WW MAGAZIN Nr. 3 OKTOBER / NOVEMBER 2019
Remain in Light Modestrecke in Südenglands goldenem Herbstlicht
NEUE IDEEN NEUE GESCHÄFTE
WAS DANIEL HUMM ALS NÄCHSTES TAT BUSINESSMODELL KÜNSTLER UND SELBSTDARSTELLER: KLAUS LITTMANN GEHT HEUTE NOCH WAS OHNE NACHHALTIGKEIT? WO'S IN ZÜRICH GUTEN ESPRESSO GIBT
Innenbetrachtung Editorial
«Das zweite Mal ist immer anstrengender», antwortete Reinhold «Reini» Weber, nachdem er zum zweiten Mal Werber des Jahres geworden war. Das war in den 1990er Jahren, die Werbebranche hatte einen glänzenden Ruf, Reini glänzte vielleicht am meisten. Inzwischen haben Werber viel Ausstrahlung verloren – einverstanden, nicht bloss sie –, und wer «Reini Weber» in die Suchmaschine eingibt, stösst auf die jüngste Fundstelle von 2012. Die Welt der Wirtschaft, das ist eine banale Einsicht, aber eine wichtige, verändert sich a) laufend und b) rasant. Was dagegen unverändert zutrifft: Das zweite Mal ist immer noch anstrengender. Egal, wo beziehungsweise in welcher Branche.
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Unsere WW-Persönlichkeit dieser Ausgabe, der Schweizer GastwirtschaftsUnternehmer Daniel Humm, hat in New York eines der höchstbewerteten Restaurants der Welt aufgebaut. Jetzt will er diese Leistung mit Hotels, die er mitgestaltet, wiederholen. Er erweitert also das Gebiet für seinen second act, auch nicht ganz leicht. Bloss lachen darüber, wie anstrengend das zweite Mal sei, kann Klaus Littmann. Der 67-jährige Basler Künstler, Galerist et cetera hat gerade seinen zwanzigsten oder dreissigsten act abgeliefert – einen Wald in einem Fussballstadion. Wir wünschen Ihnen, dass Sie unternehmungslustig bleiben, ob zum zweiten oder zwanzigsten Mal. Und viel Lesevergnügen, natürlich.
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Nr. 3 2019
Illustration: Haley Tippmann
Immer anstrengender
Innenbetrachtung Mitarbeiter dieser Ausgabe
1) EDGAR BERG
2) MICHAEL BRUNNBAUER
Der frühe Herbst ist die Zeit der Messen, an denen die neusten Entwicklungen gezeigt werden, die das Leben besser und die Arbeits- sowie Freizeit technisch fortschrittlicher gestalten sollen, etwa der internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin. Mit anderen Worten: Die Zeit, in der u nser Korrespondent der Unterhaltungselektronik (auch Gadgets genannt) viel zu tun hat. Nicht zuviel natürlich, um uns seine Top-8-Fundstücke aus dem aktuellen Riesenangebot vorzustellen. Sie finden seine Auswahl auf Seite 20.
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1 4) ODILE BURGER / KLAUS LITTMANN
EDGAR BERG , MICHAEL BRUNNBAUER , TOBIAS REICHMUTH , ODILE BURGER / KLAUS LITTMANN, RAPHAEL SUTER 1)
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«Wenn eine eine Reise tut, dann kann sie was erzählen», sagt man. Da wir im Erzähl-Geschäft sind, tat unsere Reporterin und Textchefin genau das: Sie fuhr nach Klagenfurt in Kärnten, wo Klaus Littmann, der Schweizer, sagen wir, Künstler, Kunstvermittler, Ideenumsetzer et cetera, einen Mischwald in ein, pardon, das F ussballstadion gepflanzt hat. Wie einer auf d iese Idee kam und weshalb die Einheimischen – und nicht nur die, die sich für Spiele des lokalen, überraschend aufgestiegenen Fussballclubs Wolfsberger AC interessieren – ihre Mühe damit haben, erzählt sie ab Seite 40. 5) RAPHAEL SUTER
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3) TOBIAS REICHMUTH
«Ist das nicht der aus dieser TV-Show?», fragen Leser vielleicht, die fern sehen. Richtig, und falsch. Unser Autor ist in erster Linie Finanzunternehmer, er hat eine Startup-Firma gegründet, die Mittel bei (insti tutionellen) Anlegern sammelt, um diese in nachhaltige
Vorhaben, etwa die Gewinnung von Windenergie oder Elektro tankstellen, zu investieren. Und darum war er einer der « Löwen» in der Sendung «Die Höhle der Löwen», die dieses Frühjahr auf TV 24 lief – darin stellten Unternehmer ihre Businessidee vor und hofften, auf diesem Weg, Geld zu bekommen. Für uns beantwortet er die Frage, ob Nachhaltigkeit als Ansatz genügt, um erfolgreich ein G eschäft zu betreiben. Seite 14
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Ein Name, an den sich die WWMagazin-Leser erinnern: der unseres Mitarbeiters für B erichte über Uhren und die G eschichte ihrer Manufakturen oder einer Selbsterfahrungs-Reportage «Ich, der Uhrmacher». Nun hat er im, sagen wir, fortgeschrittenen A lter das Steuer herumgerissen und seine berufliche Laufbahn in eine andere Richtung gelenkt: Er leitet, mit 58, eine Kunststiftung und baut für diese in Basel ein Museum auf, das seinen Platz neben der dort bereits vorhandenen anderen Institutionen des Kulturangebots der Stadt finden soll. Weshalb er sich dazu entschieden hat und wie sein Einstieg in eine ganz andere Branche verlief, beschreibt er auf Seite 12.
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Foto: IWC
Der Modefotograf – zu Hause in Paris und Hamburg sowie im Flugzeug – und der Art- Director des WW-Magazins waren sich einig: Brighton ist eine tolle Location für unser Mode-Shooting, gerade im Frühherbst. Der Redaktionsleiter, der eine Zeit lang London- Korrespondent war, und also achtzig oder so Kilometer von der kleinen Küstenstadt entfernt wohnte, war mit den beiden insofern einig, als Brighton mit seinen hübsch-heruntergekommenen Häusern, Strassen und Plätzen (einige sind mittlerweile noch hübscher renoviert) eine tolle Location ist, indeed. Bloss: das Wetter. «England + Frühherbst = hohe Regen wahrscheinlichkeit», meinte er. Die Kreativen setzten sich, wie meistens, durch. Zum guten Glück, darf man sagen, wie die Bilder ab Seite 30 belegen.
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Innenbetrachtung Inhaltsverzeichnis
WW Magazin Nr. 3 IN H A LT DIE DAME STEHT WIE EIN TURM – DAS PASST ZUM SCHACHBRETT
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Titelbild und Bild auf dieser Seite: Edgar Berg Hair & Make-up: Carolin Jarchow Styling: Miriam Dembach Model: Esme H./Le Management trägt Outfits von Louis Vuitton
Wenn in der Mode von «Schachbrett» gesprochen wird, ist Louis Vuitton meist nicht weit. Das klassische Muster des Hauses, auf Französisch damier genannt, wird nicht nur auf der Aussenhülle von Koffern und Taschen wiedergegeben. Es ist auch in der Prêt-à-PorterKollektion immer wieder anzutreffen. Hier etwa auf einem Rock aus dem Angebot für Herbst und W inter 2019 / 20. Das Model, das ihn trägt, steht am Strand von Brighton, der kleinen Stadt im Süden Englands, wo unser ModeShooting stattfand.
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BIG BANG UNICO SORAI Hublot hat sich mit Kevin Pietersen und SORAI zusammengeschlossen, um den laufenden Erhalt und Schutz des Nashorns zu unterstützen.
BOUTIQUES GENEVE • LUZERN • ZURICH • ZERMATT
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Innenbetrachtung Inhaltsverzeichnis
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WW Magazin Nr. 3 CONTRIBUTORS
RUBRIKEN, GESCHICHTEN
Mitarbeiter dieser Ausgabe SEITE 6
TREND-REPORTE
SCHMUCK
SEITE 18
LOOK VON PRADA
HERRENMODE
SEITE 19 GERÄTE
WW-PERSÖNLICHKEIT
SEITE 20
Was Daniel Humm als nächstes tat - SEITE 22
KOLUMNEN WALDSCHRAT
von Raphael Suter
Kunstunternehmer Klaus Littmann über sich und seine neuste Installation in Klagenfurt
SEITE 12
SEITE 40
SEITE 16 ZÜRICHS BESTER ESPRESSO
BUSINESS
von Mark van Huisseling
von Tobias Reichmuth
SEITE 50
SEITE 14 KULINARIK
Bilder: UNIMO/Courtesy For Forest, Angela Lo Priore, Christopher Villano
PERSÖNLICHE ENTWICKLUNG
BRIEFING
Food-Neuheiten und entwicklungen
ANLEITUNG
von Mark van Huisseling SEITE 46 WANDERLUST
von Michael Gotthelf SEITE 48
SERVICE
BEZUGSQUELLEN
SEITE 53
ARBITER ELEGANTIARUM
IMPRESSUM
Sabina Belli
SEITE 53
SEITE 52
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Die Dymaxion-Weltkarte von Buckminster Fuller ist eine nahezu verzerrungsfreie und flächentreue Projektion der Weltkarte auf ein Ikosaeder. Sie teilt den Globus in 20 gleichseitige Dreiecke ein. Auseinandergefaltet stellen sie die Kontinente als eine einzige zusammenhängende Insel in einem Ozean dar. The Fuller Projection Map design is a trademark of the Buckminster Fuller Institute. ©1938, 1967 & 1992. All rights reserved, www.bfi.org
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Aussenbetrachtung Persönliche Entwicklung
Ein 500-QuadratmeterAusstellungsraum in Basel wurde gefunden, die Vorbereitungen für die erste Ausstellung laufen.
Persönliche Entwicklung Aussenbetrachtung
Illustration: GRAFILU
WIE ICH ZU EINER KULTURSTIFTUNG KAM Raphael Suter war fast ein ARBEITSLEBEN lang Journalist. Bis er mit 58 beschloss, nochmal was NEUES anzufangen. Weshalb er das tat. Und wie's bisher läuft.
Text:
RAPHAEL SUTER
Ü
ber dreissig Jahre war ich im Journalis mus in verschiedenen Funktionen und Positionen tätig. Begonnen habe ich während der Gymnasialzeit als Sportreporter beim Luzerner Landboten. Während des Studiums an der Universität Basel habe ich als Repor ter für die Basler Zeitung (BaZ) geschrieben. Klassische Archäologie und Ägyptologie zu studieren, war mein Bubentraum. Mir gefiel das grosse Ganze dieser Hochkulturen, die unsere Welt bis heute prägen. Das Datieren von Vasenfragmenten war dann aber weni ger mein Ding – so ist mir schon vor dem Abschluss klar geworden, dass ich nicht in ein Museum oder Forschungsprojekt einstei gen würde. Da Arbeitsplätze für A rchäologen und Ägyptologen nicht dicht gesät sind, freu ten sich meine Professoren, dass einer ihrer Studenten mit dem Studienabschluss anderswo eine feste Stelle fand. Ich begann als Redaktor im Stadtressort der BaZ. Der Lokaljournalismus wurde innerhalb von Redaktionen – nicht nur bei der BaZ – lange Zeit unterschätzt. Ausland, Inland, Kultur und Wirtschaft waren die angesehenen Ressorts, erst danach kamen der Sport und das L okale. Heute sind sich die Verleger b ewusst, dass eine gedruckte Zeitung nur dann noch eine Chance hat, wenn sie auch kompetent über das Geschehen in der Region berichtet, in der sie erscheint. Mir persönlich hat es schon immer besser gefallen, mit Menschen direkt im Kon takt zu stehen und das Umfeld, in dem man lebt, zu beobachten, als im Ausland ein Kor respondent unter vielen zu sein. Als ich während der vergangenen fünf J ahre das Kulturressort der BaZ leitete, war es mir ebenfalls wichtig, in erster Linie das kultu relle Leben der Region zu verfolgen und zu
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begleiten. Mit Institutionen wie dem Kunst museum oder der Fondation Beyeler, mit Persönlichkeiten wie den Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron, dem Kunst initiator Klaus Littmann oder dem Oscars gewinnenden Filmproduzenten Arthur Cohn, aber auch einem derzeit brillanten Theater und schon seit Jahren tollen klassischen Orches tern bietet Basel mehr als genug Stoff für interessante Berichterstattung. Und man lernt auch immer wieder Neues kennen als Journalist: Vor vier Jahren e rhielt ich einen Anruf aus Italien, der mich auf eine Ausstellung in einer Stiftung in der Toskana aufmerksam machte. Ich war zwar zuerst nicht sehr interessiert, da ich bisher weder etwas von der Fondazione Culturale Hermann Geiger noch dem Ort Cecina gehört hatte, wo die Ausstellungen stattfanden. Da eine Basler Stiftung engagiert war und die Aus stellung in Kooperation mit dem Museum Tinguely entstand, wurde ich aber hellhörig. Und reiste im Sommer 2015 nach Cecina, um mir die A usstellung «Jean Tinguely – I F ilosofi» a nzusehen: Ich war überrascht und begeistert von der Qualität und Professiona lität der Institution. Das Stifterpaar, die aus Basel stammende Sibylle Piermattei Geiger und der Römer Luciano Piermattei veranstalte ten seit zehn Jahren in Cecina A usstellungen, die für die Besucher gratis waren, sogar ein K atalog wurde abgegeben. Mehr als dreis sig Ausstellungen haben stattgefunden, über L eonardo da Vinci, Hermann Hesse, Ernst Ludwig K irchner oder Alberto Giacometti. Und als bisher letzte Show «Nackt – Schätze aus dem Antikenmuseum Basel». Ich reiste dann regelmässig in die Toskana und besuchte weitere Ausstellungen in C ecina. So lernte ich auch das Stifterpaar besser ken nen. Und ich lernte die beiden schätzen. Ihr Ziel war, einem breiten Publikum den Zugang zu Kunst und Kultur zu ermöglichen. Dies über ungewöhnliche und interessante Ausstel lungen, das Gezeigte sollte Tiefgang haben, die Darreichung aber nicht schulmeisterlich
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sein. Ich bewunderte diese private Initiative, die beide beharrlich und konsequent verfolg ten, ohne mir Gedanken über die Zukunft der Stiftung zu machen. Eines Tages fragte mich Sibylle Geiger aus heiterem Himmel, ob ich mir vorstellen könnte, die Stiftung zu leiten. Sie und ihr Mann waren mittlerweile beide über achtzig und planten, sich zurückzuzie hen und die Stiftung in Italien aufzugeben. Ein Leben ausserhalb des Journalismus hatte ich mir bis dahin nicht vorstellen kön nen. Doch die Chance, nochmals etwas ganz anderes zu machen, war zu verlockend. Zudem fiel in diese Zeit die Übernahme der BaZ durch Tamedia aus Zürich, die eine neue Epoche in der Geschichte dieser Zeitung bedeutet. Als Programmleiter von Radio Basilisk hatte ich bereits für Tamedia gearbeitet und habe nur gute Erinnerungen. Ein Bleiben hätte ich mir durchaus vorstellen können, nur war die Chance der Leitung einer Kulturstiftung ein malig und ich musste sie ergreifen. Ich sehe meine Aufgabe vor allem als Geschäftsführer und Programmleiter der neuen Kulturstiftung Basel H. Geiger, der für zwei bis drei Ausstel lungen im Jahr Kuratorinnen und Kuratoren mit Ausstrahlung sucht. Ein 500 Quadratmeter grosser Ausstellungsraum in der Basler Innen stadt wurde gefunden und die Vorbereitungen für die erste Ausstellung im kommenden Jahr sind angelaufen. Es ist mir klar, dass es nicht einfach wird, in der Kulturstadt Basel eine weitere Institution zu etablieren, auch wenn der Ein tritt gratis ist. Doch die vielen Gespräche, die ich seit diesem Frühjahr führte, ermutigen mich, eine Nische zu finden, die bestehende Institutionen nicht konkurrenziert und das bestehende Kulturangebot in Basel ergänzt. Die Reaktionen auf meinen Wechsel für die letzten Jahre meines Berufslebens waren durchwegs positiv. Und den Verlust des von mir geliebten Schreibens werde ich durch das Verfassen von Katalogtexten etwas kompen sieren können. Vor allem aber freue ich mich jetzt auf den Neubeginn – mit 58 Jahren.
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Aussenbetrachtung Businesskolumne
Illustration: FABIO CONSOLI
GESCHÄFTSMODELL NACHHALTIGKEIT Reicht es, eine BUSINESSIDEE zu haben, die auf einem aktuellen Trend fusst? Oder ist das ein Rezept für ein START-UP, bei dem schon bald wieder Schluss ist? Unser Autor, Gründer des Fondsmanagers «SUSI Partners», gibt Bescheid.
Text:
TOBIAS REICHMUTH
E
s gibt Geschäftsmodelle, die nicht funktionieren können, egal, ob sie nachhaltig sind, weil sie bloss auf einem Trend fussen. Ein ansprechendes Start-up-Unternehmen und ein sich gut verkaufender Gründer können a ufgrund des Trends Kapital anziehen. Das Funktionieren des Geschäftsmodells muss relativ lange nicht bewiesen werden. Hält der Trend an, kann sogar passieren, dass ein Konzern das Start-up übernehmen wird, weil er den Trend nicht verpassen will. Positive Erträge werden so nie erwirtschaftet und nach dem Ende des Trends wird der Konzern das zugekaufte U nternehmen schliessen und die Aufwände unter «Learnings» abbuchen. Solche «Geschäftsmodelle» hat man während der Dot-Com-Blase von 1999 oder im Jahr 2017, während des bisherigen Höhepunkts des Blockchain-Hype, gesehen. Von Nachhaltigkeit keine Spur. Gleichwohl gab und gibt es auch in der Blockchain- respektive Internetwelt sehr wohl nachhaltige Geschäftsmodelle, mit denen sich Geld verdienen lässt. Sind diese dann automatisch nachhaltig? Einen Augenblick, bitte, zuerst ist die Frage – «was heisst Nachhaltigkeit für ein Geschäftsmodell?» – zu beantworten. Der Nachhaltigkeit liegt immer eine b estimmte Langfristigkeit zugrunde. Ein n achhaltiges Geschäftsmodell trägt eine F irma wirtschaftlich langfristig zum Erfolg. Weiter wird Nachhaltigkeit mittels der Parameter «Umwelt» und «Sozialverträglichkeit» gemessen. Kann nun jedes Geschäftsmodell, das Geld verdient, und somit im klassischen Sinne langfristig erfolgreich ist, nachhaltig sein? Ganz klar nein: Falls Sie, sagen wir, eine Ölfördergesellschaft erben sollten und ab sofort
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die Vorgabe «nachhaltig geschäften» an das Management richten, dann werden Sie vielleicht etwas u mweltschonender Öl fördern und ihre Mitarbeiter und Stakeholder besser behandeln als ihre Konkurrenten. Sie arbeiten aber immer noch in einer grundsätzlich nicht nachhaltigen Industrie, da sie von einer endlichen, nicht erneuerbaren Ressource profitieren, die dem Klima sehr schadet. Es gibt in der Beurteilung nachhaltiger Finanzanlagen den Begriff best in class, was so viel bedeutet wie in jeder Industrie den unter nachhaltiger Betrachtung Klassenbesten auszuwählen. Aber: Meines Erachtens gibt es keine nachhaltigen Öl- beziehungsweise Kohleförderer (oder Waffenhersteller et cetera). Besser ist es da schon mit exclusion criteria zu arbeiten. Damit werden grundsätzlich nicht nachhaltige Industrien vom Anlageuniversum ausgeschlossen. Das macht mehr Sinn. Aber zurück zu: Kann Nachhaltigkeit als G eschäftsmodell dienen? Als Gründer von «SUSI Partners» kann ich eindeutig mit ja antworten. Ein wachsender Anteil der Mitglieder unserer Gesellschaft hat begriffen, dass sowohl unsere Umwelt wie auch das Zusammenleben der Menschen vor grossen und schnell dringlicher werdenden Herausforderungen stehen. Der durch den Menschen verursachte Klimawandel und in der Folge die Erwärmung der Erde sind mittlerweile wissenschaftlich a nerkannte Fakten – und die Probleme, die dadurch auf uns zukommen, sind enorm. Die sich ungünstig entwickelnde Demografie in den Industrie- und, zunehmend auch, Schwellenländern (mehr Alte auf jeden Jungen), die weltweite Vergleichbarkeit der Leistungsfähigkeit (dadurch steigender Leistungsdruck) und das Wegfallen vieler Jobs durch künstliche Intelligenz sowie Robotik werden uns in den kommenden Jahren z usätzlich vor grosse Probleme stellen. Als Unternehmer können Sie sich der L ösung dieser widmen. Neue Geschäftsmodelle, die
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auch neue Jobs bringen, entstehen. Und Problemlöser verdienen Geld. Gratuliere: Sie haben soeben ein nachhaltiges Geschäftsmodell entwickelt, Sie sind nun Nachhaltigkeitsunternehmer. Ich übertreibe, aber nur leicht. Beispiele gibt es viele – der Einfachheit halber e rlaube ich mir, meine eigene Firma anzuführen: Mit «SUSI Partners», gegründet 2009, sammeln wir bei institutionellen Investoren, also Pen sionskassen und Versicherern, Kapital, und investieren dieses in Infrastruktprojekte, die mit der Energiewende zu tun haben. Wir bauen Wind- und Solarkraftwerke, ersetzen heutige Strassenbeleuchtungen durch energieeffiziente LED-Lampen oder investieren in dezentrale Stromspeicher und Tankstellen für Elektroautos. Wir erreichen also einiges im Kampf gegen den Klimawandel und arbeiten an der Problemlösung. Gemessen wird in eingesparten Tonnen CO2. Das Schöne dabei: Mit den erwirtschafteten Renditen ermöglichen wir es Pensionskassen, ihre Leistungsversprechen an die Versicherten zu halten. Es gibt sie also, die nachhaltigen G eschäftsmodelle. Finden Sie ein Problem, das Sie m itlösen möchten, bauen Sie ein Geschäftsmodell, das dazu beiträgt und weder die Umwelt belastet noch Mensch oder Tier schädigt – und Sie sind im Geschäft.
Tobias Reichmuth, 40, ist Gründer und Geschäftsführer von «SUSI Partners» – Sustainable Investments, einem Fondsmanager, der Kapital bei institutionellen Anlegern sammelt und in nachhaltige Vorhaben wie Windenergie oder Elektrotankstellen investiert; die bisher getätigten Anlagen übertreffen eine Milliarde Franken. Der Ökonom war im Frühsommer 2019 in der «Höhle der Löwen», einer Casting-Show für Start-up-Unternehmer, zu sehen (Tele 24). Er mag Classic Cars, fährt aber meistens einen Tesla, und lebt in St. Moritz.
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Businesskolumne Aussenbetrachtung
«Finden Sie ein Problem, das Sie mitlösen möchten – und Sie sind im Geschäft»: gut gebrüllt Löwe Reichmuth.
Aussenbetrachtung Zukunfts-Verpflegung
Redaktion: SARAH STUTTE Illustration: LESJA CHERNISH
Briefing FOOD TRENDS KRUMME GURKE
Unter dem englischen Begriff misfits versteht man u nförmiges G emüse und Obst. K rumme G urken oder mehrwurzel ige Kartoffeln und K arotten landen deshalb häufig in der Tonne. Nicht aber in Berlin. Dort bringen zwei D esigneri nnen formale Ausschussware, die aber völlig in Ordnung ist, mit ihrem Unternehmen « Culinary Misfits», auf den Teller.
Um ideale Geschmacksverbindungen zu kreieren, werden in immer mehr Berufs küchen Lebensmittel ihren Aromen ent sprechend zusammen angerichtet. Das sogenannte food pairing fusst auf der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass die Verknüpfung von Geschmacks- und Geruchssinn im Kopf ein komplexes Bild über die Zutaten entstehen lässt. Die Ana lyse und Einteilung dieser verschiedenen Aromen lässt unzählige Kombinationsmöglichkeiten entstehen.
SCHWEINE IM REAGENZGLAS
Seit einigen Jahren forschen Start-ups wie das niederländische Unternehmen Mosa Meat und die spanische Firma Biotech Foods an ihren im Labor gezüchteten Fleischerzeugnissen. Das Fleisch wird aus Zellen von Rindern, Schweinen oder Geflügel im Reagenzglas produziert und soll, auf umweltverträgliche Weise, den wachsenden Fleischbedarf decken. Falls die zuständige EU-Behörde einwilligt, liegen in zwei Jahren die ersten In-Vitro-Burger in den Geschäften. LEBENSMITTELRETTER
Da bei uns jährlich rund zwei Millionen Tonnen Esswaren im A bfall landen, wurde vor e inem Jahr in Zürich eine Niederlassung des Unternehmens «Too Good To Go» gegründet. Die ursprünglich aus Dänemark stammende Idee bringt mittels einer App überschüssiges Essen zu reduzierten P reisen an den Kunden und wirkt so der Verschwendung entgegen. Heute bieten in der Schweiz fast 400 R estaurants, B äckereien und Lebensmittelhändler ihren Überschuss mit der App an.
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ALLES SUPER Als Superfood gelten exotische, jedoch auch heimische Lebensmittel wie Beeren, Samen oder Früchte, die einen oder mehrere Nährstoffe in konzentrierter Menge enthalten. Auf der Liste der Exoten finden sich Goji- oder Acai-Beeren, Chia-Samen,
Chlorella-Algen, Acerolakirschen, der Granatapfel oder die Papaya. Genauso gesund sind naturbelassene Schweizer Produkte wie Heidel- oder Johannisbeeren, Leinsamen, Ingwer, Kohlarten, Spinat, M andeln, Kürbiskerne, Sanddorn und Hirse.
DINNER IM OP
Mittelalter-Turniere und Krimi-Dinners haben es vorgemacht – nicht das Essen allein ist das Erlebnis, sondern immer mehr die Szenerie, in der die ses stattfindet. So isst man etwa im «Hospitalis» in Riga mit Skalpell statt Messer und aus Operationsschalen und im komplett verglasten «Ithaa» auf den Malediven drei Meter unter dem Meeresspiegel. Doch es geht auch hoch hinaus: Für das belgische «Dinner in The Sky» werden die Gäste, samt Tisch und Kellnern, mit einem Kran fünfzig Meter in die Höhe gehoben.
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OST-NUDEL In Deutschland und in der Schweiz e röffnen immer mehr vietnamesische P ho-Küchen oder japanische Ramen Bars, die vor allem Nudelsuppen bieten. Aufgrund ihrer Konsistenz nehmen asia tische Teigwaren aus Buchweizen, Reisoder Konjakmehl Aromen stärker auf als die bei uns verbreiteten aus Hartweizen. Deshalb sind die Suppen, mit Gemüse, Ei oder Fleisch, ein herzhaft-würziges Geschmackserlebnis, sind also «umami».
FLEISCHLOS GLÜCKLICH
Hoch im Kurs steht bei Vegetariern und Veganern zurzeit die südasiatische Jackfrucht, die wie eine übergrosse, grüne Litschi aussieht. Ihr gelbliches Fruchtfleisch lässt sich im unreifen Zustand prima marinieren, in Streifen schneiden und anbraten. Daneben werden auch v ermehrt Erbsen, Algen, Sonnenblumenkerne oder Pilze zu veganem Hackfleisch verarbeitet, geräuchert, mariniert und geschmort. Als Trockenfleisch-Ersatz und Snack für zwischendurch dienen getrocknete Pilze, etwa marinierte Kräuterseitlinge.
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Quellen: Wikipedia, Essen und Trinken, Betty Bossi, Deutschlandfunknova, Gastro-Academy, Eatsmarter, Netdoktor, Zukunftsinstitut, Web-Fashion, Gründerszene, SRF, NZZ
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WW Magazin Nr. 3 T R EN D-R EPORT Frisches ANGEBOT – TIFFANY & CO. blüht auf
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Das erste Jahrhundert des 1837 gegründeten Hauses unter dem Patron Charles Lewis Tiffany, gefolgt von seinem Sohn, dem Glaskünstler Lewis Comfort Tiffany, war ein glänzendes und brachte etwa die Tiffany-Lampen hervor. Das z weite Jahrhundert unter Verwaltern, M anagern und Investoren war eher b ewegt. Die Unternehmensleitung, wer immer das gerade war, erkannte in den 1950er Jahren, wie wichtig eine eigene Designaussage im Schmuckgeschäft ist, und Tiffany nahm etwa die Gestalter Elsa Peretti, Jean-Michel Schlumberger, Frank Gehry oder Paloma Picasso unter Vertrag. Von 2013 bis 2016 war die Designerin Francesca Amfitheatrof im Unternehmen, das tat gut – ihre «Tiffany T»Collection strahlt aus, lässt die Marke moderner und relevanter erscheinen, man darf von neuer Coolness schreiben. Unter CEO Frédéric C umenal, der bis 2017 zwei Jahre lang die Geschäfte führte, konnte Lady Gaga als Werbebotschafterin verpflichtet werden. Der gegenwärtige CEO Alessandro Bogliolo (zuvor bei Bulgari) holte 2017 den Handtaschen designer Reed K rakoff als Chief Creative Officer. Dessen erste Schmuckkollektion heisst « Paper Flowers». Sie stellt aus einzelnen Blütenblättern zusammengeheftete Papierblumen dar. Der bei Tiffany seit den Gründerjahren gezeigte Naturalismus ist damit in der Gegenwart angekommen. Er möge aufblühen.
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«PAPER FLOWERS»SET von TIFFANY & CO., die neue Schmucklinie gibt‘s ab Fr. 3100.–. Die Preise für die abgebildeten Schmuckstücke sind Fr. 16 000.– (Ring), 18 300.– (Ohrringe) und 13 200.– (Collier).
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Moderedaktion: WW-FASHION-TEAM
Mode Aussenbetrachtung
Trend-Report COLOR BLOCKING
LIEBLINGSSTÜCKE
AUF DEM LAUFSTEG
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arf man Farben, die sich beissen, kombinieren? Man darf nicht, man muss. Jedenfalls diesen Herbst und als modemutiger Mann. Weshalb? Weil schon Maler Mondrian fand, es sehe super aus.
1. Rucksack von MARNI, ca. Fr. 496.–
(bei Matchesfashion.com).
2. Sonnenbrille von OLIVER PEOPLES, ca. Fr. 460.–. 3. Hemd von ACNE STUDIOS,
ca. Fr. 303.–
(bei Mrporter.com).
4. Ring von TOM WOOD, ca. Fr. 382.–.
Outfit von FENDI: Sonnenbrille: Fr. 425.-, Strickjacke: Fr. 1065.–, Wollpullover: Fr. 859.–, Hose: ca. Fr. 690.–, Schuhe: Fr. 1000.–, Tasche: Preis auf Anfrage.
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5. Schlüsselanhänger von BOTTEGA VENETA, ca. Fr. 270.–
(bei Ssense.com).
6. Tasche von JIL SANDER, ca. Fr. 423.–. 7. Sneakers von PRADA , Fr. 920.–. 8. Outfit von MARNI, Schal: Fr. 420.–, karierte Jacke: Fr. 1500.–,
Mantel: Fr. 2040.–.
9. Outfit von PRADA, Strickjacke:
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Fr. 740.–, Blazer: Fr. 2220.–,
Hose: Fr. 810.–, Gürtel: Fr. 460.–.
10. Outfit von AMI, Blazer: Preis auf Anfrage, Hose: ca. Fr. 430.–. 11. Outfit von BERLUTI,
alle Preise auf Anfrage.
12. Outfit von WOOYOUNGMI,
Hemd: ca. Fr. 358.–, Gilet:
ca. Fr. 434.–, Hose: ca. Fr. 645.–.
13. Outfit von LACOSTE,
alle Preise auf Anfrage.
14. Rasier-Set von MÜHLE, ca. Fr. 222.–.
14 Big Bang Unico Titanium White von HUBLOT, Fr. 16 900.–.
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WW Magazin 19
Redaktion: MICHAEL BRUNNBAUER
Aussenbetrachtung Geräte
Trend-Report OBJEKTE SIE SIND AUF DER SUCHE NACH EINEM GESCHENK FÜR EINEN LIEBEN MENSCHEN, DER SCHON ALLES HAT? HIER UNSERE VORSCHLÄGE.
LICHTBLICK
Wer kühles Licht nicht mag, sondern eine gemütliche Atmosphäre bevorzugt, dem geht jetzt eine Glühlampe auf – und zwar das intelligente LED-Modell von Philips. Inspiriert von Edisons, reif für das Smart Home. LED Birne von «Philips Hue Filament», ab Fr. 29.–. SUPERFALTER
Dieses Smartphone bietet schon geschlossen einiges. Ist es aber geöffnet, steht Multitasking – Videos sehen, Spiele spielen – nichts mehr im Weg. Gerät für Frauen und andere Menschen, die mehrere Dinge auf einmal können.
«Wer sein Auto liebt, schiebt», ging die Redensart. Hier könnte man sagen: «…, baut ihm sein eigenes Haus.» Und weshalb auch soll ein schönes Auto nicht schöner wohnen? Die Garage ist aus langlebigem Alu und einbruchsicherem Glas, geeignet für drinnen oder draussen.
«Galaxy Fold 5G» von Samsung, Fr. 2300.–.
Autoräume von Fahrengold, Preis auf Anfrage.
WOHNWAGEN
OPENAIR
VON DER ROLLE
Wenn der deutsche Schreib warenhersteller mit dem italienischen Reifenfabrikanten zusammenspannt, kann die stilvolle Reise losgehen: Der bereits erprobte Montblanc-Trolley ist jetzt noch leichter und fährt auf höchst funktionstüchtigen Pirelli-Rädern.
Früher waren Spiegelreflex-Kameras die besten. Heute gibt's solche auch spiegellos – dank hoher Auflösung und grossem Dynamikbereich ist diese vergleichbar mit Mittelformatkameras. Alpha 7R IV von Sony, Fr. 4500.–. SPIEGLEIN, SPIEGLEIN AUGE IM HIMMEL
Dass Sonos besondere SoundSysteme für drinnen anbietet, wissen viele. Nun stellen die Techniker und Designer aus Kalifornien ihren ersten Lautsprecher für draussen/unterwegs vor. Wir meinen: endlich.
Höher, weiter, schneller respektive ruhiger – so ist d iese Drohne unterwegs. Beste Voraussetzungen für realistischere Bilder. Oder wie die Eigenwerbung es beschreibt: «Erleben Sie immersive Flüge.»
Move von Sonos, Fr. 429.–.
«ANAFI FPV» von Parrot, Fr. 875.–.
Montblanc x Pirelli Trolley-Kollektion, Fr. 750.–.
WELTMEISTER
Bild: Thomas Schorn
Dieser Fernseher stellt Rekorde auf: Weltweit erster OLED-TV mit 8K-Auflösung oder grösster OLED-TV überhaupt. Was das genau ist beziehungsweise bedeu tet? Ein grösseres, besseres und kontrastreicheres Bild mit leuch tenden, lebendigen Farben. OLED-8K-Fernseher, zirka Fr. 32 800.–.
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WW Magazin – die schönsten Seiten der Weltwoche – bereichert Ihr Leben vier Mal jährlich – die nächste Ausgabe: 21. November 2019 zum TRÄUMEN (schöner Schmuck, kostbare Uhren)
Wir wünschen viel Lesespass! WW MAGAZIN Nr. 3 OKTOBER / NOVEMBER 2019
Reportage
WIE EIN BASLER KÜNSTL ER EINE N WAL D IN EIN FUS SBA LLS TADION BRACHT E
Fotostrecke
REM AIN IN LIGH T NEUE MODE UNT ER DER SONNE Warentest
WO' S GUT EN ESPRES SO GIBT IN ZÜR ICH
WW-Persönlichkeit
WAS DANIEL «HUMM DOG » HUMM ALS NÄCHST ES TAT
N EU E BUSINESS IDEEN
Bild: Alex Trebus/photoselection
«A Single Man»? Daniel Humm, geschäftlich frisch getrennt, privat dagegen wieder liiert, angeblich.
WW-Persönlichkeit Story
Text: Mark van Huisseling
DER HUMM
DOG
DANIEL HUMM will mehr
sein als bloss der beste Küchenchef NEW YORKS: Ein erfolgreicher Unternehmer im ganzen Geschäft mit Gästen in ganz Amerika. Sowie in Übersee – in London eröffnet bald das erste Hotel, das der SCHWEIZER mitbetreibt. Nr. 3 2019
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Story WW-Persönlichkeit
Nur weil einer ein feines Würstchen, pardon: einen grossartigen «Humm Dog» zubereitet, heisst das noch nicht, dass er auch weiss, was Menschen im Hotel wünschen. Wenn es sich bei diesem einen aber um Daniel Humm handelt, liegt die Wahrscheinlichkeit ein bisschen höher, dass er mit seinem Erfolg und seinem Ruf über die Restaurantbranche hinaus als Könner wahrgenommen wird – zum Beispiel auf weiteren Gebieten der hospitality industry, dem Gastgewerbe. Genau daran arbeitet der Schweizer Küchenchef und Gastronomieunternehmer in Amerika zurzeit: Die Ausstrahlung der «Nomad»-Hotels, die er mit seinen Partnern betreibt, soll eine glänzende werden. So glänzend wie die seines «Eleven Madison Park» (EMP) in New York, das als eines der besten Feinschmecker-Restaurants der Welt gilt. Zurzeit gibt es drei «Nomad»-Hotels, in New York, Los Angeles und Las Vegas. Diesen Herbst soll das erste Haus ausserhalb Amerikas eröffnen, in London. «Nomad» steht für North of Madison Square Park, ein Gebiet Manhattans, das sich ungefähr von der 25. bis zur 30. Strasse zwischen der 6th und Lexington beziehungsweise M adison A venue erstreckt. Mit anderen Worten: keine Gegend mit besonderen Sehenswürdigkeiten, stattdessen mit zahlreichen indischen Restaurants – früher hiess die Ecke «Curry Hill» – und, vor allem entlang des Broadways, Billiggeschäften. Das heisst, so war’s mal, heute ist’s ein wenig anders: «Im angesagten Viertel NoMad gibt es zahlreiche g ehobene Eigentumswohnungen und immer mehr Luxushotels. A usserdem eine hohe Dichte an modernen Bars, Lounges und Restaurants. Unter der Woche tummeln sich nach Feierabend viele Werktätige aus dem nahe gelegenen Flatiron District und der Umgebung», sagt Google. Zu dieser Attraktivitätssteigerung, darf man schreiben, haben auch Chef Danny, wie Humm genannt wird, sowie sein Drei-Michelin-Sterne-Restaurant «EMP» beigetragen. Plus das Hotel «Nomad», das Stammhaus der kleinen Kette sozusagen, für dessen Restaurants und Bars er verantwortlich ist. Für Leser, die Nachrichten über Küchenchefs und deren Auszeichnungen erhaltenden Restaurants nicht regelmässig verfolgen sowie ausserdem in den, sagen wir, vergangenen acht Jahren keine Schweizer Gratiszeitungen oder Newsportale im Word Wide Web angeschaut haben: Daniel Humm, 43, kommt aus Strengelbach im Kanton Aargau. Der Schulabbrecher begann mit 14 eine Kochlehre in Schinznach und bildete sich im Hotel «Baur au Lac» in Zürich weiter, mit 24 bekam er seinen ersten Stern im «Guide Michelin». Ein Jahr später zog er nach San Francisco, obwohl er kein Englisch sprach, um dort zu kochen.
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Sein «Eleven Madison Park» in Manhattan belegte 2017 Rang eins der San-Pellegrino-Liste der fünfzig besten Restaurants der Welt. So ähnlich habe ich ihn in der Weltwoche eingeführt, für die ich ihn einmal befragte. Und ein «Humm Dog», nebenbei erwähnt, ist ein Wienerli, eingewickelt in Speck und gebraten, mit Trüffelmayonnaise in einem Kartoffelbriochebrot, überbacken mit Käse, dazu kommt Relish mit Senfkörnern und Stangensellerie. Es stimmt schon – Erfolg ist meistens keine One-Man-Show. Humm hat viele Mitarbeiter. Plus wenige wichtige Partner, einen Geschäftsund mehrere Finanzpartner. Zusammen mit dem Amerikaner William «Will» Guidara besitzt und führt er die Firma Make it Nice, diese zählt rund 1000 Mitarbeiter. Ausser dem «EMP» gehören sechs weitere Restaurants und Bars dazu (in den drei «Nomad»-Hotels) sowie «Made Nice», ein ungezwungenes Lunch-Restaurant in der Nähe des «Nomad»Hotels in Manhattan; die Idee dahinter – schnelle, leichte, gesunde Verpflegung – soll den Aufbau einer kleineren Kette zulassen. E inen Augenblick bitte. Der Beginn dieses Abschnitts muss u mgeschrieben und ins Präteritum, die Vergangenheit, übertragen werden: Humm hatte einen Geschäftspartner. Ende Juni wurde bekannt, dassGuidara und er sich trennen. Und Humm mithilfe eines Investors Guidaras Anteile an der gemeinsamen Firma Make it Nice kaufen werde. Humm und Guidara waren dreizehn Jahre geschäftlich ein Paar. Der Amerikaner war verantwortlich für den Speisesaal und alles weitere, was nicht die Küche betraf, dort entschied der Schweizer. 2011 hatten die beiden, unterstützt durch Geldgeber, dem amerikanischen Gastronomieunternehmer und ihrem Lehrmeister Danny Meyer das «Eleven Madison Park» abgekauft; dieses ist in der weltstädtischen Halle im Erdgeschoss eines Gebäudes, in dem sich früher eine Versicherungsgesellschaft befunden hatte, untergebracht. «New Yorks kraftvollste Restaurant-Ehe», stand später über die Zusammenarbeit von Humm und Guidara in der Times. Ein winning team also. Und in einem solchen, so die Redensart, sollte man nicht die wichtigsten Spieler auswechseln. Schon gar nicht während eines entscheidenden Spiels. Doch das taten die beiden. In der Times wurden sie mit wenig aussage kräftigen Sätzen zitiert: «Wir haben viel voneinander gelernt, uns aber in unterschiedliche Richtungen entwickelt» et cetera. Man habe versucht, die Firma aufzuteilen, doch das sei nicht vielversprechend gewesen. Drum übernehme Humm das gesamte Unternehmen, treibe die angefangene Entwicklung weiter voran. Und Guidara fange noch
Wo wären wir, wenn Unternehmer, Denker, Forscher ihre K omfortzonen nicht verlassen hätten? Weniger weit wohl? mal von vorne an, mit einem eigenen Betrieb. (Guidara stand für ein Gespräch mit dem WW-Magazin nicht zur Verfügung; Humm beantwortete Fragen mittels E-Mail, zur Trennung nahm er über das bereits Gesagte hinaus keine Stellung.) «Schuster bleib bei deinem Leisten.» Und Küchenchef bei deinem Herd, könnte man ergänzen. Natürlich würde eine solche bewahrende Haltung nicht zu neuen Gebieten beziehungsweise durchschlagenden Erfolgen führen. Wo wären wir, wenn Unternehmer, Denker, Forscher und so weiter ihre Komfortzonen nicht verlassen hätten? Die Branche, Gesellschaft, Menschheit – wenn wir es hoch hängen wollen – hätte es auf jeden Fall weniger weit gebracht. Während Bedenkenträger
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Oben: Normalerweise wäre das die Hotelhalle, doch in diesem Fall ist's das Restaurant.
Unten: «Front desk, how can I help?» Etwas mehr Platz wäre schön.
Unten: Bad in der Menge, vor dem Fenster ist New York. «Nomad»-Hotel.
Bilder: Benoit Linero, Francesco Tonelli
Oben: Schöner schlafen, Zimmer im «Nomad»-Hotel in Manhattan.
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New York hat er schon erobert. Und wer’s hier schafft, schafft’s überall – jetzt ist London dran; Humm in chef's white, dem Kittel des Küchenchefs.
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Bilder: Alex Trebus/photoselection, NoMad Los Angeles, Roman and Williams
oder «Unterlasser» gute, möglicherweise berechtigte Gründe erkennen, etwas nicht zu tun, nicht zu unternehmen, sehen Unternehmer gute, möglicherweise berechtigte Gründe, sich von ihren Plänen nicht abbringen zu lassen. Und also etwas zu tun, zu unternehmen. Humms Quartier liegt im zweiten Lager zweifelsohne. Das ist der Grund, weshalb er sich nicht zufrieden gibt mit dem Erreichten. Eines der besten und, soviel ist unbestritten, bekanntesten Restaurants der Welt mitaufgebaut zu haben, reicht ihm nicht, so sieht’s aus. Sein second act, der oft härter ist und an dem er zurzeit arbeitet, ist, eine der besten Hotelmarken aufzubauen. Weshalb nicht? New York hat er schon erobert. Und wer’s hier schafft, schafft’s überall, wie Frank Sinatra sang («New York, New York») respektive erobert weiter, wie Leonard Cohen festhielt («First We Take Manhattan»). Chef Danny würde das nicht so ausdrücken. Er ist mehr Macher als Redner, sein Englisch ist mittlerweile zwar gut, doch man merkt, dass er’s nicht mit System erlernt hat, sondern in Küchen, wo viele arbeiten, die’s auch nicht richtig können. Seine Schweizer Mundart, seinen Aargauer Dialekt, hat er zu einem guten Teil vergessen oder verloren, er braucht ihn auch nicht mehr. Er kommuniziert auch ohne Worte, durch Taten, seinen track record, seine Laufbahn, bis hierher. Und hat Leute, die ihm Worte, Antworten auf Journalistenfragen zum Beispiel, zurechtlegen. Das tönt dann so: «Im Kern verstehen wir was von Gastfreundschaft. Und beim Schaffen einer erstrebenswerten Hotel-Erfahrung geht es genau darum. Wenn nun zu dieser Hotel-Erfahrung noch ein Speiseund Getränkeangebot auf Weltklasse-Niveau kommt, bringen wir unsere «Nomad»-Hotels auf ein ganz neues Level. Und bieten unseren Gästen ein Erlebnis, das sie anderswo nicht finden. Weil es einzigartig ist.» (Die Frage war: Was bringt ein Spitzenküchenchef an den Verhandlungstisch, wenn er mit einem Hotelbetreiber zusammenarbeitet?) Der Hotelbetreiber heisst Sydell Group und ist ein New Yorker Unternehmen, das mehrere kleinere Ketten mit jeweils einigen Häusern in grossen amerikanischen Städten sowie in London betreibt, darunter neben den drei «Nomad»-Häusern etwa «The Line» oder «Freehand» (jeweils vier Hotels). Sydell wurde gegründet von Andrew Zobler, einem Hotelentwickler, und Ronald Burkle, einem Finanzmanager und -unternehmer; Zobler ist der CEO und fürs Tagesgeschäft Verantwortliche, Burkle, dessen Vermögen laut der F orbes-Liste zwei M illiarden Dollar beträgt, der Hauptgeldgeber. Ziel der F irma ist, die Gebäude, in denen sich ihre Hotels befinden, zu kaufen, was ungefähr in der Hälfte der Fälle gelingt, sagte mir Zobler in einem
Oben: Gerösteter Lachs mit Ingwer-Karotten-Vinaigrette. Unten: Oase in London, das neuste «Nomad».
«Ein grossartiges Hotel hat eine Geschichte zu erzählen. Und das ist unsere Geschichte», sagt Andrew Zobler, einer von Humms Partnern. Telefongespräch diesen S ommer. «Danny und Will haben uns ihre Namen gebracht. Das war riskant – Sternekoch kommt in ein Hotel und bietet entspannte Küche an –, doch es hat funktioniert. Wir wollen, dass unsere Häuser die amerikanische Varianten von europäischen Grand Hotels darstellen. Ein grossartiges Hotel hat eine Geschichte zu erzählen. Und das ist unsere Geschichte», antwortet er auf die Frage, was Humm und Guidara ihm und seinen Partnern bringen. Das «Nomad Manhattan» (wo ich für einen Teil des A ufenthalts geladener Gast war) und das in Los Angeles sind in für die jeweilige Gegend bedeutenden Gebäuden untergebracht, was
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FRAUEN MÖGEN KOCHENDE Männer. Jedenfalls, wenn es sich dabei um Daniel Humm handelt, das ist easy zu sehen. Seinen bevorzugten Frauentyp herauszufinden, dagegen schwierig. Einzige Gemeinsamkeit – sie waren bei ihm essen. 1. Für Pop- und Küchenstars wie D. H.: Autogrammkarte. 2. Mit Meghan Markle (links) und Elettra Rossellini Weidemann, 2014. 3. Mit Geneen Wright, seiner Ex-Frau und Mutter der beiden Töchter. 4. In der «Tonight Show Starring Jimmy Fallon» mit dem Gastgeber und Amir «Questove» Thompson (von links), 2016. 5. Mit Laurene Powell Jobs, der neuen Freundin vielleicht, 2019. 6. Mit Mario Sorrenti und Naomi Campbell, 2016.
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Architekturgeschichte angeht; im «Nomad Las Vegas», war ich nicht, das «Nomad London» eröffnet diesen Herbst. In meinen Augen haben die beiden Häuser Grand Hotel-Qualität, allerdings habe ich die europäische Note nicht wahrgenommen. Ich fand sie sehr amerikanische Grossstadtmässig, man kann sich gut vorstellen, dass Charaktere aus BatmanFilmen oder DC-Comics, Einwohner von Gotham City, im « Nomad Manhattan» oder Los Angeles, das sich im Gebäude einer Bank aus den 1920er Jahren befindet, absteigen und in den Restaurants oder Bars verkehren. Was ich in Manhattan vermisste, und was es geben müsste, wenn Europas Grand Hotels das Vorbild sind, ist eine Halle, die diesen Namen verdient. In New York steht man dagegen, sobald man durch die Eingangstüre tritt, schon an der Rezeption oder im Fahrstuhl. Es gibt keinen Platz für niedrige Sofas, auf denen schicke Männer sitzen, von Polsterpuffs, in deren Mitte eine Palme platziert ist, mit verführerischen Frauen drauf gar nicht zu reden . . . Manhattans Immobilienpreise sind noch höher als die in Rom, Paris und London. Oder dann sollen es die Gewinnvorgaben der Betreiber sein. «Die Library Bar ist die Halle», sagt Betreiber Zobler darauf. Diese hat mittags nicht offen, weshalb ich im «Nomad»-Restaurant war. Das Essen, das Humms Mitarbeiter aufstellten, schmeckte fein. Hotelhallen-Stimmung kam dennoch nicht auf an dem Mittwoch im Juni, das Lokal war zu wenig gut besucht – wegen der Preise vielleicht? Mein Salat, Tagesfisch, Dessert, dazu ein Bier, Wasser und Espresso kosteten umgerechnet über hundert Franken (Bedienung und Steuern inbegriffen; ich war Gast). Für Chef Danny stimmte die Partnerschaft mit Will Guidara nicht mehr. Drum liegt’s jetzt an ihm als solo act, die «Nomad»-Restaurants
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und -Hotels sowie den Rest der Make it Nice-Gruppe weiter voranzubringen. Soweit die offizielle Story. Doch ist’s die ganze, wahre Story? Wenn eine Entwicklung schwer nachzuvollziehen ist, sagen die Franzosen manchmal: «Cherchez la femme.» Die Frau im Hintergrund ist oft die Lösung des Rätsels. In Humms Leben gibt es eine neue Frau, jedenfalls wenn New Yorker People-Kolumnisten Recht haben. Es soll sich dabei um Laurene Powell handeln. Oder Laurene Powell Jobs, der Witwe von Steve Jobs. Mit geschätzten 22 Milliarden Dollar, mehrheitlich in Apple-Aktien investiert, eine der reichsten Frauen der Welt, gut aussehend zudem, eine klassische american beauty, sehr weiss, sehr blond. Humm kommentiert nichts in diesem Zusammenhang. Möglich ist es, es gibt auch das zwingend benötigte Bild, es zeigt die beiden zusammen als Besucher an einem Sportanlass in London. «Milliardärin Powell Jobs und Kochberühmtheit Daniel Humm verabreden sich seit
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Bilder: Marco Grob, Getty Images, tablehopper.com, Dukas
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einiger Zeit heimlich», schreibt ein page six-Autor selbstbewusst; Enthüllungen in der Gesellschaftskolumne der New York Post stimmten in Vergangenheit meist. Ob heimliche Verabredungen, und vielleicht ein bisschen mehr, reichen, damit Frau Powell nicht bloss ihr Herz, sondern auch ihr Portemonnaie für Chef Dannys Businessideen öffnet – man darf zu Zweifeln neigen, sie ist schliesslich kein spring chicken, kein Backfisch, sondern dreizehn Jahre älter als er. Andererseits gelten Restaurantbeteiligungen als sexy, und die Powell hat schon, Beweisstück Nr. 1: öfter im «Eleven Madison Place» gegessen sowie, Beweisstück Nr. 2: in Vergangenheit bereits in ein anderes New Yorker Restaurant investiert. Die Anteile von Humms Ex-Partner Guidara könnte sie jedenfalls mit dem Vermögenseinkommen von weniger als einer halben Arbeitswoche oder so übernehmen . . . (Annahme: 5 Prozent Rendite, Wert der Firma Make it Nice zirka zehn Millionen Dollar). Ist Daniel Humm ein honcho, ein Alpha-Mann, der ankommt bei den Ladys? Oder brennt seine Leidenschaft nur für seine Küche und Geschäfte? Ich kenne ihn zu wenig, um die Frage beantworten zu können. Ein Blick auf einige der Frauen, mit denen er zusammen war, ist interessant, aber nicht aufschlussreich – er macht es einem schwer, ein Muster oder eine Präferenz zu erkennen. Die «Liebe seines L ebens» (Quelle: GaultMillau.ch) lernte er mit siebzehn kennen, sie hiess Elayne und verliess ihn wenige Jahre später für einen anderen, Humm und Elayne haben eine Tochter, Justine, sie kam zur Welt, als er zwanzig war, später, als sie eine junge Frau war, war sie eine Zeit lang die Freundin von Nenad Mlinarevic, dem Schweizer Gault-Millau-Koch des
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Jahres 2016; über Elayne ist (mir) wenig bekannt. Mit Geneen Wright war er verheiratet und hat zwei Töchter, Colette und Vivienne; Geneen, eine Afroamerikanerin, lebt in West Hollywood in Kalifor nien, nennt sich «Business Operations Consultant», was so ziemlich alles sein kann, was sich irgendwie um Dienstleistungen dreht, ich würde sie, nicht viel präziser, einverstanden, als Influencerin beschreiben. Eine Zeit lang (oder kurz) war er zusammen mit Olympia S carry, einer in Genf geborenen, in New York lebenden Künstlerin, wieder ein anderer Typ: Kunststudentin trifft Partygirl, Schauspielerin/It-Girl Chloé Sevigny lässt grüssen. Die einzige Gemeinsamkeit der letzten drei, Geneen, Olympia und Laurene: Sie waren alle ein oder mehrere Male Gäste im «EMP». Haben einen der fünfzig Plätze bekommen und sie (oder sonst jemand) hat zirka 350 Dollar für ein Degustationsmenü plus noch mal einiges für die Weinbegleitung bezahlt. «What‘s next, Daniel, als solo act?» Wenige Worte, sieben bloss, eine grosse Frage dennoch. «Ich bin aufgeregt, mit Make It Nice ein neues Kapitel zu beginnen», antwortet er darauf. Davon abgesehen ändere sich für ihn nicht viel, wenigstens nicht von seinem Arbeitsansatz her. Die Küche sei so wichtig wie der Speisesaal. Und natürlich die Zimmer et c etera, wenn es um Hotels gehe. «Ich werde weiter hart arbeiten, wie ich es gewohnt bin. Und weiter aussergewöhnliche Qualität bieten. Und aussergewöhnliche Gastfreundschaft.» Mit oder ohne kleine H ilfe, so tönt’s, von seiner neuen Vielleicht-Freundin mit dem grossen Vermögen. Und sein Preise gewinnendes Würstchen, pardon: Den «Humm Dog», wird’s ebenfalls weiter geben. Demnächst schon weniger als 1000 Flugkilometer von Zürich entfernt, im neuen «Nomad» in London nämlich.
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Aussenbetrachtung Modestrecke
Bilder:
Styling:
EDGAR BERG
MIRIAM DEMBACH
Grafisches, figurbetontes Top und Mantel mit Überschlag aus Leder – beides von Louis Vuitton.
Sonne, bleib hier Die Zukunft des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union war unklar bis trüb, als wir unser Heft schlossen. Ganz anders präsentierten sich der Tag und das Licht während unseres Foto-Shootings der aktuellen LOUIS VUITTON-Modeund Accessoireskollektion in Südengland.
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Besticktes Kleid und Plate Gürtel sowie Schuhe: Beaubourg Derby mit Plateau – alles von Louis Vuitton.
Mantel im KimonoStil, Top mit Rüschen und Blumenmotiv, Karottenhose, Plate Gürtel, Cannes-Tasche – alles von Louis Vuitton.
Besticktes Polokleid, Schuhe: Beaubourg Derby mit Plateau – beides Louis Vuitton.
Am Strand in Südengland.
Handtasche: Valisette BB von Louis Vuitton.
Schultertasche «Tambourin» von Louis Vuitton.
Herbstsonne auf Steinen an der Küste Südenglands.
Kurzer Pullover, Lederhose, Plate Gürtel sowie A nkle Boots – alles von Louis Vuitton.
Besticktes Top mit Leopardenmotiv von Louis Vuitton.
Grafisches, figurbetontes Top, Pullover, Plate Gßrtel und bestickter Rock – alles von Louis Vuitton.
Kleid mit Blumenmotiv sowie Rhapsody-Stiefel, beides von Louis Vuitton.
Tailliertes, kurzes Strickkleid, Ledergurt mit silberner Schnalle – beides von Louis Vuitton.
Model: ESME HAM / LE MANAGEMENT Casting Director: JUERGEN SCHABES Hair & Make-up: CAROLIN JARCHOW Foto-Assistenz: TIMOTHEUS THEISEN Realisation: JÜRG STURZENEGGER Produktion: DUONG NGUYEN
SEIN WALD
Story Reportage
Von wegen Ruhe – im österreichischen Klagenfurt versuchten Einwohner, die Kunstinstallation des Baslers KLAUS LITTMANN zu verhindern, erfolglos allerdings. Bloss, weshalb pflanzte dieser BÄUME in ein Fussballstadion?
Bild: Xxxxxx Xxxxxxx
Text: Odile Burger
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Der Kärntner Fussballklub WAC schaffte unerwartet den Aufstieg in die Europa League. Doch für das internationale Spiel fehlt nun Platz im eigenen Stadion, da steht ein Wald.
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Im Land, das einst von Jörg Haider regiert wurde, scheint man eigene Regeln zu haben. Hier ist nicht jeder willkommen, gegrüsst wird der liebe Gott und so hat alles seine Ordnung. Oder hatte. Bis vor nicht allzu langer Zeit ein Schweizer Künstler auftauchte – ungebeten, versteht sich – mit dem Plan, einen Wald ins örtliche Fussballstadion zu pflanzen und so ein Bild zu realisieren, das um die Welt gehen soll. Kärnten ist ein Bundesland im Süden Österreichs. Die Hauptstadt Klagenfurt liegt am Wörthersee, hat 100 000 Einwohner und einen zu kleinen Flughafen, weshalb Anreisende manchmal auf den benachbarten im slowenischen Ljubljana ausweichen müssen. Klagenfurt ist umgeben von Hügeln, im Hintergrund sieht man Berge, vor allem aber sieht man Bäume und Wald, viel Wald. Es erstaunt deshalb nicht, dass die Leute hier Grüner, Fuchs, Wulz oder Waldner heissen. Herbert Waldner ist ein grosses Tier in der Gegend und einer der wenigen Freunde, die der Künstler Klaus Littmann aus B asel hier gefunden hat. Waldner ist der lokale Baulöwe, und wenn man ihn kennenlernt, ist man geneigt, ihn den Trump von Kärnten zu nennen. Er besitzt ein Hotel am Wörthersee, wohin er die Presse zum Galadinner lädt. «Den Hirschen hob i selbst geschossn», sagt er und ist stolz darauf. Dann rührt er kräftig die Werbetrommel für Littmanns Kunstinstal lation, aber auch für eigene Anliegen – wenn er schon mal Medienleute von überall im Haus hat –, zum Beispiel eine geplante Klinik am See. «Die ist für reiche Leute gedacht, die krank sind, weil sie Geld haben und deshalb kein Herz», sagt er, Herr Waldner, der nebenbei erwähnt Geld hat und trotzdem ein Herz. Immerhin finanziert er Littmanns Kunst installation und stellt ihm zudem eine Villa
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(Von oben nach unten) Littmann und seine Pläne sowie Bäume. Blick von der Tribüne ins Stadion mit Wald. Herbert Waldner, Baulöwe und Geldgeber.
«Die Leute fragten mich, was ich in Kärnten überhaupt wolle, hier gebe es doch schon genug Wald.» Oktober / November
im Zentrum Klagenfurts zur Verfügung. «Der Löwenanteil kommt aber aus der Schweiz», sagt Littmann. Es sei eine ganze Gruppe von Schweizern, die das Projekt mit Namen «For Forest» finanziere und diese Leute seien überzeugt, es müsse jetzt umgesetzt werden, egal, ob in der Schweiz oder sonst wo. Man könne es nicht verschieben, so wie man den Klimawandel nicht verschieben könne. Seit dreissig Jahren möchte Littmann dieses Projekt umsetzen, doch das Timing könnte heute nicht besser sein. Die Idee des Waldes in einem Stadion entstammt einer Zeichnung des Künstlers Max Peintner. In den 1970er Jahren zeichnete er eine ganze Serie dazu, die Arbeiten sind zurzeit in der Stadtgalerie Klagenfurt ausgestellt: «Paradise lost: Negative Utopien». Peintner, ein 82-jähriger Tiroler, der in Wien lebt und arbeitet, zeigt darin ein düsteres Szenario – ein riesengros ses Stadion, umringt von Hochhäusern einer Metropole, eine zubetonierte Welt mit rauchenden Kaminen. Die kleine Stadt Klagenfurt hingegen scheint ein einziger grüner Park zu sein mit ein paar Häusern und dem Wörthersee-Stadion. «Haben Sie den falschen Ort gewählt, Herr Littmann?» Littmann, 67, gross, s chlacksig, braungebrannt, sagt: «Das fragten mich die Leute hier auch, was ich denn in Kärnten überhaupt wolle, da gebe es doch schon genug Wald. Doch ein Thema, das auch ausgelöst wurde durch dieses Projekt, ist die Monokultur, der Mischwald existiert hier nicht mehr. Mit der Hitzewelle letztes Jahr sind die Wälder wie Zündhölzer umgekippt und Borkenkäfer vernichten den Wald. Die Forstwirtschaft muss umdenken.» Ich treffe Littmann zum Gespräch im Eingangsbereich eines heruntergekommenen Hotels, in dem ich mit acht Kolleginnen aus verschiedenen europäischen Ländern untergebracht bin. Der Mann ist mir auf Anhieb sympathisch, s eine unkomplizierte Herzlichkeit überrascht, er wirkt entspannt, trotz des enormen Drucks, dem er ausgesetzt ist. Die Menschen vor Ort sind nicht begeistert von der Kunstinstallation, die er mittlerweile realisiert hat – nicht wahr? Littmann gibt zu, dass er sich an die Form von Auseinandersetzungen hier nicht gewöhnen kann oder will: «Das geht von öffentlichen Beschimpfungen wie ‹Hurensohn, hau ab, geh zurück in die Schweiz› bis zu körperlichen Attacken auf der Strasse.» Doch es sei im Grunde nie um den Inhalt des Projekts gegangen, vielmehr sei behauptet worden, Steuergelder würden dafür verwendet, «was aber nicht stimmt», sagt er. Wahlen stehen zurzeit in Kärnten an und das Projekt «For Forest» wird d afür missbraucht; Haiders Nachfolger greifen Klagenfurts Bürgermeisterin Maria-Luise
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Bilder: Emmanuel Fradin, Gerhard Maurer, KK/Helge Bauer, Max Peinter «The Unending Attraction of Nature » 1970/71, hand-colored by Klaus Littmann, 2018, Courtesy For Forest; Bild vorhergehende Seite: Gerhard Maurer/Courtesy For Forest
Story Reportage
Die Idee dazu hatte der heute 82-jährige Tiroler Künstler Max Peintner, in den 1970er Jahren zeichnete er seine Serie «Paradise lost: Negative Utopien».
Ein Mischwald, geliefert vom Schweizer Landschaftsarchitekten Enzo Enea, Wörthersee-Stadion in Klagenfurt.
Kurator, Künstler und Kunstvermittler Klaus Littmann in der Villa in Klagenfurt, die ihm von einem Lokalen zur Verfügung gestellt wird.
Markus Orsini-Rosenberg «Hochmoor, Winter», 2004. «Touch Wood», die korrespondierende Ausstellung zu «For Forest», Stadtgalerie Klagenfurt.
Bilder: Emmanuel Fradin, F. Neumüller, Gerhard Maurer, enea 2018, Johannes Puch, Courtesy For Forest
Reportage Story
Mathiaschitz und den Landeshauptmann Peter Kaiser an, beide SPÖ, die Littmanns Projekt unterstützen. Feindseligkeiten erlebt der Schweizer aber auch aus einem anderen Grund: Der Kärntner Fussballklub WAC schaffte, völlig unerwartet, den Aufstieg in die Europa League. Doch für das internationale Spiel fehlt nun Platz im eigenen S tadion, da steht jetzt dummerweise ein Wald. Und das führt zu Aggressionen von Fans gegen den Verantwortlichen. «Ich habe keine Angst», sagt Littmann. «Ich habe schon sehr viele Projekte im öffentlichen Raum gemacht, da gibt es immer Leute, die dagegen sind.» Man m üsse sich im Voraus fragen, wo die Angriffsfläche liege. Zum Beispiel, was geschieht danach mit dem Wald? «Wenn der später verhäckselt w ürde, hätte mich das wohl auch verhäckselt.» Der Mischwald wurde vom Schweizer Gartengestalter Enzo Enea realisiert. Weil es an den richtigen Bäumen in der Umgebung fehlte, musste Enea diese aus Baumschulen in Italien, Deutschland und Belgien herankarren, was CO2-Emissionen verursachte. Und für weitere Kritik am Unterfangen sorgte. Doch nach dem Ende der Kunstintervention werden die Bäume ganz in der Nähe neu eingepflanzt. Wie erklärt man einem durchschnittlich Uninteressierten, oder einem Hinterwäldler, was an dem Wald im Stadion Kunst ist? Littmann scheint diese Frage nicht besonders zu mögen, seine Miene verdüstert sich, dann sagt er: «Es ist ein Kunstprojekt, weil es sehr viele Themen behandelt, auch die klassischen Formen, die in allen künstlerischen Ausdrucksformen vorkommen, ob in der Musik, in der Literatur oder im Film – die Themen Natur und Baum kommen immer vor.» Und wegen der Tagesaktualität werde das Bild noch stärker dramatisiert. «Max Peintner und ich, wir arbeiten schon seit ewigen Zeiten am Thema Wahrnehmung, jeder Mensch entwickelt Sehgewohnheiten im Alltag, gewisse Sachen sind einfach selbstverständlich, wir nehmen sie gar nicht mehr wahr. Was ich hier mache, ich nehme einen Wald und stelle ihn in einen neuen Kontext. Das verändert die Wahrnehmung des Besuchers automatisch.» Das Stadion ist das modernste Österreichs, es fasst 30 000 Zuschauer, erbaut w urde es 2007 im Auftrag Haiders. Allerdings blieb es in Vergangenheit häufig ungenutzt, und so bot es sich an, hier das Bild Peintners zum Leben zu erwecken. Bei der Pressekonferenz wird uns die Aussicht ins Stadion vorerst verwehrt: Die Fenster im grossen Raum im oberen Teil des Stadions sind mit Papier zugeklebt. So konzentriert sich das Pressepublikum auf die vier Männer und die Frau hinter einem langen Tisch: Littmann, Waldner, Peintner, Enea und Bürgermeisterin Mathiaschitz. Kopfhörer werden verteilt.
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«Ich habe keine Angst, ich habe schon viele Projekte im öffentlichen Raum gemacht, da gibt es immer Leute, die dagegen sind.» (Von oben nach unten) «Hello, hier Klagenfurt». Der Mischwald soll rehabilitiert werden. Modell des Stadions mit Wald. Max Peintner und Klaus Littman.
Simultan wird ins Englische übersetzt. Eine Kollegin sagt leise: «Das alles ist eine riesengrosse Selbstinszenierung des Künstlers.» Littmann, Sohn eines Journalisten, studierte an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Josef Beuys und machte sich voerst als Kunstvermittler einen Namen. Er arbeitete mit Jean Tinguely oder C hristo und JeanneClaude, realisierte über achtzig Kunstprojekte im In- und Ausland, und h eute weiss fast niemand genau, ob er nun K urator, G alerist, Kunstvermittler oder Künstler ist. Ich frage, was er a ngebe, wenn er ein offizielles Dokument ausfüllen müsse. Littmann lacht und sagt: «Jedes Mal etwas anderes.» Wir hätten die Tendenz, meint er, Leute zu schubladisieren, wenn man so arbeite wie er, könne man nicht nur das eine oder andere sein. «Wenn ich also gefragt werde, ob ich Kurator sei, sage ich, ‹nicht nur, aber auch›. Und wenn ich gefragt werde, ob ich Künstler sei, sage ich, ‹nicht nur, aber auch›.» Sinn der «For Forest»-Kunstinstallation sei, den Blick auf die Zukunft der MenschNatur-Beziehung zu schärfen (Pressemitteilung). Zudem verstehe sich das Projekt als Mahnmal dafür, «dass die Selbstverständlichkeit der Natur eines Tages nur noch in ihr speziell zugewiesenen Gefässen zu bestaunen sein könnte.» Endlich geht der Vorhang auf r espektive wird das Papier von den Fenstern entfernt und man bekommt das Werk zum ersten Mal zu sehen. Der Anblick überrascht und b erührt auf den ersten Blick. Wenn man den Wald allerdings länger betrachtet, wird’s merkwürdig: Es gibt keine Geräusche, keinen Geruch, keine Tiere und auch keinen Wind, der durch die Baumwipfel streicht. Ein Wald, der nicht lebt. Neben mir steht ein ä lterer Mann, ein renommierter Kulturjournalist aus Frankreich. «Quelle triste image, cette forêt e nfermée» – was für ein trauriges Bild, d ieser eingesperrte Wald, sagt er und schickt ein Foto nach Paris. Littmann hat sein Ziel erreicht: Das Bild geht um die Welt, und landet auch als Post auf dem Instagramkonto von Leonardo D iCaprio, dort wird es von Hunderttausenden geliked.
REISE UND AUSSTELLUNGEN Täglich Swiss-Flüge von Zürich nach Ljubljana, K lagenfurt erreicht man in einer guten Stunde ab Flughafen mit Bus oder Auto. Kunstinstallation «For Forest» – die ungebrochene A nziehungskraft der Natur, im Wörthersee-Stadion, K lagenfurt, bis 27. Oktober, Eintritt frei. «Paradise lost: Negative Utopien» von Max Peintner sowie «Touch Wood», die korrespondierende Ausstellung zu «For Forest», Stadtgalerie Klagenfurt, bis 5.1.2020.
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Aussenbetrachtung Kulinarik
In einem UBS-Gebäude am Talacker im Zentrum Zürichs: «Citizen M» (ausgesprochen «Äm», ein Hinweis auf den Hauptsitz des Unternehmens, «Ämsterdäm»).
Kulinarik Aussenbetrachtung
Illustration: PAULA SANZ CABALLERO
DRINGEND GESUCHT: MEHR GÄSTE Die Zahl der HOTELZIMMER in Zürich steigt und steigt. Für Kunden ist das eine gute Nachricht: denn die PREISE SINKEN. Was dazu führt, dass nur die besten Anbieter länger als ein paar Nächte im Geschäft mit zeitlich befristeten Unterkünften bestehen werden.
Text:
MARK VAN HUISSELING
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chweinezyklus sagt man dem in der Volkswirtschaftslehre: wenn zwar die nachgefragte Menge eines Guts oder einer Dienstleistung steigt, doch die Anbieter die Menge des Guts oder der Dienstleistung nicht sofort erhöhen können. Sondern dafür einen Vorlauf brauchen. Weil das nachgefragte Gut erst hergestellt werden muss. Nehmen wir an, die nachgefragte Menge von Spareribs steigt. Dann müssen Züchter erst mehr Schweine mäs ten, bevor sie deren Rippchen verkaufen können. Wenn der Markt funktioniert, steigt der Preis des nachgefragten Guts. Was mehr Züchtern Anreiz bietet, mehr Fleisch zu pro duzieren. Worauf der Preis sinken sollte. Und einige Züchter lieber wieder etwas a nderes herstellen und anbieten. Vor allem, wenn man es mit einem in der Herstellung a nspruchsvollen Gut zu tun hat, beispiels weise Investitionsgütern wie Maschinen oder so, für deren Herstellung Produktionsstras sen et cetera gebaut werden müssen, kann es dauern, bis die angebotene und nachgefragte Menge übereinstimmen. Soweit so theoretisch. Die Praxis ist in Zürich zurzeit am Beispiel neu eröffneter Hotels, mehrheitlich im Vier-Sterne-Bereich, zu beobachten: In den vergangenen zwei einhalb Jahren eröffneten beispielsweise die Verantwortlichen der Ketten «25hours», «Motel One», «Aja» oder, jüngst, in einem UBS-G ebäude am Talacker im Stadtzentrum «Citizen M» (ausgesprochen Citizen «Äm», ein Hinweis auf den Hauptsitz des Unterneh mens, «Ämsterdäm») je ein Hotel mit zwischen
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180 und 400 Zimmern. Seit Anfang 2017 sind insgesamt 1637 neue Hotelzimmer entstan den (Quelle: Zürich Tourismus), einige der erwähnten neuen Hotels sind darin noch nicht berücksichtigt, da die Organisation diese Zahl schon im Frühjahr bekanntgegeben hat. Dazu kommen Veränderungen des Bestands durch bestehende Häuser, die renoviert und danach zum Teil in eine höhere Kategorie eingeteilt wurden – etwa das alteingesessene Hotel «Storchen», das seit dem Umbau dieses Frühjahr nicht mehr vier, sondern fünf Sterne hat. Und obwohl man beim Reiseziel Zürich vielleicht nicht als erstes an eine Unterkunft von einer digitalen Vermittlungsplattform wie Airbnb denkt, gibt es auch immer mehr sol che, wodurch die angebotene Zimmermenge weiter steigt. Man braucht kein grosser Volkswirtschaftler zu sein, um zu erkennen: entweder sinken die Preise oder einzelne Betriebe werden aufgegeben und Hotels müssen schliessen. Oder beides. Von «starkem Preisdruck, der von Kettenhotels ausgeht», spricht etwa die G eschäftsführerin des Zürcher Traditions hauses «Central Plaza» gegenüber einem nzz.ch-Mitarbeiter. Um in dieser Lage zu bestehen, braucht es im Allgemeinen mehr Gäste. Und im B esonderen ein erfolgversprechendes G eschäftsmodell. Die Zahlen sind nicht schlecht – 2018 plus 5,4 Prozent Übernachtungen, gesamthaft sechs M illionen in der Region Zürich –, doch sich darauf allein zu verlassen, kann nicht nachhal tig sein. Immerhin sollen bis 2022 weitere 17 550 Hotelzimmer gebaut werden, was 40 Prozent des Bestands von 2017 entspricht; allein am Flughafen entstehen zwei «Hyatt»-Häuser mit je 550 Zimmern. Schaffen werden es Hotelbetriebe, die ihre Gäste kennen. Und genau das anbieten und
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verrechnen, was diese wollen. Dazu zählen die Betreiber der «Citizen M»-Gruppe, die nicht die klassische Sternebewertung sucht, aber wohl vier davon bekäme für ihre zurzeit achtzehn Häuser, 23 w eitere sind g eplant, in E uropa, Nordamerika und Asien, so sieht’s aus. M arketingchef Robin Chadha, Sohn des Firmeng ründers und Mitbesitzers eines aus Indien in die Niederlande ausgewanderten ehe maligen Industriellen, weiss fast a lles über seine g läsernen Kunden, sozusagen: wann sie einchecken, gerne auch mittels Self-CheckIn, also Schlüsselkartenübernahme und Registrierung ohne mit einem Menschen zu sprechen (in der Regel um 17 Uhr), wie lange sie ihr Z immer benötigen (bis drei Nächte in Stadtzentren, eine Nacht am Flughafen; voraussichtlich durchschnittlich 1,5 Nächte in Zürich), wie viele davon Stammgäste sind (hohe 33 P rozent), was sie für eine Zimmergestal tung wünschen (viel Platz ausserhalb des Betts ist keine Top-P riorität, dagegen Power-RainShower im Bad sowie reichlich Schnittstellen für d igitale Geräte plus ein stimmungsab hängiges Zimmerambiente dank Licht- und Musikeffekten, von «Party» bis «Romantic» und so weiter. Zwei Übernachtungen im Standardzimmer, im « Citizen M» gibt’s keine unterschiedlichen Kategorien, kosteten 423 Franken Anfang Sep tember, Frühstück für 19.95 nicht inklusive (keine stornierbare Rate, ohne Hotel-Treue programm-Ermässigung von zehn Prozent). Ein klar niedrigerer Preis also, als man ihn vor einigen Jahren in einem Zürcher Hotel mit vergleichbarem Komfort bezahlt hätte. Abgesehen davon, dass man ein brandneues Zimmer für sein Geld bekommt. Das Ergebnis des Schweinezyklus’ kann also ein besseres sein, als der eher unschöne Begriff auf den ersten Blick vermuten lässt.
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Aussenbetrachtung Wanderlust
Illustration: TOBY NEILAN
Für den nächsten Frühling Es ist nicht leicht, ein so gutes Auto wie den 911er besser zu machen. Doch den Porsche-Ingenieuren gelingt es mit jeder Neuauflage. Machmal sind sie dabei fast zu angestrengt unterwegs. Von: MICHAEL A. GOTTHELF
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Die Verteufelung des Automobils macht Fortschritte. Politisch korrekt blasen mehr und mehr Politiker zur Hatz auf die individuellen Fortbewegungsmittel – das Weltklima will gerettet werden, gerade in Wahlkampfzeiten des Jahres 2019. Ziel ist die e ndgültige Abschaf f ung des Verbrennungsmotors, Ursache allen Übels. Allenfalls Elektromobilen g ehört die Zukunft, so ist zu hören und lesen. Dabei waren wir vor über hundert Jahren schon einmal soweit, wie Dan Albert’s Buch «Are we there yet? The American Automobile Past, Present and Driverless» zu entnehmen ist. Um die vorletzte Jahrhundertwende gab es bereits Autos mit elektrischem Antrieb auf den Strassen. Sie waren mit bis zu hundert
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Das Dach lässt sich bis 70 km/h problemlos öffnen und ist, wie schon beim Vorgängermodell, bestens geräusch- und windisoliert – nicht unerheblich im Winter in der Schweiz.
Meilen in der Stunde Höchstgeschwindigkeit sogar schneller und wendiger als ihre Benzin getriebenen Gegenstücke. Trotzdem hielt die Euphorie nicht lange. Bereits vor Beginn des Ersten Weltkriegs war es vorbei mit den Stromrennern: zu teuer und die Reichweite mit vierzig Meilen zu gering, wie in der Zeitschrift «The New Yorker» kürzlich stand. Die Hersteller gingen Pleite. Wie gut, dass in einem kleinen schwäbischen Dorf noch nicht endgültig vor dem Zeitgeist kapituliert wurde. Der neue, in Zuffenhausen entwickelte und produzierte
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Porsche 911 legt davon Zeugnis ab: Im Design blieb man sich und der klassischen Linie des Sportwagens, den es in dieser Form seit über fünfzig Jahren gibt, weitgehend treu. Die grössten Veränderungen fanden im I nnenleben statt. Wir fuhren den 911 C arrera S Cabriolet und zum Vergleich das Vorgängermodell. Traditionell wurden dem neuen Motor ein paar PS mehr verpasst: statt bisher 420 sind es nun 450. Damit beschleunigt das Auto in 3.9 Sekunden auf 100 km/h und ist fast so schnell wie der 911er Turbo, das Topangebot
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Wanderlust Aussenbetrachtung
bestens geräusch- und windisoliert. Neu ist der wet-Modus: Ist die Fahrbahn nass, wird dies in der Instrumententafel angezeigt. Und um vorsichtige Fahrweise gebeten. Zudem greift die Technik dann auch autonom ein und soll verhindern, dass man abhebt und zum bemannten Flugobjekt wird. Die Höchstgeschwindigkeit wird mit 306 km/h angegeben. Wir haben uns redlich bemüht, diese zu erreichen, sind aber angesichts der vollen Autobahnen nie über 280 km/h – selbstverständlich in Deutschland – hinausgekommen, schenken aber den Herstellerangaben Glauben. Dito beim Benzinverbrauch: Dieser wird
Der Wagen hat eine erstaunliche Durchzugskraft, die das Überholen zum Kinderspiel macht – wäre da nicht der Spurhalte-Assistent.
von Porsche der vorletzten Generation, war. Doch gerade auch im Bereich über hundert Stundenkilometer hat der Wagen eine erstaunliche Durchzugskraft, die Überholvorgänge zum Kinderspiel macht – wäre da nicht der Spurhalteassistent. Bei jedem Überholmanöver, egal ob auf der Autobahn oder einer Landstrasse – zuckt und rüttelt es im Lenkrad. Damit will einem der Bordcomputer wohl klarmachen, dass man die sicheren, gewohnten Bahnen verlässt. Und fragt damit indirekt, ob man dies wirklich wolle. Für Fahrer, die gerne am Steuer SMS lesen oder schreiben respektive zum Einschlafen neigen, ist dies sicher ein Fortschritt. Ich wage jedoch die Prognose, dass die Mehrheit der zügig unterwegs sein wollenden Porschefahrer dies nicht tut. Also
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lautet die Empfehlung, auf solche Fahrhilfen von Autos, die mitdenken und dies kundtun, zu verzichten, diese Assistenten abzuschalten und lieber die Fahreraugen offen zu halten. Und wenn wir schon beim streng Urteilen sind: Das Prinzip «Augen auf» gilt auch für die Tempolimitanzeige auf dem Naviga tionsdisplay. Sie divergiert – wenn auch nicht allzu oft – mit den auf den Strassen tatsächlich angegebenen Höchstgeschwindigkeiten oder schaltet jedenfalls erst mit einer bestimmten Zeitverzögerung um. Es wäre doch schade, wenn einem aufgrund dessen ein Strafzettel ins Haus flatterte . . . Der Rest ist reines Fahrvergnügen. Das Dach lässt sich bis 70 km/h problemlos öffnen und ist, wie schon beim Vorgängermodell,
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mit weniger als zehn Liter im Mix angegeben. Wobei: Wer danach aus Spargründen fragt, kann sich den Wagen sowieso nicht leisten, möchte man sinngemäss antworten, wie wenn einer wissen will, wieviel diese oder jene Yacht kostet. Porsche hat wieder mal grosszügig draufgeschlagen beim Preis. Der Richtwert für das neue 911er Carrera S Cabriolet liegt nunmehr bei über 175 000 Franken, mit ein paar Extras übersteigt es mühelos die 190 000 Franken-Marke. Wir raten – falls man sich nicht sehr oft auf deutschen Autobahnen austoben will – zum 911 Carrera Cabriolet, das mit 385 PS auch nicht gerade mickrig motorisiert daherkommt, und immerhin gut 20 000 Franken billiger ist. Wer den neuen 911er noch diesen Oktober bestellt, kann laut dem Porsche-Center in Zürich-Riesbach mit einer Auslieferung im Frühjahr 2020 rechnen.
PORSCHE 911 CARRERA S4 CABRIOLET Das von unserem Autor gefahrene Modell der Baureihe 992 mit 6 Zylinder-Boxer-Motor leistet 450 PS, erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 306 km/h und verbraucht 9,1 Liter Benzin / 100 km (kombiniert; Werksangaben). Preis für ein Auto mit Grundausstattung ab 175 600 Franken, Preis unseres Testwagens 207 320 Franken.
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Zürichs bester Espresso Aussenbetrachtung
Illustration: JÜRG STURZENEGGER/STUDIO STURZENEGGER
Äs feins Käfeli
Bitte nicht, stattdessen den perfekten ESPRESSO. Gibt's den nördlich der Alpen? Riesenfrage. Knappe Antwort: leider nein. Also umblättern und Tee trinken? Keinesfalls, denn immer mehr Anbieter arbeiten daran. Kleiner, nicht-repräsentativer Prüfbericht der KAFFEEKULTUR ZÜRICHS. Von: MARK VAN HUISSELING
1. VICAFE BELLEVUE Theaterstrasse 14, Zürich, www.vicafe.ch
4. LA STANZA Bleicherweg 10, Zürich, https://lastanza.ch
7. MAME Josefstrasse 160, Zürich, www.mame-coffee.com
Geprüftes Angebot: Doppelter Espresso Kaffee / Röstung: direkte Beschaffung, eigene Rösterei Preis: 4.50 Franken Kundenbindungsprogramm: jeder elfte Kaffee gratis (= 4.10 Fr. / doppelten Espresso) Prüfbericht: Schlange stehen unter freiem Himmel? In diesem Fall lohnt's sich – der Espresso ist sämig, heiss und schmeckt. Wasser dazu verlangen, er ist stark, richtig stark. Gesamtnote (1 = Spülwasser, 6 = wie in Italien): 5,5
Geprüftes Angebot: Doppelter Espresso Kaffee / Röstung: keine Angabe Preis: 5.– Franken Kundenbindungsprogramm: nein Prüfbericht: Plattenläden, in denen man vom Personal gestraft wird, weil man sich nach der «falschen» Band erkundigt, gibt's nicht mehr. Dafür das La Stanza, wo Gäste zu stören scheinen. Schade um den guten, starken, in der richtigen Länge (früher oder eher später) servierten Kaffee. Gesamtnote: 3
Geprüftes Angebot: Doppelter Espresso Kaffee / Röstung: eigene Mischung Preis: 5.– Franken Kundenbindungsprogramm: keine Angabe Prüfbericht: kleines, aber freundliches Lokal mit Gästen, die aussehen, als würden sie über dem Businessplan brüten für das erste «Einhorn»-TechStart-Up aus der Schweiz. Auf einer halbautomatischen Maschine sehr fein zubereiteter Kaffee; für unseren Geschmack etwas zu wenig stark. Gesamtnote: 5
2. MONOCLE CAFE Dufourstrasse 90, Zürich, https://monocle.com
5. NESPRESSO MASCHINE DER WELTWOCHE VERLAGS AG Förrlibucksrasse 70, Zürich
8. STARBUCKS Limmatstrasse 5, Zürich, starbucks.ch
Geprüftes Angebot: Doppelter Espresso Kaffee / Röstung: Sanchez / Miro Coffee Preis: 4.50 Franken Kundenbindungsprogramm: jeder sechste Kaffee gratis (= 3.75 Fr. / doppelten Espresso) Prüfbericht: Wer nicht englisch kann, benutzt Zeichensprache – die Bedienung does not speak German. Dafür sehen die Angestellten gut aus, viele Gäste ebenfalls. Und der Espresso ist auch very nice. Gesamtnote: 5
Geprüftes Angebot: «Espresso» Geschmacksrichtung: Ristretto Preis: zirka -.50 Franken Kundenbindungsprogramm: verschiedene Prüfbericht: Nespresso mit Espresso zu vergleichen ist in unseren Augen schwierig. Es ist ein gut gemachter, bequem erhältlicher Softdrink, auf Wunsch mit Koffein, der wohl niemandem missfallen soll. Wir verzichten gerne. Gesamtnote: 2
Geprüftes Angebot: Doppelter Espresso Kaffee / Röstung: eigene Mischung / Röstung Preis: 4.90 Franken Kundenbindungsprogramm: ja, vereinfacht gesagt jeder fünfzehnte Kaffee gratis Prüfbericht: Die Idee des «dritten Raums» ist bei uns weniger nötig als in Amerika, eine gute Sache dennoch. Free Wi-Fi dito. Geöffnet von sehr früh bis spät. Ach, der Kaffee: Berechenbar, zuverlässig, okay. Was man von einer Kette erwartet. Gesamtnote: 4,0
3. KRONENHALLE Rämistrasse 4, Zürich, www.kronenhalle.ch
6. DIDIESSE «FROG» MASCHINE MIT CAFFÈ BORBONE BEI MVH INDUSTRIES, ZÜRICH
9. KORNSILO Seefeldstrasse 231, Zürich, kornsilo.ch
Geprüftes Angebot: Doppelter Espresso Kaffee / Röstung: Kronenhalle-Mischung Preis: 7.– Franken Kundenbindungsprogramm: nein Prüfbericht: eines der schönsten Restaurants überhaupt, super Kunst, wegen des Kaffees geht keiner hin, klar, wenn schon trotzdem; dennoch – muss er so dünn, lang und schal sein? Wir finden: Die «Krönzgi» hat besseres verdient. Gesamtnote: 2,5 (dank der Zeitungsauswahl, im Preis inbegriffen)
Geprüftes Angebot: Espresso alla Napolitana (2,75 cl) Kaffee / Röstung: Miscela blu Preis: zirka -.60 Franken Kundenbindungsprogramm: nein Prüfbericht: der beste, uns bekannte Espresso für den Heim- / Bürogebrauch. Hergestellt mittels einer Maschine mit Lieferpreis unter 250 Franken. Stark, geschmackvoll, dunkel, zähfliessend-cremig. Gesamtnote: 5 (Bezugsquelle / Tasting auf Anfrage – info@markvanhuisseling.ch)
Geprüftes Angebot: Doppelter Espresso Kaffee / Röstung: Stoll-Kaffee Preis: 6.– Franken Kundenbindungsprogramm: nicht für Kaffee / Espresso Prüfbericht: nettes Lokal mit KaffeekulturAnsatz und guter Maschine. Arbeitsabläufe sind noch verbesserungsfähig – es dauert, je nach Bediener, lange, der Espresso ist dann kalt und / oder abgestanden. Gesamtnote: 4,5
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Anleitung Arbiter Elegantiarum
SABINA BELLI
Halskette «Tango» von POMELLATO, Fr. 76 600.–.
Lippenstift von DIOR, Fr. 52.–.
Tasche von von MUI MIU, Fr. 1750.–.
«Schmuck drückt unsere Persönlichkeit, wer wir sind, deutlicher aus als alles andere.» Es darf, muss aber nicht, ein statement piece, ein auffälliges Stück, sein.
Jumpsuit von ALEXANDRE VAUTHIER, ca. Fr. 2790.–.
Pumps von JIMMY CHOO, ca. Fr. 600.–.
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Was entsteht, wenn man das Beste der Pariserin mit dem der Mailänderin vereint? Ein Stil, der an den von Sabina Belli, CEO der Pomellato-Gruppe, erinnert: Schick, m odisch, aber nie angestrengt, sondern immer mühelos. Und perfekte Haare sollte man zudem haben. Oktober / November
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Die Sache mit dem Stil ist im Grunde eine einfache – man hat ihn oder man hat ihn nicht. Einverstanden, wenn man ihn nicht hat, wird's schwierig. Weil man dann eigentlich machen kann, was man will, es wird nicht wirklich besser. Zum Glück ist unsere Stilvorlage des Monats eine Frau, die Stil hat. Und zwar sowohl einen eigenen als auch einen guten. «Ich mag zurückhaltende Eleganz mit einem Hauch von Farbe», sagt Sabina Belli. Wer das Bild links anschaut, versteht, was die Chefin von Pomellato, dem Mailänder Echt-Schmuck-Juwelier (Eigenreklame), meint. Ihre Stilheldinnen seien la parisienne sowie le sciure, also die Pariserin an sich, die man mit zwei Worten beschreiben könne: «So schick». Sowie die (oft mittelalten) Mailänderinnen «stets modisch, aber nie angestrengt, sondern immer mühelos, scheinbar wie zufällig gekleidet und aufgemacht». Mit anderen Worten: Stil so zu beschreiben oder erklären, dass man ihn zu Hause nachmachen kann, ist herausfordernd. Wobei wir der Italienerin nicht unterstellen wollen, sie halte absichtlich zurück mit ihrem Wissen und Können. Ebenfalls wichtig – wen überrascht's? – seien Accessoires, und dazu gehöre Schmuck. «Dieser drückt unsere Persönlichkeit, wer wir sind, deutlicher aus als alles andere.» Es dürfe, müsse aber nicht, ein statement piece, ein auffälliges Stück, sein, «Schmuck verstärkt und verbessert den Stil immer». Ein letzter, allerdings wichtiger Gedanke: «Nichts geht über persönliche Pflege und ohne diese geht nichts. Und dazu gehört perfektes Haar.» Mark van Huisseling
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Bild: Angela Lo Priore
EIN HAUCH VON FARBE, IMMERHIN
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Art/Bild: Edgar Berg, Paula Sanz Caballero, Lesja Chernish, Fabio Consoli, Grafilu, Toby Neilan, Haley Tippmann, Armin Zogbaum Text/Redaktion: Michael Brunnbauer, Marianne Eschbach, Michael Gotthelf, Tobias Reichmuth, Sarah Stutte, Raphael Suter
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