DENKBILDER #42: Chaos

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DENKBILDER Das Germanistikmagazin der Universität Zürich #42: Frühjahr 2018


Sonntag, 17. Juni 2018, 17.00 h

Péter Nádas © Gáspár Stekovics

«Auf leuchtende Details» Der ungarische Schriftsteller Péter Nádas gehört zu den grossen Autoren unserer Zeit. Nunmehr ergänzt er sein gewaltiges Romanwerk durch seine Lebenserinnerungen («Aufleuchtende Details», Rowohlt), ein ebenso persönliches wie zeitgeschichtliches Dokument von grösster erzählerischer Kraft. Jedes Ereignis, so Nádas, wirkt auf alle anderen Ereignisse ein – ob in der Politik oder der privaten Lebensgeschichte. Es sind jene Momente, die Geschichte fassbar machen und Erinnerung konstituieren: eben die «aufleuchtenden Details». Deren weitgespannten Verflechtungen folgen Péter Nádas' Memoiren nicht chronologisch, sondern assoziativ, wie in seinen grossen Romanen. Moderation: Bettina Spoerri Eintritt: Fr. 25.-/20.Vorverkauf/Reservation empfohlen, Mail an: info@buchhandlung-otz.ch

Aargauer Literaturhaus, c/o Müllerhaus, Bleicherain 7, 5600 Lenzburg


Editorial Die enge Verknüpfung von Chaos und künstlerischer Produktivität ist ein bekannter literarischer Topos. In seiner eindrucksvollen Künstlernovelle «Das unbekannte Meisterwerk» (1832) hat Honoré de Balzac das Atelier als Ort der Unordnung gezeichnet: Zahllose Skizzen und Übungsblätter zieren die Wände bis zur Decke, während Farbdosen, Weinflaschen und umgeworfene Staffeleien nur einen schmalen Weg durch die Chaoslandschaft freilassen. Inmitten dieser Unordnung versucht Frenhofer, ein gealterter Maler, die lebendige Natur in der Malerei nachzubilden – eine Vision, die schon bald in Tyrannei umschlägt: Unablässig übermalt er sein Gemälde mit dicken Farbschichten, bis seine Freunde nichts mehr erkennen als ein wirres Durcheinander, einen formlosen Nebel, ein «Chaos von Farben, Tönen, unklaren Nuancen», das Frenhofers vermeintliches Meisterwerk fortan umhüllt; dabei ist man verlockt, das gestaltlose Chaos als Vorbote der abstrakten Kunst zu lesen. Dass das künstlerische Chaos einen augenfälligen Kontrast zur heutigen Überformung und Geordnetheit der Körper bildet, wie sie sich beispielsweise in den glänzenden und glatten Skulpturen von Jeff Koons artikuliert, stellt der Essay zum Unbehagen an der Ordnung deutlich heraus. Wo die gesellschaftliche Ordnung ein Unbehagen auslöst, beschäftigt sich der zweite Aufsatz ausgehend von Giambattista Vicos poetischer Metaphysik mit der berechtigten Frage, wie wir das grundlegende Chaos unserer Existenz überhaupt ertragen können. Das ambivalente Verhältnis von Ordnung und Chaos ist auch Thema der hier versammelten Gedichte, die vieldeutige Bilder der Unordnung auffächern; gleichwohl sind sie bis in alle Einzelheiten konstruiert und organisiert. (Ein besonders anschauliches Beispiel hierfür bietet das zweistrophige Anagramm.) Die Prosabeiträge dieser Ausgabe umkreisen das Chaos im Kleinen ebenso wie im Grossen: Während eine ganze Welt verheissungsvoll in Schieflage gerät, kann Kowalke kaum mehr gerade gehen – wie auch, ohne Zehen? Über die scheinheilige Welt auf dem Markt in Oerlikon (ich kenne sie aus eigener Erfahrung nur zu gut) bricht plötzlich das Chaos herein, als sich ein Polizist mit erhobenem Maschinengewehr vor einem Coiffeursalon positioniert, aus dessen Schaufenster eine Pinguinfamilie aus bepinseltem Karton blickt. Fraglich bleibt, ob wir uns am Ende nicht selbst im Bild der unbeweglichen Pappfiguren wiederfinden. Derweil feuchtet in der Waschküche von Ninas Wohnhaus eine unbefugte Wäsche vor sich hin: Es wird eine Klage über das Chaos im einstigen Schlachtraum erhoben und während sich das Haus selbst vor lauter schlechter Luft langsam anhebt, wartet man nur, bis jemand Nina verleumdet, ohne dass sie etwas Böses getan hätte. Wo sich das Chaos an einem nassen Kleiderknäuel manifestiert, wird ein Paar Socken zum Inbegriff der Unordnung; zwar gibt es keine Stellwerkstörungen zu beklagen, dafür gammeln auf dem zugemüllten Parkett von T. zwei verlorene Socken als einzige Hinterlassenschaft der überaus peniblen Ich-Erzählerin. Soviel also auch zu meiner Hinterlassenschaft: Ich verabschiede mich von meiner liebsten Chaos-Truppe in eine neue Zeit und tripple auf leisen Füssen über die Strasse, in einen formlosen Nebel, wo ich wild vor mich her bleistifteln und gfätterlen werde. Eure Sarah Möller


Essays 7 Das Unbehangen an der Ordnung Salomé Meier 8 Chaos als Ursprung von Sprache und Kultur Tim Huber

Poesie 12 Gedichte Mike Wunderlin Larissa Schüller Yanick Ammann Carlo Spiller 15 Schieflage Carla Peca 16 Stellwerkstörungen Jana Bersorger 20 Die Waschküche Nadia Brügger 22 Hoffnungen und Enttäuschungen auf dem Markt Oerlikon Judith Keller 26 Seltene Tropen: Seltsame Flüche Philipp Auchter 30 Autor*innen Denkbilder Das Germanistikmagazin der Universität Zürich #42 – CHAOS Frühjahr 2018

30 Impressum


Foto: Sebastian Wagner


Illustration: nimbon

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7 Das Unbehagen an der Ordnung

Salomé Meier In den 1920er Jahren waren die Tiller Girls in aller Munde. In sämtlichen namhaften Etablissements in Europa und den USA schwangen die Frauen ihre Beine im Takt der Musik hin und her. In den exakt selben Kostümen, Frisuren und Masken zierten die zum Verwechseln ähnlichen Körper Plakate und Titelseiten von Magazinen und lockten massenweise Publikum in die Theater. Als Teil der amerikanischen Unterhaltungsindustrie wurden die Tiller Girls schnell zu einem Symbol der Moderne. Überall beriefen sich Künstler*innen auf, überall diskutierten Kritiker*innen die Girls. Insbesondere in der Weimarer Republik sahen einige Intellektuelle im Phänomen der Tiller Girls mehr als eine unschuldige Unterhaltungskultur. 1927 erschien im Feuilleton der Frankfurter Zeitung ein Essay von Sigfried Kracauer mit dem Titel «Das Ornament der Masse». Das berühmte Stück journalistischer Kritik stellt den Versuch dar, dieses kulturelle Phänomen zu dekonstruieren und es als «einen unmittelbaren Zugang zu dem Grundgehalt des Bestehenden» zu verstehen. (1) Die Kritik erkennt in der Aufstellung der Tänzerinnen ein menschliches Ornament; der Akzent liegt jedoch auf der Masse und nicht auf den Men-

schen. Anstatt einer Gruppe von Individuen sehen wir auf der Bühne nur immer eine «Masse», eine aus verwechselbaren und anonymen Körpern formierte Struktur, ein lebendiges Ornament. Im Gegensatz zu den militärischen Paraden sind diese Figuren nach Kracauer aber jeglicher Sinnzuweisung entzogen – das unterhaltende Ornament ist Selbstzweck. Kracauer liest die immergleichen synchronen Bewegungen, das Auf und Ab der Beine, die geometrische Anordnung der Tänzerinnen, als einen ästhetischen Reflex des herrschenden ökonomischen Systems. Die im gleichmässigen Takt ausgeführten Bewegungen der Masse sind Manifestationen industrieller Arbeitsabläufe. Im Gewand der Unterhaltungsindustrie sind die rationalisierten Bewegungsabläufe ästhetisiert und mythologisiert. Die Verschiebung des Blicks weg von den einzelnen Menschen hin zu einem wohlgeordneten Ornament der Masse ist ein Blick, der Distanz einnimmt, aber auch einer, dem Macht und Beherrschung miteingeschrieben sind. Das Ornament ist nicht von den Tänzerinnen oder den marschierenden Soldaten gedacht. Sie führen bloss aus, und werden so zu beschreibbaren Oberflächen. Als Zuschauer*in treten wir selbst stets in die Po-

sition des Mächtigen, wogleich der schöne Schein über das Gefälle hinwegtrübt. In gewissem Sinne nimmt Kracauer vorweg, was Michel Foucault 1975 auf den Begriff der Disziplinarmacht bringen wird: Der Blick des Anderen ist verantwortlich für die Internalisierung des Machtwillens. Gerade aufgrund unserer Geschichte wecken heute Überformung und Geordnetheit der Körper ein gewisses Unbehagen. Unter der schönen Oberfläche vermuten wir das Schlimmste versteckt. Umgekehrt stellt das Chaos einen eher vertrauenswürdigen Zustand dar. Schriftsteller*innen, die inmitten von Papierlandschaften und Büchern versinken und Maler*innen, die in chaotischen Ateliers in farbverschmutzten Overalls nicht mehr von ihren Bildern zu unterscheiden sind, strahlen Unangepasstheit aus. Das Chaos wird zum Emblem des Ungehorsams, der Rebellion, der Subversion. Das Chaos gehört den Künstler*innen und Schriftsteller*innen, die nicht beschönigen, vertuschen oder Sinn verbieten, sondern kommentieren und kritisieren. ¤

––– (1) Siegfried Kracauer: Das Ornament der Masse. Frankfurt a.M. 1977.


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Chaos als Ursprung vo

Vicos poetisch

Tim Huber «Der Mensch macht aufgrund der unbegrenzten Natur des menschlichen Geistes, wo dieser sich in Unwissenheit verliert, sich selbst zur Regel des Weltalls.» (P120) So lautet die originelle Formulierung, mit welcher Giambattista Vico, neapolitanischer Philosoph und geistiger Erbe des Italienischen Humanismus, in seiner 1730 als überarbeitete Fassung erschienenen «Scienza Nuova» den Anfang der menschlichen Kultur erzählt. Um das vorkulturelle Chaos des In-der-Welt-Seins zu ertragen, um seine eigene Rohheit und Wildheit zu bändigen (vgl. P385), projiziert sich der Mensch in die Erhabenheit des Alls und bannt diese in der Unmittelbarkeit seines eigenen Körpers.

von einem «gesetzlosen Zustand» gibt erst der Glaube an «die göttliche Vorsehung den Wilden und Gewalttätigen [den] Anlass [...], sich zur Humanität zu erheben und die Völker zu gründen» (P178). Was dabei aus heutiger Sicht frappiert, ist, wie Vico sich als Anthropologe avant la lettre für ein genuin «poetisches» und «humanistisches» Menschenbild ausspricht, das den Menschen mit schöpferischen Qualitäten ausstattet und zur Kulturstiftung befähigt. Das grundlegende Prinzip bringt Vico mit Tacitus in die prägnante Form des fingunt simul creduntque (P376): Der Mensch der kindlichen Welt erfindet und glaubt zugleich an die eigenen Fiktionen. Er anthropomorphisiert die furchteinflössende und ihm zunächst un-

Der Eintritt ins Religiöse markiert auch den Eintritt ins Recht Es ist nach Vico die Leistung der menschlichen Imaginationsbegabung, einer Art kindlichen Phantasie, mit welcher sich alle vorzivilisatorischen Menschen über die Stiftung erster Kulte selbst befrieden. Der Eintritt ins Religiöse markiert dabei auch den Eintritt ins Recht: Ausgehend

bekannte, unverständliche Welt in einem weitgehend unreflektierten Vorgang, was das Glauben an die eigens aufgestellten Anthropomorphismen ermöglicht. Aus sich selbst heraus erschafft der Mensch so nicht nur neue vermenschlichte Instanzen der Furcht, also Götter, sondern auch

eine «Physik der Unwissenden» bzw. eine «Volksmetaphysik» (P182), was die unbekannten natürlichen Vorgänge und deren Ursachen nennt: «Wenn den Menschen die natürlichen Ursachen unbekannt sind, die die Dinge hervorbringen, und sie diese auch nicht durch ähnliche Dinge erklären können, so schreiben sie den Dingen ihre eigene Natur zu, wie zum Beispiel das Volk sagt, der Magnet sei in das Eisen verliebt [...] und so machen sie aus der ganzen Natur einen ungeheuren beseelten Körper, der Leidenschaften und Begierden empfindet.» (P180/377) Nach Vico waren «die Menschen der kindlichen Welt von Natur aus erhabene Dichter» (P187), die nicht zuletzt vor allem ihre eigene Sprachlichkeit, ihr zeichenhaftes Wesen, auf die chaotische Welt übertrugen (vgl. P379). Dass gewaltige Erscheinungen wie Blitz und Donner blosse Kontingenzen sein könnten, war eine unerträgliche Vorstellung. Als Teil einer göttlichen Vorsehung hingegen konnten sie als Zeichen gedeutet und gelesen bzw. in Kausalzusammenhänge integriert und verstanden werden. Aus diesem Bedürfnis heraus, so stellt Vico fest, hatte «jedes heidnische Volk [...] seinen Jupiter» (P193).


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on Sprache und Kultur

he Metaphysik

Nach den vichianischen Prinzipien war der Mensch also zuerst ein poetisches Wesen. So etwas wie eine Alltagssprache, die den erhabenen Ursprung der Sprache längst vergessen hat, bildete sich erst in einem zweiten Schritt heraus. Dabei sind die Denkfiguren, mit denen sich die heidnischen Völker ihre Welt erklärten, von durch und durch rhetorischer Natur: So folgte einer Zeit der metaphorischen Übertragung – dem göttlichen Zeitalter – gemäss Vico das heroische Zeitalter, in dem sich anhand metonymischer pars pro toto-Relationen Gattungsbegriffe und exemplarisches Denken entwickelten. In der Mythenbildung schufen sich hier die ersten Kulturen ihre Helden als ideale Verkörperungen einer figurativen Tugendethik vor dem Begriff. Vicos Epochen-Nomenklatur setzt also gewissermassen eine Evolution der menschlichen Übertragungsleistung voraus. Stiftet das poiein der ersten Dichter zunächst die Ursachen, die den natürlichen Erscheinungen vorangehen, so wendet sich dieses in einem zweiten Schritt einer Ethik des Zukünftigen zu. Das menschliche Handeln richtet sich dann nach den mytho-poetisch erzeugten Idealen, aus denen alle Völker sich später erste Rechtsgrundsätze geben werden. Die grösste rhetorische Brillanz legt Vico

wohl aber dort an den Tag, wo es darum geht, die unglaubliche Sprengkraft seiner Ideen mit den Instanzen der christlichen Zensur kompatibel zu machen. Immerhin finden sich in Vicos Umfeld auch Namen von Kollegen, an welchen die Inquisition nicht so glimpflich vorüberging. Über-

Vico glaubt an menschliche Erkenntnis, allerdings nur dort, wo der Mensch seine eigenen metaphysischen Wahrheiten, seine eigenen poetischen Projektionsleistungen, ergründet. Die Kategorie der Erkenntnis bleibt bei Vico also dem Schöpfer vorbehalten, das Wahre

In der Mythenbildung schufen sich die ersten Kulturen ihre Helden als ideale Verkörperungen einer figurativen Tugendethik haupt muss die Genese der Prinzipien Vicos aus dem schwierigen Diskursfeld heraus verstanden werden, in welchem diese entstanden. Sein Schreiben ist nur erklärbar als eine gross angelegte Synthese heterodoxer Lehren(1), die im damaligen Akademikerkreis Neapels zirkulierten: In Sachen Menschenbild findet sich bei Vico gewissermassen eine Aussöhnung von humanistischer Idealisierung und machiavellistischer Kritik. In Fragen der Epistemologie eine Absage an den cartesianischen Methodismus, der metaphysische Einsichten über logisch-rationale Deduktion in Aussicht stellt, genauso aber eine Abkehr von einem rigiden, erkenntniskritischen Skeptizismus(2).

ist nur in der Sphäre des Selbst-Erschaffenen erkennbar. Diese Denkfigur wird vermutlich auch immer seine berühmteste bleiben und in die Philosophiegeschichte eingehen als verum ipsum factum-Argument.(3) Sowohl das Zugeständnis an den Klerus als auch Vicos genuine Demut vor der göttlichen Schöpfung verdichtet sich darin, wie das folgende Zitat verdeutlicht: «Auf diese Weise schufen die ersten Menschen der heidnischen Völker, gleichsam als Kinder des werdenden Menschengeschlechts [...] aus ihrer Idee die Dinge, aber mit einem unendlichen Unterschied zu dem


Illustration: Nicolas Leuthold

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Schaffen, das Gott eigen ist: denn Gott erkennt in seinem reinsten Begreifen die Dinge und schafft sie, indem er sie erkennt; sie hingegen taten es infolge ihrer starken Unwissenheit kraft einer ganz körperlichen Phantasie.» (P376) Gleichzeitig verortet er all seine Ausführungen zur anthropomorphistischen Selbststiftung der Kultur in einem zeitlichen Danach. Das adamitisch-göttliche Wissen um das Wesen der Dinge (Gen 2.19)

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glichen mit welchem das physisch Wahre, das nicht damit übereinstimmt für falsch erachtet werden muss. Daraus folgt diese wichtige Bemerkung für die poetische Theorie: dass der wahre Heerführer zum Beispiel der Gottfried ist, den Torquato Tasso ersinnt; und alle Heerführer, die nicht in allem und durchaus mit Gottfried übereinstimmen, sind nicht wahre Heerführer.» (P 205) Es sind also die Metaphern, Übertragun-

Vico kommt als Vordenker eines konstruktivistischen narrative turn infrage geht nach Vico verloren mit dem Austritt aus dem Paradies. Die Sintflut und die Diaspora stürzen das Menschengeschlecht wieder in eine tiefe Dunkelheit, aus welcher es sich erst durch seine sprachschöpferische Begabung selbst zur Humanität erhebt. Vico gelingt also das bemerkenswerte Kunststück einen humanistischen Selbstermächtigungsgestus, einen sprachlichen Konstruktivismus sowie den klerikalen Kanon in seinem Ideengebäude zu harmonisieren; gleichzeitig positioniert er seine «Scienza Nuova» zwischen Cartesianismus und Skeptizismus. Die Grundannahme, dass der Mensch durchaus erkenntnisbegabt ist, dabei allerdings die Metaphysik, die die Ursachen der Welt erklärt, ein poetisches Artefakt darstellt, lässt die Trennung zwischen Fakt und Fiktion brüchig werden. Vico amalgamiert das Metaphysische mit dem Poetischen: «Wenn man es richtig bedenkt, [ist] das poetisch Wahre ein metaphysisch Wahres, ver-

kapitulieren after the fact. Die Pointe des linguistic turn, in dessen Folge auch das Erzählen als semiotische Aktivität interessant wurde, liegt vielmehr in seinem aktivischen Verständnis von Bezeichnungsvorgängen: Das Bezeichnen interveniert in die Welt, die es scheinbar nur widerspiegelt, und lässt sie in einem kreativen Aneignungsprozess in gewisser Weise überhaupt erst entstehen. [...] Die entsprechende Devise heisst: fact follows fiction.» (4)

gen, Mythen respektive die kollektiv wirksamen Erzählungen, die der Wirklichkeit vorangehen, unsere Vorstellung von dieser speisen und anhand welcher wir diese erfassen und bewerten. Damit kommt Vico durchaus auch als Vordenker eines konstruktivistischen narrative turn infrage. Die grosse Nähe der poetischen Metaphysik Vicos zu den narrativistischen Schlagwörtern mag abschliessend ein Zitat von Albrecht Koschorke exemplifizieren: «Erzählen [ist] nicht bloss eine reproduktive, den erzählten Inhalten gegenüber nachrangige Tätigkeit [...], kein blosses Re-

(1): Zur «Heterodoxie» vgl. Vittorio Hösle: Einleitung, in: Giovanni Battista Vico: Prinzipien einer neuen Wissenschaft über die gemeinsame Natur der Völker, Hamburg 1990, 1. Bd., S. IL. Alle Originalzitate in Klammern sind nach dieser Ausgabe zitiert. (2):Vgl. Alberto Mario Damiani: Die

Das wiedergewonnene Interesse der modernen Vico-Forschung an den hier zitierten Texten lässt sich aus heutiger Sicht also gut erklären. Bereits vor ca. 300 Jahren betonte der neapolitanische Gelehrte die Bedeutsamkeit des Erzählens in vielfacher Hinsicht: Es ist als Produkt der Imagination gewissermassen anthropologische Konstante, es befähigt den Menschen zur Selbstzivilisierung und zur Kunst, ist in epistemologischen Prozessen als konstruktivistisches Moment stets mitzubedenken und zuallererst das Mittel, das Inkommensurable, das Unzusammenhängende und das Sinnlose aus der eigenen Körperlichkeit heraus messbar, kohärent und kausal erscheinen zu lassen. Erzählen stellt für uns heute genauso wie für Vicos «Menschen der kindlichen Welt» die Möglichkeit dar, das Chaos unserer Existenz zu ertragen. ¤

Widerlegung des metaphysischen und politischen Skeptizismus: Vico gegenüber Descartes und Grotius, in: ARSP, Vol. 88, No. 2, 2002, S. 207–215. (3):Vgl. ebd., S. 207. (4): Albrecht Koschorke: Wahrheit und Erfindung. Grundzüge einer Allgemeinen Erzähltheorie, Frankfurt a.M. 2012, S. 22f.


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Chaos Das nervt! Der Geist sei Eisnebel? Permutationen? Schreibende folgen unsichtbarem Weg, nie trauernd latente Ufer sichtend. Ende nun. Kern sei bereist: davon Ehren & Subventionen. Maschen oft fernab suchen in Stabreimen Eden.

Ach so Verstand red! Siegt Eis? Leben sie, Poeten, in Traum? Die Scherben flogen rum. Baten sich wenige darunter Talente fuers Dichten Und erkennen sie: bereits vorhandene & Venus in Beton. Manches offenbart euch Sinn, na, erst beim Ende. – Mike Wunderlin

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UnOrdnung Ich glaube nicht dass ich noch klüger werde, belesener, weiser, wortgewandter, weltwissender. Werd nur noch älter und die Zeit fliegt durch unendlich gedehnten Raum voller Schall und Rauch totenstill an mir vorbei. – Larissa Schüller


Foto: Sebastian Wagner

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Gleich dem Vogel kämpft er sich aus dem Ei und sucht seinen Platz in der Welt. Auf seinem Irrweg wünscht er sich bloss, Mutter Natur, sie stünde ihm bei. Dass sie ihm innewohnt und zeigt, woher und wohin es führen soll. Doch nackt und schreiend blossgestellt verliert er sich im Menschentreiben. Aus tiefen Furchen greift mit Klauen um sich die gierig verschlingende Leere. Es bleiben Worte vom Verfall. – Yanick Ammann

in diesem gedicht beweise ich die lösung für ein lyrisches problem höchster stufe welches aus der dimensionalen phase einer euklidischen mannigfaltigkeit erwächst deren multilaterale phrase gefaltet ist wie ein gedeichseltes palindrom finden sich in diesem gedicht beweise irregulärer spezialfälle – Carlo Spiller


Illustration: Nicolas Matter

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Schieflage Carla Peca Nachdem Kowalke kurz vor dem Betreten des Busses mitten im Telefonat der noch zu 42 Prozent geladene Handyakku ausgestiegen war und der Bus bei seiner Station eineinhalb Meter weiter vorne angehalten hatte als gewöhnlich – sein Heimweg sich also um eineinhalb Meter verlängert hatte – war ihm klar, dass die Welt heute in Schieflage geraten würde. Die Zeichen waren deutlich. Die Unannehmlichkeiten hatten sich im Laufe des Tages gehäuft und seine Nerven bis aufs Äusserste strapaziert, sodass er erleichtert aufatmete, als seine Wohnungstüre hinter ihm ins Schloss fiel. Schnell zog er seinen nassen Mantel aus, denn draussen regnete es in Strömen, und machte Licht, um den grünlichen Abglanz der Strassenlaterne auf seinen Möbeln zu vertreiben. Wie schlimm die Lage war, konnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht genau sagen, lagen doch noch einige Faktoren im Dunkeln und hegte er doch insgeheim die Hoffnung, dass morgen wieder alles im Lot sein würde. Solche unpässlichen Vorahnungen ereilten Kowalke des Öfteren. Des Öfteren blieb er an solchen Tagen auch bis zur Nasenspitze unter der Bettdecke liegen, in der naiven Hoffnung so dem Übel entfliehen zu können, hatte ihm das Leben doch bereits einige Male bösartigste Schnippchen geschlagen. Er erinnerte sich denn auch noch lebhaft an die Frau seines Frisörs, die ihm berichtet hatte, wie ihr Mann Kowalkes Nase am Morgen in seinem Brot gefunden hatte und an die befremdliche Begegnung mit ebendieser an der Bahnhofstrasse. Ja, mit derartigen Misslichkeiten sah er sich konfrontiert. Ein nervöses Zittern begleitete ihn seither auf Schritt und Tritt, beherrschte auch seine Stimme und ermahnte ihn dazu, mit Vorsicht durchs Leben zu gehen. An diesem Abend hatte er vor dem Einschlafen nochmals sorgfältig überprüft, ob jedes Glied, jedes Haar und jedes Wärzchen noch an gewohnter Stelle lag. Von der Ordnung seiner Körperpartien überzeugt, schlief er ein. Den nächsten Morgen begann er mit dem gleichen Spiel und fasste sich zuerst an die Nase, die dann auch wirklich noch Nase war. Ja, das ganze Gesicht schien gewahrt, bewahrt vor nächtlichem Schaden. Kowalke begann sich also langsam zu strecken und zu recken, schien sich allen Gliedern sicher, bis er auch die Füsse in die Höhe streckte und an deren Ende kein feines Zappeln der Zehen mehr spürte. Oder doch? Ein leichtes? Einer? Einer war noch da und war ebenfalls im Begriff sich loszulösen und loszurennen. Panisch packte Kowalke schnell das zappelnde Ding und hielt es fest in der Hand. Es war der kleine Zeh, nun in der Faust und nicht mehr am Fuss. Ungeschickt wankend auf Grund der fehlenden Gangstabilisatoren bewegte er sich zur Küche und nahm ein Einmachglas aus dem Schrank. Er spülte noch die letzten Marmeladenreste aus, alles mit einer Hand – deshalb mehr schlecht als recht, und bugsierte den kleinen Zeh mühsam ins Glas. Nun lag er da in den Marmeladenresten. Kowalke beäugte ihn misstrauisch und rätselte darüber, wie denn ein entlaufener Zeh am besten zu konservieren sei: im Trockenen, in Formaldehyd oder doch an der frischen Luft? Ein leichtes Schaudern durchfuhr seinen Körper, als er daran dachte, dass seine Zehen nun wie kleine weisse Mäuse ohne Schwänze durch die Stadt rennen und Menschen in Aufregung versetzen mussten. Als er das Glas auf den Küchentisch stellte und das Netz, das er für solche Fälle immer griffbereit hatte, vom Haken an der Wand nahm, tauchte sich die Szene in eine dunkle Wolke und was weiter geschah, konnte uns leider nicht übermittelt werden. Im selben Moment jedoch spazierte am anderen Ende der Stadt ein nackter Zeh über den marmornen Tresen eines edlen Cafés. Während dem erschrockenen Kellner die Milchkanne aus den Händen fiel und die Gäste in höchsten Tönen kreischend das Lokal verliessen, wahren wir Fassung, wohlwissend um Kowalkes missliche Lage. ¤


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Stellwerkstörungen Jana Bersorger Ich bin nicht penibel. Ich mag es einfach aufgeräumt und in all den erbitterten Kämpfen um Struktur habe ich wenigstens gelernt, das chaotische Schlachtfeld schnell zu räumen. Also Rückzug ins Innere meines Schädels. Bestandsaufnahme: Zürich Hauptbahnhof, 19, 11, 2. 19 Grad Celsius Aussentemperatur. 11 Uhr mittags. 2 nackte Füsse in leicht lädierten Turnschuhen. Wieso ich keine Socken trage an diesem Septembermorgen in der S12? Wohl kaum, weil ich keine Spiesserin sein will. Ich trage immer Socken, ich kann dieses Barfussgehen nicht ausstehen. Gestern nach dem Duschen bin ich in meine frisch gewaschenen Socken geschlüpft und eine Stunde später in der Institutsbibliothek gestanden. Zurzeit sind Semesterferien, die Gänge sind verlassen und still. Gegen 19 Uhr bin ich direkt zu T. gefahren. Dort wollte ich zu Abend essen, aber dann bin ich über Nacht geblieben, und meine Socken auch, nur dass die Socken jetzt immer noch auf T.s völlig zugemülltem Parkett vor sich hingammeln. Es wäre ohnehin inakzeptabel gewesen, die Socken von gestern noch einmal anzuziehen, aber ich habe sie nicht deswegen liegen gelassen. Als sich um 10 Uhr der Wecker von T.s Mitbewohner zu Wort gemeldet hat, da hat meine persönliche Dämmerung schlagartig eingesetzt; ich war fern vom ausgetretenen Weg, auf dem ich mich bisher mit T. bewegt habe. Das war gefährliches Terrain und ich kann nicht sagen, dass mir das nicht bewusst gewesen war gestern Nacht. Aber in der Nacht fällt es einem leicht, die Augen zu verschliessen, selbst wenn man gar nicht schläft. Punkt 10 Uhr bin ich deswegen aufgesprungen und T. hat mich befremdet

angeblinzelt. «Was machst du?», hat T. gefragt und ich habe gedacht: «Ich gehe, weil ich es nicht ertragen könnte, dass du gehst.» Stattdessen habe ich gesagt: «Ich mache uns Kaffee.» Beim Ankleiden habe ich die Socken vergessen, weil mich eine absurde Frage vollkommen absorbiert hat: Wie kann es sein, dass man sich beim Ausziehen weniger nackt fühlt als beim Anziehen? Um 10.07 Uhr bin ich in die Küche gestapft und habe Kaffee aufgesetzt. Wenn ich in Zukunft öfters hier sein sollte, dann braucht T. eine anständige Kaffeemaschine, schoss es mir durch den Kopf und ich fühlte mich augenblicklich ertappt. Beim Kaffee haben wir geschwiegen, vor allem T. Was war meine Hinterlassenschaft als ich um 10.26 Uhr aus T.s Haus stürmte?

und an einer selbstgedrehten Zigarette gezogen, wahrscheinlich hat er leise vor sich hingesummt. Seine langen Haare hingen ihm ins Gesicht und er sah verloren aus in seinem groben Flanellhemd. Flanellhemden mag ich nicht, denke ich bei mir. Flanellhemden sagen: «Wenn ich schon kein Künstler sein kann, dann wenigstens gescheitert.» Diese Haltung ist typisch Geisteswissenschaftler. Es fällt mir auf, dass ich erstaunlich viel an T. nicht ausstehen kann. Und ich weiss verdammt viel über T. – ich weiss nur nicht, was er dort auf der Treppe neben dem braunen Tontopf vor sich hingesummt hat. Das wäre äusserst relevant. Ich kann in der Spiegelung des Zugfensters erkennen, dass ich meine Haare heute Morgen nicht gebürstet habe, als ich vor T.s Badezimmerspiegel gestan-

Heute Morgen hat das leise Klingeln des Telefons die normale Welt gelöscht. Eine kalte Kissenkuhle, gefüllt mit fremden Träumen – mit meinen Träumen. Und ein Paar Socken. Zwei Strassen weiter bemerkte ich meine nackten Füsse; ich habe mich umgedreht und bin zurück gegangen bis zur Hausecke. Retrospektiv ist die Lage schwer zu beurteilen und ich bin mir nicht sicher, wieso ich nicht weitergegangen bin. Entweder weil mich plötzlich der Mut verliess, jemals wieder T.s Haus zu betreten oder weil ich einen Grund haben wollte, wenigstens noch einmal dorthin zurückzukehren. Vorsichtig habe ich um die Ecke gelinst: T. hat sich auf der kahlen Treppe vor der Haustür niedergelassen

den bin. Das Benutzen seiner Bürste war mir zu intim. Ich kaue auf einer dünnen Haarsträhne rum, ich schmecke Zitrone raus und T.s Kissen, ein fremdes Kissen. Der Duft in meinen Haaren ist das Negativ zur Kuhle in seinem Bettzeug. Langsam lasse ich meinen Blick durch das Zugabteil schweifen. Gegenüber von mir: ein Junge mit trotzigem Gesichtsausdruck. — «Wir können dem Tod nicht trotzen», hat uns Herr M. letzte Woche vorgelesen. D. neben mir hat seinen Mund weit aufgerissen und furchtbare Grimassen geschnitten. Ich habe gelacht, dann


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hat es geklingelt. Es ist Mittwochnachmittag gewesen und Zeit für Fussball mit D., K., S. und L. Heute ist Mittwoch und ich bin nicht in der Schule. D. hat den Mund wohl nicht aufgerissen und ich habe meine Lippen fest zusammengepresst. Als ich aufgewacht bin, ist es dunkel gewesen und vollkommen still. Heute Morgen hat kein Vogel gepfiffen, heute Morgen hat das leise Klingeln des Telefons die normale Welt gelöscht. Als ich gehört habe, dass sie gestorben ist, da spürte ich leise Tränen auf meinen Wangen. Nie mehr den Duft meiner Grossmutter riechen, dachte ich und ich bin aufgestanden und in den Flur getapst und als ich dann gehört habe, dass meine Grossmutter am Telefon ist und meine Tante tot, da habe ich aufgehört zu weinen; es war so, als hätte ich gänzlich aufgehört zu sein. Ich weiss nicht mehr, wie ich ins Wohnzimmer gekommen bin, aber ich weiss noch sehr wohl, wie ich, kopfüber auf dem Sofa, von unten ins Licht der Stehlampe geblickt habe. Tote Tiere im Lampenschirm. Mütter können vieles, zum Beispiel mit einem sauberen Schnitt das Gehäuse aus einem Apfelschnitz entfernen. Dass Mütter auch plötzlich sterben können, war mir bis heu-

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Onkel und meinen Cousinen. Ich lasse den Blick durch das Zugabteil schweifen. Gegenüber von mir: ein Mann mit Bart und unglücklichen Augen. — Ich habe gedacht, ich wäre der glücklichste Mensch auf Erden, wenn ich das Aufnahmeverfahren bestehen würde. Berlin ist eine grossartige Stadt, ganz anders als Zürich. Zürich ist klein und schmuck und sauber. Berlin ist nichts davon, Berlin ist nur lebendig. Ausserdem sei Berlin eine einmalige Gelegenheit für meine berufliche und persönliche Weiterentwicklung, höre ich «Menschen mit Erfolg», was so viel wie «mit Festanstellung und gebügelter Krawatte» heisst, sagen. Und mir selbst fällt kein einziges veritables Argument ein, das gegen einen Umzug sprechen würde. Verdammt glücklich müsste ich nun sein, das ist mir klar. Und als mich Herr W. heute Morgen angerufen hat, da war ich das auch – für mindestens fünf Minuten. Ich hüpfte in albernen Sprüngen und pfeifend die Treppen hinunter, als mir im ersten Stock der Gestank von N.s Dogge in die Nase kroch. Jeden Morgen diesen widerlichen Gestank, habe ich gedacht, den gibt’s in Berlin be-

«Wenn ich schon kein Künstler sein kann, dann wenigstens gescheitert.» te noch nie so deutlich bewusst gewesen. Irgendwann haben mich meine Eltern aus dem Wohnzimmer gezogen, weg vom Sofa und weg von den zarten Leibern der Insekten, die sich vor dem Licht der Lampe wie Schattenrisse ausnahmen. Schweigend fahre ich mit Mama und Papa zu meinem

stimmt nicht. Ich würde nicht sagen, dass überhaupt ein Mensch diesen Geruch je vermissen könnte, aber mein Leben wäre nicht mehr dasselbe ohne diesen olfaktorischen Horror. Es wäre ein neues Leben, das Herbstmodell Berlin. Aber seither bin ich mir nicht mehr ganz sicher, ob ich Zü-

rich wirklich an den Nagel hängen will. Ich streiche mir über den Bart und lasse den Blick durch das Zugabteil schweifen. Gegenüber von mir: eine ältere Dame. — Bösartig, hat er gesagt und ich als ewige Optimistin habe mich vom Leben verhöhnt gefühlt. Ja, Krebs ist heute kein Todesurteil mehr. Aber ich bin noch nie in den USA gewesen. Meine Enkelin wird in einigen Monaten Mutter. B. und ich sind schon seit 48 Jahren verheiratet. 50 ist meine Lieblingszahl. Ich wünsche es mir, dieses Jubiläum. Ich weiss nicht, wie ich es B. sagen soll. Meine Worte sind aufgebraucht, ausverkauft – Mangelware. Vor 48 Jahren habe ich B. gefragt, ob er mich heiraten wolle. Dort war ich eine stolze Frau und eine Feministin gewesen. Heute bin ich nur noch krank – marode bis ins Mark. Ich balle meine beiden Fäuste und stosse dabei meine Handtasche an. Das ist also diese Schwerkraft. — Cremetiegel, Schlüssel, Geldbörse und Taschentücher liegen wie in einem Stilleben arrangiert auf dem fleckigen Boden der S-Bahn. Dann geht ein Bücken und Rücken durch das Abteil. Alle helfen mit und für einen Augenblick sind die vier Menschen, die sich nie wieder sehen werden, eine kleine Gemeinschaft. Sie stellen die Ruhe wieder her und nach getaner Arbeit wenden sie sich beschämt ab. Zu viel Nähe morgens um 11 Uhr in der S12. Alle kehren zurück in ihre angestammte Sitzposition und die Welt ist wieder in Ordnung. Langsam rollt der Zug an. Keine Stellwerkstörung heute. ¤


Illustration: Mauro Zocco



20 Die Waschküche Nadia Brügger Nina wohnt eben seit kurzer Zeit in einer Metzgerei. Das hat sie aber erst gerade herausgefunden. Jetzt, wo sie es weiss, fühlt es sich an, als wäre es schon immer so gewesen, also gewusst gewesen. Die Struktur des Hauses ergibt plötzlich Sinn, die kleinen Wohnungen mit ihren langen Gängen und den vereinzelten Toiletten auf den Fluren, die später in Wohnräume integriert wurden und dort drin nun etwas einsam am Rand liegen, als bräuchte es nicht viel, sie wieder auf dem Flur anzutreffen, wo es ihnen deutlich besser gefällt. In diesem Haus, dessen Garten nur für die Eigentümer zur Benutzung freisteht und wo Nina bei jeder verbotenen Zigarette in der Nacht spürt, wie der gezogene Bannkreis eines alten Zaubers nasskalt ihre Pyjamabeine streift und in diesem Haus, in dem eben Nina wohnt, unsere Nina, die fest an die Ernsthaftigkeit der Sprache glaubt und einen Mann hat, der Angst hat vor Schwämmen, und über den eine Freundin von Nina Nina gegenüber schon die feine Überlegung angestellt hat, dass er vielleicht selber ein Schwamm sei in dem Sinne, dass er alles aufsauge und aufsauge, bis es einmal nicht mehr gehe, in diesem Haus wurde gestern also eine Klage erhoben. Die Klage – wie übrigens jede – bleibt oben an den Decken hängen, bestenfalls, schlimmstenfalls liegt sie dick in den Türrahmen derjenigen, die sie ausstossen und arbeitet sich immer weiter vor. Die Klage geht so: Unbefugte (die Täterschaft ist möglichst im Plural zu halten, schlägt der Zettel mit krakligen Grossbuchstaben vor) haben eine Wäsche in die Maschine getan, und dabei handelt es sich nicht um die Wäsche der Partie der Einzimmerwohnung aus dem ersten Stock rechts, deren Waschtag der Montag auch wirklich rechtens wäre, sondern eben um die Wäsche von Unbefugten, die nun schon seit Stunden nach Programmende vor sich hin feuchtet. Der Unmut ist gross, er vergrössert das ganze Haus, dessen Dach nur so und so viel an schlechter Luft fassen kann – so hebt es sich langsam und nachdenklich ein wenig an. Das ist von aussen noch nicht zu sehen, aber bald. Die Wäsche unterdessen will niemandem gehören. Der Hauseigentümer tippt sich fest an den Kopf, um die Blödheit derjenigen zu illustrieren, deren Reflexionsmöglichkeit nicht einmal dafür hinreicht, einen Waschplan studieren zu können und sich daran zu halten, und vor allem dabei das Fenster nicht zu öffnen. Der Waschplan hängt in der Zwischenzeit unbeachtet und ungelesen in vielen fröhlichen Farben an der Türe zur Waschküche, die früher einmal ein Schlachtraum war. Nina möchte dem Hauseigentümer gerne sagen, dass es nichts gibt, worüber sich das heftige Antippen der Schläfe lohnen würde, und geht sich in die Waschküche die verbotene Wäsche anschauen. Aha, da liegt sie, nasszerknüllt in der Trommel, und sie wird es nicht eilig haben, hier rauszukommen – im Gegensatz zu Nina. Die befürchtet nämlich schon, dass, wenn der Hauseigentümer die Waschküche gerade jetzt stürmte, er natürlich denken würde, dass das eben doch ihre Wäsche sei und sie also die Täterin. Ein kurzer Blick in die Trommel hat Nina aber schon genügt, um bestätigen zu können, dass es sich bei dem verbotenen Trommelinhalt nicht um ihre Wäsche handelt. In ihrer Wohnung schaut sie vorsichtshalber nach, ob ein lachsfarbenes Frotteetuch, das sie in der Trommel hat ausmachen können, sich auch brav in ihrer Kommode befindet. Ja. Nina übernimmt eigentlich gerne die Verantwortung für verbotene Dinge, sie ist auch gerne demütig und gesteht Fehler ein, wo sie gar keine gemacht hat. Z. B. möchte sie eine Tabelle erstellen von all den Konflikten, die sie mit ihrem Mann je ausgetragen hat, und dort konsequent all ihre Fehler eintragen. Manchmal denkt sie auch: Heute ist ein guter Tag, meinem Mann gegenüber wieder einmal einen Fehler einzugestehen oder eine Erinnerung auszugraben, wo ich mich wirklich ganz schrecklich falsch verhalten habe. Die Wäsche käme ihr in gewissem Sinne also gelegen. Es ist aber wirklich nicht ihre. Die Klage hat sich in der Zwischenzeit schon so stark ausgebreitet, dass sie den alten Hauseigentümer dazu bewogen hat, den Telefonhörer zur Hand zu nehmen und der Verwaltung anzurufen. Das Hausdach verharrt angespannt, die Wäsche in der Trommel knüllt weiter vor sich hin. Die von der Verwaltung rufen jede Partie im Haus an (und wenn sie sie nicht erreichen, hinterlassen sie eine Sprachnachricht, in der das Wort «dringend» vorkommt), so also auch Nina. Nina bezeugt vorschnell ihre Unschuld und wird somit sofort zur Hauptverdächtigten erhoben. Die Frau von der Verwaltung, Frau Gaffner, zitiert den Hauseigentümer, der überhaupt ein riesiges Chaos in der Waschküche beklage. Nina nickt verständnisvoll ins Telefon hinein und verlässt mit fehlerhaften Schritten das Haus. ¤

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Illustration: nimbon

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Hoffnungen und Enttäuschungen auf dem Markt Oerlikon Judith Keller An der Ecke Ohmstrasse/Querstrasse, von der aus eine kurze Strasse vom Sternen Oerlikon aus zum Marktplatz führt, steht an einem 11. März im Samstagmorgenlicht ein Polizist mit einer erhobenen Maschinenpistole. Er sieht nicht ganz echt aus, aber vielleicht ist er es doch. Neben ihm steht ein junger Mann, dem man ansieht, dass er oft von der Polizei kontrolliert wird, während er gerade jetzt zusammen mit dem Polizisten angestrengt auf einen Punkt in der Mitte der Häuserzeile blickt, auf ein Schaufenster deutend, das sich direkt hinter einem Gemüsestand befindet, denn es ist Samstagmorgen und Markt in Oerlikon. Viele Leute stehen um den Gemüsestand herum. Erst jetzt bemerken die Passanten, dass am anderen Ende der kurzen Strasse eine ganze Gruppe von blauen Polizisten mit erhobenen Maschinenpistolen steht, die auf den einen Punkt starren. Es ist das Schaufenster eines Coiffeursalons. Eine Pinguinfamilie aus bepinseltem Karton blickt aus dem Schaufenster auf die Strasse und nimmt alles, was sich draussen bewegt, unbewegt zur Kenntnis, als wäre es seinerseits aus Pappe. Hinter den Pinguinen ist ein Rollladen heruntergelassen, aber so, dass dennoch Licht in den Salon fällt. Der blonde Gemüsehändler, von der Präsenz der Waffen seltsam beschwingt, sagt betont fröhlich zu einer Frau, die meint, es sei etwas merkwürdig, zwischen Maschinengewehren in Oerlikon Äpfel einzukaufen, sie müsse keine Angst haben, mit Maschinengewehren treffe man ja nie, was man wolle. Nein wirklich, er kenne sich da aus. Gerade davor habe sie ja Angst, sagt sie. «Warum?», fragt er. Das gehe ja dann schnell, da merke man gar nichts. Er habe im Leben vor nichts Angst. Jetzt kommt ein älterer Gemüseverkäufer und sagt zum jungen Gemüseverkäufer listig und gutmütig: «Was hast du denn wieder angestellt? Warte nur, die werden dich noch erschiessen.» Dieser Scherz ehrt den jungen Gemüseverkäufer und verleiht ihm neuen Schwung, fast tanzt er zum verlangten Gemüse. Gleichzeitig bemüht, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben, spricht er ins Gemüsekäuferpublikum, es handle sich hier sicher nur um eine Übung und man müsse keine Angst haben. Er habe sowieso keine Angst, denn er sei im Militär gewesen, das Umgebensein von Waffen sei ihm nicht fremd, er fände es im Gegenteil gut, dass die Polizisten Präsenz zeigten, weil ihnen, den Soldaten, ja die Waffen abgenommen würden, und was solle denn eigentlich ein Soldat ohne Gewehr? Während er das sagt, beobachten die Leute vor dem Gemüsestand, wie plötzlich Bewegung in die Polizisten kommt. Mit erhobenen Maschinenpistolen bewegen sie sich wie ein einziges, verworrenes, blau gepolstertes Wesen mit vielen leise trippelnden Füssen von beiden Strassenseiten her zum Coiffeursalon. Als handle es sich um eine bis zum letzten Moment verborgene Überraschung treten sie dann die Türe des Coiffeursalons ein und rufen gleichzeitig mit dumpfen Stimmen etwas in den Raum, während der Coiffeurkunde, der vor einem Spiegel sitzt, wie man durch die Rollladenritzen hinter den unbeweglichen Pinguinen erkennen kann, zusammenzuckt, wie in Filmen Leute zusammenzucken, die von hinten in einem Coiffeursalon erschossen werden. «Da haben sie sogar einen hingehockt für die Übung», sagt der Gemüseverkäufer etwas enttäuscht, als müsste er bei aller Freude realistisch bleiben. In der Meinung, sie hätten gerade eine Probe aus dem Theaterrepertoire der Polizisten gesehen, verstreuen sich dann einige Gemüsekäufer, während mehrere Familien wie angewurzelt stehen bleiben, als wären plötzlich sie die starrenden Pinguine. Da kann es der gut gelaunte Gemüseverkäufer nicht mehr aushalten und hüpft zum einzigen Polizisten, der vor dem Coiffeursalon wie ein steinerner Löwe wartet und fragt ihn, ob sich da eigentlich gerade eine Übung oder ein echter Einsatz abgespielt hätte. «Ein echter Einsatz», sagt der Polizist und lächelt diskret. «Also ist es doch ernst», sagt der Gemüsehändler in die Menge, die noch da ist, und es ist, als ob er still geworden wäre vor etwas Heiligem, an das er nicht mehr geglaubt hatte. Aber diese stille Andacht hält nicht lange an. Sein über Jahre genährter Realitätssinn bricht wie ein Schatten über ihn herein, als er meint, heute werde ja wegen dem ganzen Papierkram eh nicht mehr geschossen. ¤


Foto: Sebastian Wagner

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Illustration: Nicolas Matter



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SELTENE TROPEN

Seltsame Flüche Philipp Auchter «Da gönd der d Schüss id Lümpe!»(1) Der Volksmund steht im schlechten Ruf, derbe und obszön daherzureden. An gemeinen Redensarten aus ebendiesem Mund lässt sich aber vorzüglich beobachten, wie kreativ und effizient er sich selbst immer wieder neu zensiert und domestiziert. Ich mag mich erinnern, wie meine Primarlehrerin in einer lockeren Stunde uns Kindern die Methode beibrachte, im Falle eines erhöhten Fluchdruckes den unerwünschten Trieb zu sublimieren und schlimme Wörter, die uns wie «Scheisse» auf der Zunge liegen, in so etwas Lustiges wie «Scheibenkleister» zu transmutieren. Einige Kinder lachten. Meine Primarlehrerin hat diese Methode nicht erfunden. Das Gros unserer Flüche ist der allmählich einsetzenden Zensur durch reine Münder zu verdanken. «Gopfertori» oder gar das wunderschöne «Gopfertannewald» haben ihren Ursprung in jenem Fluch, den mir meine Mutter einst als «den schlimmsten aller Flüche» verbot. Ähnlich Blasphemisches versteckt sich hinter dem «Sack Zemänt», dessen sich all jene bedienen, welche die heiligen Sakramente dann doch lieber nicht verfluchen mögen. Und «Himmel-Heilandzack» verbirgt zackig, aber nur halbwegs, an welcher Glocke hier eigentlich gezogen wurde. Es ist sicher auch der Abkehr vom rechten Glauben geschuldet, wenn ein blasphemischer Fluch die gewünschte Triebabfuhr bei manchem nicht mehr gewährleisten kann. Deshalb ziehen in hiesigen, religionsfernen Kreisen obszöne Flüche im Bereich der Sexualität oder ach! – Beleidigungen der Mutter besser. Sie gehören jedoch zu den regulären Flüchen und interessieren hier nicht weiter. Stattdessen möchte ich auf eine mögliche

Fortsetzung der zensorischen Flüche hinweisen: Es handelt sich hier um Flüche, bei denen niemand so genau sagen kann, was hier eigentlich verflucht wird. «Proscht Nägeli» hat womöglich einen plausiblen Ursprung, es ist jedoch kaum jemandem bewusst, wofür «Nägeli» eigentlich steht, und dennoch – oder gerade deswegen löst der Ausruf eine gewisse ironische Befriedigung aus. Ein ähnliches Schicksal wie die, der oder das «Nägeli» hat im Schweizerdeutschen der letzten Jahrzehnte die gemeine Schnecke erlebt. Wenn dich etwas «aaschnägglet», dann lässt sich noch erahnen, dass die Schnecke hier dank ihrer Alliteration zensorisch herbeigerufen wurde. Doch die Schnecke hat eine weitaus gloriosere Karriere hingelegt: «Mach de Schnägg», «Mach kei Schnäggetänz» oder: «Das haut mer de Schnägg vom Teller» sind eindeutig schöne Flüche. In der Wendung «Läck mer am Schnägg» lässt sich argwöhnen, wofür die Schnecke bei all dem eigentlich stehen könnte. Das ausserordentlich Pro-

duktive am «Schnägg» oder am «Schnäggli» ist dabei im Umstand begründet, dass er oder es ebenso für das weibliche wie das männliche Geschlechtsteil stehen kann. «Schnägg» wird somit zum ultimativen Residuum für alles sexuell irgendwie Aufgeladene. Im «Schnägg» hat die moderne Schweiz ihr kollektives Sublimations-Tier gefunden. Das hat seine Gründe. Denn neben den Genitalien steht der «Schnägg» ja auch für die Klimax der Schweizer Währung: den Fünfliber, der im Volksmund ebenfalls «Schnägg» genannt wird. Und damit steigt die Schnecke definitiv zum eigentlichen Platzhalter für die Schweiz als solche auf. In diesem Olymp ist es ihr gelungen, selbst eine der eigentümlichsten Schweizer Exklamationen zu infiltrieren. Statt «Päch für d Schwiiz» sagen heute manche einfach nur: «Päch für d Schnägge». ¤ –– (1): Aus dem Züri-Slängikon für: «Das ist unglaublich!»


Foto: Sebastian Wagner


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Redaktion: EinFalt je Mitglied Sitzung im Aquarium, Druck und Delirium. Ziel: Redaktionelle Vorstellung zwecks besserer Identifizierung. Ob Prosatext oder Reim, im DS sind wir alle daheim. Ich pi** den Goethe an die Wand und schreibe nur noch selten von Hand. ^ Katharina Werner Inserate, Veranstaltungen, Cupcakes

Lieber hämmert die Maschine Zeichen auf das weisse Blatt Papier. Ein Durcheinander lateinischer Schriftzeichen formt sich langsam zu einem Ganzen: Wenn das Leben euch Zitronen gibt, macht doch einfach ein nices Zitronen-Pflaume-Zimt-Chutney mit gebratener Lammkeule und Couscous. Keineswegs ein schöner Anblick, aber von diesem Moment, diesem Moment mit Freund*innen, wirst du noch jahrelang zehren können. Denn die Momente sind wichtig. Prozesse statt Produkte. ^ Dario Spilimbergo Digitales, Finanzen

Autor*innen Yanick Ammann wäre heute Skirennfahrer, wenn man ihn als Kind gefördert hätte, stattdessen ist er Germanistikstudent. Glaubt, dass Literarisches im Fussball und in spärlich besuchten Kinovorstellungen zu finden ist.

< Lukas Keller Kommunikation, Wrestling Prozess heisst wachsen aus dem Heute in ein Morgen; Irrwege inkludiert. Produkt heisst wohlige Lethargie eines Endstadiums: Der Spatz in der Hand – Stillstand. Den bezahlten Preis für das Produkt nennen wir dann «Kollateralschaden». Auch als Begleitschaden, Mangelfolgeschaden oder Seitenschaden bezeichnet. Nicht bezweckt und nicht gewollt, formt er sich schleichend. Nur eine Fussnote zum Fehlschlag, ein schäbiges Machwerk aus einem Irrtum heraus entstanden, ein versehentliches Resultat... ^ Ursina Füglister Finanzen, Veranstaltungen

Jana Bersorger studiert zur Zeit Germanistik, Philosophie und Mittellatein (sic!). Sie mag den Geruch neuer Bücher und schreibt gerne alles Mögliche: Einkaufszettel, Pro-und-Contra-Listen, Gedichte etc.

Judith Keller studiert seit geraumer Zeit Germanistik und vergleichende Literaturwissenschaften. Davor studierte sie Literarisches Schreiben in Biel und Leipzig. 2017 erschien ihr Debüt «Die Fragwürdigen».

Nadia Brügger sieht man möglicherweise einmal von Weitem, wie sie in samtigen Pantoffeln – den Waschkorb eng an den stählernen Körper gedrückt – und mit nervösem Sauseschritt in den Schlachtraum prescht.

Salomé Meier lebt in Zürich und mehrere Monate im Jahr auch nicht. Plot-Twist: Jeden Montag- und Donnerstagabend übt sie sich in (Partner-)Akrobatik, wo sie zuweilen selbst zum menschlichen Ornament wird.

Larissa Schüller schreibt, weil es hilft, sich ein Weilchen vor Unipflichten zu drücken. Oft wünscht sie sich nichts sehnlicher als ein warmes Ofebänkli und ein bisschen mehr so zu sein wie Ronja Räubertochter.

Tim Huber studiert noch ein letztes Semester Germanistik und AVL. Trotzdem hört er lieber O.G.C.s «Da Storm», als dass er Shakespeares «The Tempest» liest.

Carla Peca lebt in Zürich und studiert dort Kulturanalyse und Germanistik. Wenn sie nicht gerade mit Worten Chaos kreiert, findet man sie zuweilen verstrickt in Ausstellungen zu globalen Verflechtungen.

Carlo Spiller lebt in Zürich und studiert dort an der Universität, sowie am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. 2016 erhielt er das Aufenthaltsstipendium des Literarischen Colloquiums Berlin. www.carlospiller.com.


ESSUM

31 Online www.denkbilder.uzh.ch

Mail denkbilder@ds.uzh.ch

Adresse Denkbilder, Deutsches Seminar Schönberggasse 9 8001 Zürich

Layout Simon Leuthold, Zürich

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< Jana Bersorger Veranstaltungen, Online

Sebastian Wagner

Was ist ein Homunkulus? Auf jeden Fall entsteigt er dem Gesöff, seufzt, jubiliert und schaut sich dann um. Er sieht... ^ Judith Keller Leiterin Lektorat, Metaphysisches

ropress, Zürich

Thierry Seiler, Zürich

Cover ergibt dieses unleserliche Gekritzel. Sich nicht an die Rezeptur zu halten, hat diese Pampe hervorgebracht. Ein Homunkulus entsteigt dem Gesöff.

Druck

< Carlo Spiller Lektorat, Memes auf die Scherben seiner Existenz, alles fein säuberlich vor sich ausgebreitet. «Jahrelange Arbeit, und das ist alles, was dabei herauskam?», sagte das Chaos zum Zufall.

Auflage 500 Exemplare, erscheint zweimal jährlich im Frühjahr und Herbst. ISSN: 2235-7807

< Simon Leuthold Gestaltung, Layout, Wortspielereien < Sarah Möller Redaktionsleitung, hat viel zu tun

Noëlle Häuser Veranstaltungen, war beim Falten nicht da.

Mike Wunderlin studierte Germanistik in Zürich und bereitet sich nun auf seine Zukunft als Deutschlehrer vor. Lieblingswort: Anfang-ende. Abneigungen: Aufzählungen, Ironie und Rechtschreibfähler.

Die Denkbilder erscheinen mit der freundlichen Unterstützung des Deutschen Seminars der Universität Zürich.



Kitsch Call for content Literarische Beiträge Essays Illustrationen/Fotografien bis 20.9.2018 denkbilder@ds.uzh.ch



© Alan Maag / Max Frisch-Archiv, Zürich

Max Frischs Notizhefte

Ausstellung im Max Frisch-Archiv 18. Mai bis 28. September 2018 Öffnungszeiten: Mo – Fr, 10 –17 Uhr

Max Frisch-Archiv

ETH Zürich, H-Stock, Lesesaal Sammlungen und Archive Rämistrasse 101, 8092 Zürich, www.mfa.ethz.ch

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Ein Film von HANS WEINGARTNER («Die fetten Jahre sind vorbei»)

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