Grün Aktiv 1/2019

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Österreichische Post AG Info.Mail Entgelt bezahlt

An einen Haushalt

grün❯❯aktiv 1/2019

Foto © Dieter Achter

Grünes Magazin für die Stadtgemeinde Wolkersdorf

Gedanken einer Jubilarin vor den anstehenden Feierlichkeiten 8

LIEBES TAGEBUCH, ...

Eine wahre Geschichte

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VERKEHRSPOLITIK

Obersdorf kommt unter die Räder

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YES, VEGAN!

Gesundheit, Klimapolitik, Tierschutz

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KLIMASCHUTZ

Ausstieg aus fossilen Energieträgern


❯❯ EDITORIAL / 50 JAHRE WOLKERSDORF

Editorial CHRISTIAN SCHREFEL Obmann der WUI

© Thomas Falch

christian.schrefel@gruene.at Mobil: +43 699 10107493

/wuidiegruenen

Sie halten mit dieser Ausgabe ein Resümee der letzten vier Jahre Arbeit für Wolkersdorf und gleichzeitig auch ein Journal über Themen, die uns als WUI bewegen, sowie einen Gastartikel von Herbert Unger zur Verkehrssituation in Obersdorf in Händen. Die WUI trägt nun bereits seit 1995 im Gemeinderat zur lebenswerten und umweltverträglichen Entwicklung in Wolkersdorf bei: ◼ ◼ ◼ ◼ ◼ ◼ ◼

von der Windenergie bis zum Klimabündnis vom Bodenbündnis bis zum Miteinander in herausfordernden Zeiten von der Kanufahrt bis zur Öffnung des Schlosses für Alle vom Einsatz für echte Bürgerbeteiligung bis zum achtsamen Blick auf das Gemeindebudget vom Radtriathlon bis zu neuen Radwegen und Brücken vom Lindenfest in Obersdorf bis zum Bio-Pflanzenmarkt vom Energie- und Klimaleitbild bis zum E-Carsharing von der Jugendarbeit bis zum ökologischen Bauen und Wohnen

Da dieses gemeinsame Gestalten unserer Stadt in der aktuellen Gemeinderatsperiode immer weniger im Suchen der besten Ideen, sowie nahezu nie in Form von ergebnisoffenen Prozessen geschah, haben wir uns nach ausführlichem Abwägen für vorzeitige Neuwahlen entschieden. Zur Neuwahl und den Themen, für welche die WUI steht, werden wir Sie bis zum Wahltermin am 24. März 2019 noch ausführlich informieren. Der Gemeinderat wird für dann für eine 6 Jahres-Periode gewählt und wesentliche Weichenstellungen für Wolkersdorf vornehmen. Deshalb auch die Einladung an Sie, uns Themen, die Ihnen im Wahlprogramm oder in der Umsetzung bis 2025 wichtig sind, in den nächsten Wochen mitzuteilen. Gerne laden wir Interessierte auch zu unserem Jour Fixe am Montag den 11. Februar 2019 und Montag den 11. März 2019 ab 19 Uhr im WUI-Büro, in der Hauptstraße 17 in Wolkersdorf ein. Herzliche Grüße Christian Schrefel WUI Obmann

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vor den anstehenden Feierlichkeiten

www.wui-diegruenen.at

Liebe Leserin! Lieber Leser!

Gedanken einer Jubilarin Auch wenn ich zu Beginn des 12. Jahrhunderts erstmals urkundlich erwähnt wurde, bin ich mit 50 Jahren als Stadt noch sehr jung. Jedenfalls ist so ein runder Geburtstag eine gute Gelegenheit, das bisher Gelungene Revue passieren zu lassen und sich damit zu beschäftigen, was ich noch erreichen möchte. Vor bald 50 Jahren – am 22. Juni 1969 – wurde ich zur Stadt erhoben. War das ein rauschendes Fest! Rund um diese Zeit (1967 bis 1972) wurden die umliegenden (Markt-) Gemeinden (Münichsthal, Obersdorf, Pfösing, Riedenthal) eingegliedert und sind seither Teil von mir. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass wir künftig gemeinsam die Anforderungen an eine Kleinstadt in der Nähe der großen Bundeshauptstadt in Angriff nehmen würden. Schade nur, dass noch immer manche unserer BewohnerInnen eine Konkurrenzbeziehung zwischen uns herbeireden wollen, oder – noch trauriger – diese sogar sehen. Wie schön wäre es, wenn wir nicht nur meine Stadterhebung, sondern auch unser Zusammensein feiern könnten! Im Jahr 1978 wurde durch die Niederösterreichische Landesregierung auf meinem Gebiet das Industriezentrum NÖ-Nord/Wolkersdorf gegründet. Auch namhafte und große Betriebe haben dort ihre Niederlassung. Mittlerweile habe ich einen ecoplus Wirtschaftspark und im Dezember 2018 siedelte sich der 100. Betrieb an. Leider ist mein Zentrum nicht ganz so belebt, wie ich es gerne hätte. Es gibt viele gute Initiativen, Ideen und großartige Geschäfte. Schade, dass trotzdem noch immer Geschäftslokale leer stehen. Vielleicht würde eine Verkehrsberuhigung oder Begegnungszone im Zentrum dabei unterstützen, dass mehr Menschen bei mir einkaufen und sich noch mehr Geschäfte ansiedeln? Wirklich stolz bin ich auf meine Sport- und Freizeiteinrichtungen. Ich habe nicht nur ein schönes Naherholungsgebiet, sondern auch ein vielfältiges Sportprogramm, im Winter einen Eislaufplatz, im Sommer ein Freibad, eine Musikschule, eine Bibliothek, verschiedene Kreativakademien und diverse Kulturveranstaltungen zu bieten. Darüber hinaus gibt es viele Vereine, in denen sich meine EinwohnerInnen engagieren können.


❯❯ 50 JAHRE WOLKERSDORF ❯❯ BILDUNG

Auch mein Jugendzentrum ist über die Stadtgrenzen hinaus für sein Angebot bekannt – vor allem für musikbegeisterte Jugendliche. Es liegt zwar nun nicht mehr ganz zentral, aber bald wird es auch für jüngere, noch schulpflichtige Jugendliche im Zentrum ein passendes Angebot geben. Derzeit wird gerade erhoben, was sie sich wünschen und brauchen. Zu meinen großen Vorzügen zählt, dass ich nicht nur mit dem Auto – ich liege direkt an der Nordautobahn – sondern auch mit der Bahn und dem Bus gut erreichbar bin. Dadurch biete ich meinen EinwohnerInnen gute Verbindungen mit dem Bezirk und auch der Bundeshauptstadt, sowohl was das Pendeln zur Arbeit aber auch die Nutzung von kulturellen und anderen Freizeitangeboten betrifft. Schön wäre es, wenn es noch mehr Zugver-

bindungen am Morgen und in der Nacht gäbe und eine bessere (Bus-)Verbindung zum nahe gelegenen Einkaufszentrum. Außerdem wäre auch eine bessere öffentliche Anbindung der Katastralgemeinden von Vorteil, so dass noch mehr Menschen umweltfreundlich mobil sein könnten. Mit dem Wolkimobil gibt es hier auch schon ein attraktives Angebot. Gut gefällt mir auch das Angebot des E-Carsharing und es würde mich freuen, wenn es mehr genutzt und weiter ausgebaut wird.

Seit meiner Stadterhebung ist die Bevölkerung ordentlich gewachsen. So hatten 1988 5.397 Personen bei mir ihren Hauptwohnsitz und 2018 schon 7.222 Personen! Damit das möglich ist, werden immer wieder neue Häuser und Wohnungen gebaut. Die Zahl der Haushalte ist von 2.008 im Jahr 1990 auf 3.087 im Jahr 2018 gestiegen.

Schade, dass seit 2003 auch 1.173 junge Erwachsene weggezogen sind. Nur 252 von ihnen sind zurückgekommen. Ich befürchte, dass das auch mit den steigenden Kosten der Mieten und Grundstücke in meinem Gemeindegebiet zusammenhängt. Ich würde mir wünschen, dass niemand mich verlassen muss, weil er oder sie sich das Wohnen in mir nicht leisten kann. Es wäre so fein, wenn hier neue, leistbare Wohnprojekte entstehen würden. Stolz bin ich darauf, dass entschieden wurde, dass zukünftig bei allen großvolumigen Neubauten der Goldstandard des Klima- und Energiefonds eingehalten werden muss. Ein großes Plus sind auch die Nahwärme, die es ermöglicht viele Haushalte umweltfreundlich – weil erdgasfrei – zu heizen und die zunehmende Nutzung der Windenergie. Sehr zufrieden bin ich mit meinem Status als Klimabündnis- und Bodenbündnisgemeinde. Klimaschutz und Energieautarkie sind mir auch für die Zukunft wichtige Anliegen. Da – wie oben beschrieben – die Menschen, die gerne in mir wohnen mehr geworden sind und meine Bevölkerung auch weiterhin wachsen wird, benötigte ich mehr Kindergartenplätze und Schulplätze. Kindergärten und Kleinstkinderbetreuung wurden vergrößert und der nächste Kindergartenbau steht schon an. Derzeit wird auch die Volksschule umgebaut, um künftig mehr Klassen Platz zu bieten. Schade, dass es nun doch kein Holzbau geworden ist. Ich habe auch ein Gymnasium, das ebenfalls schon aus allen Nähten platzt, weil viele Kinder – auch aus der weiteren Umgebung – dort lernen wollen. Leider ist der Druck auf die Volksschulkinder enorm, wenn sie das Gymnasium besuchen wollen und noch immer wird manchen von ihnen vermittelt, dass sie eben nicht gut genug sind, wenn sie den nötigen Notenschnitt nicht erreichen. Dabei habe ich doch auch zwei gute Mittelschulen.

wohnen können, trotzdem in der ihnen vertrauten Gemeinde bleiben und die nötige Betreuung und Unterstützung finden. Darüber hinaus wird es aber in Zukunft auch Angebote für Menschen brauchen, die zwar schon Unterstützung, aber noch keinen Pflegeplatz benötigen. Durch die hohen Lebenshaltungskosten ist es oft nötig, dass auch in Familien Mann und Frau berufstätig sind. 2016 waren 73% meiner EinwohnerInnen zwischen 15 und 64 Jahren erwerbstätig. Es freut mich sehr, dass es unter meinen EinwohnerInnen viel Gemeinschaftsgeist, Nachbarschaftshilfe und Zusammenhalt gibt. Allerdings betrübt es mich immer wieder, wenn mir auffällt, dass Menschen Sorge haben ausgegrenzt zu werden oder dies sogar passiert. Immer wieder erlebe ich, dass jemand seine Meinung lieber nicht kundtut, weil er Angst hat, dass er dann Nachteile bei seinen persönlichen Anliegen an die Gemeinde zu erwarten hat. Ich wünsche mir, eine offene, moderne Gemeinde zu sein, in der jede/r ein bisschen anders sein darf bzw. unterschiedliche Lebensentwürfe und -vorstellungen bestehen dürfen und als Bereicherung erlebt werden. Alles in Allem habe ich auch in den vergangenen Jahren schon viel erreicht, mit dem ich zufrieden sein kann.

Im Interesse meiner Bevölkerung will ich mich aber gern weiterentwickeln und freue mich schon darauf, die oben genannten Entwicklungspotentiale in Angriff zu nehmen!

Ich würde mir wünschen, dass jedes Kind die passende Schule besuchen und dort entspre-

Die meisten Menschen zogen aus Wien hierher. Umgekehrt sind auch die meisten Menschen, die von mir weggezogen sind, nach Wien übersiedelt.

chend gefördert werden kann, ohne das Gefühl zu haben „besser“ oder „schlechter“ als andere zu sein, da für mich und meine weitere Entwicklung alle Fähigkeiten wichtig und wertvoll sind. Besonders freut es mich, dass es eine Montessorischule gibt! Und stolz bin ich auch auf mein Sonderpädagogisches Zentrum. Schade nur, dass die räumlichen Möglichkeiten so eng sind.

Quellen: www.wolkersdorf.at/Wolkersdorf/Statistische_Daten www.wolkersdorf.at/Wolkersdorf/Historische_Daten www.addendum.org; www.statistik-austria.at https://de.wikipedia.org/wiki/Wolkersdorf_im_Weinviertel

Eine Einrichtung, die mir ebenfalls besonders wichtig ist, ist das Landespflegeheim. Durch dieses ist es möglich, dass Menschen, die auf Grund ihres Pflegebedarfs nicht mehr allein

© Thomas Falch

Auch für Feste und Veranstaltungen gibt es in den einzelnen Katastralgemeinden passende Räumlichkeiten: Dorfhäuser, einen Kultursaal in Obersdorf, sogar ein Schloss und das Pfarrzentrum in Wolkersdorf. Schade finde ich, dass die bisher bewährte gemeinsame Nutzung des Pfarrzentrums von der Stadtgemeinde offenbar nicht weiter gewünscht war.

MAG. (FH) BARBARA RADER barbara.rader1@gmail.com Clubsprecherin der WUI Diplomsozialarbeiterin

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❯❯ DIE GEMEINDERATSPERIODE

Kleine

Statistik der vergangenen Gemeinderatsperiode

Es fanden

33

Sitzungen des Gemeinderates statt.

>

In diesen Sitzungen wurden

751

Beschlüsse gefasst, davon

44 Beschlüsse in nicht öffentlicher Sitzung.

> Von den

707 Beschlüssen in öffentlicher Sitzung wurden

363

einstimmig entschieden (also mehr als die Hälfte).

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❯❯ DIE GEMEINDERATSPERIODE

112 Anträge

Mandatsverzichte

wurden von der WUI allein oder gemeinsam mit anderen Fraktionen eingebracht, davon wurden

und

89 Anträge

während der vergangenen Periode:

Veränderungen

mit Stimmmehrheit abgelehnt. (zumeist Liste Steindl und SPÖ)

Stadtrat und Klubobmann

12 Anträge wurden nicht abgestimmt, da zuvor ein Gegenantrag der Liste Steindl gemeinsam mit der SPÖ angenommen wurde.

richard rötzer (Liste Steindl)

Gemeinderätin

iris Strobl

11 Anträge

(MIT:uns)

der WUI fanden Zustimmung im Gemeinderat (siehe auch „Was haben wir erreicht“)

Gemeinderat und Vorsitzender des Raumordnungsausschusses

Jürgen Maier (Liste Steindl)

Gemeinderätin

Veronika Strobel (Liste Steindl)

Gemeinderat

Dominik Litzka (Liste Steindl)

Wer sich für

Details interessiert, kann auf unserer Website die Berichte aus den Sitzungen unter Aktuelles nachlesen.

WWW.Wui-Diegruenen.At

wurde von seiner Fraktion als Stadtrat und aus allen Ausschüssen abberufen, verblieb jedoch als Gemeinderat.

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❯❯ DIE GEMEINDERATSPERIODE

... dass sich die Stadtgemeinde Wolkersdorf zur Wahrnehmung ihrer sozialen Aufgaben und zur Aufnahme von Flüchtlingen im Gemeindegebiet bekennt. ... dass eine Volksbefragung zum „Platz der generationen“ durchgeführt wurde. Eine gemeinsame Abstimmungsbroschüre und die Verbindlichkeit wurden leider von ÖVP und SPÖ abgelehnt.

Was wir in der vergangenen Gemeinderatsperiode

erreicht haben.

... dass wegen der neuen Bauten mit der Wohnbaugenossenschaft Kamptal Gespräche geführt und ein wesentlich besserer ökologischer Standard für diese Bauten erreicht wurde. ... dass die Einnahmen und Ausgaben der Stadtgemeinde bezüglich des tOP Wochenmarktes jährlich zu evaluieren und im Finanzausschuss zu berichten sind. ... dass das vorläufige Konzept des Jugendzentrums Outback mit den Jugendlichen und dem zuständigen Ausschuss nochmals überarbeitet wurde. ... dass die Stadtgemeinde sich bei allen großvolumigen neubauten zur einhaltung des goldstandards des Klima- und energiefonds bekennt. ... dass gemeinderatssitzungen mitgefilmt, im Livestream übertragen werden und jetzt noch über die Website der Stadtgemeinde verfügbar sind. ... dass ein mittelfristiger Finanzplan für die Stadtgemeinde erstellt und wegen neuer Großprojekte mehrmals aktualisiert wurde. ... dass endlich eine Bedarfsanalyse über die Strukturen und rahmenbedingungen für Jugendliche durchgeführt wird und in der Folge offene Jugendarbeit beginnen kann. ... dass Direkte Demokratie ein Stück weit greifbarer und bekannter geworden ist. ... dass ein Senioren- und Pensionistentreff (offen für alle Senioren- und/oder Pensionistenverbände/ -vereinigungen der politischen Parteien und Kirchen mit Sitz in der Stadtgemeinde Wolkersdorf) gegründet wurde. ... dass in unserem radwegenetz weitere Verbesserungen erreicht und Lücken geschlossen wurden.

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© Liselotte Zvacek

❯❯ DIE GEMEINDERATSPERIODE

... Asphaltierung des Radweges Münichsthal ... radfahrer-/Fußgängerbrücke (Otto Potsch Brücke) über den Rußbach im Schlosspark ... Zugang von der neuen Siedlung (ehemals GAM-Gründe) am Südufer des rußbaches richtung Obersdorf ... Verbesserungen der Radfahrer-/Fußgänger-Querungen beim Umbau der Obersdorfer Hauptstraße (Rote Markierungen, Abflachung der Schwellen)

Lückenschlüsse und Verbesserungen im

Rad- und Gehwegenetz

... Radweg entlang der Wiener Straße zu den Supermärkten und bis in den Wirtschaftspark ... Verbesserungen für RadfahrerInnen in der Alleegasse und an der Kreuzung mit der Wiener Straße ... Verbesserungen für RadfahrerInnen rund um den Hauptplatz/rathaus ... Wiedererrichtung des Radweges von der Antoniusgasse zur Bahnstation Obersdorf nach der Gasrohrverlegung.

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© fotolia.com

❯❯ EINE WAHRE GESCHICHTE

Wolkersdorf, am 26.12.2030

Liebes Tagebuch,... ... hatte heute ein interessantes Gespräch mit meiner Tochter, was in letzter Zeit eher selten vorkommt. Sie pubertiert gerade heftig und normalerweise drehen sich unsere Themen dann darum, dass ich sie nicht ständig über ihr Leben ausfragen soll (was meiner Meinung nach höchstens einmal am Tag vorkommt), ihr Zimmer nie wieder zu betreten habe oder ich gefälligst nicht mit ihren Freundinnen reden soll, weil ich total uncool (oder peinlich) bin. Aber nicht so dieses Mal. Dieses Mal war sie direkt freundlich. Sie kommt rein, baut sie sich mit verschränken Armen vor mir auf und fragt unvermittelt: »Sag mal, seit wann genau gibt es in Wodo eigentlich keine absolute ÖVP-Mehrheit mehr?« (Meine Tochter beginnt sich neuerdings etwas für Politik zu interessieren). »Najaaaa«, sag ich gedehnt, um für meine grauen Zellen möglichst viel Aufwärmzeit rauszuschlagen. Zeitgleich überlege ich fieberhaft, was ich antworten soll, lasse mir aber natürlich nichts anmerken; das wäre uncool.

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»Willst du die lange Version oder die kurze hören?« Die Augen meiner Tochter fangen an sich Richtung Decke zu bewegen.

»Ok,ok, ich mach‘s kurz«, sag ich.

Sag mal, seit wann genau gibt es in Wodo eigentlich keine absolute ÖVP-Mehrheit mehr?

»Eigentlich hat das Ganze schon Mitte der neunziger Jahre begonnen. Damals hat die neu gegründete Wolkersdorfer Umweltinitiative der übermächtigen VP aus dem Stand drei Mandate abgenommen. Dieser Erfolg wurde damals von vielen belächelt. Ein VP Funktionär hat sogar um einige Flaschen Sekt gewettet, dass die neuen Gemeinderäte bald das Handtuch werfen würden. Naja, die folgenden Jahre hat sich die WUI dann als kantige Oppositionspartei etabliert und ihre Mandate noch ausgebaut. Du musst wissen, Wolkersdorf wurde damals schon über 50 Jahre lang absolut schwarz regiert. Und mit der Zeit ist den Mächtigen spürbar das Gefühl für andere Meinungen und ein Miteinander abhandengekommen«. »Was soll das heißen?«, wirft meine Tochter ein.


❯❯ EINE WAHRE GESCHICHTE

»Jetzt bin ich aber gespannt.« »Bei einem Wohnbauprojekt, bei dem deine Mama und ich seit acht(!) Jahren auf der Interessentenliste standen, wurde uns beim Infoabend von einer freundlich lächelnden Dame der ausführenden Genossenschaft mitgeteilt, dass die Reihung auf dieser Liste keine Bedeutung mehr hat. Bis dahin hatte das immer gegolten. Meine verblüffte Frage, ob das bedeutet, dass jemand, der seit acht Jahren auf dieser Liste steht, jetzt plötzlich die gleichen Chancen hat, wie jemand, der fünf Minuten vor Fristende seine Bewerbung abgibt, wurde ebenfalls mit einem freundlichen Lächeln bejaht. Die nächste Auskunft war dann, dass keine Kriterien für die Wohnungsvergabe genannt werden. Sie würden dass innerhalb der Genossenschaft entscheiden. Am Ende bekamen wir für unsere Bewerbung nicht einmal eine Absage. Und als dann durchsickerte, dass von den Schmuckstücken der Anlage (halbwegs leistbare Reihenhäuser, wie sie in dieser Art seit 10 Jahren nicht mehr gebaut wurden) deutlich mehr Verwandte von Parteifunktionären (oder deren Freunde) zum Zug kamen als es bei einer objektiven Vergabe der Fall sein kann, war der Beigeschmack mehr als schal. Zum Glück hat die andere Genossenschaft, bei der wir auf der Liste standen, die Reihung auf Punkt und Beistrich durchgezogen. Sonst wären wir heute nicht hier«. »Na oag«, schüttelt meine Tochter den Kopf. »Und es geht noch weiter«, sag ich höchst motiviert, da mir mein Spross schon länger als 30 Sekunden zuhört. »Eine Abstimmung gegen den Bau des Platzes der Generationen wurde einfach ignoriert. Dann

MATTHIAS HAHN matthias-hahn@hotmail.com

© Thomas Falch

»Politisch Andersdenkende waren im besten Fall Störenfriede, Verhinderer, Blockierer, oder wurden als Dummköpfe dargestellt. Volkspartei und Gemeinde wurden immer wieder vermischt. Mit den Jahren ist die Unzufriedenheit weiter gewachsen und die Mandatsmehrheit schrumpfte auf einen einzigen Gemeinderat zusammen. Dennoch wurden weiter strittige Entscheidungen im kleinen Kreis beschlossen und mit der Mehrheit im Gemeinderat durchgewunken. Das Jugendzentrum wurde von einer super zentralen Lage in das Industriegebiet am Rand der Stadt verlegt. Der Kultursommer Wolkersdorf, damals eine Privatinitiative vieler Ehrenamtlicher, fand wenig Unterstützung und wurde daher in dieser Form eingestellt. Man hatte das Gefühl, es geht überall nur nach einem Willen. Das hat uns dann schließlich auch persönlich betroffen«.

Man hatte das Gefühl, es geht überall nur nach einem Willen.

Da bricht auch keinem ein Zacken aus der Krone, wenn eine Idee mal von jemand anderem kommt.

WUI-Aktivist aus Obersdorf Techn. Angestellter und Buchautor

gab es eine weitere Abstimmung über den Bau eines Veranstaltungszentrums. Hier wählten über 49% aus Protest ungültig. Auch diese Stimmen wurden ignoriert. Diese letzte Aktion hat dann aber offensichtlich auch das VP-interne Fass zum Überlaufen gebracht. Bei den vorgezogenen Wahlen vor rund 10 Jahren sind die Schwarzen dann mit zwei Listen angetreten, wodurch sich die Absolute dann nicht mehr ausging. Danach wurde es besser. Seitdem herrscht mehr Transparenz und eine breitere Mehrheit bei vielen Themen, weil die Parteien mittlerweile weniger ideologisch daherkommen, und lieber Projekte für die Gemeinde verwirklichen, die auf einer möglichst breiten Basis stehen. Da bricht auch keinem ein Zakken aus der Krone, wenn eine Idee mal von jemand anderem kommt. Vermutlich durch die Klimakrise ist auch der Stimmenanteil der WUI weiter gewachsen und sie sitzt seither in der Stadtregierung. Mit ihrer Beteiligung konnten wichtige Nachhaltigkeitsprojekte realisiert werden. Zum Beispiel unsere Energieautarkie, die damals durch alle Medien ging, Wolkersdorf überregional bekannt gemacht hat und auch etliche Arbeitsplätze vor Ort geschaffen hat. Ein modernes, ganzheitliches Verkehrskonzept, inkl. der Begegnungszone in der Hauptstraße, die darauffolgende Revitalisierung des Zentrums, leistbares Wohnen für Familien, Radwege, gezielte Ansiedelung und Förderung von Gastronomie und Kultur…«. »Schon gut, schon gut«, unterbricht mich meine Tochter an dieser Stelle genervt. »Das wars schon, was ich wissen wollte! Mann, was du so daherlaberst, wenn du sagst, du machst es kurz!« Meine Tochter atmet hörbar aus, vollführt einen schwungvollen Dreher und dampft aus dem Zimmer. Kurze Zeit später höre ich die Eingangstür ins Schloss fallen. Die Frage, wo sie um diese Zeit noch hinwill, kann ich mir schon seit geraumer Zeit sparen… ❮❮

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❯❯ FLÜCHTLINGSPOLITIK

Von der „Willkommenskultur“ zum

Miteinander-Leben Ein Rückblick auf 3 ½ Jahre Hilfe für Geflüchtete von Rudi Rögner

© Thomas Falch

Die Gemeinde als Kontaktstelle

MAG. RUDOLF RÖGNER barbara.rudi@aon.at Obmann Flüchtlingshilfe Wolkersdorf Rudi Rögner arbeitet als Sozialarbeiter bei der Schuldnerberatung in Wien.

Im Juli 2015 beschäftigte sich der Gemeinderat auf Initiative der WUI in einer Sondersitzung mit der möglichen Unterstützung von Geflüchteten. Kontaktstellenfunktion, Info-Veranstaltung, die Möglichkeiten des Familien- und Sozialfonds und die Behandlung im Ausschuss wurden beschlossen. Weitere Ideen zur Unterstützung der Geflüchteten durch die Gemeinde wurden aber von ÖVP und SPÖ mehrheitlich abgelehnt. Durch die Errichtung des Flüchtlingsquartiers in der Halle 18 war sehr bald viel mehr erforderlich. Und von der Hilfsbereitschaft der Bevölkerung, die sich beim gemeinsamen Bettenschrauben in der Halle und bei der Abgabe der vielen Spenden Ende August zeigte, waren alle überrascht. Bei der Informationsveranstaltung im Pfarrzentrum waren großer und kleiner Saal wegen des Interesses nicht groß genug, und es wurden viele Integrationsangebote von Vereinen gemacht. Diese Stimmung war von einer sehr gastfreundlichen Haltung gegenüber den Geflüchteten geprägt und wird dann oftmals als Willkommenskultur bezeichnet.

Die Gemeinde als Kontaktstelle Im März 2016 schrieb uns Thomas einen langen Brief und fragte im Titel: „Wie naiv wollen wir sein?“ Er kritisierte darin scharf die Politik der offenen Grenzen. Wer die Flüchtlinge kennen gelernt hat, hat gesehen, dass viele vor Verfolgung geflohen sind und deshalb

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völlig zu Recht eine Asylberechtigung erhielten. Wieder andere haben die Verfolgung nicht am eigenen Leib erfahren, wie es die Genfer Flüchtlingskonvention als Kriterium vorsieht und haben deshalb nur den sogenannten Subsidiären Schutz zugesprochen erhalten, womit sie nicht ÖsterreicherInnen gleichgestellt sind. Dass man in ihrer Situation aber Grund genug hat, die Heimat zu verlassen, können wir gut nachvollziehen. Und wieder andere sind nach Europa aufgebrochen, weil sie für sich und ihre Kinder eine bessere Perspektive gesucht haben, bessere Arbeitsmöglichkeiten, bessere Bildungschancen, bessere Gesundheitsversorgung. Innerhalb der EU ist die Migration aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht unmoralisch, sondern heißt Personenfreizügigkeit und wird gefördert. Diese Freizügigkeit stellt sogar eine der vier sogenannten Säulen der EU dar. Im 19. und 20. Jahrhundert haben Zehntausende Burgenländer dasselbe gemacht und sind nach Amerika ausgewandert, im Jahr 1923 beispielsweise 6.683 Personen nach offiziellen Zahlen – https://regiowiki.at/wiki/ Amerikawanderung_der_Burgenländer.

„Ein neues Unsicherheitsgefühl“ Im September 2016 war im Wolkersdorfer FPÖNewsletter von einem neuen Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung die Rede, das vom Zuzug der Geflüchteten verursacht worden sei. Tatsächlich hatte die Polizei in Flüchtlingsquartieren unserer Gemeinde viele Einsätze zu absolvieren. Oft ging es um Formalitäten, es wurden nur Bescheide im Aufenthalts- und Asylrecht zugestellt, manchmal ging es aber auch um Gewalthandlungen. Auch wenn es


❯❯ FLÜCHTLINGSPOLITIK

Bewohner der Halle 18 kochen für die WolkersdorferInnen.

Nicht nur fremde Gewürze sind interessant, auch die Menschen dazu. Aufnahme vom Ferienspiel 2017.

psychologisch nachvollziehbar ist, dass es zu Überreaktionen kommt, wenn viele Menschen aus verschiedenen Kulturen auf engem Raum zusammenleben müssen, soll das nicht kleingeredet werden. Herauszustreichen ist aber auch, dass die Taten jeweils zwischen den Geflüchteten passierten und keine Übergriffe gegenüber Einheimischen bekannt wurden. Und da die großen Quartiere mittlerweile geschlossen sind, gibt es diese Anzeigen nun nicht mehr.

Selbstkritischer Rückblick Blicken wir selbstkritisch auf die letzten 3 ½ Jahre zurück, stellen wir fest, dass alle drei kritischen Positionen ein bisschen Recht hatten. Es war nicht notwendig, dass die Gemeinde einen Flüchtlingshilfeverein gründet und ein Quartier eröffnet. Den Verein haben die HelferInnen gegründet und Quartiere haben Private vermietet und Profis geführt. Schließlich richtete die Stadtgemeinde auch ein eigenes, durchaus hilfreiches Spendenkonto ein. Und natürlich waren wir anfangs euphorisch, aber wir konnten ja nicht auf viele Erfahrungswerte zurückgreifen, denn es war ja die erste Flüchtlingsbewegung seit 1994. Gewalttätigkeiten gab es, wir mussten uns aber nicht fürchten. Wohin sind die Geflüchteten gezogen, es haben ja bis zu 180 in unserer Gemeinde gewohnt? Manche zogen in ein anderes europäisches Land weiter, weil sie dort Verwandte haben oder sich bessere Chancen auf Asyl ausrechneten, andere zogen nach Wien wegen der höheren Mindestsicherung, weil sie dort bessere Jobchancen haben oder es dort bereits eine Community ihrer Landsleute gibt. Und einige ganz wenige reisten in ihr Heimatland zurück.

Gemeinden sind vom Beschäftigungsverbot der AsylwerberInnen ausgenommen. Die zwei Geflüchteten arbeiten stundenweise mit.

verneinte entschieden. Die vielen Begegnungen mit den Geflüchteten, die Gespräche, das DeutschÜben, aber auch das heitere Plaudern und SchmähFühren möchte sie keinesfalls missen. Dazu gehörte auch das gemeinsame angespannte Warten auf einen positiven Bescheid, die vielen Absagen bei der Wohnungs- oder Arbeitssuche, die schlechten Nachrichten aus der Heimat der Geflüchteten. Trotzdem können Sie sich, liebe LeserInnen, auch von den Integrationserfolgen überzeugen: Da gibt es für die KundInnen des Ladenraums die Möglichkeit, sich mal von einem Iraker oder einem Afghanen beim Suchen helfen zu lassen. Oder Sie erhalten einmal ein Packerl von einem Postmitarbeiter aus dem Irak zugestellt, der sie mit gutem Deutsch um die Unterschrift fragt. Oder Sie treffen eine syrische Familie am Eislaufplatz und können sich von den Eislauffähigkeiten der Kinder überzeugen. Oder Sie werden im Rotkreuzauto von einem asylwerbenden Afghanen als Sanitäter umsorgt. Gerne greift auch der Wirtschaftshof der Gemeinde in Krisenzeiten auf tatkräftige Unterstützung der Asylwerbenden zurück, die für das geringe Entgelt durchaus dankbar sind. Die Aufzählung ließe sich noch fortsetzen. Schließen möchte ich mit dem ehemaligen LH Erwin Pröll, der vor Kurzem klarstellte, dass Integration und Hilfe wichtig und sinnvoll sind, denn er unterstützte die Initiative „Ausbildung statt Abschiebung“. Der Grüne Rudi Anschober hat diese ins Leben gerufen, um die Abschiebung von AsylwerberInnen unter 25 zu verhindern, die zwar in ihrer Heimat nicht verfolgt, aber von unserer Wirtschaft gebraucht werden.

Bleibt noch als Zusammenfassung:

Und es gibt da noch … Würde sie ihren Einsatz für die Flüchtlinge bereuen, wurde eine Helferin bei einem langen Interview mit den Bezirksblättern im November 2017 gefragt. Sie

Ja, der Einsatz hat sich ausgezahlt. Ja, die Geldspenden waren sinnvoll. Ja, die Lebenszeit war sinnvoll verwendet.

Das Interesse an den abendländischen Festen ist durchaus beachtlich.

S

Spendenkonto

Vereins Flüchtlingshilfe Wolkersdorf IBAN: AT73 4300 0305 2313 0000 Volksbank Wolkersdorf

Verwendung der Mittel: Teilnahme an Schulveranstaltungen, Energiekostenrückstand, Fahrtkosten zu Ausbildung oder Deutschkursen

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❯❯ GASTBEITRAG

Obersdorf kommt unter die Räder, das Voraus und Hintaus stirbt aus! Appell an das Problembewusstsein. Gastbeitrag von HERBERT UNGER h.unger1@aon.at

Herbert Unger lebt mit Familie in Obersdorf und beobachtet mit Sorge die Auswirkungen des erhöhten KFZ-Verkehrs.

Jeder aufmerksame Beobachter wird bemerkt haben, dass sich der dörfliche geprägte Charakter unserer Gemeinde wesentlich verändert hat, und dass der PKW- und LKW-Verkehr durch den Ort zum Industriegebiet in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist die nach wie vor fehlende Südanbindung zum Industriegebiet, sprich Zufahrt und Abfahrt über die Eibesbrunner Straße. Daher sind alle aus dem Bezirk Gänserndorf, über Pillichsdorf und von Deutsch Wagram kommenden AutofahrerInnen gezwungen, durch unser dicht bewohntes Ortszentrum zu fahren, anstatt den einfacheren, kürzeren und geradlinigen Weg über die Freilandstraße Richtung Eibesbrunn in das Industriegebiet zu nehmen. So hat sich die Verkehrsfrequenz am Messpunkt Ebersdorfer Weg von 411 KFZ pro Tag im Jahr 2011 (22.Jun. 2011) auf mittlerweile 1.155 KFZ pro Tag im Jahr 2018 (Verkehrszählung am 5. Nov. 2018 zwischen 5:00 und 22:00) verdreifacht.

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Bereits jetzt prägt zu bestimmten Zeiten der rollende Durchzugsverkehr unser Ortsbild. Und das zu einem Zeitpunkt, wo das – für die Gemeinde und das gesamte Weinviertel sicher wichtige – Industriegebiet erst zu ca. einem Drittel ausgebaut ist. Früher oder später wird es möglicherweise Betriebe mit Schichtdienst bzw. Wochenendarbeit geben, was auch eine zeitliche Ausdehnung des Verkehrs mit sich bringen könnte. Die „Gespräche auf der Straße“ werden damit bald der Vergangenheit angehören. Um das Zitat von Martin Neid zu verwenden, soll das bald wirklich „Alles vorbei“ sein? Dieses stark erhöhte Verkehrsaufkommen wird sich schon in kurzer Zeit äußerst negativ auf alle DorfbewohnerInnen auswirken. Die Unfallhäufigkeit wird zunehmen und die Sicherheit der schwächeren Verkehrsteilnehmer ist mehr als je gefährdet. Eltern müssen sich um ihre Kinder noch mehr Sorgen machen und Fahrradgäste werden versuchen, dem Verkehr bzw. möglicherweise sogar dem Ort auszuweichen.


❯❯ GASTBEITRAG

Bisher ist nicht einmal der immer wieder geforderte Fußgängerübergang „beim Kreuz“, der das Überqueren der Antoniusgasse ermöglichen würde, verwirklicht worden. Das von der Stadtgemeinde geplante Projekt, Obersdorf zu einer familienfreundlichen Gemeinde zu machen, kann nur dann gelingen, wenn die längst überfälligen und unbedingt notwendigen Maßnahmen zur Verkehrsentlastung umgesetzt werden. Bereits 2014 habe ich zum ersten Mal die Gemeindeverantwortlichen und alle damaligen politischen Parteien über diese drohende Entwicklung bezüglich ständig erhöhtem Verkehrsaufkommen aufmerksam gemacht, jedoch ohne den erwünschten Erfolg. In regelmäßigen Abständen kann man nach wie vor die verzweifelten LKW-Fahrer der riesigen Sattelschlepper beobachten, wie sie beim Kreuz bzw. Kriegerdenkmal herumkurven und auf der Suche nach einer geeigneten Zufahrt zum Industriezentrum sind. Schon alleine diese Beobachtungen sollten Anlass

zum Nachdenken geben, um endlich die notwendigen, zukunftsorientierten Verkehrsmaßnahmen umzusetzen. Ich glaube nicht, dass die Bevölkerung mit dieser Situation einverstanden ist, dass unser schöner Ort weiterhin vom hausgemachten Durchzugsverkehr überrollt wird! Es geht jetzt um eine dringend notwendige verkehrspolitische Weichenstellung im Interesse der zukünftigen Generationen von Obersdorf. Oder braucht es zuerst einen Verkehrsunfall, damit den hauptverantwortlichen Personen die Augen geöffnet werden? Um meinem Anliegen mehr Nachdruck zu verleihen, ersuche ich alle zuständigen Verantwortlichen, sich für eine leistungsfähige Südanbindung an das Industriegebiet (was bisher als nicht notwendig erachtet wurde!) außerhalb des Ortskerns einzusetzen. Wo ein Wille ist, ist sprichwörtlich auch ein Weg (aber außerhalb des Ortszentrums) ins Industriezentrum.

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❯❯ GESUNDHEIT / UMWELT / KLIMASCHUTZ / TIERSCHUTZ

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YES, VEGAN

Immer mehr Menschen ernähren sich vegan. Sie verzichten nicht nur auf Fleisch, sondern auf sämtliche Produkte tierischen Ursprungs. Auch auf den Kauf von tierproduktbzw. tierversuchsfreier Kosmetik und Kleidung wird geachtet. Doch was sind die Entscheidungsgründe von VeganerInnen? Was sind die Vorteile einer pflanzenbasierten Ernährung?

© Privat

…für deine Gesundheit

MAXIMILIAN HEJDA, BSc maximilian.hejda@gmx.at WUI-Aktivist; studierte Raumplanung, interessiert an Ernährungsthemen und lebt selbst vegan.

Fleisch, Milchprodukte und Eier sind bei weitem nicht so gesund wie es in unserer Gesellschaft oft angenommen bzw. behauptet wird. Ganz im Gegenteil enthalten sie „schlechtes“ Cholesterin und einen hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren. Für wichtige Nährstoffe wie Proteine, Eisen oder Kalzium, gibt es zahlreiche pflanzliche Quellen, wie z.B. grünes Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse oder Vollkorngetreide. Auch wenn sich die Lebensmittel- und Pharmaindustrien, die um ihre Profite bangen, vehement und leider auch erfolgreich gegen diese Erkenntnisse wehren, ist die tierproduktreiche Ernährung bewiesenermaßen Auslöser oder zumindest mitverantwortlich für Volkskrankheiten wie Herzerkrankungen, Krebs, Diabetes oder Bluthochdruck, während diese durch eine vollwertige vegane Ernährungsweise nachweislich verhindert, gemildert oder sogar geheilt werden können. Da eine genaue Erklärung des Themas den Rahmen des Artikels sprengen würde, möchte ich hier ausdrücklich auf meine neue Ernährungs-„Bibel“, das erst kürzlich erschienene Werk „How Not To Die“ von Dr. Michael Greger, verweisen. Auf eine sehr verständliche Art und Weise erläutert der Mediziner anhand unzähliger Studien, warum eine vollwertige pflanzenbasierte Ernährungsweise die beste für unsere Gesundheit ist. Dieses Buch kann Leben retten. Unbedingt lesen! Jenen, die sich lieber vom Fernseher berieseln lassen, kann ich den Dokumentarfilm „What the Health“ sehr empfehlen. Natürlich ist auch eine vegane Ernährung nicht automatisch gesund. Neben Tierprodukten sollte auch möglichst auf raffinierte Kohlenhydrate (Zucker, Weißmehl), pflanzliche gesättigte Fette (Palm, Kokos) und künstliche Zusatzstoffe verzichtet werden. Außerdem empfiehlt es sich bei jeder Ernährungsweise auf eine ausreichende Versorgung mit den essentiellen Nähr-

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stoffen zu achten, sich diesbezüglich zu informieren bzw. beraten zu lassen und sich regelmäßig einem Bluttest zu unterziehen. Ein weiteres Problem für unsere Gesundheitsversorgung stellt der massive Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung dar, dessen Rückstände sich in den Lebensmitteln befinden können. Dies hat eine zunehmende Resistenzbildung bei Krankheitserregern und somit eine verringerte Wirksamkeit der Antibiotika auch beim Menschen zur Folge. Vor allem unter den katastrophalen Bedingungen in der Massentierhaltung werden die Tiere leicht krank und daher großflächig, oft auch präventiv, mit Antibiotika behandelt. Die Massenbetriebe sind außerdem Risikoherde für die Entstehung und Ausbreitung von Seuchen wie der Vogelgrippe, der Schweinepest oder dem Rinderwahn (BSE).

…für Tier- und Menschenrechte Auch wenn das Bild vom idyllischen Bauernhof mit grasenden Kühen, sich suhlenden Schweinen und frei herumlaufenden Hühnern noch stark in unseren Köpfen verankert ist, sieht die Realität der Tierproduktion völlig anders aus, denn ganze 98% der Produkte stammen aus der Massentierhaltung. Um den Gewinn zu maximieren, werden so viele Tiere wie möglich auf engsten Raum zusammengepfercht (<1m² pro Schwein!). Dort warten sie auf harten Spaltenböden ohne Einstreu und ohne Tageslicht auf den mindestens genauso qualvollen, oft tagelang dauernden Transport zum Schlachthof, wo die Lebewesen letztendlich unter oft unzureichender Betäubung getötet und zerlegt werden. Auch die Produktion von Milch oder Eiern ist nicht leidfrei, denn auch diese kommen vermehrt aus Massenbetrieben. Außerdem müssen Kühe, da sie nur Milch


❯❯ GESUNDHEIT / UMWELT / KLIMASCHUTZ / TIERSCHUTZ

geben, wenn sie zuvor ein Kalb geboren haben, jährlich geschwängert werden. Nach der Geburt wird das Kalb von der Mutter getrennt, worunter beide Tiere furchtbar leiden. Die Kälber werden dann entweder separat großgezogen oder, genauso wie jene Kühe, die nicht mehr ausreichend Milch geben und daher unrentabel sind, geschlachtet. Dasselbe Schicksal erleiden unrentable Legehennen und männliche Küken. Letztere werden unmittelbar nach der Geburt zerschreddert oder vergast. Männliche Ferkel werden in der Massentierhaltung ohne Betäubung kastriert. Während Nutztiere eine Lebenserwartung von bis zu 30 Jahren aufweisen, werden diese oft nach wenigen Monaten (Masttiere) bzw. spätestens nach 5 Jahren (Milchkühe) geschlachtet (siehe Abb.). Doch warum behandeln wir diese Tiere so grausam, quälen, schlachten und essen sie, während wir unsere Haustiere streicheln, lieben und verhätscheln? Dabei hat auch eine Kuh eine ausgeprägte Gefühlswelt und ein Schwein ist mindestens genauso intelligent wie ein Hund. Der Grund dafür ist die Distanz zwischen der Produktion bzw. den leidenden Nutztieren und uns VerbraucherInnen. Wir sehen nur die fertig verarbeiteten und verpackten Produkte im Supermarkt und im Kopf haben wir den idyllischen Bauernhof. Doch nicht nur Tiere, sondern auch Menschen leiden unter der intensiven Tierproduktion. Das Recht auf Nahrung ist ein Menschenrecht. Theoretisch könnten wir fast doppelt so viele Menschen ernähren, wie auf der Erde leben, doch während 1 Milliarde nicht genug zu essen hat und täglich tausende Kinder an Hunger sterben, werden etwa 40% der weltweit gefangenen Fische, 50% der Weltgetreideernte und über 90% der Weltsojaernte an Nutztiere verfüttert. Die Tierproduktion ist also eine regelrechte Nahrungsmittelverschwendung. Unsere hohe Nachfrage nach Futtermittel treibt deren Preise in die Höhe und macht sie für die Menschen in den „Hungerländern“ unbezahlbar.

…für Klima- und Umweltschutz Laut Schätzungen der UNO verursacht die Tierproduktion 18% der für den Klimawandel verantwortlichen Treibhausgasemissionen und damit so viel wie die gesamte Industrie (19%) und mehr als der gesamte Verkehr (13%). Das renommierte WorldWatch Institute, das in diesen Berechnungen wichtige Faktoren nicht berücksichtigt sieht, macht sie in einer Studie sogar für 51% der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Der wahre Wert liegt wohl irgendwo dazwischen und ist somit auf jeden Fall enorm hoch. Der größte Anteil der Emissionen ist auf die Verdauung der Tiere zurückzuführen.

Lebenserwartung von Schlachtieren

Ein Problem ist auch die ungeheuerliche Ressourcenverschwendung, denn für die Produktion von bspw. 1 kg Fleisch werden bis zu 16 kg pflanzliche Nahrung und bis zu 20 Tonnen (20.000 Liter!) Wasser benötigt. Zudem beansprucht die Tierproduktion 80% der landwirtschaftlich genutzten Fläche und damit ein Drittel der Landoberfläche der Erde. Die Schaffung von zusätzlicher Acker- bzw. Weidefläche sind Hauptgründe für die Zerstörung der tropischen Regenwälder. Da in Europa die Anbauflächen für Futtermittel nicht ausreichen, wird dieses in Form von genmanipuliertem Soja aus Monokulturen in Südamerika importiert. Auch in Österreich dürfen Produkte von Nutztieren, die zwar gentechnisch verändertes Futter bekommen, dennoch als „gentechnikfrei“ gekennzeichnet werden. Um die Erträge zu maximieren werden in der Futtermittelproduktion außerdem massenhaft Düngemittel und Pestizide eingesetzt, deren Rückstände schließlich unsere Böden und Gewässer verseuchen. Dort befinden sich auch Rückstände von Antibiotika, welche von den Tieren größtenteils wieder ausgeschieden werden. Da die anfallende Menge an Exkrementen den Bedarf an Düngemittel überschreitet, entsteht hier ein massives Entsorgungsproblem. Ein weiteres ökologisches Problem ist die zunehmende Überfischung der Weltmeere durch moderne Fangmethoden, die auch vor der Tiefsee nicht Halt machen. In der Massenfischerei sind 80% des Fangs „Beifang“, also Fische oder andere Meeresbewohner (Wale, Robben, Schildkröten,…) die nicht das eigentliche Fangziel sind und oft verletzt oder tot zurück ins Meer geworfen werden.

Vereinfacht lässt sich das Ganze wie folgt zusammenfassen: Wir roden Regenwälder, um Unmengen an pflanzlicher Nahrungsmittel zu erzeugen, die wir nicht jenen Menschen geben, die an Hunger sterben, sondern an leidende Tiere verfüttern, um tierische Nahrungsmittel zu produzieren, die uns krank machen. Trotzdem nimmt der Konsum von Tierprodukten weltweit immer noch zu. Machen wir gemeinsam einen Unterschied!

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❯❯ GESUNDHEIT / UMWELT / KLIMASCHUTZ / TIERSCHUTZ

Vegane Alternativen Pflanzliche Milchersatzprodukte, z.B. aus Soja, Hafer, Reis, Kokos oder Mandel, stehen den tierischen Produkten geschmacklich um nichts nach. Soja und Hafer kommen dabei meist aus europäischem, oft sogar aus österreichischem Anbau. Ei lässt sich beim Backen durch verschiedene Methoden ersetzen (siehe Abb.). Eine vegane Variante der Eierspeise, welche ich sehr empfehle, nennt sich TofuScramble. Es gibt gute und proteinreiche Fleischalternativen, z.B. aus Soja- oder Weizeneiweiß (Tofu, Tempeh, Seitan,…). Ich persönlich habe Fleisch, Wurst und Käse vor allem durch vegane Aufstriche, ein Mehr an gesundem Gemüse und den ebenfalls sehr eiweißreichen Hülsenfrüchten (Bohnen, Linsen, Kichererbsen,…) ersetzt. Weitere wichtige Nährstofflieferanten sind Nüsse, Samen und Pilze. Auch das Angebot an veganen Snacks und Süßigkeiten wird immer größer. Prinzipiell nimmt das Sortiment in den Super-, Drogerie- und Biomärkten zu.

Beim Einkauf kann auf diverse Vegan-Labels geachtet werden (siehe Abb.) oder man wirft einen Blick auf die Zutatenliste. Tierische Produkte sind meist Allergene und daher fett gedruckt (Ausnahme: Gelatine). Auf Spurenhinweise muss nicht geachtet werden. Die wichtigste Anlaufstelle für vegane Produkte sollte allerdings das Obst- und Gemüseregal sein.

Persönliches Nachwort Ich kann all jenen, die sich bewusst und gesund ernähren möchten, nur empfehlen, sich mit dem Thema Veganismus auseinanderzusetzen. Für mich war die Entscheidung, mich von nun an vegan zu ernähren, aufgrund der vielen Vorteile letztendlich nicht schwer und auch die Umstellung ist einfacher, als man denkt. Der Geschmack ist eine reine Gewöhnungssache. Man wird kreativ und entdeckt Neues. Ich esse abwechslungsreicher als je zuvor, fühle mich fit und gesund und es macht Spaß. Dass meine Pollenallergie stark nachgelassen hat, seitdem ich auch auf Milchprodukte verzichte, ist ein weiterer positiver Nebeneffekt. Mit nur einer einzigen Maßnahme, der Änderung unserer Ernährungsgewohnheiten, können wir sowohl unsere Gesundheit verbessern, als auch Menschenrechte, Tiere, Klima und Umwelt schützen. Werde Teil der Bewegung! Mache einen Probetag, eine Probewoche, einen Probemonat oder bestimme einzelne Wochentage oder Mahlzeiten, an denen du deinen Speiseplan umstellst und dich bewusst vegan verköstigst. Auch kleine Veränderungen können Großes bewirken. Anstatt vergeblich darauf zu warten, dass etwas gegen die weltweit zunehmenden Missstände unternommen wird, nehmen wir die Rettung unseres Planeten selbst in die Hand!

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YES,VEGAN Meine Empfehlungen Bücher:

How Not To Die (Michael Greger), Peace Food (Ruediger Dahlke), Vegan-Klischee ade! (Niko Rittenau), Tiere essen (Jonathan Safran Foer), Tierproduktion und Klimawandel (Martin Schlatzer)

Dokus:

Hope for All, Cowspiracy, What the Health, Das System Milch

YouTube-Videos:

Einfach.Bewusst.Leben, Die Wahrheit über Veganismus - 30 Tage Vegan Selbstexperiment

YouTube-Channels: Vegan ist ungesund, Der Artgenosse, Niko Rittenau Web-Links:

www.vegan.at – Vegane Gesellschaft Österreich (VGÖ) - Werde Mitglied! www.veganblatt.com; www.ricemilkmaid.de – vegane Rezepte und Tipps www.provegan.info; www.nutritionfacts.org – Studien zu Ernährung und Veganismus www.boell.de/fleischatlas – Fleischatlas - Information zum Fleischkonsum

Für Fragen und Anregungen stehe ich gerne zur Verfügung!

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❯❯ UMWELT / KLIMA

Wir entscheiden Klima

Aktuelle Studien der UNO-Klimawissenschaftler und des amerikanischen Forschungsteams PNAS haben bestätigt, dass maximal 1,5°C globale Erwärmung seit vorindustrieller Zeit (1850-1900) für die Erde noch einigermaßen verkraftbar sind. Dazu muss Österreich wie alle anderen Industrienationen bis 2040 komplett aus der Verbrennung fossiler Energieträger (Erdöl, Kohle und Erdgas und deren Umwandlungen wie Benzin, Diesel, Heizöl, Koks u.a.) ausgestiegen sein. 40 Jahre nach der Volksabstimmung zum Atomausstieg in Österreich fordert daher die überparteiliche Plattform „Wir entscheiden Klima“ diesen Fossilausstieg bis 2040. Entscheiden sollte aber bei so wesentlichen Weichenstellungen in der Energie-, Verkehrs-, und Wirtschaftspolitik nicht die Politik, sondern erneut, wie schon am 5. November 1978, die Bevölkerung. Der Vorschlag für das Fossilausstiegsgesetz sollte von einem nach dem Zufallsprinzip zusammengesetzten und repräsentativen Bürgerrat kommen. Die Kombination dieser beiden Elemente von direkter Demokra-

tie und Bürgerbeteiligung hat den Vorteil, dass Lobbyund Spezialinteressen zurückgedrängt werden können und dass die Politik sich bei einem mehrheitlichen Ja z.B. zu einer ökologischen Steuerreform, zu einem beschleunigten Ökostromausbau u.a. leichter tut, vermeintlich „unpopuläre“ Maßnahmen zu beschließen. Der Klimaschutz braucht keine Zwangsbeglückung gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung oder gar eine Ökodiktatur, wie sie manche Experten rund um Klimaschutzkonferenzen andenken, sondern nur die Möglichkeit, dass die Bevölkerung ihr Schicksal und das der nächsten 100 Generationen selbst entscheiden kann.

© Thomas Falch

Nach diesem „Jahrhundertsommer“ mit fast 7 Monaten Sommer und hohen Temperaturen, Waldbränden, Trockenheit und Überflutungen ist einmal mehr klargeworden, dass die Welt, und damit auch die reiche Industrienation Österreich beim Klimaschutz das Tempo beschleunigen müssen.

MAG. ERWIN MAYER mag.erwinmayer@gmail.com Klimapolitik- und Energieexperte Sprecher der Initiative „Mehr Demokratie“

Wenn Sie mitmachen wollen oder/und das Anliegen unterstützen, dann gehen Sie auf

www.wir-entscheiden-klima.at Vielleicht schaffen wir dann auch einen Mini-Bürgerrat in Wolkersdorf.

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❯❯ BILDUNG

Produkttest – Joghurt: Verkostung, Geschmacksprüfung und Bewertung unbekannter Joghurtproben

pH-Wert verschiedener Stoffe im Haushalt: Bestimmung des pH-Wertes von Essigessenz, Essig, Zitronensaft, Mineralwasser, Spülmittel mit Hilfe von Rotkrautsaft

Calliope mini: Einfache programmierbare Platine, die sich in ein Instrument, einen Taschenrechner, eine Wetterstation oder eine Diskokugel verwandeln läßt

MINT-Schule © Thomas Falch

Technikunterricht in allen Schulen – warum ist das wichtig?

DR. SUSANNE GRUBER susanne.gruber@aon.at Forschungsverein für Warenlehre und angewandte Naturwissenschaften, Lehrerin

Technisch-naturwissenschaftliche Qualifikationen sind Schlüsselkompetenzen einer modernen Gesellschaft. In Österreich werden Arbeitsplätze für Ingenieurinnen und Ingenieure innerhalb der nächsten 5 Jahre um ca. 30.000 zulegen. Und in Europa werden bis zum Jahr 2020 5 Millionen neue Jobs im technischen Bereich entstehen.

Auf Fachkräftemangel reagieren Am Standort Österreich haben heute bereits mehr als 8 von 10 Industrieunternehmen Probleme, qualifiziertes Personal für Forschung, Produktion und Technik

Lego Mindstorm EV3: Anspruchsvoller, programmierbarer Roboter-Bausatz für umfangreiche Konstruktionsprojekte

zu finden. Deshalb ist der Bildungsbereich auf allen Ebenen gefordert, das Interesse für Technik und Naturwissenschaften bei Kindern und Jugendlichen zu wecken und zu fördern. Die Initiativen der Industrie und der zuständigen Ministerien für Bildung und Forschung ermöglichen seit einigen Jahren Lehrkräften, interessante Unterrichtsprojekte in den MINT-Fächern umzusetzen. Die Kurzbezeichnung MINT steht für Mathematik – Informatik – Naturwissenschaften – Technik.

MINT-Unterricht fördern Die Schwerpunkte für MINT-Unterricht liegen derzeit meist bei den Volksschulen. Viele neue Projektausschreibungen und Förderungen werden für die ersten Schuljahre eingerichtet. Zwar sind die technischen mittleren und höheren Schulen in Österreich sehr gut etabliert, den Fachkräftemangel können diese nicht alleine ausgleichen, weil das Interesse an technischen Berufen zwischen 10–14 Jahren sinkt. Um Jugendliche nachhaltig für Technikberufe zu begeistern, müssen Projekte an Mittelschulen (NMS, KMS, AHS-Unterstufe) und mittleren und höheren Schulen ermöglicht werden.

QUELLEN UND WEITERFÜHRENDE LINKS MINT2020, Der Unterricht von Morgen, hrsg. von Industriellenvereinigung, Wien 2013 https://www.mintschule.at/wp-content/uploads/2016/08/MINT2020_Der_Unterricht_von_morgen.pdf https://www.mintschule.at https://www.ffg.at/content/kooperationszuschuss-im-rahmen-von-talente-regional https://www.sparklingscience.at https://calliope.cc https://education.lego.com/de-de

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❯❯ BILDUNG

Lego WeDo 4.0: Einfacher Roboter-Bausatz mit Sensoren und Motoren

Technikunterricht kann mit etwas Organisationswillen in den Stundenplan integriert werden. Ein Teil des Naturwissenschaftsunterrichts kann für einen Praxisunterricht alle 2 oder 3 Wochen zusammengelegt werden. In diesen 2- oder 3-Stunden-Blöcken können Laborarbeiten, Freilanduntersuchungen oder Lehrausgänge zu Betrieben oder Museen stattfinden. Idealerweise werden solche Unterrichtsblöcke mit 2 Lehrkräften im Teamteaching organisiert. Ziel eines solchen Unterrichts ist es, bei den Jugendlichen die Experimentierfreude zu wecken und selbst Dinge auszuprobieren, zu denen sie oftmals in ihrer Freizeit keine Möglichkeit haben. In vielen Familien fehlen die räumlichen oder persönlichen Voraussetzungen, um frei zu experimentieren und auszuprobieren. An den Schulen können solche Experimente oft mit relativ wenig Materialaufwand durchgeführt werden. Versuche können mit Materialien, die in jedem Haushalt ohne weitere Anschaffungen vorhanden sind, durchgeführt werden.

Lernen mit Smartphones Fast jede Person ist heute in Besitz eines Smartphones. Oftmals wird die Nutzung dieser Geräte als störend empfunden. Diese Geräte sind aber die Medien unserer Zeit, warum sie also nicht auch zum Lernen einsetzen? Eine gute Möglichkeit dabei sind Fotorecherchen. Die Jugendlichen bekommen die Aufgabe, nach bestimmten Gegenständen (Pflanzen, Tiere) oder Materialien (Fasern, Metalle, Gefahrensymbole) zu suchen und diese mit einem Foto zu dokumentieren. Alle diese Fotos werden in der Klasse für eine gemeinsame Präsentation auf einer Website, in einem Textdokument, etc. gesammelt und für den weiteren Unterricht genutzt. Den Schülerinnen und Schülern ist es meistens nicht bewusst, dass sie während der Suche intensiv lernen.

Gerade Applikationen für Smartphones können gut in den Unterricht integriert werden, dazu zählen nicht nur reine Lernapps. Mittlerweile wurden Apps entwickelt, die einfache Programmierungen über SmartphoneSteuerung ermöglichen. Es sind damit sogar Klassenwettbewerbe möglich.

Förderungen nutzen Sind größere Anschaffungen für ein Schulprojekt geplant, können diese beispielsweise über eine Förderung der FFG, der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft ermöglicht werden. Im Rahmen des Talente-regional-Programms können Lehrkräfte mit Schulklassen entweder direkt eingebunden werden oder über Kooperationszuschüsse eigenständige Projekte an der Schule organisieren. Mit solchen Förderungen können Geräteanschaffungen, wie z.B. Roboterbausätze, Verbrauchsmaterialien oder Exkursionen bezahlt werden. Es ermöglicht allen Jugendlichen, Mädchen wie Burschen, mit Materialien zu arbeiten, zu denen sie oftmals keinen so leichten Zugang haben. Das Erlernen von physikalischen, elektronischen, bionischen Abläufen und das Ausprobieren erster Programmierungen nimmt die Scheu vor anspruchsvolleren Aufgaben. Die Jugendlichen arbeiten sogar mit stärkerer Begeisterung mit solchen Materialien, je weniger Aufforderung sie dazu erhalten. So ist immer wieder zu beobachten, dass gerade Mädchen zuerst beginnen, mit unbekannten Bausätzen arbeiten. Die Neugierde siegt. ❮❮

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❯❯ TERMINE / MAROTTE

Wui Jour Fixe

Klima im Wechsel

Mitdenken • Mitreden • Mitgestalten

Beschwerden erkennen und richtig be-handeln.

Sag uns deine Anliegen. Was bewegt dich? Wohin soll die reise gehen?

Montag, 11. Februar 2019 Montag, 11. März 2019

© WWF

jeweils ab 19 uhr im Wui-Büro, Hauptstraße 17, 2120 Wolkersdorf 1. Hitzewallungen:

Wir freuen uns auf dein Kommen!

unerträgliche Überhitzung über Monate versetzen den Organismus in apathischen Zustand und Schockstarre – nix geht mehr!

2. Kreislaufstörungen: der lebenserhaltende Ablauf der Natur bekommt Sand ins Getriebe, das Herz kann dabei geschädigt werden – Kammerflimmern!

3. Trockenheit: fehlende Feuchtigkeit führt zu Welke und Dürre – farb- und humorlos!

4. Schweißausbrüche: spontane, überbordende Wassermassen reißen wertvollen Humus mit sich – Land unter!

5. Reizbarkeit: Ozon (O3 oder„aktiver Sauerstoff“) hat ein „O“ zu viel und schädigt Mensch und Natur – reizende Aussichten!

6. Wahrnehmungsprobleme: Realismus trifft auf Verdrängungsstrategien, wie viele Symptome braucht es noch, um den Wechsel zu erkennen – höchste Zeit zum Handeln… auf vielen Ebenen notwendig! Ad 1) offenlegen statt zudecken. Frische Luft bringt Beweglichkeit und dann geht auch vieles leichter! Ad 2) Anzeichen der Störungen rechtzeitig spüren, auf den ganzen Körper achten, Bodenkontakt pflegen und die eigenen Grenzen wahrnehmen! Ad 3) soziale Empathie ist das „Schmiermittel“ für einen gesellschaftlichen Zusammenhalt und lässt die Quellen des Vertrauens wieder fließen! Ad 4) Humusbildung ohne Gifte ist die beste Grundlage für ein gedeihliches Leben und kann viel wertvolles Nass speichern! Ad 5) mit Offenheit, Humor und ohne Obrigkeitsgehabe wird schadstofffreies Zusammenleben ermöglicht! Ad 6) Sensitivitätstraining eröffnet neue Sichtweisen und lässt über den Tellerrand blicken!

50 Jahre Stadtgemeinde Wolkersdorf – Zeit für Veränderung und Wandel! IMPRESSUM

gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des österreichischen Umweltzeichens, Druckerei Odysseus Stavros Vrachoritis GmbH, UW-Nr. 830

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Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: WUI - Die Grünen, Hauptstraße 17, 2120 Wolkersdorf Tel. 02245/834 64, Fax 02245/834 94, www.wui-diegruenen.at, info@wui-diegruenen.at Erscheinungsort: Stadtgemeinde Wolkersdorf im Weinviertel, Grafik und Produktion: Dieter Achter, Lektorat: Mag. Frauke Ajhoum Kontakt: christian.schrefel@gruene.at, barbara.rader1@gmail.com, mag.erwinmayer@gmail.com, gruber.susanne@aon.at, rainer.weisshaidinger@gmx.net, maria.vogt@live.de, maximilian.hejda@gmx.at

/wuidiegruenen

www.wui-diegruenen.at


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