott-Hotels Omar Khayyam von Zamalek, auf der Terrasse des Nile Hilton oder in einer Kneipe der Innenstadt. Dieses Mal war aber alles anders. Die Halbliterflasche „Stella“ kostete im Marriott plötzlich 35 £eg. (5 Euros), im Hilton 25 £eg. (3,60 Euros), und nur in den Kneipen der Innenstadt war sie noch für 10 oder 11 £eg. (1,40 -1,60 Euros) zu haben. Auf alle diese Preise kommen noch 10% Steuern und 12 Prozent Bedienungsgeld. Der Endpreis liegt also um ein weiteres gutes Fünftel über den soeben genannten Preisen. Noch ins Auge springender ist die Sache mit dem Glas Wein. Eine Dreiviertelliterflasche des vorzüglichen ägyptischen Rotweins Omar Khayyam ist im Laden für etwa 30 £eg. (ca. 4,30 Euros) zu haben. Ein kleines Glas desselben kostet in den einschlägigen Kairoer Gastrono-

mien jedoch zwischen 35 und 50 £eg., also mehr als die ganze Flasche im Geschäft. Halbe Flaschen gibt es nicht, der Gast hat die Wahl zwischen einer ganzen Flasche, die dann auch mindestens 5-mal so teuer ist wie im Einzelhandel oder aber einem Glas, aus dem bei Tisch leicht zwei oder auch, wenn’s schmeckt, schon mal drei werden können. Fazit: der Schoppen Wein zum Essen kann leicht teuerer werden als das ganze übrige Menü. Anders ausgedrückt, die Relationen stimmen nicht mehr. Doch auch beim Essen ist in jüngster Zeit etwas deutlich aus dem Ruder gelaufen. Noch bis vor Kurzem war es in Kairo für gegenüber örtlichen Mikroben und Amöben wenig immunisierte Westler immer ein guter Deal gewesen, bei Heisshunger in den Coffee shops der grossen Hotels das dort zweimal am Tag, d.h. mittags und abends auffahrende, reichhaltige Lunch- oder Dinnerbuffet mit Löffel, Messer und Gabel zu beehren. Preislich lag das eher günstig, zumindest für Besucher aus Euro- oder Dollar-Landen. Für ca. 15 Euros konnte man essen oder auch schlemmen, was man wollte und so viel man wollte. Dieser „Service“ liegt heute im Kairoer Marriott, Hilton, Sheraton oder Interconti bei etwa 175 £eg. (rund 25 Euros), und getrunken hat man dann noch nichts. Wer nicht aufpasst (Wein, Bier, Kaffee oder gar „pousse-café“, wie die Franzosen zum Verdauungsschnäpsle sagen), bezahlt am Ende leicht das Doppelte oder gar noch mehr. Natürlich, wer die Stadt kennt, weiss noch ein paar andere Adressen, wo man vernünftig essen kann und zwar ohne die Angst, heimtückisch vergiftet zu werden. Aber dazu muss man sich in Kairo gut auskennen und desweiteren gewillt sein, sich zu Fuss oder mit der Metro ins 20-Millionen-Getümmel zu stürzen. Das ist nicht jedermanns Sache. Auf was ich hinaus will: Kairo 2008/2009 ist für den individuellen „Otto Normaltourist“ keine unbedingt gute Adresse mehr. Er kann heute das Gebotene woanders in gleicher Qualität wesentlich billiger erhalten. Bleiben die Reisenden in der Gruppe, ok, sie haben alles im Voraus als „package“ bezahlt, werden aber entsprechend kasernenhaft und lieblos „abgefertigt“. Zeichen der Zeit: Betritt der Einzelreisende heute zur Mittags- oder Abendstunde eines der einschlägigen oben genannten Coffee shops, wird der diensthabende Oberkellner vermutlich sofort die Frage an ihn richten: „which group?“ Ich antworte darauf immer „myself“; es wird dadurch aber auch nicht billiger. Postskript: all das Vorgenannte mag indessen ungeheuerlich „elitär“ klingen; denn die Mehrzahl der arbeitsfähigen Ägypter, sofern sie einen Job haben, verdient heute so um die 500 £eg. (72 Euros) monatlich. Dafür kann man im Ramses oder Nile Hilton gerade zweimal „lunchen“ gehen. Und 30 Millionen Ägypter (von 80) müssen am Tag ohnehin mit weniger als 1,30 Euro auskommen ... Mahlzeit!


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Ausländer in Ägypten Die Ausstellung wird eröffnet mit einem interaktiven Event für Kinder und Erwachsene im Deutschen Konsulat Hurghada, Samstag, den 17.Januar 2009 um 11Uhr.

Kunst im Dialog

B

Birgit Baumann & Kimmo Hagman Über: Ägypten zwischen Wirklichkeit und Vorstellung Von Beke Hoppe

irgit Baumann ist eine deutsche Künstlerin, die seit 8 Jahren in Hurghada lebt. Durch die Fotos des finnischen Fotografen Kimmo Hagman hat sie sich zu einer Serie von Ölbildern inspirieren lassen, die das alltägliche Leben von Ägyptern auf den Strassen zeigen. Die Fotos, Bilder und Objekte der Ausstellung zeigen den Dialog zwischen Fotografie und Kunst, zwischen dem einheimischen Leben und dem humorvollen europäischen Blick darauf, zwischen der Realität und künstlerischer Vorstellung. Während das Foto einen Auschnitt der tatsächlich erlebten Realitaet widerspiegelt, wird durch den Vergleich mit dem Ölbild klar, dass im kreativen Prozess des Malens die Idee von der Realität entsteht und deshalb Dinge auslässt, vergrößert oder dazuerfindet.

Baumann

Begleitet wird die Ausstellung durch die kreativen Arbeiten und Bilder der Kinder der deutschen Schule Hurghada zu den Künstlern Wassily Kandinsky und James Rizzi. Diese Ausstellung möchte anregen, den Blick im Alltag wieder zu öffnen, die kleinen Dinge in der Umwelt zu entdecken, die Vielfalt der Unterschiedlichkeit von Menschen und ihren Gewohnheiten neugierig zu betrachten und die eigene Sicht auf die Welt durch das Leben hier in Ägypten zu erweitern. Die Ausstellung wird eröffnet von der Kulturabteilung der Deutschen Botschaft, Cairo, und ihrer Gastgeberin Frau Karin Ely im Deutschen Konsulat am 17.01.2009 um 11 Uhr mit einem Malevent für Kinder und wird vom 17.01. bis 24.01. zu sehen sein.

Diese Ausstellung möchte anregen, den Blick im Alltag wieder zu öffnen. Die Fotos und Bilder zeigen den Dialog zwischen Fotografie und Kunst.

Es ist ein humorvolleuropäischer Blick auf das alltägliche Leben in Ägypten.

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Nachrichten Weitere ägyptische Pyramide entdeckt Nach zwei Jahren von Grabungen, haben Archäologen eine weitere Pyramide in der Totenstadt Sakkara südlich von Kairo entdeckt. Die 4.300 Jahre alte Pyramide soll Königin Sescheschet gehört haben, der Mutter von König Teti II, der Begründer der 6. Dynastie

Schnappis lange Reise ans Meer Nahe der ägyptischen Mittelmeerküste wurde ein junges Krokodil gefangen, das möglicherweise mehr als 1000 Kilometer durch den Nil zurückgelegt hat. Das männliche Reptil, gibt ein Rätsel auf. Denn die einzigen in Freiheit lebenden Krokodile Ägyptens sind im Nasser-Stausee zu Hause.

Lehrer prügelt elfjährigen zu Tode In Alexandria (225 km nördlich von Kairo) hat ein Schullehrer einen elfjährigen Jungen zu Tode geschlagen. Der Junge habe an diesem Tage seine Hausaufgaben nicht vollständig erledigt gehabt, dafür habe der Lehrer ihn bestrafen wollen.

Papst-Vorschlag: Kirchen für Touristen? Papst Benedikt XVI. hat das soziale und historische Engagement der katholischen Gemeinschaft in Ägypten gewürdigt. Außerdem schlug er vor, dass Kairo katholischen Touristen geeignete Kultorte zur Verfügung stellen sollte.

Gestohlene Artefakte kehren heim Nach zähen Verhandlungen mit Ägyptische Museum in Barcelona (Spanien) kehrten drei gestohlene Kunstwerke aus dem Neuen Reich (ca. 1530-1292 v. Chr.) nach Ägypten zurück. Es handelt sich um den besonders fein gestalteten Kopf einer Männerstatue aus Basalt, die Granitbüste eines hohen Beamten sowie ein Relief. Das Relief soll aus der Wand einer Grabkammer in Luxor herausgebrochen worden sein.

Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

Paar nach Partnertausch verhaftet

Arzt und Mutter wegen Beschneidung angeklagt Eine ägyptische Mutter soll vor Gericht gestellt werden, weil sie ihre 14 Jahre alte Tochter zur Beschneidung gezwungen hat. Entdeckt wurde der Fall als das Mädchen, das aus der Oasenstadt Fajum südlich von Kairo stammt, ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Grund dafür war ihr hoher Blutverlust nach der Operation. Der Arzt, der die Operation durchgeführt habe, sei wegen Genitalverstümmelung angeklagt worden. Seit nun sechs Jahren ist Mädchenbeschneidung in Ägypten verboten und das Gesetz, das die Mädchenbeschneidung verbietet, war im vergangenen Juni verschärft worden. Ärzten, die diese Operation durchführen, drohen nun Geldstrafen oder bis zu zwei Jahre Haft.

Die Polizei in Ägypten hat ein Paar verhaftet, dem die Organisation eines Partnertauschrings über das Internet vorgeworfen wird. Der Angestellte im öffentlichen Dienst und die Lehrerin hätten in Chat-Rooms nach Gleichgesinnten Ausschau gehalten und dann ein erstes Treffen in einem Cafe in Kairo vereinbart. Danach sei es zu mindestens drei Sex-Partys gekommen. Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe ist in Ägypten illegal.

Erstes ParabolrinnenSolarfeld im Aufbau

Das im Bau befindliche Hybridkraftwerk in Ägypten mit einer Gesamtleistung von 150 MW gilt laut Solar Millenium als wichtiges Referenzprojekt der Region. Die Montage des ersten ParabolrinnenSolarfelds in Ägypten hat anfang Dezember begonnen. Damit nimmt das in Kuraymat südlich von Kairo gelegene Hybridkraftwerk, das sowohl solarthermische Energie als auch Erdgas nutzt, Gestalt an. Das Kraftwerk wird nach seiner Fertigstellung im Sommer 2010 zur Sicherung der Stromversorgung der Region Kairo beitragen. Auslegung und Bau des Solarfelds werden vom ägyptischen Generalunternehmer Orascom Construction Industries und dem deutschen Technologieunternehmen Flagsol GmbH (Köln), verantwortet.

Gerissene Seekabel verursachen Internetausfall

Abouleish erhält Bundesverdienstkreuz SEKEM-Gründer Ibrahim Abouleish erhält Bundesverdienstkreuz Am 27.11. wurde Dr. Ibrahim Abouleish, dem Gründer der SEKEM-Initiative in Ägypten, das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Die Bundesrepublik Deutschland würdigte damit die Lebensleistung von Dr. Ibrahim Abouleish und sein Bemühen um einen interkulturellen und interreligiösen Austausch.

Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres haben Schäden an Unterseekabeln zur Beeinträchtigungen von Internetverbindungen im Mittleren Osten und Südasien geführt. Die Störungen wurden am Samstag 20 Dezember Kabelbetreibern zufolge durch Unterbrechungen mehrerer Unterwasser-Leitungen im östlichen Mittelmeer ausgelöst. Der Grund für den Kabel-Abriss war zunächst nicht bekannt. In Ägypten wurde die Internetkapazität um rund 80 Prozent reduziert. Techniker haben einem Regierungsmitarbeiter zufolge den Datentransfer inzwischen teilweise über Alternativrouten im Roten Meer umgeleitet.

Ägypten gegen EU-Pläne zur Erweiterung von Kontakten zu Israel

Ägypten ist über Pläne der Europäischen Union (EU) erstaunt, Beziehungen zu Israel trotz fehlender Fortschritte bei der Nahostregelung zu erweitern. Das erklärte der ägyptische Außenminister Ahmed Abul Gheit in Kairo. Die EU-Außenminister in Brüssel hatten Anfang Dezember beschlossen, Kontakte zu Israel auf hoher Ebene aufgrund eines bilateralen Abkommens auszubauen, das im April 2009 gebilligt sein soll. Demnach dürfte ein erstes Gipfeltreffen EU-Israel in der ersten Hälfte kommenden Jahres stattfinden.


Buchtipp In der Jahren 1968 bis 1972 verbringt Dirk Gastmann als Mitarbeiter eines Projektes in der Entwicklungshilfe in Ägypten. Der Wasserbauingenieur hilft in der Oase Fayoum, etwa 100 Kilometer südlich von Kairo, Medikamente eines deutschen pharmazeutischen Herstellers vor Ort zu testen und somit den Versuch zu starten, die Krankheit Bilharziose einzudämmen.

Z

Der ist so interessant Orient füruns

war sei diese Krankheit nicht tödlich, erklärt Gastmann, doch sie schwäche den Menschen und wirke somit verheerend in Kombination mit anderen Erkrankungen. In den dreieinhalb Jahren, die der gebürtige Wilhelmshavener in Ägypten verbracht hat konnte das Projekt zwar erfolgreich die Erreger der Krankheit, die sich zunächst in ihrer Wachstumsphase in Wasserschnecken, und später aber im Menschen festsetzen, bekämpfen, stellte aber auch fest, das neben den Erregern in den Schnecken auch sämtliche Fischpopulation abgetötet wurde. Das Projekt wurde somit beendet. Das getestete Medikament

konnte sich auf dem Weltmarkt nicht durchsetzen. Neben diesem Projekt arbeitete Dirk Gastmann aber auch an anderen Entwicklungshilfeprojekten in Guinea oder Togo. Das Leben in diesen Ländern hat den heutigen Rentner geprägt. Als er während seiner Arbeit in der Oase Fayoum an Gelbsucht erkrankte, notierte er viele Hintergründe seiner Arbeit und hielt seine Eindrücke fest. Der Hobbyautor schreibt schon seit seiner Schulzeit. „Ich hatte mit vorgenommen, wenn ich in Rente gehe mehr zu schreiben.“ Dies hat er nun umgesetzt. Als Grundlage dienten die Aufzeichnungen aus den Jahren 1968 bis 1972. „Der Ori-

ent ist so interessant für uns und eine so farbenfrohe Welt, das kann man sich hier kaum vorstellen“, gibt er zu bedenken. Sein Roman „Achmed erzählt“ hilft der Fantasie seiner Leser auf die Sprünge und vermittelt gleichzeitig, welche Zustände Dr. Bill Harz, der Entdecker der Bilharziose, in der Zeit zwischen 1850 und 1862 in Nordafrika vorfand. Gemeinsam mit seinem Bediensteten Achmed und einem Kutscher gehen sie auf Reise durch Ägypten, um die Krankheit zu erforschen, die hier zu so vielen Toten führt. Durch Achmed erfährt Harz, wie auch der Leser, allerlei Wissenswertes, Buntes und Interessiertes über Land

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und Leute. „Die Abende sind lang, die Charaktere sitzen gemeinsam am Lagerfeuer. Achmed erzählt dann immer Geschichten, Bezug nehmend auf das am Tage erlebte.“ „Ich habe versucht mir vorzustellen, wie das Leben damals gewesen sein muss“, berichtet der Autor. „Dabei wollte ich nicht zu sehr auf die Krankheit eingehen, das wäre sonst ja zu langweilig,“ weiß Gastmann. Vielmehr habe er literarisch ein Leben für den Protagonisten Bill Harz erschaffen, wie es so hätte gewesen sein können, inklusive einer kleinen Liebesgeschichte und seinem frühen Tod durch Typhus. Das Buch „Achmed erzählt – Zwischen Abenteuer und Forschung und wie die Bilharziose entdeckt wurde“ ist erst vor zwei Wochen im BOD-Verlag (www. BoD.de) erschienen (ISBN 978-38370-4780-6). Es hat 236 Seiten und kostet 19,90 Euro. Achmed ist der Vertraute von Dr. B. und begleitet diesen als Dolmetscher und Koch auf eine Forschungsreise in das weite Flußgebiet des Landes. Durch die ständige Belagerung ihres Camps mit einer täglich wachsenden Schar von Neugierigen wird ihre Arbeit merklich erschwert. Dr. B erhält das Angebot, einen Industriellen auf dessen Jagdreise als Leibarzt zu beglei-ten. Gleichzeitig bahnt sich die Bekanntschaft zu einer reizen-den Dame an. Dr. B. folgt seinen Verpflichtungen und wird dabei in ungeahnte Abenteu-


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Ausbildung

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Die UFE lagert auch j-w-d wie die Berliner sagen ( = janz weit draussen), doch dieses Mal etwas mehr nordöstlich von Kairo, in Schuruk.

Neue Hochschulen im Nordost

AmerikanischeGewissenserforschung,deutscheGeheimnistuereiundfra

Die American University in Cairo (AUC) seit fast hundert Jahren Cairo down-town in einem historischen Gebäude untergebracht und neben der pädagogischen und Forschungsarbeit (ganz besonders im Bereich empirischer Sozialforschung) einen wichtigen Beitrag zum kulturellen Leben Kairos leistend (Vorträge, Konzerte, Theateraufführungen, Seminare, Kolloquien) - hat sich neben anderen „Privatuniversitäten“ ebenfalls „nach draussen“, nach New Cairo auf einen neuen Campus abgesetzt. Dieser liegt mitten in der Wüste, mehrere Dutzend Kilometer von Kairos Innenstadt entfernt, irgendwo nicht weit von der Fernstrasse Kairo-Suez. Studenten, Professoren und sonstige an der AUC Tätige erreichen den Campus nur noch mit Zubringerbussen, im Taxi oder eigenen Auto. Je nach Dichte der sich durch Kairo ziehenden Blechlawine schwanken die Anfahrtszeiten zwischen 45 und 90 Minuten, und das gleich zweimal am Tag. Ansonsten herrscht um den neuen AUC-Campus herum totales Verkehrschaos mit täglichen, häufig schweren Unfällen. Im Bereich der Uni entsteht eine so genannte „Satellitenstadt“, die in 10 oder 15 Jahren, wenn überhaupt, ein mehr oder minder urbanes Aussehen gewinnen mag. Die dort jetzt schon etablierte AUC steht jedoch zunächst in fast leerer Wüstenlandschaft, und eine alte arabische Metapher drängt sich auf: es ist sinnlos, die Gebetsteppiche auszuwerfen, solange die Moschee nicht gebaut ist. Immerhin habe ich bei meinen Gesprächen mit AUC-Verantwortlichen den Eindruck gewonnen, dass man sich der geschaffenen Lage bewusst ist und darüber nachdenkt, wie den entstandenen Problemen gegen gesteuert werden sollte. Nicht weit von dem neuen AUC-Campus steht in durchaus vergleichbarer Wüstenlandschaft die so genannte German University in Cairo (GUC). Gegründet im Jahre 2003 hat sie heute etwa 5.500 Studenten vorzuweisen. Zumindest steht es so im Internet; ob die „statistische Wirklichkeit“ dem entspricht? Ich bin mir dessen nicht

so sicher. In Sachen GUC gibt es viele „Märchenerzählungen“, und die im Internet ausgewiesenen Fax- und Telefonnummern .sind fast immer unerreichbar Deutsche „Patenhochschulen“ sind die Universitäten von Stuttgart und Ulm, doch auch das Berliner Auswärtige Amt und die Kairoer Vertretung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) mischen untergründig mit. Rein juristisch gesehen gilt die GUC als „ägyptische Hochschule“, untersteht somit der Aufsicht und gewissen Richtlinien des ägyptischen Hochschulministeriums. Zur Klarheit der Verhältnisse trägt das wenig bei, und es soll angeblich hinter den Kulissen viel „Zoff“ geben, vor allem, was die Innenbeziehungen zwischen deutschen offiziellen Zuwendungsgebern und lokalen Financiers betrifft. Denn die Universität wird „privatwirtschaftlich“ geführt, und einige ägyptische Geldgeber haben in das Unternehmen GUC beträchtliche Summen investiert, um damit ganz einfach Profit zu machen. Die Uni als Abzockmasche, möchte man verkürzt vermuten. In die „Kleiderordnung“ deutscher Rechnungshöfe passt das jedenfalls nicht so recht. Im Vergleich dazu: auch die AUC arbeitet „privatwirtschaftlich“, lebt ausschliesslich aus privaten US-Spenden und den erhobenen Studiengebühren, funktioniert jedoch nach dem non-profit-Prinzip und verwaltet sich selbst in geschäftsüblicher amerikanischer Hochschultradition, ägyptische „Investoren“ gibt es nicht und auch keine „Hereinrede“ vonseiten des ägyptischen Hochschulministerium. Die Fronten bleiben klar, falsche Ansprüche .werden nirgendwo geltend gemacht Bei den Deutschen liegt der Schwerpunkt auf technologischer Ausbildung, und die wichtigste Unterrichtssprache ist kurioserweise Englisch, d.h. jenes Shakespeareferne Idiom, in dem zwei Welten - hier die ägyptische und die deutsche - miteinander zu verkehren pflegen, wenn beide Englisch nicht als Muttersprache haben, sich des „Englischen“ aber dennoch be-

dienen müssen, weil es anders nicht geht; genügend deutschsprachige Ägypter für eine dynamische deutsche Hochschul- und Wissenschaftspolitik am Nil gibt es einfach nicht. Die studentische Kundschaft besteht hauptsächlich aus Oberklasse-Ägyptern, die sich u.a. von dem Besuch der GUC wohl irgendwann in der Zukunft ein Visum für Deutschland erhoffen. Über die Höhe der Studiengebühren konnte ich nichts Genaueres erfahren, da sich zuständige Ansprechpartner wie etwa Mme. Sherine Salamony (Leiterin der Abteilung „Exter-


Ausbildung

Von Wolfgang Freund

ten Kairos

wesentlich humaner, „offener“ zu. Auch sie ist eine „private“ Neugründung (2002), und in der Eingangshalle hängt eine Erinnerungsplakette, auf der geschrieben steht, dass am 20. April 2006 die Präsidenten Hosni Mubarak und Jacques Chirac die UFE offiziell eingeweiht hatten. Dass das Einweihungsdatum genau auf Hitlers Geburtstag gefallen war, bemerken nur in Zeitgeschichte Bewanderte, ist natürlich reiner Zufall, der auch nicht dadurch an Gewicht gewinnen kann, dass arabische Übersetzungen von Mein Kampf an vielen Strassenecken der Kairoer Innenstadt nach .wie vor zu haben sind Die UFE lagert auch j-w-d wie die Berliner sagen ( = janz weit draussen), doch dieses Mal etwas mehr nordöstlich von Kairo, in Schuruk. Diese Satellitenstadt in spe liegt an der Autobahn „Kairo-Ismailiya“ (Suezkanal). Von Kairos Innenstadt bis nach Schuruk sind es gut und gerne zwischen

anzösischeLeere!

nal Relations“) von mir systematisch abgeschottet hatten. Aus indirekten Quellen erfuhr ich jedoch, dass die Studiengebühren nicht unter denen der AUC liegen, eher darüber. Auch gewinnt der Aussenstehende schnell den Eindruck, dass die (ägyptische) GUC-Leitung wenig Wert auf Medienkontakte legt und das ganze Unternehmen in den Schleier einer mir unverständlichen „Geheimnistuerei“ hüllt. Man hatte mich gebeten, einen ausführlichen Lebenslauf sowie eine komplette Liste meiner Fragen (alles auf Englisch!) elektronisch einzureichen, um „vielleicht“ einen Gesprächstermin bei der GUC-Leitung zu ergattern. Ich entsprach dem Ansinnen, bekam den Termin aber dennoch nicht, ja nicht einmal die Gründe für die „Absage“ wurden mir mitgeteilt. Ohne „Termin“ mit einer nennbaren Person in den GUC-Hallen kommt ein spontaner Besucher über die Schwellen des Haupteingangs nicht hinaus. Das Ganze ist eine deutsch-ägyptische Wichtigtuerei, die ein auswärtiger Besucher, welcher der Begegnung mit der GUC mit zunächst freundlicher Gesinnung entgegensieht, nicht nachvollziehen kann. Es handelt sich hier um eine Hochschule, nicht um einen Bunker, in den Massenvernichtungswaffen -top secret- eingelagert wären. Auch sind .wir weder im Iran noch in Nordkorea Dafür geht es bei den Franzosen und in deren Université Française d’Egypte (UFE)

50 und 60 km. Man kann es in einer Stunde schaffen, zu Stosszeiten können auch zwei daraus werden. D.h. täglich entstehen für alle „Betroffenen“ zwischen 2 und 4 Stunden Fahrzeit von der Wohnung zum Studi.en- bzw. Arbeitsplatz und zurück Auch die UFE besitzt, der GUC vergleichbar, doppelgleisige „Verankerungen“ bei den französischen Affaires Etrangères (vertreten durch die Kairoer Botschaft und das frz.Kulturinsitut vor Ort) einerseits, beim ägyptischen Hochschulministerium andererseits. Die Dinge wirken aber „gesünder“, plus sains, als bei den Deutschen. Überall in der Universität gibt es ägyptische Leiter und gleich daneben französische Ko-Leiter. Der betreffende Ägypter heisst „président“ oder „doyen“, und sein französisches Pendant ist ein „directeur général“ oder „directeur des études“; niemand fühlt sich dabei protokollarisch auf die Füsse getreten. Madame la Professeuse (wie frankophone Kanadier sagen würden) Howayda Ismaïl, arabisch-französische und französisch-arabische Übersetzungskünste lehrend, dabei selbst ein in langen Pariser Studienjahren (Paris-IV) erworbenes nahezu akzentfreies Französisch sprechend, erklärt mir Näheres: die ebenfalls auf ein paar Tausend Studenten angelegten hochmodernen UFERäume beherbergen aktuell lediglich zwischen 400 und 500 “Kunden“, bestehend aus Ägyptern der höheren Einkommensklasse

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und nicht wenigen, ebenfalls bemittelten frankophonen Ausländern aus dem nahen Libanon, aus Nordafrika (Tunesien, Algerien, Marokko) oder dem frankophonen Schwarzafrika. In der Tat wirken Hallen, Korridore, Vorlesungsräume und Cafeteria .vor allem ... leer Man kann an der UFE nach drei Jahren Studium eine „Licence“ machen; anschliessend können die Besten an der Université de Nantes in einem Jahreszyklus den M-2 (Magistère-2) erwerben. Danach ist aber Schluss mit „Gott in Frankreich“. Die Diplomierten müssen zurück an die Gestade des Nils. Wie dem auch sei, bislang haben nur wenige diesen akademischen Spagatsprung übers Mittelmeer geschafft (6 oder .)7 Die Zukunft der UFE steht noch sehr deutlich bevor. Schuruk ist ebenfalls ein von etablierten Kairo-Strukturen völlig losgelöstes Gebilde zwischen Nildelta und Ismailiya, halbfertige Häuser umstellen eine vermutlich mittels islamistischer Gelder hochgezogene Moschee im „Saudi-Stil“, und die Université Française d’Egypte (UFE) steht mittendrin, wie ein einsamer weisser Elefant in der Wüste. Auch in der UFE geht es natürlich um die „akademische Züchtung“ von europhilen Elite-Ägyptern, die früher oder später, vergleichbar den Kommilitonen von der GUC, ihren Wunsch auf einen mehrjährigen séjour en France, oder sonstwo in der europäischen „Schengen“-Welt, anmelden werden, auch ohne jene Qualifikationen, die zum Magistère-2 in Nantes berechtigen würden. Ich möchte aber erneut betonen, dass die Vertreter der UFE, ob Franzosen oder Ägypter, über ihr Projekt gegenüber Dritten viel offener und zwangsloser reden, als die Deutschen das in Sachen GUC tun. Auch scheint mir das „ägyptischfranzösische“ Innenverhältnis gesünder zu sein als im ägyptisch-deutschen Parallelfall. Vielleicht ist ganz einfach weniger „Eingemachtes“ im Spiel, vielleicht hängt aber auch alles damit zusammen, dass noch vor wenigen Jahrzehnten das Französische eine wirkliche lingua franca im städtischen Ägypten gewesen war, und davon kann man im Bedarfsfall heute noch zehren. Pr. Howayda Ismaïl hat eben nicht nur während ihrer Pariser Jahre gut Französisch gelernt sondern diese Sprache aus ihrem Elternhaus vermutlich schon mitgebracht. Die Deutschen können da nicht mithalten, wollen aber trotzdem. Das ist ihr heimliches „Kulturdrama“ am Nil. Vielleicht sind sie auch deswegen so „geheim“ und ge .reizt in allen GUC-Angelegenheiten Es gibt desweiteren kanadische und britische „Universitäten“ in diesen Kairo-nahen Wüstengebieten, und dazu noch eine ganze Reihe von rein ägyptischen privaten „Universitäten“ und „Akademien“, die dann auf so fein klingende Namen hören wie Future Academy, Integrated Thebes International Schools oder MISR International Universi.ty Sie funktionieren alle nach demselben Prinzip des profit making, tragen aber, von der AUC einmal abgesehen, die ihren festen Platz im ägyptischen höheren Bildungswesen schon seit Jahrzehnten innehat, zur Beseitigung der eigentlichen ägyptischen Hochschulmisere nicht das Geringste bei. .Das ist aber eine andere Geschichte


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Nachrichten

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Karim El-Gawharys „Alltag auf arabisch“ eröffnet dem Leser einen Schlüsselloch-Blick darauf, wie die „ganz normalen“ Menschen in einem aus mitteleuropäischer Perspektive nichts weniger als normalen politischen und sozialen Alltagsgefüge leben und sterben, lachen und weinen, hoffen und verzweifeln.

Von Michael Anheier

Satire meets Tragödie: Alltag auf arabisch E

in altes arabisches Sprichwort lautet: „Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt:“ Der Nahost-Korrespondent des ORF hat eines geschrieben. Und es handelt nicht vom Nahostkonflikt - nicht vordergründig: Karim El-Gawharys „Alltag auf arabisch“ ist ein weiter, vielfältig blühender Garten „orientalischer“ Geschichten. Sie eröffnen dem Leser einen Schlüsselloch-Blick darauf, wie die „ganz normalen“ Menschen in einem aus mitteleuropäischer Perspektive nichts weniger als normalen politischen und sozialen Alltagsgefüge leben und sterben, lachen und weinen, hoffen und verzweifeln. „Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad“ nennt der Untertitel die Sammlung von Anekdoten und Geschichten, die der Autor im Lauf der letzten zwei Jahrzehnte seiner Tätigkeit als Nahost-Korrespondent verschiedenster Medien gesammelt hat. Einen „Soundtrack aus dem Orient“ nennt er sie selbst: „Mit dem Blick auf die Alltagsfacetten wird das politische Geschehen nachvollziehbarer als durch manche Analyse und ganz sicher als durch jeden Nachrichtenbericht.“ Also doch ein politisches Buch, wen wundert‘s? Skurril kommen sie zunächst daher, die Alltagsgeschichten aus Kairo, und mitunter bereits wohletablierte Stereotype in die Realität überhöhend: Wie jene der Maler, die im Kaufhaus die Verkaufsregale gleich mit den darauf angepriesenen Waren lackieren - weil die ja ohnehin in Plastik eingepackt seien. Oder jene der „Beleidigungsagentur“, vermittels derer Umm Buqqu, die „Mutter der scharfen

Reichhaltige Kapitel sind der Verifikation der ebenfalls bestens eingeführten Vorurteile zu den Themen Straßenverkehr und Bürokratie gewidmet.

Zunge“, gegen feste Honorarsätze all jenen Beleidigungen und Beschimpfungen anbietet, die sich an Konkurrenten oder Nebenbuhlern nicht die eigenen Finger schmutzig machen wollen. „Schläge mit den Absätzen von Damenschuhen auf den Kopf“ gehen dabei allerdings über das Basispaket hinaus und sind extra zu bezahlen. Reichhaltige Kapitel sind der Verifikation der ebenfalls bestens eingeführten Vorurteile zu den Themen Straßenverkehr und Bürokratie gewidmet - vom beherzten Bemühen der Behörden, Verständnis dafür zu schaffen, „dass das Rot der Ampeln eine tiefere Bedeutung hat als gemeinhin angenommen“ bis zum Leidensweg des Autors auf dem Weg zur Anmeldung eines neuen Wagens. Vor allem letztere Schilderung braucht keinen Vergleich mit den einschlägigen Schöpfungen des großen Humoristen Ephraim Kishon zu scheuen - mit dem Bonus, dass sie (angeblich wirklich) nicht erfunden ist! Wie sich überhaupt Leser etwas reiferen Alters auf El-Gawharys Wegen durch seinen arabischen Alltag mitunter nicht nur an die satirischen Meisterwerke Kishons erinnert fühlen, sondern auch zum Teil auch an die „Maghrebinischen Geschichten“ des ebenfalls bereits verstorbenen altösterreichischen Autors, Schauspielers und Bonvivants Gregor von Rezzori. Allein, der Islam- und Politikwissenschafter begnügt sich dankenswerterweise nicht damit, seine Leser mit anekdotischen Leichtmenüs zu amüsieren. Schon El-Gawharys Abhandlungen über das schier unfassbare Ausmaß der Um-

weltverschmutzung im heutigen Ägypten lassen dem Leser das Lachen im Hals steckenbleiben wie dem Autor die Atemluft. Er analysiert aber auch die Motive der überbordenden Empörung in der islamischen Welt im Gefolge der dänischen Mohammed-Karikaturen mit - angesichts deren gewalttätiger Emanationen - mutiger Klarheit. Er lässt die unschuldigen Opfer des Krieges im Südlibanon zu Wort kommen. Und er zeigt glasklar, wie die vielen kleinen und großen Fehler vor allem der US-Besatzungsmacht im Irak den Menschen dort oft nur noch die „Wahl“ zwischen hoffnungsloser Resignation und hasserfüllter Radikalisierung zu lassen scheint. Als „kultureller Übersetzer“ zwischen den zwei Welten, denen er angehört, sieht sich der 45-Jährige Sohn einer deutschen Mutter und eines ägyptischen Vaters. Die Übung ist gelungen: Karim El-Gawhary seziert nicht den Nahost-Konflikt, er bringt uns die Menschen nahe, die mitten drin ihre Zukunft, ihre Träume oder einfach ihr tägliches Überleben suchen. Karim El-Gawhary leitet seit 2004 das Nahostbüro des ORF in Kairo. Daneben arbeitet der 1963 in München Geborene als Nahost-Korrespondent für verschiedene deutschsprachige Zeitungen, darunter „Die Presse“, die Berliner „tageszeitung“ oder die Zürcher „Sonntagszeitung“. (S E R V I C E - Karim El-Gawhary: „Alltag auf arabisch. Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad“, Kremayr & Scheriau, 224 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 978-3-21800783-2) (Schluss) an/glw


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TV-Programme Das Erste

Mittwoch, 24. Dezember Flucht nach Ägypten Zeichentrickfilm 7.15-7.40 Willi wills wissen 9.03-9.35 Rudolph mit der roten Nase Zeichentrickfilm, 9.35-10.50 Die Christkindfalle Kurzfilm, 10.50-11.05 Hänsel und Gretel Märchenfilm, 11.05-12.00 Ruf der Freiheit Abenteuerfilm, 12.30-14.10 Weihnachten in Yellowstone Dokumentation, 14.20-15.05 Finnland - Bären, Elche, Dokumentation 17.20-17.50 Weihnachten auf Gut Aiderbichl 18.15-20.00 Wie im Himmel Drama, 20.15-22.20 Familie Heinz Becker Comedyserie, 22.25-22.55 Die Kinder des Monsieur Musikfilm, 0.15-1.45 Family Man - Komödie, 1.50-3.45 Spaß am Copper Mountain Komödie, 3.45-4.40

Donnerstag, 25. Dezember Pumuckl und sein Zirkusabenteuer Kinderfilm, 9.03-10.30 Drei Haselnüsse für Aschenbrödel Märchenfilm, 10.30-12.00 „Buddenbrooks“ – Dokumentation 12.10-12.25 Tischlein deck dich Märchenfilm, 14.05-15.05 König Drosselbart Märchenfilm, 15.05-16.05 Frau Holle Märchenfilm, 16.0517.05 Oliver Twist Drama, 17.15-19.15 Väterchen Don Ein russischer Mythos Reisereportage, 19.15-20.00 Pilawas großes Märchenquiz 20.1522.45 Tausendundeinenacht Königswegen in Marokko Dokumentation, 22.45-23.30 Codename: Medizinmann Kriminalfilm, 23.45-1.15 Meuterei auf der Bounty Abenteuerfilm, 1.20-4.10 Papa Löwe und seine glücklichen Kinder Zeichentrickserie, 5.55-6.10 Freitag, 26. Dezember 2008 Die gestohlenen Weihnachtsrentiere 7.25-7.50 Schneeweißchen und Rosenrot Märchenfilm, 10.50-11.50 „Sechs auf einen Streich“ Die Märchenfilm-Reihe 11.50-12.00 Das tapfere Schneiderlein Märchenfilm, 14.35-15.35 Brüderchen & Schwesterchen Märchenfilm, 15.35-16.35 Der Froschkönig Märchenfilm, 16.35-17.35 Stars in der Manege Benefiz-Gala 20.15-22.15 Königswegen im Oman Dokumentation, 22.15-23.00 Fanfan, der Husar Abenteuerfilm, 0.55-2.25 Römische Skizzen Bilder aus Italien 4.10-4.40 Samstag, 27. Dezember 2008 Tigerenten Club 6.35-8.00 Wissen macht Ah! 8.03-8.25 Die Pfefferkörner Detektivserie,

8.25-8.50 4 gegen Z Seelenraub 8.50-9.20 Willi wills wissen 10.00-10.25 Sportschau live 11.00-16.00 Das Junior-Quiz 18.45-19.45 Show zum Jahreswechsel 20.1522.30 Königliche Hoheit Liebesfilm, 2.20-4.05

Sonntag, 28. Dezember 2008 Sesamstraße 7.15-7.40 Mama ist unmöglich! Comedyserie, 7.40-8.10 Die Sendung mit der Maus 10.0010.30 Sportschau live 10.33-12.00 Presseclub 12.03-12.45 Die Tierärzte vom Kilimandscharo Dokumentation, 16.00-17.00

W wie Wissen Magazin 17.03-17.30 Lindenstraße Brust oder Keule Serie, 18.45-19.15 Am Rande der Welt – Dokumentation 19.15-20.00 Tatort Der tote Chinese Krimi, 20.15-21.40 Vatel Historienfilm, 1.05-2.40 Die Ausgebufften Erotikfilm, 2.454.35

Montag, 29. Dezember 2008 ARD-Buffet Wochenthema Kochen: 12.15-13.00 Rote Rosen Telenovela, 14.10-15.00 Sturm der Liebe - 15.10-16.00 Seehund, Puma & Co. Insel der Affen Soap, 16.10-17.00 Verbotene Liebe Serie, 18.00-18.25 Marienhof Serie, 18.25-18.50 Großstadtrevier Traumtänzer Krimiserie, 18.50-19.50 Väter, denn sie wissen nicht, was sich tut, Komödie, 20.15-21.45 Der ARD-Jahresrückblick 21.4522.30 Erin Brockovich Drama, 23.00-1.00 Ein Mann sieht rosa Komödie, 1.102.30 Beckmann - Best of Talkshow 2.353.50

Dienstag, 30. Dezember 2008 ARD-Buffet 12.15-13.00 Rote Rosen 14.10-15.00 Seehund, Puma & Co. Schmusegitter-Lovestory 16.10-17.00 Verbotene Liebe 18.0018.25

Marienhof 18.25-18.50 Das Quiz mit Jörg Pilawa 19.20-19.45 Deutschlands größter Gedächtnistest 20.15-22.00 Scheibenwischer - Der Jahresrückblick 22.00-23.15 Standesgemäß Dokumentarfilm, 23.45-1.10 Jetlag - Komödie, 3.10-4.30 Die Schule der kleinen Vampire 5.557.55 Mittwoch, 31. Dezember Willi wills wissen Wie kommt man froh ins neue Jahr? Reihe 9.03-9.30 Der letzte Trapper Dokumentarfilm, 11.20-12.55 Sportschau live 13.00-16.00 Das Beste aus „Verstehen Sie Spaß?“ 18.00-18.25 Das Beste aus dem „Star Quiz mit

Jörg Pilawa“ 19.20-19.50 Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin 20.10-20.15 Silvesterstadl Die große Musikshow zu Silvester 20.15-1.00 Die oberen Zehntausend Liebeskomödie, 1.05-2.45 Was hast du denn im Krieg gemacht, Pappi? Komödie, 2.50-4.40 Donnerstag, 1. Januar 2009 Zwei kleine Helden Kinderfilm, 7.20-8.45 Hans im Glück Kinderfilm, 8.459.55 Neujahrsgala mit Elina Garanca 10.00-11.00 König Drosselbart Märchenfilm, 11.00-12.00 Sportschau live 13.20-17.00 Die Reise der Pinguine Dokumentarfilm, 17.05-18.25 Die Geierwally Heimatfilm, 18.3520.00 Shrek 2 - Der tollkühne Held kehrt zurück 20.15-21.35 Zauberberge – Dokumentation 21.35-22.20 Das Wort zum Jahresbeginn spricht Ralf Meister, 22.35-22.40 Ein Fisch namens Wanda Gaunerkomödie, 0.15-1.55 Freitag, 2. Januar 2009 Shrek 2 - Fantasytrickfilm, 10.3512.00 ARD-Buffet 12.15-13.00 Rote Rosen 14.10-15.00

Sturm der Liebe 15.10-16.00 Seehund, Puma & Co. 16.10-17.00 Verbotene Liebe 18.00-18.25 Marienhof Serie, 18.25-18.50 Börse im Ersten 19.55-20.00 Annas zweite Chance Tragikomödie, 20.15-21.45 Tatort Krimi, 21.45-23.15 Vom Ende der Eiszeit Kriminalfilm, 23.30-1.00 Gardenia - Eine Frau will vergessen Psychodrama, 1.20-2.45 Inspektor Loulou Krimikomödie, 2.50-4.25 Karen in Action! Kinderreihe 5.556.20 Samstag, 3. Januar 2009 Wissen macht Ah! 8.05-8.30 Die Pfefferkörner Detektivserie,

8.40-9.10 4 gegen Z Mysteryserie, 9.10-9.35 Fortsetzung folgt Kinderreihe, 10.30-11.00 Panda, Gorilla & Co. - Soap, 11.1012.00 Die Reise der Pinguine Dokumentarfilm, 12.03-13.25 Alfredissimo! Kochen mit Bio und Meret 13.30-14.00 Sonya Kraus Porträt 14.03-14.30 Ein Vater zum Verlieben Komödie, 14.30-16.00 Das kleine Paradies 16.00-16.30 Sportschau 18.00-18.45 Hängt ihn höher 22.55-0.45 Sein Leben in meiner Gewalt Psychothriller, 0.55-2.45 Die Killer-Elite Agententhriller, 2.50-4.45 Sonntag, 4. Januar 2009 Die Schule der kleinen Vampire 6.25-7.15 Mama ist unmöglich! 7.40-8.05 Das tapfere Schneiderlein Märchenfilm, 10.03-11.00 Kopfball Magazin 11.00-11.30 Die Sendung mit der Maus 11.3012.00 ARD-exclusiv Marschbefehl nach Bagdad Reportage 13.15-13.45 Heldinnen Musikkomödie, 14.3016.05 Kappadokien - Wunderwelt Türkei Reportage 16.05-16.30 ARD-Ratgeber: Gesundheit 16.3017.00 Drei alte Damen und ihr Chauffeur Reportage 17.30-18.00 Sportschau 18.00-18.30 Lindenstraße Serie, 18.50-19.20 Tatort Baum der Erlösung Krimi, 20.15-21.45 Anne Will Talk 21.45-22.45 ttt - titel thesen Kulturmagazin 23.00-23.30 Zwei ungleiche Freunde Liebesko-

Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

mödie, 23.30-1.05 ARD-Ratgeber: Auto + Verkehr 4.05-4.35

Montag, 5. Januar 2009 Jack Londons Wolfsblut Abenteuerfilm, 10.20-12.00 Rote Rosen 14.10-15.00 Sturm der Liebe 15.10-16.00 Skispringen: 16.10-18.00 Verbotene Liebe 18.00-18.25 Marienhof 18.25-18.50 Großstadtrevier Krimiserie, 18.5019.50 Wie Hunde die Welt verändern Dokumentation 20.15-21.00 Heilbronner Polizistenmord Dokumentation, 21.00-21.45 Tatort Erntedank e. V. Krimi, 22.45-0.15 Die Komiker Comedyreihe, 0.351.05

Dienstag, 6. Januar 2009 Annas zweite Chance Tragikomödie, 10.30-12.15 ARD-Buffet 12.15-13.00 Rote Rosen 14.10-15.00 Sturm der Liebe 15.10-16.00 Sportschau live 16.10-19.20 Wissen vor 8 19.45-19.50 Familie Dr. Kleist Chaos der Gefühle Serie, 20.15-21.05 In aller Freundschaft Arztserie, 21.05-21.50 Plusminus Wirtschaftsmagazin 21.50-22.15 Menschen bei Maischberger Talkshow 22.45-0.00 Der Regenschirmmörder Verwechslungskomödie, 0.20-1.50 Sturm der Liebe 3.30-4.20 Das kleine Paradies Reportage 4.20-4.50

Mittwoch, 7. Januar 2009 Brisant Boulevardmagazin 10.0310.25 Familie Dr. Kleist Chaos der Gefühle 10.25-11.15 Rote Rosen 14.10-15.00 Sturm der Liebe 15.10-16.00 Seehund, Puma & Co. Soap, 16.1017.00 Verbotene Liebe 18.00-18.25 Marienhof 18.25-18.50 Das Quiz mit Jörg Pilawa 19.2019.45 Bloch: Schattenkind Psychodrama, 20.15-21.45 Hart aber fair Aktuelle Diskussion 21.45-23.00 Das 16. Kind Vorwurf Kindesverwahrlosung Dokumentation 23.300.15 Das wandelnde Schloss Zeichentrickfantasy, 0.35-2.25 Donnerstag, 8. Januar 2009 Bloch: Schattenkind Psychodrama, 10.35-12.00 Rote Rosen 14.10-15.00 Sturm der Liebe 15.10-16.00 Verbotene Liebe 18.00-18.25 Commissario Laurenti - Totentanz Kriminalfilm, 20.15-21.45 Monitor Politmagazin 21.45-22.15 Schmidt & Pocher Late Night Show 22.45-23.45 Der große Rausch Dokumentation 23.45-0.30 Die Profis - Die nächste Generation Krimiserie, 2.35-3.25


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TV-Programme ZDF

Mittwoch, 24. Dezember 2008 Felix - Kindertrickfilm, 7.05-8.25 Bibi Blocksberg Zeichentrickserie, 8.25-8.50 Lauras Weihnachtsstern Zeichentrickspecial, 8.50-9.35 Morgen, Findus, wird‘s was geben Zeichentrick, 9.35-10.50 Pippi geht von Bord Kinderfilm, 10.55-12.15 Michel in der Suppenschüssel Kinderfilm, 12.15-13.50 Santa Claus Weihnachtsmärchen, 15.25-16.50 Alle Jahre wieder Eine Niedersächsische Weihnacht mit dem Bundespräsidenten 17.00-18.00 Mein allerschönstes Weihnachtslied 18.00-19.00 Heiligabend mit Nina Ruge Musik 19.15-20.15 Weihnachten mit Marianne und Michael 20.15-22.30 Ist das Leben nicht schön? Tragikomödie 23.20-1.25 Donnerstag, 25. Dezember 2008 Der magische Baum Der Schrank Reihe 5.05-5.35 Tabaluga & Leo Zeichentrickspecial 5.35-6.45 Pettersson und Findus Zeichentrickfilm 8.00-9.10 Aschenputtel Kinderfilm 9.1010.40 Urbi et orbi Weihnachtssegen des Papstes 12.00-12.30 Die Top 10 des Himmels 12.3013.40 Lichters Reise: Der Bernina-Express 13.45-14.00 Old Shatterhand 14.00-15.55 Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten 15.55-17.20 Sterne über Madeira Historiendrama 17.25-19.00 Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten 19.08-19.15 Dunkle Schönheit Eine Reise ins mystische Salzkammergut 19.1519.30 Das Kind, das Jesus hieß Geschichte, Glaube und Legenden 19.3020.15 Das Geheimnis von St.Ambrose Abenteuerfilm 22.50-0.20 @rt of animation 3.50-4.20 Moby Dick Abenteuerfilm 4.356.05 Freitag, 26. Dezember 2008 Eene meene, eins, zwei, drei! Zeichentrickfilm 7.20-8.35 Heidi Kindheit in den Bergen Zeichentrick-Serie 8.35-10.05 Dornröschen Märchenfilm 11.2512.45 Pippi außer Rand und Band Kinderfilm 12.45-14.10 Die wilden Hühner Kinderfilm 15.40-17.25 Große Fische, kleine Leute 19.1519.30 Sisi - Mythos einer Märchenprinzessin Dokumentation 19.30-20.15 Das Traumschiff Vietnam Reihe 20.15-21.55 Kreuzfahrt ins Glück Hochzeitsreise 21.55-23.25 Das Mädchen mit dem Perlenohrring Drama 23.30-1.05

Ladies Night – Thriller 1.10-2.40 Eine kubanische Affäre Komödie 2.45-4.10 David Balfour: Abenteuerfilm 4.30-6.00

Samstag, 27. Dezember 2008 Martin, der romantische Erzherzog Zeichentrickserie 6.25-6.50 Henry der Schreckliche Zeichentrickserie 6.50-7.15 Tabaluga tivi Kindershow 7.158.00 Die Mathekrankheit Zeichentrickserie 8.00-8.25 1, 2 oder 3 Rateshow We are Family 8.25-8.50 logo! Nachrichten für Kinder 8.509.00 Yakari Müder Krieger und der

Rabe, Zeichentrickserie 9.20-10.05 Coco, der neugierige Affe Animationsfilm, 10.05-11.25 Scooby-Doo 2: Die Monster sind los Fantasy 11.30-12.55 Album 2008 - Bilder eines Jahres, Normen Odenthal 13.00-14.00 Sabrina Liebeskomödie 14.1516.15 Lafer!Lichter!Lecker! 16.15-17.00 hallo deutschland - Emotionen 2008, 17.05-17.45 Biathlon: World Team Challenge 18.00-19.00 Wilsberg Das Jubiläum Krimi 20.15-21.45 Mission: Impossible 22.00-23.40

Sonntag, 28. Dezember 2008 Das Zauberkarussell Animationsserie 7.00-7.20 Bibi Blocksberg Geht‘s auch ohne Hexerei? 7.20-7.45 H2O - Plötzlich Meerjungfrau Fantasyserie 7.45-8.35 Total genial Robo-Dina Fantasyserie 8.35-9.00 Nesthocker - Familie zu verschenken Familienserie 10.15-11.00 Wehe, wenn sie losgelassen Musikfilm 12.50-14.05 Der Schut Abenteuerfilm 14.0515.55 Skispringen: Vierschanzentournee 16.00-18.00 Berlin direkt 19.10-19.30 Charles Darwin - Kaplan des Teufels? 19.30-20.15 Inga Lindström: Hannas Fest Liebesdrama 20.15-21.45 Åsa Larsson: Sonnensturm, Thriller 22.00-23.35 Joschka - eine Karriere Dokumentation 23.35-0.20 Wie das Licht in die Welt kam 0.252.55 Lafer!Lichter!Lecker! SilvesterSpezial 3.45-4.45

Montag, 29. Dezember 2008 Wege zum Glück Telenovela 10.3011.15 Die Geheimnisse von Luxor Dokumentation 19.25-20.15 Marie und der Charme des Bösen Krimireihe, 20.15-21.45 Alles auf die Siebzehn Liebesfilm 0.35-1.30 Tierisch Kölsch Soap 2.35-3.20 Sisi - Mythos einer Märchenprinzessin Dokumentation 3.25-4.10 Dienstag, 30. Dezember 2008 Lafer!Lichter!Lecker! 14.15-15.00 Dresdner Schnauzen Soap, 15.1516.00 SOKO Köln Der letzte Auftrag, Krimiserie 18.00-19.00

Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker 11.15-13.45 hallo Traumschiff 13.45-14.15 Kleeblatt küsst Kaktus, Familienkomödie 14.20-15.50 Bridget Jones - Komödie 15.5517.30 Eine Krone für Isabell, Komödie 17.30-19.00 Imperium Fluch des Goldes Reihe 19.30-20.15 Kreuzfahrt ins Glück, Reihe 22.0523.35 Karibikurlaub: Mord inbegriffen, Thriller 23.40-1.10 Strand der Sehnsucht, Erotikfilm 1.15-2.55 Freitag, 2. Januar 2009 girl friends - Serie 10.30-12.00

Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

Rosamunde Pilcher: Melodram 20.15-21.45 Inspector Barnaby, Krimireihe 22.00-23.35 Joschka - eine Karriere. Dokumentation 23.35-0.20 Eine Reise in den Libanon 0.251.10 Tod am Nil, Dokumentation 1.101.55 Sturm über Persien, Dokumentation 1.55-2.35 Der Fall Karthagos Dokumentation, 2.35-3.20 Kampf um Rom Dokumentation, 3.20-4.00 Montag, 5. Januar 2009 Wege zum Glück 10.30-11.15 girl friends - 11.15-12.00 Die Küchenschlacht 14.15-15.00 SOKO 5113 Brisante Dateien 18.0519.00 Die Rebellin Nachkriegsdrama, 20.15-21.45 Vor 30 Jahren: 2.50-3.35

Dienstag, 6. Januar 2009 girl friends - 11.15-12.00 Dresdner Schnauzen 15.15-16.00 Ikonen, Kind und Ewigkeit 17.5018.05 SOKO Köln Abgeschossen 18.0519.00 Die Rosenheim-Cops 19.25-20.15 The Sentinel - Wem kannst du trauen? Thriller, 20.15-21.55 Das andere Ende der Welt Reisereportage, 22.25-23.10 Jesse Stone - Eiskalt Kriminalfilm 23.10-0.35

Die Rosenheim-Cops Krimiserie, 19.25-20.15 Inside Man Thriller, 20.15-22.15 NUHR 2008 Der Jahresrückblick 22.45-23.45 „Bonjour Sagan“ von Diane Kurys 0.00-0.05 37°: Ein Engel für Opa 4.30-5.00 Wickie und die starken Männer Zeichentrickfilm 5.30-6.45

Mittwoch, 31. Dezember 2008 Tom & Jerry: Der Zauberring 7.558.55 Air Buddies Jugendfilm, 10.1511.30 4 Freunde & 4 Pfoten - Kinderfilm, 11.35-12.45 Dein Song Soap 12.45-14.15 Der kleine Dachschaden, Komödie 14.15-15.40 Das Schneeparadies, Weihnachtsfilm 15.45-17.20 Silvesterkonzert der Berliner Philharmoniker 17.30-19.00 Weißblaue Geschichten 19.3020.15 Die große André Rieu Silvestergala 20.15-22.15 Die ZDF-Hitparty 22.15-23.45 Countdown 2009 Mit dem ins neue Jahr 23.45-0.15 Donnerstag, 1. Januar 2009 Der schnellste Affe der Welt, Tierkomödie 7.20-8.40 Schneewittchen und das Geheimnis der Zwerge, Kinderfilm 8.40-10.10

Lafer!Lichter!Lecker! 14.15-15.00 Dresdner Schnauzen, Soap 15.1516.00 Wege zum Glück 16.15-17.00 SOKO Wien Verlorene Jugend 18.00-19.00 Der Landarzt Der Weg ist das Ziel, Familienserie 19.25-20.15 Harry Potter, Fantasy, 20.15-22.35 Sleepy Hollow - Gruselfilm, 22.500.30 Der Himmel von Hollywood Komödie, 0.45-2.15 Karibikurlaub: Mord inbegriffen 2.20-3.50

Samstag, 3. Januar 2009 Henry der Schreckliche 6.45-7.15 Tabaluga tivi 7.15-8.00 pur+ Entdeckermagazin 9.00-9.25 Yakari 9.25-9.50 Flipper & Lopaka Zeichentrickserie 9.50-10.40 Weltcup: Tour de Ski, 10.40-17.00 Schmetterlings-Krankheit 17.4518.00 Hallo Robbie! Familienserie 19.2520.15 Stubbe – Krimi 20.15-21.45 Ein starkes Team Gier Krimi 22.0023.30 Sherlock Holmes: 3.20-4.30 Sonntag, 4. Januar 2009 Das Zauberkarussell 7.00-7.20 Total genial Fantasyserie 8.35-9.00 SPORTextra 10.15-16.40 Harry Potter 16.40-19.00

Mittwoch, 7. Januar 2009 Die Küchenschlacht 14.15-15.00 Biathlon: Weltcup 17.05-19.00 Küstenwache, Polizeiserie 19.2520.15 Die Rebellin, Nachkriegsdrama 20.15-21.45 Magazin Energie aus dem Meer, 22.15-22.45 Jesse Stone – Knallhart, Kriminalfilm 23.15-0.40 Kennwort Kino: Dokumentation 1.00-1.35 @rt of animation 4.55-5.30 Donnerstag, 8. Januar 2009 Die Küchenschlacht 14.15-15.00 Biathlon: Weltcup 17.05-19.00 Notruf Hafenkante Polizeiserie, 19.25-20.15 Jesse Stone - Totgeschwiegen 23.00-0.25

Freitag, 9. Januar 2009 Biathlon: Weltcup 17.15-19.00 Der Landarzt Reine Nervensache Familienserie, 19.25-20.15 Der Staatsanwalt Krimiserie, 20.1521.15 SOKO Leipzig: Verloren in Afrika Krimi, 21.15-22.45 aspekte Kulturmagazin Reise in die Golfstaaten 23.20-0.00 Lanz kocht 0.00-1.05 Road Trip ins Chaos Komödie, 1.10-2.40 nano Zukunftsmagazin 4.20-4.50


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Religion

Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

rak jüdischen Boden nur einmal betreten – 1995 bei der Beerdigung von Jitzchak Rabin. Die Nähe zu Israel zu suchen, das kommt am Nil nicht gut an. So konnte der ägyptische Autor Ali Salem seit seiner Reise nach Tel Aviv und Haifa im Jahr 1994 in seiner Heimat kein einziges Theaterstück mehr aufführen. Den Besuch hat der 72-Jährige in einem Buch verarbeitet, aus dem Schriftstellerverband wurde er gefeuert. Derweil breiteten Kairoer Zeitungen dieser Tage genüsslich die Beschwerde des Richters Moustafa al Gabri aus, der in einem Apartmentkomplex im vornehmen Stadtteil Maadi auf der gleichen Etage wohnt wie der israelische Botschafter. Wenn er in den hauseigenen Gymnastikraum wolle, blockierten der Botschafter und seine fünf Leibwächter den Aufzug für alle ande-

Ausgerechnet Ägyptens oberster Moralhüter musste sich dieser Tage in eine Notlüge flüchten. „Nein, ich kannte diesen Mann nicht“, behauptete Scheich Muhammad Tantawi, Oberhaupt der renommierten Al-Azhar-Universität. Auf dem UN-Religionsgipfel Mitte November in New York hatte der Große Scheich unter anderem Israels Präsidenten Schimon Peres die Hand geschüttelt, der sicher zu den bekanntesten Politikern der Welt gehört. Seine Entourage habe nicht aufgepasst, schäumten daheim in Kairo die frommen Kollegen, als jetzt mit einiger Verspätung Fotos dieses Moments in ägyptischen Zeitungen auftauchten und empörte Kommentare auslösten.

Von Martin Gehlen

Ein Handschlag mit Folgen

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ch habe ihm die Hand gegeben, ohne zu wissen, wie er aussieht“, verteidigte sich Tantawi und beschimpfte die Medienleute, die dieses Foto druckten, als „Wahnsinnige“. So skurril dieser Vorgang ist, er wirft ein typisches Licht auf den frostigen Frieden zwischen Israel und Ägypten. Fast 30 Jahre ist es her, dass der Vertrag von Camp David in Kraft trat. Doch bis heute prägen Misstrauen, Feindseligkeiten und Aggressionen das Verhältnis. So warnte Israel ausgerechnet vor

Beginn der Hochsaison seine Bürger offiziell vor Reisen nach Ägypten, eine öffentliche Demütigung für das vom Tourismus abhängige Land. Umgekehrt stoppte jetzt ein Gericht in Kairo den seit Februar laufenden neuen 15-Jahre-Vertrag für Gaslieferungen an den ungeliebten Nachbarn. Zwar existiert zwischen Kairo und Tel Aviv eine direkte Verbindung, Flugzeit 85 Minuten. Wer jedoch die zweimal pro Woche verkehrende israelische Staatslinie El Al nutzt, sollte in Kairo drei bis vier Stunden vorher auf

dem Flughafen sein und wird von israelischem Sicherheitspersonal peinlich verhört – eine Erfahrung, die sich nur noch hartgesottene Geschäftsleute zumuten. Ägyptischer Tourismus nach Israel existiert praktisch nicht, abgesehen von gelegentlichen Pilgerfahrten koptischer Christen nach Jerusalem. Und die berichten von Versuchen des ägyptischen Geheimdienstes, ihnen die Reise auszureden. Denn Ägyptens Präsident Hosni Mubarak macht es seinen Landsleuten vor. In 28 Amtsjahren hat Muba-

Die Nähe zu Israel zu suchen, das kommt am Nil nicht gut an.

ren, schrieb der Richter in seiner Anzeige an die Polizei. Auch müsse er sich ständig vor seinem eigenen Wohnhaus ausweisen, wenn der israelische Diplomat in der Nähe sei. Inzwischen hat das Thema auch das Parlament erreicht. Ein Abgeordneter forderte die Regierung in einer kleinen Anfrage auf, „den Diplomaten unter Hausarrest zu stellen“. Ein anderer wurde noch drastischer: „Israels Botschafter ist in Ägypten unerwünscht. Er und seine Leute sollten das Land verlassen.“ (Quelle Tagesspiegel)

Jugendliche unterstützen Gesetz zur Zensur

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ie Mehrheit junger ägyptischer Frauen und Männer (89 Prozent), die kürzlich befragt worden sind, sprachen sich für ein Gesetz zur Zensur des Internets aus. In dem Beitrag von Bloggers Times finden sich die aktuelle Statistiken über die ägyptische Internetnutzer (Ar): Eine Studie des ägyptischen Zentrums für Förderung von Information und Entscheidung mit der herausgefunden werden sollte, wie ägyptische Jugendliche das Internet nutzen, lieferte folgende Ergebnisse: 74% der Befragten nutzen Internet regelmäßig oder gelegentlich um auf dem Laufenden zu bleiben hinsichtlich aktueller Nachrichten. 68% nutzen das Internet regelmäßig oder gelegentlich um Lieder, Filme, Programme oder Spiele herunterzuladen. 58% der ägyptischen Jugendlichen nutzen Computer, 36% haben einen zu Hause 52% der Computernutzer kennen sich mit dem Internet aus 98% in der Stichprobe stimmten zu, dass

mit dem Internet die meisten Informationen verfügbar geworden sind und haben das Gefühl mit dem Rest der Welt verbunden zu sein. 82% der Internetnutzer stimmten zu, dass Beziehungen und Freundschaften im Internet nicht vertrauenswürdig sind. 72% konstatieren dem Internet einen schlechten Einfluss auf die eigene Person 71% denken das Internet ist gefährlich für Kinder. 43% glauben das Internet hat sich auf Bindungen in der Familie negativ ausgewirkt 89% befürworten ein Gesetz, das es erlaubt Inhalte im Internet zu überwachen und zu zensieren. 58% haben von Blogs durch die Familie oder Freunde gehört. 37% haben von Blogs das erste Mal in den letzten sechs Monaten gehört. Einer aus drei Befragten führt einen Blog. 50% nutzen das Internet täglich und verbringen durchschnittlich weniger als 10 Stunden täglich online.

Die Stichprobe wurde mit 1.338 jungen Ägyptern im Alter von 18 bis 35 durchgeführt. Es lohnt sich anzumerken, dass die Anzahl von Internetnutzern in Ägypten von 650.000 Nutzern im Jahr 2000 auf 9.170.000 Nutzer im Jahr 2008 angestiegen ist.


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Der verlorene Tempel

Es sollte eine prächtige Festung für die Ewigkeit sein. Doch der Königstempel von Amenophis III. mit den sitzenden Kolossen hielt der Zeit nicht stand. Erdbeben, Steinraub und Nilfluten ließen sie der Vergessen anheimfallen - bis Archäologen erstaunliche Funde machten. Die Memnons-Kolosse haben Erdbeben überstanden, Nilfluten und Sandstürme, Sonnenglut und Frostnächte, Vandalismus und Plünderung. Seit mehr als 33 Jahrhunderten thronen die beiden steinernen Statuen auf dem Westufer des Nil bei Luxor: sitzende Giganten aus rotem Quarzit, rund 18 Meter hoch, die zerborstenen Gesichter nach Osten gewandt, die Hände flach auf die Knie gelegt, die Beine nah beieinander gestellt, die Spitze eines kleinen Fingers so groß wie der Kopf eines erwachsenen Menschen. Einst erhob sich hinter ihnen das monumentalste Heiligtum, das je ein Pharao zu seinem eigenen Gedenken errichtet hat: der Königstempel Amenophis’ III., in dem der Herrscher schon zu Lebzeiten symbolisch als Gott verehrt wurde und Priester ihm Opfergaben für sein Fortleben im Jenseits darbrachten.

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Altes Ägypten

Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

In ihren Briefen reden die orientalischen Großkönige Amenophis III. mit „mein Bruder“ an.

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Die Archäologen setzen derzeit ein Puzzle zusammen, das so zersplittert ist wie kein zweites in Ägypten.

m das Jahr 1385 v. Chr. ließ Amenophis III. mit dem Bau dieser „Festung für die Ewigkeit bis zur Unendlichkeit“ für sich und seinen göttlichen Vater Amun beginnen, „aus Sandstein, gänzlich verkleidet mit Gold, die Fußböden aus Silber, reich ausgestattet mit Statuen“, wie es auf einem Denkstein aus jener Zeit eingemeißelt steht. Mit Pylonen – mächtigen Tortürmen – und hochragenden Fahnenmasten davor. Mit einem fischreichen See, das Ufer bewachsen mit Blumen. „Mit einem Arbeitshaus voller Sklaven und Sklavinnen, der Beute seiner Majestät“ aus fernen Ländern. Mit Magazinen, gefüllt mit den Schätzen des Nahen Ostens. Aber der Tempel von Amenophis III. war keine Festung für die Unendlichkeit. Nicht viel kündet heute noch von diesem Monument der Macht und des Glaubens. Einsam stehen die beiden kolossalen Bildnisse des Pharao auf der Spitze eines etwa 700 Meter langen und 150 Meter breiten Ausläufers des thebanischen Westgebirges. Deutlich hebt sich der sandige Geländestreifen als graues Rechteck von der fruchtbaren Ebene ab. Im Norden trennt ihn ein Bewässerungsgraben von den umliegenden Feldern. Im Osten liegt wenige Meter vor den Giganten ein Parkplatz für Touristenbusse. Im Süden begrenzt das Gelände eine Straße, die vom Nil hinaufführt. Jenseits des Straßendamms ackern Bauern. Auch auf dem staubigen, mit wenigen Bäumen bestandenen Streifen westlich der Memnons-Kolosse schuften in der Hitze Menschen – doch nicht, um den Boden urbar zu machen, sondern um ihm Geheimnisse zu entlocken. Es sind Archäologen, die inmitten von Säulenstümpfen, zerschlagenen Statuen und Denksteinen ihre Zelte, Tische und Sonnenschirme aufgestellt haben. Seit zehn Jahren arbeiten sich die Forscher hier in der jeweils etwa zweieinhalbmonatigen Grabungssaison zwischen Mitte Januar und Anfang April immer tiefer in die Vergangenheit vor. In Planquadraten von zehn mal zehn Meter Seitenlänge tragen sie den Boden bis auf eine Tiefe von bis zu vier Metern ab. Ein aufwendiges Pumpsystem senkt dafür den Grundwasserspiegel. Die Archäologen setzen derzeit ein Puzzle zusammen, das so zersplittert ist wie kein zweites in Ägypten und dessen mehrere Zehntausend Einzelteile – manche von ihnen

450 Tonnen schwer – nicht nur bei Luxor liegen, sondern in etlichen Museen weltweit. 30 Wissenschaftler, Zeichner und Restauratoren aus zwölf Nationen sowie 250 einheimische Kräfte arbeiten daran, die Ruinen des Königstempels von Amenophis III. so weit wie möglich zu rekonstruieren und aus ihnen herauszulesen, wie den Göttern und dem Pharao gehuldigt wurde zu einer Zeit, als Ägypten so einflussreich und wohlhabend war wie nie zuvor in seiner Geschichte. 19. März 2008, sechs Uhr morgens. Die aufgehende Sonne lässt die Memnons-Kolosse lange Schatten werfen, taucht die weißen Arbeitszelte der Archäologen in mildes Zwielicht. Dunst steigt auf aus den nahen Zuckerrohrfeldern. Noch ist es angenehm kühl, etwa 15 Grad Celsius, noch liegt kein Staub in der Luft. Allein das Fauchen der Gasbrenner in den Fesselballons, mit denen Touristen in den Himmel über den Ruinen der thebanischen Totenstadt starten, ist über der Ausgrabungsfläche im Rücken der steinernen Giganten zu hören. Schon bald aber ertönen andere Geräusche. In das helle Zwitschern einer Finkenkolonie mischt sich das gleichmäßige Klirren von Kettengliedern in den Umlenkrollen eines Flaschenzugs. Miguel López Marcos hockt auf einem Holzgerüst über einer breiten, gut dreieinhalb Meter tiefen Grube. Der spanische Restaurator ist in dem Team seit Jahren für die Schwerlasten zuständig. Unter ihm hängt in den Gurten des Flaschenzuges eine kurz zuvor freigelegte granitene Göttin. Es ist die löwenköpfige Sachmet, die unter den Pharaonen als Rächerin des Sonnengottes und Beschützerin des Königs galt. Langsam ziehen ägyptische Arbeiter die etwa 1,80 Meter große Statue an einer Kette

Von Anja Herold in die Höhe. Sie raunen sich kurze Kommandos zu. „Iftah aleiki“: „Zieh zu dir rüber.“ „Ahsan geda“: „So ist es besser.“ Erst als die Statue nach einer halben Stunde frei unter dem Dreibein des Flaschenzuges hängt, wird es etwas lauter. „Irfa! Irfa! Hat el-arabijja!“: „Hoch! Hoch! Hol den Karren!“ Behutsam senkt sich die Göttin auf den niedrigen Wagen. Zwölf Mann legen sich davor in die Seile, López Marcos und vier andere stemmen sich von hinten an den schlammverschmierten Fund. Ein Ruck – und der Karren kommt in Fahrt. Vorsichtig transportieren die Männer die Statue der menschengestaltigen Göttin mit der Sonnenscheibe auf dem Löwenkopf in den Hof der etwa 50 Meter entfernten Restaurierungswerkstatt, dem einzigen festen Gebäude am Rande der Grabung. Noch am selben Vormittag wird eine Spezialistin für die Konservierung schwarzen Granits die Löwengöttin von Lehm- und Kalkresten rei-


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Mehr als 80 Skulpturen von Sachmet haben die Archäologen bei dieser Grabung bisher gefunden.

nigen. Mehr als 80 Skulpturen und große Statuenfragmente von Sachmet haben die Archäologen bei dieser Grabung bisher gefunden. Und keine gleicht exakt der anderen. Die meisten zeigen sie sitzend, andere stehend. Feine Unterschiede offenbaren sich erst bei genauerem Hinsehen, etwa mit welchen Verzierungen die Bildhauer das Gewand der Göttin in den Stein geschlagen haben. Möglicherweise standen in dem Heiligtum des Amenophis einst rund 40 gut acht Meter hohe Kolosse des Königs; dazu mehr als 1000 tier- oder menschengestaltige Götterfiguren, darunter ein fast lebensgroßes Nilpferd aus weißem Alabaster und ein ebenfalls aus Alabaster gefertigter Krokodilsphinx, halb Löwe, halb Reptil – beides Kunstwerke, wie sie noch nirgendwo sonst gefunden worden sind. Das Land am Nil erlebt im 14. Jahrhundert v. Chr. ein goldenes Zeitalter. Seit den Tagen Thutmosis’ III. ist das Pharaonenreich führende Macht im östlichen Mittelmeerraum. Als Amenophis III., der Urenkel des Kriegerkönigs, 1388 v. Chr. den Thron besteigt, erbt er ein Imperium, das von Nord-

syrien bis zum vierten Katarakt reicht. Die Nilschwemme ist stabil und bringt dem Land reiche Ernten. Handelsschiffe segeln zu den Häfen des östlichen Mittelmeerraums. Fayenceplaketten mit dem Namen Amenophis’ III., vermutlich Anhänger von Geschenklieferungen, finden sich in vielen Orten der Ägäis. Klug sichert der Pharao die Beziehungen zu den orientalischen Großreichen und den Stadtfürsten Syriens und Palästinas durch Bündnisse ab – Teile der Korrespondenz darüber sind auf tönernen Keilschrifttafeln erhalten.

In ihren Briefen reden die orientalischen Großkönige Amenophis III. mit „mein Bruder“ an. Vasallen indes zollen ihren Respekt durch die Anrede „meine Sonne, mein Herr“. Immer wieder geht es in den Briefen um diplomatische Hochzeiten, mit denen Amenophis III. freundschaftliche Bande stärkt und zugleich die Vormachtstellung Ägyptens unterstreicht. Bei jeder Eheschließung wechseln kostbare Geschenke den Besitzer, Edelmetalle, Pferde, Lapislazuli, duftende Salben: Allein für eine Braut aus dem Königshaus von Babylon schickt Amenophis III. eine Morgengabe von einer halben Tonne Gold. So zahlt sich der Pakt für alle Beteiligten aus. Als aber der König von Babylon um die Hand einer ägyptischen Prinzessin anhält, ist die Antwort eindeutig: „Seit uralten Zeiten wurde noch nie die Tochter eines Königs von Ägypten an irgendjemanden verheiratet!“ Im Harem Amenophis’ III. dagegen leben neben der Königstochter vom babylonischen Hof auch Prinzessinnen aus dem kleinasiatischen Arzawa und aus dem Reich von Mitanni am oberen Euphrat. Zur „Großen Königlichen Gemahlin“ jedoch erwählt der Pharao Teje, die Tochter eines Beamten. Und noch bemerkenswerter als ihre Herkunft ist, was aus ihr wird: Nie zuvor hat die Hauptfrau eines Pharao solchen Einfluss besessen. Amenophis III. weiht ihr einen eigenen Tempel, macht ihre nichtkönigliche Abstammung auf beschrifteten Gedächtnis-Skarabäen weit über das Niltal hinaus bekannt, gewährt ihren Eltern die seltene Ehre eines Grabes im „Tal der Könige“. Gemeinsam mit Teje – die auf Darstellungen ihres Mannes häufig an dessen Seite erscheint – sieht sich Amenophis III. als Schutzherr Ägyptens, verantwortlich für die Fruchtbarkeit des Landes und den Wohlstand seiner Untertanen. Und schließlich beginnt er sich sogar mit dem Sonnengott zu identifizieren, nennt sich „Glänzende Sonnenscheibe aller Länder“. Immer neue Tempel gibt der König in Auftrag, bestehende lässt er erweitern. „Es war aber das Herz Seiner Majestät zufrieden beim Errichten von sehr großen Denkmälern“, verkündet er auf einem Denkstein. Kein Heiligtum symbolisiert dieses Streben nach Beistand der Götter mehr als der Königstempel des Amenophis am westlichen Nilufer bei Luxor. Felsinschriften in

Steinbrüchen unweit von Kairo beweisen, das der Pharao dort bereits in seinem ersten Regierungsjahr feinen Kalkstein schlagen lässt – als Baumaterial seiner Festung für die Ewigkeit. Erstmals fertig gestellt wird das Heiligtum nach fast 30 Jahren Bauzeit 1358 v. Chr. In jenem Jahr nutzt Amenophis den Königstempel als Kulisse zu seinem ersten SedFest – jenem geheimnisvollen Ritual, das die Pharaonen traditionell in ihrem 30. Regierungsjahr feiern (und dann je nach Bedarf immer wieder) und das nur einem Zweck dient: der magischen Erneuerung königlicher Kraft und Machtfülle durch die Götter. Während des Tempelbaus weilt Amenophis immer öfter in Theben, wo ihm unweit der Baustelle seines Königstempels ein weitläufiger Palast errichtet wird. Davor graben Arbeiter einen künstlichen See, einen Kilometer breit und zwei Kilometer lang und über einen Kanal mit dem Nil verbunden. Im Tempel werden Götterstatuen sowie Kolossalfiguren des Königs aus allen Steinbrüchen des Landes aufgestellt. Manche der Giganten sind aus dem roten Quarzit des Gebel el-Ahmar (östlich des heutigen Kairo), andere aus dem weißen Alabaster des mittelägyptischen Hatnub oder dem Rosengranit von Assuan. Als Amenophis 1351 v. Chr. mit etwa 50 Jahren stirbt, nach langem Siechtum und – so beweist es seine Mumie – mit fauligen Zähnen, erstreckt sich der Tempel auf einer Länge von mehr als einem halben Kilometer von Ost nach West. Flaggenmasten überragen das mächtige Eingangstor mit den Memnons-Kolossen. Der Hof dahinter führt zum zweiten, mit weißem Kalk verputzten Lehmziegel-Pylon. Davor stehen vier goldbeschlagene Fahnenmasten aus Zedernholz – Spuren der Vergoldung werden Archäologen später finden – sowie zwei sitzende Giganten des Pharao von gut 15 Meter Höhe aus Quarzit. Vor einem dritten Tor thront auf schwarzen Granitsockeln ein weiteres Paar Kolosse – diesmal aus Alabaster. Erst wer diesen Pylon durchschreitet, gelangt schließlich in das Innere des eigentlichen Tempels. Kolonnaden, mehr als 15 Meter hoch, säumen den mit Sandsteinplatten gepflasterten Hof, von dem aus die Priester über eine geschlossene Halle in das Allerheiligste gelangten.

Gemeinsam mit Teje sieht sich Amenophis III. als Schutzherr Ägyptens, verantwortlich für den Wohlstand seiner Untertanen.


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Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

Die Festung für Ewigkeit ist mehr als eine kultische Bühne – sie ist ein in Stein gehauener Spiegel Ägyptens.

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Die Namenslisten zeigen, wie groß um 1350 v. Chr. die Kenntnis der Ägypter von der Welt gewesen ist.

ie jedes ägyptische Heiligtum ist auch der Tempel des Amenophis ein Ort der Götter. Doch der Pharao hat den Bau unter ein ganz besonderes Thema gestellt: sein Sed-Fest, das er im Beisein der Gottheiten Ägyptens insgesamt dreimal in dem Tempel feiern und für das er den Komplex bei jeder Neuauflage erweitern lassen wird. Als seine persönliche Schutzgöttin wacht Sachmet in vielen Statuen über den Ablauf des Rituals. Aber diese Festung für die Ewigkeit ist mehr als eine kultische Bühne – sie ist ein in Stein gehauener Spiegel Ägyptens und seines Großmachtanspruchs: Die Standfiguren in der Nordhälfte des Heiligtums zeigen den König mit der unterägyptischen Krone, in der Südhälfte trägt Amenophis III. die Krone Oberägyptens – und auf den Sockeln haben die Bildhauer die Namen Dutzender fremder Völker und Orte eingemeißelt, im Süden die der schwarzafrikanischen Nachbarn, im Norden die der Völker des Mittelmeerraumes. Dabei ist jeder Name in ein Oval eingeschrieben, das eine Stadtmauer darstellt. Oben ragt aus dem Ring ein Kopf, der die charakteristischen Züge des jeweiligen Volkes trägt. Um den Hals einer jeden Völkerfigur geschlungene Stricke enden in den Wappenpflanzen Ägyptens: Papyrusdolden für die Nord-, Lotosblumen für die Südvölker. Auch die Arme, die hinten aus den Ovalen reichen, sind gebunden. Alle Völker gelten somit symbolisch als Gefangene des Pharao. Die Namenslisten zeigen, wie groß um 1350 v. Chr. die Kenntnis der Ägypter von der Welt gewesen ist und wie gewaltig ihr Selbstbewusstsein. Alle Großreiche des Südens stehen auf den Listen, etwa Kusch und Jam am Oberlauf des Nil sowie das wohl an der Küste Eritreas oder Somalias gelegene Punt. Unter den Nordvölkern findet sich erstmals in Ägypten das charakteristische Bildnis eines Hethiterfürsten; ein Hinweis auf das in Anatolien erstarkende Reich – schon bald ein erbitterter Konkurrent der Pharaonen. Besonders interessant ist die ägäische Liste: Im Königstempel Amenophis’ III. finden sich die ältesten Erwähnungen von Orten der griechischen Frühzeit in Hieroglyphenschrift, darunter Troja, Knossos und Mykene. Neu ist der Name Groß-Ionien. Es ist die älteste Nennung der in Kleinasien ansässigen Ionier überhaupt. Auch die Danäer treten hier erstmals in die Geschichte. Dabei hat die Ägäis nie unter ägyptischer Kontrolle gestanden. Die Gesandtschaften des Pharao knüpfen dort Handelsbande, mit den Minoern auf Kreta und den Mykenern auf dem griechischen Festland. Auch das Hethiterreich in Anatolien steht in keinerlei

Abhängigkeit vom Land am Nil. Aber Amenophis III. sieht sehr wohl, welch Gegner dem Pharaonenreich mit den Hethitern erwächst. Offenbar, das legt die erhaltene Keilschriftkorrespondenz nahe, wechseln die Herrscher höfliche, aber nicht immer freundschaftliche Briefe. Noch herrscht Frieden. Noch werden die Grenzen respektiert, hat Ägypten Mitanni und Babylon an der Seite, ist es wirtschaftlich mit der Ägäis verbunden – und schickt es nur selten Soldaten. Doch Echnaton, der Sohn und Nachfolger Amenophis’ III., verfügt nicht über das diplomatische Geschick seines Vaters. Ein ausländischer Fürst wendet sich mit seinem Anliegen nach dem Tod der „Glänzenden Sonnenscheibe aller Länder“ nun sogar an die Königswitwe Teje, die Amenophis III. um mindestens zehn Jahre überlebt. Die Beziehungen in die Ägäis brechen ab. Die Hethiter zweifeln die Befehlshoheit Ägyptens über Syrien an. Das Gleichgewicht der Mächte gerät aus der Balance. Und auch die Festung für die Ewigkeit von Amenophis III., dieses Bollwerk gegen das Vergessen des meisterhaften Diplomaten und lebendigen Gottes, ist schon bald dem Untergang geweiht. Bereits wenige Jahre nach dem Tod des Königs machen sich die Bilderstürmer Echnatons daran, den Tempel zu verwüsten. Denn der Sohn verehrt im Gegensatz zu allen Pharaonen vor ihm nur noch einen einzigen Gott: die Sonnenscheibe Aton. Echnatons Schergen hacken aus den Bildnissen des von Amenophis III. verehrten Gottes Amun dessen Namen aus. Zwar währt der Spuk nur kurz – nachfolgende Herrscher setzen die alten Götter wieder ein, restaurieren in den Inschriften Amuns Namen und besuchen den Königstempel Amenophis’ III. fortan wieder, etwa während des „Schönen Fests vom Wüstental“. Doch irgendwann während der Regierung Pharao Merenptahs um 1210 v. Chr. wird der Tempel von ei-

nem Erdbeben erschüttert. Geologen haben die typischen Anzeichen dafür 2006 entdeckt. . Die Festung für die Ewigkeit kollabiert, gemeinsam mit dem Kolonnadenhof zerbersten rund 40 monumentale Bildnisse des Königs sowie zwei mächtige Denksteine in unzählige Stücke. Die Kolosse vor dem zweiten und dritten Pylon stürzen von ihren Sockeln herab und zerspringen unter der Wucht ihres eigenen Gewichts. Der Tempel wird zum Steinbruch. Bereits Merenptah nutzt die Blöcke aus dem Heiligtum nun für seinen eigenen Königstempel. Nachfolgende Pharaonen tun es ihm gleich. Ein weiteres Erdbeben beschädigt im 1. Jahrhundert v. Chr. den nördlichen der beiden Memnons-Kolosse. Erst jetzt erhalten die Giganten jenen Namen, unter dem sie jeder Ägyptenreisende kennt. Denn griechische Besucher sehen in dem lädierten Koloss eine Sagengestalt: Memnon, den Sohn der Göttin der Morgenröte, der im Kampf um Troja gefallen ist. Und da der Koloss bei Sonnenaufgang seltsame Geräusche von sich gibt (verursacht durch die Ausdehnung sich erwärmender Luft in der von Rissen durchzogenen Statue), deuten sie die sirrenden Töne als Klagegesang Memnons für seine Mutter Eos. Griechische und lateinische Inschriften auf den Kolossen, frühe Graffiti, künden von der Anziehungs-


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Inschriften auf den Kolossen, frühe Graffiti, künden von der Anziehungskraft des singenden Giganten auf die Menschen der Antike.

kraft des singenden Giganten auf die Menschen der Antike. Erst als wohl der römische Kaiser Septimius Severus um 200 n. Chr. den Koloss restaurieren lässt, endet das akustische Schauspiel. Die Touristenattraktion verliert ihren Reiz. Im 19. Jahrhundert schließlich transportieren Statuensucher im Auftrag europäischer Sammler aus den Tempelruinen ab, was ihnen tauglich erscheint: Zwei Köpfe kolossaler Standfiguren aus dem Kolonnadenhof gelangen nach London, zwei Sphingen zieren fortan das Ufer der Newa in St. Petersburg, und fast jedes völkerkundliche Museum der Welt beherbergt heute eine jener Sachmet-Statuen, die Amenophis III. einst zu Hunderten hat anfertigen lassen. Vor dem Bau des zweiten Staudammmes in Assuan 1971 überflutet der Nil Jahr für Jahr das Tempelgelände. Immer mehr Schlamm lagert sich zu Füßen der Memnons-Kolosse ab, zwei bis drei Meter dick. Schilf und Halfagras überwuchern das Gelände, Kameldorn durchbricht mit seinen Wurzeln die in der Erde verborgenen Ruinen. Einheimische nennen das Areal Kom el-Hettan, „Hügel der Sandsteine“. An der Oberfläche ist nicht mehr viel vom Tempel zu sehen. Und was erkennbar bleibt, macht aufgrund seines schlechten Zustands

wenig Hoffnung. Die meisten Wissenschaftler lassen den Tempel links liegen. In den 1960er Jahren untersuchen Forscher des Schweizerischen Instituts für ägyptische Bauforschung die Ruinen des Heiligtums und konstatieren in ihrem Abschlussbericht nüchtern: „Ohne Zweifel wären hier noch ‚Funde‘ zu erwarten, wenn man, mit den nötigen Mitteln ausgerüstet, Pumpen, Spundwände und Krane einsetzen könnte. Man stünde dann vor der unbequemen Frage, was mit den Bruchstücken von Amenophis’ III. Statuenzoo überhaupt anzufangen sei; die Museen von Kairo, Turin, Paris und London sind mit ihren vielen Sachmet-Statuen schon belastet

genug.“ Hourig Sourouzian aber, die jetzige Grabungsleiterin, strebt an, alle Teile des Heiligtums an ihrem ursprünglichen Platz zu erhalten. Für sie bilden Inschriften, Statuen und Tempel eine unzertrennliche Einheit. Das Team der armenisch-deutschen Ägyptologin hat in den vergangenen Jahren alle Reste des Heiligtums kartographisch erfasst. Ihr Projekt ist die erste systematische Ausgrabung im Tempel Amenophis’ III. Mittlerweile ist es heiß geworden auf dem Kom elHettan, zu heiß für einen Tag Mitte März. Die Luft flimmert über den Tausenden von Statuenfragmenten des Tempels, die nach Material und Form getrennt auf dem Grabungsgelände ausgelegt und jeweils mit handschriftlicher Kennung zu Fundposition und Funddatum versehen sind. Mehrere Teams von europäischen und ägyptischen Restauratoren kümmern sich um die zerschlagenen Quarzit-Kolosse am zweiten Pylon, um die königlichen Standfiguren aus Rosengranit im Kolonnadenhof, um die Konservierung der Säulenstümpfe dort, um die Sachmet-Statuen. Studenten erfassen die Relikte in Aufnahmeblättern, vergeben Inventarnummern, nehmen mit Folie und Stift Inschriften ab. Spezialisten für Lehmziegel erkunden am Rand eines etwa basketballfeldgroßen und dreieinhalb Meter tiefen Grabungsschnitts am zweiten Pylon den einstigen Tordurchgang. Die Aufgabe ist nicht leicht, müssen sie doch die ungebrannten Lehmziegel des Tores von dem sie umgebenden Lehmboden unterscheiden. Ohne die Pumpen wären Arbeiten in dieser Tiefe gar nicht möglich. Fielen sie aus, stünde die Grabung innerhalb weniger Stunden unter Wasser – und damit auch die eben erst freigelegten Relikte und Fundamente der beiden Quarzit-Kolosse am zweiten Pylon. Anderthalb Monate haben López Marcos und sein Team gebraucht, um allein das 450 Tonnen schwere Unterteil eines der beiden Giganten mittels Pressluftkissen, Motorwinde und geölter Schienen Zentimeter für Zentimeter aus der Grube zu heben und zwölf Meter zur Seite zu bewegen. Das Gegenstück des südlichen Giganten liegt noch in der Grube. Etwa 300 Meter westlich versucht Hourig Sourouzian, den Grundriss des Kolonnadenhofs vor dem einstigen Allerheiligsten zu rekonstruieren. Steinräuber hatten dessen Mauern bereits in der Antike bis auf die Fundamente abgetragen, auch die meisten Säulen. Dort wo sich früher Wände erhoben, reichen nun mit Erdreich gefüllte Gräben in die Tiefe. Und darin finden die Archäologen all das, was im Altertum entweder als nutzlos galt – oder als zu heilig, um es als Baumaterial wiederzuverwenden, etwa die Statuen der Sachmet.

„Es ist wie eine verkehrte Welt“, sagt Hourig Sourouzian. „Während in anderen Monumenten Wände und manchmal sogar die Decken erhalten sind, aber keine Spur der Tempelausstattung – keine Statuen, Denksteine, Altäre – finden wir auf dem Kom el-Hettan das Gegenteil. Hier verraten uns allein die Funde und deren Position, wo früher einmal Pylone und Wände gestanden haben.“ Um 13.30 Uhr beendet der ägyptische Vorarbeiter nach sieben Stunden mit seiner Trillerpfeife den Arbeitstag der einheimischen Kräfte. Am Nachmittag werden die Wissenschaftler die Werte des Vermessungsgerätes in ihre Computer übertragen, ihre Funddatenbanken pflegen, die Objekte zeichnen und fotografieren. Sechs Tage die Woche, von Sonnabend bis Donnerstag. Bis Anfang April, danach wird die Hitze unerträglich. Ein paar Tage zuvor erst hat das Team um López Marcos einen vollständigen Koloss Amenophis’ III. aufgestellt. Nach 3200 Jahren erhebt sich erstmals wieder eine Standfigur des Königs im Kolonnadenhof. Nur der gut 1,30 Meter große Kopf mit der roten Krone besteht nicht aus Quarzit. Er ist eine Kopie aus gefärbtem Kunststoff, hohl und von innen mit Fiberglas verstärkt. Das Original befindet sich seit fast 200 Jahren im British Museum in London. So entsteht der Tempel Stück für Stück wieder aus seinen Ruinen. In zehn bis zwölf Jahren will Hourig Sourouzian das in großen Teilen restaurierte Heiligtum der Öffentlichkeit präsentieren – wenn sie weiterhin die nötigen Gelder aufbringen kann: Denn ihr Projekt ist eine der wenigen archäologischen Unternehmungen in Ägypten, die sich allein durch Spenden und Stiftungen finanzieren. Um das Jahr 2020 sollen die beschädigten Säulenstümpfe des Kolonnadenhofes konserviert und alle geborgenen Statuen und Denksteine aufgestellt sein. Lage und Dimensionen der mächtigen Tore wollen die Wissenschaftler mit modernen Lehmziegeln im Gelände andeuten. Die Sonne versinkt hinter dem thebanischen Westgebirge. Hourig Sourouzian sitzt auf der oberen Veranda des „Hotel Marsam“. Die einfache Herberge am Rand des Kom el-Hettan dient vielen Ausgräbern als Unterkunft und Arbeitsstätte. In der Ferne strahlen die Memnons-Kolosse im Licht der Scheinwerfer. Doch schon im nächsten Frühjahr wird sich der Anblick radikal verändern. Dann will das internationale Team 100 Meter westlich der Memnons-Kolosse ein weiteres Paar steinerner Giganten wiedererrichten. Dann werden vier thronende Riesen die Besucher der thebanischen Totenstadt grüßen, als weithin sichtbare Zeugen eines einzigartigen Monuments tiefsten Glaubens und größter Macht.

Echnaton, der Sohn und Nachfolger Amenophis’ III., verfügt nicht über das diplomatische Geschick seines Vaters.


Tourismus

Alexandria will an alten Glanz anknüpfen

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lexandria war eine europäische Stadt, in der mehr Italienisch, Französisch, Griechisch oder Englisch als Arabisch zu hören war. Die Stadt war schön und so sauber, dass man von der Straße hätte essen können. Kurzum, Alexandria war eine europäische Stadt, aber sie gehörte uns Ägyptern» - so beschrieb der ägyptische Schriftsteller Nagib Mahfus die Stadt. Doch 1952 kam die Revolution, später der arabische Sozialismus und mit ihnen die Vertreibung der kosmopolitischen Gemeinde. Geblieben sind nur Erinnerungen und Wehmut, dass es nicht mehr so ist, wie es einst war. An der Corniche, der ehemals so prächtigen Strandpromenade, blättert der Putz von den Gebäuden, manche sind dem Verfall preisgegeben. Die Bausubstanz ist marode, zerfressen von Seeluft und jahrzehntelanger Vernachlässigung. Als ein Zeichen des Aufbruchs gilt der Neubau der Biblioteca Alexandrina. Das von der Architektur her einer Sonnenscheibe nachempfundene, im Jahr 2002 eröffnete Gebäude soll an den Wissenstempel aus ptolomäischen Zeiten anknüpfen. In Granit sind Hunderte verschiedener Schriftzeichen aus aller Welt als Symbol für den Ursprung des Lesens und der Kommunikation gemeißelt. Der Lesesaal steigt in sieben Terrassen auf und bietet 2000 Besuchern gleichzeitig Platz. Rund acht Millionen Bücher können ausgeliehen werden. Nicht dabei ist jedoch das Buch des Literatur-Nobelpreisträgers Nagib Mahfus› «Die Kinder unseres Viertels», das nach wie vor in Ägypten nicht erschienen ist und wie viele andere Bücher

auf dem Index steht. Die Zukunft Alexandrias liegt wohl eher in der Archäologie als in der freien Diskussion: Seit 1998 tauchen französische Archäologen im Becken des Osthafens und bringen Sphinxe, Statuen und Säulen an Land. Entdeckt wurden auch ein 120 Meter langer Tunnel mit mehreren Räumen sowie Goldmünzen mit dem Porträt von Königin Kleopatra. Derzeit werden Pläne zur Ableitung des Wassers ausgearbeitet, danach könnten die Arbeiten zum Ausheben der versunkenen Stadt beginnen. Das schwierige Projekt soll es ermöglichen, die Schätze am Schauplatz der Liebesgeschichte Kleopatras mit dem Feldherren Marcus Antonius zu entdecken und den Palast in seiner Pracht wieder herzustellen. Noch deutet aber nichts auf die Realisierung des Projekts hin. Bereits fertig ist ein anderes an der Corniche: Wo einst das Traditionshotel «San Stefano» stand, wuchs ein Gebäudekomplex in den Himmel, der neben einem Luxushotel und Eigentumswohnungen auch ein Einkaufszentrum und Restaurants beherbergt. An der Meerseite der Küstenstraße entstand ein kleiner Jachthafen mit Privatstrand und kleinen Strandvillen. Neben reichen Ägyptern aus Kairo sollen hier verstärkt Touristen aus Europa angelockt werden. Auch Alexa Nahas würde sich über mehr europäische Gäste freuen, schließlich verdient sie ihren Lebensunterhalt durch Stadtführungen. Bisher kämen nur wenige Besucher, sagt die ältere Dame, die

Die Zukunft Alexandrias liegt wohl eher in der Archäologie als in der freien Diskussion.

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Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

Wer den Städtenamen Alexandria hört, denkt meistens an die Antike. An der Hafeneinfahrt der im Jahr 331 vor Christus gegründeten Stadt in Ägypten stand einst ein Leuchtturm, der zu den sieben Weltwundern zählte. Die Bibliothek von Alexandria war die umfangreichste der Welt. Und heute? Die Stadt ist vor allem ein Mythos, ein klingender Name, dazu eine Sommerfrische für Ägypter und arabische Touristen - mehr aber nicht. Die zweitgrößte Stadt Nordafrikas will sich künftig allerdings wieder mehr auf ihre große Vergangenheit besinnen und an den einstigen Glanz anknüpfen, der ihr einmal den Beinamen «Perle des Mittelmeeres» eingetragen hatte.

Von Detlef Berg

sieben Sprachen spricht und noch die glanzvollen Zeiten der Stadt erlebt hat. «Damals gab es eine lebendige Kulturszene, man saß in den eleganten Kaffeehäusern und genoss ein aufregendes Nachtleben», sagt sie. «Lesen sie einfach das Buch «Alexandria Quartett» von Lawrence Durrell, dann haben Sie einen guten Reiseführer zur Seele der Stadt.» Immerhin etwas vom Glanz alter Zeiten bieten noch das «Trianon», das «Delice» oder das «Sofianopoulo», wo die Alexandriner heute bei einem türkischen Kaffee und süßen Spezialitäten ihr Schwätzchen halten. In die Vergangenheit versetzen lassen können sich Touristen auch bei einem Besuch des Montazah-Palastes, der am Ende der 20 Kilometer langen Uferstraße liegt. Zwar kann die einstige Sommerresidenz der ägyptischen Könige nicht besichtigt werden, zugänglich sind aber die Gärten und das Gästehaus, das heute als Hotel dient und mit vielen Erinnerungsstücken des Königshauses ausgestattet ist. Möbel und Nippes aus alter Zeit sind auch im AttarinViertel zu finden. In den engen Gassen reihen sich Läden aneinander, voll gestopft mit Antiquitäten. Auf Schemeln hocken Männer mit Wasserpfeifen, vertieft in Zeitungslektüre. Wer hier einkauft, muss feilschen können. Zum Besichtigungsprogramm gehören auch das gut erhaltene Römische Amphitheater, die Katakomben von Kom Al-Shqafa und das Fort Quait Bey. Vom Dach der aus den Steinen des im 14. Jahrhundert eingestürzten Leuchtturms erbauten Festung haben Besucher den wohl besten Blick auf Alexandria mit Fischerhafen, Meer und Corniche.


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Tourismus Seitdem ich 2005 das erste Mal in Kairo gewesen bin, lässt mich diese Stadt einfach nicht mehr los. Sie ist laut, dreckig, voller Abgase - aber auch faszinierend, voller Überraschungen und auf ihre ganz eigene Art schön.

S

nur ein vielsagender Blick... ;-) ). Schlussendlich musste neben meinem Riesenkoffer noch eine weitere kleine Tasche her und ich kam auf stolze 38 Kilo..... Eine Stunde später als geplant ging es dann endlich los Richtung Flughafen Köln-Bonn. Gegen alle Erwartungen verlief das Einchecken völlig problemlos und ich musste netterweise die 8kg Übergepäck nicht bezahlen. Vor lauter Aufregung (oder so) hatte ich nicht daran gedacht, nach einem Fensterplatz zu fragen, und so saß ich am Rand. Was aber auch nicht schlimm war. Am Fenster neben mir saß ein sehr netter Mann, der ursprünglich aus Ägypten kommt aber schon seit mehr als 20 Jahren in Deutschland lebt - lustigerweise in Bielefeld. Jaja, die Welt ist manchmal klein... Noch vor dem Start des Fliegers gab es noch einen kleinen, amüsanten Zwischenfall: in der Sitzreihe vor

Dezember/Januar 2008

Von Kerstin Franz

In Kairo again

chon einmal lebte ich 4 Monate 2007-2008 dort, wo ich viele neue Eindrücke gewinnen durfte und Freundschaften schloss. Und jetzt geht das Abenteuer Kairo für 2 Monate weiter. Ich bin gespannt, was diese Stadt dieses Mal für mich bereit hält? Auf geht‘s! Nach einem langen halben Jahr des Wartens kann ich mich nun endlich wieder auf den Weg nach Kairo machen. Allerdings hat sich das Kofferpacken mal wieder als gar nicht so einfach erwiesen, denn neben etwas feineren Klamotten für die Arbeit, brauche ich ja auch noch etwas, was ich in der Freizeit tragen kann, und was, was ich abends tragen kann, und was, wenn es mal etwas kühler wird... (ich hatte vorher mal ein bisschen recherchiert und jeder Reiseführer gab für September und Oktober Temperaturen um 30Grad an......von daher an dieser Stelle

Ägypten Heute

Die Stadt Kairo lässt mich einfach nicht mehr los. Sie ist laut, dreckig, voller Abgase - aber auch faszinierend, voller Überraschungen.

mir saß am Gang eine Araberin. Sie hatte sich ein Tuch über den Kopf gelegt und sah aus, als würde sie schlafen. Ein Pärchen, das eindeutig als absolut typische Touristen eingestuft werden kann, wollte sich nun auf die anderen Plätze setzen: doch die Dame reagierte nicht. Und reagierte nicht, und reagierte nicht, und reagierte nicht....bis eine Stewardess kam. Die Sache war: die Dame hat gebetet und Unterbrechungen sind dabei unerwünscht (auch hier kann sich jetzt jeder seinen eigenen Teil denken... ;-) ). Als das Touristen-Pärchen sich schließlich auf seine Plätze setzen konnte - natürlich der Mann neben die arabische Frau (normalerweise achten die Fluggesellschaften eigentlich darauf, dass so etwas nicht passiert), pflanzte der Mann seinen Arm auch direkt auf die Armlehne und sagte nur „Na, das fängt ja gut an!“. Und ich musste für mich schmunzeln.

Dazu sag ich nur: Welcome to Egypt ;-) Nach 4 Stunden hieß es dann auch für mich „Ahlan wa sahlan“ und „Taxi? Taxi?“ und mich empfing neben Moussa (ein Freund, den ich während meines letzten Aufenthaltes in Kairo kennengelernt habe) auch eine unglaubliche Wärme und Schwüle. Glücklicherweise waren meine Koffer da und wir konnten uns schnell Richtung Hausboot machen. Wo mich allerdings niemand erwartete.... Alle dachten, dass ich erst einen Tag später kommen würde.... Kann mich nur wiederholen: Welcome to Egypt.... ;-) Aber alles kein Problem: Nova (mehr zu dem Hausboot und seinen Bewohnern kommt in einem der nächsten Kapitel) war glücklicherweise da, und so hatte ich einen Platz zum Schlafen. Tja, und nun bin ich auf die nächsten zwei Monate gespannt.

Buchungstrend der Österreicher setzt sich weiter fort

Fremdenverkehrsamt startet Ausbildungsoffensive für Mitarbeiter von Reisebüros

Der in den letzten Jahren überaus positive Buchungstrend der Österreicher bei Reisen nach Ägypten setzt sich auch 2008 weiter fort, das berichtete Hazim Attiatalla, Direktor des Ägyptischen Fremdenverkehrsamtes in Österreich, bei der Jahrespressekonferenz in Wien. Im ersten Halbjahr 2008 haben insgesamt 96.308 Gäste aus Österreich das Land am Nil besucht - um 12,8 Prozent mehr als noch 2007. Gleichzeitig stiegen die Nächtigungszahlen der österreichischen Touristen in Ägypten in diesem Zeitraum sogar überproportional

um 49 Prozent auf 1.042.447 Nächtigungen an. Attiatalla: „Das bedeutet, dass österreichische Gäste nicht nur öfter nach Ägypten fahren, sondern tendenziell auch länger in Ägypten bleiben als noch in den Jahren zuvor.“ Auch für die kommende Wintersaison 2008/2009 melden die großen Ägypten-Reiseveranstalter ein deutliches Buchungsplus gegenüber dem Vorjahr. Ägypten zeigt damit laut Informationen der Reiseveranstalter von allen Urlaubsdestinationen weiterhin die größten Buchungszuwächse und verteidigt damit nach

2006 und 2007 erneut seine Nummer eins-Position als beliebtestes Winter-Pauschalreiseziel der Österreicher. Wie die eindrucksvollen Zahlen belegen, hat sich Ägypten in den vergangenen Jahren auch erfolgreich als Ganzjahres-Destination etabliert: Im Sommer wie im Winter zieht es die Österreicher zu Nilkreuzfahrten und Bade- oder Tauchurlaub ins Land am Nil. Nicht nur der Preis, auch die Qualität stimmt in Ägypten. „Deshalb haben viele Österreicher in Ägypten ihre Traum-Destination gefunden und kommen gerne wieder.


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Interview Im letzten Jahr betrug das Handelsvolumen zwischen Schweiz und Ägypten 400 Millionen SFR und die Investitionen beliefen sich auf 500 Millionen SFR.

Dem Wunsch der Ägypten Heute Redaktion ein Interview mit dem Botschafter der Schweiz zu führen wurde gerne und kurzfristig entsprochen. So machten sich der Chefradakteur und Herausgeber Ayman Scharaf sowie der Berater Red Sea Werner Witpeerd am Morgen des 3.12. auf den Weg in die Schweizer Residenz. Sie wurden sehr freundlich begrüßt und im Arbeitszimmer des Botschafters fand ein sehr interessantes und offenes Gespräch statt.

Botschafter: Seit Jahre 2000 gibt es ein Handelsabkommen mit der FTA. Im letzten Jahr betrug das Handelsvolumen 400 Millionen SFR und die Investitionen beliefen sich auf 500 Millionen SFR, die durch zwischenstaatliche Schutzabkommen und ein Sicherheitsnetz für Investoren geschützt sind. Das erste Abkommen dieser Art wurde bereits 1973 geschlossen. Ägypten ist ein strategisch wichtiges Land und Partner im Nahen Osten. 2007 wurde weiteres positives Wachstum in der Zusammenarbeit als Memorandum vereinbart. Ägypten Heute: Der ägyptische Orascom Konzern hat den Sitz seiner Holding von Kairo nach Altdorf in die Schweiz verlegt und ist dort

Schweizer in Ägypten fühlen sich wohl und sicher Ä

gypten Heute: Wie viele Schweizerinnen und Schweizer leben permanent in Ägypten und wie verteilen sie sich auf die verschiedenen Landesteile? Botschafter: 1.418 Bürger mit 195 Ehepartnern ausländischer Herkunft, das sind 1.613 Menschen die permanent in Ägypten leben und in folgenden Landesteilen wohnen: Kairo 998 Personen Ober Ägypten 45 Süd Sinai 193 Nil Delta 179 Rotes Meer Provinz 198 Die meisten arbeiten bei den 100 Schweizer Firmen, die in Ägypten aktiv sind oder sind als Lehrer an den verschiedensten Schulen im Land tätig. Ägypten Heute: Wie erreichen und informieren Sie Ihre Landsleute?

Botschafter: Wir versenden bei Bedarf Rundschreiben, die Revue Suisse erscheint regelmäßig und dann haben wird in den Regionen Vertrauensleute, die in Krisensituationen sofort den Kontakt zu unseren Bürgerinnen und B ü r g e r n h e r stellen. Besonders freuen wir uns über das 150-jährige Bestehen des Schweizer Clubs in Alexandria, der Club in Kairo befindet sich auch schon seit fast 100 Jahren und beide haben ein aktives Clubleben mit vielen kulturellen Veranstaltungen. Ägypten Heute: Was können Sie und zu den Handelsbeziehungen sagen?

Schweizer Clubs in Alexandria und Kairo haben ein aktives Clubleben mit vielen kulturellen Veranstaltungen.

seit Mai an der Börse notiert. Es sind Investitionen in Höhe von etwa 800 Millionen Euro für das Dorf Andermatt geplant. Einige Ägypter sehen eine solche Entwicklung mit Sorge, was ist Ihre Einschätzung? Botschafter: Ich halte das für eine win-win Situation, nur wenn Gelder in beide Richtungen fließen, werden sich stabile und gute wirtschaftliche Beziehungen entwickeln. Ägypten Heute: Können Sie unseren Lesern etwas zum Tourismus und zu den Besucherzahlen in Ägypten sagen? Botschafter: Gerne, hier die Zahlen: 133.000 Besucher ein Plus

Ägypten Heute Dezember/Januar 2009

von 39% 2006 - 122.000 2007 - 130.000 Die Anzahl der Übernachtungen betrug im letzten Jahr 1.130.000. Wir gehen von weiterem Wachstum aus, was die Sicherheit betrifft, besteht ein guter und ständiger Kontakt zu den ägyptischen Sicherheitsbehörden. Ägypten Heute: Was müssen Rückkehrer in die Schweiz beachten (Krankenversicherung) und wie sieht es mit freiwilligen Beiträgen zur Rentenversicherung aus? Botschafter: Wir halten ein Informationsblatt für alle die in die Schweiz zurückkehren wollen bereit, in dem Sie alle wichtigen Hinweise finden. Des Weiteren gibt es eine mehrsprachige Broschüre: Freiwillige Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, bitte fordern Sie sie bei Bedarf von der Botschaft in Kairo an. Ägypten Heute: Wie sieht es mit der Erteilung von Visa bei den Multikulti Ehen aus? Botschafter: Bei Familienmitgliedern gibt es keinerlei Probleme, allerdings muss die Ehe staatlich geschlossen und anerkannt sein. Von der Botschaft gibt es keine allgemein gültigen Ratschläge bei Mischehen, dies ist eine sehr individuelle Angelegenheit und sollte immer wohl überlegt sein. Ägypten Heute: Nun noch eine letzte persönliche Frage, seit wann sind Sie in Ägypten und wie fühlen Sie sich hier? Botschafter: Ich bin seit 2005 in Ägypten, dies war meine erste Berufung in den mittleren und nahen Osten. Der Ausgleich der Kulturen ist eine ständige Herausforderung, aber sehr interessant. Meine Familie und ich fühlen uns hier sehr wohl und sicher. Ägypten Heute: Herr Botschafter, vielen Dank, dass Sie Zeit für uns hatten. Wir wollen in unserem Magazin eine Rubrik: „Neues und wichtiges aus den Botschaften“ einrichten, haben aber leider noch keinen Termin bei der Deutschen und der Österreichischen Botschaft bekommen. Gerne möchten wir die Möglichkeit bieten unsere deutschsprachigen Leser mit wichtigen Informationen zu versorgen.


El-Gabali kennt keine Grenzen

Interview von Ayman Scharaf



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