GRASWURZEL Die Zeitung der Grünen & Alternativen StudentInnen
Ausgabe Mai 2007
Bildungspolitik: Studiengebühren, Zugangsbeschränkungen und Plagiate Seite 4-7
Demokratie: Über die leisen Stimmen und die „Zauberformel“ gegen Politikverdrossenheit Seite 11-12
Ausländische Studierende: Über das passive Wahlrecht und unser unmenschliches Fremdenrechtspaket Seite 13-17
Feminismus: Geschlechtergerechte Sprache, Selbstbestimmung und überhaupt – HERRschaft raus! Seite 19-21
Zulassungsnummer 02Z034619
Freiraum: Was ein Mensch braucht, um zu dem zu werden, was er/sie ist und über den gewaltsamen Abriss von Freiraum in Kopenhagen Seite 30 - 33
Graswurzel mai 07
Inhalt
Inhalte 2
Inhaltsverzeichnis
3
Probier mal… GRAS! Du hast die Wahl…
Bildungspolitik
4 Studien gebühren allen! Es gibt sie… die bildungspolitischen Alternativen! 6 Vorsicht PlagiatsjägerInnen! : Kann man/frau Gedanken stehlen? 7
Beschränkte Bildung: Lieber keine ZuGaBe!
8 „Herr Bundeskanzler“ Über Lebensträume, Proteste und andere bildungspolitische Wahnsinnigkeiten.
Soziales
22 Obdachlosigkeit: Freiraum, Eigenständigkeit und Selbstbestimmung – Grundrechte. Im Verein NeunerHaus, initiiert von Markus Reiter, ehemaliger Aktivist der GRAS, wird Obdachlosen mehr als nur ein Dach über dem Kopf gegeben. 23 Unterfinanzierte Unis und Stipendienwesen, unterbezahlte Nebenjobs in prekären Verhältnissen und Studiengebühren – Studieren ist kein Honiglecken. 24 Und, ordentlich mindestgesichert? Markus Koza von der AUGE über eine Mindestsicherung, die nicht einmal ihren Namen verdient.
Gesellschaft
9 Wie funktioniert die ÖH eigentlich? Das Wichtigste zur ÖH Wahl 2007.
26 Cannabis – Ein kultureller, rauschender und politischer Überblick macht Lust auf mehr…
10 Umstellung auf Bachelor und Master – ein Fortschritt?
28 Die Welt fairändern… Helena Papadopoulus von der ARGE Weltläden über bewussten Konsum, unnötigen Zwischenhandel und das Märchen mit dem Preis…
Demokratie
11 Demokratie, Partizipation und Mitbestimmung – die „Zauberformel“ gegen Politikverdrossenheit. 12 Nie mehr drüberfahren – über die Idee der Basisdemokratie auch auf die leisen Stimmen zu hören. 13 Kann ein Mensch illegal sein? Was bedeutet es ein/e BürgerIn zu sein?
Fremdenrecht
14 Ein Gespenst geht um in Österreich… der fremdenfeindliche Grundkonsens in Österreich und unser unmenschliches Fremdenrechtspaket. 15 Ein Jahr Ehe ohne Grenzen – doch das Innenministerium ignoriert gekonnt die unzähligen Schicksäle vor seiner Türe. 16 Doppelte Studiengebühren, kein passives Wahlrecht und strukturelle Diskriminierung – Über den Kampf der GRAS um Grund- und Menschenrechte.
Feminismus
Freiraum
29 Vielfalt statt Einfalt! „Quotenschwule“, „linke Lesben“ – ist das tolerant? 30 Lebens(t)raum Uni – Wie schön wäre es, wenn die Uni wieder der Ort für Diskussion, Austausch und genug Freiraum zur Selbstbestimmung und Selbstgestaltung wäre… 31 Was braucht ein Mensch, um zu dem zu werden, was er/sie ist? Freiraum! 32 Das Ungdomshuset in Kopenhagen – Über den brutalen Abriss eines Freiraums. 34 NGO’s werden immer mehr zur dritten Instanz bei weltpolitischen Entscheidungen – aber wie sind sie legitimiert?
Ökologie
36 Kein Umweltmusterland… Energieverschwendung und das Ignorieren besserer und billiger Alternativen
18 Neue Regierung – Neue Frauenpolitik? Was wir uns erwarten dürfen…
37 A midfrühlingsnight’s dream – David Wedenig über das ominöse „später“ am Idealismus.
19 Geschlechtergerechte Sprache: Von der Neutralität des Männlichen und warum niemand weiß, dass eine Frau das erste Computerprogramm geschrieben hat…
38 Klimawandel: "Was für die Wirtschaft gut ist, ist für den Menschen gut" rütteln werde – ist ein Ausgang aus der ökonomischen Sackgasse möglich?
20 Feminismus ist revolutionär - warum nur linke Politik feministisch sein kann – aber nicht zwingend ist.
40 Auf nach Heiligendamm zum G8 Gipfel! Alle wichtigen Informationen und web-adressen auf einem Blick.
20 Ob Kinder oder keine, entscheidet Frau alleine! Es ist ein Menschenrecht über den eigenen Körper bestimmen zu dürfen.
42 Mein Papa, der Fernseher… Wenn Marge, Eric, Malcolm und Gracie deine Familie werden und Fran auf dich aufpasst…
21
Unigruppen
HERRschaft raus! – Die Uni ist unser Haus…
41
Deine Unigruppen stellen sich vor!
Inhalt
Graswurzel mai 07
Probier mal... GRAS! Von 22.-24. Mai sind ÖH- Wahlen – und du entscheidest wer dich als StudentIn in den nächsten zwei Jahren politisch vertritt.
B
ildungspolitisch turbulent und aufregend verliefen die letzten Monate seit den Koalitionsverhandlungen im Dezember. Im Sommer gab es noch das große Versprechen der SPÖ, die Studiengebühren abzuschaffen, sollte sie in die Regierung kommen. Mit den Verhandlungen begann es sich allerdings abzuzeichnen, dass der große Traum zerplatzen würde. Die GRAS wurde aktiv: die Aktion 363 Sekunden gegen Studiengebühren legte den Verkehr auf dem Wiener Ring vor der Hauptuni und auf der Mariahilferstraße für mehrere Minuten lahm. Ein Hupkonzert gegen Studiengebühren. Als im Jänner das tolle Sozialdienst-Modell zur Abarbeitung der Studiengebühren präsentiert wurde, folgten Wochen der Demonstrationen, der Ring war teilweise ganztags gesperrt, die SPÖZentrale in der Löwelgasse besetzt und zur Angelobung der Regierung gab es gebührende Proteste.
Kampf gegen das vorHERRschende Bild Nicht nur im Kampf gegen die Studiengebühren ist die GRAS aktiv: Sexismen, Rassismen und
Layout: Sigrid Maurer; Redaktion: Flora Eder; AutorInnen: Fanny Rasul, Lina Anna Spielbauer, Ivana Pilic, Huem Otero, Andi Novak, Bernhard Leubold, Sebastian Howorka, Patrick Zöchling, Lam Tran-Dinh, Flora Eder, Petra Sussner, Sonja Hödl, Brigitte Zumtobel, Michi Bauer, Philipp Ulrich, Anna Daimler, Herbert Buchegger, Julian Schmid, Christoph Schlemmer Fotos: Oliver Brandl, NeunerHaus, AUGE, Flora Eder, SPÖ, Martin Tiefengrabner, Eva Schönwetter
Zugangsbeschränkungen zeichnen das aktuell auf der Uni vorHERRschende Bild, gegen das die GRAS entschieden, widerständig und erfolgreich auftritt. Mit unserer Spitzenkandidatin Fanny Rasul gehen wir erneut widerständig und lebendig in den ÖH- Wahlkampf. Die 22-jährige Politikwissenschaftsstudentin ist unsere starke Stimme nach außen – nach innen sind wir basisdemokratisch und lehnen Hierarchien und minderheitenfeindliche Mehrheitsabstimmungen ab.
Schwerpunkte im Wahlkampf Vier Schwerpunkte werden wir im diesjährigen Wahlkampf zum Thema machen: • Bildungspolitik: Zugangsbeschränkungen, Studiengebühren, überfüllte Hörsäle und zu wenig Lehrangebot sowie die Ökonomisierung der Bildung – so darf es nicht weitergehen. Unsere Alternativen: ein offener Hochschulzugang, Förderung von SchülerInnen aus „bildungsfernen“ Familien und eine Gestaltung der Universitäten als UNSEREN Lebensraum. Universitäten sind keine Unternehmen und wir nicht die KonsumentInnen! Außerdem fordern wir eine umgehende Re-Demokratisierung des undemokratischen ÖVP-AGFPÖ-BZÖ Universitätsgesetzes von 2002. • Gegen Diskriminierung ausländischer Studierender: Gleichstellung – Jetzt! Studierende aus Nicht-EWR Ländern müssen zur Zeit die doppelten Studiengebühren entrichten, dürfen zu den ÖHWahlen nicht antreten und werden durch Alltagsrassismen und gesetzliche Diskriminierungen im alltäglichen Leben benachteiligt. Wir fordern ein passives Wahlrecht
zu den ÖH- Wahlen sowie die Abschaffung der Studiengebühren für alle Studierende, einen freien Zugang zum Arbeitsmarkt, die Einbindung ausländischer Studierender in das Beihilfensystem sowie eine umgehende Rücknahme des Fremdenrechtspaketes 2005. Auch das Migrations-Zehnpunktesystem der Grünen, das MigrantInnen nach ihrem wirtschaftlichen Vorteil für Österreich bewertet, lehnen wir ab. • Feminismus: Noch immer gibt es keine einzige Rektorin in Österreich, der Professorinnenanteil liegt bei mickrigen 14 Prozent. Wir als GRAS fordern mehr Frauen in Entscheidungsgremien und höheren Positionen an der Universität und ein Auflösen der Männerseilschaften an den Universitäten um die „gläserne Decke“ endlich zu zerschlagen. • Sozialpolitik: Studiengebühren, ein Stipendienwesen, das Studierende von ihren Eltern abhängig macht, sowie der Zwang zur Erwerbstätigkeit müssen ein Ende haben! Studieren ist ein Vollzeitjob, die Lehrpläne sind auf den Aufwand einer 40-Stunden Arbeitswoche angelegt – und trotzdem gehen 80% der Studierenden neben dem Studium einer Erwerbstätigkeit nach. Wer neben dem Studium arbeitet, studiert länger und fällt so aus dem Beihilfensystem und muss noch mehr arbeiten. Dieser Teufelskreis muss durchbrochen werden!
ÖH-Wahl 22.-24. Mai In diesem Sinne: so kann es nicht weitergehen – wer sich bei den ÖH-Wahlen von 22.-24. Mai für die GRAS entscheidet, entscheidet sich für eine aktive Uni-Politik und gegen einen Kuschelkurs mit unserer bildungsfeindlichen Regierung.
Editorial Du hältst sie nun in Händen – unseren Grund, unsere FreundInnen in letzter Zeit vernachlässigt, schlaflose Nächte verbracht, unsere Bäuche mit dem Inhalt zu vieler umweltgrauenhafter Dosen eines bösen österreichischen Energiedrink-Herstellers verklebt und ständig am Telefon auf der Suche nach den Artikel unzähliger AutorInnen verbracht zu haben: die Graswurzel… Dafür ist sie aber nicht zu kurz geworden: 48 Seiten voll mit unseren Plänen, An- und Aussichten, all unseren unibezogenen Schwerpunkten und einigem mehr. Und wer nicht für die Kunst ist, ist gegen die Kunst und deswegen ist es ganz klar dass diese Ausgabe wieder einmal grenzgenial geworden ist. Und offenbar haben wirs auch bis zum Drucktermin geschafft (also bitte, es behaupte noch einmal wer, die GRAS wäre ein chaotischer Haufen... :) deine Redaktion
IMPRESSUM: Graswurzel Nr. 01/07 Zeitschrift der GRAS (Grüne und Alternative StudentInnen) Erscheinungsort: Salzburg Zulassungsnummer: 02Z034619 Medieninhaberin, Verlegerin, Herausgeberin: GRAS Lindengasse 40, 1070 Produktion: Flora, Sigi Druck: Salzburger Druckerei, Salzburg
Graswurzel mai 07
Bildungspolitik
Studien gebühren allen! Es gibt sie – die Alternativen zu Studiengebühren, Zugangsbeschränkungen und Co! Und die GRAS wird nicht müde, für diese zu kämpfen. Veranstaltungen wie „Die Woche der freien Bildung“, zeigen, dass eine Bildungspolitik ohne „Studienplatzbewirtschaftungen“, soziale, finanzielle oder willkürliche Selektion, und ohne die Unfähigkeit, über den Tellerrand zu blicken möglich ist. Ein Aus- und Überblick von Fanny Rasul über freie Vorlesungen in Straßenbahnen, Parks und Hörsälen, Emanzipation und die Selbstbestimmung der Studierenden.
V
iel ist in den letzten Monaten in der Bildungspolitik passiert, doch wenig hat sich getan. Studiengebühren bleiben, Zugangsbeschränkungen auch und seit Neuestem haben Studierende die Möglichkeit neben dem Studium zu arbeiten um so die Gebühren rückerstattet zu bekommen. Aha. Österreichs Bildungspolitik- eine Bankrotterklärung? Wer sich heutzutage mit Bildungspolitik beschäftigt, geht ein hohes Frustrationsrisiko ein. Die Frage „Warum für einen offenen und freien Hochschulzugang (weiter)kämpfen?“ drängt sich auf. Verstärkt wird dies durch die Ereignisse rund um die Regierungsbildung der großen Koalition, bestehend aus SPÖVP. Entgegen ihren Wahlversprechen hat die SPÖ den Willen, die Studiengebühren abzuschaffen gegenüber der ÖVP nicht durchgesetzt. Damit hat sie die einmalige Gelegenheit verpasst, die von der schwaz-blau-orangen UNbildungspolitik verursachte Ungerechtigkeit aufzuheben und den offenen und freien Hochschulzugang – zumindest formell - (wieder) herzustellen. Dies hinderte die SPÖ aber nicht daran, die Studierenden vom Gegenteil überzeugen zu wollen: denn anstatt diesen Umfaller einzugestehen, folgte durch die Präsentation des „Sozial-
dienstmodells“ eine beispiellose Verhöhnung und Diffamierung der StudentInnen und löste außerdem Chaos und Unstimmigkeiten mit dem Koalitionspartner in der Arbeitsgruppe aus, die dieses Modell erarbeiten sollte. Umso wichtiger ist es jetzt,
«Wer sich heutzutage mit Bildungspolitik beschäftigt, geht ein hohes Frustrationsrisiko ein.»
diesen Entwicklungen kritisch gegenüber zu treten und einen „anderen“ Bildungsbegriff zu fordern. Denn es gibt sie, die Alternativen zu Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen und die GRAS wird nicht müde für diese zu kämpfen! So haben wir innerhalb der Österreichischen HochschülerInnenschaft die „Woche der freien Bildung“ initiiert. Gemeinsam mit Universitätsvertretungen, Studierenden und Lehrenden wurde die Universität in den öffentlichen Raum verlegt. Die Vorlesungen fanden nicht in überfüllten Hörsälen sondern in Straßenbahnen, Parks und Hauptplätzen statt. Sie wurden so zu Volxvorlesungen – frei von Zugangsbeschränkungen. Eine Woche lang wurde der öffentliche Raum erobert, Bildung nicht länger als Ware betrachtet, die konsumiert wird, sondern als Mittel zur Emanzi-
pation und Selbstbestimmung anerkannt. Aus diesen Punkten leiten sich unseren bildungspolitischen Alternativen ab für die wir als GRAS – auch weiterhininnerhalb der ÖH und vor Ministerium und Rektorenkonferenz (Reko) eintreten wollen.
Her mit dem Geld! Österreichs Universitäten werden seit Jahren chronisch unterfinanziert. Die Ausgaben für den tertiären Bildungssektor gemessen am Brutto Inlands Produkt (BIP) liegen in Österreich bei nur 1,1% (der OECD Durchschnitt liegt bei 1,4%). Dieses Kaputtsparen bekommen nicht nur Studierende zu spüren, auch die Universitäten beugen sich zusehends den daraus resultierenden ökonomischen Zwängen und werden so zu studierfeindlichen Ausbildungsstätten die sich ihre StudentInnen – durch „total faire“ – Ausleseverfahren- aussuchen wollen. „Studierfähigkeit“ und „Sudienplatzbewirtschaftung“ sind die neuesten Modewörter. Dahinter verbergen sich pseudo-wissenschaftliche Intelligenztests und selektive Auswahlverfahren, die mit „Fairness“ nichts zu tun haben. Die Studiengebühren wurden im Jahr 2001 eingeführt, um die strategische Unterfinanzierung der Universitäten auszugleichen, die durch das Stopfen anderer Budgetlöcher entstanden sind. Tausende StudentInnen wur-
den daraufhin gezwungen, ihr Studium abzubrechen. 80% müssen seither „nebenbei“ Lohnarbeiten um sich Studium und Lebenserhalt zu finanzieren. Das Stipendiensystem wurde seit 1999 nicht mehr an die Inflation angepasst, das bedeutet für die rund 18% BezieherInnen der Studienbeihilfe, dass sie von der Hilfe (im Durchschnitt 220 € im Monat) nicht leben können. Studiengebühren verschlechtern aber nicht nur die Lebenssituation von StudentInnen, sie verstärken auch die soziale Selektion im Bildungssystem, die in Österreich bereits nach der Volkschule im Alter von 10 Jahren beginnt. Nicht nur bei der Entscheidung zwischen Hauptschule und Gymnasium – die von den Eltern getroffen wird und meist vom „bildungsgrad“ der Eltern abhängt – gehen den Universitäten StudentInnen verloren, auch Menschen die sich für ein Studium als zweiten Bildungsweg entscheiden, werden durch Studiengebühren vom Studium abgeschreckt. Die Einhebung der Studiengebühren war der erste (offensichtliche) Schritt in Richtung Abbau des freien Hochschulzugangs und der freien Studienwahl. Ganz im Sinne von „Was nix kostet, is nix wert“ wurde Bildung durch die Schwarz-BlauOrange Regierung der Status einer Ware verliehen, die Unis zu wirtschaftlichen Unternehmen
Bildungspolitik
und wir – die Studierenden – zu KonsumentInnen degradiert.
Bildungsexpansion jetzt!
–
"Deutsche Bildungsflüchtlinge stürmen Österreichs Universitäten“, „Tausende deutsche StudienanwärterInnen befürchtet“ – solche Aussagen prägen die bildungspolitischen Schlagzeilen der hiesigen Medienlandschaft. Das sind typisch österreichische Reaktionen auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), der in einem Urteil befand, dass der österreichische Hochschulzugang StudentInnen aus EU-Staaten diskriminiere. Und die Reaktion der österreichischen Regierung? Richtig: die Diskriminierung aller StudentInnen… Mit Hilfe des EMS (Eignungstest für das Medizinische Studium) soll die „Studierfähigkeit“ getestet und der „Studiererfolg“ vorausgesehen werden. Durch Aufnahmegespräche sollen „die Besten“ selektiert werden und durch die Einführung von „Kippzahlen“ soll schnell auf „StudentInnenströme“ reagiert werden können. Quoten werden eingeführt damit „unsere“ StudentInnen nicht benachteiligt werden. Wissenschaftsminister Hahn wird nicht müde, diese
Regelung vor der europäischen Kommission zu verteidigen und wertet es als Erfolg, einen Aufschub von der EU zu erhalten. Ein klassisches Beispiel für die österreichische Unfähigkeit, über den Tellerrand zu blicken.
«Es gibt sie, die Alternativen zu EMS und Co. Nur finden sie nicht die nötige Aufmerksamkeit und den politischen Willen.»
Eine mögliche Alternative wäre ein kostensolidarisches Modell zwischen Deutschland und Österreich. Die Bundesrepublik Deutschland würde sich an den Kosten für deutsche Studierende, die in Österreich studieren, beteiligen. So könnte die Finanzierung von Studienplätzen gewährleistet werden. Wir haben nicht zu viele Studierende sondern zu wenige! Nur ein freier und offener Hochschulzugang kann diesen Missstand beheben: Bildungsexpansion – jetzt!
Lauter Frauen, lauter! Die Universitäten sollten die demographischen Verhältnisse widerspiegeln und ihre Verantwortung zur sozialen Gerechtigkeit ernst nehmen.
Graswurzel mai 07
Nur dadurch kann Lehre und Forschung im Sinne der Objektivität und Freiheit praktiziert werden. Leider schaut die Realität noch immer anders aus. Bis jetzt gibt es keine Rektorin an einer österreichischen Universität, der Frauenanteil bei ProfesorInnen liegt bei nur 11% - obwohl mehr als die Hälfte der Studierenden weiblich sind. Zwar gibt es ein – spärliches – Angebot an feministischen Seminaren, doch an den schlechten Aussichten auf eine universitäre Karriere für Frauen und den alltäglichen Sexismen in Lehrveranstaltungen und (mündlichen) Prüfungen hat sich nichts verändert. Noch immer schwebt die „Gläserne Decke“ über den Köpfen von Studentinnen. Männerseilschaften führen noch immer zu einer Bevorzugung von männlichen Bewerbern für Beschäftigungsstellen an der Universität. Hier muss ein Umdenkprozess beginnen. Zahnlose Frauenförderungsmaßnahmen und unverbindliche Ausschüsse für Gleichbehandlungsfragen reichen nicht aus, die geschlechtsspezifische Ungleichheit aufzuheben. Solange Gleichberechtigung nur formal existiert, wird sich an der realen Situation von Studentinnen und Absolventinnen nichts verändern.
Kurt Tucholsky verglich Sprache mit einer „Waffe“ die stets „scharf“ gehalten werden muss. Durch Sprache können Realitäten geschaffen und verändert werden (siehe auch Seite 19, Anm.). Geschlechtergerechte Sprache an allen Universitäten von der Vorlesung bis zum Skriptum trägt dazu bei, Frauen sichtbar zu machen und somit die HERRschenden Gegebenheiten zu verändern. Frauenfördernde Maßnahmen für die Besetzung wichtiger Positionen dürfen nicht länger unverbindlich bleiben sondern müssen bei nicht Erfüllung sanktionierbar werden. Universitäre Bildung ist mehr als nur "Ausbildung für den Arbeitsmarkt". Sie ermöglicht ein selbstbestimmtes Leben, reduziert Abhängigkeiten und ist Werkzeug für kritische und reflektierte Auseinandersetzungen. Sie muss allen Menschen frei zugänglich und darf nicht an das Einkommen gebunden sein!
fara
Graswurzel mai 07
Bildungspolitik
GedankenräuberInnen ... und PlagiatsjägerInnen Die Plagiatsdiskussion an den Unis wirft viele Fragen auf: Muss jetzt der wissenschaftspolitische Notstand ausgerufen werden? Kann den österreichischen AkademikerInnen eigentlich noch getraut werden? Wie wissenschaftlich ist die Wissenschaft? Wie kann ich PlagiatsjägerIn werden und last but not least: Was genau ist eigentlich ein Plagiat?
D
er Begriff Plagiat geht auf einen der ältesten Fälle in der Geschichte zurück. Im Rom des ersten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung, bediente sich ein gewisser Fidentius an Gedichten von Martial und gab diese als seine eigenen Werke aus. Martial war darüber so erbost, dass er die Veröffentlichung mit der Freilassung eines Sklaven und dem Raub von Kindern verglich. Deswegen leitet sich das Wort Plagiat aus dem lateinischen plagium, also „Menschenraub“ ab.
stand“ ausgerufen werden, da ein Drittel aller Diplomarbeiten zumindest teilweise plagiiert sind – von den Arbeiten erst gar nicht zu sprechen.
Arbeit einzubauen. Nur müssten diese klar vom Rest des Geschrieben hervorgehoben werden, also durch Fußnoten und Quellenangaben klar ersichtlich sein.
Die logische Konsequenz daraus ist für ÖVP Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek die Verschärfung der Strafen für PlagiatorInnen bis hin zur Exmatrikulation. Dabei wird vernachlässigt, dass die Strafen bereits sehr streng sind und bis zur Aberkennung des akademischen Titels führen können.
Menschen. Rauben. Gedanken.
Brisanz bekommt dieses Thema durch das nicht vorhandene, allgemein gültige Definition von Plagiaten. So kann aus einem einfachen Zitierfehler ein „Härtefall“ entwachsen.
Hier stoßen wir schon auf ein grundlegendes Problem: zitieren und Quellenrecherche muss natürlich gelehrt und gelernt werden. Es ist Aufgabe der Universitäten als Bildungsstätte dieses Angebot auch bereit zu stellen. Doch Übungen wo dies übermittelt wird, sind überbelegt und das Betreuungsangebot bei Diplomarbeiten mehr als unzureichend. Dabei wäre ein Ausbau dieser eine gute Möglichkeit, Plagiatsfälle einzudämmen und Alternativen zu Quellensuche im Internet zu bieten.
Etliche Jahrhunderte später ist dieses Thema hoch aktuell. Geraubt wird immer noch - jedoch keine Menschen, sondern „Geistiges Eigentum“. Will mensch den Vermutungen von selbsternannten PlagiatsjägerInnen glauben, müsste der „wissenschaftspolitische Not-
Plagiieren vs. Zitieren Im Sinne des wissenschaftlichen Arbeitens ist es erwünscht und vorrausgesetzt, zu zitieren, also Thesen etc. in die eigene
Die Früchte des Zorns Eine Verschärfung von Sanktionen hat in den seltensten Fällen zur Tilgung eines Problems beigetragen, die Kriminalisierung von Menschen noch nie zu einer
nachhaltigen Lösung geführt. Die Frage „Warum plagiieren (angehende) WissenschafterInnen?“ wird in dieser Diskussion nicht berücksichtigt, doch sie würde gute Handlungsableitungen zur Vermeidung geben. Es wird gerne argumentiert, dass im Sinne der „Wissenschaftlichkeit“ strengere Strafen notwendig sind um Plagiate einzudämmen, da diese die Wissenschaft ad absurdum führen. Viel Platz dazu bleibt den PlagiatorInnen aber nicht, da eine Bildungspolitik, die Studiengebühren einführt, das Bildungsangebot aushungert, das Betreuungsangebot kürzt und immer neuere Maßnahmen einführt die Studiereden zu schnellerem Studienabschluss zu bringen, schon einen wesentlichen Teil zur „unwissenschaftlichkeit“ der Wissenschaft beiträgt.
fara
Bildungspolitik
Graswurzel mai 07
Zugangsbeschränkungschaos! Österreich ist Schlusslicht, was die AkademikerInnenquote angeht – und trotzdem wird der Zugang zu öffentlichen Bildungseinrichtungen immer mehr beschränkt. Anstatt nach Lösungen zu suchen, versucht die Regierung die Verantwortung auf die EU zu schieben. Der Schaden für die österreichische Universitätslandschaft, der durch flächendeckende Zugangsbeschränkungen entstehen würde, ist kaum abzuschätzen…
D
er offene Hochschulzugang ist Geschichte. Mit der Einführung von Zugangsbeschränkungen für die Studienrichtungen Human-, Zahn- und Veterinärmedizin, BWL, Psychologie, Biologie, Pharmazie und Publizistik wurde nach der Einführung der Studiengebühren der Zugang zu Österreichs Universitäten im Jahr 2005 weiter verschlechtert. Unter dem Vorwand des Urteils des Europäischen Gerichtshofs, mit dem die gleichheitswidrige Regelung, dass Studierende in ihrem Heimatland einen Studienplatz haben müssen, um in Österreich studieren zu können, wurden in dem erwähnten Studienrichtungen Kapazitätsbeschränkungen eingeführt. Das Resüme nach zwei Jahren ist katastrophal. Obwohl der Ansturm – außer in den medizinischen Fächern – ausblieb, wurden vielerorts Zugangsbeschränkungen eingeführt. Die schon bestehenden Kapazitätsprobleme konnten aber auch durch eine skandalöse Politik der Abschreckung nicht gelöst werden. Die Quotenregelung für die medizinischen Universitäten wird aller Wahrscheinlichkeit nach wieder vom EUGh aufgehoben werden. Schon 1995, nach dem Beitritt Österreichs zur EU, war klar,
dass die Regelung, die schließlich 2005 aufgehoben wurde, dem europäischen Gleicheitsgrundsatz nicht entspricht. An-
studien sollen nach dem Wunsch der Rektoren ohnehin nur mehr für die „Elite“ zur Verfügung stehen.
– der Einzug einer „gläsernen Decke“ nach dem Abschluß des Bachelorstudiums – wären kaum auszumalen, ein massiver Rückgang der Studierendenzahlen einprogammiert. Offene Unis und freier Hochschulzugang sind also keine Utopie sondern - gerade in Österreich - eine gesellschaftspolitische Notwendigkeit, um die Verfehlungen des letzten Jahrzehnts wieder gut zu machen. Die Forderungen der Rektorate nach Zugangsbeschränkungen sind nur ein Versuch, sich die Studierenden vom zu engen finanziellen Korsett zu halten.
statt nach Lösungen zu suchen, den freien Hochschulzugang zu bewahren, wurde von den Verantwortlichen abgewartet, um dann der EU die Schuld für die Zugangsbeschränkungen in die Schuhe schieben zu können. Der politische Wille, ohne Zugangsbeschränkungen auszukommen und möglichst vielen ein Studium zu ermöglichen fehlt auch der neuen SPÖVP-Regierung. Die Rektorenkonferenz (nur Männer) – allen voran der Vorsitzende WU-Wien-Rektor Badelt – fordert flächendeckende Zugangsbeschränkungen unter dem Stichwort „Studienplatzbewirtschaftung“. Vor allem aber soll der Zugang zu den weiterführenden Masterstudien beschränkt werden. Doktorats-
Der Schaden für die Österreichische Universitätslandschaft, der durch flächendeckende Zugangsbeschränkungen entstehen würde, ist kaum abzuschätzen. Österreich ist bereits jetzt unter den Schlußlichtern, was AkademikerInnenquote und Universitäten anbelangt. Die Auswirkungen beschränkter Masterstudien
Wir können es auch gerne so formulieren, dass es auch unser Wissenschaftsminister versteht: Um im "europäischen Wettbewerb" in Sachen Bildung und Forschung "bestehen zu können" müssen die Zugangsbeschränkungen abgeschafft werden.
mons
Wir fordern: - die Abschaffung der Zugangsbeschränkungen in den Studienrichtungen, in denen sie offensichtlich unnötig sind - eine Lösung der Frage des Hochschulzugangs zu medizinischen Fächern auf europäischer Ebene, die es Österreich erlaubt, den freien Hochschulzugang zu ermöglichen - die Wiederherstellung des offenen Hochschulzugangs
Graswurzel mai 07
Bildungspolitik
Sein Lebenstraum geht in Erfüllung… … und wir zahlen den Preis.
E
s ist der 11. Jänner 2007. Er kommt aus dem Sitzungssaal und kann sein Glück nicht fassen. Endlich, nach so vielen Jahren, hat er es geschafft. „Herr Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer“, das hört sich verdammt gut an. Da macht es dem frischgebackenen Kanzler auch nichts aus, dass kurz darauf hunderte Studierende seinetwegen den Ring stundenlang blockieren. Kinderkram, das kennt er selbst, er war schließlich auch einmal jung. Ja, das waren noch Zeiten. Ein bisschen nostalgisch ist er schon, aber nur ein bisschen. Etwas musste er sich schon einfallen lassen, um nicht ganz so schlecht da zu stehen. Die SPÖ hatte das Thema der Studiengebühren im Wahlkampf schließlich ziemlich strapaziert und jetzt mussten sie mit einer „Alternative“ das schlechte Ergebnis der Koalitionsverhandlungen vertuschen. Wäre die ÖVP bloß nicht so hartnäckig gewesen…
60 Stunden Sozialdienst? Zuallererst wurd der Vorschlag eingebracht, Studierende sollen 60 Stunden Sozialdienst im Semester leisten und dadurch von den Studiengebühren befreit werden. Bei den derzeitigen Studiengebühren käme das auf einen Stundenlohn von ungefähr 6 Euro. Eine magere Bezahlung für Tätigkeiten, die viel Vorbereitung und Erfahrung erfordern, eine Ohrfeige ins Gesicht für viele Freiwilligenorganisationen.
Als sich plötzlich Blasmusikvereine zu Wort meldeten und ihre Mitglieder auch von der Gebühr befreit sehen wollten, erkannte die Regierung das Ausmaß des Schlamassels.
«Wer definiert, was Sozialdienst ist? Wo liegt die Grenze zwischen Hobby und Dienst an der Gesellschaft?» Die Angelegenheit wurde etwas weniger chaotisch, als der Sozialdienst auf Nachhilfe und Tutoriumstätigkeiten eingeschränkt wurde. Hospizdienst war wohl doch zu weit her geholt. An der Begründung änderte sich natürlich nichts: Studierende sollen etwas an die Gesellschaft zurückgeben, schließlich profitieren sie im späteren Berufsleben von einem Studium, das von den SteuerzahlerInnen finanziert wurde von denen viele nie eine akademische Bildung genossen. An den Auswirkungen für die Studierenden ändert sich leider auch nichts. Sie müssen immer noch neben dem Studium arbeiten, um sich Studium und Leben leisten zu können, bloß dass sie jetzt die Wahl haben, es für weniger Geld zu tun.
Noch bessere Studierendenkredite…! Ein Schmankerl wollen wir euch nicht vorenthalten: Studierendenkredite sollen attraktiver gestaltet werden, damit würden die Geldprobleme von vielen ge-
löst. Doch wer verschuldet sich schon gerne? Wohl niemand mit einem ohnehin schon schwierigen finanziellen Hintergrund. Das Programm der derzeitigen Regierung bleibt sozial selektiv. Die Entscheidung über ein Hochschulstudium wird weiterhin von der Geldbörse und vom sozialen Hintergrund der Menschen abhängig sein. Freikaufen können sich privilegierte, für die anderen kommt das neue Modell nicht in Frage, denn eine alternative zur derzeitigen Erwerbstätigkeit stellt es nicht dar. Dieselbe Erwerbstätigkeit, die für die Verzögerung des eigenen Studiums und zum möglichen Beihilfenverlust führt. Beihilfen, auf die nur Wenige Anspruch
haben und die seit den neunziger Jahren nicht an die Inflation angepasst wurden. Solidarität hat ein neues Gesicht: Studierende sollen benachteiligten SchülerInnen Nachhilfe geben. Wäre das österreichische Schulsystem ein gerechtes und wären Bildungsreformen, die diesen Namen verdienen, in der Vergangenheit durchgeführt worden, gäbe es keinen Bedarf an Nachhilfekräften.
huem
Bildungspolitik
Graswurzel mai 07
Wofür ÖH? Die Österreichische HochschülerInnenschaft ist die gesetzlich legitimierte Interessensvertretung aller Studierenden an den Universitäten und gegenüber der Bundesregierung. Aber was kann die ÖH? Welche Einflussmöglichkeiten gibt es wirklich? Lohnt sich der persönliche Einsatz?
Partizipation an der Uni Trotz der Einschränkung der Mitbestimmungsrechte der Studierenden durch das Universitätsgesetz 2002 sind Studierende in allen universitären Gremien außer dem Universitätsrat – der teilweise von der Regierung beschickt wird – vertreten. Studierenden können so strategische Entscheidungen mitbestimmen und in den Kommissionen über Studienpläne (Curricula) und Personalentscheidungen entscheiden - oder zumindest eine Kontrollfunktion ausüben. Im Senat – dem dritten Leitungsorgan der Uni neben Rektorat und Unirat – sind die Studierenden mit mindestens einem
Viertel der Stimmen vertreten (vor dem UG02 war’s noch ein Drittel). Mit gut vorbereiter und widerständiger Argumentation kann über die verbliebenen Mitbestimmungsrechte noch immer sehr viel für die Studierenden getan werden.
Von Studierenden – für Studierende Abseits der so genannten Gremienarbeit kann die ÖH viel für die Studierenden tun. Studienvertretungen für jede Studienrichtung dienen als Anlaufstelle bei Fragen zum Studium, vertreiben Skripten, sammeln Prüfungsaufgaben und setzen sich für gute Studienbedingungen ein. Die verschiedenen Referate der Universitätsvertretungen (UV)
bieten speziellere Beratungen (etwa zu Stipendien und Familienbeihilfe in den Sozialreferaten) und Services für die Studierenden an. Gleichzeitig ist die UV politische Interessensvertretung der Studierenden an der jeweiligen Uni und setzt sich in Verhandlungen mit dem Rektorat und lokalen EntscheidungsträgerInnen und durch Öffentlichkeitsarbeit für die Studierenden sowie bessere Studienbedingungen ein. Die Bundesvertretung (BV) der ÖH ist die Interessensvertretung der Studierenden in bundesweiten Angelegenheiten und gegenüber dem Bundesregierung und Ministerium. In unzähligen Treffen und mit vielen Aktionen vertritt die BV die Studierenden und stellt gleichzeitig als zentrale
Anlaufstelle viele Services zur Verfügung.
Mitgestalten statt Klappe halten! Die Arbeit in der ÖH bietet neben Vergünstigungen wie freie Wahlfachstunden und Toleranzsemester für Familien- und Studienbeihilfe die Möglichkeit, die Universität kennen zulernen und zu verändern. Alles in allem ist die ÖH eine gute Möglichkeit unbezahlbare Erfahrungen in den verschiedensten Bereichen zu sammeln.
mons
10
Graswurzel mai 07
Bildungspolitik
Von Bachelor, Master und einer Stadt in Italien... Im Rahmen der Neustrukturierung der österreichischen Universitätslandschaft werden auch fast alle Studien auf das neue dreistufige System umgestellt. Die AbsolventInnen eines Studiums werden dann als Bachelor bzw. Master ins Berufsleben einsteigen. Ein Fortschritt?
Bolognakonform? Bei der Einführung der neuen Studienstruktur wurde von Seiten der Regierung und der Rektorate immer wieder von der Notwendigkeit gesprochen, «bolognakonforme» Studiengänge einzurichten. Die Schaffung eines europäischen Hochschulraumes steht allerdings erst am Anfang. Im Rahmen des «Bolognaprozesses» sollen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine bessere Vergleichbarkeit der Studien und damit auch eine größere Mobilität der Studierenden und AbsolventInnen erreichen. Ob die Maßnahmen unserer Bundesregierung und der Rektoren an unseren Universitäten dazu beitragen, ist allerdings zu bezweifeln.
Bologna auf österreichisch – Bollonnja? In Zukunft werden die Studierenden nach sechs Semestern Mindeststudiendauer ihr Bachelorstudium und nach weiteren vier Semestern ihr Masterstudium absolvieren können, was eine Verlängerung der Studiendauer auf fünf Jahre zur Folge hat. Das neue Doktoratsstudium (PhD) soll dann noch einmal drei Jahre dauern. Rektor Badelt (WU-Wien, Vorsitzender der Österreichischen Rektorenkonferenz) fordert schon jetzt, den Zugang zu den Masterstudien zu beschränken und nur den «Besten» die Ausbildung zum Master zu ermöglichen.
Die Schaffung dieser „gläsernen Decke“ wäre vor allem aufgrund der noch fehlenden Berufsmöglichkeiten für viele AbsolventInnen eines Bachelorstudiums in manchen Studienrichtungen eine Katastrophe.
Studien ist damit praktisch unmöglich, eine Vergleichbarkeit im europäischen Kontext ist reine Utopie.
ECTS – Kür oder Willkür?
Durch Antrittsvoraussetzungen zu Lehrveranstaltungen, weniger Studienangebot und Anwesenheitspflicht werden die Studienpläne auch immer „verschulter“. Eine individuelle, flexible Planung des Studienverlaufs – angepasst an die Lebensumstände der einzelnen Studierenden – wird somit zusehends unmöglich. Gepaart mit einem höheren Anteil an so genannten «prüfungsimmanenten» Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht führt dies zur Verschulung der Universitätsausbildung, was vor allem für berufstätige Studierende ein großes Problem darstellt. Dennoch sind die Universitäten nach wie vor vom Gesetz dazu
Anstatt wie bisher wird der Studienerfolg nicht mehr in Semesterwochenstunden, sondern in ECTS-Punkten (European Credit Transfer System) ausgedrückt. Diese sollen den gesamten Zeitaufwand (Uni und daheim) berücksichtigen, der für den erfolgreichen Abschluss einer Lehrveranstaltung nötig ist. Ein ECTS-Punkt entspricht in Österreich – anders als in Deutschland oder Italien – einem Arbeitsaufwand von 25 Stunden. Die Voraussetzung für das Funktionieren dieses Systems wäre logischerweise die Evaluierung des Arbeitsaufwandes, den ein(e) durchschnittliche(r) Studierende(r) für den positiven Abschluss einer Lehrveranstaltung benötigt. Zumindest an der Uni Innsbruck wurde dies versäumt: Die Verteilung der ECTS-Punkte in den (bereits zur Stellungnahme eingereichten) neuen Studienplänen erfolgte vollkommen willkürlich. Dies führt dazu, dass nicht einmal der Arbeitsaufwand für einzelne Lehrveranstaltungen vergleichbar ist, geschweige denn jener für verschiedene Studienrichtungen. Eine österreichweite Vergleichbarkeit der einzelnen
Verschulung und Studierbarkeit?
verpflichtet, jeder Studentin und jedem Studenten ein Studium in Mindeststudiendauer zu ermöglichen. Unflexible, nicht studierbare Studienpläne stehen dem aber – vor allem in finanziell zu schlecht ausgestatteten Studienrichtungen – entgegen.
Der steinige Weg nach Bologna Die willkürliche Verteilung der ECTS-Punkte, die Modularisierung der Studienpläne und die fehlende Abstimmung innerhalb der EU führen wahrscheinlich zu einer weiteren Verschlechterung der Qualität des österreichischen Studienangebots und der Situation der Studierenden. Die GRAS fordert deshalb mit Nachdruck eine funktionierende Lehrveranstaltungsevaluierung, eine seriöse Verteilung der ECTS-Punkte sowie studierbare Studienpläne.
mons & klausi
Demokratie
Graswurzel mai 07
11
Über Demokratie, Partizipation und Mitbestimmung Demokratie wird meist als absoluter Wert definiert – etwa, wenn die USA oder europäische Staaten Kriege führen oder Staatsstreiche unterstützen, die „westliche Werte“ und „Demokratie“ für die dortige Bevölkerung bringen sollen. Ein historischer Rückblick zeigt jedoch, dass Demokratie ein umkämpfter Begriff ist und immer neu definiert wird. Die Auseinandersetzung um Demokratie ist im vollen Gange.
W
ährend des letzten Jahrhunderts forderten progressive politische Kräfte stets mehr Demokratie. Während sich das anfangs noch vor Allem auf das allgemeine Stimmrecht für Männer und Frauen bezog, war später weiterreichende Demokratisierung an der Tagesordnung. Neben dem klassisch liberal-demokratischen Wahlrecht, PolitikerInnen regelmäßig wählen zu können, wurden zusätzlich andere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens demokratischer gestaltet.
Verschiedene Gesichter der Demokratie Die Verhältnisse am Arbeitsplatz sind selten demokratisch ausgestaltet, sondern meist durch Hierarchien geprägt. Betriebsräte waren ursprünglich in Österreich für die „Sozialisierung“ und Demokratisierung der Wirtschaft gedacht, da sie die Mitbestimmung der Werktätigen am Arbeitsplatz regeln sollte. Auch das GenossInnenschaftswesen wies in diese Richtung, da hier die Werktätigen selbst ihre Betriebe führen sollten. In den 1970er Jahren folgte eine „Welle der Demokratisierung“. Die wohlfahrtsstaatlichen Reformen brachten zB nicht nur demokratischeren Zugang zu Bildungseinrichtun-
gen, sondern auch mehr Mitbestimmung. An den Unis und den Schulen bekamen SchülerInnen und StudentInnen weitgehende Mitbestimmungsrechte. Das Universitätsgesetz 2002 sowie die Novelle des HochschülerInnenschaftsgesetzes 2005 beschnitten schließlich diese demokratischen Rechte empfindlich. Das ist kein Einzelfall. Europaweit ist aktuell festzustellen, dass Demokratie abgebaut wird. Dies gilt insbesondere für den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen, der durch Privatisierungen beschränkt wird. Politische Entscheidungsfindung wird zusehends in "ExpertInnengremien" verlagert, wo ohne oder mit geringer demokratischer Legitimation unter Ausschluss der Öffentlichkeit diskutiert wird.
Partizipation als Alternative? Partizipation wird während der letzten Jahre zur „Zauberformel“, um mit Politikverdrossenheit umzugehen, die zu guten Teilen aus mangelnder Mitbestimmung entsteht. Damit entsteht eine interessante Alternative zur klassischen indirekten liberalen Demokratie. Statt hin und wieder einmal ein „Kreuzerl“ auf einen Stimmzettel zu machen,
können engagierte BürgerInnen selbst an der politischen Entscheidungsfindung aktiv teilnehmen. Auch am Arbeitsplatz erweist sich Partizipation als interessantes Mittel, um ArbeitnehmerInnen mehr Kompetenzen zu geben und damit ihre Motivation zu erhöhen. Nicht immer handelt es sich bei neuen Möglichkeiten zur Partizipation jedoch um Schritte einer weiteren Demokratisierung. Oftmals beschränkt sich die Beteiligung dabei auf
bloße Beratung. Effektive Mitbestimmung findet nur in seltenen Fällen statt. Oft dient Partizipation zur Einbindung von kritischen Menschen bei unbeliebten Entscheidungen und kann daher auch als Herrschaftsinstrument missbraucht werden. Wenn jedoch Mitbestimmungsrechte gewährt werden, ist Partizipation zentral für die Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft.
bleu
Demokratie im Lauf der Zeit Der Begriff „Demokratie“ wurde im antiken Griechenland geprägt und bedeutet „Volksherrschaft“. Das wahlberechtigte „Volk“ umfasste jedoch nur die nicht versklavten Männer. Frauen und 4/5 der Männer wurde die Teilnahme an den „Volksversammlungen“ verwehrt. In der langen folgenden Zeit waren demokratische Rechte (wenn vorhanden) an Besitz und Stellung in der Gesellschaft gekoppelt. Die Französische Revolution versprach dies mit ihrer Losung von „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ zu ändern. „Gleichheit“ war jedoch wegen Einschränkungen des Wahlrechts illusorisch. Frauen durften nicht wählen, die übrigen Stimmen waren nicht gleich viel wert. Damit wurde die Macht der Herrschenden abgesichert, die das mit fehlender Bildung der Massen legitimierten. Das Frauenwahlrecht setzte sich in Europa erst im 20. Jahrhundert durch. Die Frage der demokratischen Mitbestimmung im Wirtschaftsleben (zB am Arbeitsplatz) wurde im Zuge der wohlfahrtsstaatlichen Reformen zwar gestellt, hier bestehen jedoch noch große Potenziale zur Demokratisierung – vor allem nach den neoliberalen „Reformen“ der letzten Jahre.
12
Graswurzel mai 07
Demokratie
Nie mehr drüberfahren Die GRAS lebt sie in Basisform, auf den Unis wurde sie im Rahmen des neuen Universitätsgesetzes 2002 (UG 02) zurückgedrängt und Österreich, diese wunderbare Insel der Seligen, ist seit 1945 wieder stolz darauf. Sie ist in aller Munde, und doch ist sie scheinbar so weit weg vom richtigen Leben.
E
ines gleich vorweg, sozusagen als Warnung: Ich bin ein großer Verfechter von demokratischen Ideen. Und damit meine ich nicht, alle vier Jahre das Kreuz in das „richtige“ Ringerl zu malen. Nein, für mich ist Demokratie mehr als das, nämlich eine Lebenseinstellung emanzipatorischer Menschen. Emanzipation wird gemeinhin mit der Gleichstellung von Frauen verbunden, mit der Befreiung der Frau aus der patriarchalen Dominanz. In einem weiteren Sinn beschreibt dieser Begriff jedoch jede Form der Befreiung des Menschen aus Fremdbestimmtheit. Das Gegenteil von Fremdbestimmung und Ziel jeglicher Emanzipation ist die Selbstbestimmung, und damit klingen schon zwei wichtige Aspekte von Demokratie an: Einerseits geht es um eine Bestimmung, also um Entscheidungen. Demokratie beschreibt wörtlich nichts anderes als eine mögliche Form, kollektive Entscheidungen zu treffen, genauso wie Aristokratie, Bürokratie oder Monokratie. Der wesentliche Unterschied ist jedoch, dass ich in demokratischen Systemen selbst diese Entscheidungen – wie alle anderen auch – mitgestalten kann. Es entscheidet keinE andereR für mich, sondern ich entscheide selbst mit.
Der Mensch, als soziales Wesen, rottet sich gerne zu kleineren oder größeren Kollektiven zusammen, die dann Familie, Wohngemeinschaft, FreundInnenkreis, Stadt, Staat oder Nation heißen können. In jedem dieser Kollektive gilt es permanent, Entscheidungen zu treffen, sei es über die Anschaffung eines Staubsaugers, die geeignete Location zum Fortgehen oder über die Abschaffung der Studiengebühren.
«Demokratie bedeutet für mich, aktiver Teil bei Entscheidungsprozessen zu sein» Demokratie als Lebenseinstellung bedeutet dabei für mich, dass ich bei all diesen Entscheidungsprozessen aktiver Teilnehmer sein will und sein kann, genauso wie ich selbst nicht für andere entschieden will.
In den meisten formalen Bereichen des Lebens gibt es dafür festgelegte „demokratische“ Prozedere: Bei der Wahl zum Nationalrat, zum Vereinsvorstand, bei der ÖH-Wahl, etc. Bei diesen Formen der repräsentativen Demokratie entscheide ich jedoch nur indirekt, über die Wahl von Delegierten, die dann meiner statt Entscheidungen treffen dürfen, die ich mittragen muss. Basisdemokratische Organisationen wie die GRAS, wo alle Beteiligten gleichberechtigt und direkt am Entscheidungsprozess teilhaben können und sollen, sind leider in der politischen Realität eher selten. Was ist jedoch mit den vielen, mehr oder weniger alltäglichen Entscheidungen, die eine informelle Gruppe permanent zu treffen hat? Ich glaube, dass diese meist von Statten gehen, ohne dass wir uns darüber bewusst sind, wer jetzt tatsäch-
demokratie in einem bergdorf in oaxaca, mexiko.
lich für wen entscheidet. Beobachten wir einmal bewusst eine Gruppe, die sich zwischen zwei möglichen Lokalen entscheiden will: Da gibt es meist jene, die den Ton angeben, andere, denen es egal ist, solche, die zwar zuerst dagegen sind, dann aber doch zustimmen, und schließlich jene, wo nicht klar ist, was sie wollen. Wo landen sie dann? Wird bei der Entscheidung auf alle Rücksicht genommen? Oder folgt die Gruppe mehr oder weniger bewusst den Tonangebenden? Demokratie als Lebenseinstellung heißt für mich, derartige Gruppenprozesse zu reflektieren und dann zu versuchen, alle in Entscheidungen einzubinden – und auch jene zu hören, deren Stimme leise ist. Kollektive Entscheidungen demokratisch zu treffen bedeutet dabei fast immer, dass nicht alle Mitglieder der Gruppe zu 100% ihre Meinung oder Wünsche durchsetzen können, dass es also kleinste gemeinsame Nenner braucht. Entsprechend ist Kompromiss- und Diskussionsbereitschaft eine wesentliche Voraussetzung für demokratische Prozesse. Aber wenn am Ende so einer Diskussion dann ein Konsens steht, den alle Beteiligten mittragen, wo niemand das Gefühl hat, ausgenutzt zu werden dann, finde ich, hat sich der Mehraufwand mehr als gelohnt!
bastl
Demokratie
Graswurzel mai 07
13
Die Legitimation von BürgerInnen Liebe Bürgerinnen und Bürger... Wenn auch nicht immer geschlechtergerecht ausgesprochen, wird diese Begrüßung gerne als Start einer Rede meist von StaatsdienerInnen benutzt. Doch wer ist eine Bürgerin bzw. ein Bürger? Was sind die Rechte und Pflichten von BürgerInnen? Wem nutzt diese Bezeichnung? Ist die Demokratie wirklich die Herrschaft des Volkes?
L
aut der allgemeinen Staatslehre ist die StaatsbürgerInnenschaft neben der Staatsgewalt und dem Staatsgebiet eine der drei Säulen, die ein Staat benötigt, um als solcher anerkannt zu werden. Schon im alten Rom wurden per Verordnung alle EinwohnerInnen von Rom zu römischen BürgerInnen erklärt. Doch erst die französische Revolution und ihr Geist der Aufklärung brachten einen endgültigen Durchbruch. Die Einführung der Demokratie als Herrschaft des Volkes mit ihren Attributen wie Meinungsfreiheit und Gleichheit vor dem Gesetz, kann sicherlich als Meilenstein der Menschheitsgeschichte gesehen werden, doch was bleibt davon übrig?
«Könnten Wahlen etwas ändern, wären sie schon längst verboten.» Der Demokratie wurde es von Anfang an nicht leicht gemacht. Während der Weimarer Republik wurde sie als notwendiges Übel zum Übergang in ein totalitäres Weltbild angesehen. FaschistInnen sind über die Demokratie an die Macht gelangt und haben in ihrem Rassenwahn das dunkelste Kapitel unserer bisherigen Geschichte eingeleitet. Auch nach dem 2. Weltkrieg stellt sich die Frage, "wie demokratisch ist unsere Demokratie wirklich?" Die BürgerInnen haben sich an ihren Part als Marionetten inzwischen gewöhnt. Könnten Wahlen was verändern, wären sie schon längst verboten. Eine alte linke Parole die an ihrer Aktualität nichts verloren hat.
«Egal ob reformistisch oder revolutionär, die Machtergreifung wird an unserem Elend nichts ändern.» Denn wer Macht ergreifen will um diese zu tilgen, befindet sich am berühmten Holzweg. Macht wird immer Macht reproduzieren und damit nur die Interessen einer Gruppe - zumindest eine Zeit lang - sichern können, mit der tatsächlichen Freiheit der Menschen hat dieses Schauspiel aber wenig zu tun. Doch zurück zu den BürgerInnen. "Bürgerin" und "Bürger" beschreibt in erster Linie die Zugehörigkeit zu einem Staat. Dass dieser Staat und seine eigenartigen Grenzen nicht von Anfang an existierten sondern von Menschenhand geschaffen wurden, wird meist vergessen. Doch wem nutzen diese Grenzen? In erster Linie dem Kapital. Ein Staat bietet dem Kapital alle Leistungen an, welche benötigt werden, um die Menschheit weiterhin zu spalten. Natürlich profitiert eine größere Gruppe auch davon. Die Staatsgewalt sorgt dafür, dass die BürgerInnen brav ihre Pflichten erfüllen, dafür dürfen wir uns einbilden, dass der Flächeninhalt unseres Landes am Atlas mehr wert ist, als der der anderen. Aus BürgerInnen, die eigentlich von Anfang an den gleichen gesellschaftlichen Stellenwert aller Menschen forderten, wurden PatriotInnen, deren mathematische Kenntnisse in Bezug auf Flächeninhalte übrigens äußerst zu wünschen übrig lassen.
Es ist auch möglich, mehrere oder gar keine StaatsbügerInnenschaft zu besitzen, während der Erwerb von Staat zu Staat unterschiedlich ist. Der wichtigste Faktor der StaatsbürgerInnenschaft ist und bleibt die Möglichkeit der Überprüfung und Eindämmung von Migration. Wir beuten andere Länder aus, rauben anderen Menschen ihre Hoffnungen und sorgen für unglaubliche Armut. Besitzen diese Leute dann die Frechheit, aus ihrer Heimat auszuwandern und sich vielleicht dann auch noch bei uns niederzulassen, können wir ihnen zum Glück, auf Grund ihrer „falschen“ bzw. „schlechten“ StaatsbürgerInnenschaft das Schild der Illegalität umhängen. Dank modernster Technik zum Aufspüren und schneller Bürokratie beim Abschieben, nimmt dieses Verfahren nur wenig Zeit in Anspruch. Viele dieser Zurückweisungen bedeuten den sicheren Tod der „Wirtschaftsflüchtlinge“. Aber da der Staat der Mörder ist, brauchen wir als BürgerInnen kein schlechtes Gewissen zu haben.
«Es waren doch nur Illegale… » Doch sollte diese Beschreibung die Menschen nicht wachrütteln? Selbst in unserer Leistungsgesellschaft, die durch Egoismus und Intoleranz geprägt ist, sollte die Definition des „illegalen Menschen“ einen Aufschrei verursachen. Doch der Aufschrei lässt noch immer auf sich warten. Zurück bleiben Millionen mensch-
licher Tragödien überall auf der Welt. Es gibt viele streitbare Dinge die iIllegal sind, zum Beispiel Drogen. Aber kein Mensch, egal welchen Geschlechts, Hautfarbe, Religion, Herkunft oder sexueller Neigung kann illegal sein. Eigentlich zwei Wörter die sich gegenseitig ad absurdum führen. Aber die Realität scheint wirklich die härteste Droge zu sein. Die Pflichten, die mit der StaatsbürgerInnenschaft zusammen hängen, sind zahlreich. Schon die 10 Gebote waren nichts anderes als eine grobe Beschreibung, wie eine Gemeinschaft funktionieren kann. Ein Teil der Regeln ergibt durchaus einen Sinn. Doch wenn es mir (zu Recht) nicht erlaubt ist einen Menschen zu töten, warum bekommt der Staat den Freispruch? Der Staat ist kein Damoklesschwert, welches ewig über unseren Köpfen schweben muss. Er ist keine „gottgewollte“ ewige Institution, der den Menschen seinen Willen aufzwingt. Wir Menschen haben ihn erschaffen um zu BürgerInnen zu werden. Dank ihm sind wir zwar der monarchischen Unterdrückung entkommen, aber nur um in die Unterdrückung von bedruckten Papier zu gelangen.
bipo
14
Graswurzel mai 07
Demokratie
Ein Gespenst geht um in Österreich... Auswandern wollten doch alle, 2000 bei der Angelobung der schwarz-blauen Regierung – Ab in den Süden, die Hängematte unterm Arm und mitten ins schöne Leben. Geblieben sind fast alle. Aber dann, 2002, da war das Maß voll: „Noch einmal schwarz-blau und wir gehen!“ Und wieder sind fast alle geblieben. Trotzdem eine nette Sache, die Bewegungsfreiheit, oder?
D
iese Bewegungsfreiheit gilt nur leider nicht für alle, Fakt ist: Wir leben in einem zuwanderungsfeindlichen Land. Und dafür müssen wir gar nicht erst auf die Homepages von FPÖ, BZÖ und Co schauen. Denn Rülpser à la „Bummerin statt Muezzin“ erfüllen doch nur einen Zweck: Sie kaschieren den fremdenfeindlichen Grundkonsens in Österreich. XY. Seit den 1990ern geht es konstant bergab, Beschäftigungspolitik wurde zu Sicherheitspolitik, AnsprechpartnerIn der MigrantInnen ist nicht mehr das Arbeitsamt, sondern die Fremdenpolizei. Zuwanderungsquoten fanden Eingang in die österreichische Rechtslage, es sollten nicht mehr alle „Dahergelaufenen“ „zu uns“ kommen. Mittlerweile können wir uns gratulieren: Wir gehören zur Crème de la Crème des fremdenfeindlichen Europa. „Gestürmte Festung Europa“ hat Corinna Milborn getitelt und berichtet von Toten am Stacheldrahtzaun von Ceuta und tausenden Illegalisierten, die in Spaniens Treibhäusern die europäische Wirtschaft ankurbeln – um einen Euro pro Stunde. Verkehrte Welt? Nicht in Österreich. Hier sieht mensch das alles gemeinhin als Erfolg, die Regierungen präsentieren Abschiebung und Abschottung als Errungenschaft. Für ihren letzten großen Coup haben sich Strasser und Prokop in den Himmel gelobt: das Fremdenrechtspaket 2005. Seit seiner Einführung sind die Asylanträge drastisch ge-
tigungsmöglichkeit festgehalten werden, die Zellen können oft nicht länger als eine Stunde pro Tag verlassen werden.
Drastischer Anstieg von Schubhaft
sunken, Einwanderung abseits eines Asylantrags steht de facto nur mehr Finanzkräftigen und Hochqualifizierten zu.
Heterosexuelle Norm im Fremdenrecht Wer mit einem/einer ÖsterreicherIn zusammen sein will, muss heiraten – Beziehungen abseits der heterosexuellen Norm ausgeschlossen, versteht sich. Doch mit der Heirat ist es nicht getan, um einen Aufenthaltstitel in Österreich zu erlangen, müssen Menschen ohne österreichische StaatsbürgerInnenschaft erst einmal zurück ins Heimatland, um dort einen Antrag auf Niederlassung zu stellen. Dass es sich bei dem Heimatland oft um das Land handelt, aus dem die Menschen vor Folter und Verfolgung geflohen sind, haben die GesetzgeberInnen galant ignoriert – von finanziellen und bürokratischen Hürden ganz abgesehen. Wohnsitz: Schubhaft. Doch rechtsstaatliche Fragwürdig-
keiten findet mensch nicht nur in diesem Punkt. Gerade der Asylbereich steht unter starkem Beschuss, zumal er de facto der einzige Weg ist, ohne ausreichende finanzielle Mittel oder Spitzenqualifikation nach Österreich zu kommen. Da wird gedreht und gebastelt an der Rechtsstaatlichkeit, vergessen wird dabei allerdings, dass es in Asylfragen um grundlegende Menschenrechte geht. Dieselben Menschenrechte, die von der so genannten „zivilisierten“ Welt ständig und gebetsmühlenartig beschworen werden. Menschen, die in Österreich um Asyl ansuchen, werden erst einmal von der Polizei in Empfang genommen, nachher geht es zumeist direkt in die Schubhaft. Laut Asylkoordination ist die Anzahl der AsylwerberInnen in Schubhaft seit Einführung des Fremdenrechtspaketes um 500 Prozent gestiegen Klar ist: Schubhaft heißt Haft ohne Delikt. Für die Dauer von zehn Monaten können AsylwerberInnen mittlerweile ohne Beschäf-
Möglich wurde der drastische Anstieg der Menschen in Schubhaft durch die so genannte Dublin Verordnung: Sucht mensch in Österreich um Asyl an, versucht der österreichische Staat erst einmal eine Abschiebung in ein anderes EU Land zu erwirken. Denn für das Asylverfahren ist nach der Dublin Verordnung der Staat zuständig, über den eine Person in die EU eingereist ist. Bis zur Klärung dieser Zuständigkeitsfrage, werden Menschen in Schubhaft gehalten. Die Liste der rechtsstaatlichen Defizite ließe sich nahezu endlos fortsetzen, in fremdenfeindlicher Hinsicht stellt das Fremdenrechtspaket 2005 nur die konsequente Fortsetzung der Politik des letzten Jahrzehnts dar. Es sind auch nicht allein die rechtradikalen Parteien, denen mensch die Schuld für diese Entwicklung geben kann. „Uns`re Wunderkerzen glühten für Asyl auf Lichterketten und als ob sie`s wichtig hätten unter uns die Brandstifter auf Wählerfang“, haben Freundeskreis gesungen und sie haben nur allzu Recht: Es ist der fremdenfeindliche Grundkonsens, die breite parlamentarische Mehrheit, die den Fremdenrechtspaketen dieses Landes den Weg ebnet…
pez
Fremdenrecht
Graswurzel mai 07
15
Ein Paket gegen die Rechte von „Fremden“ Die Zeit vergeht schnell – seit nun schon über einem Jahr protestiert „Ehe ohne Grenzen“ wöchentlich vor dem Innenministerium gegen Österreichs unmenschliches Fremdenrecht. Und was ist passiert? – Nichts, das Innenministerium ignoriert gekonnt die unzähligen Schicksale vor seiner Türe.
D
as Fremdenrechtspaket 2005 sieht unter anderem vor, dass AsylwerberInnen, die in Österreich geheiratet haben, nach der Eheschließung wieder zurück in ihr Heimatland – aus dem sie ja schon einmal aus gutem Grund geflüchtet sind – reisen müssen, um von dort aus einen Antrag auf eine Aufenthaltsbewilligung zu stellen. Ob dieser Antrag dann aber auch bewilligt wird, ist mehr als ungewiss, die (sicherlich sehr romantische) Zeit des Wartens nach der Heirat beginnt. „Ehe ohne Grenzen“ – ein Verein freiwilliger JuristInnen und JusstudentInnen hilft Betroffenen in dieser Situation aus rechtlicher Sicht weiter. Die wöchentlichen Demonstrationen vor dem Innenministerium sind fast schon zu einer Institution geworden.
In der Zwickmühle… Viele der Betroffenen können nämlich einfach nicht mehr zurück in ihre Heimat, um von dort aus den Antrag zu stellen, wie das Beispiel von Eva und Marco (Namen von der Redaktion geändert) zeigt: im Dezember 2004 heiratete das Paar. Um eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten, legte Marco seinen Asylantrag zurück und ging gemeinsam mit seiner Frau am 3. Jänner 2005 zum Amt um seine Aufenthaltsbewilligung abzuholen. Fehlanzeige – das neue
Fremdenrecht 2005 war bereits in Kraft getreten. Dass das junge Paar trotz der Heirat im Jahr 2004 in die neue Regelung fallen würde – darauf hat die Beiden niemand hingewiesen. Eva und Marco standen nun vor einer schier unlösbaren Situation: die 22-jährige Politikwissenschaftsstudentin, die seit Kurzem bei einer amerikanischen Kaffeekette arbeitete um die ca. 1000 € Einkommen nachweisen zu können und um für zwei Menschen sorgen zu können – Marco hatte ja noch keine Arbeitsbewilligung – sollte nun einen Flug in Marcos’ Heimatstadt Lagos (in Nigeria) bezahlen können, nur damit Marco von dort aus den gleichen Antrag wie vor zwei Woche ausfüllte? Außerdem war ja Marco nicht aus unwichtigen Gründen aus Nigeria geflüchtet: als Widerständler gegen das korrupte Regime wurde Marco verfolgt. Wie weiter? Marco blieb bis April 2005 „illegal“ in Österreich, ständig in Angst vor der Polizei: „Wir haben die Eingangstür nie aufgemacht, wenn jemand geläutet hat." Marco hat fast vier Monate daheim verbracht, weil er sich nicht auf die Straße getraut hat“, erzählen die beiden. Eva arbeitete inzwischen 38 Stunden bei der amerikanischen Kaffeekette, versuchte an der Uni voran zu kommen, während sich „Ehe ohne Grenzen“ um ihren Fall kümmerte. Nach langem Hin- und Her fand sich eine Lösung: Weil Eva schon einmal als
Dolmetscherin in Irland gearbeitet hatte, kam das liberalere EU-Gesetz zur Anwendung und verhalf so Marco zu einer Aufenthaltsbewilligung, nachdem er 4 Monate „illegal“ gewesen war…
Ehe vom Staat aufoktroyiert Selten können die JuristInnen von „Ehe ohne Grenzen“ im Kampf gegen das unmenschliche Fremdenrechtspaket helfen, manche Fälle ziehen sich auch über Monate und Jahre hin. In diesem Zeitraum haben die Betroffenen natürlich keine Arbeitsbewilligung und leben in ständiger Angst vor der Schubhaft. Durch das Fremdenrechtspakte 2005 wird Menschen, die zusammenleben/sein wollen, aber das Pech haben aus unterschiedlichen Ländern zu kommen,
die Ehe durch das Gesetz quasi aufoktroyiert. Ein Kennenlernen unter normalen Bedingungen ist fast nicht möglich, sieht mensch sich die prekäre Situation beispielsweise eines/r AsylbewerberIn an: wer möchte schon ständig Angst davor haben, seineN PartnerIn das nächste Mal in der Schubhaft wiederzusehen? Die Ehe ist die einzige Institution, die in so einer Situation vor dem Fremdenrechtsgesetz schützt, mensch wird fast gezwungen, zu heiraten, um der Beziehung überhaupt eine Chance geben zu können. Und so lange das Fremdenrecht in dieser Form besteht, wird „Ehe“ ohne Grenzen weiterhin Betroffenen des unmenschlichen Fremdenrechtspakets 2005 rechtlich zur Seite stehen und jeden Mittwoch vor dem Innenministerium demonstrieren…
feder
16
Graswurzel mai 07
Fremdenrecht
Aktive Studierende fordern das passive Wahlrecht Das ÖH-Wahlrecht verbietet es, dass Studierende aus Nicht-EWR-Staaten bei den kommenden ÖHWahlen in ein Gremium gewählt werden können. Dieses Gesetz wirkt sich unter anderem an der Musikuniversität Wien – bei einem AusländerInnenanteil von fast 50% – fatal aus.
D
er Vorwurf mangelnden Interesses für Probleme der Studierenen an der Universität für Musik und darstellende Kunst kommt nicht von ungefähr. Sicherlich spricht einerseits eine ziemlich niedrige Wahlbeteiligung bei den ÖH Wahlen der vergangenen Jahre dafür. Andererseits ist aber auch das Problem nicht von der Hand zu weisen, dass derzeit die meisten Studienrichtungsvertretungen der HochschülerInnenschaft der Uni unbesetzt sind und auch generell die Frage der personellen Besetzung für die HochschülerInnenschaft der Musikuni äußerst problematisch ist. Anstatt aber alles auf die Klischees einer desinteressierten Generation oder politikverdrossenen KünstlerInnen zu schieben, lohnt es sich, die Situation ein wenig genauer anzusehen. §35 Abs 2 des HochschülerInnenschaftsgesetzes verbietet es allen Studierenden, die eine Staatsangehörigkeit eines NichtEWR-Landes besitzen, durch das nicht vorhandene passive Wahlrecht sowohl in ein Organ der ÖH gewählt werden zu können als auch durch die ÖH in wichtige entscheidungsbefugte Gremien der Universität wie zB Berufungs-/Habilitationskommissionen, Studien-/Curriculakommissionen oder in den Senat entsendet werden zu können.
«Studierende aus Nicht-EWR Ländern dürfen nicht am Stimmzettel stehen.»
Im Klartext heißt das, dass Studierende aus Nicht-EWRLändern im Mai zwar wählen aber nicht auf einem Stimmzettel stehen dürfen. Somit erhalten sie nie die Chance, direkt und unmittelbar in der ÖH ihre Interessen vertreten zu können. Paradoxerweise reicht also ein aktives Wahlrecht nicht aus um wirklich aktiv für die eigenen Interessen tätig zu werden. Das fehlende passive Wahlrecht äußert sich insbesondere an der Universität für Musik und darstellende Kunst extrem problematisch. Der AusländerInnenanteil beträgt allgemein fast 50 Prozent, der Anteil an Studierenden mit einer Staatsangehörigkeit außerhalb der EU beträgt weit über 20 Prozent. Jede/r 5. StudentIn darf also weder in der Studienkommissionen die eigenen Studienpläne mitgestalten, noch sich als StudienrichtungsvertreterIn im eigenen Studium stark machen. Noch genauer betrachtet wirkt sich dieses Gesetz auf gewisse Studiengänge um weiteres drastischer aus. Während zB Lehramtsstudien verständlicherweise
einen relativ hohen Anteil an europäischen StaatsbürgerInnen aufweisen, sind in bestimmten Instrumentalstudien sowie in den Studienrichtungen Komposition oder Dirigieren mehr als die Hälfte der Studierenden NichtEWR-StaatsbürgerInnen!
die Rede sein. Um wirklich repräsentative StudierendenvertreterInnen wählen zu können müssen allen ordentlichen Studierenden die gleichen Rechte eingeräumt werden und dazu gehört auch das passive Wahlrecht.
Bei solchen Verhältnissen kann von wirklich „freier“ Wahl nicht
lam
Gleichstellung jetzt Ausländische Studierende sind ein wichtiger Teil der Österreichischen Universitätslandschaft. Jedoch werden sie sowohl durch gesetzliche Regelungen wie auch im täglichen Leben benachteiligt. So müssen Studierende die nicht aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) kommen doppelte Studiengebühren bezahlen, einen Vermögensnachweis vorlegen und haben keinen Zugang zum Arbeitmarkt. Darüber hinaus haben ausländische Studierende immer noch kein passives Wahlrecht und werden so daran gehindert sich innerhalb der ÖH zu engagieren was eine demokratiepolitische Katastrophe ist.
Wir fordern daher für alle Studierenden:
- Passives Wahlrecht - Freier Zugang zum Arbeitsmarkt für alle Studierende - Abschaffung der Studiengebühren - egal ob doppelt oder einfach! - Gleichstellung ausländischer mit österreichischen Studierenden - die sofortige Rücknahme des Fremdenrechtspakets 2005 - Einbindung von ausländischen Studierenden in das staatliche Beihilfensystem
Fremdenrecht
Graswurzel mai 07
17
"Wir haben das Gefühl, nur mitzuschwimmen"
Haiyue Yu kommt aus China und studiert seit 2003 Komposition an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Weil sie kein passives Wahlrecht besitzt, darf sie nicht für die Studienvertretung Komposition/Dirigieren kandidieren. Bisher gab es noch gar keine Studienrichtungsvertretung und ob sich dieses Jahr genügend KandidatInnen finden lassen, um eine komplette Studienvertretung zu wählen, ist noch unklar.
Der AusländerInnenanteil an deiner Uni beträgt knapp 50%. Wie ist die Situation in Deinem Studium? Die genauen Zahlen kenne ich nicht, aber die meisten sind AsiatInnen. Ich schätze, dass sicherlich mehr als die Hälfte aller StudentInnen AsiatInnen sind, vor allem aus Korea und Japan. Bisher gab es gar keine Studienvertretung für Komposition/ Dirigieren. Was glaubst du, woran das liegt? Das Problem haben nicht nur wir KomponistInnen, sondern auch viele andere Studienrichtungen an der Universität. Die StudentInnen sind sehr beschäftigt mit Üben bzw. überhaupt mit dem Studium. Viele fühlen sich auch nicht unbedingt betroffen bei ÖH-Themen.
Glaubst du, dass das auch mit dem passiven Wahlrecht nur für EWR-StaatsbürgerInnen zusammenhängen könnte? Nicht nur, aber auch auf jeden Fall. Wären mehr AusländerInnen – in unserem Fall mehr AsiatInnen – StudierendenvertreterInnen, wäre das Interesse an den Tätigkeiten der ÖH sicherlich höher, weil sie das Gefühl hätten, besser vertreten zu sein. Mit Ideen oder bei Problemen würden sie sich dann eher an die HochschülerInnenschaft wenden. Das Problem liegt aber noch etwas tiefer. Bei AsiatInnen gibt es einen kulturellen Aspekt. Viele von uns sind es gewohnt, immer höflich und zuvorkommend zu sein und nicht unbedingt immer darüber zu sprechen, was ihnen nicht passt oder welche Probleme sie haben. Ich kenne das, glaube ich, sehr gut. Ich verhalte mich gegenüber anderen AsiatInnen sicherlich ein wenig anders als gegenüber EuropäerInnen, und ich kann mir auch vorstellen, dass sie mir Probleme mit ihrem Studium mitteilen, die sie vielleicht den StudierendenvertreterInnen nicht anvertrauen würden. Wir haben das Gefühl immer mitzuschwimmen und außen vor zu sein, also nichts mitbestimmen zu dürfen. Dass ich zB nicht für die StV Komposition/Dirigieren kandidieren oder nicht in die StuKo gehen darf, finde ich scheiße. Du bist gerade dabei, einen Verein zu gründen. Was genau macht ihr? CSSA steht für Chinese Student and Scholar Association. Wir sind etwa 30 chinesische StudentInnen und wollen vor allem ein solidarisches Netzwerk aufbauen. Wir sind ein unabhängiger Verein, der aber von der Botschaft anerkannt ist. Das gibt uns die Möglichkeit demnächst auf Austauschprojekte hinzuarbeiten. Wir haben den Verein gegründet, weil wir früher oft gemeinsam etwas unternommen haben, viel über das Studium gesprochen haben und viele Ideen hatten, diese aber ohne Institution nicht wirklich realisieren konnten. Jetzt können wir hoffentlich ein paar Ideen umsetzen. Was würdest du an der ÖH-Arbeit deiner Uni verändern? Ich würde generell mehr Sensibilisierungsarbeit für AsiatInnen leisten, zB Werbeflyer und Texte in asiatischen und anderen Fremdsprachen. Die Arbeit sollte kosmopolitischer und mulikultureller sein. Dadurch würden mehr StudentInnen angesprochen und wir hätten mehr Zusammenhalt unter den Studierenden.
lam
18
Graswurzel mai 07
Fremdenrecht
Neue Regierung – neue Frauenpolitik? Seit Jänner ist nun die SPÖ in der Regierung – nach sieben Jahren schwarz-blau-oranger Führung rückt „fortschrittliche“ Frauenpolitik in das Licht des Machbaren. Doch wie viel können wir uns wirklich von einem unterfinanzierten, nicht unabhängigen Frauenministerium und Doris Bures erwarten?
E
s gibt kaum Lebensbereiche, die keine Benachteiligung von Frauen in sich bergen: Unbezahlte Reproduktionsarbeiten, wie Kinderbetreuung, präkere Teilzeitbeschäftigungen und das Abfallen der Frauenquote sobald es um besser bezahlte, prestigereiche Positionen geht, ist Teil unserer Lebensrealität. Und das ist nicht etwa die Darstellung von vermeintlichen Kampfemanzen. Deshalb muss Politik für/ von Frauen in unserer Gesellschaft als Querschnittsmaterie gesehen werden.
Euro nicht geholfen, denn er stand auch bereits im ÖVP-FPÖ Regierungsprogramm der letzten Jahre- ohne Realisierung. Die Mindestsicherung stellt wohl eher eine Motivation für Existenzängste dar, das Leben mit 726 Euro bietet kaum Spielraum für ein sorgenfreies Dasein. Auch die Erhöhung der Frauenbeschäftigungsquote auf 65% ist aus dem letzten Regierungsprogramm bekannt. Erstens bleibt die Erhöhung aus und zweitens ist auch im neuen Programm keine Verbesserung der Jobprofile erkennbar.
Schön, dass die SozialdemokratInnen das ähnlich sehen. Löblich angesichts der Tatsache, dass wir in den letzten Jahren auf „fortschrittliche“ Frauenpolitik fast gänzlich verzichten „durften“. Überraschend war es also nicht, dass wir mit einer SPÖ als Wahlsiegerin auf progressivere Frauenpolitik hoffen konnten als bei den schwarzen KollegInnen. Mit Dank vernehmen wir also von unserer angelobten Frauenministerin Doris Bures, dass vor allem eine Gruppe gewonnen hat: Wir Frauen.
Schließen der mensschere
In all der Euphorie stellt sich allerdings die Frage worauf frau sich freuen darf? Laut Bures wird vor allem die Mindestsicherung und die Einigung auf einen Mindeslohn von 1000Euro besonders den Frauen helfen. Schaut frau auf die letzten Jahre zurück hat uns der Mindestlohn von 1000
Einkom-
Positiv zu vermerken ist allerdings, dass die neue Regierung viele weitere Bereiche zur Förderung von Frauen ausformuliert hat, wie die Schließung der Einkommensschere zwischen Männern und Frauen und der Förderung von Maßnahmen zur besseren Bewertung sogenannter frauenspezifischer Berufe. Da diese Formulierungen im ausverhandelten Koalitionsvertrag aber größtenteils schwammig mit „Stärkung“, „Evaluierung“ und „Überprüfung“ beginnen werden diese Fortschrittlichkeiten erst im Laufe der Zeit erkennbar. Bei Nichterfüllung bleiben zumindest Beweise schwarz auf weiß für den Unmut in vier Jahren. Dass der Anteil der Frauen auf MinisterInnenposten in den Medien Entzücken erweckt, ist
unverständlich. Mensch sollte meinen, dass fünf Frauen bei vierzehn Posten (exkl. StaatssekretärInnen) keinen Jubelchor entfachen, hinzu kommt, dass die wenigen von Frauen besetzten Plätze weder der Kanzlersitz, das Finanzministerium noch das Wirtschaftsministerium sind. Auch in dieser Regierung bleiben die Ressorts, die mit Prestige und Macht verbunden sind- auch wenn die SPÖ dies bestreitet- fest in Männerhand. Eine (kleine) Verbesserung stellt zumindest das neue, alte Frauenministerium dar. Leider ist es alles andere als eigenständig: Im Kanzleramt angesiedelt und mit niedrigem Budget ist es fragwürdig wie viel hier erwartet werden kann. Leider „konnte“ die SPÖ auch hier ihr Wahlversprechen nicht einhalten, da von einem eigenständigen Frauenministerium mit mehr Kompetenzen und Budget die Rede war. Erschwerend kommt Doris Bures hinzu. Laut der Tages-
zeitung DERSTANDARD muss unsere neue Frauenministerin „das Ressort übernehmen, für das sie sich am wenigsten erwärmen konnte.“ Nicht verwunderlich erscheint dies auch für die Grüne Frauensprecherin Brigid Weinzinger, die der neuen Frauenministerin mit „gedämpften Erwartungen“ entgegentritt, da „Bures bisher wenig einschlägiges frauenpolitisches Profil gezeigt hat.“ Auch die von ihr bisher besetzten Parlamentsausschüsse lassen nicht auf besonderes frauenpolitisches Interesse schließen. Aber vielleicht kämpft Bures mit Bedacht auf die Querschnittsmaterie Frauenpolitik in anderen Bereichen? Letzlich sind keine Quantensprünge progressiver Frauenpolitik aber zumindest keine Verschlechterungen zu erwarten.
ivi
Feminismus
Graswurzel mai 07
19
Ene, mene, muh und raus bist du! Von der Neutralität des Männlichen und warum niemand weiß, dass eine Frau das erste Computerprogramm geschrieben hat…
liche Gleichstellung von Mann und Frau aussprechen würden, ist der Widerstand gegen geschlechtergerechtes Formulieren groß und die Verwendung immer noch nicht sehr weit verbreitet.
Die Grenze meiner Welt ist meine Sprache Rein sprachlich liegt der Ursprung vieler Argumentationslinien gegen geschlechtergerechtes Formulieren in der Funktion von männlichen Bezeichnungen in der deutschen Sprache: Das Maskulinum hat auch eine vermeintlich neutrale Funktion. Das heißt es kann zum Einen spezifisch für die Bezeichnung von „,männlich“ und zum Anderen „neutral“ für „weiblich“ und „sächlich“ verwendet werden.
Mitgemeint ist zu wenig!
D
ie Sprache ist unser wichtigstes Verständigungsmittel. Sprache beeinflusst und schafft (soziale) Realität. Veränderungen in der Sprache wirken auf das Bewusstsein und tragen unmittelbar zur Veränderung der sozialen Gegebenheiten bei. Sprachliche Gleichstellung ist daher ein wichtiger Teil der rechtlichen und sozialen Gleichstellung, weil Sprache Strukturen, Normen und Werte einer Gesellschaft wider spiegelt. Die Forderung nach gesellschaftlicher Gleichstellung geht mit der Forderung nach Sprachlicher einher. Beide können nicht voneinander getrennt existieren! Und obwohl nur noch wenige Menschen sich dezidiert gegen eine gesellschaft-
Die sprachtheoretisch neutrale Verwendung des Maskulinums kann allerdings nur als pseudoneutral bezeichnet werden. Die linguistische Trennung des biologischen und des grammatikalischen Geschlechts entspricht nicht der Vorstellungswelt der Menschen. Die Bezugnahme auf Mann und Frau ist keine reale, sondern eine theoretische, da die Sprachform massiv unsere Vorstellung über die beschriebene Person beeinflusst und die „neutrale“ männliche Form nicht geschlechtsindifferent interpretiert wird. Selbst in Kontexten in denen die männliche Form geschlechtsneutral verwendet wird, löst sie gedankliche Assoziationsketten aus, in denen Frauen nur selten vorkommen.
«An wen denkst du, wenn du dir einen Romanhelden, einen Sportler oder einen Chirurgen vorstellen sollst?» Diverse Untersuchungen zu den Assoziationsketten, das heißt den Gedanken, welche sich aus dem gelesenen bzw. gesprochenen Satz ergeben, zeigen, dass Frauen nicht vorkommen, wenn das „neutrale“ Maskulinum verwendet wird. Aus der Formulierung, „bereits um 1840 schrieben Mathematiker die ersten Computerprogramme“ würde niemand schließen, dass eine Frau (Lady Ada Lovelace) eines der ersten Computerprogramme geschrieben hat. Frauen werden dadurch unsichtbar, ignoriert und ausgeschlossen.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, doch weiter kommt mensch ohne ihr… Häufig wird der Vorwurf erhoben, dass geschlechtergerechte Sprache Grammatikregeln verletzt und dem „Sprachgefühl“, sowie der optischen Ästhetik widerspricht. Die bestehende Sprachregelung ist uns vertraut. Es ist daher nicht verwunderlich, dass das absichtliche Durchbrechen des Gewohnten auf Widerstand stößt. Sprachgefühl und Ästhetik sind allerdings eine Konsequenz dieser Gewohnheit und nicht „Gottgegeben“. Sprache ist, genauso wie ihre Grammatikregeln, veränderbar! Dieser Veränderungsprozess kann, im Gegensatz zu anderen
Behauptungen, sehr wohl gesteuert werden und erfolgt nicht auf „natürliche“ Weise – siehe Rechtschreibreformen.
Wirtschaftliche Leitbilder in allen Lebenslagen Die ökonomische Doktrin unserer Gesellschaft macht auch vor der Sprache nicht halt. Und so wird der sprachlichen Gleichstellung von Frauen die Wirtschaftlichkeit der männlichen Ausdrucksweise entgegengehalten. Diese Feststellung sollte eigentlich schon Entsetzen hervorrufen und jegliche weitere Argumentation erübrigen. Die Verkürzung von Formulierungen führt nicht automatisch zu ökonomischeren Ergebnissen. „Kurz und bündige“ Ausdrucksweise erhöht in vielen Fällen den Interpretationsbedarf der angesprochenen Person und senkt damit das Aufmerksamkeitslevel. Die Person vergeudet einen hohen Anteil ihrer Aufmerksamkeit mit der Suche nach der richtigen Textauslegung. Der eigentliche Inhalt des Textes rückt in den Hintergrund. Die Ökonomie bei der Produktion von Texten fördert eine unökonomische Interpretationsarbeit des Lesers oder der Leserin. Die Bedeutungsgenauigkeit geschlechtergerechter Sprache führt im Gegensatz dazu zu einer kontextunabhängigen Klarheit.
jad
20
Graswurzel mai 07
Feminismus
Linke Politik ist feministische Politik Warum nur linke Politik, die offene und verdeckte Hierarchien und tradierte Normen ablehnt, feministisch sein kann – aber nicht zwingend ist und warum linke Emanzen nicht Benita Ferrero-Waldner gewählt haben, obwohl sie eine Frau ist.
E
s gibt nicht eine Antwort darauf, was Feminismus ist, es gibt viele Thesen und verschiedene Theorien, und es gibt viel Raum für Kritik in jeder Strömung. Doch letztlich zielen feministische Theorien auf eine gerechte Neuordnung der Welt, die verschiedene Widersprüche aufzulösen sucht. Es geht um eine grundlegende Veränderung der Lebensrealitäten, um die Aufhebung der Trennung von öffentlich und privat und die Umwälzung der Macht - und Produktionsverhältnisse. Diese radikalen Veränderungen stellen das männliche, patriarchale Leistungsdiktat an sich in Frage. Der feministische Kampf ist der Kampf gegen das System, nicht der Kampf um Vereinbarkeit im System. In der Frauenbewegung hat - mit ihrer Integration und Institutionalisierung - die Lust am Gestal-
ten über den Kampf gegen die Wurzeln der Unterdrückung gesiegt. Die Abhängigkeit frauenpolitischer Initiativen von staatlicher Finanzierung trägt dazu bei, dass feministische Projekte systemstabilisierend wirken. Denn die Integration der widerständischen, revolutionären Kultur legitimiert und sichert die herrschenden Strukturen. Repräsentative Demokratie und Parlamentarismus sind offensichtlich nicht geeignet, die Interessen der Menschen zu vertreten. Sie haben sich stattdessen darauf verlegt, die Interessen des Kapitals und der MachthaberInnen, also auch kaum die der Frauen, zu verteidigen. Doch es gibt weiterhin eine autonome feministische Kultur, die den Verführungen der Institutionalisierung nicht erlegen ist. In Wissenschaft und Praxis unterscheidet sich Feminismus weiterhin von Frauenpolitik.
Frauenpolitik ist reformistisch, sucht konkrete Lösungen zu erkämpfen, fordert Verbesserungen für klassisch weibliche Lebensrealitäten innerhalb des (raubtier-)kapitalistischen Systems.
Feminismus tionär
ist
revolu-
Klassische Bilder und Zuschreibungen werden als solche entlarvt. Frauen sollen nicht an die Spitze der Hierarchien, sondern gleichberechtigt im demokratischen Entscheidungsprozess aller Menschen mitwirken. Lebensentwürfe sollen autonom gestaltet sein und nicht internalisierte gesellschaftliche Rollenbilder widerspiegeln. Dazu bedarf es der Sensibilisierung in allen Lebensbereichen, ohne bewusstseinserweiternde Gegenmaßnahmen wird eine Welt reproduziert, in der Frauen unterrepräsentiert sind.
Freiheit kann ohne ökonomische Autonomie, sowohl individuell, als auch institutionell nicht gelebt werden. Freiheit bedeutet nicht nur, frei von Einschränkungen zu sein, sondern auch frei sich selbst zu verwirklichen, frei das eigene Leben zu gestalten, das heißt frei von Existenzängsten und Sachzwängen. Eine Politik, die Hierarchien und die herrschende Ordnung der Welt nicht angreift, ist keine feministische Politik und Frau-sein alleine ist noch kein Programm. Es ist immer wünschenswert, wenn Frauen in unserer Gesellschaft sichtbar werden, aber das Geschlecht kann kein Programm zur Umverteilung von Macht und Kapital ersetzen.
lina
Ob Kinder oder keine entscheidet Frau alleine Nicht ganz, denn abgesehen von einer Gruppe FrauenrechtsbekämpferInnen vor Abtreibungskliniken, der Propaganda der katholischen Kirchenväter, der finanziellen Hürde eines Schwangerschaftsabbruches und Ressentiments gegen die Abtreibung existieren gesellschaftliche Verhältnisse, die Frauen in ihrer Selbstbestimmtheit einschränken.
D
ie Verantwortung für Verhütung haben in der sexuellen Praxis vor allem Frauen und Mädchen zu tragen. Schon beim ersten Besuch bei einer/m Gynäkologin/en wird Mädchen die Pille zur Verhütung empfohlen. Abgesehen davon, dass die Pille nicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützt, ist die Pille eines der sichersten Empfängnisverhütungsmittel. Das ist auch
nicht verwunderlich, immerhin befasst sich die androzentrische Forschung schon seit Jahrzehnten sehr intensiv mit der Pille für Frauen. Die Pille für den Mann hingegen erfährt weniger Aufmerksamkeit. Ebenso tragen Frauen in der Regel die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch. Es ist aber für viele Frauen gar nicht so einfach innerhalb der knappen gesetz-
lich gewährten Frist für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch die benötigten mindestens 300 Euro zu verdienen. Abtreibungen sollten zumindest auf Krankenschein (Überweisung) durchgeführt werden, um allen (krankenversicherten) Frauen den Zugang zu ihrem Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch zu erleichtern. Ressentiments gegen den Schwangerschaftsabbruch könnten abgebaut werden,
Feminismus
wenn die Fristenlösung nicht im Strafrecht verankert wäre. Die vermeintlich autonome Entscheidung für oder gegen Kinder wird auch „aufgrund gesellschaftlicher Reproduktionsverhältnisse“ gefällt. Das bedeutet, Frauen entscheiden in einer Gesellschaft in der vor allem Frauen – unbezahlt und unabgesichert - Kindererziehung, Pflege und Hausarbeit machen. Kindergärten werden nicht als erste Bildungseinrichtungen verstanden und nicht entsprechend ausgebaut. Es heißt immer wieder, ein Kind soll bei der Mutter sein. Das Kindergeld erschwert Frauen den Wiedereinstieg nach der Babypause. Es wurde zwar die Möglichkeit des verkürzten
Graswurzel mai 07
Bezuges geschaffen, dabei geht allerdings ein Teil der Förderung verloren. Außerdem gibt es zu wenig Kleinkinderbetreuungseinrichtungen. Das negative Machtgefälle in Beziehungen zu Männern macht es Frauen oft schwierig, die Entscheidung, die für sie die richtige ist alleine zu fällen. Die Erfahrung und Realität vieler Frauen ist es, mit der Verantwortung für Verhütung oder Erziehung und mit den Kosten einer Abtreibung alleine gelassen zu werden. Das Abtreibungsrecht gerät immer wieder unter Beschuss: Da es keine Bannmeile um Abtreibungskliniken gibt, werden Frauen dort von frauenfeindli-
chen AktivistInnen belästigt. Ein Wegweiserecht der Stadt Wien gibt es zwar, aber kein Rückkehrverbot. Eine Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes ist dringend erforderlich, um Frauen diese Qualen zu ersparen.
Die Stigmatisierung der Abtreibung durch frauenrechtsfeindliche Gruppen wird zum Beispiel durch die Verbreitung der wissenschaftlich nicht haltbare Theorie von Depressionen nach einem Abbruch untermauert und verbreitet.
21
von Kirche und AbtreibungsgegnerInnen angegriffen. Ob eine Frau eine Schwangerschaft abbricht, oder nicht ist alleine ihre Entscheidung. Seit 1974 ist der Schwangerschaftsabbruch legal, diese Diskussion muss nicht mehr aufgemacht werden. Es geht jetzt darum, Frauen die Ausübung dieses Rechtes auch tatsächlich zu ermöglichen. Die ständige Infragestellung von Frauenrechten zeigt, wie langwierig feministische Kämpfe sind und wie weit weg wir von einer Gesellschaft sind, in der auch Frauen selbstverständlich gleichberechtigt sind.
Das Selbstbestimmungsrecht der Frau über ihren Körper und ihr Leben wird noch immer
britta
HERRschaft raus! Viele StudentInnen sind der Meinung, die Gleichstellung von Frauen an den Universitäten und in der Wissenschaft wäre inzwischen nicht mehr Wunschdenken sondern Tatsache. Doch der Schein trügt...
G
egenderte Gesetzestexte, das Gleichstellungsgesetz und die Verankerung von Frauenfördungsmaßnahmen in den Leistungsvereinbarungen der Universitäten erwecken schnell den Eindruck, dass ernsthaft an der Gleichstellung der Geschlechter gearbetietet wird. Doch leider beweist der Blick in die innere Struktur und die Gremien der Universitäten dass die meisten Bemühungen nicht zur gewünschten Verbesserung in Richtung Gleichberechtigung führen. Quoten waren und sind nach wie vor eine schwierige Sache. Denn wenn der tatsächliche Wille zur Verbesserung der Geschlechterverhältnisse an den Unis fehlt sind Quoten nur bedingt sinnvoll, kommen sie doch
einer Strafmaßnahme gleich. Eine erfüllte Quote muss noch lange nicht bedeuten, dass sich grundsätzlich etwas verbessert hat. So werden zB in den "niederen" Abteilungen, in der Verwaltung und den Sekretariaten noch mehr Frauen angestellt, so dass der Frauenanteil dort bis zu 80 Prozent beträgt, in den entscheidenden Positionen bleibt die Situation schlecht wie zuvor. Wenn ich als Frau Expertin für ein bestimmtes Thema bin, wird trotz meiner Anwesenheit mit meinem männlichen Kollegen gesprochen, in vielen uniinternen meetings werden die Frauen belächelt. Für die selbe Anerkennung müssen Frauen ungleichviel mehr leisten - das ist nach wie vor die Alltagsrealität an den Universitäten.
mausi
Deshalb fordert die GRAS: • mehr Frauen in Entscheidungsgremien der Universitäten - Wir brauchen ECHTE Frauenförderung und keine Beschönigungspolitik die nichts verändert! • Geschlechtergerechte Sprache an der Universitäten – von der Vorlesung bis zum Skriptum - Wir haben ein Recht darauf, sichtbar zu sein! • Feminismus und Genderfragen als Querschnittsmaterie im Studium - Nur durch Aufklärung und Sensibilisierung kann sich die Gesellschaft verändern!
22
Graswurzel mai 07
Soziales
Leistbarer (Wohn)raum für jeden Menschen
Der Verein neunerHAUS gibt Obdach
E
twa 100.000 Menschen sind zurzeit in Österreich von Wohnungslosigkeit bedroht. Alleine in Wien werden jährlich knapp 4.000 Räumungstermine öffentlich bekannt (Quelle: FAWOS, 2005). Österreichweit sind jährlich rund 84.000 Menschen vom Verlust der eigenen Wohnung bedroht (Quelle: BAWO) Gründe dafür sind unter anderem die steigenden Energiekosten, zu wenige soziale Wohnungsangebote und fehlende Mietzinsobergrenzen. Auch die erhöhten Lebenserhaltungskosten führen dazu, dass immer mehr Menschen in Krisensituationen wie zum Beispiel einer Scheidung, keine Geldreserven haben, um einen Neubeginn in einer eigenen Wohnung zu finanzieren.
Freiraum & Eigenständigkeit für Obdachlose Die Arbeit von Sozialorganisationen und Obdachloseneinrichtungen ist daher besonders
wichtig, um den von Wohnungsverlust betroffenen oder bedrohten Menschen ein Leben auf der Straße zu ersparen. Der seit 2001 aktive Verein neunerHAUS bietet in zwei Wohnhäusern knapp 100 obdachlosen Frauen und Männern ein Zuhause. „Wohnen ist ein Menschenrecht. Darum muss menschenwürdiges Wohnen für alle leistbar sein, “ so Markus Reiter.
«Es herrscht kein Alkoholverbot: Hilfe soll nicht beglücken, sondern helfen, wenn sie benötigt wird. Wichtig ist es, den Menschen Raum zu geben um sich selbst wieder zu finden.»
Im neunerHAUS wird eigenständiges und selbstbestimmtes Wohnen großgeschrieben. JedeR BewohnerIn im neunerHAUS hat eine eigene, kleine Wohneinheit mit Bad und Kochnische und einem eigenen Haustürschlüssel.
Besuche sind jederzeit willkommen und es herrscht kein Alkoholverbot. Eine Gruppe von engagierten SozialarbeiterInnen betreut auf Wunsch die BewohnerInnen: Denn Hilfe soll nicht beglücken, sondern immer dann geleistet werden, wenn sie auch benötigt wird. Den Menschen Raum zu geben, um sich selbst wieder zu finden, ist eines der Grundprinzipien des Vereins. „Wir helfen den Menschen dort, wo sie es auch benötigen. Durch selbstbestimmtes Wohnen, ohne Druck und viel Freiraum, wollen wir die Betroffenen vor einem Leben auf der Straße bewahren und sie soweit auffangen, dass sie wieder Perspektiven für ihre Zukunft entwickeln können,“ ist Reiter, Geschäftsführer und Mitbegründer des Vereins neunerHAUS, von
der Notwendigkeit seiner Arbeit überzeugt. Mit den neunerHAUS-Wohnprojekten gelingt es, Menschen wieder zu einer eigenen, leistbaren Wohnung zu verhelfen. Trotzdem ist damit noch nicht genüge getan: „Auf Dauer kann Obdachlosigkeit nur durch Prävention und durch Senkung der Wohnungskosten verhindert werden. Das bedeutet günstigere und mehr Sozialwohnungen, Einführung bundesweit einheitlicher Mietzinsobergrenzen und Ausbau systemisierter Delogierungsprävention.“ fasst Markus Reiter für die Zukunft zusammen.
feder
Der Verein neunerHAUS im Überblick: Der 1999 im 9. Wiener Gemeindebezirk gegründet Verein neunerHAUS betreibt seit 2001 Wohnhäuser für obdachlose Menschen: Das neunerHAUS Hagenmüllergasse bietet in 60 Dauerwohnplätzen ein Zuhause für langzeitobdachlose Frauen und Männern. Das neunerHAUS Billrothstraße gibt 35 Wohnungslosen eine auf ein halbes Jahr befristete Unterkunft, die zB aufgrund einer Scheidung eine Überbrückung brauchen. Seit März 2006 bietet das Team neunerHAUSARZT medizinische Betreuung für obdachlose Menschen in verschiedensten Häusern der Wiener Wohnungslosenhilfe. Das Mai 2006 gestartete Projekt neunerCOMPUTING ist ein Schulungsprogramm, das die Chancen von Wohnungslosen auf den Wiedereinstieg ins Berufsleben steigert.
Soziales
Graswurzel mai 07
23
Zu viel zum Sterben, zu wenig zum Leben „Nur faulenzen, nix hackln“. Klischees über StudentInnen sind stark verbreitet, haben aber mit der Realität nichts zu tun: Zwei Drittel der Studierenden arbeiten während des Semesters. Wenn mensch auch jene hinzuzählt, die nur in den Ferien arbeiten, sind es 80%. Die Studienpläne aller Studienrichtungen sind auf eine 40-Stunden-Woche ausgelegt. Unterfinanziertes Leben
dierende sind schlecht bezahlt, beinhalten weder Arbeitslosenversicherung noch Pensionsversicherung, sind für ArbeitgeberInnen sehr flexibel kündbar und beinhalten stupide Tätigkeiten. Diese Nebenjobs bringen meist wenig Geld und Erfahrung, kosten aber viel Zeit: Zeit die fürs Studium fehlt. Wer wenig länger als die Mindeststudienzeit studiert, verliert Familien- und Studienbeihilfe.
Z
ügiges Studieren und Arbeiten ist schwer zu vereinbaren - diese Erfahrung hat auch Nicole gemacht. Nicole ist aus privaten Gründen aus Deutschland nach Österreich gekommen und hat begonnen, Polonistik und Theaterwissenschaften zu studieren: „Ich habe keine Stipendien, Studienbeihilfe oder Ähnliches gehabt und von den Eltern nur das Kindergeld (Anm: 154€ pro Monat) überwiesen bekommen. Da ich zu dieser Zeit 24 Jahre alt war wurde es mir wichtig, von meinen Eltern unabhängig zu sein, zumal meine jüngere Schwester ebenfalls zu studieren begann und keine eigenen Einkünfte hatte“. Dass von 154€ kein Mensch leben kann, ist klar. Da Nicole keine österreichische StaatsbürgerInnenschaft hat, war sie vom Stipendiensystem ausgeschlossen. Um sich über Wasser zu halten hat sie eine Arbeit angenommen, bei der sie geringfügig beschäftigt war. Dann nahm sie einen Teilzeitjob an, was ihr zwar eine Sozial- und Pensionsversicherung brachte, aber viel Zeit vom Studium nahm. Dass die neuen Studienpläne immer mehr Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht beinhalten, machte für Nicole die Vereinbarkeit von Studium und Arbeit schwierig: „Leider hatte ich keine flexiblen Arbeitszeiten mehr und konnte bestimmte Vorlesungen nicht besuchen“.
Unterfinanzierte Uni Die Frustration mit der Situation am Institut für Theaterwissenschaften tat ihr Übriges: Ausgebuchte Lehrveranstaltungen, völlig überfüllte Seminare und monatelang unverfügbare Bücher in der Institutsbibliothek. Der Zwang zur Erwerbsarbeit und die Unterfinanzierung der Uni verunmöglichte ein Weiterkommen im Studium. Nicole wollte nicht ewig 363€ pro Semester umsonst zahlen und brach ihr Studium ab.
Unterfinanziertes Stipendiensystem Aber auch StudienbeihilfebezieherInnen stehen unter Druck: Die Studienbeihilfe ist zu niedrig, um davon leben zu
können. Wissenschaftsminister Hahn hat angekündigt, dass die Höchststudienbeihilfe um magere 12 % von 606 € auf 679 € erhöht wird. Dieser Wert deckt nicht einmal die Inflation seit der letzten Erhöhung von 1999 ab. Was noch viel wichtiger ist: Die neue Höchststudienbeihilfe liegt immer noch 171 € unter der Armutsgefährdungsgrenze von 850 €! Nur ein Bruchteil der Studierenden erhält überhaupt Höchststudienbeihilfe, durchschnittlich werden monatlich 277 € ausgezahlt.
Unterbezahlte Nebenjobs Ohne zusätzliche Erwerbsarbeit ist ein Studium unfinanzierbar. Nebenjobs für Studierende sind großteils prekär abgesichert: Viele dieser Nebenjobs für Stu-
So hat es auch Julia erlebt, die Judaistik und Frauenforschung studiert hat: „Weil meine Mutter alleinerziehend war und als Krankenpflegerin wenig verdient hat, bekam ich Studienbeihilfe (Anm.: 1998: 4000 öS bzw. 291 €), die ich aber recht bald verlor, weil ich zu lange für den ersten Abschnitt gebraucht habe.“ Nach dem Beihilfenverlust ist noch mehr Erwerbsarbeit notwendig und das Studium verzögert sich weiter. „Ich mußte den Abschnitt fertig machen, viel arbeiten, meine Mutter drohte mit Geldentzug, Druck von vorne bis hinten.“ 70 ÖS bzw. 5 € pro Stunde hat Julia 2001 im Verkauf verdient, gleichzeitig wurden die Studiengebühren eingeführt. Der finanzielle und psychische Druck vergrößerte sich weiter. Aus dem sozialen Teufelskreis kam Julia nicht mehr heraus und sie brach das Studium ab, mit 3000 € Minus am Konto.
nändi
Graswurzel mai 07
24
Soziales
Und, ordentlich mindestgesichert? „Rote“ Markierungen sind im schwarz-roten Regierungsprogramm ja bestenfalls mit der Lupe zu finden. Umso stolzer ist die SPÖ auf die im Koalitionspapier verankerte Maßnahmen Mindestsicherung und Mindestlohn. Nur – taugen diese Vorhaben tatsächlich zur Bekämpfung von Armut? Oder entpuppen sich diese „Meilensteine“ nicht vielmehr als „Kieselsteinchen“?
E
ntscheidende Schritte zur Armutsbekämpfung setze das neue Regierungsprogramm – der Kurswechsel zur bisherigen schwarz-orangen Politik sei hier klar erkennbar, tönt es aus der SPÖ: im Regierungsprogramm ist ein Mindestlohn von € 1.000,- (bei Vollzeitbeschäftigung, auf Basis eines Generalkollektivvertrags) ebenso vorgesehen, wie eine bedarfsorientierte Mindestsicherung in Höhe von € 726,- (14 x jährlich), die stufenweise eingeführt werden und bis 2010 voll umgesetzt sein soll. Dass diese Form von Mindestsicherung und diese Form von Mindestlohn allerdings wirksame Mittel zur Bekämpfung von Armut sind, darf bezweifelt werden.
1.000 Euro Mindestlohn – fast ein Hohn ... Lohnpolitik ist in Österreich Aufgabe der „Sozialpartner“: Gewerkschaften und ArbeitgeberInnen (über die Wirtschaftskammer oder freiwillige Arbeitgebervereinigungen) verhandeln in regelmäßigen, in der Regel jährlichen Verhandlungsrunden Kollektivverträge aus, in denen Lohngruppen, Mindestlöhne, das 13. und 14. Monatsgehalt (diese sind keineswegs gesetzlich, sondern kollektivvertraglich geregelt!) und Lohnsteigerungen ebenso enthalten sind wie auch branchenspezifische Arbeitszeitregelungen (zB 38,5 Stunden-
woche statt 40 Stundenwoche, Schichtarbeitszeitmodelle). Das System der Kollektivverträge hat sich weitestgehend bewährt, an die 95 % aller ArbeitnehmerInnen sind über Kollektivverträge abgedeckt. Wie hoch Mindestlöhne sind, wie hoch Lohnzuwächse sind, hängt allerdings nicht zuletzt davon ab, wie stark die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften ist – wie viele ArbeitnehmerInnen einer Branche gewerkschaftlich organisiert sind. So gibt es nach wie vor Kollektivverträge, die deutlich unter € 1.000,-/Monat liegen (so beträgt der kollektivvertragliche Mindestlohn bei SchilehrerInnen etwa nur € 683,10). Etliche Berufsgruppen würden also von einem Generalkollektivvertrag von € 1.000,- profitieren. Nur „armutssichernd“ für alle Beschäftigten ist er deswegen noch lange nicht. Aus einigen Gründen: ein Generalkollektivvertrag gilt nur für jene ArbeitnehmerInnen, die einen Kollektivvertrag haben – das ist zwar der überwältigende Teil der unselbständig Beschäftigten, aber selbst bei einer Abdeckung von rund 95 % keineswegs alle. Und es gibt eine steigende Zahl an Beschäftigungsverhältnissen – freie DienstnehmerInnen etwa – für die Kollektivverträge nicht gelten, weil sie keine „ArbeitnehmerInnen“ im Sinne des Arbeitsrechts sind.
Kein „großer Wurf“ Vergleicht mensch die angepeilten € 1.000,- Mindestlohn mit vergleichbaren europäischen Ländern, dann herrscht überhaupt Ernüchterung. € 1.000,Mindestlohn ergeben heruntergerechnet auf den Stundenlohn bei einer 40 Stundenwoche gerade mal € 5,80. In zahlreichen europäischen Ländern sind Mindestlöhne gesetzlich geregelt – und liegen dabei deutlich höher: Spitzenreiter ist Luxemburg mit € 8,69/Stunde, gefolgt von Frankreich mit € 8,27, den Niederlanden mit € 8,03 und Großbritannien mit (umgerechnet) € 7,97. Selbst Irland (€ 7,65) und Belgien (€ 7,48) liegen deutlich über Österreich. Als „großer Wurf“ erscheinen da € 1.000,nicht. Von gesetzlichen Mindestlöhnen wollen allerdings weder Sozialpartner noch die Bundesregierung etwas wissen. Die Sozialpartner – insbesondere auch die Gewerkschaften – nicht, weil sie fürchten, ihre Kernkompetenz zu verlieren. Das ist allerdings nur bedingt richtig, denn in vielen Staaten sind die Gewerkschaften bei der Festlegung gesetzlicher Mindestlöhne durchaus eingebunden. Und in der BRD etwa, wo das Kollektivvertragssystem zusehends erodiert, fordern die Gewerkschaften sogar einen gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von € 7,50!
Vor allem hätte ein gesetzlicher Mindestlohn – im Unterschied zu kollektivvertraglichen – den Vorteil, dass er per Gesetz für alle ArbeitnehmerInnengruppen – auch etwa für freie DienstnehmerInnen – seine volle Wirkung entfalten könnte. € 1.000,- Mindestlohn per Generalkollektivvertrag sind also ein etwas größerer Steinbrocken – als „Meilenstein“ taugt er definitiv nicht.
„Im Extremfall kann die Mindestsicherung niedriger als die Sozialhilfe ausfallen. Und sie wird erst dann geleistet, wenn sämtliches Vermögen zuvor entwertet worden ist. Betroffene werden so noch ärmer gemacht.“ Als „Kieselstein“ ist dagegen bestenfalls die geplante Mindestsicherung zu bezeichnen. Mit einer lebenslagen- und bedarfsorientierten Grundsicherung, wie sie etwa seitens der Grünen oder der Armutskonferenz gefordert wird, hat diese „bedarfsorientierte Mindestsicherung“ nur wenig zu tun. Vielmehr handelt es sich bei der rot-schwarzen Mindestsicherung um eine bundesweite Vereinheitlichung der Sozialhilfe auf € 726,- (14 x monatlich), in die sämtliche „Sozialhilfen“ (Sozialhilfe, Mietbeihilfe etc.)
Soziales
integriert werden – im Extremfall kann diese Mindestsicherung sogar geringer als die heutige Sozialhilfe ausfallen. Außerdem wird diese Mindestsicherung nur dann geleistet, wenn sämtliches Vermögen zuvor verwertet worden ist. Das gilt zwar auch bislang so – wird allerdings nicht in allen Bundesländern so exekutiert (Sozialhilfe ist ja Ländersache).
Eine Mindestsicherung, die den Namen kaum verdient ... Was ja auf's Erste plausibel klingt – Mindestsicherung für jene, die sie wirklich brauchen – stellt sich bei näherer Betrachtung als fatal heraus: Vermögen wird nämlich außerordentlich breit definiert. Da kann das Auto, das gerade im ländlichen Raum ausreichend Mobilität und damit die Möglichkeit, einer Arbeit nachgehen zu können sichert, ebenso unter „Vermögen“ fallen, wie die mühsam ersparte Eigentumswohnung oder das eigene Haus. Betroffene werden arm gemacht, ehe sie die Mindestsicherung überhaupt erhalten können. Das reduziert nicht nur die Chancen, in den Arbeitsmarkt integriert zu werden deutlich, sondern wirkt dem Ziel der Armutsbekämpfung – nämlich gesellschaftliche, soziale und kulturelle Teilhabe zu sichern bzw. zu ermöglichen strikt entgegen. „BezieherInnen der Mindestsicherung werden enteignet. Vermögensbezogene Steuern – Erbschafts- und Schenkungssteuer – hingegen abgeschafft.“
Graswurzel mai 07
Wäre es nicht sinnvoller, solidarisch gestaltete vermögensbezogene Steuern zur Finanzierung der Mindestsicherung heranzuziehen, statt Betroffene schlichtweg zu enteignen und dadurch ihre Chancen empfindlich zu schmälern? Das scheint allerdings unter rot-schwarz kein Thema zu sein. Schlimmer noch: eine der wenigen vermögensbezogenen Steuern in Österreich, die Erbschaftssteuer wird nicht sinnvoll reformiert, sondern schlicht abgeschafft. Der Schenkungssteuer steht ähnliches bevor. Neben dem Zwang, sein gesamtes Vermögen einsetzen zu müssen, um überhaupt Mindestsicherung beziehen zu können, fällt als zweite Voraussetzung die „Arbeitswilligkeit“ auf. Was unter „Arbeitswilligkeit“ zu verstehen, führt das Regierungsprogramm auch entsprechend aus: Langzeitarbeitslose sollen in gemeinnützige Arbeitsprojekte gezwungen werden (das kennen die Studis ja schon aus der Studiengebührendiskussion) und sind zur Weiterbildung verpflichtet. Zumutbarkeitsbestimmungen sollen „gerechter und praxisnäher“ gestaltet – was im Klartext soviel heißt, wie „weiter verschärft“, werden.
Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose sind in Österreich bereits jetzt sehr streng – es geht allerdings noch härter. Künftig soll der zumutbare Arbeitsweg verlängert, Arbeitslose über ganz Österreich vermittelt werden – unter Androhung von Sanktionen, falls diese nicht bereit sind, Jobs in anderen Bundesländern – aus welchen Gründen
auch immer - anzunehmen. Österreich gilt allerdings nicht nur als Land der strengen Zumutbarkeit sondern auch als Land mit einer besonders geringen Nettoersatzrate (in Österreich beträgt das Arbeitslosengeld 55 % des als Bemessungsgrundlage herangezogenen Nettoeinkommens, in skandinavischen Ländern dagegen bis zu 80 %).
25
mehr Sozialstaatlichkeit unter rot-schwarz kann keine Rede sein – viel mehr von Etikettenschwindel. Die Sozialdemokratie hat in der Sozialpolitik einmal mehr abgedankt. Von einer ÖVP war ja ohnehin nichts anderes zu erwarten ...
Zwang, Druck und Sanktionen ändern nichts… Es liegt weniger an der mangelnden „Arbeitswilligkeit“ von Arbeitslosen, sondern vielmehr am Fehlen entsprechender Jobs, also an der schlechten Arbeitsmarktsituation oder schlicht an der schlechten psychischen und physischen Verfassung Langzeitarbeitsloser, dass diese keiner Arbeit nachgehen können. Noch mehr Zwang, noch mehr Druck, noch mehr Sanktionen ändern da gar nichts, sondern verschärfen nur noch die prekäre individuelle Situation der Betroffenen. Wie gesagt: mit „Grundsicherung“ hat die geplante Mindestsicherung wenig zu tun. Von „epochalen Schritten“ in Richtung
Gastkommentar von Markus Koza Markus Koza, ist Ökonom, Bundessekretär der Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen (AUGE/UG) und Vertreter der UG (Unabhängige GewerkschafterInnen) im ÖGB Bundesvorstand. Von 1995 bis 1997 war er Alternativreferent der ÖH Bundesvertretung.
26
Graswurzel mai 07
gesellschaft
Cannabis – eine alte Kontroverse Kaum eine Pflanze wurde von der sogenannten. „Linken“ mehr thematisiert als Hanf. Wagen wir einen näheren Blick...
Botanisches
Kulturelles
Botanisch gesehen gehört die Pflanze in die Familie der Cannabaceae zu der neben dem Hanf auch noch der Hopfen gezählt wird. Diese Pflanzen sind alle zweihäusig (diözisch), das heißt es gibt männliche und weibliche Individuen, was im Pflanzenreich eher die Ausnahme als die Regel ist. Ging mensch früher von drei Arten, nämlich C. sativa, C. indica und C. ruderalis aus, neigt mensch heute mehr dazu diese alle in eine Art zusammenzufassen und die oben genannten „Arten“ als Unterarten aufzufassen. Eines der Argumente für diese Einteilung ist die nahezu uneingeschränkte Möglichkeit diese Pflanzen miteinander zu kreuzen. Davon wird bei modernen Züchtungen auch exzessiv Gebrauch gemacht, um den Ertrag zu steigern bzw. besonders resistente Pflanzen zu züchten die Wind und Wetter auch gut standhalten können.
Demnach ist Cannabis eine vom Menschen genutzte Pflanze, die durch lange Züchtung erst zu den heute bekannten Formen wurde. Ziemlich sicher ist der mittlere Osten Ausgangsgebiet für diese Kultivierung anzunehmen. Cannabis kann getrost zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit gezählt werden - als Zeitraum der Nutzung wird von mindestens 7.000 Jahre ausgegangen.
Demnach gibt es nur C. sativa mit den Unterarten sativa, indica und ruderalis, die aber alle bereits Kulturformen sind, also von Menschenhand gezüchtet wurden. Eine Wildart ist nicht (mehr) bekannt, dürfte allerdings große Ähnlichkeit mit ruderalis gehabt haben. Als "Kulturfolger" des Menschen ist Cannabis mittlerweile um den gesamten Globus verbreitet und wird in vermutlich jedem Land dieser Erde legal oder illegal angebaut.
Hanf diente dem Menschen in vielfältiger Weise: Vermutlich eine der ersten Anwendungen war der Verzehr der wohlschmeckenden Samen, die zudem auch ausgesprochen nahrhaft sind und für damalige Menschen wohl eine willkommene Ergänzung zum eher kärglichen Speiseplan waren. Nach der Sesshaftwerdung wurde die Pflanze oftmals angebaut, vermutlich auch weil sie hervorragend auf ausgelaugten Böden wächst, was mit der Art ihrer Bewurzelung zusammenhängt. Als Faserlieferant für sehr reissfeste Kleidung war Hanf auch in Europa bis ins 20. Jahrhundert. hinein im Einsatz. Taue, Segel und viele andere Dinge wurden aus Hanf gefertigt und waren für die Seefahrt in dieser Qualität unerlässlich. Ebenso wurden Sehnen für Langbögen aus den Fasern gefertigt, da es sonst kaum Materialien gab, die der enormen Zuglast standzuhalten vermochten.
Auch sonst war der Rohstoff sehr begehrt, wie zum Beispiel ab dem 13. Jhd. in der Papierherstellung. Unter Anderem wurde die amerikanische Unabhängigkeitserklärung auf Hanfpapier geschrieben und hat die Zeiten bis heute überdauert. Alle materiellen Anwendungen zu beschreiben würde den Rahmen dieses Artikels mehrfach sprengen. Schließlich konnte die Pflanze medizinisch verwendet werden. Zur Linderung von Regelbeschwerden war Hanf genau so beliebt wie für viele Leiden die unter dem Begriff "chronische Schmerzen" zusammengefasst werden können. Aber nicht nur als Schmerzmittel sonder auch als Appetitanreger war die Pflanze bekannt, was vor der Erfindung der künstlichen Ernährung via Kanüle, oft lebensrettend für schwerstkranke PatientInnen gewesen sein dürfte, da viele Krankheiten mit extremer Appetitlosigkeit einhergehen, die es PatientInnen nahezu unmöglich machen Nahrung zu sich zu nehmen. Auch die krampflösende Wirkung war bald bekannt und wurde entsprechend genutzt. Damit eng zusammenhängend ist die psychoaktive Wirkung der Pflanze.
Je nach Zubereitungsform leicht verschieden lassen sich doch die Wirkungen von Cannabis zusammenfassend als beruhigend und verträumend beschreiben. Ausgelöst werden die Effekte vor allem durch einen (aber nicht nur diesen) chemischen Inhaltsstoff der Pflanze: Δ9-THC (Tetrahydrocannabinol). Im Gegensatz zu Alkohol ist THC kein Zellgift sondern dockt im Gehirn an spezielle Rezeptoren an, die der Körper normalerweise für einen Stoff namens Anandamin nutzt. Durch das Andocken stimuliert beginnen die Nervenzellen anders zu arbeiten. Es treten Bewußtseinsveränderungen auf, räumliche und zeitliche Wahrnehmungen beginnen sich zu verschieben, ebenso die Selbstwahrnehmung. Oft tritt ein Gefühl einer leichten angenehmen Gelassenheit auf, das von den meisten KonsumentInnen als sehr angenehm empfunden wird. Wie nahezu jede Rauschpflanze beeinflußte auch Cannabis gründlich die Kultur seiner KonsumentInnen: In den indischen Religionen spielt Cannabis eine ebenso große Rolle, wie in der Gesellschaftsordnung der alten Skythen.
Rauschendes
Politisches
Die Menschheit kennt eine Unzahl an Pflanzen die eine ebensolche Unzahl an psychoaktiven Wirkungen entfalten. Eine der prominentesten darunter ist Hanf.
So alt wie sein Nutzen und sein offensichtlicher Einfluß auf die Menschheit, sind auch die Versuche von Gesellschaften mit Cannabis umzugehen. So wurde zum Beispiel im alten Ägypten der Konsum von Cannabis un-
gesellschaft
ter Androhung schmerzhafter Strafen verboten, während in Indien viele Religionspraktiken ohne Cannabis undenkbar waren. Nach einer beispiellosen Hetzkampagne in den USA Anfang des 20. Jahrhundert, die vor allem aus wirtschaftlichen Interessen der Baumwollindustrie geführt wurde, konnte Hanf dort verboten werden. Auch rassistische Motive spielten hierbei eine Rolle, da Cannabis gerne von Schwarzen konsumiert wurde und auch in Mexiko der Konsum verbreitet war. Nach den Weltkriegen konnten die AmerikanerInnen im neuen Handels-
Graswurzel mai 07
gefüge schnell auch ein Verbot in Europa und vielen anderen Ländern durchsetzen. In den 60ern wurde der Konsum von Cannabis ein politisches Statement und Ausdruck einer Protestkultur die sich ebenso gegen amerikanische Hegemonie in der Welt richtete wie gegen viele andere traditionelle Formen der Herrschaft überhaupt richtete. Cannabis wurde zu einer Wappenpflanze für die Friedensbewegung, linke Gesellschaftsmodelle und AussteigerInnentum. Im gleichen Zug wurde auch der staatliche Druck auf die KonsumentInnen erhöht und die poli-
zeiliche Verfolgung durch einen konservativen Staat massiv ausgebaut. KonsumentInnen und deren Familien wurden stigmatisiert und deren Konsum wurde willkommene Zielscheibe für konservative PolitikerInnen. Im Laufe der Zeit verlor der Konsum mehr und mehr seine politische Brisanz und es läßt sich auch parallel dazu ein nachlassendes Interesse des Staates an den KonsumentInnen konstatieren, wenngleich Cannabis auch heute noch illegal ist. Der Konsum heute ist wesentlich weiter verbreitet als in den 70ern und wird eher beiläufig getätigt.
27
Die Diskussion, was den nun schädlicher sei, der legale Alkohol oder das (noch) illegale Cannabis läßt sich so einfach nicht beantworten, allerdings dürften die Unterschiede nicht allzu groß sein. Damit ist eine medizinische Begründung für ein diskriminierendes Verbot nicht mehr haltbar, sondern entlarvt sich als Ausdruck politischer Willkür, wie sie in so vielen anderen Dingen auch praktiziert wird...*
pan *dieser Artikel wurde auf Wunsch des Verfassers in alter Rechtschribung belassen
28
Graswurzel mai 07
Gesellschaft
Die Welt fairändern! Fairtrade ist in den letzten Jahren immer mehr zum Thema geworden, mensch könnte sagen, es ist “in” fair zu sein. Über bewussten Konsum, unnötigen Zwischenhandel und das Märchen mit dem Preis…
I
n der Konsumgesellschaft werden Produkte immer billiger, Geiz ist angeblich Geil, die Folgen, die daraus resultieren sind jedoch fatal. Die Schere zwischen Arm und Reich wächst zunehmend, die Lebensbedingungen in den so genannten Entwicklungsländern verschlechtern sich, vom Erreichen der Millenium Development Goals sind wir meilenweit entfernt. Wenn wir also mit eben genannten Umständen nicht zufrieden sind und diese ändern wollen, gilt es, Alternativen zu suchen. Die Prioritäten mal anders zu setzen! Diese reichen von politischem Engagement, der Beteiligung an globalisierungskritischen Aktivitäten bis hin zum bewussten Konsum.
Bewusst konsumieren Bewusster Konsum bedeutet für mich, Produkte aus kommerziellem Handel soweit wie möglich zu vermeiden und das ist in vielen Bereichen möglich. Es bedeutet, auf fair gehandelte Produkte umzusteigen, ebenso auf regional und biologisch Erzeugtes. Wem es schwer fällt, ein Tipp: sich näher mit dem Thema auseinander zu setzen, denn kennt mensch die Geschichte vieler Produkte, die Situation von ProduzentInnen, die Auswirkungen auf Mensch und Natur, dreht es einem ohnehin meistens den Magen um. Das Resultat: wir werden immer kritischer, und ändern im besten Fall unser Konsumverhalten. Wir übernehmen Verantwortung für unser Handeln, denn
es liegt an uns, ob wir das bestehende System unterstützen, oder unterbinden möchten.
„Fairer Handel garantiert fixe und gerechte Preise, ökologische und soziale Standards. Denn die Geschichte, die so manch nicht fair gehandelte Produkte zu erzählen hätten, dreht einem eigentlich den Magen um.“ Was hat fairer Handel, das der Welthandel nicht hat? Fairer Handel bietet eine Alternative zum bestehenden Welthandelssystem, garantiert fixe und gerechte Preise, das Ausschalten von unnötigem Zwischenhandel, Vorfinanzierungen, ökologische und soziale Standards. Somit gibt der Faire Handel und damit die Weltläden den KonsumentInnen die Möglichkeit, sich bewusst für etwas anderes zu entscheiden: gegen Ausbeutung von ProduzentInnen, ungerechten Welthandel, Armut und Abhängigkeit. Die Weltläden sind die Fachgeschäfte des Fairen Handels und leisten zusätzlich zum Verkauf Bildungs-, Öffentlichkeits- und Kampagnenarbeit. Diese Zusatzkomponente möchte ich besonders betonen, denn sie macht den Unterschied zum Supermarkt aus. Natürlich bekommen wir auch im Supermarkt fair gehandelte Produkte, jedoch erscheint es mir wichtig, den Verkauf auch mit Inhalten und Bewusstseinsbildung zu verknüpfen, denn nur so kann
sich längerfristig etwas fairändern. Also: auf jeden Fall fair Gehandeltes. Wenn’s direkt aus dem Weltladen ist - noch besser! Sie bieten mittlerweile eine sehr breite Produktpalette an, von Kaffee, Tee, Schokoladen und anderen Lebensmitteln, bis hin zu Kunsthandwerk. Derzeit sind es 93 Weltläden und drei Weltcafés in Österreich, die ARGE Weltläden ist der Dachverband.
„fair“ ist „teuer“
nicht
gleich
Zum Schluss noch die Geschichte mit dem Preis. Es wird gerne argumentiert, dass fair gleich teuer ist, somit für viele nicht leistbar. Dieses Argument muss ich entkräften. Zum ersten ist es eine Frage der Qualität: Produkte in gleich hochwertiger Qualität sind oftmals um einiges teurer als fair gehandelte! Zum zweiten stellt sich die Frage nach der Priorität und Wertigkeit: was ist mir wichtig? Wenn ich gegen Konzernmacht und Ausbeutung
bin, kann ich sie doch nicht kritiklos hinnehmen – und noch schlimmer: unterstützen! Somit lautet die logische Schlussfolgerung: auf Alternativen zurückgreifen, im Weltladen einkaufen, Bioprodukte und regional Erzeugtes konsumieren. Denn die KonsumentIn hat mehr Macht als ihm/ihr bewusst ist! Es geht auch mit geringem Budget. Und oftmals tut es uns ganz gut, unsere Gewohnheiten zu ändern... Die Adressen aller Weltläden Österreichs und mehr Infos zum Thema Fairer Handel finden sich auf: www.weltlaeden.at
heli Helena Papadopoulos ist stellvertretende Vorsitzende der ARGE Weltläden und studiert Internationale Entwicklung an der Universität Wien.
Der Weltladen im Citypark Graz ist einer von 93 Weltläden in ganz Österreich.
gesellschaft
Graswurzel mai 07
29
Vielfalt statt Einfalt!
Der „Quotenschwule“ und die „linke Lesbe“ sind in der Medien- und Filmwelt kaum noch weg zu denken und das Thema scheint so präsent und toleriert zu sein wie noch nie zuvor.
D
och der Schein trügt, hinter einer Fassade der Toleranz werden immer wieder Vorurteile und Diskriminierung sichtbar. Ein händchenhaltendes gleichgeschlechtliches Paar zieht im Besten aller Fälle neugierige Blicke auf sich. Diffamierende Bemerkungen und Witze stehen auf der Tagesordnung. Doch gleichgeschlechtliche L(i)ebenweisen werden nicht nur von „NormalbürgerInnen“ angegriffen. Auch der Österreichische diskriminiert sie durch die fehlende bzw. unzureichende Umsetzung von eingegangenen Verpflichtungen.
Nicht nur Bildung ist ein Menschenrecht! Die Nichtdiskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ist in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und im dazugehörigen Pakt über bürgerliche und politische Rechte festgehalten.
Der Staat Österreich und seine PolitikerInnen haben sich mit der Unterzeichnung verpflichtet für die Umsetzung Sorge zu tragen und jeglicher Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung entgegen zu wirken. Unter anderem müssen sie Sorge tragen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Freiheit von Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung geschaffen werden.
EU und Du? Auch innerhalb der EU gibt es diverse Kommentare und Richtlinien die eine klare Aufhebung von diskriminierender Gesetzgebung und entsprechende Sanktionierungsmechanismen fordern: • Das Europäische Parlament verlangt 1994 die vollständige Gleichstellung gleichgeschlechtlich l(i)ebender Frauen und Männer in allen Rechtsbereichen (Res. A3-0028/94).
• Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt Diskriminierung auf Grund "sexueller Orientierung" als ebenso schwerwiegend wie Diskriminierung auf Grund von Rasse und Religion (EGMR: Lustig-Prean & Beckett vs. UK (1) 1999, Lustig-Prean & Beckett vs. UK (2) 1999, Da Silva Mouta vs. Portugal 1999, Smith & Grady vs. UK 1999, L. & V. vs. Austria 2003, S.L. vs. Austria 2003 und Karner vs. Austria 2003) • Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat Diskriminierung auf Grund "sexueller Orientierung" mehrfach als "eine der abscheulichsten Formen" von Diskriminierung bezeichnet (Opinion 216 (2000), Rec1470(2000), Rec1474(2000)). • Die im Dezember 2000 verabschiedete EU-Grundrechtecharta untersagt Diskriminierung auf rund sexueller Ausrichtung (Art. 21). Das heißt auch aus der EU– Mitgliedschaft ergibt sich die Verpflichtung Österreichs dafür Sorge zu tragen, dass Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung nicht diskriminiert werden. Trotzdem gibt es in Österreich noch kein allgemeines Antidiskriminierungsgesetz zum Schutz vor Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung.
Gleichviel Recht für gleichviel Liebe! In vielen Bereichen sind Lesben und Schwule immer noch nicht gleichberechtigt. So sind beispielsweise die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Erb-, Miet-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht für eine Gleichstellung nicht gegeben. Weiters bleiben gleichgeschlechtlichen Paaren die Vergünstigungen für verschiedengeschlechtliche Paare oder Familien (z. B. Familienpreise bei Verkehrsmitteln) und betriebliche freiwillige Sozialleistungen für EhepartnerInnen oder LebensgefährtInnen verwehrt. Von Heirat und Adoption gar nicht zu sprechen. Der öffentliche und rechtliche Diskurs orientiert sich nur an biederen Konzepten wie „Homoehe“ und Co. Von einer wirklichen Gleichstellung sind wir meilenweit entfernt.
Wagen und klagen! Der Staat Österreich verweigert damit gleichgeschlechtlichen BürgerInnen ihr Recht auf Freiheit von Diskriminierung! Der Staat ist verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass die Menschenrechte nicht verletzt werden. Es ist ein Armutszeugnis für einen Staat wie Österreich, dass er dieser Verpflichtung nicht nachkommt!
jad
30
Graswurzel mai 07
Freiraum
Lebens(t)raum Uni Wer studiert, will lernen, sich weiterbilden. Wer studiert, will den eigenen Horizont erweitern. Die Universität sollte der ideale Ort dafür sein – durch das „Kaputtsparen“ der Uni und durch die Tendenz „weg von Bildung hin zu Ausbildung“ bleibt allerdings kaum Raum für eine individuelle Aneignung von Wissen.
W
issen ist nicht von Freiheit zu trennen. Wissen ist nichts, das in einem feststellenden, festlegenden Sinne als ‚abgeschlossen’ oder ‚fertig’ gelten kann und somit einer schlechten unmittelbaren Verwertung und Applikation ausgeliefert werden kann. Wissen ist etwas, das sich in einem freien Prozess des individuellen, sich mit anderen austauschenden, Forschens zu geschehen hat. Der Ort für dieses aktive, auf die Idee der Einheit des Wissens und der Freiheit des Selbstvollzuges gerichtete Tun ist die Universität. Die Präsenz des Eros des Forschens in der Lehre sollte, blickt mensch auf die StudentenInnen, die Freiheit zur Selbstbildung und Selbstgestaltung fördern.
Ort für gesellschaftlichen Wandel Die Einführung der Studiengebühren, die zunehmende Verlagerung der Priorität von Bildung auf Ausbildung, der Verkauf der Uni an InvestorInnen aus der Industrie und Wirtschaft – alle diese Beispiele stehen im Widerspruch zu einer freien Universität nach Humboldtschem Vorbild. Universitäten waren seit jeher mehr als eine Ausbildungsstätte für unsere zukünftige Wirtschaftselite. Sie waren Orte für Diskussionen, Orte an denen gesellschaftlicher und politischer Wandel passierte. Ein Lebensraum für Menschen, die sich individuell wei-
noch Interesse an Diskussionen, fehlt es an räumlichen Möglichkeiten.
Mehr Platz für Studierende!
Die Uni ist unser Raum. Zum diskutieren, lernen, sich treffen – und zum faulenzen!
terentwickeln wollen, durch die Aneignung von Wissen und den Diskurs mit anderen StudentInnen. Es stellt sich die Frage, wo sich auf der Universität noch so ein Platz findet, wo es noch Freiraum für Austausch gibt.
Prekärer Arbeitsmarkt Durch die Einführung der Studiengebühren besteht die Tendenz, das Studium möglichst schnell abzuschließen. Es bleibt kaum Raum, über den Tellerrand der eigenen Studienrichtung zu schauen und seinen/ ihren Horizont zu erweitern. Nach dem Abschluss werden die StudentInnen in einen Arbeitsmarkt entlassen, der nur mehr prekär genannt werden kann. Gefordert sind Berufserfahrung, möglichst mehrere Fremdsprachen plus Auslandsaufenthalt und „social skills“. Wer all das nicht zu bieten hat, landet in einem schlecht bezahlten, „aty-
pischen“ Arbeitsverhältnis, in dem auf der Universität Gelerntes keinen Mehrwert hat. Trotz der Einführung der Studiengebühren fehlt den Universitäten Geld. Durch den Verkauf von Werbeflächen und ganzen Hörsälen (Beispiel Raiffeisen Hörsaal auf der Montanuni in Leoben) nimmt die Industrie und Wirtschaft zunehmend Einfluss auf das Gelehrte. Nicht selten kommt es vor, dass ganze Lehrveranstaltungen an externe Vortragende ausgelagert werden. Inwieweit dort behandelte Themen noch etwas mit freier Lehre zu tun haben, ist fraglich. Durch die zunehmende Verschulung der Studienpläne und der Tendenz, das Studium schnell fertig zu stellen fällt die Lehrveranstaltung als Raum für vertiefenden wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Austausch weg. Gibt es doch
Der Versuch einen Platz zu schaffen, der fernab von Konsumzwang die Chance bietet, sich zu vernetzen, zu diskutieren, zu lernen, einfach nur Zeit auf der Uni zu verbringen, scheitert daran, dass Räumlichkeiten – sei es auf der Uni oder auf dem Campus – nur an Profit bringende Unternehmen vermietet werden. Es gibt zwar einzelne Ausnahmen wie das LUI in Linz oder das TÜWI in Wien, allerdings müssen diese einen ständigen Kampf (Beispiel TÜWI) um ihr Überleben führen. Universitäten müssen mehr sein, als Kaderschmiede und Ausbildungsstätte. Die Universität ist unser Lebensraum, ein Ort für persönliche Weiterentwicklungen, individuelle Bildung und kreative Entfaltung. Sie soll von StudentInnen als aktiver und gleichwertiger Teil der Universität mitgestaltet werden können: Weg von wirtschaftlicher und politischer Einflussnahme, hin zu Selbstgestaltung und Selbstbildung.
gite
Freiraum
Graswurzel mai 07
31
Die Österreichische HochschülerInnenschaft ist die gesetzlich legitimierte Interessensvertretung aller Studierenden an den Universtitäten und gegenüber der Bundesregierung. Aber was kann die ÖH? Welche Einflussmöglichkeiten gibt es wirklich? Lohnt sich der persönliche Einsatz?
Spielwiese für die eigene Identität
Reisen, ein Haus besetzen, in der Politik partizipieren oder einfach lesen, schreiben, kreativ sein – um das zu werden was mensch ist, braucht mensch Freiraum. Auf der Suche nach den Rissen in der Realität.
F
reiräume sind eine Spielwiese für die eigene Identität, eine Art Labor um all das auszuprobieren, was unter den sonstigen Zwängen, Regeln und Normen nicht ginge. Wer nach Freiräumen sucht, sucht nach der Befreiung von all jenen Einflüssen, denen wir in unserer Zivilisation ausgesetzt sind, sucht nach sich selber und wundert sich vermutlich darüber, welche Form dieser Freiraum dann für ihn selbst annimmt. Ob Reisen, ein Haus besetzen und sich kreativ, politisch und künstlerisch auszutoben, ob meditieren oder ein gutes Buch lesen, ob selber schreiben, malen oder schaffen, nach Freiräumen zu suchen ist eine eigene Art, die Welt zu sehen, nach Rissen in der Realität zu suchen.
«Ein Freiraum ist die Freiheit, die Personen oder Gruppen zur Entwicklung, Definition und Entfaltung ihrer Identität und Kreativität benötigen.»
Also sind Freiräume zentraler Bestandteil für jeden Menschen, um zu dem zu werden, was er/sie ist, was er/sie gerne sein und darstellen möchte, um zu seinen Meinungen, Einstellungen, Sicht- und Lebensweisen zu finden, unabhängig von der Meinung anderer, außerhalb dieser Freizone.
Frei von Herrschaft, Zwang und Arbeit Der Imperativ der permanenten Autorität, die Kolonialisierung der Lebenswelten, um mit Habermas zu sprechen, dringt aber immer mehr in Lebensbereiche ein, die zu gestalten zuvor dem Individuum überlassen waren. Ein Freiraum, ein Raum frei von Herrschaft, von den Zwängen des Konsums, der Kommunikation und Information, der Befreiung der permanenten Doktrin und Überflutung durch die Medien und dem Arbeitszwang, ist es das, was mensch braucht? Würde das in unserer Gesellschaft nicht Isolation, vollständige Abkehr, Verbarrikadierung in den ei-
genen vier Wänden bedeuten? Oder ganz im Gegenteil einen Zwang, zu reisen, ständig auf der Suche nach Neuem zu sein, ständig von einer Lebenssicht zur nächsten zu reisen, um nicht einer einzelnen unterlegen zu sein?
„Das Freiheitsbedürfnis, den Drang nach einer Abkehr von unserer Gesellschaft, kann mensch in jedem Reiseprospekt erkennen, jeder Tourismuskatalog wirbt damit auf der ersten Seite“, ist jedenfalls der Soziologe Werner Zips überzeugt. Für ihn stünde Freiraum aber in einem sehr negativen Zusammenhang. „Immer, wenn wir über Freiräume reden, impliziert das einen Rückgang, hat das mit Freiraumbeschneidung zu tun“, so Zips. Besonders der Verlust der natürlichen Freiräume sei schmerzhaft, in der urbanen Gesellschaft gäbe es fast keinen Raum mehr frei von Kommunikation und auch die inneren Freiräume unterlägen der oben erwähnten Kolonialisierung der Lebenswelten.
Die Aushöhlung des universitären Freiraums „Überall, wo es Freiräume gibt, sind sie im Rückgang. Menschen, die noch die Freiheit haben, über ihre eigene Zeit zu verfügen, ich denke da an die indigene Bevölkerung, werden per UN-Beschluss der Mainstreamgesellschaft angegliedert“, skizziert der Soziologe Zips sein Bild der Freiheitstendenz. Für ihn fände eine „sehr negativ“ zu bewertende Entwicklung statt: „Die Wirtschaft überrollt den Staat, als Universitätsprofessor bekommt mensch das ja am allerbesten mit. Mit jeder Novelle wird der universitäre Freiraum noch weiter ausgehöhlt“. Damit spricht der Soziologe von der Universität Wien auch einen wichtigen Schwerpunkt der GRAS an: Die Uni ist unser Lebensraum – es liegt an uns, diesen zu gestalten, uns gegen die Ökonomisierung und die Verdrängung des Raums für Studierende zu kämpfen. Denn nicht wir sind für die Uni da, sondern die Uni für uns!
fanny
32
Graswurzel mai 07
Freiraum
Ungdomshuset ist überall! „Zu verkaufen! Einschließlich 500 autonomer, steinewerfender GewaltpsychopathInnen aus der Hölle!“ – das war der letzte Aufschrei der friedlichen und etwas in die Jahre gekommenen linksautonomen Szene in Kopenhagen. Ihr Lebensmittelpunkt – das in den 70ern gegründete Ungdomshuset war Zentrum für alternative Lebensentwürfe, ein Ort für KünstlerInnen, Workshops, Konzerte und Feste. Mit seinem gewalttätigen Abriss wurde wieder einmal Freiraum zerstört…
B
ilder aus Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen von Steine werfenden und Barrikaden bauenden DemonstrantInnen gingen im März um die westliche Welt. Sogar CNN unterbrach das Programm um exklusives Material der Ausschreitungen um das ehemalige Herzstück des kopenhagener autonomen Viertels zu zeigen, in dem BesetzerInnen um das Bestehen ihres Lebensmittelpunktes – ihres Hauses in der Jagtvej 69 – kämpften. Bedürfnisse tausender skandalgeiler FehrnsehzuschauerInnen wurden durch das immer wieder Zeigen der Ausschreitungen zwischen DemonstrantInnen und Polizei befriedigt – auf Kosten der „linken Chaoten“ (CNN!) und DemonstrantInnen, die durch einen Generalverdacht diffamiert wurden. Dass die dänische Polizei sogar ihre skandinavischen Schwestern um Hilfe bitten musste um sich gegen die BesetzerInnen durchzusetzen, wurde aber medial verschwiegen. Ebenso die Gründe für die plötzliche Gewaltbereitschaft der sonst friedlichen und auch schon etwas in
die Jahre gekommenen autonomen Szene wurden weitestgehend ausgeklammert: nämlich dass hier Menschen um das kämpften, was ihre Existenz ausmachte. Bestenfalls Bilder der weinenden Jugendlichen und des Blumenmeers vor dem abgerissenen Haus konnte mensch – vermutlich aber nur wegen deren Kitschfaktor –vereinzelt finden. Mit dem Ende der Krawalle und dem Abriss des Hauses durch eine anonyme, nicht gewerkschaftlich organisierte Baufirma und vermummten Bauarbeiter-Innen, endete die mediale Berichterstattung. Fast schon vergessen scheint die Geschichte rund um das Haus im Kopenhagner Stadtteil Norrebro - zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung.
Kein normales Haus… Seit seiner Errichtung im Jahr 1897 war das Haus in der Jagtvej 69 Treffpunkt und Rückzugsort der ArbeiterInnenbewegung in Kopenhagen. Viele Kundgebungen und Demonstrationen gin-
Hier wird mehr als nur ein Haus abgerissen…!
gen von diesem „Flokets hus“ (Haus des Volkes) aus und 1910 beschloss die Internationale Sozialistische Frauenkonferenz im Zuge der zweiten Internationalen in dem Haus den 8. März als Internationalen Frauentag. Nach dem Auszug der ArbeiterInnen stand es dann bis Ende der 70er Jahre leer und wurde schließlich 1982 besetzt. Nach langen Verhandlungen mit der Stadtverwaltung erhielten die BesetzerInnen die Benutzungsrechte und somit wurde das Ungdomshuset, das Jugendhaus gegründet, die Stadt behielt allerdings die EigentümerInnenrechte. Das Haus wurde von nun an von verschiedenen linken Gruppierungen genutzt und verwaltet.
Ideen, Projekte, Feste und Vernetzung in der Jagtvej Es diente als Freiraum für Ideen, Projekte und Vernetzung, war Ausgangsort für die Organisierung von Demonstrationen, Festivals und Straßenfesten oder diente einfach als „Schutzraum“ vor Konsumwahn und Mainstreamgesellschaft. Es wurde somit ein alternativer Ort für alternative Menschen und Lebensweisen, der der Regierung Dänemarks zusehends ein Dorn im Auge wurde. Nach Beschwerden durch AnrainerInnen und auf Grund baulicher Mängel im Haus beschloss die dänische Regierung das Jugendhaus zu verkaufen. Die BesetzerInnen ließen diese Entwicklungen nicht unkommentiert und montierten ein Schild mit der Aufschrift „Zu Verkaufen! Einschließlich 500 autonomer, steinewerfender GewaltpsychopathInnen aus der Hölle!“,
um potenzielle KäuferInnen abzuschrecken. Dennoch wurde das Gebäude 2000 an eine ominöse Aktiengesellschaft verkauft, welche es wiederum an die rechts-christliche Sekte Faderhuset (Vaterhaus) verkaufte. Erklärtes Ziel der Sekte „Faderhuset“ ist, Dänemarks „Erwachen“ durch einen „heiligen Lebensstil, Gebete und Evangelisation“ zu erreichen. „Faderhuset“ ist eine Sekte, die Abtreibung, Sex vor der Ehe, Homosexualität und andere Religionen als Verbrechen an Gott betrachtet. Ein Ausstieg aus dieser Sekte ist fast nicht möglich, AussteigerInnen berichten von „Gehirnwäsche“ und „finanzieller Ausbeutung“. Es liegt auf der Hand, dass „Faderhuset“ wenig Parallelen mit Dänemarks linksautonomer Szene findet, da sie gegen nahezu alles kämpft, wofür das Ungdomshuset stand. Kein Wunder also, dass „Faderhuset“ das Angebot des Rückkaufs der Autonomen ausschlug, als diese durch private Spenden genügend Geld zusammenbekamen um sich das Ungdomshuset alleine zu finanzieren.
Räumung durch Anti-terroreinheiten Bereits vor den Unruhen im März dieses Jahres, gab es zahlreiche friedliche Protestveranstaltungen und Demonstrationen gegen den Verkauf und einen befürchteten Abriss des Ungdomshuset, doch diese fanden aufgrund ihrer Unspektakularität wenig mediales Gehör. Zu der ersten Auseinandersetzung der BesetzerInnen mit der Polizei kam es im Dezember
Freiraum
Graswurzel mai 07
2006 während einer Demonstration in Kopenhagen. Schwerere Auseinandersetzungen begannen erst nach der brutalen Räumung des Ungdomshuset am 1. März 2007 durch die finnische (!) Antiterroreinheit Politiets Aktionsstyrke (AKS). Mit der Unterstützung von Räumfahrzeugen, Hubschraubern und Wasserwerfern drangen sie in das Haus ein und verhafteten nach offiziellen Angaben 160 Menschen. Nach Bekanntwerden der gewaltvollen Räumung des besetzten Hauses errichteten SympathisantInnen und Autonome die aus der ganzen Welt angereist waren Barrikaden und Straßensperren. In der gesamten Stadt kam es zu vereinzelten direkten Aktionen und spontanen Demos, in ganz Europa wurden Support-Demonstrationen veranstaltet.
nische Regierung aufgefordert wurde, die Räumung des Ungdomshuset zu verhindern und die Inhaftierten zu entlassen.
Gewalt und Provokation
Doch es wurden nicht nur Demonstrationen und Kundgebungen organisiert, sondern auch Feste gefeiert, Konzerte und Workshops initiiert: Idee des „schönen Lebens“ wurde gelebt. Der Freiraum wurde genutzt um zu diskutieren, eigene Zeitungen zu produzieren oder künstlerische Ideen und Projekte zu verwirklichen. Der Vereinnahmung durch die Konsumlogik und die profitorientierten MachthaberInnen wurde somit ein Schnippchen geschlagen und alternative Lebensformen und Einstellungen ermöglicht.
Die finnische Polizei reagierte auf die Proteste der jungen Menschen mit unglaublicher Gewalt. So berichtete das emanzipatorische Mediennetzwerk indymedia.org von willkürlichen Verhaftungen (auch von SantitäterInnen), brutalen Knüppeleinsätzen der Polizei und der Verletzung der Menschenrechte der Inhaftierten. In den zwei Wochen andauernden Protesten wurden mehr als 700 Menschen (viele davon aus dem Ausland) verhaftet und mehrere DemonstrantInnen zum Teil schwer verletzt. Es gilt als sicher, dass sich zivile PolizistInnen unter die DemonstrantInnen gemischt hatten mit dem Ziel, diese zu Gewalt gegen die Polizei zu animieren. Diese Vorgangsweise wird "Agent Provocateur" genannt und wird angewandt, um der Polizei einen Grund zum gewaltvollen Eingreifen und Auflösen der Demonstrationen zu liefern. In ganz Europa kam es zu spontanen Solidaritätskundgebungen und Demos, bei denen die dä-
Ein Ort für Utopien Das Gebäude in der Jagtvej 69 war mehr als nur ein Haus mit einer langen linken Geschichte. Nach der Besetzung durch Jugendliche wurde es Freiraum für Utopien und Anlaufstelle für alternative Lebensweisen. Das von den BenützerInnen selbst verwaltete Ungdomshuset war ein Ort frei von HERRschaft und gesellschaftlichen Zwängen. Mitte der 90er Jahre wuchs der Einfluss von Autonomen und AnarchistInnen in dem Haus - mit ihnen das politische Betätigungsfeld der AktivistInnen.
Doch diese Entwicklung war der sozialdemokratisch-konservativen Stadtregierung anscheinend ein Dorn im Auge. Freiraum musste einer absurden, rechts-christlichen Sekte weichen, die sich nun über den Triumph über die „vom Teufel besessenen Ungläubigen“ freut. Durch den Abriss des Hauses wurde nicht nur eines der ältesten selbstverwalteten Zentren Europas zerstört, sondern auch ein Teil dänischer und internationaler ArbeiterInnengeschichte für immer aus dem Stadtplan radiert. Die aktive und umfassende globale Unterstützung für das Ungdomshuset war ein weiterer deutlicher Indikator für das verbreitete Bedürfnis an selbstverwalteten Freiräumen in Zeiten des allgemeinen Kontroll -und Verwertungswahnsinns.
Freiräume überall – TÜWI und EKH bleiben! Die Geschehnisse im Dänemark sind kein einzelner Fall, Ungdomshuset ist überall! Das verdrängen und bewusste bekämpfen von Alternativen und selbstverwalteten Orten ist ein europaweites Problem.
33
hen des Vereines TÜWI und sein alternatives Beisl an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien ist seit Jahren bedroht. Das Gebäude, das im Besitz der Universität ist, soll als „Gastronomiebetrieb“ für „Geschäftspartner“ [sic!] geführt werden und somit die „links linken ChaotInnen“ (schon wieder…) zu vertreiben. Auch der Verkauf des EKH (Ernst Kirchweger Haus) in Wien an rechte Recken konnte nur im letzten Moment verhindert werden, doch die Zukunft um das Haus ist noch immer ungewiss. In ganz Österreich stehen hunderte Häuser bewusst leer um die Spekulationen am Immoblienmarkt aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig gab es noch nie so wenig Raum für die Alternative Szene und Projekte. In Dänemark ist es mittlerweile wieder ruhiger geworden. Die Wut der jungen Menschen ist der Desillusionierung gewichen. Die kleine Meerjungfrau, die als Wahrzeichen der Stadt fungiert und während den Protesten pink angesprayt wurde, „erstrahlt“ wieder im üblichen grau. Am Geländer des abgerissenen Hauses mahnt ein Schild die Polizei und Regierenden: „Spart mit Gas (Anmerkung: Tränengas), wir weinen schon…“
Auch in Österreich wird es zunehmend schwieriger, autonome Orte zu erhalten – geschweige denn neu zu gründen. Das Weiterbeste-
Support-Demos fanden in ganz Europa statt – wie hier in Trondheim (Norwegen) vor der dänischen Botschaft.
fara
34
Graswurzel mai 07
Internationales
NGOs – Ein Bestandteil postmoderner Herrschaft? Allgemein haben NGOs (Nicht-Regierungs-Organisationen) wie Greenpeace oder Attac den Ruf, den Mächtigen durchaus auch auf die Füße zu treten, als selber Bestandteil dieser Spären zu sein. Schließlich provozieren NGOs oft durch ihre Aktionen, weisen mit ihren Kampagnen auf Missstände hin und haben nicht selten Kontakt mit der Polizei. Aber hält der rebellische Ruf auch heute noch einer kritischen Betrachtung stand?
A
ls Greenpeace vor 30 Jahren gegründet wurde, war die Sache klar: Es geht um nichts weniger als die Rettung der Welt. Und die spektakulären Aktionen, die den Rahmen des bisherigen politischen Engagement deutlich brachen, gingen um die Welt. Der französische Geheimdienst hielt die Greenpeace-Proteste gegen Atomtests für so gefährlich, dass er kurzerhand die Rainbow Warrior sprengen ließ, und einen Aktivisten tötete. Heute hingegen gehören Demonstrationen und Banner fast schon zum Stadtbild einer Metropole und regen kaum noch jemanden auf. Und auch Greenpeace hat sich deutlich gewandelt. Hunderte MitarbeiterInnen können viele Millionen Euro in ihre Kampagnen stecken. Gleichzeitig ist Greenpeace Mitglied in vielen internationalen oder überstaatlichen Organisationen und nutzt dieses auch für massives Lobbying, z.T. auch sehr erfolgreich (zB Gentechnik oder REACH). Aber wie wirkt sich der Erfolg auf Greenpeace aus?
Beispiel Lobau Von November bis Ende Dezember demonstrierte Greenpeace mit anderen Organisatio-
nen in der Wiener Lobau gegen einen Autobahntunnel. Dieser Tunnel wird Teilstück einer länderübergreifenden Transitroute von der Ostsee bis zum Mittelmeer, und wird den AnwohnerInnen als eine Wien-Umfahrung verkauft. Der Tunnel selber unterführt den „Nationalpark Donauauen“. Die Lüftungsschächte, für die keine Filter vorgesehen sind, stehen genau an der Grenze zum Park. Um den Tunnelbau beginnen zu können, musste die ASFINAG (hoch verschuldete Autobahnbetreiberin) erst Probebohrungen durchführen. Da diese im Nationalpark stattfinden müssen, gilt die Bohrgenehmigung nur von November bis März. Da das Zeitfenster für die Bohrungen somit relativ eng ist, war die Strategie der NGOs einfach aber effizient: Ohne Probebohrungen keine Autobahn. Um den Beginn der Bohrungen zu verhindern, errichteten lokale BürgerInneninitiativen und Wiener NGOs ein AktivistInnenCamp an der Einfahrt zum Nationalpark und blockierten den Bohrbeginn mit gewaltfreiem Widerstand. Greenpeace war an den Vorbereitungen kaum beteiligt. Trotzdem war in fast jedem Pressebericht die Beteiligung von Greenpeace an prominenter Stelle hervorgehoben.
Medienprofis bei Greenpeace Die Medienprofis von Greenpeace hatten ihr Aktionsmobil geschickt positioniert: Direkt am Eingang zum Camp. In der Folge wurde Greenpeace von der Öffentlichkeit als legitime Sprecherin des Camps wahrgenommen, obwohl dies nicht den Realitäten im Camp entsprach. Gegen Ende des Camps wurde die mediale Wahrnehmung aber endgültig Realität: Greenpeace und Global 2000 nahmen eine SprecherInnenrolle ein, indem sie einen Vertrag mit der Stadt Wien vorlegten, dessen Inhalt ein Tauschgeschäft war: Die
NGOs brechen die Besetzung ab, dafür verzichtet die Asfinag auf Schadenersatzklagen und die VerkehrspolitikerInnen und VertreterInnen der NGOs bilden einen Runden Tisch, auf dem die Verkehrspolitik neu verhandelt werden soll.
NGO’s und Governance In der Tendenz werden ähnliche Lösungen immer häufiger angewandt: Die Regierungen bilden Runde Tische, Ausschüsse, Komitees… etc, die sich in keiner Verfassung finden, in denen aber Projekte und Entscheidungen vorab mit NGOs und Interessensverbänden abgeklärt werden. Das ist für bei-
An der orangen Revolution in der Ukraine waren unzählige NGO’s – größtenteils durch regierungsnahe amerikanische Gelder finanziert – beteiligt.
Internationales
de Seiten vordergründig von Vorteil: Die NGOs sitzen mit am Verhandlungstisch in der „großen“ Politik. Dies suggeriert zum einen Einfluss, zum anderen bringt es durchaus den ein- oder anderen Erfolg für die jeweilige Zielgruppe. Zudem sehen es die SpenderInnen gerne, wenn „ihre“ NGO mit dem Hauch des „Wichtigen“ umgeben ist. Und für die Regierungen ist es praktisch, bei „kritischen“ Projekten oder Entscheidungen bereits in der Planungsphase potentielle GegnerInnen mit ins Boot zu holen, da diese dann kaum Widerstand leisten werden. Zudem wird es für „EinzelaktivistInnen“ (also Leute, die das NGO-Prozedere nicht mitmachen wollen) sehr viel schwerer, ihre Kritik in den Medien zu platzieren oder ihre Positionen einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, wenn die „großen“ NGOs des jeweiligen Themengebiets nicht mitziehen. Somit reduzieren sich die Möglichkeiten für erfolgreichen Widerstand noch weiter, wenn sich die NGOs an der sog. „Governance“ beteiligen.
NGO-VordenkerInnen für faire Regeln Langfristig könnte sich diese „Governance“ auch generell etablieren, denn verschiedene NGO-VordenkerInnen stellen Forderungen in diese Richtung: „Wir brauchen faire Regeln, wir sitzen schließlich in einem Boot. Diese universellen Regeln, Gesetze und ethischen Grundsätzen finden sich schon in „Utopia“. Sie werden heute in den Konzepten zu „Global Governance“ vehement eingefordert“ (Wolfgang Pekny, Greenpeace CEE (*2)). Das die NGOs in diesem Herrschaftssystem eine tragende Rolle spielen werden, steht für Pekny außer Frage: „Die Wende wird naturgemäß nicht von den
Konzernen und den politischen Eliten, sondern von der europäischen Zivilgesellschaft eingeleitet werden“ (ebd). Warum aber die „Governance“ soviel besser sein soll, als das heutige System, nur weil die NGOs endgültig integriert werden, steht nirgends. Als Hauptargument für eine wünschenswerte Integration in ein postmodernes Herrschaftssystem führen verschiedene NGOs an, dass es in der Welt angeblich demokratischer zuginge, wenn die NGOs direkt an Entscheidungsprozessen beteiligt seien, da sie in diesen die Stimme der Menschen vertreten würden, die bisher übergangen werden. Dieser romantische Gedanke, das es sinnvoll sei, stellvertretend für andere Menschen Entscheidungen zu treffen, deren Folgen diese dann aber trotzdem betreffen, obwohl sie nicht gefragt, sondern „vertreten“ wurden, macht genau die Quintessenz des bisherigen Herrschaftssystems aus. Auch soziologisch ist die Stellvertretung durch NGOs problematisch: Die NGOs, die im globalen Entscheidungsprozessen eine Rolle spielen, stammen alle aus den sog. Westlichen Ländern. Deren SpenderInnen meistens auch. Zudem finden sich diese hauptsächlich im sogenanten liberalen BürgerInnentum, also einer Zielgruppe, die eher von der Globalisierung profitiert. Da nun die Menschen, deren globale Interessen tendenziell übergangen werden, von Organisationen „vertreten“ werden sollen, deren Backround eher auf der „GewinnerInnenseite“ zu verorten ist, wirkt fragwürdig. Fragwürdig ist auch, ob jene Menschen überhaupt von NGOs vertreten werden wollen. Gefragt hat sie zumindest niemand. Es scheint so, als ob sich die NGOs eher selbst ermächtigen, und sich Kraft eigener diskursiver Macht
Graswurzel mai 07
(Zugang zu Medien) zu Vertreterinnen anderer Interessen machen. Die Forderung nach „demokratischeren Entscheidungsprozessen“ ist für viele NGOs zudem ein stumpfes, oder sogar zweischneidiges Schwert, gleichen ihre eigenen Strukturen doch oft eher Wirtschaftsunternehmen mit angeschlossener Marketing-Abteilung. Gerechtfertigt wird diese Organisationsform mit einen angeblichem Zwang zur Professionalisierung. Mag sein, nur demokratisch ist dies eben nicht.
Machtpolitik von NGO's in Global Governance Einen Ausblick noch: Dass viele NGOs für ihre Ziele in einer „Global Governance“, wie andere Interessensgruppen auch, nur gewöhnliche Machtpoli-
35
tik betreiben werden, lässt sich leider schon erahnen: „Greenpeace richtet heute Mittwoch einen Appell an die EU: Am Gipfel in Kopenhagen müssen unbedingt strengere Gesetze für maritime Transporte und für saubere, gesunde Ozeane verabschiedet werden.“(*3) oder „Greenpeace macht Gesetze“ (*4). Außer Verboten und die Option, diese auch mit Gewalt durchzusetzen, fällt den Verantwortlichen auch in einer Global Governance“ wenig ein. (*2) www.greenpeace.at/1000. html (*3)info.greenpeace.ch/de/newsandinfo/news/NewsArchiv02/ copy97_of_index (*4)info.greenpeace.ch/de/chemie/politik/chemiepolitik/index
hauke
Graswurzel mai 07
36
ökologie
Kein Umweltmusterland… In letzter Zeit kann mensch beinahe täglich eine neue Horrormeldung über Klimawandel und C02Ausstoß den Medien entnehmen. Oftmals wird aber vergessen, wie Energie einfach nur verschwendet wird und wo es bessere und billigere Alternativen gibt.
Ö
sterreich sieht sich selber gerne als Umweltmusterland, doch ist es das wirklich? Der Anteil der erneuerbaren Energien liegt zwar bei 21% (6% EU-Schnitt), allerdings stagniert es dabei auch schon seit 20 Jahren. Bei der Umsetzung des Kyoto-Protokolls hat Österreich einen glatten Bauchfleck produziert, statt wie vorgesehen die Emissionen bis 2010 um 13 Prozent zu senken, stiegen sie bis 2005 um über 18 Prozent. Auf den ersten Blick passt das irgendwie nicht zusammen, aber es hat einen Grund, warum das so ist – der Ausbau der Wasserkraft ist weitgehend abgeschlossen und wir sind EnergieverschwenderInnen.
Zwei AKWs nur für StandBy-Betrieb Alleine der Stromverbrauch steigt jährlich um die Menge, die ein Donaukraftwerk produzieren kann. Viele Elektrogeräte befinden sich im stand-by Betrieb oder verbrauchen sogar Strom wenn sie abgeschaltet sind. In Deutschland werden 2 Atomkraftwerke nur für den stand-by Betrieb von Elektrogeräten benötigt. Dabei wäre es technisch kein Problem, Geräte so zu konstruieren, dass sie nahezu keine Energie dafür benötigen. Die meiste Energie, die wir für Beleuchtungszwecke verwenden, wird einfach nur verheizt – warum sind noch überall diese altertümlichen Glühbirnen in
Verwendung? Energiesparlampen sind wesentlich effizienter, auf die Lebensdauer betrachtet viel billiger und dennoch kauft sie kaum wer. Wenn sich der/die „mündige KonsumentIn“ für ein energiesparendes und damit günstiges Produkt entscheiden kann, wird er/sie es im Allgemeinen nicht machen, sobald ein anderes in der Anschaffung auch nur um ein paar Cent billiger ist. Daher ist die Politik gefordert dafür Sorge zu tragen, dass nur Elektrogeräte, die Energie effizient nutzen, hergestellt und verkauft werden dürfen.
Energiefresser, Solarzellen und Tageslicht Klimaanlagen sind Energiefresser ersten Ranges und werden in Gebäuden, die energieeffizient und ökologisch geplant werden nicht benötigt, außerdem kann mensch das Tageslicht in solchen Gebäuden viel besser nutzen. Passivhäuser sind von gestern; mittlerweile ist es möglich, Plusenergiehäuser zu bauen, auf deren gesamten Dachfläche Solarzellen montiert werden.
Mehr Solarenergie: Aus EnergiekonsumentInnenen würden –produzentInnen.
Die damit erzeugte Elektrizität würde locker reichen um die Bedürfnisse der BewohnerInnen zu decken und die überschüssige Energie ins Netz einzuspeisen. Aus EnergiekonsumentInnen würden EnergieproduzentInnen. Der verkehrsbedingte C02 Ausstoß ist vermutlich das Hauptproblem und hier ist es auch schwieriger, geeignete Alternativen zu Öl und Gas zu finden. Wasserstoffautos hören sich
zwar nett an, dass aber Wasserstoff derzeit hauptsächlich aus Erdgas hergestellt wird, wissen nur die wenigsten. Biodiesel wäre eine brauchbare Alternative. Allerdings ist es bei dem derzeitigen Verkehrsaufkommen einfach nicht möglich, genug Biodiesel herzustellen, da für jeden gefahrenen Kilometer zirka ein Quadratmeter an Fläche benötigt wird. Es wird auf Dauer einfach nicht funktionieren um von A nach B zu kommen eine Tonne Blech zu bewegen und dabei mehrere Liter Kraftstoff zu verheizen. Über 80% der privat gefahrenen Kilometer werden auf Kurzstrecken zurückgelegt – für diese Fahrten würde ein Elektroauto ausreichen. Es gibt mittlerweile Elektroautos die Reichweiten von über 400 km erzielen. Solche Fahrzeuge wären für PendlerInnen ideal, da sie im Unterhalt wesentlich billiger als konventionelle Fahrzeuge sind. Der Güterverkehr lässt sich zum Großteil auf die Schiene verlagern und wenn nur die letzten Kilometer per LKW transportiert werden, kann durchaus auf Biodiesel als Kraftstoff gesetzt werden. Prinzipiell lässt sich der Energiebedarf in Zukunft mit erneuerbaren Energien decken, gelingen wird uns das in absehbarer Zeit allerdings nur, wenn wir aufhören, sinnlos Energie zu verschwenden – und die Politik die notwendigen Rahmenbedingungen schafft.
buchi
ÖKologie
Graswurzel mai 07
37
A Midfrühlingnight’s Dream Über den Wunsch nach Veränderung und die Veränderung unserer Wünsche
«Und später würdi i donn a gean amol aufam Bauernhof leben»
belebt, organisch, in Stamm und Blatt, Haut und Haar, vorstellen wollen.
Dieser Satz ist zweifelsohne einer, der in Kreisen, die ich jetzt der Vereinfachung halber "alternativ-grün" nenne, oft fällt, wenn über Zukunftspläne und Lebensvorstellungen geredet wird. Er fällt jeden Tag, die verschiedensten Menschen nehmen ihn in den Mund und meinen Verschiedenes damit. Schon die Satzstellung verrät einiges über die Form, die dieses zukünftige Bauernhofleben künftig haben könnte, wie auch über die Intensität des Wunsches.
Setzen wir alles voraus: das Wissen um verschwendete Energie und Vergiftung, den Status quo technologischer Machbarkeitsexplosionen, Gentechnik, Monsanto, die Jahrhunderte alte Vampirattitüde des "Westens", seit Columbus und seit
In diesem Bauernhofvorsatz steckt zuallererst ein ganz großes später. Was wird bis zum und jetzt geschehen? Eine abgeschlossene Ausbildung. Dann job, Projekte, Reisen… und dann die Mittelslebenskrise, ein Bauernhof und 100 Fahrtkilometer jeden Tag. Fast sollte dieses später ersetzt werden durch in einem anderen Leben oder wenn es heutzutage möglich wäre…
Schlachtfeld von Wünschen Und so finden wir uns mitten in den Möglichkeiten und Unmöglichkeiten unserer ökologischen Bewegung wieder. Im Schlachtfeld von Wünschen und inneren Bildern. Sagen wir, es geht um eine diffuse Vorstellung von ökologischem Wirtschaften, vom Leben nahe an der Natur, an der grünen Materie; um eine gefühlsmäßige, geistige, spirituelle Verbindung mit unserer Umwelt, die wir uns nicht anders als
okzidentale wie orientale Sklavenhändler ins Herz der Wiege der Menschheit vordrangen. Und mehr: wie lange drehen sich die Don Quichote’schen Windmühlen schon? Seit der industriellen Revolution? Oder der neolithischen? Seit dem Rad? Als Prometheus den Menschen Feuer gab? Oder gar seit dem ersten Löffel Ursuppe, der nach der Vertreibung aus dem Paradies gekocht wurde? Der Platz ist knapp, es drängt die Zeit. Ist mensch sich einig, dass der derzeitige technische Fortschritt nicht vorwiegend erlöst und erleichtert, sondern außer Abgasen auch viel Ab-
hängigkeit erzeugt, enorme Ressourcen an unserer Zeit und Energie verschlingt? Bleibt die Frage: wer verzichtet auf die kleinen Helferlein? Wo sind die HandarbeiterInnen unter uns? Wer kennt den Wert von äußerer Langsamkeit, zum Beispiel unterwegs? Die Qualität, etwas von Hand zu schreiben…? Wer verzichtet gerne auf Flugreisen, Laptop, Kühlschrank, Handy?
– Frage und Antwort sind falsch gegeben, es muss lauten: Was bedeutet Reichtum, Zukunft, Entwicklung für uns? Was für ein Leben schaffen wir? Wagt mensch den Schritt über den babylonischen Rubikon und verweigert die absolute Dominanz des Objektiven über das Subjektive, der Chronologie über die Kairologie, des Technischen über das Organische, und dies scheint der einzige Schritt, der Grün-alternativ-sein mehr sein lässt, als die strenge Überwachung von Abgasfilterung und Bionorm, dann sausen einem/einer die Windmühlenflügel nur so um die Ohren.
Graswurzeln für Kreativität Der Frühling ist die Zeit des Aufbrechens. 2006 war das Frühjahr der großen Anti – CPE Bewegung und der émeutes en banlieue in Frankreich, die von ihrem Ursprung her sozial – antineoliberal waren und in ihrem Wachstum auch Graswurzeln entdeckten; das Jahr 2007 durfte ich mit dem Lobauer Frühling beginnen, der in seiner Kreativität und der starken Gruppendynamik etwas ganz Wichtiges gezeigt hat: Erschaffen und Gestalten wirkt befreiend und setzt schlummernde Energien frei. Ökologisch zu leben - heißt das womöglich mehr, als seine Energiebilanz zu perfektionieren? Jedenfalls erstarren die Bio-Bemühungen im quasireligiösen Dogma, hat sich’s recht bald mit der eigenen erneuerbaren Energie. Keine Gemeinschaft ohne Kulturschaffen, ohne Gemeinschaft kein Leben, ohne Lebendigkeit keine Revolution, auch keine Stille. Ohne Vertrauen keine Zukunft, kein gar nix. Dies ist ein Aufruf. Zum Annehmen von uns selbst und der Welt so wie sie ist und geworden ist, und zum Erwachen nach dem Winterschlaf, und das heißt Veränderung, Tat: und Ja! natürlich – auf die Straßen, auf die Räder, auf die Äcker, wherever, break free, sprechen wir uns frei. Jetzt oder nie. Bei sich selbst anfangen, aber nicht in der Einsamkeit verenden. Weil allan’ geht nit vü.
daniel
38
Graswurzel mai 07
Ökologie
Über sich wandelndes Klima in Zeiten ökonomischer Wachstumsstasis Die vor kurzem entflammte Debatte über den Klimawandel wäre eigentlich dazu prädestiniert gewesen den Apologeten des „ewigen Wachstums“ den argumentativen Wind aus den Segeln zu nehmen und reale Alternativen, die nicht nur kosmetischen Charakter haben, aufzuzeigen.
T
atsächlich hat sie einmal mehr gezeigt, das eine tatsächliche Änderung unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung an eingespielten Mechanismen der Macht scheitert, und wieder einmal ein Lehrstück über das funktionieren des politischen Apparats bietet. So mancheR hoffte wohl trotzdem, dass gerade die Klimawandeldiskussion am großen Dogma des Neoliberalismus "Was für die Wirtschaft gut ist, ist für den Menschen gut" rütteln. Doch die eiserne Prämisse steht und in der hiesigen (Print-) Medienlandschaft beschränkt mensch sich hauptsächlich darauf, bescheidene Nachjustierungen zu fordern. Dabei wagen sogar schon einzelne SPD Politikerinnen, das Offensichtliche zumindest auszusprechen: "Die kapitalistische Philosophie des 'Mehr, schneller und weiter' ist am Ende", so Michael Müller in der TAZ am 20.2.07.
Warten auf Godot Nun hat sich herumgesprochen, dass der Klimawandel nur global gelöst werden könne. Welche Schlüsse daraus in einem Land zu ziehen wären, dass 30 % mehr CO 2 ausstößt als im Kyoto-Protokoll bis 2012 vereinbart waren, sei dahingestellt… Schließlich ist Österreich auf die EinwohnerInnenzahl umgerechnet einer der Hauptverantwortlichen für den Klimawandel. Oder ist damit gemeint, dass wir den ölfördernden Staaten auf die Finger klopfen sollen? Ein Appell an die sudanesische Militärregierung, die saudiArabische Monarchie, die junge irakische Demokratie uns doch kein Öl mehr zu verkaufen. Ja, mensch könnte auch den kongolesischen Warlords ins Gewissen reden, da das Pyrochlor und Tantal, das sie abbauen um ihre Kämpfe zu finanzieren, indirekt den Klimawandel verstärke.
Denn solange kein Konsens unter allen Beteiligten herrscht, sind unsere ehrlichen Bemühungen leider dazu verdammt, sich in Rauch aufzulösen. Im Warten auf eine globale Lösung, manövriert sich jede/r EntscheidungsträgerIn zwischen gegenseitigen Schuldzuweisungen und konstruierten Sachzwängen, ganz ungewollt in die Handlungsunfähigkeit.
Ausbeutung von Mensch und Natur Schließlich sei die (fast) maximale Ausbeutung von Menschen, ebenso wie der Natur unabdingbar, um im internationalen Handel wettbewerbsfähig zu bleiben. Dass diese Argumentation langfristig, nicht einmal unter den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stichhaltig ist lässt sich vielfach belegen. Mensch vergleiche nur die Wachstumsraten der amerikanischen Autoindu-
strie mit der japanischen und dann den Treibstoffverbrauch und CO2 Ausstoß der produzierten Wägen. Trotzdem führte das laute Aufheulen über die "gravierende Verzerrung des Wettbewerbs" von PorscheChef Wendelin Wedekind dazu, dass Kommissionsvizepräsident Günter Verheugen durchsetzte, die geplante Reduktion der CO2-Emissionen von Neuwagen von geplanten, durchschnittlich 120 Gramm pro Kilometer auf 130 Gramm anzuheben.
Natur als Teilsystem der Wirtschaft Die Art und Weise, wie mit Ökologie im Allgemeinen und mit der Problematik des Klimawandels im Besonderen in Politik und Medien umgegangen wird, ist paradigmatisch für die Lähmung und Ignoranz des Systems. Ein bisschen wird hier nachkorrigiert, da und dort wird etwas zurückgestellt, aber an der grundsätzlichen Stoß-
ökologie
richtung unserer wirtschaftlichen Doktrin ändert das herzlich wenig. Die Natur wird als Teilsystem der Ökonomie betrachtet. Als mehr oder weniger unerschöpfliche Quelle von Ressourcen ebenso wie als unendliche Senke unseren Mülls. Um etwa den optimalen Grad der Ausnutzung der Natur, nach dem Coase Theorem zu bestimmen, berechnet mensch den Schnittpunkt aus Grenzvermeidungskosten und Grenzschadkosten. Als gute/r BetriebswirtIn muss mensch sich also überlegen, wie lästig und imageschädigend NGOs sein könnten, wie teuer etwaige Strafzahlungen oder Bestechungsgelder an Politikerinnen kämen und alle weiteren Kosten, die durch Umweltzerstörung entstehen, in der Rechnung einkalkulieren. Nun wird das gegen die Kosten, die ein schonungsvoller Umgang mit der Natur verursachen würde, aufgewogen.
Wo das bis jetzt abseits des Klimawandels hinführen würde: 30% aller Wirbeltierarten sind in den letzten 30 Jahren ausgestorben. Der Regenwald wird schneller abgeholzt als je zuvor, in weniger als hundert
Graswurzel mai 07
Jahren dürfte er verschwunden sein. Die Weltmeere sind immerhin noch nicht ganz leer gefischt, aber mensch setzt ja jetzt vermehrt auf Fischzucht,... (siehe Regenwald). Außerdem sind 20000 km² (mehr als die Fläche Russlands) fruchtbarer Boden seit Entdeckung der Landwirtschaft zu Ödland geworden.
Gegeneinander Ausspielen der Weltprobleme Einer der folgenreichsten Fehler, ist das gegeneinander Ausspielen von ökologischen und sozialen Problemen. Dabei ist doch einer der Hauptgründe für soziale Unterschiede die extrem ungleiche Verteilung von Naturressourcen. Im Moment verbraucht ein Fünftel der Menschheit vier Fünftel der gesamten Ressourcen.
Unzureichende Lösungsversuche... Lösungsstrategien, die auf Marktmechanismen beruhen, greifen zu kurz. Der Markt strebt nach Profit, und wenn irgendwo Öko draufsteht dann verkauft sich das gut. Doch der Umwelt hilft es wenig, wenn etwa österreichischer Strom aus Wasserkraftwerken, in Deutschland als Ökostrom verkauft wird, während wir dafür Atomstrom „bekommen“. Wenn jemand
also Ökostrom will, sollte er/sie sich gut überlegen von welchen BetreiberInnen, oder noch besser: sich um eine lokale nachhaltige Stromversorgung kümmern. Das Kyoto-Protkoll mit seinen mäßig ambitionierten Zielen, weist zahlreiche Schwächen auf. Für Staaten wie Russland, wo sich der Treibhausgasemissionsrückgang durch die Schließung alter Fabriken von selbst erniedrigt, ist es ein angenehmer Devisenbringer und die Staaten, die die Zielvorgaben überschreiten, besitzen in der Regel das nötige „Kleingeld“ um sich freizukaufen. Außerdem führt die Beschränkung auf eine Größe wie Treibhausgasemissionen nur zu einer Verlagerung der Umweltzerstörung. So wird Biodiesel vom Kyotoprotokoll als CO2-neutral bewertet. Die Ökobilanz ist nicht relevant, so steigen auch Atomkraftwerke sehr gut aus.
Es ist fraglich, wie sinnvoll es ist, auf „konformistische“ Strategien zu setzten. Durch Lobbyarbeit ist es einerseits möglich, viel zu erreichen, wie zahlreiche NGOs wiederholt beweisen. Andererseits führt das Ausverhandeln innerhalb der Zirkel der Macht dazu, dass allzu oft unbefriedigende Kompromisse geschlossen werden. Die ursprünglich radikaleren Forde-
39
rungen fallen unter den Tisch und verlieren in der öffentlichen Debatte an Rückhalt.
Perspektiven und Wege?! Der Kampf gegen die Ausbeutung von Mensch und Umwelt muss mit einer Eroberung des gemeinsamen Lebensraums einhergehen. Umweltzerstörung muss dort bekämpft werden, wo sie passiert, wie es in Hainburg gemacht wurde und erst vor Kurzem in der Lobau. Selbstverwaltete Projekte die jenseits kapitalistischer Ausbeutungslogik funktionieren, sind stark im Zunehmen und ebenso wichtig, wie aktiver und direkter Widerstand. Zweifelsohne werden die ökologischen Probleme in nächster Zeit zunehmen. Doch das Bewusstsein über die ökonomische Sackgasse, in der wir uns befinden wächst und mit ihm werden auch neue Prozesse und Dynamiken in Gang gebracht.
julian
40
Graswurzel mai 07
G8-Gipfel
Juni 2007: Auf nach Heiligendamm zum G8 Gipfel Warum es trotz Widersprüchlichkeiten wichtig ist gegenüber den G8 eine Gegenmeinung zu etablieren. In der linken Wochenzeitung „Jungle World“ tobt seit geraumer Zeit eine intensive Debatte, ob die Proteste gegen den G8 Gipfel im norddeutschen Heiligendamm Sinn machen oder nicht. Seit knapp zwei Jahren laufen dazu die Vorbereitungen von linken- und linksradikalen Gruppen, Gewerkschaften und NGOs. Rund um den G8 Gipfel stellt sich die grundlegende Frage, ob sich die starke Konzentration auf Gipfeltreffen von Organisationen wie Weltbank, WTO und G8 für die unterschiedlichen Anti-Globalisierungsbewegungen und anderen sozialen Bewegungen auszahlen. Wird dazu nicht zu viel Zeit, politische Energie und Geld in Proteste gesteckt die innerhalb weniger Tage verpuffen? Sollten soziale Bewegungen nicht eine lokale Basis haben, anstatt abstrakte Appelle an eine Institution zu richten die nicht viel mehr als symbolische Macht hat? Antworten reichen von Rufen nach „Smash G8“ bis zu sarkastischen Bemerkungen, dass die Linke nur mehr zu PolitikPopgroßereignissen mobilisieren könne.
„Die Proteste in Heiligendamm bieten Räume für antikapitalistisches Denken und Handeln“ sieht Sabine Beck von der Berliner Gruppe Six Hill die Möglichkeiten des Protests. Etwas anders sieht das Stephan Weiland, Mitautor der Gruppe 8, er empfiehlt, sich an den G8 Protesten solidarisch nicht zu beteiligen, da die „G8-Inszenierung eine Weltsicht zeigt, die sich den Kapitalismus aus der bösen Absicht einer kleinen Clique erklärt: Die da oben machen ja eh, was sie wollen, weil sie – und nur sie – moralisch verdorben, profitgierig und kriegslüstern sind.“ Juliane Nagel vom Internetportal linXXnet.de plädiert wiederum dafür, „den G8 Gipfel als Bühne für emanzipatorischen Protest zu nutzen und den ganzen Szenemüll über Bord zu werfen“. „Bündnisse sollen als Resonanzboden für eigene Inhalte genutzt werden und einseitige selbstreflexive Spitzfindigkeiten und tosende Revolutionsromantik sollen hinter sich gelassen werden“, so Nagel. „Die Proteste gegen den G8Gipfel ersetzen einfach keine soziale Bewegung“, meint Holger Marcks vom Bildungssyndikats der FAU Berlin. Fast zwei Jah-
G8-Links zur umfassenden Information Anti-G8-Koordination Vienna - http://g8wien.blogsport.de/ Gipfel-Berichterstattung der demokratischen Medienplattform indymedia - http://de.indymedia.org/g8heiligendamm/ Offizielle Seite der deutschen Bundesregierung zum G8 Gipfel http://www.g-8.de/Webs/G8/DE/Homepage/home.html Interventionistische Linke zum G8 Gipfel http://www.g8-2007.de/ Internationales Netzwerk mit vielen Infos rund um den Gipfel http://dissentnetzwerk.org/ Infos zur internationalen Großdemonstration in Rostock http://www.heiligendamm2007.de/
re dauerte die Mobilisierung, „Kampagnen, Bündnisse, Vernetzung, das sind die standardisierten Konzepte, die bis heute erfolglos geblieben sind“, kritisiert er. „Für all das bedarf es jedenfalls keines Großereignisses, die gesamte linke Kultur dient aber fast nur diesem Zweck.“ Auch im BUKO Reader (Bundeskoordination Internationalismus) – zum G8 Gipfel werden Vor- und Nachteile des Gipfelhoppings durchaus selbstkritisch abgewägt. Als Argument gegen die Gipfel Mobilisierung wird von Seiten der BUKO angeführt, dass nur auf Aktionen der Mächtigen reagiert wird und durch die Gegen-Protest die symbolische Macht noch zunimmt. Die Mobilisierung hat außerdem hohe menschliche und finanzielle Kosten und für manche durch Repression verursachte psychische und physische Schäden. Die globalen Machtverhältnisse werden kritisiert während letztlich die eigenen Machtverhältnisse oft ausgeblendet werden, sieht die BUKO die Schwächen der Protestbewegung. Auf positiver Seite werden eine mediale Präsenz und die Möglichkeit Themen zu setzen gelistet: „Durch die breiten Proteste bricht die Geschlossenheit der linken Szene auf und es gibt ein enormes
Potential zur Politisierung und Mobilisierung. Gemeinsames antihierarchisches politisches Handeln wie bei Gipfelprotesten ist oft prägend für die politische Sozialisation“. Die BUKO propagiert damit eine kritische Analyse der G8 und ihrer Proteste, sowie eine gleichzeitige Mobilisierung nach Heiligendamm. Beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) hat mensch wohl nicht das Diskussionspapier der BUKO gelesen und ruft gleich gar nicht zu den G8 Protesten auf, nach einem Gespräch mit Angela Merkel meint dazu DGB Chef Sommer: „Es wäre zwiespältig, das Gespräch mit ihr zu suchen und dann als Totalverweigerer in Rostock zu marschieren.“ Die Gewerkschaften als gesellschaftspolitische Bremser, da passt zum G8 Protest viel mehr ein Spruch der Zapatisten, der folgend lautet: „Fragend schreiten wir voran“.
Antworten wird es in Heiligendamm aller Voraussicht keine geben, dafür aber umso mehr Fragen. Menschen sollten sie in Heiligendamm stellen und nicht Bundeskanzlerin Merkel.
Attac über den G8 Gipfel - http://www.attac.de/heiligendamm07
Text- und Mediensammlung zu kommenden und vergangenen G8-Treffen
Umfangreiche Texte zu vergangenen Gipfeln http://www.gipfelsoli.org/Dokumentation der Diskussion zum G8 Gipfel des BOKU 29 Kongresses http://www.buko.info/kongress/buko29/medien/doku/doku_ g8.pdf Umfassende Chronik der Anti_Globalisierungsproteste (19752001) - http://www.rosalux.de/cms/uploads/media/chronik_G8_ protest.pdf
g8-gipfel
Graswurzel mai 07
41
Wer sind die G8? - eine kleine Einführung Geschichte
S
eit 1975 findet alljährlich ein informelles Treffen der bedeutendsten westlichen Industrienationen statt. Diese Gruppe gab sich damals den Namen G6 und bestand bei ihrem ersten Zusammentreffen aus den Ländern Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Großbritannien und den USA. Die Grundidee war es in einem kleinen Rahmen von Kamingesprächen über die aktuellen polit-ökonomischen Probleme zu diskutieren. Das erste Gipfeltreffen in Schloss Rambouillet (Frankreich) stand unter dem Vorzeichen der im Herbst 1973 ausgebrochenen Ölkrise und deren massiven negativen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. 1976 wurde Kanada Mitglied, es entsteht die G7. Gegen die Anwesenheit von Ronald Reagan beim Weltwirtschaftsgipfel (G7) 1982 in Versailles demonstrieren 20 000 Menschen in Paris. Beim Weltwirtschaftsgipfel (G7) 1985 in Bonn nahmen unter der Parole "Keine Ruhe für den Gipfel" mehr als 25 000 Teilnehmer an einer Demonstration teil. 1998 wird Russland nicht vollständiges Mitglied, ausgeschlossen von
finanz- und währungspolitischen Beratungen, es entsteht die G8. Zum G8 Gipfel 1999 in Köln versammeln sich mehrere zehntausend Gegendemonstranten. An einer von der Kampagne "Erlaßjahr 2000" organisierten Menschenkette beteiligen sich 35 000 Menschen, die vorübergehend das Verhandlungszentrum des Wirtschaftsgipfels einkreisen. 2001 findet der G8 Gipfel in Genua statt. 300 000 Menschen demonstrierten und 20 000 Polizisten kamen zum Einsatz. Beim Versuch ein Polizeiauto zu stürmen wird der dreiundzwanzigjährige Carlo Giuliani von einer Polizeikugel tödlich getroffen. Es kam zu schweren Misshandlungen von Seiten der Polizei. Nach den massiven Protesten wurden die G8 Gipfel in schwer erreichbare Gegenden verlegt um die Proteste zu erschweren. 2002 Kananaskis, 2003 Evian 2004 Sea Island. Beim G8 Gipfel 2005 Gleneagles (GB) gelang es den Veranstaltern unter anderem mit Bono und der Kamapgne „Make Poverty History“ die Proteste für sich zu vereinnahmen. 2006 fand der G8 Gipfel im autoritär regierten Russland statt, alle Großdemonstrationen
und Aktionstage wurden durch Regierung und Polizei abgesagt. Vom 6. – 8. Juni 2007 findet der G8 in Heiligendamm statt. Am 02.Juni gibt es eine internationale Großdemonstration zu der 100 000 Menschen erwartet werden.
Organisation Es gibt bis jetzt kein eigenes Büro und MitarbeiterInnen der G8 sondern die Gipfel werden jedes Jahr von einem anderen G8 Land organisiert. Vor dem eigentlichen G8 „Weltwirtschaftsgipfel“ kommen die FachministerInnen noch zu eigenen Treffen zusammen um über Themen wie z.b Finanzen und Umweltpolitik zu diskutieren.
Macht Die G8 Länder repräsentieren zusammen zwei Drittel des Weltsozialprodukts und besitzen damit einen nicht zu unterschätzenden weltwirtschaftlichen Gestaltungsspielraum. Uneinigkeiten im Bezug auf die Handelspolitik und den Irakkrieg haben aber zu immer größer werdenden Unstimmigkeiten innerhalb der G8 geführt. Mensch spricht davon,
dass die Macht der G8 seit deren Gründung stetig abgenommen hat, vor allem durch den Aufstieg von Ländern wie China und Indien und durch Institutionen wie der WTO.Am Ende des Gipfels gibt es traditionell Abschlusskommuniques zu Themen wie z.b zur Terrorbekämpfung, Klimawandel oder Schuldenerlass die aber nicht mehr als Absichtserklärungen enthalten. Macht hat die G8 möglicherweise dadurch weil sie Themen setzen und medial lancieren kann wie z.b Good Governance. Die G8 Gipfel als symbolische Veranstaltung erfüllen drei wichtige Aufgaben. Erstens legitimieren sie staatliche Herrschaft national sowie international durch den Fokus auf die „mächtigen“ Länder und den exklusiven Charakter der G8. Zweitens werden Probleme und deren Lösungsmöglichkeiten definiert, wie z.b im Bereich der Entschuldung von Ländern des Südens. Drittens dient die G8 dazu, polit-ökonomischen Differenzen der dominanten Länder zu bearbeiten.
christoph
Wie hinkommen:
Vor-Ort sich informieren:
Nach Heiligendamm – Ein Attac-Sonderzug fährt von Salzburg nach Rostock. - http://www.attac.de/heiligendamm07/pages/gipfelproteste-2007/sonderzuege.php Zahlreiche Fahradkarawanen begeben sich auf den Weg nach Heiligendamm - http://dissentnetzwerk.org/wiki/Fahrradkarawanen_/_bicycle_caravans Mitfahrzentrale – eine Möglichkeit per Auto nach Heiligendamm zu kommen - http://www.mitfahrgelegenheit.de/
Convergence Center in Rostock - Bietet Raum um zusammen Aktionen zu planen, Infos auszutauschen und die Camps und Infopunkte zu unterstützen
Übernachten: Geplant sind Campingmöglichkeiten für 15.000 Menschen http://www.camping-07.de/ Gewerkschaftscamp Gute Nacht G8 bei Rostock für 15.000 Personen - http://www.g8-gute-nacht.de/
e-mail: cc-rostock@riseup.net Knut-Rassmussen-Str. 8, 18106 Rostock/Evershagen Wegbeschreibung zum „CC-Ostseestrand“ (ehem. Schule) Tram 1, 4, 5 in Richtung „Mecklenburger Allee“ bis "Thomas-Morus-Straße“, genau gegenüber der Haltestelle befindet sich die Schule.
Graswurzel mai 07
42
Gesellschaft
Wahre Werte? Nicht nur in den USA verbringt der Großteil der Menschen bei weitem mehr Zeit mit den ProtagonistInnen aus Fernsehserien als mit FreundInnen. Doch sind deren fiktive Werte, Moralvorstellungen und Prioritäten auf unser Leben übertragbar?
„S
he’s dating a vet – not even a real doctor!” – Empörung unter den ÄrztInnen von “Grey’s Anatomy“ fällt bei einer/einem von ihnen die PartnerInnenwahl außerhalb der eigenen Klasse. Wohin das führen kann wird vorgeführt: wer sich mit einer Krankenschwester einlässt bekommt Syphilis und am Ende siegt selbstverständlich der „richtige“ Doktor über den Tierarzt.
enquote unter den anderen höheren Vorgesetzten erinnert an jene der Professorinnen an Österreichs Universitäten. Eine Frau – natürlich weder Herzchirurgin noch Gehirnspezialistin, sondern im typischen „Frauenfeld“ der Gynäkologie tätig – darf da zwischen Männern operieren, die kaum was anderes im Kopf zu haben scheinen, als welche der jungen Praktikantinnen sie zuerst verführen sollen.
sind alle glücklich – mit einem Mann. Die heteronormative Beziehung ist der Maßstab – wie auch bei den jungen ÄrztInnen, wo gerade mal der Barkeeper in der Nebenrolle schwul sein darf. Und davon abgesehen: Kann eine Geschichte, die uns vermittelt, dass nur das Kaufen der allerneusten, möglichst teueren DesignerInnenschuhe wirkliche Glücksgefühle auslöst, tatsächlich fortschrittlich sein?
Die Serie um die schicken ÄrztInnen aus Seattle steht in einer langen Tradition von Krankenhausgeschichten, in denen es mehr um das wer-mit-wem als um Probleme der Realität geht. Die ProtagonistInnen sind auch nach einem 48-StundenTag noch schön – kein Wunder, geht doch mehr Zeit fürs Flirten, Plaudern und Kaffee holen drauf als für die tatsächliche Arbeit. Die einzige, die nicht gängigen Schönheitsidealen entspricht wird the nazi genannt. Der chief ist ein Mann und auch die Frau-
Fernsehserien, die uns vorgeben das reale Leben darzustellen, vermitteln uns Werte, sie zeigen vor, was wir angeblich brauchen, um glücklich zu werden. Im oben dargestellten Fall ist es den/ die PartnerIn aus der richtigen Schicht zu finden. Andere Serien vermitteln ähnlich Fragwürdiges. „Sex in the City“ etwa wird gerne als fortschrittliche Serie dargestellt. Unabhängige, starke Frauen sprechen über Sex. Nun, das Thema Sex ist nicht abzustreiten, aber sind sie wirklich so unabhängig? Am Ende der Serie
Während uns die einen Serien – angeblich produziert für die Zielgruppe Frauen – die romantische Zweierbeziehung als Maß aller Dinge präsentieren, ist in anderen Gewalt die Lösung. Im „Kampf gegen den Terrorismus“ in der Echtzeitserie „24“ steht Folter an der Tagesordnung. Schließlich muss Herr Bauer doch die „armen unschuldigen guten Menschen“ vor den bösen TerroristInnen schützen. Dafür müssen nicht wenige Menschenrechtsverletzungen in Kauf genommen werden. Kein Wunder,
Soziale Kontakte oder der Fernseher? Ein US- amerikanisches Kind hat am Ende seiner Volkschulzeit 8.000 Morde gesehen.
dass es so mancher Regierung nicht schwer fällt zu vermitteln, dass dies auch in der Realität nicht anders ist. Denn was in der Serie zum Guten führt, muss doch auch im richtigen Leben funktionieren. Oder nicht? Bedenklich wird die Sache dann, wenn es fast ausschließlich das Fernsehen ist, das uns beeinflusst. Eine us-amerikanische Studie zeigt, dass in den USA Eltern 3,5 Minuten in der Woche mit ihren Kindern sinnvolle Kommunikation führen – dem stehen 1.680 Minuten, die der Nachwuchs vor dem Fernseher verbringt, gegenüber. Damit hat ein durchschnittliches us-amerikanisches Kind am Ende seiner Volkschulzeit 8.000 Morde gesehen, bis zu seinem 18. Geburtstag sind es 200.000 Gewaltakte – und das prägt. Wer jetzt denkt bei uns in Europa sähe die Situation völlig anders aus, irrt. Eurostat liefert eindeutige Daten: Der Fernsehkonsum ist das dominierende Mittel zum Zeitvertreib quer durch Europa und quer durch alle Altersschichten. Die ZuseherInnen bekommen dabei – wie das Beispiel ORF zeigt – in erster Linie Unterhaltungsprogramm in Form von Filmen und Serien vorgesetzt. Der Bereich Bildung und Wissenschaft kommt gerade auf 1,5 Prozent Sendeanteil. Einzig die NorwegerInnen verwenden mehr Zeit mit sozialen Kontakten als vor dem Fernseher – vielleicht sollten wir uns alle an ihnen en Beispiel nehmen.
sonjah
Unigruppen
Graswurzel mai 07
43
GRAS Uni Wien Die Gras Uni Wien (UWE) - eine ganz "normale Studifraktion"? Ein Teil der Grün-Alternativen bewegung? Ein emanzipiiertes widerständiges Projekt? - der Versuch eines Selbstverständnisses. Wir (das sind zwischen zehn und zwanzig Menschen aus den unterschiedlichsten Studienrichtungen) verstehen uns als basidemokratische, offene Gruppe. eine HERRschaftsfreie Gesellschaft, in der alle Menschen selbstbestimmt sowie formal und sozial gleichberechtigt ihre anliegen selbst vertreten können, ist für uns grundlegende Voraussetzung für die bessere welt. Daher sind unsere Plena offene tref-
fen, Entscheidungen werden ausschließlich im Konsens getroffen, um die Meinung aller gelten zu lassen und echten Interessenausgleich herzustellen. Seit 2001 beteiligen wir uns gemeinsam mit unabhängigen Menschen, dem kommunistischen StudentInnenverband (ksv) und dem Verband sozialistischer StudentInnen (vsstö) an linken ÖH Exekutiven. Unser Ziel ist es, die Möglichkeiten der Institution öh zu nutzen, um den Widerstand gegen den real existierenden Wahnsinn (sei er schwarz, blau, orange oder einfach nur böse) zu erleichtern bzw. zu verstärken.
Wir kämpfen für eine offene Universität, die von allen Betroffenen gemeinsam gestaltet wird. Studiengebühren oder andere Zugangsbeschränkungen lehnen wir ebenso kategorisch ab, wie den Machtrausch von rektor winckler& co.
mit anderen wehren wir uns gegen reaktionäre und autoritäre Kräfte - wir wollen andere nicht über unsere Köpfe hinweg entscheiden lassen. Ganz im Gegenteil - unser Widerstand muss überall sichtbar sein - laut und bunt!
Jegliche art von patriarchalen, homophoben oder rassitsichen Strukturen ist uns zuwider. Wir alle sind in diesem System sozialisiert worden und sind täglich mit seiner Reproduktion konfrontiert. Für uns ist es deshalb unerlässlich, unser eigenes Verhalten ständig zu reflektieren und durch Diskussionsprozesse Unterdrückung und Ausgrenzung aufzuzeigen. Gemeinsam
Falls auch du Lust hast, dich zu beteiligen oder einfach nur mal mitdiskutieren willst: unser Plenum findet jeden Montag um 18 Uhr in der Lindengasse 40 (grünes haus) statt - du bist jederzeit willkommen! wien@gras.at uni-wien.gras.at
GRAS Uni Graz - Med Uni Graz - TU Graz Wir, die Grünen & Alternativen StudentInnen (GRAS) sind ein bunter Haufen Studierender, die Lust am Mitmischen, Aufmischen, Ummischen an der Uni und am Rest der Welt haben. Wir glauben nicht an Geschlechterrollen und finden Pippi Langstrumpf ziemlich cool. Rassismus und Intoleranz finden wir armselig, da wir den Wert eines Menschen nicht an der Herkunft messen. Wir halten es für nicht sonderlich intelligent die Umwelt zu verschmutzen, da wir der Meinung sind, sie könnte noch ganz nützlich sein. Unser Verstand reicht uns durchaus als Waffe, jegliche physische und psychische Gewalt lehnen wir entschieden ab. Ob hetero, lesbisch, schwul oder was auch immer ist uns völlig egal, her mit der rechtlichen Gleichstellung. Außerdem glauben wir, dass eine Gruppe am besten arbeitet, wenn alle alles mitentscheiden dürfen. Und da GRAS nicht nur die lässigste Studierendenvertretung ist, sondern auch ein sauguter Tabakzusatz, treten wir für des-
sen Legalisierung ein. Findest du es auch ziemlich unsinnig, dass Kampfflugzeuge wichtiger zu sein scheinen als die Bildung der Bevölkerung? Die Studiengebühren hatten zur Folge, dass der Großteil der Studierenden länger für den Abschluss braucht, da das Geld dafür blöder Weise nicht auf den Bäumen wächst. Studienbeschränkungen halten wir sogar für ziemlich beschränkt, da mensch mehr als nur einen guten Notenschnitt benötigt um beruflich erfolgreich sein zu können. GRAS FORDERT: Weg mit den Studiengebühren! Weg mit den Beschränkungen! Her mit dem fetten Studium! Findest du es auch seltsam dass der Prozentanteil an Frauen abnimmt, je höher wir uns im Jobbereich umsehen? Die „hohen“ Posten in unserer Gesellschaft werden fast ausschließ-
lich von Männern bekleidet. In vielen Berufsgruppen verdienen Frauen oft 1/3 weniger als ihre männlichen Kollegen. Auch auf unserer Karl-Franzens Universität sieht’s mit dem Frauenanteil düster aus. GRAS FORDERT: Gleichberechtigung für Frauen bei Aufstieg und Lohn! Mehr Frauen in den Führungspositionen der Universitäten! Findest du es auch zum Kotzen, dass Menschen minderwertig behandelt werden, nur weil in ihrem Reisepass nicht „Österreich“ steht? Rassismus und Intoleranz ist nicht nur in den Köpfen der österreichischen Bevölkerung fest verankert, sondern findet sich auch in diversen Gesetzestexten wieder (Fremdenrechtspaket 2005). Selbst an der Uni wurde Rassismus staatlich institutionalisiert. Ausländische Studierende haben kein passives Wahlrecht und müssen
doppelte Studiengebühren zahlen. GastprofessorInnen werden bei ihrer Einreise oft von den Behörden schikaniert, obwohl sie von den Universitäten eingeladen wurden. GRAS FORDERT: Gleichstellung von ausländischen und österreichischen Studierenden! Weg mit dem Fremdenrechtspaket 2005! Her mit einer menschenfreundlichen Politik! Naaa??? Lust bekommen? Falls ja, freuen wir uns über deine Unterstützung. Denn selbst wenn du uns nur heimlich wählst, wir freuen uns unheimlich. Falls dir jedoch wählen alleine nicht genügt, kannst du gerne mal bei uns vorbeischauen. Du erreichst uns unter www.gras.at/graz oder unter unserer Mailadresse gras.graz@gmx.at www.gras.at/graz
44
Unigruppen
Graswurzel mai 07
PUFL-GRAS Innsbruck Gekommen um zu bleiben! Die PUFL-GRAS (Plattform unabhängiger Fachschaftslisten – Grüne & Alternative StudentInnen) ist seit den ÖH-Wahlen 2001 in der Exekutive der Universitätsvertretung an der Uni-Innsbruck vertreten und stellt auch im Moment den Vorsitz mit Maria Furtner, die auch Spitzenkandidatin der PUFL-GRAS für die Wahlen 2007 ist. Unser Ziel ist es, auch in der kommenden Exekutive wieder tatkräftig die ÖH und die Universität mitzugestalten. Mitgestalten statt Klappe halten ist unsere Devise bei der Arbeit in den Universitären Gremien wie
dem Senat und in der Vertretung der Interessen der Studierenden. Durch aktive und widerständige Vertretungsarbeit konnte und kann viel für die Studiererenden erreicht werden, so wurde etwa die geplante Abschaffung vieler Studienrichtungen durch das Rektorat Gantner verhindert und auch Rektor Gantner selbst könnte bald abgewählt werden. Gantner hinterläßt die Universität in jeder Hinsicht als Baustelle: Neben der Sanierung der maroden Gebäude wird der Neubau der Universitätsbibliothek den Studienbetrieb behindern und tausende Studierende dazu zwingen, durch die Stadt zu pendeln. Bei der
Umstellung sämtlicher Studienrichtungen auf die Bachelor-Master-Architektur (außer vorläufig Jus und den Lehramtsstudien) spielen die finanziellen Vorgaben des Rektorats noch eine wichtigere Rolle als Qualität und Inhalt der Curricula – es ist schon ein großer Erfolg, dass nun – dank Senat und ÖH – zumindest die Rechte der Studierenden berücksichtigt werden. Die Abschaffung der Studiengebühren für Studierende mit Behinderung, der Kampf gegen die illegalen und sinnlosen Zugangsbeschränkungen, die Verdreifachung der Zweckwidmung der Studienbeiträge, ÖH-Lernplätze
in der Mensa, Vertretung von Studierenden die mit Lehrenden, Studienabteilung oder Prüfungsreferaten Probleme haben und die Verhinderung der Absiedlung der Studienrichtungen Pädagogik und Psychologie an den Stadtrand konnten wir durch konstruktives Zusammenarbeiten, endlosen Gesprächsterminen, Aktionen und Proteste erreichen. Wenn du mehr Informationen oder bei uns mitmachen möchtest, schreib uns einfach eine e-mail an pufl@gras.at www.pufl-gras.at
bagru*GRAS*boku Wir - die bagru*GRAS*boku … sehen die Uni als unseren Lebensraum, wie unseren privaten wollen wir auch diesen kritisch und aktiv mitgestalten. Deshalb sind wir in der ÖH und als basisdemokratisch organsierte Gruppe auf „unserer BOKU“ aktiv. Doch nicht nur Unipolitik ist uns wichtig, wir legen einen großen Wert auf allgemeinpolitische Themen wie Ökologie, Kapitalismuskritik, Antirassismus, Migration und Gleichberechtigung. Schließlich sind Studierende ein Teil der Gesellschaft und die Uni soll ein Ort der Reflexion sein.
ma „Nachhaltigkeit“, da leider an unserer „Universität des Lebens“ in diesem Bereich mehr Schein als Sein regiert.
Wir- und unsere Erfolge Themen wie Ökostrom und biologisches Essen an der UNI, aber auch nachhaltige Bildung werden nach der Wahl ein wichtiges Anliegen der bagru*GRAS*boku sein. Neben einer kritischen ÖH, die sich auch zu allgemeinpolitischen Themen äußert, stehen wir für eine transparente und den Bedürfnissen der Studierenden verpflichtete ÖH, wie wir sie im letzen Jahr organisert haben. Wir - in der ÖH
Wir organisieren unter anderem Informations- und Diskussionsveranstaltungen, Filmvorführungen, Feste, und Fußballturniere. An der Boku beschäftigen wir uns zur Zeit am intensivsten mit dem The-
Einfluss auf die Entwicklungen an der Boku – Stichwort Tüwi und Tulln – nehmen wollten.
Seit Juni 2006 sind wir – vertreten durch Maggie und Ilja - im Vorsitz der ÖH-Boku. Hauptmotivation für die Kandidatur in den Vorsitz ÖH-Boku war, dass wir einen direkten
Gerade in diesen Fragen war die Situation Ende des Sommersemesters 2006 schwierig. Die Pläne des Rektorats sahen vor, dass mehr als ein Drittel der Lehrveranstaltungen in Tulln abgehalten werden sollte, sowie dass das Türkenwirtgebäude mit Anfang September 2006 gekündigt werden sollte..
All diese Vorhaben galt es über den Sommer zu verhindern. Eine gute, inneruniversitäre Vernetzung sowie Kompetenz und viel Verhandlungsgeschick ermöglichten, dass wir heute noch im Türkenwirtgebäude sitzen, dass TÜWI bleibt und Tulln noch immer nicht beschlossen ist.
Wir- und eine Linke Mehrheit Die bagru*GRAS*boku hatte als stimmstärkste Fraktion an der Boku das einzige BV Mandat inne und konnte somit eine linke Mehrheit auf bundesweiter Ebene sichern. Damals trennten uns nur wenige Stimmen von der Aktionsgemeinschaft, weshalb es umso wichtiger ist, dass du zur Wahl gehst, damit wir einerseits unsere Arbeit an der Boku fortsetzen können und andererseits auch auf Bundesebene eine kämpferische, progressive ÖH haben! Wir- und du Wir treffen uns mehrmals im Monat bei unseren Plena – wenn du Lust hast, schau einfach vorbei, die Termine findest du auf unserer Homepage - boku.gras.at boku@gras.at
Unigruppen
Graswurzel mai 07
45
GRAS Salzburg Mitgestalten statt Klappe halten! Damit Politik (wieder) wirkt! Die GRAS Salzburg zieht Bilanz nach 2 Jahren Opposition. Wer sich durch den fortgesetzten bildungs- und gesellschaftspolitischen Abstieg Österreichs in den letzten Jahre nicht hat entmutigen lassen, ist entweder verrückt oder bei den Grünen & Alternativen StudentInnen. Eventuell beides. Ja! Zu unserem Politikverständnis gehört jenes bestimmte Maß an „Jetzt erst recht!“, das andere gern als Naivität
abtun. Was uns antreibt, ist der Wille etwas zu verändern. In der Welt, in der wir leben, in den Menschen rund um uns und nicht zuletzt in der Universität, die unseren Alltag maßgeblich mitbestimmt. Die GRAS Salzburg als stimmenstärkste Fraktion an der Uni Salzburg (40% bei den ÖH-Wahlen 2005) ist auch mandatsstärkste in der Universitätsvertretung (5 von 11 Mandaten) und trotzdem seit 2005 in Opposition. Wir haben die Jahre vorher bewiesen, dass wir eine starke, laute und wirkungsvolle ÖH sein können! Wir haben es geschafft,
unsere Grundsätze auf die gegebenen ÖH-Strukturen zu übertragen, waren feministisch, solidarisch, nachhaltig und nicht zuletzt auch lustvoll und vieles andere mehr! Nach 2 Jahren GRAS in widerständiger Opposition wissen wir nun, wie die andere Seite ausschauen kann: Die vormals linke und lebendige ÖH unter GRAS-Exekutive hat sich in eine Servicestelle verwandelt. In der vom VSStÖ angeführten, unpolitischen Koalition mit der UNL und der LSF/ÖVP-AG wurde die ÖH seit 2005 bequem und anschmiegsam. „Geglänzt“
wurde meist nur durch Abwesenheit und durch Schweigen in den Universitätsgremien. So lautete das Motto der letzten 2 Jahre: Lieber durch Mainstream-Festlpolitik in die eigene Tasche wirtschaften, als durch bildungspolitische und gesellschafts(!)politische Arbeit die Wichtigkeit der ÖH zu unterstreichen. Nicht mit uns! Wir wollen wieder eine linke und lebendige ÖH! Wir wollen gelebten Feminismus und flache Strukturen! Wir wollen widerständig sein! salzburg@gras.at www.salzburg.gras.at
GRAS WU Wien Wir sind die GRAS-WU: GRAS steht für Grüne & Alternative StudentInnen und WU dann wohl für Wirtschaftsuni – der Universität, an der wir alle studieren und an der der Hauptteil unseres politischen Engagements stattfindet. Wer wir sind bzw. wofür wir stehen werden wir oft von Studierenden und anderen Interessierten gefragt. Ganz einfach ist das nicht zu beantworten, da wir eine offene Gruppe sind, an der recht unterschiedliche Menschen mit den vielfältigsten Ansichten mitmachen. Trotzdem wollen wir versuchen kurz zu umreißen, was uns verbindet und warum wir uns gemeinsam für eine andere WU einsetzen.
Wir alle waren unzufrieden als wir auf dieser Uni zu studieren begannen: mit den Strukturen der WU, mit der Organisation des Studium und der Lehrveranstaltungen und (zumindest teilweise) mit den Inhalten der Vorlesungen. Dabei kritisieren wir aber nicht nur verwaltungstechnische Missstände, wie den Mangel an SBWL Plätzen oder deren Vergabe-System, sondern treten auch für eine intensivere und subtilere Auseinandersetzung mit den Lehrinhalten ein. Denn auch ein WU Studium muss mehr bieten als das bloße Ankreuzen von MultipleChoice Fragen. Ein kritische und gemeinsame Diskussion des Vorlesungsstoffes sowie eine Einbeziehung von alternativen
ökonomischen Ansätzen ist wichtig und wird daher beständig von uns eingefordert. Wir wollen allerdings nicht nur auf der WU etwas bewegen, sondern stellen auch viele gesellschaftliche Realitäten in Frage bzw. thematisieren soziale Missstände. Dabei beschränken wir uns außerdem nicht nur auf die Diskussion dieser Fragen, sondern organisieren auch Diskussionsveranstaltungen, Ausstellungen, Lesekreise oder andere Aktionen zum Thema. Gleichzeitig kämpfen wir aber auch für den Ausbau der stundentischen Mitbestimmung an der WU. Denn – diese Uni ist unser Lebensraum, den wir aktiv mitgestalten wollen! Aus diesem
Grund engagieren wir uns auch im Rahmen der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) und versuchen merkbar in ihren Gremien mitzuarbeiten. Bei der letzten ÖH-Wahl vor zwei Jahren haben wir an der WU knapp 18% der Stimmen erhalten, was uns die Ausübung von 3 der 15 Universitätsvertretungsmandate ermöglicht hat. Damit stellen wir zwar nach wie vor die Opposition der ÖH WU, allerdings könnte dies ja bald geändert werden… Wenn du auch mitmachen möchtest schreib uns einfach eine e-mail an wu-info@gras.at wu-wien.gras.at
46
Graswurzel mai 07
Unigruppen
GRAS Klagenfurt Alternativen in einer Stadt ohne Alternativen Alternativen zu PKW´s? Alternative Abendgestaltung, Alernative Kultur? Alternatives Bildungsangebot? Breite Meinungsbildung? In Klagenfurt leider „Nein“! Von Seiten der Landes- und Stadtpolitik ist es anscheinend von gewichtigem Interesse, jegliche Strömungen und Initiativen die nicht dem „Jörgschen Ideal“ entsprechen nieder zu halten bzw. möglichst ganz zu verhindern. Alternative Zentren werden vesperrt, Möglichkeiten zum kritischen Diskurs
weitgehend verhindert. Wir Grünen & Alternativen StudentInnen setzen uns daher dafür ein, einen möglichst breiten Diskurs in allen Bereichen unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Die Veranstaltung von Vorträgen und Diskussionen zu den verschiedensten Themengebieten gehört daher ebenso zu unseren Tätigkeiten wie unsere Arbeit in den diversen Gremien wo wir uns mit unseren Anliegen einbringen. Doch die Beschränkung von Individualismus und Vielfalt macht auch vor den Hörsälen der Uni-klu nicht halt. Kleinere
Studienrichtungen sollen „ausgehungert“ werden, das vorhandene Geld wird weitgehend in „wirtschaftlich interessante“ Bildungszweige gesteckt. Wir fordern das Rektorat der Uni-klu entschieden auf, weiterhin ein breites Bildungsangebot in Klagenfurt zu bewahren anstatt die Uni zu einer Ausbildungsmaschinerie von Großkonzernen verkommen zu lassen. Universitäre Bildung zeichnet sich unter anderem durch die individuelle Gestaltung des Studiums durch die Studierenden selbst aus. Durch den Einfluss aus der Wirtschaft schrumpft dieser wichtige Freiraum nahezu auf Null.
Die GRAS Klagenfurt wird sich daher weiterhin für ein weites – alternatives – Feld von Angeboten bezüglich Bildung, Kunst, Gleichbehandlung… aber auch in Belangen des öffentlichen Verkehrs oder der Energiepolitik einsetzen und für eine nachhaltige, grün-alternative Gesellschaft kämpfen. Wenn du uns dabei helfen willst oder uns sonst etwas mitteilen möchtest sende uns eine E-mail an
an alle andere MigrantInnen, sofern diese überhaupt eine Arbeitserlaubnis erhalten.
muss immerwieder direkt und offen angesprochen werden.
gras.kaernten@gruene.at www.gras.at/klagenfurt
GRAS TU Wien Die GRAS-TU trat erstmals 2005 zu den ÖH-Wahlen an und hält seither drei Mandate in der Universitätsvertretung der HTU. Obwohl alle StudentInnen dazu verpflichtet sind, Studiengebühren zu zahlen, haben wir nur eingeschränktes oder gar kein Mitbestimmungsrecht bei vielen Entscheidungen der Universitätsleitung. Wir fordern daher mehr Informationsveranstaltungen und offene Entscheidungsprozesse, in die alle StudentInnen miteinbezogen werden. Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre eine Aufwertung der Studierendenvertretung in den wesentlichen Gremien der Universität (beispielsweise dem Senat) oder die Einberufung einer HörerInnenversammlung wenn gravierenden Entscheidungen der Universität gefällt werden müssen. Der Frauenanteil an der TU Wien ist verschwindent gering. So liegt beispielsweise der Anteil
an Studentinnen bei 23%-25% und bei Professorinnen nur knapp über 6%. Unsere Universität darf keine männerdominierte Institution bleiben. Um das zu erreichen sind spezielle Frauenermunterungsprogramme nötig, die bereits Teil der schulischen Ausbildung sein sollten. Die Gleichstellung von Frauen in höheren Unisphären ist längst überfallig. MigrantInnen muss der Zugang zu österreichischen Universitäten erleichtert werden. Obwohl es ein EU-weites Antidiskriminierungsgesetz gibt müssen StudentInnen, die nicht aus dem Europäischem Wirtschaftsraum kommen, doppelete Studiengebühren zahlen und sind dazu verpflichtet jährlich bis zu 8.000,- auf ihrem Konto nachzuweisen. Der Verdienst dieser Unsumme wird zusätzlich durch eine AMS-Regelung erschwert, die Jobs in erster Linie an österreichische Staatsbürger und bereits niedergelassene AusländerInnen vergibt, und dann erst
Der Erfolg der Technik war immer durch Einflüsse verschiedenster Kulturkreise aus aller Welt geprägt - das soll und muss auch in Zukunft so bleiben. Wir fordern daher die sofortige Gleichberechtigung von ausländischen und inländischen Studierenden sowie das allgemeine passive Wahlrecht für alle StudentInnen Österreichs. Die ÖH-Bundesvertretung ist das Sprachrohr aller Studierenden Österreichs gegenüber dem Bildungsministerium und anderen Interessensgruppen. Die Rückkehr zum direken Wahlrecht ist dringend notwendig um den StudentInnen wieder mehr Mitspracherecht in universitären Belangen zu geben. Auch nach Abwahl der schwarzblauen Regierung ist es zu keiner Verbesserung für Studierende gekommen. Dieser Missstand
Neben den zetralen Themen der GRAS ist es uns ein Anliegen, dass alle Studierenden die Wichtigkeit der ÖH erkennen. Auch wenn versucht wird, die ÖH stetig zu entmachten, beteiligt sie sich aktiv in allen Gremien in die sie eingebunden wird um die Studienbedingungen im Sinne der StudentInnen zu verbessern. Wir, die StudentInnen haben das Recht zu entscheiden wie die StudentInnenvertretungen zusammengesetz sein sollen - und dieses Recht sollte unbedingt wahrgenommen werden. Wenn du selber bei der GRASTU mitarbeiten und mitbestimmen willst, melde dich einfach unter tuwien@gras.at tuwien.gras.at
Graswurzel mai 07
Unigruppen
47
GRAS-Med Innsbruck Um eine effektive und schlagkräftige Studierendenvertretung an der Medizinischen Universität zu gewährleisten ist es notwendig das derzeitige AG Monopol endlich zu brechen! Die Studierendenvertretung muss dringend bunter und endlich basisdemokratisch werden. Nur wenn alle zusammenhalten, wenn die ÖH zur lebendigen Anlaufstelle für Ideen, Probleme und Meinungen wird, ist es möglich, die Interessen der Studierenden effektiv zu vertreten und umzusetzen. Die GRAS Med versteht sich vor allen Dingen als „Plattform für Meinungen und Ideen“, wir versuchen deshalb hier
auch bewusst parteipolitische Einstellungen – die in diesem Fall höchstens hinderlich sind - auszuklammern. Alle, die gute Ideen mitbringen und an unseren Themen interessiert sind, sind jederzeit eingeladen sich über unsere Gruppe aktiv zu engagieren und am demokratischen Prozess an unserer Universität mitzuwirken. Bildung ist sehr wertvoll– gerade auf unserer Universität ist es enorm wichtig, den Lehrbetrieb ständig zu optimieren und an einer möglichst guten Zusammenarbeit zwischen der Lehre und den Studierenden zu arbeiten.
Wir als große Gruppe der Studierenden haben hier die Möglichkeit und gleichzeitig aber auch die Pflicht uns hierbei entscheidend zu beteiligen. An der Medizinischen Universität Innsbruck werden Studierende zu ÄrztInnen ausgebildet, die später in Summe einen nicht zu vernachlässigenden Teil des österreichischen Gesundheitssystems repräsentieren und mitgestalten werden. Gesundheit ist für eine funktionierende Gesellschaft ein ganz zentrales Thema. Nicht zuletzt deshalb müssen wir auf unserer Universität die Ausbildung der Studierenden auch endlich zum zentralen Thema machen!
Wir wollen • keine «BittstellerInnen» mehr sein, wenn es um unsere Rechte geht! • endlich einen flexibleren und modernisierten Studienplan • mehr Geld für die Lehre mehr internationale Zusammenarbeit in der Ausbildung Wir setzen uns ein für bessere Kommunikation zwischen Studierenden und Universitätsleitung, für mehr Mitgestaltungsrecht für Studierende, für eine basisdemokratische und schlagkräftige Studierendenvertretung Wenn du auch mitmachen willst schreib einfach eine email an med-ibk@gras.at med-ibk.gras.at
Kunstrasen - Musikuni Wien Kunstrasen – schwerverdaulich, kritisch, grün Bei den diesjährigen ÖH-Wahlen wird an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien erstmals eine Liste der GRAS zur Wahl antreten. Wir heißen Kunstrasen und stehen für eine kritische und alternative StudentInnenpolitik, die sich besonders nach den Bedürfnissen und Besonderheiten einer Kunst- und Musikuniversität richtet. Während das Service, den die hmdw bisher geleistet hat, enorm wichtig ist und unbedingt fortgeführt und ausgebaut werden soll, ist es uns ein besonderes Anliegen bildungs- und gesellschaftspolitische Themen zu thematisieren. Die HochschülerInnenschaft soll wieder eine starke Interessensvertretung
der Studierenden werden, deren Aufgaben und Möglichkeiten viel weit reichender sind als Inskribtions- und Stipendienberatungen. Die inhaltlichen Schwerpunkte des Kunstrasens sind folgende: Freier Hochschulzugang. Die Studiengebühren gehören abgeschafft. Gerade an der Musikuniversität Wien ist der sozial selektive Charakter der Studiengebühren nicht von der Hand zu weisen. Um somit Menschen aller Gesellschaftsschichten eine hochwertige künstlerische und wissenschaftliche Ausbildung zu ermöglichen müssen die Studiengebühren weg. Auch wenn Aufnahmsprüfungen zur Feststellung der „künstlerischen Eignung“ an der Musikuni notwendig sind, so gibt es doch andere Gefahrenquellen, die
den freien Hochschulzugang gefährden. Die Einführung der Aufnahmeprüfung zum MasterStudium beispielsweise stellt eine weitere Hürde im Studium und eine inakzeptable Selektionsmaßnahme dar. Freiräume für Studierende. Um kreativ sein zu können brauchen wir Freiräume verschiedenster Art. Von Konzertmöglichkeiten jeglicher Art, um neue kulturelle Ufer zu erforschen bis hin zu ausreichend ausgestatteten Übe- und Proberäumen fehlt es an unserer Universität, die schließlich die neue kulturprägende Generation von morgen hervorbringen möchte. Ohne Freiräume ist das nicht möglich. Gleiche Rechte jetzt! Ob nun diskriminierende Gesetze für
ausländische Studierende (Fremdenrechtspaket 2005, passives Wahlrecht, doppelte Studiengebühren etc.), oberflächliche Frauenpolitik oder strukturelle Gewalt im alltäglichen Leben gegenüber Frauen und homo/trans-/bisexueller Menschen - wir schauen nicht weg und schweigen nicht. Eine aktive Feminismuspolitik ist uns ebenso wichtig, wie das Aufzeigen von Intoleranz und Vorurteilen. Wenn auch du mitmachen möchtest schreib uns eine email an kunstrasen@gras.at kunstrasen.gras.at
48
ÖH-Wahl
Graswurzel mai 07
Ich mach mir die Welt wie sie mir gefällt... Vom 22.-24. Mai hast du die Wahl über die politische Ausrichtung deiner HochschülerInnenschaft! Wer dich als StudentIn gegenüber der Regierung vertritt, wer sich für dich in unipolitischen, sozialen und rechtlichen Belangen einsetzt, liegt in deiner Hand! Für mehr Frei- und Lebensraum auf der Uni; gegen Diskriminierung und soziale, fremdenfeindliche und willkürliche Selektion! Mehr Informationen zur Wahl findest du unter www.wahl07.at
Probier mal GRAS an 13 Universitäten in Österreich: • Universität Wien
• Universität für Bodenkultur
• Universität Graz
• Wirtschaftsuniversität Wien
• Universität Klagenfurt
• Technische Universität Wien
• Universität Salzburg
• Technische Universität Graz
• Universität Innsbruck
• Medizinische Universität Graz
• Universität Linz
• Medizinische Universität Innsbruck
• Musikuniversität Wien (Kunstrasen)
GRAS
Grüne & Alternative StudentInnen