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Umwelt-Nachrichten

zusammengestellt von Andrea Reiche

Bio-Umsatz 2020 stark gestiegen

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Der Naturkostgroßhandel hat laut Angaben des Bundesverbandes Naturkost Naturwaren (BNN) im vergangenen Jahr einen Umsatz von 2,34 Milliarden Euro erzielt. Das entspricht einer Steigerung von 21,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wo der Umsatz bei 1,92 Milliarden Euro gelegen hatte. Das Geschäft der Großhändler zog damit im Corona-Jahr 2020 noch stärker an, als das der Naturkostfachgeschäfte. Die Bio-Einzelhändler konnten ihre Umsätze um 16,4 Prozent auf 4,37 Milliarden Euro steigern. In der Corona-Pandemie hat sich nicht nur verändert, was Verbraucher einkaufen, sondern auch, wie sie das tun. Maskenpflicht, Angst vor Ansteckung und teilweise eingeschränkte Öffnungszeiten infolge regionaler Ausgangssperren führten dazu, dass die Kunden seltener in die Läden kamen, dafür aber viel mehr Artikel einkauften. Im zweiten Halbjahr 2020 stieg der durchschnittliche Bonwert im Naturkostfachhandel um rund 23 Prozent auf 21,05 Euro im Vergleich zur zweiten Jahreshälfte 2019.

Quelle: BNN

Corona-Pandemie beein- flusste Luftqualität nur leicht

2020 wurde der Jahresmittelgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ Luft voraussichtlich nur noch an rund drei bis vier Prozent der verkehrsnahen Messstationen überschritten. 2019 waren es noch 21 Prozent. Insgesamt ist die Belastung mit Stickstoffdioxid deutschlandweit damit weiter deutlich rückläufig. Das zeigt die vorläufige Auswertung der Messdaten der Länder und des Umweltbundesamtes (Stand 01.02.2021) von bislang rund 400 Messstationen.

Quelle: Umweltbundesamt

Neuer Nachhaltigkeitsstandard

für die Lebensmittelbranche: We Care Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL Deutschland e.V.) hat heute We Care, den neuen Nachhaltigkeitsstandard für die Lebensmittelbranche mit besonderem Fokus auf die Lieferkette, vorgestellt. We Care bestätigt zertifizierten Unternehmen, dass sie vom Anbau in den Ursprungsländern bzw. der Region bis zum heimischen Unternehmensstandort gemeinsam mit ihren Partnerinnen und Partnern umfassende ökologische und soziale Kriterien einhalten. Mit Einbeziehung der Lieferkette geht We Care einen Schritt weiter als andere Managementsysteme. Viele der im Lebensmittelbereich üblichen Standards oder Zeichen fokussieren einzelne Produktketten, nicht aber Unternehmen als Ganzes. Sie betrachten lediglich einzelne Aspekte der Herstellung oder des Einkaufs, jedoch nicht alle wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen. We Care schließt diese Lücken, integriert andere anspruchsvolle Nachhaltigkeitsstandards und ergänzt diese sinnvoll.164 ökologische und soziale Kriterien mit Schwerpunkt Lieferkette

Quelle: FIBL

EU-Kommission erteilt acht Genehmigungen für Import von Gentechnik-Pflanzen

Es handelt sich um Mais und Soja, die Insektengifte produzieren und gegen Herbizide wie Glyphosat resistent gemacht wurden. Fünf davon sind Neuzulassungen, bei drei Anträgen handelt es sich um Wiederzulassungen. Die Ernte dieser Pflanzen darf jetzt in die EU importiert und als Lebens- und Futtermittel verwendet werden. Bereits Ende letzten Jahres hatte sich das EU-Parlament in mehreren Resolutionen gegen diese Zulassungen ausgesprochen. Einen Tag vor der Entscheidung der EU-Kommission hatte Testbiotech letzte Woche eine neue Studie zu den Mängeln der EU-Risikoprüfung von Gentechnik-Pflanzen veröffentlicht. Diese zeigt, dass die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) seit Jahren bei ihrer Risikoprüfung auf faktisch falschen Annahmen beharrt und sogar aktiv versucht, von den blinden Flecken der Risikoprüfung abzulenken.

Quelle: Testbiotech

Mehrheit im Bürgerentscheid spricht für Staatswald statt Gewerbegebiet

Bis zum 14. Februar konnten die Menschen in Weiden in der Oberpfalz über die geplante Erweiterung des Gewerbegebietes Weiden-West in einem Bürgerentscheid abstimmen. Eine überwältigende Mehrheit von über 65 Prozent stimmte für den Erhalt des 70 Hektar großen Staatswaldes als grüne Lunge der Stadt Weiden. „Die Menschen wollen eine nachhaltige Stadtentwicklung und nicht noch mehr Flächenfraß. In Zeiten des Klimawandels können wir uns großflächige Rodungen von Wäldern nicht erlauben“, sagt der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer. Der LBV freut sich über den großartigen Erfolg des örtlichen Bündnisses und dankt allen Aktiven für den Einsatz in den vergangenen Wochen.

Quelle: LBV

Müllmengen in der EU steigen

Neue Zahlen zur Abfallerzeugung in Europa widersprechen den politischen Bemühungen der letzten Jahre, Ressourcen besser zu nutzen und Abfall zu vermeiden. Dabei zeigt eine Studie, dass eine bessere Integration von Abfallvermeidung in unsere Wirtschaft unzählige neue Jobs schaffen könnte. Neuesten Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat zufolge produzierten die Menschen in der EU 2019 im Durchschnitt 502 Kilogramm (kg) Müll, eine halbe Tonne also. Damit hat das Abfallaufkommen zwar keinen neuen Höchststand erreicht - der liegt bisher bei 518 kg im Jahr 2008 - , ist im Vergleich zum Vorjahr allerdings um 7 kg angestiegen. Insgesamt lag die Müllmenge in der EU damit bei 225 Millionen Tonnen, von denen weniger als die Hälfte (47,6 Prozent) recycelt oder kompostiert wurde. Etwas mehr als die Hälfte der Abfälle landete auf Mülldeponien (24 Prozent) oder in Müllverbrennungsanlagen (26,7 Prozent).

Quelle: Deutscher Naturschutzring

Neonikotinoidverbot wird oft umgangen

Bienenschutzorganisationen haben erhebliche Zweifel an der Methode der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA in puncto Schutzziele für Bienen. EUParlamentarier veröffentlicht Appell gegen die Notfallzulassung von hochgefährlichen Insektiziden. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Ernährungssicherheit (BVL) wehrt sich gegen Kritik für genehmigte Ausnahmen. Der Imkerbund Rheinland-Pfalz will sich bei EUKommission beschweren.

Quelle: Imkerverband Rheinland-Pfalz e.V.

Die Klimabewegung 2021 – was steht an?

In den letzten Jahren wurde die Klimakrise zerredet, kleingemacht, Maßnahmen wurden diskutiert und Proteste gefeiert, diffamiert oder auch gelobt ohne Ende – und politische Konsequenzen. Seit Corona heißt es, die Klimakatastrophe sei leider etwas „in Vergessenheit“ geraten oder sie wird mit der Pandemie verglichen. Welche Krise ist denn jetzt schlimmer?

Bei einer Erderhitzung von aktuell ca. 1,2 Grad und einem ständig kleiner werdenden Zeitfenster von momentan sechs Jahren und zehn Monaten bei gleichbleibenden Emissionen bis wir die 1.5 Grad Grenze erreichen, sind wir auf dem besten Weg, die Welt bis zum Ende des Jahrhunderts um 3-4 Grad zu erhitzen. Dabei zerstören wir nicht nur irresversibel Ökosysteme, sondern auch unsere eigenen Lebensgrundlagen. „Es ist äußerst wahrscheinlich, dass der menschliche Einfluss die Hauptursache der beobachteten Erwärmung seit Mitte des 20. Jahrhunderts war.“ heißt es im fünften Sachstandsbericht des IPCC. Nur sind die Hauptverursachenden nicht auch die größten Leidtragenden. Es herrscht eine immense Ungerechtigkeit zwischen historisch viel CO2 pro Kopf emittierenden Ländern (zum Beispiel Deutschland) und den MAPA – Most Affected People and Areas (meistens Länder des globalen Südens).

Die Reichsten 10% verursachen übrigens über die Hälfte der Treibhausgasemissionen, die 100 größten Konzerne sind für rund 70% verantwortlich.

Die Klimakrise ist also in vielerlei Hinsicht eine Gerechtigkeitskrise und ist verknüpft mit Unterdrückungsstrukturen dieser Welt. Deshalb hat sie auch viele systemische Ursprünge – und fordert systemische Lösungsansätze.

Eine kurze Erläuterung:

Der Reichtum und das Steigern von Profiten (und damit des Emissionsausstoßes) im globalen Norden gründet auf der Ausbeutung von Menschen und Natur in anderen Teilen der Welt. Um Gerechtigkeit herzustellen und der Klimakrise entgegenwirken, müssen wir diese Ursachen erkennen.

Auerdem ist unser System ist nicht darauf ausgerichtet, dass wir nachhaltig leben, es geht viel mehr darum, viel zu konsumieren. Ein klimaneutrales Leben zu führen ist kaum möglich – dass liegt aber nicht an den einzelnen Menschen, sondern daran, dass z.B. Zugfahren immer noch so viel teurer ist als Fliegen, dass Fleisch so billig ist, dass es bei Konsumentscheidungen kaum möglich ist, nur nachhaltige Produkte zu wählen, die sich auch alle leisten können.

Und solange wir noch einen großen Teil unseres Stroms aus fossilen Energien gewinnen, können wir nicht klimaneutral werden. Das ist eine politische und keine individuelle Entscheidung.Um all dass zu ändern, müssen Ansätze von der Politik ausgehen – dem 1.5 Grad Ziel haben sich die Entscheidungstragenden 2015 mit dem Pariser Abkommen verpflichtet. Der in unserer Wirtschafts-, Lebens-, und Krisenmanagementsweise gründende Krisenkomplex erfordert mehr als ein paar Klimapäckchen.

Deshalb wird die Klimagerechtigkeitsbewegung dieses Jahr an mehreren Stellen aktiv sein. Die Bundestagswahl wird die Richtung der nächsten vier Jahre Klimapolitik angeben. Wie alle Wahlen, muss es eine Klimawahl werden. Das heißt: Alle Parteien müssen zeigen, wie ernst sie Klimaschutz nehmen, das Thema sollte mit wahlentscheidend sein. Wähler*innen müssen unter diesem Aspekt ihr Kreuz setzen.

Und da keine der vertretenen Parteien einen genauen Plan hat, um die 1.5 Gradgrenze nicht zu überschreiten, wird es ordentlich Druck von der Klimabewegung geben. Denn, kleiner Reminder: Die Bundesregierung hat sich diesem Ziel verpflichtet, nicht wir.

Die verschobene Weltklimakonferenz in Glasgow muss sich beweisen. Haben die globalen Entscheidungsmächte ihr Krisenmanagement verändert und sind sie bereit, ihre Klimaziele an ihre eigenen Versprechen (dem 1,5 Gradziel) anzupassen und diese einzuhalten sowie gerecht zu gestalten?

Neben diesen und weiteren nationalen und globalen Terminen ist es wichtig, sich auch die lokalen Ereignisse anzusehen. In München findet im Herbst die IAA (Internationale Automobil-Ausstellung) statt, in einer Stadt, die bis 2035 Klimaneutralität beschlossen hat und den Klimanotstand ausgerufen hat. Wichtige Schritte. Nun soll aber eine Woche lang ein veraltetes Mobilitätskonzept überall verteilt in München präsentiert werden. So sieht eine gerechte und ökologische Mobilitätswende nicht aus, das wird auch Fridays for Future München deutlich machen.

Diese drei Beispiele auf drei verschiedenen Ebenen sind nur ein kleiner Ausblick auf das vor uns liegende Jahr. Solange die Pandemie uns noch einschränkt, werden wir Wege finden, für Klimagerechtigkeit laut zu werden – sowie wir es seit Beginn der Pandemie tun. 2021 werden und müssen wir dennoch wieder groß auf die Straße gehen, in das Bewusstsein der Öffentlichkeit dringen. Denn die Entscheidungen, die in diesem Jahr getroffen werden, sind mehr als richtungsweisend.

Vor allem sind es die Entscheidungen aller Politiker*innen und Entscheidungsträger*innen, die die Möglichkeit haben, zu entscheiden, wie es „nach Corona“ weitergeht, und endlich den Weg in eine klimagerechte Welt einzuschlagen. Elena Balthesen von Fridays for Future München

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