WW Magazin No. 2 Aprilâ/âMai 2015
KUNST Saison-Trends Mode, Uhren, Schmuck, Design fĂŒr Haus und Garten
Weltwoche Verlags AG
Eine Zeitschrift der
Unser Wegweiser durch die ART WORLD
Bilder: Duong Nguyen
Sehen, verstehen, sammeln â und lieben:
Fr. 6.50
Nr.â2â 2015â Editorial
In, schick, hip und so weiter
Mittlerweile ist es fast unangenehm, in einer Runde zu sagen, dass man sich fĂŒr Kunst interessierr. Oder sogar im â bescheidenen â Rahmen des Möglichen ab und zu ein Werk kauft. Die RĂŒckmeldungen sind dann: «Ja, klar, ich auch.» Oder: «Logisch, wer nicht?» Mit anderen Worten: Kunst ist zurzeit, was Aktienanlagen vor zwanzig Jahren waren. Oder Immobilien vor zehn. Sich fĂŒr Kunst zu interessieren, ist wie sich fĂŒr Fussball zu interessieren â alle zwei Jahre, wenn Europaoder Weltmeisterschaften stattfinden, und obwohl man eine Frau ist und nicht zur bildungsfernen Schicht gehört, oder beides. Sich fĂŒr Kunst zu interessieren, ist in, schick, hip und so weiter. Nicht darum machen wir eine Ausgabe ĂŒber Kunst. Sondern weil, wie wir finden, Kunst in vielen FĂ€llen etwas Schönes, Anregendes, Lebensbejahendes und -bereicherndes ist. «Kunst sehen, Âverstehen, sammeln â und lieben: Unser Wegweiser durch die art world» steht auf unserem Cover. Anspruch auf VollstĂ€ndigkeit haben wir keinen. Die Welt der Kunst ist eine Aprilâ/â Maiâ2015
 rosse, sie ist ein weites Feld. g Und eine solche respektive ein solches lĂ€sst sich nicht in ein dĂŒnnes Heft packen. Wir hoffen aber, dass wir Ihnen, falls Sie bisher wenig mit Kunst anfangen konnten, ein paar interessante EindrĂŒcke und Ansichten liefern können. Oder, falls Sie sich bereits mit Kunst ausÂeinandersetzen, Âeinige fĂŒr Sie neue Informationen und Ideen vermitteln. Wir wĂŒnschen Ihnen viel Leseund SehvergnĂŒgen. Und, in diesem Sinn, auf Wiedersehen, spĂ€testens Anfang Juni, an der Art-BaselVernissage.
Ihr Mark Van Huisseling
zwei köpfe, ein gedanke Nicht bloss Kunst hat Konjunktur, sondern auch KunstAusgaben, Kunst-Beilagen und so weiter.
3
Contributors
Nr.â2â 2015
Pauline KrÀtzig
Kyle T.âWebster, ÂRoman Muradov,
michael
ÂAkira Sorimachi,
A.âgotthelf
Bill Rebholz und ÂRiikka Sormunen
dirk boll
Von Beruf ist unser Mitarbeiter Europa-Chef von Christieâs. Doch den Hammer an Versteigerungen lĂ€sst der Deutsche, der in London arbeitet, bloss selten fallen â er fĂŒhrt die GeschĂ€fte des Auktionshauses. In dieser Ausgabe beschreibt Boll, der ausserdem Professor an der Hamburger Hochschule fĂŒr Musik und Theater ist, was fĂŒr ihn die kĂŒnstlerische QualitĂ€t der Arbeit des deutschen Fotografen ÂTobias Zielony ausmacht. Zielony beschreibt er als einen der bedeutendsten KĂŒnstler, nicht Fotografen, seiner Generation. Seite 40
Andere Autoren schreiben, wenn sie eine Idee, ein A  nliegen oder, tatsĂ€chlich, Bedarf an finanziellem Zustupf haben. Gotthelf schreibt, wenn er ein Âneues Haus an einem weiteren Standort gekauft hat, den man als dream Âl ocation, Traumort, beschreiben kann. Letztes Mal warâs ÂMiami, dieses Mal sindâs die Hamptons, die Sommerfrische der New Yorker, wo der Frankfurter Unternehmer und Publizist, der in London seinen Hauptwohnsitz hat, seinen Hut ablegt. Fragt man den Immobilien entwickler, der zudem eine weitere Stiftung gegrĂŒndet hat (fĂŒr Literatur, in Gedenken an Frank Schirrmacher): «Wann willst du eigentlich in all deinen HĂ€usern Zeit verbringen?», fragt er zurĂŒck: «Muss ich das?» Seite 46
andreas ritter
In der TV-Serie «Breaking Bad» gab es einen Anwalt, den die anriefen, die ÂSorgen hatten â «Better Call Saul», ruf besser Saul an, ging der Slogan des  c riminal lawyers Goodman. Unser Kolumnist ist kein Strafverteidiger, und seine Klien ten rufen nicht an, wenn die ÂPolizei im Morgengrauen an die TĂŒre klopft. Ihn konsultiert man tagsĂŒber in seinem BĂŒro im Seefeld, in dem es aussieht wie in einer Galerie. Ritter ist  aber nicht bloss der Anwalt in ZĂŒrich, den man anruft, wenn man rechtlichen Beratungsbedarf in Kunstangelegenheiten hat. Er ist auch ein grosser Kunst kenner â «Better Call Doctor Ritter». Seite 20
Die Zusammenarbeit mit ÂIllustratoren ist, formal gesehen, merkwĂŒrdig: Der ArtDirektor wĂŒhlt sich durch Berge von BĂŒchern, Magazinen, Loseblattsammlungen et cetera und stösst auf Illustrationen, die ihm gefallen. Dann sendet er E-Mail-Anfragen um die halbe Welt â Illustratoren, so siehtâs aus, leben zur Mehrheit in der NĂ€he von New York oder ÂTokio sowie, seltener, in Finnland â, und Tage spĂ€ter findet er einen Sketch in seiner Inbox, bei dem ziemlich genau die Idee umgesetzt wird, die er mitgeteilt hat. Zur fertigen ÂIllustration, wie Sie sie in diesem Heft zum Beispiel auf  Seite 19, 36 oder 46 finden, ist es bloss noch ein kurzer Weg beziehungsweise sind es Âwenige Mails.
4 Aprilâ/âMaiâ 2015
Bild: Timo Wirsching
So fasst unsere  jĂŒngste Stammautorin ihr Treffen mit Sam Keller zusammen: «Eloquent, aufmerksam, uneitel, cool, authentisch â verspĂ€tet. Gerade erst war er aus Schanghai in die Fondation Beyeler zurĂŒckgekehrt. Die Woche zuvor war er in Hongkong. Die Woche davor in New York. Sobald er seine â recht lĂ€ssige â SitzposiÂtion eingenommen hatte, war er, trotz der hinter ihm liegenden Reisen, voll bei mir. Ich bildete mir schon wĂ€hrend seiner Worte ein Urteil: Mir gefĂ€llt dieser Sam Keller. Als er am Ende des Interviews und des Tages vor die ÂVilla, in der wir geredet hatten, trat, seine dunkle Brille aufsetzte und eine ÂZigarette anzĂŒndete, war mein Bild von ihm vollendet. Gemeinsam gingen wir zum Museum; ich Âsolle mir unbedingt noch Peter Doig ansehen, die Ausstellung sei bald zu Ende. Ich sah sie mir an â mein ÂHappy End.» Seite 22
Die Tiffany CT60 Von den Erfindern der New York Minute ENTDECKEN SIE DIE KOLLEKTION AUF TIFFANYCT60.COM
Nr.â2â 2015
Heller Kopf mit Damen Seit Sam Keller, unsere WW-Persönlichkeit dieser Ausgabe, verantwortlich ist fĂŒr die Fondation Beyeler in Riehen bei Basel, sind im bestbesuchten Kunst museum der Schweiz noch berĂŒhmtere Werke von noch grösseren KĂŒnstlern zu sehen. Zurzeit werden GemĂ€lde von Paul Gauguin (siehe Bild) in Kombination mit Werken von Peter Doig (nicht im Bild) gezeigt.
Ab Seite 22
6 Aprilâ/âMaiâ 2015
Titelbild: Paul Gauguin "Rupe Rupe", 1899 (Ausschnitt)/Staatliches Museum fĂŒr Bildenden KĂŒnste A.S. Puschkin, Moskauââ Bild: Jiri Makovec
Inhalt 1
BUCHERER.COM
EINZIGARTIG WIE IHRE EMOTIONEN â SEIT 1888 UHREN SCHMUCK JUWELEN
Inhalt 2
Nr.â2â 2015
Kolumnen
Mode von Lisa Feldmann Seite 18
Kunst von Andreas Ritter Seite 20
Reisen von Michael A.âGotthelf Seite 46
wanderlust
wĂ€rter, Putzfrau, liebhaberâ.â.â.
von Mark van Huisseling
Was tut ein Galerist eigentlich alles? Die kurze Antwort: Kunst verkaufen.
Seite 48
Die lÀngere Antwort gibt es ab Seite 36
Rubriken, Geschichten
Contributors
Meine Tankstelle
Mitarbeiter
Europa-Chef von Christieâs,
dieser Ausgabe
ĂŒber das Werk seines liebsten
Seite 4
Fotografen Tobias Zielony.
Essay von Dirk Boll,
Seite 40
Simon de Pury Seite 50
Service Briefing
BEZUGSQUELLEN
Fakten und  FÀlle aus
Piet Oudolf
Seite 51
der Welt der Kunst.
Wie der Weltklasse-Landschaftsarchitekt den Park der
IMPRESSUM
SEITE 12
Weltklasse-Galerie Hauserâ&âWirth gestaltete. Seite 30
Seite 51
Trend-/Spezial-Reports
Trois Pommes
Uhren
Schmuck
Design
Seite 10
Seite 14
Seite 15
Seite 16
8 Aprilâ/âMaiâ 2015
Bilder: Courtesy Hauser & Wirth/Heather Edwardsââ Illustration: Roman Muradov
Arbiter Elegantiarum
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10 ââAprilâ/âMaiâ 2015
Stella McCartney
Saint Laurent
Peter Pilotto
Peter Pilotto
Marc Jacobs
Ashish
Delpozo
Delpozo
Marni
Stella McCartney
Saint Laurent
Stella Jean
Delpozo
Stella Jean
Saint Laurent
Proenza Schouler
öffnet Ende April an der Bahnhofstrasseâ18 in ZĂŒrich.
Redaktion: Yvonne Wigger
Der Trois-Pommes-Concept-Store
Stella McCartney
Dort, wo die Bahnhofstrasse am schicksten ist, eröffnet Trudie Götz ihr neustes GeschĂ€ft fĂŒr Modefreunde. Auf 780 Quadratmetern VerkaufsflĂ€che richtete die Designermode-Unternehmerin einen Store ein, der etablierte ModeÂlabels und ausgewĂ€hlte Jung designer verbindet. Das Konzept fĂŒr das neue GeschĂ€ft ist bis ins letzte ÂDetail ausgearbeitet. Götz, die auf vierzig Jahre Erfahrung im ModegeschĂ€ft zurĂŒckblicken kann, garantiert exkluÂsive Mode-Highlights und ein unvergessliches Einkaufserlebnis. «Der Kunde kommt in unseren Store und fĂŒhlt sich wie in einer anderen Welt. Er wird inspiriert von der angebotenen Kleidung, den Accessoires und der Kosmetika», sagt Götz ĂŒber ihr neustes Projekt. In Zusammenarbeit mit Architekt Heinz MĂŒller wurden die RĂ€umlichkeiten Ârenoviert und neu gestaltet. Die Einrichtung des Stores zeigt Kunst, AntiquitĂ€ten und BĂŒcher aus Âaller Welt. «Multibrand-Stores, das ist die Zukunft», sagt Götz. «Der ÂKunde kommt weg von Total-Looks und Uniformen. Er will kombinieren, selber auswĂ€hlen und seinen Look Âindividuell gestalten.» Neben den klassischen ÂLuxuslabels Saint Laurent, Marni und Givenchy ergĂ€nzen zahlreiche Newcomer wie ÂStella Jean, Peter Pilotto, Thakoon und Delpozo das Angebot. Die Auswahl der Marken erfolgt sehr gezielt, die Produktionsweise, die ÂMaterialien und der Hintergrund der ÂLabels spielen eine wichtige Rolle. Zudem wird keinem saisonalem Modetrend gefolgt â bei Trois Pommes geht es um LebensÂeinstellung und Persönlichkeit.
Stella Jean
D Trend-Report
BriefingââKunst
Geld und Geist sind wohl nirgends so nahe beisammen wie im Kunstmarkt. In den vergangenen Jahren ging die Entwicklung fast immer in eine Richtung: nach oben.
Nr.â2â 2015
all-time high
Das Londoner Auktionshaus Christieâs hat im Rekordjahr 2014 Kunst im Wert von 5,1âMilliarden Pfund (etwa 7,6âMilliarden Franken) versteigert und verkauft.
rotes bild mit pferden
Der deutsche Wolfgang Beltracchi, 64, hat nach eigener Aussage in einem Zeitraum von vierzig Jahren etwa 300 Bilder gefĂ€lscht. 2011 wurde er wegen gewerbsmĂ€ssigen Bandenbetrugs zu sechs Jahren Haft verurteilt, seit J anuar 2015 ist er frei auf BewĂ€hrung. Als FĂ€lscher entlarvt hat ihn eine chemische Analyse, die modernes Titanweiss im Werk «ÂRotes Bild mit Pferden» (Original: Heinrich Campendonk) nachwies, das 1914 noch gar nicht existierte.
ballonhund
Auf der Top-100-Liste von ÂArtnet der erfolgreichsten lebenden K Â ĂŒnstler (VerkĂ€ufe im Zweitmarkt, Zeitraum 2011â2014) fĂŒhrt der Deutsche G erhard Richter (858âMio. US-  Dollar) deutlich vor dem New Yorker Jeff Koons (284âMio.) und dem Chinesen Zeng Fanzhi (226âMio.). Koons hingegen ist die Nummer eins, wenn es um den höchsten bei einer Auktion erzielten Gewinn geht: Sein «Balloon Dog (Orange)» wurde 2013 fĂŒr 58,4âMio. Dollar versteigert.
der mann, der geht
12
all-star
Der weltweite Kunstmarkt ist 2014 um 7â% im Vergleich zum Vorjahr auf 51âMia. US-Dollar angestiegen (Quelle: Tefaf). GemĂ€ss Artnet wurden vergangenes Jahr etwa 1530 Kunst werke mit jeweils e  inem Wert von mehr als Âeiner ÂMillion Dollar auf Versteigerungen verkauft. Redaktion: Oliver Schmukiââ Aprilâ/âMaiâ 2015
Illustration: Bill Rebholz
Im Mai 2010  versteigerte Christieâs das Werk «Akt mit grĂŒnen BlĂ€ttern und BĂŒste» von Pablo  Picasso fĂŒr eine Rekordsumme von 106,5âMio. Dollar. Den Rekord fĂŒr die höchste je  fĂŒr Schweizer Kunst bezahlte Summe hĂ€lt ÂAlberto Giacometti: Die Skulptur «LâHomme qui marche I» wurde ebenfalls 2010 von Sothebyâs fĂŒr 104,3âMio. Dollar verkauft.
Jahrhundertraub
Der maskierte RaubĂŒberfall im Februar 2008 auf die ZĂŒrcher Sammlung E.âG. BĂŒhrle war der wohl grösste Kunstraub Europas. Die vier GemĂ€lde von Monet, Degas, CĂ©zanne und van Gogh Âhatten Âeinen geschĂ€tzten Wert von 180âMio. Franken. Das teilweise leicht beschĂ€digte Diebesgut konnte von den Behörden aber sichergestellt werden und befindet sich heute wieder in ZĂŒrich.
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ab Planet Art fĂŒr iPhone und iPad ist ausschliesslich auf Englisch erhĂ€ltlich. Apple, das Apple Logo, iPad und iPhone sind Marken der Apple Inc., die in den USA und weiteren LĂ€ndern eingetragen sind. App Store ist eine Dienstleistungsmarke der Apple Inc. © UBS 2015. Alle Rechte vorbehalten.
Spezial-ReportââKomplikationen
G
randes complications sind uhrmacherische Meisterwerke. Die Firma Beyer Chronometrie in ZĂŒrich hat sich auf Verkauf und Pflege solcher spezialisiert. Der GeschĂ€ftsinhaber und zwei Mitarbeiter sagen, weshalb.
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René Beyer
Isabelle Kappeler
Eric Ritter
Inhaber und
Uhrmacherin
Leiter Patek Philippe
GeschĂ€ftsfĂŒhrer
bei Beyer
Boutique by Beyer
«Mich fasziniert, dass der Antrieb des Handaufzugs der âčPour le Meritâș ĂŒber Kette und Schnecke erfolgt â eine schlichte Legende mit Echt-Email-Zifferblatt.»
«Dieses Tourbillon-Modell ist mit drei Millimeter Werkdicke das flĂ€chste seiner Art. Eine Âweitere Âtechnische Höchstleistung ist die Gangreserve von neunzig Stunden mit Anzeige.»
«Ein wunderschönes Beispiel fĂŒr uhrmacherische Meisterleistung ist diese Grande Complication in RosĂ©gold mit Tourbillon, ewigem Kalender und Minutenrepetition.»
A.âLangeâ&âSöhne, Ref. 260.032 Fr. 119â700.â
Breguet, Ref. 5377PT129WU Fr. 160â000.â
Patek Philippe, Ref. 5216R Preis a.âA.
«Die âč1815 Tourbillonâș ist eine klassische, elegante Uhr im typischen Stil des Hauses. Wer nur einmal im Leben eine Uhr kauft, wird mit dieser glĂŒcklich.»
«WĂ€hrend dem Abspielen einer Melodie dreht sich das Zifferblatt unhörbar um die eigene Achse. Die âčReveil Musicalâș ist Âwunderschön und gleichzeitig ein Meisterwerk der Technik.»
«Die âč5959Pâș besticht durch ihr Platin-OffiziersgehĂ€use in Kombination mit Âe inem Doppelchronografen mit Monopoussoir, auch Rattrapante genannt.»
A.âLangeâ&âSöhne, Ref. 730.025F Fr. 190â500.â
Breguet, Ref. 7800BA119YV Fr. 87â000.â
Patek Philippe, Ref. 5959P Preis a.âA.
Nr.â2â 2015â Bestimmte Uhren können viel mehr, als nur Stunden, Minuten und Sekunden anzeigen. Zusatzfunktionen, Komplikationen genannt, stoppen die Zeit, lösen SchlĂ€ge im Stunden- oder Minutentakt aus, steuern Mondphasenan zeigen, ÂMinutenrepetitionen, Weckerfunktionen etc. Sogenannte Grandes Complications sind das Uhren-GegenstĂŒck zur Haute Couture in der Mode, zur ÂHaute Joaillerie in der Welt des Schmucks â Kunsthandwerk auf höchster Höhe. Patek Philippe hat im vergangenen Jahr mit der «Grandmaster ÂChime», die ĂŒber zwanzig verschiedene Funktionen verfĂŒgt, die komplizierteste Armbanduhr der Welt hergestellt. Die komplizierteste Taschenuhr â ebenfalls von Patek â weist sogar 33 Komplikationen auf. Wie nĂŒtzlich jede einzelne Komplikation ist, ist streitbar. Oft sind sie bloss technische Spiele r eien oder Ausdruck von höchstem Können und Beherrschen des Uhrmacherhandwerks. So macht etwa das von ÂAbraham Louis Breguet vor 220 Jahren fĂŒr Taschenuhren erfundene Tourbillon â ein Mechanismus, der den Fehler der Ganggenauigkeit durch die Schwerkraft korrigieren soll â bei Armbanduhren eigentlich k  einen Sinn mehr. Trotzdem gehört diese ÂZusatzfunktion zu den beliebtesten, weil sie als eine der kompliziertesten Komplikationen ĂŒberhaupt gilt. GĂ€ngig sind Zusatzfunktionen wie die Stoppfunktion, die Anzeige Âeiner zweiten Zeitzone (was vor allem Vielreisende schĂ€tzen) oder ein ÂWecker â alles Komplikationen, die auch wirklich nĂŒtzlich sind. F  erner ergibt eine Gangreservenanzeige Sinn, falls man ablesen will, wie lange eine Uhr noch lĂ€uft, bevor sie wieder aufgezogen werden muss. Sternkarten auf den ZifferblĂ€ttern sind dagegen meistens so kompliziert, dass nicht einmal der stolze Besitzer e iner solch technisch raffinierten Uhr den genauen Stand der Gestirne damit bestimmen kann. Die Stunden- und die MinutenrepetiÂtion sind schöne Ăberbleibsel aus Zeiten, als man nicht bloss eine ÂNachttischlampe anknipsen konnte, um die Zeit zu sehen â sondern im Dunkeln liegend konzentriert den SchlĂ€gen der vollen, halben und Viertelstunden lauschte.
Text: Raphael Suterââ Aprilâ/âMaiâ 2015
Nr.â2â 2015â Trend-Reportâ âSchmuck 1. Ring «Zermatt», Gelbgold mit Diamanten, von wellendorff, Fr. 10â600.â. 2. Ohrringe mit Diamanten und Saphiren, «Caprice»Kollektion, von DIOR, Preis a.âA. 3. Armspange «Japanesque», Gelbgold mit Diamanten, «The Art of the Sea»-
2
Kollektion, von TIFFANYâ&âCO.,
Ăppig und extravagant mögen es die Schmuckdesigner zurzeit. Bei den EntwĂŒrfen geht es mal romantisch zu und her, mal modern, verschnörkelt oder mit klarer LinienÂfĂŒhrung; das Resultat sind schön anzuÂsehende OhrÂstecker, Armreife, Ringe und Colliers. Passend zur aktuellen Âfarbigen Mode erleben bunte Edelsteine ein ÂComeback: Rote Rubine, grĂŒne Smaragde und blaue Saphire w  erden kĂŒhn in Szene gesetzt. Gefasst sind die EdelÂsteine in kĂŒhles Weiss- oder warmes RosĂ©gold. ÂPerlen haben ohnehin immer Saison. Und auch die Steine der Âewigen ÂLiebe, die ÂDiamanten, sorgen dafĂŒr, dass die SchmuckstĂŒcke der neuen Kollektionen so richtig strahlen.
Preis a.âA. 4. Ohrringe, Weissgold mit Smaragden und Diamanten,
1
von CHOPARD, Preis a.âA.
3
5. Ring «Studioâ54», kann mit ParfĂŒm ÂbesprĂŒht Âwerden, von BY KILIAN, Fr. 285.â. 6. Armband, RosĂ©gold mit Diamanten, von SHAMBALLA, ca. Fr. 32â000.â. 7. Halskette, Weissgold mit Brillanten und Perlen, von CHANEL, Preis a.âA. 8. Ring, RosĂ©gold mit Diamanten, Tsavoriten und Saphiren, «Tango»Kollektion, von Âp omellato,
must-have des
Fr. 14â300.â.
monats Armreif, Roségold
4
mit Smaragden und Spinellen, von BUCHERER, Preis a.âA.
D
8
ie Verbindung von Kunst und Handwerk â ergibt Kunsthandwerk. Und das Ergebnis Âdavon sind aussergewöhnliche SchmuckstĂŒcke. Oder Kunst fĂŒr Finger, Handgelenk, Hals und OhrlĂ€ppchen.
April/â Maiâ2015
5
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Trend-ReportââDesign
Nr.â2â 2015
1
2 1. Tisch «Tablet» von Hans Wegner fĂŒr Carl Hansen, Fr. 710.â; www.carlhansen.com 2. Sessel «Jonah» von JAMES HARRISON, Fr. 570.â; www.made.com 3. HĂ€ngeleuchte «Softlight» von
3
www.molodesign.com
W
4
6
ab Fr. 650.â; 4. Notizbuch «Couture
eisse (Licht-) Wolken im Wohnraum? NatĂŒrlich! Die Natur lĂ€sst sich ganz leicht in die Wohnung holen â oder umgekehrt.
5
MOLODESIGN,
Ein Sessel in TĂŒrkis und Blumenmuster aus weichen Farben, die VorhĂ€nge schmĂŒcken, nehmen im Interieur eine Spitzenposition ein. Gleichzeitig gilt es, das Innere nach ausÂsen zu kehren. An der frischen Luft oder im Garten geniesst man sein FrĂŒhstĂŒck oder notiert abends Gedanken im Schein eines Windlichts â dazu wird der wetterfeste Clubtisch aus dem Wohnzimmer auf die Terrasse getragen.
Candies» von Christian Lacroix Maison fĂŒr Libretto, Preis a.âA.; www.christianlacroix.com 5. Beistelltisch «Madonna» von HUNN, Fr. 590.â; www.hunn.ch 6. LeinenvorhĂ€nge von Mitloedi fĂŒr Möbel Pfister, Preis a.âA.; www.pfister.ch 7. Tisch «To Turn You On» von POUENAT, etwa Fr. 5490.â; www.pouenat.fr 8. Kerzenhalter «Moonlight» von Monica Förster fĂŒr Bianchi CafĂ©â&âCycles, noch nicht im Handel; www.cosentinogroup.net
7
8
16
Redaktion: Delia Lenoirââ Aprilâ/âMaiâ 2015
Oder
10% 23.4. â 16.5.2015
Vorteil auf alles
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*
*Bedingungen unter pfister.ch
Der neue Sommer-Katalog ist da.
Lisa FeldmannââMode
Bereit fĂŒr die Schau Worum geht es auf ÂKunstmessen? Auch um kunst. Und um die lookS der Besucherinnen. Text: Lisa Feldmann Illustration: Riikka Sormunen
A
ls mich der Redaktionsleiter dieses Magazins bat, mir Gedanken ĂŒber die Beziehung von Mode und Kunst zu machen, musste ich an Heidi Klum denken. Was kein gutes Zeichen ist, aber damit zusammenhĂ€ngt, dass die deutsche Model-Mama seit gut Âeinem Jahr einen New Yorker Galeristen «dated». Was wiederum dem Heidi-Power-Partner-Ranking nach einem Coiffeur, ÂFormel-1-Rennstall-Besitzer, Popstar und ÂB odyguard einen vorlĂ€ufigen ÂHöhepunkt beschert. So kam ich auf die Idee, weitere Kriterien zusammenzustellen, die Sie in diesem FrĂŒhling brauchen, um in der Kunstwelt en vogue zu sein. Was Sie wiederum nicht verwechseln dĂŒrfen mit dem Anspruch, in Vogue vorzukommen, also in einer der angesagten internationalen Ausgaben: der amerikanischen, britischen oder französischen. In der italienischen Vogue wĂŒrde Sie niemand wahrnehmen, die erscheint schon seit Jahren unter Ausschluss der interessanten Ăffentlichkeit. Die deutsche Vogue wiederum kennt man nur in DĂŒsseldorf sowie den ĂŒberalterten Agglomerationen MĂŒnchens.
Und ein Erscheinen in der russischen Ausgabe wĂŒrde ebenfalls maximal von der HĂ€lfte ihres Bekanntenkreises goutiert. ZurĂŒck zu unserem Thema: Der Laufsteg fĂŒr Ihren neuen Look ist die Haupthalle der Art Basel am Vorabend der offiziellen Eröffnung. Und anschliessend an jedem weiteren (frĂŒhen) Abend die Halle des Hotels «Trois Rois». FĂŒr Âeinen erfolgreichen Auftritt wĂ€hlen Sie zunĂ€chst ein role model. Das können Designer innen wie Jil Sander oder Miuccia Prada sein, deren Mode und Kunstverstand seit dreissig Jahren in einem Atemzug genannt werden. Und die darĂŒber hinaus die eigene s chlichte Uniform (Kittel/Anzughose bei Jil, Jupe/Pulli bei ÂMiuccia) gesellschaftsfĂ€hig machten. Sie tragen also zu Hosen, die ihre Knöchel frei geben, weisse MĂ€nnerhemden von Brooks ÂBrothers und am Handgelenk eine schöne IWC oder die «Nautilus» von Patek Philippe ihres Mannes. Oder, falls Sie eher der mĂ€dchen hafte Typ sind, Âeinen bunt bedruckten Rock von ÂDolceâ&âGabbana oder Mary Katrantzou. Dazu einen Âleichten Kaschmirpulli mit halblangen Ărmeln und eine goldene Halskette mit Amulett von En Soie in ZĂŒrich. Suchen Sie nach jĂŒngeren Vorbildern, dann eignen sich Erbinnen wie Elisabeth von Thurn und Taxis (fĂŒr die langbeinige Blonde) oder GineÂvra ÂElkann (fĂŒr die rehĂ€ugige BrĂŒnette); hier Âsollten Sie in BrockenhĂ€usern nach guterhaltenen Deux-PiĂšces Ausschau halten und den bei Âsolchen MĂ€dchen ĂŒblichen Familienschmuck auf den einschlĂ€gigen Vintage-WebÂsites er werben (wie zum Beispiel Therealreal.com oder Oonekingslane.com). Um mit den wirklich wichtigen Galerist innen verwechselt zu werden, braucht es ernsthaften Einsatz: mindestens von ÂCĂ©line oder Yohji Yamamoto sollten die Kleider sein, in denen Sie scheinbar gelangweilt von Stand zu Stand schlendern. Aber Achtung: keine auffĂ€lligen Accessoires, auf keinen Fall eine Handtasche, stattdessen balancieren Sie ganz entspannt Ihren Blackberry oder iPad mini in der Hand, die ĂŒberdimensioÂnale Tom-Ford-ÂL esebrille haben Sie in die ÂHaare geschoben. Ein Rucksack von Prada oder eine KurierÂtasche von Goyard weist Sie als interessierte Studentin oder gelernte Kunst historikerin aus.
Nr.â2â 2015
Falls Sie nach den Sternen greifen und gar Âeiner Dasha Zukova Konkurrenz machen wollen, mĂŒssen Sie sich auf hĂ€rteste Bedingungen gefasst machen: bis zu drei verschiedene Outfits pro Tag (falls nach der Ausstellungs begehung und dem Cocktail noch ein wichtiges Dinner stattfinden sollte), jeweils möglichst Couture. Dazu eine stĂ€ndige mĂ€nnliche Be gleitung, die Sie zur Not unter Einsatz perfekt definierter Muskeln verteidigen kann. Und das sind erst die Basics. Vielleicht wollen Sie sich drum nur anlehnen an den Ăber-Look der schönen Oligarchen-Freundin. Dann geht auch alles aus der aktuellen Louis-VuittonKollekÂtion, von Saint Laurent oder Givenchy. GrundsĂ€tzlich gilt fĂŒr jedes Styling auf der Art Basel: Es muss einen gewissen IQ aus strahlen. Sie sollten sich also nicht dazu hinreissen lassen, mit einer kunstvoll bespritzten Tasche von Zadigâ&âVoltaire aufzulaufen, die den Eindruck erweckt, Sie wĂ€ren bei Ihrem letzten ÂAtelierbesuch einem ungeschickten KĂŒnstler zum Opfer gefallen. Vorsicht ist ausÂserdem geboten, wenn eine Tasche zu viele goldÂfarbene Details aufweist oder schlicht zu klein ist: Was fĂŒr die Oper perfekt sein kann, erweckt hier schnell den Eindruck, dass man nicht versteht, Âworum es eigentlich geht. Bei den Schuhen haben Sie wiederum freie Wahl: Alles, was Sie fĂŒr mindestens acht ÂStunden auf den Beinen hĂ€lt, ist erlaubt. Hohe AbsĂ€tze sind eine Option, aber keinesfalls ein Must. Auch hier wird allerdings UnderÂstatement grossgeschrieben, Glitzer und Glamour gehen nur in Verbindung mit einem ansonsten Âvöllig abgerissenen Outfit â ÂVintage-Jeans von Leviâs, eine Army-Jacke vom Pariser Flohmarkt, eine ÂBikerjacke von ihrem Freund aus Los Angeles. Doch natĂŒrlich mĂŒssen Sie sich alle diese Gedanken nicht machen â falls Sie es rechtzeitig schaffen, Heidi ihren Vito Schnabel Âauszuspannen.
lisa feldmann ist Modejournalistin. Sie war Chefredaktorin der Annabelle, jetzt ist sie freie Autorin. Sie lebt in Berlin und ZĂŒrich.
18 Aprilâ/âMaiâ 2015
GrundsĂ€tzlich gilt fĂŒr jedes Styling auf Kunstmessen: Es muss einen gewissen IQ ausÂstrahlen.