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Periodicum der jus.gras
Ausgabe März 2009
Zusammen leben - zusammen wählen! Bei den ÖH-Wahlen dürfen alle Studierenden ihre Vertretung wählen, sowohl die österreichischen als auch die mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft. Das wird als normal und völlig gerecht empfunden: Schließlich zahlen sie auch Studiengebühren und ÖH-Beitrag, sind genauso Studierende wie alle anderen und werden von der ÖH vertreten. Auf staatlicher Ebene ist das anders: Bei den Nationalratsund Landtagswahlen, sowie bei den Wahlen zum/zur BundespräsidentIn dürfen nur österreichische StaatsbürgerInnen über 16 wählen, sofern sie nicht wegen einer Vorsatztat zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurden. Demokratie bedeutet aber: „Herrschaft durch das Volk“.
FeministIn ist, wer sich für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ausspricht. Das tun sehr viele Menschen, gibt es doch heute kaum noch Personen, die offen gegen eine Gleichstellung von Frauen sind. Dennoch wird Feminismus von manchen als Diskriminierung von Männern empfunden. „Feminismus ist böse. Feministinnen sind Männerhasserinnen. Und dieses ständige „geschlechtergerechte“ Formulieren nervt nur, macht Texte unleserlich und lenkt vom Thema ab. Außerdem ist es völlig überflüssig und bringt nichts. Und wusstet ihr schon, dass alle FeministInnen kleine Buben in Frauenkleider stecken wollen und die armen Männer unterdrücken und diskriminieren wollen?“ Was haben alle diese Aussagen gemeinsam? Sie sind Blödsinn. Feminismus ist nicht „böse“. Im Gegenteil, diese Bewegung ist notwendig um die auch im Jahr 2009 noch immer gegenwärtige und andauernde Diskriminierung von Frauen zu beenden. Auch das geschlechtergerechte Formulieren und
Die Menschen sollen selbst ihre Gesetze und Regeln bestimmen, an die sich dann alle halten. Das passiert bei uns, indem ein Nationalrat/Landtag gewählt wird, der unsere Gesetze beschließt. Wichtig bei der Aufstellung von Regeln, an die sich alle halten sollen, ist dass auch alle die Möglichkeit haben müssen mitzubestimmen, wenn sie davon betroffen sind. Menschen mit nicht-österreichischer StaatsbürgerInnenschaft, die hier arbeiten, zahlen Steuern, Sozialversicherungsbeitrag und sind genauso von den Gesetzen betroffen, die hier beschlossen werden. Dennoch wird ihnen verweigert mitzubestimmen, mit der Begründung, dass sie keine StaatsbürgerInnen sind. Noch dazu kommt, dass die österreichische StaatsbürgerInnenschaft meist erst nach sehr langer Wartezeit verliehen wird.
Liegen keine besonderen Gründe vor (nicht alle sind berühmte OpernsängerInnen oder talentierte SportlerInnen), kann man erst nach 10 Jahren rechtmäßigen Aufenthalts in Österreich um die StaatsbürgerInnenschaft ansuchen - eine Zeit, in der die Betroffenen kein Recht auf demokratische Mitbestimmung haben. Darüber hinaus führt das StaatsbürgerInnenschaftsprinzip dazu, dass „AuslandsösterreicherInnen“, die mitunter seit Jahren im Wir fordern Mitbestimmung für alle! Ausland leben, und die österrei- diesem Land vielleicht schon chische Politik und Legislative mehr verbunden fühlen und benur mehr am Rande mitbekom- troffen sind von den Gesetzen, men, wählen können. Menschen, die hier beschlossen werden, die hingegen hier leben, sich dürfen nicht wählen. Ist das De-
„Innen“ nervt!
dessen bekanntesten Merkmal, das „Binnen-I“ sind keine unnötigen Instrumente von männerhassenden Amazonen. Die Bestrebung, Frauen in der Sprache sichtbar zu machen und dadurch ein Bewusstsein zu schaffen ist wichtig, da die Sprache das wichtigste Mittel der Kommunikation darstellt. Sprache schafft Bewusstsein. Nachgewiesen wurde dies beispielsweise im Jahr 2001 an der Universität Mannheim. Dort wurden männlichen und weiblichen Testpersonen verschiedene Fragebögen vorgelegt. Eine Version fragte gezielt nach den liebsten Romanhelden, liebsten Musikern, etc. Eine andere Version verwendete das Binnen-I und fragte so nach den liebsten RomanheldInnen und liebsten MusikerInnen. Wenig überraschend wurden beim ersten Fragebogen fast ausschließlich männliche Helden und Musiker genannt. Beim zweiten Fragebogen war die Nen-
nung deutlich differenzierter, die Testpersonen hatten sowohl Frauen als auch Männer genannt. In diesem und vielen weiteren Versuchen wurde belegt, wie stark die Sprache unser Denken beeinflusst. Texte, die im generischen Maskulin geschrieben werden, also in dem von „den Studenten“, „den Politikern“, „den Verbrechern“, etc. die Rede ist, denken die meisten Menschen ausschließlich an Männer. Wird eine geschlechtergerechte Schreibweise verwendet, so denken die Menschen bewusst an Frauen und Männer. Auch führt die Verwendung des Binnen-I zu einem bewussten Überdenken der eigenen Sprache. Die Sprache ist ein mächtiges
Werkzeug. Es ist völlig normal, bestimmte, als besonders verletzend empfundene Wörter nicht mehr zu verwenden. Warum also nicht auch bewusst im eigenen Sprachgebrauch die Diskriminierung von Frauen abbauen? Feminismus befasst sich allerdings nicht nur mit der Sprache, die im Alltag verwendet wird. Vielmehr geht es darum, die gesellschaftliche Position von Frauen zu verbessern und auf den gleichen Stand zu bringen wie den der Männer. Damit sind rechtliche genauso wie wirtschaftliche und private Gleichstellung gemeint. Abgesehen von der rechtlichen Gleichstellung von Frauen, die bis heute nicht existiert (siehe etwa im Familienrecht), geht es auch um die faktische Gleichberechtigung. Noch im Jahr 2009 verdienen Frauen durchschnittlich 40% weniger als Männer. Nur ein Bruchteil der Väter nimmt Karenzurlaub in Anspruch, es ist üblich dass die Frauen zu Hause bleiben und auf die Kinder aufpassen und den
mokratie? Ist das gerecht? Eine Lockerung des StaatsbürgerInnenprinzips gibt es auf Gemeindeebene. Hier haben EU-BürgerInnen das aktive und passive Wahlrecht. In Wien wurde 2002 überdies das AusländerInnenwahlrecht auf Bezirksebene eingeführt. Dieses wurde aber nach einer Beschwerde von ÖVP und FPÖ vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben. Es entspricht dem demokratischen Grundgedanken, dass alle, die von einer Entscheidung betroffen sind, auch daran teilnehmen können. Diesem Gedanken widerspricht das derzeit geltende StaatsbürgerInnenschaftsprinzip. Gleiche Pflichten müssen mit gleichen Rechten einhergehen. Mitbestimmung muss für alle möglich sein! JS Bild © Gerd Altmann/ Pixelio
Haushalt führen. Dass Österreich noch immer weit davon entfernt ist, Frauen im Beruf und Ausbildung die gleichen Chancen zu bieten, zeigen auch jüngste Ereignisse. Seit Mitte Jänner 2009 gibt es an den 21 Universitäten Österreichs ausschließlich Männer als Rektoren. Und auch die obersten Gremien der Universitäten sind mit einem Frauenanteil im einstelligen Prozentbereich nicht gerade ausgeglichen besetzt. Um dies zu lösen, ist als erster Schritt vor allem eine Quotenregelung notwendig. Bewusst Frauen dabei zu unterstützen, in höhere Gremien zu kommen („positive Diskriminierung“) ist keine Lösung des Problems, aber ein wichtiger Schritt. Die Quotenregelung hat die Aufgabe sich selbst nach einigen Jahren überflüssig zu machen. Die GRAS setzt sich seit ihrer Gründung für eine gezielte Förderung von Frauen und die Bekämpfung von Sexismus ein. Wir fordern mehr Frauen in oberen Universitätsgremien und in der ProfessorInnenkurie! GS
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