WW MAGAZIN Nr. 1 APRIL / MAI 2018
Zoe Saldana
HOLLYWOOD SCHICKT DIE SCHÖNE IMMER INS ALL – LEIDER Yannick Aellen
DER MANN, DER SCHWEIZER MODEMACHER MACHT
Prinz Absturz Fiat-Erbe Lapo Elkann ist reich, elegant und talentiert; in Italien wird er verehrt wie ein Mitglied der ehemaligen Königsfamilie. Bekommt er sein Leben unter Kontrolle – oder ist der Fluch der Agnelli stärker?
Brief von der Savile Row
LONDONS MASSSCHNEIDER SIND WIEDER GUT BETUCHT
Nur eines wird Ihnen fehlen.
Mehr Zeit, um all den Luxus zu geniessen.
SWISS First. swiss.com
Willkommen in der SWISS First Lounge A. SWISS First Gäste geniessen jetzt auch im Terminal A in Zürich höchsten Komfort, Erholung und kulinarische Köstlichkeiten in einem exklusiven Ambiente. Seit März 2018 nden Sie auch im Terminal A eine SWISS First Lounge. SWISS First steht für höchsten Komfort vom Start bis zum Ziel Ihrer Reise. Die neue luxuriöse SWISS First Lounge A rundet unser breites Angebot perfekt ab. Sie bietet Ihnen auf 650 Quadratmetern ein entspanntes Ambiente. Der Welcome Desk bendet sich nur Schritte von der SWISS First Check-in Lounge ent fernt. Bei beiden können Sie Ihr Gepäck aufgeben und als Gast in SWISS First oder als HON Circle Member die exklusive Sicherheitskontrolle nutzen, über die Sie ins Innere der Lounge gelangen. Unverwechselbares Design. Design und Interieur sind von der SWISS First Lounge im Dock E inspiriert: geöltes Eichenparkett, Jura-Kalkwände und edle Möbel von Schweizer Designern. Das Zonenkonzept ist ganz auf Ihre Bedürfnisse ausgerichtet: Sie nden einen Lounge Club
mit Ledersofas, eine Businesszone, einen Meetingraum mit Sicht auf das Rollfeld sowie einen Ruheraum mit Relaxliegen. Raucher werden die Smoker’s Lounge schätzen, die einen eigenen Aussenbereich umfasst. Mehr Wohnzimmer als Lounge. Während der Konstruktion wurde nichts dem Zufall überlassen. Entstanden ist eine zeitlose SWISS First Lounge, die Ihren Komfort in den Mittelpunkt rückt und an ein luxuriöses Wohnzimmer erinnert.
Dank der Nähe zu Ihrem Abug-Gate können Sie Ihren Aufenthalt in der neuen SWISS First Lounge A bis zum letzten Moment auskosten. Und wenn Sie einen Langstreckenug vor sich haben, bringt Sie unser Limousinenservice im Nu ins Dock E.
Kulinarische Höhenüge. Selbstverständlich kommt auch der Genuss nicht zu kurz. Lassen Sie sich im Restaurant von exquisiten Speisen à la carte verwöhnen oder schauen Sie den Köchen im FrontCooking-Bereich beim Zubereiten Ihres Lieblingsgerichts über die Schulter. Eine Bar mit über 100 Grappa- und Obstbrandsorten aus der Schweiz bildet das Herzstück der SWISS First Lounge. Oder probieren Sie die Kaffeespezialitäten, die von erfahrenen Baristas für Sie zubereitet werden.
Made of Switzerland.
Innenbetrachtung Editorial
«Sei vorsichtig, was du dir wünschst»
8 WW Magazin
unvorstellbar reich (Schätzungen liegen weit auseinander, die Zahlen haben aber immer zehn Stellen). Und er ist m eistens mit Topmodels oder Schönheitsköniginnen zusammen, wenn auch oft nicht lange. Kurz: Man wünscht sich sein Leben, weil es besser ist. Meint man. Bis man ihn kennenlernt. Und er aus diesem guten Leben, seinem Leben, erzählt. Dann erinnert man sich an den Satz: «Sei vorsichtig, was du dir wünschst – der Wunsch könnte erfüllt werden.» Wir wünschen Ihnen ein stilvolles Leben, natürlich. Oder wenigstens viel Lesevergnügen.
April / Mai
Illustration: Haley Tippmann
Die jeweils erste WW Magazin-Ausgabe des Jahres nennen wir unsere «Stilvoller leben»-Nummer. Sie, geschätzte Leserin, und Sie, lieber Leser, braucht das nicht zu kümmern. Solche B eschriebe sind für Anzeigenkunden, weil sie ihnen helfen, zu entscheiden, in welcher Ausgabe sie ihre Reklame am zielführendsten platzieren (von uns aus gesehen in jeder). Als WW-Persönlichkeit haben wir dieses Mal Lapo Elkann ausgewählt. Der Fiat-Erbe und Design- sowie Marketingunternehmer ist wohl so etwas wie die Verkörperung des Begriffs «stilvoll leben», kann man sagen. Vogue- Chefin Anna Wintour beschreibt ihn als elegantesten Mann der Welt, er ist
Nr. 1 2018
Sie müssen nicht länger zwischen einem SUV und einem Maserati wählen
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Innenbetrachtung Mitarbeiter dieser Ausgabe
1) SARA ALLERSTORFER
3) JÜRG STURZENEGGER
Unsere freie Mitarbeiterin – L eser mit Elefantengedächtnis erinnern sich – wird nicht zum ersten Mal auf dieser Seite vorgestellt. Sie hat bereits in Vergangenheit Artikel für uns geschrieben, bei denen es um Mode geht. Denn Mode ist ihr Beritt – sie war viele Jahre Redaktorin von Bolero, der Schweizer Modezeitschrift. Doch vor einiger Zeit hat sie die angekündigte Drohung wahrgemacht und die Branche verlassen. Um sich einen a nderen grossen Wunsch zu erfüllen: einen sogenannten K inder-Konzept-Laden zu eröffnen («Karamell» heisst er und befindet sich im Zürcher Seefeld; wir empfehlen ihn). Was wir ausserdem begrüssen, ist, dass Sara sich nicht ganz aus dem Journalismus zurückziehen mag oder kann. Für diese Ausgabe porträtierte sie «Monsieur Mode S uisse», Yannick Aellen. Seite 42.
Seine Autorenzeile sucht man vergeblich in unserer Zeitschrift, und doch ist kein Mitarbeiter präsenter respektive hinterlässt mehr Spuren im Heft als er – Jürg ist unser neuer Art Direktor und damit verantwortlich für das (schöne) Erscheinungsbild des Magazins. Der Mann aus Pontresina im Engadin – ein Name gibt nicht immer eindeutige Hinweise auf die Herkunft seines Trägers – war zuvor verantwortlich für das Aussehen von Bolero. Seit er sich vor einigen Jahren als Gestalter selbständig gemacht hat, sorgt er auch dafür, dass etwa das Filmmagazin mit Namen Frame aus dem Medienhaus der Neuen Zürcher Zeitung nicht nur Lesern, sondern auch Sehern Freude bereitet. Wir heissen Jürg herzlich willkommen in unserem Team, beziehungsweise: Cordiel bainvgnieu! Als Pontresiner spricht er selbstverständlich auch rätoromanisch.
Auch der Fotograf und Filmer ist kein Unbekannter in d iesem Verlag, er war Bildredaktor der Weltwoche. Es erstaunt, wenn man Nathans Bewegungsdrang kennt, dass er eine Zeitlang einen Bürojob hatte: Seit seiner Ausbildung an der Zürcher Hochschule der Künste war er in den vergangenen zwanzig Jahren nämlich meistens als Reportagefotograf unterwegs, etwa in Afghanistan, Syrien, Somalia, Libyen, L iberia, im Jemen oder im Irak. E inige Fotos, die in dieser Zeit entstanden, sind zum Beispiel in der Sammlung des Foto museums Winterthur enthalten. Für diese Ausgabe porträtierte er Lapo E lkann, den Fiat-Erben und die W W-Persönlichkeit dieses Monats. Nathan musste dafür nicht um die Welt reisen, sondern nur nach Gstaad. Die grosse Fotostrecke, die er von dem kleinen Ausflug mit brachte, sehen Sie ab Seite 30.
10 WW Magazin
1
SARA ALLERSTORFER , NATHAN BECK , JÜRG STURZENEGGER UND ODILE BURGER 1)
2)
3)
4) ODILE BURGER
5)
3
4
April / Mai
Eine weitere Personalie, die Spuren hinterlässt, ist unsere neue Produzentin und Schlussredaktorin. Das Herausfordernde an diesen Aufgaben: Wenn die Stelleninhaberin einen guten Job verrichtet, merken L eser nichts von ihr. Weil dann Artikel sprachlich, orthografisch und inhaltlich stimmen. Bei genauem Hinsehen erkennen Fachleute sogar, dass O dile auch den sogenannten Satz im Griff hat – damit ist nicht ein Satz im grammatischen Sinn gemeint, sondern der Zeilenfall et cetera. Gelegentlich schreibt unsere neue Mitarbeiterin, die seit ungefähr fünfzehn Jahren Journalistin und Redaktorin ist, und unter anderem Chefredaktorin von L’Officiel sowie des Elternmagazins Fritz + F ränzi war, auch. In dieser Ausgabe etwa über ein Hotel, das «In Lain» in Brail. Wir heissen O dile herzlich willkommen und verweisen auf Seite 48.
Nr. 1 2018
Bild: Dan Cermak (3), Eduard Meltzer (4)
2) NATHAN BECK
2
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Die Dymaxion-Weltkarte von Buckminster Fuller ist eine nahezu verzerrungsfreie und flächengetreue Projektion der Weltkarte auf einen Ikosaeder. Sie teilt den Globus in 20 gleichmässige Dreiecke ein, die entfaltet, die Kontinente als eine einzige zusammen-hängende Insel im Weltozean erkennen lassen.
Genève
The Fuller Projection Map design is a trademark of the Buckminster Fuller Institute. ©1938, 1967 & 1992. All rights reserved, www.bfi.org
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Innenbetrachtung Inhaltsverzeichnis
WW Magazin Nr. 1 IN H A LT ES BRAUCHTE EINEN APERITIF-HERSTELLER, UM DIESES BILD ZU ZEIGEN
12 WW Magazin
Titelbild: Nathan Beck
38
Bild auf dieser Seite: Matteo Bottin
Die amerikanische Schauspielerin Zoe Saldana hatte schon zahlreiche Hollywood-Rollen, in Science-Fiction- Filmen mehrheitlich. «Avatar», «Guardians of the Galaxy» oder «Star Trek» hiessen sie. Die Schöne aus der Dominikanischen Republik war d arin entweder als blauhäutiges Wesen zu sehen («Avatar») oder als eines in Grün («Guardians»). In einem Reklamefilm für Campari immerhin durfte sie so auftreten, wie sie wirklich aussieht, von Makeup abgesehen. Und sonst? Einmal spielte sie Nina Simone, die Jazzmusikerin, doch dafür wurde sie schwarz geschminkt. Unser Porträt ab Seite
April / Mai
Nr. 1 2018
Inhaltsverzeichnis Innenbetrachtung
I N H A LT
WW Magazin Nr. 1 CONTRIBUTORS
WW-PERSÖNLICHKEIT
Mitarbeiter dieser Ausgabe SEITE 10
TREND-REPORTE
MODE
SEITE 26
VON GLENMORANGIE × RENOVO BIKE
GERÄTE
SEITE 28 LAPO ELKANN
KOLUMNEN
Kommt der talentierte Fiat-Erbe und Designer künftig ohne Unfälle durch sein Leben? SEITE 30
MODE
RUBRIKEN, GESCHICHTEN
von Alexandra Kruse SEITE 14
BRIEFING
KUNST
Der Schnauz und seine Träger
von Andreas Ritter
SEITE 24
SEITE 16 KULINARIK
von Odile Burger SEITE 48 WANDERLUST
von Sarah Stutte
Bilder: Nathan Beck, Muir Vidler, Lesja Chernish, Shutterstock
SEITE 50
MONSIEUR MODE SUISSE
Porträt von Yannick Aellen SEITE 42
SERVICE ANLEITUNG BEZUGSQUELLEN
SEITE 53
Nr. 1 2018
ARBITER SAVILE ROW IST WIEDER OBENAUF
ELEGANTIARUM
IMPRESSUM
Ein Besuch in Londons Massschneidergasse
Donatella Versace
SEITE 53
SEITE 18
SEITE 52
April / Mai
Modekolumne Aussenbetrachtung
Illustration: TINA BERNING
GÖTTIN SEIN IST SCHICK – ABER NICHT OHNE DRESS CODE Beyoncé macht auf Fruchtbarkeitsgöttin, eine von Rihannas Tätowierungen zeigt Isis, die ägyptische Schutzgöttin. Und Lidewij «Li» Edelkoort, die niederländische TRENDGÖTTIN, pardon -FORSCHERIN, liefert den intellektuellen Unterbau dazu. Das war die gute Nachricht. Die weniger gute: F lache Schuhe und REVOLUTIONS-SHIRTS sind erst der Anfang des Göttinnen-Styles.
Text:
ALEXANDRA KRUSE
G
anz offensichtlich war es spätestens als Beyoncé ihre Zwillingsschwangerschaft auf Instagram bekanntgab – sie sitzt, in Tüll verschleiert und lächelnd, vor einem über d imensionalen Blumenbouquet. Die Wiedergeburt der Heiligen Jungfrau Maria gefiel bisher über elf Millionen Followern und ist damit eines der meistgelikten Bilder unserer Zeit. Zwar nur eine perfekt inszenierte, digitale Illusion, aber sie zeigt doch, dass Menschen sich in schweren Zeiten nach Überhöhung zu sehnen scheinen. Beyoncés Grammy-Auftritt als eine Art vergoldete Fruchtbarkeitsgöttin mit Sternenkrone zementierte ein paar Tage später ihre Absichten: ein allgemeines, kollektives Göttinnen-movement als neuste Form des Feminismus mitanzuschieben und die Stimme dieser Bewegung zu sein. Der neue Feminismus, übrigens, trägt Designermode. «The Future Is Female!» Das stand schon vor über vierzig Jahren auf dem T-Shirt, das die Inhaberin des allerersten feministischen Buchladens, Labyris Books in New York, herstellen liess. Es hat eine Weile gedauert, bis diese Nachricht in unseren Köpfen angekommen ist: 2017 sorgte das einfache, weisse DiorShirt für 700 Dollar mit dem Slogan «We Should All Be Feminists» für Aufsehen und passte zudem perfekt in das hochemotional aufgeladene politische Klima rund um die Wahl des amerikanischen Präsidenten Donald Trump – das Shirt war auf all den internationalen Frauenmärschen ebenso präsent wie in der Streetstyle-Szene. Entworfen hat es Maria Grazia Chiuri für Dior, und Teile des Erlöses
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gingen an Rihannas Charity-Organisation, die Clara Lionel Foundation, benannt nach deren Oma. Ebenso zu Ehren ihrer Grossmutter trägt Rihanna ein Tattoo der beflügelten ägyptischen Schutzgöttin Isis, Herrscherin im Himmel und Königin auf Erden. Göttinnen sind auch Archetypen, die seit Anbeginn der Menschheit in vielen Kulturen verehrt werden, und jede von ihnen hat spezielle Zuständigkeitsgebiete. Die himmlische Muttergestalt Isis brachte den Menschen Ackerbau bei, Frauen lehrte sie Kleider weben; sie schuf angeblich Spinnrad und Webstuhl. Und sie lehrte Frauen, wie das Zusammenleben mit Männern möglich ist. Das geht zu weit? Dachte ich auch. Doch dann war ich an einer P räsentation von Lidewij Edelkoort, der Trendforscherin, die zu meiner Freude zwischen Grittibänz und Glühwein in einer silbrig glänzenden Robe offiziell über die Göttinnen-Bewegung sprach. Sie sieht diese als wegweisend für die Trends der nächsten zwanzig Jahre – flache Schuhe und Revolutions-T-Shirts seien da nur der A nfang. Seit Beginn der Emanzipation hätten Frauen versucht, ihren Platz zu finden. «Jetzt muss neu verhandelt werden, was der Status quo ist. Wie wir Frauen uns in Zukunft definieren wollen. Und wie wir uns in Zukunft wohlfühlen können», sagte sie. Dann ging sie noch einen Schritt weiter und erzählte von Freundinnen, die nach dreissig Jahren Ehe a lleine leben wollten und lieber mit ihren Katzen frühstückten. Nicht weil sie ihrer Männer überdrüssig seien, sondern weil sie sich ihren Raum zurücknehmen wollten. In der Folge prognostizierte sie sogar das Matriarchat, in der Frauen ihre Partnerschaften frei wählen: «Alle Formen von Partnerschaft sind gut, und es ist grossartig, diese Entwicklung in all den Göttinnen zu beobachten.»
April / Mai
Mit anderen Worten: Was eben noch ein bisschen belächelt wurde und im kleinen, eher esoterisch angehauchten Kontext schick war, ist also auf dem Weg in den Mainstream. Und macht logischerweise auch vor unseren Kleiderschränken nicht halt. Wieso auch? Die Suche nach fliessenden Gewändern ist nichts neues, die Vehemenz dahinter schon. Die Rückkehr zu bewusstem Konsum, schönen Einzelstücken, die Liebe zu komplizierten und handwerklich einzigartigen Entwürfen und traditionellen Techniken – all das ist auf dem Laufsteg bereits zu sehen. Valentino-Designer Pierpaolo P iccioli hat im Frühjahr 2017 jedes Kleid seiner Couture-Kollektion nach einer griechischen oder römischen Göttin benannt, Pandora oder Aphrodite zum Beispiel. Und diese Saison benannte er sie nach einer anderen Art Göttin, den Frauen nämlich, die die Kleider genäht haben, um den sogenanneten petites mains der Haute Couture endlich einen Namen zu geben. Logisch irgendwie, dass eine petit main Irene heisst, die wiederum die Göttin des Friedens ist. So schliesst sich der Kreis. Ich jedenfalls werde mich in meinen schönsten Roben (leider noch nicht von Valentino) bis auf weiteres in Frauenrunden setzen. Und an eine goldene Zukunft glauben. Für uns Alle.
TRENDSEMINAR MIT LI EDELKOORT WÄHREND DER ART BASEL Am 15. Juni 2018 wird Li Edelkoort ein Trendseminar in Basel unter dem Titel «Enlightenment» abhalten – ein Einblick in die g esellschaftlichen Zukunftsentwicklungen und die daraus resultierenden Trends von morgen.
WW Magazin 15
Aussenbetrachtung Kunstkolumne
«OH, WIE ÜBERRASCHEND» – WIRKLICH?
Text:
ANDREAS RITTER
I
m Kunstmarkt mehren sich Skandale, in die Kuratoren und Museumsdirektoren involviert sind: Adam Szymczyk, vormals tätig als Direktor der Kunsthalle Basel, wurde im vergangenen Herbst nach Abschluss der von ihm kuratierten Documenta in Kassel und Athen eine massive Budgetüberschreitung angekreidet. Sein Ruf ist mehr als ramponiert. Weitere Fälle in diesem Jahr betreffen Chef-Kuratorinnen des MOCA in Los Angeles, des Queens Museum in New York und des CAPC Musée d’art contemporain in B ordeaux – alle drei wurden gefeuert, aufgrund unterschiedlicher Motive, aber immer sofort und mit einem Knall. Nur ein Fall – zumal mit Schweizer Bezug – enervierte Kommentatoren in internationalen Feuilletons noch mehr: Die arrivierte und künstlerisch, so finde ich, zurecht hochgelobte Schweizer Kuratorin Beatrix Ruf sah sich aufgrund einer Pressekampagne im Herbst des vergangenen Jahres gezwungen, von ihrem Posten als Direktorin des StedelijkMuseums in Amsterdam zurückzutreten. Der Vorwurf lautete, sie habe neben ihrem staatlich finanzierten Museumsjob über eine persönlich gehaltene Schweizer Gesellschaft während Jahren Beratungshonorare für private Kunstvermittlung an betuchte Sammler eingestrichen, notabene für vor Jahren erbrachte Beratungsleistungen. Honorare, die ihr offizielles Gehalt im StedelijkMuseum bei weitem überstiegen. Frau Ruf leitete zuvor mehr als ein Jahrzehnt die Kunsthalle Zürich und führte diese in die erste Liga internationaler Ausstellungsräume für zeitgenössische Kunst. Bloss, in der Causa Ruf, aber auch darüber hinaus scheinen mir nicht allfällige Verfehlungen des Einzelnen das Problem, sondern die Entwicklung des Kunstbetriebs, besonders das seit Jahren zu beobachtende Zusammenwachsen von
16 WW Magazin
in Europa meist staatlich geförderten Museen mit dem Kunstmarkt. Die Ambitionen der mit öffentlichen Geldern unterstützten Institutionen wachsen stetig, der Anspruch an Ausstellungen als Integrations-, ja mittlerweile als wichtiger Tourismusfaktor unserer Städte gewinnt an Gewicht. Kunstausstellungen werden immer aufwändiger, Werke teurer, Lager, Transport und Versicherungsprämien bald unerschwinglich. Die Unterstützung durch das Gemeinwesen kann hier nicht Schritt halten. Seit längerem springen deshalb private Unterstützer ein – wichtige Sammler schenken Schlüsselwerke oder geben ihre Schätze als Dauerleihgaben ins Museum. Und erwarten hier oft nicht nur einen Händedruck als Dank für mäzenatisches Engagement, sondern Mitwirkung oder mindestens anhaltende Wertschätzung, verständlicherweise. Und auf der Seite des Marktes wiederum nutzen internationale Galerien und Händler ihren Einfluss, wenn sie Ausstellungen mitfinanzieren. Die Künstler selbst schliesslich wissen mit diesen Mechanismen geschickt umzugehen und planen in ihrer Karriere genau, mit wem sie wo und wann ausstellen wollen. Dabei entstehen selbstverständlich Seilschaften sowie manchmal auch gefährliche Abhängigkeiten. Und dies wiederum erfordert Regeln. So einfach ist das eigentlich. Im Gegensatz zur einst hehren Trennung zwischen Kunst und Kommerz ist es jedenfalls schon lange nicht mehr so, dass Kunstkritiker als unabhängiges Korrektiv zum Kunstmarkt agieren. Oder dass Kuratoren Kunst ausschliesslich aufgrund kunsthistorischer Kriterien auswählen. Wer im Kunstbetrieb heutzutage mittut, weiss, dass unterbezahlte Kritiker Katalogtexte schreiben und Ausstellungen kuratieren, dass Kuratoren im Nebenamt, um ihren Verdienst aufzubessern, private Sammler und kunstaffine Unternehmen beraten. Pointiert könnte man sagen: Es ist nicht das Geld, das Interessenkonflikte begünstigt, vielmehr würde dieses sie weitgehend verhindern. Es ist also der Mangel an finanziellen Mitteln.
April / Mai
Im Fall Beatrix Ruf wage ich zu behaupten, dass sie gerade wegen ihrer ausgezeichneten Vernetzung und ihrer Fähigkeit, Künstler zu entdecken, vor allem aber mit Sammlern zu arbeiten und diese für eine Mitwirkung im von ihr geführten Museum zu bewegen, in Amsterdam erst zur Direktorin ernannt wurde. Wenn nun der Vorstand des Museums sagt, er wurde über ihre früheren Geschäfte nicht informiert, so ist das im besseren Fall naiv, im wahrscheinlicheren Fall aber ein vorgeschobenes Argument, um in der aufgebrandeten öffentlichen Kritik selbst gut dazustehen. Und auch im Falle von Adam Szymczyk darf gefragt werden, wo und wann eine Kontrolle des kuratorischen Wirkens durch einen Vorstand stattgefunden hat. Gefordert sind klare und einfach verständliche Regeln, am besten erlassen durch die Protagonisten im Kunstmarkt und -betrieb selbst. Denn die bestehenden ethischen Richtlinien etwa für Museen halten schon lange nicht mehr Schritt mit dem gelebten Zustand. Und Heuchelei derer, die Interessenkonflikte nicht nur in Kauf nehmen, sondern aktiv mitproduzieren, hilft ebenfalls wenig. Selbstregulierung ist das Gebot der Stunde, nicht nur, aber auch zur Vermeidung von Konflikten. Das lernen wir von Schweizer Banken, die einen hohen Preis dafür bezahlt haben, dass sie Veränderungen der Zeit und anziehende Compliance-Anforderungen zu spät erkannten. Gefordert sind heute Transparenz, ethisch sauberes Handeln auf den verschiedenen Ebenen und ein feinfühliger sowie vorausschauender Umgang mit Konstellationen, die einen Interessenkonflikt auslösen könnten. Damit dem Kurator die Rolle des Sündenbocks erspart bleibt.
ANDREAS RITTER ist Rechtsanwalt für Kunstrecht. Der 54-Jährige führt die Kanzlei Ritter & Partner Rechtsanwälte in Zürich.
Nr. 1 2018
Bild: Ringier AG, Sammlung Ringier, Schweiz
Kuratoren beraten private KUNSTSAMMLER . Und wenn ein solcher Kurator Direktor eines staatlichen Museums wird, kann dies zu INTERESSENKONFLIKTEN führen. Sollen sie darum von Anfang an keine bezahlten Beratungen a nbieten, wie jetzt gefordert wird? Nein, findet unser Kolumnist, er schlägt eine andere Lösung vor.
«Diane Webber, 2004» von Richard Phillips aus der Sammlung Ringier, früher beraten von Beatrix Ruf.
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Bild: Xxxxxx Xxxxxxx
Stil ist eine Frage des von Hand genähten Knopflochs – sonst ist es kein Mass18 WW Magazin anzug nämlich.
Styling: XXXX XXXX XXXX Model: XXXX XXXX
November / Dezember
Nr. 4 2017
Savile Row Story
SAVILE ROW IST WIEDER OBENAUF Bild: Henry Poole & Co.
Text: MARK VAN HUISSELING
Bilder: MUIR VIDLER
Was sind das für Firmen, die Anzüge für 7000 Franken oder mehr HERSTELLEN sowie an die Kunden bringen, seit über 200 Jahren? Und was für LEUTE, die so viel in ein Kleidungsstück investieren? Ein Besuch in LONDONS Massschneidergasse, wo die Geschäfte bestens laufen. Nr. 1 2018
April / Mai
WW Magazin 19
D
Story Savile Row
«Dear Mark, ich würde Ihnen gerne die inspirierende, über 200-jährige Geschichte eines Schneiderunternehmens in Familienbesitz erzählen», begann der elektronische Brief eines mir nicht bekannten Absenders. Es handle sich dabei um die Firma Henry Poole & Co., die ein Geschäft an der Savile Row in London betreibe. Man bereise demnächst Europa – «möchten Sie uns vielleicht bald in Zürich treffen?». Was sich beim Überfliegen fast wie ein Angebot eines nigerianischen «Geschäftsmannes» las, bei dem man angeblich schnell und sicher reich werden könne – ohne die darin normalerweise vorkommenden Rechtschreibefehler –, hielt der Prüfung stand und war tatsächlich vom Mitarbeiter für Marketingmassnahmen der Firma versandt worden. Der Firma, die sich seinerzeit als erste an der Londoner Schneiderstrasse niedergelassen hatte. Und somit als Begründerin der britischen Massschneider-Tradition beschrieben werden darf. Und darüber hinaus zirka 1865 für einen damaligen Kunden mit Namen Albert Edward «Bertie» Windsor, später auch bekannt als König Edward VII., ein mitternachtsblaues Jackett für informelle Abendessen in Sandringham House entworfen hat – das dinner jacket. An der Savile Row, einer Strasse im vornehmen Viertel Mayfair, ganz in der Nähe der Regent Street mit ihren vielen Läden, gibt es zahlreiche Häuser mit Klinkerfassaden s owie die Lokalitäten der Schneider, die man meint, wenn man von britischer Masskleidung spricht: Huntsman (established 1849), Anderson & Sheppard (established 1906, befindet sich genau genommen an der Old Burlington Street um die Ecke); Richard Anderson (seit 2001, ein Neuling also) oder Richard James, bei dem es sich zuerst um einen Modedesigner handelte, der aber sein Angebot erweitert und sich dort niedergelassen hat. Sowie, of course, Henry Poole & Co., gegründet 1806. Beurteilt man dieses Unternehmen nach dem Aussehen der Geschäftsräume – dunkle Holzböden, schwere Teppiche, altmodische Möbel –, neigt man zu Zweifeln, dass es dort Manager gibt, die von sich aus Kunden respektive Journalisten ansprechen, um ihre Dienste anzupreisen (how vulgar), und das mittels elektronischem Brief, statt auf
20 WW Magazin
Der Begriff «bespoke» steht seit dem 19. Jahrhundert für Massarbeit. «Spoken for» – ein Stoff wurde einem Kunden zugesprochen.
handgeschöpftem Papier (how common), beziehungsweise auf Stör gehen, also Kundenbesuche machen (Oh, dear!). Wenn man dann aber eintritt und Simon Cundey, Geschäftsführer und Vertreter der siebten Generation der Unternehmerfamilie, kennenlernt, lernt man, dass man einen Massschneider genauso wenig nach dem Äusseren seines Ladens oder seiner E-Mail-Korrespondenz beurteilen sollte wie ein Buch nach seinem Umschlag. Henry Poole & Co. habe schon früh in seiner Geschichte Niederlassungen in Berlin und Paris eröffnet respektive Gentlemen auf der Schiffspassage von Southampton nach New York vermessen und bedient, sagt der 49-jährige gelernte Schneider – «unser Angebot und unsere coats zum Kunden zu tragen, hat Tradition». Ein coat ist im Grunde ein Mantel, der Ausdruck wird aber auch verwendet, wenn ein Anzug oder Jackett gemeint ist. International war die Kundschaft denn auch schon zu Anfang der Firmengeschichte: etwa Muhammad Ali Jinnah (1846–1948), der «grosse Führer» und Gründer von Pakistan, Lewanika von Barotseland (1842–1916), König eines Reichs, das ungefähr dem Gebiet der heutigen Länder Namibia, Botswana, Zimbabwe, Gambia und Angola entspricht, oder Prinz Louis Napoleon (1856–1879), Sohn von Kaiser Napoleon III., der in seinem kurzen Leben nach einem Militärcoup, den sein Londoner Schneider Henry Poole mitfinanziert hatte, Präsident von Frankreich wurde. Heute lebt die Mehrheit der bespoke-Kunden – bei Henry Poole gibt es nichts anderes; der Begriff steht seit dem 19. Jahrhundert für Massarbeit, er kommt von spoken for, was bedeutet, dass ein Stück Stoff einem Käufer zugesprochen ist – in A merika, nämlich 40 Prozent. 30 Prozent sind im Vereinig1 ten Königreich zu Hause, 15 Prozent im restlichen Europa, dazu gehört die Schweiz, der Rest in Asien sowie dem Nahen Osten. Als ich mich im Geschäft aufhielt, lernte ich e inen Kunden aus Südamerika kennen und zwei aus L ondon. Mehrere coats in the making, Anzüge, an denen gerade gearbeitet wurde, waren für Herren im kleidungsmässig entspannten Los Angeles bestimmt; da es sich um farbenfrohe Stoffe handelte, dürfe angenommen werden, dass sie in der Unterhaltungsindustrie arbeiten, sagte Mister Cundey. Der kennt seine Kundschaft zwar genau, ist aber auch diskret. Weiter enthüllte er, dass 30 Prozent unter vierzig seien, 10 Prozent unter dreissig und bloss 5 Prozent weiblich. «Frauen wollen mehr Kreativität und Abwechslung», sagt er.
April / Mai
1. Als Mann kommen, als Gentleman gehen, seit über 200 Jahren; Eingangstüre von Henry Poole. 2. Ein coat, ein Jackett, entsteht – aus Schurwolle, Steifleinen und Rosshaar. 3. Genäht wird an respektive unter der Savile Row in Londons Innenstadt. 4. Simon Cundey, Geschäftsführer und Vertreter der Besitzerfamilie in siebter Generation.
Savile Row Story
Styling: XXXX XXXX XXXX Model: XXXX XXXX
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Nr. 4 2017
November / Dezember
WW Magazin 21
Story Savile Row
Vier Stilvorlagen
«Churchill Cloak», der Stoff, aus dem Premierminister gemacht sind.
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Karierter Tages-coat mit doppelten aufgesetzten Taschen – eher sportlich.
4
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2
Nadelstreifen, für Bankangestellte in London und anderswo.
Dreiteiliger dinner suit, von Henry Poole 1865 erfunden, «Tuxedo» genannt.
22 WW Magazin
3
Bilder: Dukas, Henry Poole & Co.
Savile Row Story
Der Aufwand für einen ganzen Anzug liegt bei gegen 60 Arbeitsstunden und dafür sind bis zu 10 000 Nadelstiche nötig.
1. Henry Pooles Geschäft an der Savile Row 15 und 16 (wo der Pferdewagen in der Mitte des Bilds hält); um 1890. 2. Samuel und Hugh Cundey, Mitglieder der Besitzerfamilie. 3. Blick ins Nähatelier, 1944. 4. Henry Poole erbte das Geschäft 1846 von Firmengründer James. 5. Samuel Cundey, 1823 bis 1883, übernahm den Chefposten 1876 nach dem Tod seines Cousins Henry Poole. 6. Ein Anzug to die for – Winston Churchill in Henry Poole.
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Nr. 1 2018
Kreativität und Abwechslung – auch bekannt als Mode. Und das mit der Mode ist so eine Sache an der Savile Row. Man verweigere sich ihr natürlich nicht völlig, sagt Simon, doch man sei traditionell moderate on the fashion, zurückhaltend also gegenüber Moden; wenn gerade sehr breite Schultern oder Revers schick seien, mache man ziemlich breite Schultern oder Revers. Weiter gehe man nicht. Und alles andere, ist mein Eindruck, wäre a) eine Überraschung und b) ein Fehler wohl. Ein Anzug von Poole kostet im Schnitt 4400 Pfund (plus tax; kommt also umgerechnet auf gegen 7000 Franken). Dafür bekommt man einen coat in der Grundausstattung sozusagen. Das heisst, einen hervorragenden Wollstoff, der nicht knittert, im Winter wärmt, im Sommer kühlt, mit einem Innenleben aus Rosshaar und Steifleinen. Aber noch lange keine Spezialausführung, keine Seide, kein Kaschmir, von Vicunja – so etwas wie die Kaschmirvariante von Kaschmir, es handelt sich dabei um das feinste Tierhaar überhaupt, vom Vicunja, aus der Familie der Kamele – ganz zu schweigen, solche Gewebe kosten das doppelte, dreifache, vielfache . . . Bevor man beschliesst, ein Anzug, der gleich teuer ist wie ein anständiges Motorrad, sei übertrieben und umblättert, lasse man Simon Cundey ausreden: Ein Anzug aus seinem Haus halte zehn Jahre, im schlechtesten Fall. Macht also 700 Franken (p. a.). Was ungefähr einem cheap suit von der Stange entspricht . . . «Mit anderen Worten: Einen Massanzug kauft man nicht, man investiert in einen solchen.» Ökonomisch betrachtet, gibt es nicht viel dagegen einzuwenden. Und dem Nachhaltigkeitsgedanken, der zurzeit zu Recht auch schick ist, wird ebenfalls entsprochen. Kommt dazu: bespoke von Savile Row an sich hat wieder einen guten Ruf. Ende des vergangenen Jahrhunderts war das nicht mehr so – an der Schneiderstrasse walteten ältere Schneiderherren und wer ihren Geschmack nicht teilte, hatte dort wenig verloren. «Sie entsprechen nicht unseren Vorstellungen eines Kunden, Sir», soll der höfliche Satz gelautet haben, wenn sie eigentlich meinten «Leute mit Kleidervorstellungen wie den Ihren bedienen wir hier nicht, Sie Idiot», beschrieb ein Reporter der Welt die Haltung. Das ging nicht gut. Schon gar nicht in einer Zeit, in der italienische Massschneider- Häuser den Heimmarkt verliessen und den Rest der Welt entdeckten. «Selbst James Bond war zu Brioni gewechselt», gab der Welt-Schreiber einen drauf. Giorgio Armani, ein anderer Konkurrent, sprach von einer «schlechten britischen Comedy-Show, verloren in der Vergangenheit.» Doch das war damals, das ist jetzt. Und um im Jetzt angekommen zu sein, haben sich die Schneider von der Row, die noch im Business sind, am massgeschneiderten Kragen sozusagen aus dem Sumpf gezogen, ihre Haltung sowie ihr Angebot verbessert und more contemporary gestaltet – mit, unter anderem, farbenfrohen Anzügen für Amerikaner in der Unterhaltungsindustrie oder E-Mail-Marketingaktionen für Schweizer Redaktionsleiter. Spuren hinterlassen hat der Fin-de-Siècle-Schlendrian dennoch: Die meisten Schneider
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an der Savile Row gehören nicht mehr den Familien, deren Namen auf den Markisen stehen, sondern Investoren ohne Namen, die oft nicht einmal von der Insel sind. Nicht so im Falle von Henry Poole, das Unternehmen gehört Angus Cundey, dem Vater von Simon, der jeden Tag in den Shop kommt, Kunden und Mitarbeiter begrüsst, versichert, man sehe great aus und ihm gehe es jolly good, bevor er sich in seinen Klub zum Mittagessen oder Tee begibt und die Jungen weiterarbeiten lässt. Der einzige Stachel im CundeyFleisch, was das Business betrifft: Das hübsche Haus auf der Row, in dem man sich befindet, gehört nicht der Familie, sondern einem landlord, Vermieter. Den Hauskauf habe seinerzeit ein Vorfahre beim Wechsel der Geschäftsräume verpasst, sagt Simon. Die gute Nachricht: Er habe zwei Söhne, siebzehn und achtzehn Jahre alt, und beide interessieren sich für das Schneiderhandwerk, das grooming der achten Generation ist im Gang somit. Die Jungen, das sind 43 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen die allermeisten mit der Herstellung von coats beschäftigt sind. Tatsächlich: Die Produktion erfolgt auf der Savile Row in Mayfair, im teuren, teuren Zentrum von London, nicht in einem Vorort ohne Gesicht. Respektive unter der Savile Row, im Untergeschoss des Ladens nämlich. Dort sitzen die Schneider; die Lehre dauert drei Jahre, danach braucht es mindestens drei weitere Jahre, bis einer und, zunehmend auch eine – es gibt immer mehr bespoke-Schneiderinnen –, das Tuch mit der grossen S chere zuschneiden darf, aus dem dann Jacken, Hosen, Westen und Mäntel entstehen. Ein erfahrener Schneider schafft es, bis zu zwei coats in einer Woche herzustellen, sagt Simon. Der Aufwand für einen ganzen Anzug liegt bei gegen 60 Arbeitsstunden und es sind dafür bis 10 000 Nadelstiche nötig. Henry Poole stellt rund 1100 Anzüge jährlich her, bringt es somit auf einen Umsatz von 8 bis 9 Millionen Franken (zu Verkaufspreisen). Und um auf diese Zahlen zu kommen, muss der Berg eben auch zum Propheten respektive der Schneider zum Kunden gehen. Simon selber reist seit einiger Zeit etwa dreimal im Jahr für jeweils ein paar Wochen nach Amerika, nach Los Angeles, San Francisco und New York; zwei Mitarbeiter entsendet er nach Europa und in die Schweiz. Das nächste Mal sind sie Ende Juni je zwei Tage in Genf und Zürich (26. und 27. Juni in Genf, 28. und 29. in Zürich). Im Zimmer eines Hotels im Stadtzentrum empfangen sie Kunden, die sich vermessen lassen und/oder Stoffe aus der mitgebrachten Mustersammlung auswählen möchten. Auch letzte A npassungen an Anzügen, die zum Beispiel nach einem Besuch des Schweizer Käufers in London genäht wurden, können vorgenommen werden. Es geht immer darum, dem Käufer und/oder Verkäufer eine Reise zu ersparen. Wie das schon vor über 200 Jahren, als Henry Poole seine Firma gründete, war. Und was mit dazu beigetragen hat, dass es das Unternehmen noch immer gibt. «Natürlich haben wir auch einen Online-Shop», sagt Simon Cundey. In fact, im September werde die überarbeitete Version Kunden zugänglich gemacht und Henry Poole ganz vorne mit dabei sein, was die bespoke-Erfahrung im Web angehe. Aber selbst die beste virtuelle Realität, sagt er, sei kein Ersatz für die R ealität – «Stoffe zeigen und spüren; einen Anzug anprobieren und erleben – kommen Sie bei uns vorbei, sonst kommen wir zu Ihnen».
WW Magazin 23
Aussenbetrachtung Gesichtsbehaarung
Redaktion: SARAH STUTTE Illustration: LESJA CHERNISH
Briefing DER SCHNAUZ MOVEMBER-MANIE
STOLPERFALLE
Was Unglückliches passiert, wenn man den Kurzbart lang wachsen lässt, zeigt das Bei spiel des Österreichers Hans Staininger. Seinen rund zwei Meter messenden Bart rollte er gewöhnlich auf und steckte ihn in seine Brusttasche. An e inem schicksalsträchtigen Tag im Jahr 1567 vergass Staininger das Aufrollen je doch. Als in der Stadt ein Brand ausbrach, wollte er aus seinem Haus flüchten und rannte zu schnell die Treppe hinunter. Dabei stolperte er über seinen Bart und brach sich das Genick.
Fu - Manchu
«BASEL SHORT STORIES» Im Basler Kunstmuseum werden der zeit in neun verschiedenen Räumen für die Stadt bedeutende Persön lichkeiten vorgestellt. Eine davon ist Friedrich Nietzsche. Der Enga diner Künstler Not Vital setzt ihm in der Ausstellung ein ganz besonde res Denkmal und hängt den Schnauz des grossen Denkers, rot und aus Wachs, hoch an die Wand. Zu sehen sind das Werk und andere Exponate noch bis zum 21. Mai.
WELTMEISTER
Wilhelm II
IN DER ARMEE Mitte des 19. Jahrhunderts trugen die meisten europäischen Kavallerieangehö rigen die kurze Barttracht. Sie war sogar so etabliert, dass junge Kavalleristen, die noch keinen entsprechenden Bartwuchs hatten, sich einen Schnurrbart anmal ten. Ein Schnauzer war damals aber nur im Militär angesagt: Bayern drohte um 1838 schnurrhaarigen Zivilpersonen gar mit Zwangsrasur und Arrest.
Alle zwei Jahre treffen sich Männer mit Bart aus aller Welt zum Wettstreit in zahlreichen Disziplinen. Seit der letztjährigen Bart-WM in Austin, Texas, ist der Deutsche Wolfgang Schneider amtierender Schnurrbartweltmeister. Er siegte bereits zum sechsten Mal in der Kategorie natural moustache. Der Schweizer Rolf Huber stand als Drittplatzierter ebenfalls auf dem Podest. Die WM im nächsten Jahr wird in Belgien, in Antwerpen, stattfinden.
Charlie Chaplin
HIGH MAINTENANCE
Einen Schnauz zu tragen, ist das eine, ihn gut zu behandeln, das andere. Deshalb ist es äusserst wichtig, den Bart regelmässig mit einer Schere zu stutzen und abstehende Barthaare zu kür zen. Mit einem wohlriechenden Bartöl macht man den Schnurr bart geschmeidig und lässt ihn glänzen. Eine weiche Bart wichse hilft beim leichten Sty ling, soll der Bart gezwirbelt werden, empfiehlt sich hin gegen eine feste Bartwichse.
BERÜHMTE BÄRTE
Mit einem Bart à la Wilhelm II trägt man einen nach aussen gekämmten Zwirbelbart mit seitlich aufgerichteten Haaren. Beim «(Salvador) Dalí» zeigen die Schnurrbartenden ebenfalls nach oben, sind jedoch dünner. Der ClarkGable-Schnauz ist schmal und dünn, mit schwungvollem Abstand zur Oberlippe. Charlie Chaplin machte den nur zwei bis drei Zentimeter breiten Zweifingerbart, auch «Fliege» genannt, berühmt. Gerne getragen wird auch der «Fu-Manchu» – nach dem China-Film-Bösewicht –, bei dem die Bartenden bis zum Kinn hinunterreichen. 24 WW Magazin
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Salvador DalÍ
VON AMTS WEGEN
Der ein bis zwei Finger breite Bewuchs unter der Nase wird amtlich auch als Oberlippenbart bezeichnet. Einen grossen Schnurrbart nennt man Schnauzbart. Doch nur in der Schweiz heisst auch der kleine Schnurrbart Schnauz. Weitere gängige Namen für die Gesichtsbehaarung sind Bürste, Schnorres, Pornobalken oder Moustache.
Nr. 1 2018
Quellen: Wikipedia, Style Magazin , Basler Zeitung , Blick, Die Unmoralische, Bartkultur, Blackbeards, Schnurrbartweltmeister, Schnauz und Bart, Welt, Deutschlandfunk Nova
Clark Gable
Jedes Jahr im November spazieren auffallend mehr Männer mit kurzen Stoppeln über der Oberlippe herum, weil sie Geld für einen guten Zweck sammeln. Movember – aus «moustache» und «November» zusammengesetzt – heisst diese Bewegung, die 2003 in Australien entstand und sich für die Präven tion von Prostata- und Hoden krebs starkmacht. Brad Pitt oder auch George Clooney sind promi nente Botschafter der spätherbst lichen Aktion. Erstaunlich viele folgen dem Vorbild der Stars aus Hollywood: Allein in der Schweiz wurden vergangenes Jahr n ahezu 400 000 Franken gespendet.
Aussenbetrachtung Opener
Redaktion: WW-FASHION-TEAM
WW Magazin Nr. 1 T R EN D-R EPORT
B
Burberry am ENDE – aber nur der Ära des Kreativchefs Christopher Bailey
Beim Traditionslabel Burberry geht eine Ära zu Ende. Christopher Bailey, Präsident und Chief Creative Officer, verabschiedete sich nach siebzehn Jahren beim britischen Modehaus. Seine letzte Kollektion stellte er während der L ondoner Fashion Week im vergangenen F ebruar vor. Topmodel Adwoa Aboah eröffnete Baileys Dernière zum B ronski-Beat-Hit «Smalltown Boy» von 1984. Bailey endet bunt – mit dem neuen Burberry Regenbogen-Karo, stellvertretend für das L eitmotiv der Kollektion, die er der LGBTQ-Community widmet. Er unterstützt die L esben-, Gay- Bisexuellen-, Transgender- und Queer-Gemeinde zudem mit einem grosszügigen Betrag. Auf Aboah im Fleece- Hoodie und weissem, bodenlangen Rock mit rainbow-Details folgen Seidenblusen, die 1980er-JahreBurberry-Heritage-Prints mit dem klassischen Karo verbinden. Bailey darf als einer der Einfallsreichsten der B ranche b ezeichnet werden; er hat die Produktionsabläufe mit dem «See now, buy now»-Prinzip revolu tioniert. Nach siebzehn Jahren an der kreativen Spitze des Unternehmens geht er nun. «Ich freue mich, ab jetzt die Zukunft von Burberry aus einem anderen Blickwinkel zu beobachten», sagt er.
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CARA DELEVINGNE in einem regenbogenfarbenen faux fur-Mantel aus der LGBTQ-Kollektion an der London Fashion Weekim Februar 2018. Preis auf Anfrage.
April / Mai
Nr. 1 2018
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Aussenbetrachtung Geräte
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STARCKSTROM
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28 WW Magazin
April / Mai
Nr. 1 2018
WW Magazin – die schönsten Seiten der Weltwoche – bereichert Ihr Leben vier Mal jährlich – die nächsten Ausgaben: 24. Mai 2018 mit SCHWERPUNKT KUNST 18. Oktober 2018 über BUSINESS-INNOVATIONEN 22. November 2018 zum TRÄUMEN (schöner Schmuck, kostbare Uhren)
Wir wünschen viel Lesepass! WW MAGAZIN Nr. 1 APRIL / MAI 2018
Zoe Saldana
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PRINZ ABSTURZ
gant und talentiert; in Italien wird Fiat-Erbe Lapo Elkann ist reich, ele er ma ligen Königsfa milie. Bekommt er verehr t wie ein Mitglied der ehe ist der Fluch der Ag nelli stä rker? sein Leben unter Kontrolle – oder
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30 WW Magazin
November / Dezember
Zwei seiner vielen Tätowierungen: «independent» (unabhängig) sowie «indomitable» (unbezähmbar); die Uhr – die «Hublot Classic Fusion Chronograph Italia Independent Pieds-De-Poule» – w urde von Lapo Elkann mitententwickelt. Nr. 4 2017
Bild: Xxxxxx Xxxxxxx
Styling: XXXX XXXX XXXX Model: XXXX XXXX
WW-Persönlichkeit Story
Text: Mark van Huisseling
Bilder: Nathan Beck
SIGNOR EXZESS
Lapo Elkann, Fiat-Erbe, STILWUNDER und WW-Persönlichkeit dieser Ausgabe, hat alles, was man haben und sich WÜNSCHEN kann, PLUS MEHR. Doch bevor man mit ihm tauschen und sein Leben möchte, sollte man NOCHMALS darüber nachdenken. Nr. 1 2018
April / Mai
WW Magazin 31
W Story WW-Persönlichkeit
Wenn man ihn kennenlernt, bekommt man Zweifel, ob das Leben gerecht ist. Der Mann hat alles, so sieht’s aus: Er ist Mitglied einer der besten und reichsten Familien Italiens. Er hat Talente und Fähigkeiten, seine Stärke ist es, Dinge schöner zu machen und besser zu verkaufen. Selber sieht er auch gut aus, ist sogar der eleganteste Mann der Welt, findet die Chefin der Vogue Amerika, Anna Wintour. Und er ist die meiste Zeit von schönen Menschen, schönen Frauen und Mädchen vor allem, umgeben. Man möchte mit ihm tauschen und sein Leben haben, meint man. Lapo Elkann, 40, geboren in New York, wohnhaft in Mailand, T urin, im Flugzeug (meist einem privaten) zudem mal in London, mal in Paris et cetera, ist ein Sohn des französischen Journalisten Alain Elkann und der italienischen Industriellentochter Margherita Agnelli; ihr Vater und sein Grossvater Giovanni «Gianni» A gnelli war Fiat-Geschäftsführer sowie -Mitbesitzer plus so etwas wie der König Italiens, seit Italien keine Könige mehr hat; auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn kontrollierte er gegen 4 Prozent der wirtschaftlichen Leistung des Lands. Lapo war nicht nur sein Lieblingsenkel, er wurde auch Unternehmer – beispielsweise Gründer und Präsident von Italia Independent, einem Brillenhersteller – oder Designer, seine Firma Garage Italia veredelt Autos, Motorräder, Boote, Flugzeuge und so weiter. Sein älterer Bruder John «Jaki» Elkann d agegen ist der Präsident von Fiat sowie der Investmentfirma, die das Familienvermögen bewirtschaftet; dieses ist unter anderem angelegt in F iat-Anteilen, und der Serie-A-Fussballklub Juventus Turin gehört auch ihr. Lapos Anteil soll eine Milliarde Euro wert sein – oder erheblich mehr, je nach Quelle. Im vergangenen Februar reiste er nach Gstaad, um in einem sogenannten Pop-up-Store ein paar Musterstücke von Garage Italia zu zeigen (und darauf aufmerksam zu machen, dass die Zusammen arbeit mit Chefs und Designern von Hublot, der Schweizer Uhrenmarke, weiter gestärkt werde; es gibt bereits Hublot-Modelle, die Lapo mitentworfen hat). Das Innere des Chalets «Lulu» an der Promenade, das gerade umgebaut wurde, erinnerte an ein übergrosses Spielzimmer, wie es ein Kind, das die Bedeutung des Wortes Nein nicht kennt sowie ein unbeschränktes Budget hat, einrichten lassen würde. Oder wie es Lapo einrichten liess: Auf dem Betonboden parkten sonderangefertigte Ferraris und Maseratis, unter anderem in der Farbe «Lapo A zzuro» sowie mit passend aufgemotzten Interieurs.
32 WW Magazin
An dem Samstag regnete es in den Berner Voralpen – eine Möglichkeit, den Nachmittag trotz des schlechten Wetters angenehm zu gestalten, war gefragt. Und so kamen viele Leute ins Chalet «Lulu» und drängten sich zwischen den Sportwagen. Lapo hatte alle Hände voll zu tun, ebensolche zu schütteln respektive Besuchern, die kein Interesse hatten, einen Sportwagen für 900 000 oder so Euro in der Grundausführung (und einiges mehr in der Garage-Italia-Version) zu kaufen, für Mobiltelefon-Selbstporträts zur Verfügung zu stehen. Er trug einen Overall aus Wolle und Seide in navy blue mit weissem «Garage Italia»-Schriftzug auf dem Rücken, so etwas wie die feine Ausführung eines Automechaniker-Arbeitsanzugs, gelegentlich setzte er eine Brille mit bernsteinfarbenen Gläsern auf, als wollte er sich ein wenig zurückziehen vor dem Andrang. Doch wenn es jemand wünschte, schob er die Ärmel nach hinten, damit die bekanntesten seiner Tätowierungen sichtbar wurden: die Wörter «independent» (unabhängig) sowie «indomitable» (unbezähmbar). Mit anderen Worten: Er sah unglaublich stylish aus, so wie man es erwartet von einem Mann, der einen Eintrag auf der «Best-dressed»-Liste von Vanity Fair hat. Bevor er sich an den coffee table mit vier Sesseln, die für unser Gespräch bereitgestellt worden sind, setzt, grüsst er mich wie einen Freund; natürlich war er ins Bild gesetzt worden über mein Kommen respektive unsere Vorgeschichte (wir hatten uns zuvor zweimal gesehen; ich hatte ihn einmal befragt). Doch es geht dennoch zu Herzen, er müsste nicht nett sein, wenn er nicht wollte. Dann ergreift ein Ita liener, der ihm gefolgt war, die Gelegenheit und redet los ohne Punkt und Komma, erzählt von Autos und Uhren, die Lapo gehören. Dieser versucht, darauf hinzuweisen, dass er ein Interview geben soll. Dem anderen ist das egal; Lapo, denke ich, kennt das Wort Nein auch nicht, wenn es um seine Zeit und um den Zugang zu ihm geht. Einmal kommt er auch zu Wort: Das Uhrenmodell, das er am liebsten möge – ausser der «All Black» von Hublot –, sei die «Daytona Paul Newman» von Rolex. Er habe eine gehabt, sie sei ihm gestohlen worden während eines Überfalls in Mailand, der Räuber habe ihn dafür niedergeschlagen.
Lapo kennt das Wort Nein auch nicht, wenn es um seine Zeit und um den Zugang zu ihm geht. Endlich steht der Vielredner auf, tritt ab und Lapo beginnt, über das «Garage Italia»-Geschäftsmodell zu sprechen. Es gehe darum, Gegenstände zu personalisieren. «Was für Gegenstände und für wen?» – «Egal, jeden Gegenstand – Autos, Flugzeuge, Boote, Kleidung, Möbel, Kaffeemaschinen – für jeden Kunden, Privatleute, Unternehmen, für alle.» Er arbeite für Ferrari, Maserati oder Lamborghini, aber auch für Fiat, er sei nämlich nicht nur am obersten Ende des Markts tätig. Er arbeitet für Kunden aus Europa, Amerika, Asien. Kurz: S eine Firma tue, wovor andere sich fürchten: mit Kunden an einen Tisch sitzen und ihre Träume auf ein leeres Blatt Papier zeichnen. Um diese dann zu realisieren. «Ich bin ein Traum-Bastler.» Weiter mäandriert seine Rede durch die Konsumgüterbranche wie ein Fluss durch eine Landschaft. Sprachlich gewandt und in einer Mischung aus Business-mässiger Ernsthaftigkeit und künstlerischschöpferischer Unangepasstheit stellt er sein Stil-Credo vor: ganz
April / Mai
Nr. 1 2018
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Styling: XXXX XXXX XXXX Model: XXXX XXXX
Interieur des letzten Pagani Huayra, eines von Hand hergestellten Supersportwagens, erhältlich ab ca. 892 000 Euro in der Grundausstattung und von Lapo Elkanns Garage Italia «personalisiert», inspiriert vom Fiat-Turbina-ConceptNr. 4 2017 Car von 1954.
November / Dezember
WW Magazin 33
Story WW-Persönlichkeit
«ICH BIN EIN TRAUM-BASTLER» Elkann arbeitet für Ferrari, M aserati, Lamborghini und Fiat. Mit Autos, Jets, Booten et cetera. Für Privatleute oder Unternehmen aus Europa, Amerika, Asien; für alle also. Sagt er. Sein bester Kunde aber, so sieht es aus, ist er selber.
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1. Fiat 500C, anlässlich der neunten Mailänder amfAR-Veranstaltung für einen guten Zweck von Garage Italia im MissoniStil personalisiert. 2. Bombardier Learjet 31 (Preis des Basismodells: 4,5 Millionen Dollar) in der Garage-ItaliaAusführung «Nel blu dipinto di blu»; bestellt (und bezahlt) von einer anderen Firma, die Lapo Elkann gehört. 3. Die «Lap1», die erste MV13-Jacht von Baglietto, gebaut und entworfen von der Werft aus La Spezia, einem Bootsdesigner und Garage Italia. Die Speziallackierung «Italia Independent digital camouflage» wurde von Lapo Elkanns Firma Italia Independent entwickelt; der Besitzer der Jacht ist Lapo. 4. Lapo vor dem Garage-Italia-Hauptsitz; 2015.
Bilder: Garage Italia, Getty Images
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WW-Persönlichkeit Story
einfach das Beste von allem anbieten, womit italienische Handwerker und Kunsthandwerker sich in Vergangenheit auf die Landkarte der Connaisseurkunden gesetzt hätten. «Für jedes Produkt. In jeder Industrie. Jeden Tag. Wir kennen keine Grenzen», sagt er. S olche Worte, besser: Werbebotschaften sind ihm unbenommen. Doch der weisse E lefant im Zimmer, das offensichtliche Problem, das die längste Zeit nicht angesprochen wird, ist ein anderes: Im November 2016 war er in M anhattan festgenommen und einvernommen worden. Nachdem er seine eigene Entführung vorgetäuscht hatte. Und er es anschliessend bei der vermeintlichen Übergabe des vereinbarten Lösegelds von 10 000 Dollar nicht mit Abgesandten seiner Familie zu tun gehabt hatte, sondern mit Polizisten. Was tönt wie ein Kokainplan – junger Milliardär beschliesst, im Morgengrauen einen Begleiter bei seiner Familie anrufen zu lassen und 10 000 Dollar zu verlangen, sofort, damit er aus seiner Gefangenschaft in einer New Yorker Sozialwohnungssiedlung entlassen werde, aber bitte ohne nachzufragen, wie er dorthin gekommen sei und weshalb er einen, für seine Verhältnisse, mickrigen Geldbetrag nicht selber aufbringen könne und so weiter –, war genau das: eine Idee, auf die man nüchtern nicht kommen kann. Lapo hatte die Nacht davor mit einem/einer Transgender-Escort-Guy/-Person, einem 29-jährigen Stricher, verbracht und dabei viele Drogen, Kokain und Gras zur Hauptsache, genommen. Bis er das Geld, das er in der Tasche hatte, aufgebraucht hatte. Dann aber keine Lust respektive Klarheit im Kopf gehabt hat, ins Hotel zu gehen und auszuschlafen, sondern versucht hat, das High zu verlängern. Wofür er zuerst die fällige Rechnung zahlen musste und dann noch ein bisschen Wechselgeld brauchte, sagen wir: 10 000 Dollar. Die Klage des New Yorker Bezirksanwalts – Vortäuschung der eigenen Entführung kann in Amerika mit zwei bis zehn Jahren Gefängnis bestraft werden – wurde fallengelassen, teilte die Behörde später mit, ohne auf die Gründe dafür einzugehen. Das ist die gute Nachricht. Respektive das Verdienst der besten Anwälte New Yorks, die sich mit e iner Tonne Agnelli-Geld kaufen lassen. Die schlechte Nachricht: Lapos Lernkurve ist flach, die Geschichte seines Lebens wiederholt sich – im Herbst 2005 wurde er in die Notaufnahme eines Turiner Spitals eingeliefert, nachdem er mit einer Überdosis Kokain, Heroin und A lkohol komatös in der Wohnung einer damals 53-jährigen transsexuellen Prostituierten gefunden worden war. Danach verliess er Italien für eine Entzugskur in Arizona, anschliessend lebte er zwei Jahre in New York. Und seither, so die o ffizielle, sandgestrahlte und airgebrushte Version seiner Vita, lebe er drogenfrei. Bis hier, jetzt und heute. Oder wenigstens bis zum 27. November 2016, dem Tag, an dem der Ausrutscher passierte. Oder an dem er sich dabei erwischen liess.
Was tönt wie ein Kokainplan, war genau das: eine Idee, auf die man nüchtern nicht kommen kann.
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Ich frage, ob man einem Künstler, Freigeist, Libertären wie ihm e inen Absturz ab und zu durchgehen lassen müsse, damit er kreative Höchstleistungen erbringen könne. «Ist das das Lapo-Paket?» – «Nein, auf keinen Fall», antwortet er. Diesen einfachen Weg wolle er nicht
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ER HAT DIE COOLSTEN FREUNDE Doch er hat auch harte Zeiten gehabt im Leben – mit 14 war er Opfer sexuellen Missbrauchs geworden. In der Folge habe er für Sex bezahlt, um Kontrolle über seine Partner zu haben.
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1. Lapo Elkann mit Marco Tronchetti Provera (Chef Pirelli, links), Anna Wintour. 2. Mit Uma Thurman beim «Cinema Against AIDS»Galadinner, 2016. 3. Mit Naomi Campbell, Modeschau in Dubai, 2013. 4. Mit Petra Nemcova in Cannes, 2012. 5. Mit Carine Roitfeld, DvFSchau in New York, 2014. 6. Mit Renzo Rosso, 2016.
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Bilder: Shutterstock, Getty Images
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gehen. Er habe harte Zeiten gehabt im Leben, mit vierzehn sei er Opfer sexuellen Missbrauchs geworden (im Internat, das er besuchte; er enthüllte das vor einigen Jahren in einem Gespräch mit einem italienischen Journalisten). In der Folge habe er Drogen genommen, um den Schmerz zu betäuben. Und für Sex bezahlt, um Kontrolle über seine Partner zu haben. «Ich habe zu Mitteln gegriffen, die mir ab und zu entglitten sind, traurigerweise», sagt er. Er habe eine dunkle S eite, die manchmal stärker sei als er. Doch er habe für seine Taten bezahlt. «Ich bin ein Süchtiger, aber ich bin auf dem Weg der Besserung. Und ich schäme mich nicht dafür. Ich habe seit fast einem Jahr keine Drogen mehr genommen – ich unterzieh mich jederzeit einem Bluttest, mit Vergnügen.» Die Sätze tönen einstudiert, er hat viel Lebens- Coaching und psychologische Betreuung hinter sich, merkt man. Lapo macht es einem nicht leicht, ihn nicht zu mögen. Doch ihn ohne Vorbehalte gut zu finden, ist auch nicht einfach. Die öffentliche Wahrnehmung in Italien ist wohlmeinend, falls man Einträge über ihn in sozialen Medien und ähnliches als anekdotische Beweisführung nimmt. Fürs Volk, darf man wohl verkürzt sagen, ist er ein Prinz, den dieses liebt. Italiener haben möglicherweise mehr Kapazität zu Nachsicht; oder ist es Grösse? Oder Naivität? Vielleicht sind sie auch bloss ehrlicher, wenn es darum geht, wie man sich selber aufführen würde, wenn man die Mittel und Möglichkeiten des jungen Agnelli-Prinzen hätte, der seit seiner Turiner Nahtod-Story alle offiziellen Ämter und Pflichten bei Fiat los ist, nebenbei (seit einiger Zeit ist er Verwaltungsrat von Ferrari, der Sportwagenmarke, die zur Fiat Chrysler-Gruppe gehört). Ausserdem: In Italien mag man eine b ella figura und somit Lapo. Es kommt auch an, dass er die schönsten Frauen am Arm hat, solche, die als Frauen geboren wurden, solange er nüchtern ist jedenfalls – wenn auch gelegentlich nur für einen Augenblick. Zurzeit soll er mit dem brasilianischen Model Cristina Saracino zusammensein; davor war er vier Monate zusammen und fast verlobt mit Jermaine Shahrivar, einer Schönheitskönigin aus Deutschland mit persischer Abstammung. Die Freundin zuvor, mit der er eine für seine
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Verhältnisse lange, nämlich mehrjährige Beziehung hatte, war eine Art Ausreisser: Goga Ashkenazi aus Kasachstan, fast so alt wie er, hat zwei kleine Kinder, ist nicht bloss Gesellschafts-, sondern auch Geschäftsfrau; sie führt ein Öl- und Gasunternehmen sowie die Modemarke Vionnet. Was seine unternehmerische Leistung bisher angeht, darf man schreiben, er habe bei den Vorbereitungen zur Wiederauflage des Fiat-500-Modells, das offiziell im Jahr 2007 am Automobilsalon in Genf vorgestellt wurde, einen guten Job gemacht; Lapo war für das Marketing und die Werbung des gesamterneuerten Klassikers, der als Auto des Jahres 2008 ausgezeichnet worden ist, mitverantwortlich. Bei der von ihm 2007 gegründete Brillenherstellerin Italia Independent, deren Aktien seit 2013 an der Börse von Mailand gehandelt werden, läuft es dagegen weniger rund – 2015 musste er Geld einschiessen, um Verluste zu decken. Auch der mit Sicherheit erhebliche Mittelbedarf von Garage Italia, seiner Personalisierungswerkstätte für alles und jeden, kam von ihm – das Unternehmen öffnete dieses Frühjahr in einer architektonisch bedeutenden ehemaligen Mailänder Autowaschanlage aus den 1950er Jahren. Dass Lapo dafür selber bezahlte, kann verschieden ausgelegt werden: entweder weil er sicher ist, damit Riesengewinne einzufahren, und diese nicht teilen möchte. Oder weil er keine Investoren gefunden hat, denen das Geschäftsmodell erfolgsversprechend erschien. Doch ein Agnelli/Elkann lebt und stirbt nicht nur des Geldes wegen. Auf der Familie, schreiben zu dramatischen Zeilen neigende Journalisten, laste ein Fluch, ähnlich wie auf den Kennedys. Lapos Onkel Edoardo Agnelli, der einzige Sohn seines Grossvaters Gianni, nahm sich das Leben mit 46, weil er den hohen Erwartungen des Familienoberhaupts nie genügte. Ein anderes Familienglied starb in seinen Dreissigern an Krebs. Und seine Mutter Margherita führte einen jahrelangen Kampf gegen ihre eigene Mutter plus gegen den Rest der Familie inklusive ihre eigenen Kinder, bei dem es, vereinfacht ausgedrückt, um Anteile am Vermögen und Mitsprache bei Entscheidungen ging. Dennoch: «Lapo ist ein feiner Mensch», sagt Michel Comte, der Schweizer Fotograf und Künstler, der ihn seit vielen Jahren kennt und mit ihm zusammengearbeitet hat. Er beschreibt ihn als begabt, hilfsbereit und grosszügig. Also ziemlich ähnlich, wie Lapo sich selber beschreibt. «Ich bin ein gütiger Mensch, das konnte ich noch zu wenig zeigen in der Vergangenheit.» Er hat unter anderem das Hilfswerk Laps – steht für Libera Accademia per Progetti Sperimentali (etwa «Freie Akademie für Versuchs-Vorhaben») – gegründet, das das Recht auf Glück an Orte bringen soll, wo es dieses Recht nicht gebe. Etwa nach Scampia, die Wohnstadt im Norden Neapels, wo die Lebens bedingungen als unmenschlich beschrieben werden; es ginge darum, Kindern und Jugendlichen Schul- und Ausbildung zu ermöglichen. Der schwerste Kampf seines Lebens sei, von Drogen wegzukommen, sagt Lapo. Und er sei stolz darauf, seit einem Jahr ohne leben zu können. «Denn das Wichtigste für mich sind nicht Autos oder Möbel oder Kleider. Sondern es ist, meine Nüchternheit, die ich wiedergefunden habe, zu behalten.» Das sei manchmal hart, zurzeit habe er aber mehr gute Tage als schlechte. «Der Kampf geht weiter», sagt er, «doch es lohnt sich. Die einzige Droge, an der ich mich im Augenblick berausche, ist Klarheit.» Lapo Elkann ist ein Mitglied einer der besten und reichsten F amilien Italiens. Er sieht gut aus, ist der eleganteste Mann der Welt meinetwegen. Hat Talente und Fähigkeiten und mehr Geld, als man im L eben ausgeben sowie die schönsten Freunde, die man sich dafür kaufen kann. Doch den Ballast der Agnellis, den sogenannten Fluch, hat er ebenfalls auf seinen Weg mitbekommen. Man möchte nicht mit ihm tauschen, nicht sein Leben haben.
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ÂŤAlle Frauen, die mir begegnet sind, waren stark und vollkommenÂť: Zoe Saldana.
Berühmtheit treffen Story
OB BLAU, GRÜN ODER BRAUN – SIE SPIELT ALLE FRAU’N Zoe Saldana wird von Hollywood oft ins All geschickt – für «Avatar», «Guardians of the Galaxy» oder «Star Trek». Schade, denn die Frau ist interessanter als ihre Rollen.
Text: Sarah Stutte
Bild: Kurt Iswarienko / Trunk Archive
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«Frauen sollen sich wichtig fühlen. Sie müssen diese Wichtigkeit einfordern, einfach, weil sie wichtig sind.» Das sagt Zoe Saldana unmittelbar nach der Begrüssung in ihrem Hotelzimmer in Mailand. Keine hohle Phrase. Denn schon 2009 kämpft sie in einer weit entfernten Galaxie als einzige Frau auf einem Raumschiff namens «Enterprise» und als Häuptlingstochter verhindert sie auf dem Mond Pandora den Abbau der dortigen Rohstoffe und somit die Zerstörung ihrer Welt. Die beiden Rollen als Leutnantin
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Uhura in «Star Trek» respektive als das Gesicht und die Stimme der Figur Neytiri in James Camerons animiertem 3-D-Blockbuster «Avatar» machen die damals 31-jährige Schauspielerin berühmt. Sie schrieb damit nicht nur persönlich, sondern auch im Science-Fiction-Genre Geschichte. Denn tragende weibliche Charaktere in Weltraumabenteuern gab es bisher kaum welche. Und wem es gelingt, zu den Schauspielerinnen-Ausnahmen, die die Regel bestätigen – Sigourney Weaver als Ellen Ripley in «Alien» oder Gillian Anderson als Dana Scully in «Akte X» –, aufzuschliessen, der darf stolz darauf sein. Saldana gelang es darüber hinaus als erste Frau gleich noch, zwei der umsatzstärksten ScienceFiction-Franchises der letzten Dekade mitzuprägen, denn weitere «Enterprise»- und «Avatar»-Auftritte sind bereits in Planung. Und mit ihrer ebenfalls wiederkehrenden Figur der grünhäutigen Gamora aus Marvels «Guardians of the Galaxy» (2014) konnte sie diesen Erfolg weiter untermauern. Dabei wollte sie ausgerechnet diese Rolle zuerst gar nicht spielen. Und das, obwohl sich die Mischung aus Comicverfilmung und Science-Fiction für Saldana, die sich selbst als Nerd bezeichnet, angehört haben muss wie ein speziell für sie ausgedachtes Abenteuer.
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Jedoch keinesfalls, wie geschrieben wurde, weil ihr vor der täglichen stundenlangen grünen Verwandlung graute, sondern weil sie kein Anhängsel männlicher Helden sein wollte. Die erste Drehbuchfassung sah nämlich einen eher kleinen Auftritte für die Wächterin der Galaxie vor, ausgehend von den sparsam in die Comics gezeichneten Auftritte der F igur. Saldana beklagte sich – und bekam einen grösseren Part. «Ich kann im Film nur darstellen, an was ich wirklich glaube», sagte sie. Diese Einsicht resultiere aus ihrer Erfahrung und daraus, wer oder was sie umgebe. «Alle Frauen, die mir jemals begegnet sind, von der Bedienung in einem Café bis zu meiner Grossmutter, waren immer stark und vollkommen.» Aufregen würde sie sich. Über all die Typen, die mit ihren Postern und unrealistischen feuchten Träumen von Frauen zu lange in Kellerräumen gelebt hätten – und dann plötzlich weibliche Filmcharaktere entwerfen dürften. «Ich wollte nie Teil davon sein. Ich bin auch niemandes Muse. Es ist langweilig, als seelenloses, wunderschönes Ding auf einem Gemälde zu prangen.» Und darum wolle sie junge Mädchen nicht dazu ermutigen, Klischees zu bedienen. Selbst eine Wonder Woman sein, das war ihr erklärtes Ziel. Schon als Kind hatte die amerikanische
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Story Berühmtheit treffen
Aufregen würde sie sich. Über Typen, die mit ihren Postern und feuchten Träumen von Frauen zu lange in Kellern gelebt hätten – und plötzlich weibliche Charaktere entwerfen dürften.
Schauspielerin, die aus der dominikanischen Republik stammt, nach Superheldinnen gesucht, die ihr ähnelten. Aber sie fand nicht viele. «Genau deshalb verstehe ich, wie wichtig es vor allem für junge Mädchen ist, eine Identifikationsfigur zu haben.» Könnte für sie das Gefühl der Zugehörigkeit nicht auch auf der Erde statt immer bloss im All entstehen? Nun, der Weltraum biete Weite und damit unendlich viele Möglichkeiten. «Dort oben ist genug Platz für uns Frauen, und niemand gibt mir vor, wie ich zu sein habe», sagt sie. Die Aussage erinnert an eine Wunde, die noch nicht ganz verheilt ist, bezogen auf ihre bisher einzige Leinwanderfahrung, bei der sie keine erfundene Person darzustellen h atte: Vor zwei Jahren spielte sie in der Biografie «Nina» die Jazzmusikerin Nina Simone. Was vor allem in Amerika für hitzige Diskussionen sorgte – just eine Latina spielt die afroamerikanische Bürgerrechtlerin? Kritisiert wurde im Voraus, dass Zoe Saldana weder den richtigen Teint noch das richtige A lter hätte, um die schwierige Simone in ihren späten Fünfzigern darzustellen. Eine dunk lere Hautfarbe und einen älteren Look bekam Saldana nur durch viel Schminke. S trenge Urteile um das sogenannte Blackfacing flammten während der #OscarsSoWhiteDebatte wieder auf: Schwarzgeschminkte, eigentlich hellhäutige Schauspieler würden ihren ethnischen Kollegen die Rollen wegschnappen, hiess es. S aldana, die persönlich angegriffen worden war, vermied es, sich zu äussern. Zwar verteidigte die Produktionsfirma ihre Wahl, doch der Film floppte. Was aber wohl vielmehr dem unstimmigen Drehbuch geschuldet war als Saldanas Schauspiel. Die 39-Jährige sitzt während des Gesprächs auf einer Couch am Fenster. Nach aussen wirkt sie tief entspannt. Als ob der Stress einer PR-Veranstaltung sie nicht mehr gross beeindrucke. Wahrscheinlich ist sie als Mutter von dreijährigen Zwillingssöhnen und einem einjährigen Sohn einfach abgehärtet und versteht Interviewgeben als Tag im Spa. Wie organisiert man einen solchen Haushalt
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als Filmstar und Künstler? (Ehemann Marco Perego, ein Italiener, den sie 2013 nur wenige Monate nach dem Kennenlernen heiratete, ist Maler und Bildhauer.) «Haha, gar nicht», sagt sie: «Wir sind chaotisch. Ich sage, es braucht ein Dorf. Wir fragen nach Hilfe, wann immer wir sie benötigen. Ohne Assistentin, Nanny, Eltern, Nachbarn und Freunde könnte ich nicht tun, was ich tue.» Dann fügt sie hinzu: «Es kann auch sehr einsam und beängstigend sein, wenn du mit drei kleinen Kindern die ganze Zeit alleine zu Hause bist und niemanden zum Reden hast.» Ich sage darauf, dass man in der Schweiz eine solche Aussage als mutig bezeichnen könne und dass man hier von einer Frau erwarte, alles gleichzeitig zu managen. Sie schaut ungläubig und erwidert: «Kinder sind an sich schon eine Herausforderung. Ich zolle jeder Mutter Respekt, die Vollzeitjob und Erziehung alleine auf die Reihe bekommt. Mir fehlen dafür die Ressourcen.» Gerade diese Offenheit, mit der sie heiklen Fragen begegnet – auch bezüglich der zurzeit in der Filmwelt geführten Diskus sionen über Frauenrechte –, machen Zoe fassbar. Man spürt, wofür sie brennt: nämlich dafür, dass sich nicht nur im Unterhaltungsgeschäft etwas ändern müsse, sondern überall. Dass die engagierten Schauspielerinnen, die #MeToo- oder Time’s-Up-Bewegung nicht gestartet hätten, sondern sich nur dazu entschlossen, sich nicht länger einschränken zu lassen. «Unsere Stimmen zu erheben, verdient keine besondere Anerkennung. Es ist unsere Pflicht», sagt sie. Frauen sollten mehr Führungspositionen einnehmen, um so mehr Möglichkeiten für andere Frauen zu schaffen. «Nur dann können wir die Geschichten über uns erzählen, wie sie erzählt werden müssen.» Doch sie ist kein Heisssporn, sie weiss, dass Veränderungen Zeit brauchen: «Wir müssen g eduldig sein, es hat lange gedauert, um bis hierher zu kommen, und es wird wieder viel Zeit kosten, bis wir ein paar Schritte weiter sind.» Geduld, Stärke und Durchsetzungsvermögen sind Attribute, welche die in New Jersey
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Geborene schon früh benötigte. Der Vater starb bei einem Verkehrsunfall, als Zoe neun Jahre alt war. Die Mutter zog daraufhin mit ihren drei Töchtern weg aus dem New Yorker Stadtteil Queens, zurück in die dominikanische Republik. «Das war hart. Ich habe mich aufgrund dieser dramatischen Erfahrung immer anders gefühlt. Ich musste ganz neu anfangen, eine andere Sprache lernen, mir neue Freunde suchen und auf eine fremde Schule gehen», sagt sie. Im Tanz fand sie einen Weg, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Noch in der Karibik studierte sie Ballett, Jazz, Modern Dance und lateinamerikanische Tänze, später zog sie nach Amerika zurück, um in New York ein Schauspielstudium zu beginnen. Ist Heimat für sie ein Ort oder ein Gefühl? «Es ist ein Gefühl. Es sind die Menschen», sagt sie und singt eine Zeile aus einem Metallica-Lied: «Wherever I may roam . . . Where I lay my head is home – als ich das erste Mal diesen Song hörte, dachte ich: ‹Meine Güte, das sind wir.› Weil mein Zuhause immer dort war, wo ich den Kopf niederlegte, solange ich bei meiner Familie war. Heute bin ich deshalb nicht abhängig von materiellen Dingen, aber interessiert an Menschen oder Kulturen. Sogar interessiert an der unendlichen Weite des Weltraums.»
CAMPARI-KALENDER 2018 Seit 2001 veröffentlicht die italienische Aperitifmarke jährlich einen Kalender. Dafür wird immer eine Berühmtheit in zwölf Bildern inszeniert, Uma Thurman, Eva Green oder Benicio del Toro etwa. Heuer erscheint der Kalender zum zweiten Mal in Form von zwölf Kurzfilmen über Bartender aus aller Welt. Kernstück ist ein Film noir, für den Zoe Saldana als Hauptdarstellerin und Stefano Sollima (TV-Serie «Gomorrah») als Regisseur verpflichtet wurden. Er ist auf Youtube zu sehen. Wir danken der Firma Campari für die Unterstützung bei diesem Artikel.
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«Avatar» (2009)
«Nina» (2016)
2» (2017)
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«Guardians of the Galaxy» (2014), «Guardians of the Galaxy Vol.
«Star Trek» (2009), «Star Trek: Into Darkness» (2013) und «Star
Trek: Beyond» (2016)
«Es brodelt, mehr als auch schon»: Yannick Aellen über junge Schweizer Modemacher zurzeit.
Schweizer Modemacher Story
Monsieur Mode Suisse E
Ohne YANNICK AELLEN läuft in der Schweizer Mode nichts respektive kein Model; seine MODE-SUISSE-Schau ging 2011 das erste Mal über den Laufsteg. Bis jetzt ist die Veranstaltung eine Vernetzungsplattform – sie dürfe aber gerne auch lukrativ werden, sagt der SPITZBUBE .
r liebt das Spektakel. Drum sind seine Mode-Suisse-Events immer gut für eine Überraschung. Mal lässt er die M odels zu der Musik einer Liveband über den Catwalk gehen. Mal folgen sie einem ausgeklügelten Gehmuster. Dann wieder laufen sie z ügig zu Pianoklängen den Gästereihen entlang und erschaffen in ihren Körper umfliessenden, buntbedruckten Kleidern eine b einahe intime Atmosphäre, so war’s an der Mode Suisse dieses Frühjahr im Migros-Museum. Dreizehn Editionen hat Yannick Aellen bisher produziert, ohne seine Begeisterung für die Kombination aus Bühne, Mode und Live-Show zu verlieren. «Schon immer sah ich Mode als ein tolles Vehikel, um ein Zeitgefühl auszudrücken, weil sie so vieles zusammenbringt», sagt der Mann aus Steffisburg am Thunersee, der sich keinesfalls als fashion victim sieht. Die 2011 von ihm gegründete Plattform für Schweizer Modedesign mit Namen Mode Suisse Edition ist der Renner der hiesigen Modewelt. Einkäufer der grossen Warenhäuser, Boutiquenbesitzer und alle anderen, die jemand sind in der inländischen Modebranche, bemühen sich halbjährlich um Tickets. «Es ist ein enormer Kick, wenn die Lichter gedimmt werden, bevor das erste Model den Laufsteg betritt. Ich stehe dann auch immer ganz bewusst auf meine Füsse und versuche, mich zu erden», sagt er. Sein Büro in einem loftartigen Raum mit Vintage-Möbeln und Hund befindet sich in Zürich Altstetten, einer ehemaligen G ewerbegegend, die gerade schick wird. «Ich glaube, wir haben zurzeit eine spannende, junge Generation – es brodelt, mehr als auch schon», sagt Aellen. Eine dieser jungen Hoffnungsvollen sei Vanessa Schindler; sie hat an der Hochschule für Kunst und Design Head in Genf, studiert und das Huyères-Festival gewonnen (zwischen Marseille und Cannes an der Côte d’Azur findet einmal im Jahr ein Mode- und Fotografie-Festival statt, das hohes Ansehen in diesen Branchen hat). Ein anderer Hoffnungsträger sei der W alliser Kevin Germanier, aktuell im Kern-Designteam von L ouis Vuitton, der von seinem A rbeitgeber, dem LVMH-Konzern, bei der Lancierung seiner Marke unterstützt wurde. «Er hat die n iaque, den Biss, wie wir im Französischen sagen», sagt der d eutsch-französisch aufgewachsene Aellen. «Er will und wird durchstarten. Er hat Chancen, the next big thing zu werden.» Genau das will Aellen mit seiner Mode Suisse: aus Jungen den nächsten wichtigen Namen der Mode machen. Und dabei selber auch ein bisschen gross
Text: SARA ALLERSTORFER
Bilder: CYRILL MATTER Nr. 1 2018
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Story Schweizer Modemacher
MODE SUISSE Die 2011 gegründete Plattform für Schweizer Modedesign ist der Renner der hiesigen Modewelt. Einkäufer grosser W arenhäuser, Boutiquenbesitzer und alle anderen, die wer sind in der Branche, bemühen sich halbjährlich um Tickets. 2
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1. Huber Egloff, 2016 2. Garnison, 2018 3. Julian Zigerli, 2014 4. En Soie, 2013 5. Christa de Carouge, 2013 6. HEAD Genève, 2016 7. Lyn Lingerie, 2018 8. After Work Studio, 2018
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Bilder: Alexander Palacios, Wongwannawat, Simon Habegger, Irène Münger
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Aellens Talent fiel auch HEIDI KLUM auf. Für ihre TV-Castingshow «Germany’s Next Top Model» zieht er seit 2010 durch deutsche Städte, schaut sich Hunderte von MÖCHTEGERN-MODELS an und wählt die aus, die von ihm aus gesehen das Zeug dazu haben, in der REALITY-SHOW der Mutter aller deutschen Models zu bestehen - und danach vielleicht auf den richtigen Laufstegen zu gehen.
hoch hängt er diese Erfahrung aber nicht: Es sei auch ein GeldJob, der die Miete bezahle. «Meine Hoffnung bei solchen F ormaten war insgeheim immer, den Menschen zeigen zu können wie die Mode- und Modelbranche funktioniert. Und natürlich wollte ich auch mein Salz und meinen Pfeffer reinmischen», sagt er. Für die zweite Ausgabe der Mode Suisse konnte Aellen Luisa Hartema, die Gewinnerin e iner «GNTM»-Staffel, zu sehr guten Konditionen buchen. Was dazu führte, dass die Mode Suisse einen 8-Minuten- Beitrag auf Pro Sieben bekam. «Für ein junges, unabhängiges Projekt, wie die Mode Suisse es damals war, ist so etwas grossartig», sagt er h eute d arüber. Dem Klischee, dass die Modebranche aus Paradiesvögeln besteht, entspricht Aellen selber nicht. Seine Kleidung w ürde man eher als unaufgeregt bezeichnen: ein Pullover im Daddy-Style und schwarze Turnschuhe – auf den ersten Blick sehr n ormal, doch Eingeweihte dürften die Teile erkennen. Auch versucht er nicht, sich als Person laut in Szene zu setzen. Er ist dafür anspruchsvoll: Am Vortag der dreizehnten Ausgabe der Mode Suisse etwa wurden alle Modelhaare von einer Veronica-Lake-Welle (benannt nach der Hollywoodschauspielerin aus den vierziger Jahren) zu einem sogenannten kleinen Kopf, wie eng am Kopf anliegende Haare im Fachjargon heissen, u mfrisiert, weil er es so wollte. Trotz Bedenken von Stylistin und dem Hairstylisten-Team von Charles Aellen (die beiden sind nicht v erwandt miteinander). Doch so ist das eben: «Monsieur Mode S uisse» ist Yannick Aellen. Und der setzt seine Sicht und Vorstellung durch – vor und hinter der Bühne, auf und neben dem Laufsteg. Einer muss ja den 150 Mitarbeitern, die zu Eventzeiten auf seiner payroll stehen, die Richtung weisen. Routine ist nichts für ihn, er brauche den Kitzel des Neuen, damit er wachbleibe, sagt er. Darum auch sein neustes U nterfangen: «The Friendly Acquaintance» heisst das erste Album im ChamberPop-Stil (er studierte Musik in Liverpool), für das er mit zwölf bis dreizehn Songs in der Vorproduktion steckt. Er hofft, dass noch in diesem Frühjahr ein Minialbum mit drei bis fünf S tücken rauskommt, bevor dann im Winter das ganze Album folgen soll. Musik sei wichtig für ihn. Als die Mode Suisse schnell grosswurde, habe er kaum mehr Zeit dafür gehabt. Und was ihm, wie die Musik, Balance im Leben gebe, was ihn die oft berechnende Oberflächlichkeit der Modebranche vergessen lasse, seien Begegnungen mit guten Leuten. Die erst kürzlich v erstorbene Christa de Carouge war eine solche. Sie hat sich 2012 an der Mode Suisse von der Branche verabschiedet. Sie habe etwas Magisches gehabt, sie sei radikal gewesen, aber auch sehr menschlich, sagt er. «Sie ist sich immer treu geblieben und war nicht nur für mich eine Heldin.» Für einmal braucht Yannick Aellen kein Spektakel, sondern bloss ein paar Worte, um seine Emotionen auszudrücken.
rauskommen. Bis hierhin ist die Eventreihe allerdings noch eher eine Non-Profit-Geschichte; er glaubt dennoch fest an die Entwicklungschance. «Es darf auf alle Fälle lukrativer werden. In erster Linie sind wir aber eine Veranstaltungs- und Vernetzungsplattform mit Fördergedanken», sagt er. Bis 2021 abgesichert durch eine Trägerschaft aus Engagement Migros, Pro Helvetia, der Z ürcherischen Seidenindustrie-Gesellschaft sowie der Hulda-und-Gustav- Zumsteg-Stiftung. Ohne Förderer und Sponsoren k önne so eine Plattform nicht funktionieren. Doch was reinkomme, gehe direkt auch wieder raus in die Umsetzung und Förderung des Nachwuchses. Dafür gibt es bereits Erfolgsgeschichten wie etwa die von Julian Zigerli, der seine Kollektion schon im T eatro Armani in Mailand zeigen durfte und gerade seinen ersten Flagship-Store in Zürich eröffnet hat. Das erste Mal so richtig geflasht von Bühne, Show und M usik war Aellen als Teenager, mit dreizehn. Vanessa Paradis, selber nur wenig älter, hatte es ihm angetan. Er widmete ihr eine Fanzeitschrift. Diese kam ihrem Manager in die Hände, der ihn darauf nach Paris einlud. Und dann war der einfache Junge vom Berner Land, der er im Grunde bis heute geblieben ist, Mitglied der Paradis-Entourage. «Es waren spannende und bereichernde Zeiten. Ich traf den G ainsbourg-Birkin-Clan, die Hallydays und die L eute von Chanel.» Diesen Zauber von der grossen Welt und den interessanten Leuten versucht er, bei seinen Shows und Inszenierungen einfliessen zu lassen. «Solche Emotionen an das Publikum weiterzureichen, ist etwas Wunderbares.» Mit zwanzig hält ihn nichts mehr in der Schweiz. Er zieht nach Paris, findet eine Stelle als model booker und ist dafür verantwortlich, dass möglichst viele Models seiner Agentur für Luxusmarken laufen dürfen. Später arbeitet er als Produzent für Chanel und L ouis Vuitton; er organisiert also Fotoshoots und Werbeaufnahmen. Er lebt zwischen London, seiner Herzensstadt, und Paris sowie Luzern, wo er als Creative Director für die Gwand (eine der damaligen Modeplattformen) arbeitet. Neben seinem Auge für b egabte Designer zeigt Aellen auch Talent bei der Auswahl der richtigen Models. Er erkennt das Potenzial eines Mädchens oft vor anderen bookers. «Mit der Zeit habe ich realisiert, dass ich gut bin im Entdecken von Neuem, wohl keinen schlechten Riecher habe.» Am Anfang dabeizusein und etwas zu bewegen, sei sein Motor. Sein Talent fiel auch Heidi Klum auf. Für ihre TV-Castingshow «Germany’s Next Top Model (GNTM)» zieht er seit 2010 durch deutsche Städte, schaut sich Hunderte von Möchtegern-Models an und wählt die aus, die von ihm aus gesehen das Zeug dazu haben, in der Reality-Show der Mutter aller deutschen Models zu bestehen (und danach vielleicht auf den richtigen Laufstegen zu gehen). Zu
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Nr. 1 2018
«Emotionen an das Publikum weiterzureichen, ist etwas Wunderbares»: Aellen über eine gelungene Show.
Aussenbetrachtung Kulinarik
Illustration: RINAH LANG
AUF DEM HOLZWEG Im UNTERENGADIN, im Dorf BRAIL , findet man, falls man es denn weiss, ein kleines, FÜNFSTERNEHOTEL . Die Besitzer sind auch Schreiner, was man sieht – es gibt viel HOLZ – aber nicht schmeckt: Das Restaurant ist ausgezeichnet.
Text:
ODILE BURGER
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hrliche Gastlichkeit plus köstliche Gerichte, das verspricht – auf seiner Site – das Hotel im Unterengadin namens «In Lain», romanisch «aus Holz». Viel Holz findet man denn auch innen und aussen. Einmal geparkt auf dem dafür vorgesehenen Platz, wo es übrigens eine Ladestation für E-Fahrzeuge gibt, steht man nach ein paar Schritten vor dem ungefähr 400-jährigen Engadinerhaus, das einer Zeichnung aus Alois Carigiets Kinderbüchern entsprungen scheint. Eingetreten durch die Holztür, fühlt man sich sogleich wie zu Besuch bei Freunden: Keine typische Hotellobby, sondern ein schlicht möblierter Eingangsbereich dient als Empfang. Und es wird einem sofort bewusst: Hier lebte bis vor nicht allzu langer Zeit eine Familie. Wer Schellenursli-Romantik sucht, wird sich in einem der Engadiner Familienzimmer im oberen Stockwerk wohlfühlen. Wer skandinavisch anmutende Schlichtheit bevorzugt, bucht am besten eine Spa-Suite des in die Landschaft integrierten Anbaus, der, in meinen Augen, eine kleine Meisterleistung der Fanzun-Architekten darstellt (das Architekturbüro Fanzun ist beheimatet im Bündnerland mit Standorten in Zürich und Bern und beschäftigt über achtzig Mitarbeiter).Von dort gelangt man auch zur Sauna, und später schwimmt man vielleicht im Bioteich, den eine unterirdische Naturquelle mit ziemlich warmem Wasser speist. Danach ruft bestimmt der Hunger – hoffentlich, denn das Essen ist vielleicht der beste Grund, hierherzukommen (und somit zurück ins Haupthaus zu gehen). Unten, wo früher das Vieh seiner Grosseltern hauste, kocht heute Dario Cadonau, einer der besten Küchenchefs im Bündnerland, wenn man
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den Testern von «Gault Millau» vertraut – 17 Punkte in diesem Führer sowie ein MichelinStern. Sie nennen Cadonau «Jungkoch», obwohl er nicht mehr so jung ist. Dafür begann seine Karriere früh: Bereits als kleiner Junge half er der Mutter beim Zubereiten des Familienessens, was ihn begeistert habe. Und so führte ihn sein Weg vom häuslichen Herd in die Küchen grosser Köche: etwa zu Daniel Bumann oder ins «Suvretta House» in St. Moritz, und seine erste Stelle nach der Lehre war im Restaurant von Philippe Rochat in Crissier, damals dem bestbewerteten der Schweiz. Heute betreibt Cadonau drei Restaurants in diesem weltabgewandten Haus, man braucht also nicht ins Auto zu steigen, um verschiedene Küchen auszuprobieren. Was einem entgegenkommt. Besonders nach einer langen Wanderung im nahegelegenen Nationalpark oder im Winter nach einem Tag auf der Piste. Stattdessen hat man Zeit für einen Drink – oder mehr, man muss ja nicht mehr fahren – an der Bar, bevor man zu Tisch sitzt: Im Gourmetrestaurant «Vivanda», das im unteren Stockwerk inmitten alter Steinmauern des ursprünglichen Stalls eingerichtet ist, vollbringt Cadonau Spitzenleistungen, während den Gästen der «Stüvetta», der Stube oben, à la M inute zubereitete Köstlichkeiten – R indsfiletmedaillon im Brailer Arvenholz-Mantel beispielsweise – aufgestellt werden. Das dritte Restaurant, die Käserei, bietet acht verschiedene Fonduevarianten, und an manchen Tagen kommt der Käser und rührt persönlich sein Erzeugnis in einem grossen Kessel. Wer Lust hat, kann dem Prozess beiwohnen und anschliessend im hauseigenen «Chäs-Lädeli» selbstgemachten Käse kaufen zum Mit-NachHause-Nehmen. Die meisten Produkte werden im Haus hergestellt, so auch das Brot oder die feinen Patisserie-Leckereien. Dario Cadonau ist hier nicht «nur» Küchenchef, sondern, zusammen mit seiner Frau
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Tamara, auch Gastgeber. Mehr noch: Das «In Lain» ist das Lebenswerk und im Besitz der Familie, in der sich seit Generationen Talente auf wunderbare Weise ergänzen. Die G eschichte ist lang, sie begann mit Grossvater Eugen vor 97 Jahren. Heute betreibt Darios Bruder Marco eine Holzmanufaktur im Nachbardorf S-chanf, und das Hotel dient ihm als Showroom. Alles, was hier aus Holz ist, und das ist das meiste, stammt aus dem familieneigenen, Holz verarbeitenden Betrieb. Vom holzgetäfelten Innenausbau bis zum geschnitzten Kleiderbügel. Unterdessen im siebten Geschäftsjahr angekommen, konnte sich das Landhaus mit 14 Suiten und Zimmern als kleinstes 5 Sterne Superior Hotel der Schweiz etablieren. Doch das reicht der Familie nicht und somit zum Schluss noch mehr good news: Cadonaus haben vor, ins Unterland zu kommen, nach Zürich, um ihr zweites Gourmetrestaurant zu eröffnen. Was aber niemanden davon abhalten soll, nach Brail zu fahren – und das «In Lain» zu besuchen.
CHEF’S TABLE Im Restaurant «Vivanda» gibt es ein Überraschungsund Degustationsmenü. Oft sind es zwölf Gänge, etwas viel vielleicht, aber das Erlebnis für Gaumen und Auge ist garantiert: Ob Waldboden oder Blumenwiese mit Chips, Macarons, Gels aus Shiso oder Trüffelschnee – sogar ein Ast wird serviert, dessen Blätter kreative Geschmäcker haben –, alles ist gewagt, aber gekonnt kombiniert. Die Kreationen entstammen der Fantasie des Küchenchefs Dario Cadonau (1 Michelin-Stern, 17 Punkte bei Gault&Millau). Vis-à-vis der Küche befindet sich ein Séparée, das eigentlich keines ist, denn zur Küche ist es offen, und somit kann, wer die Geheimnisse des Küchenchefs mitverfolgen möchte, ihm dabei zuschauen – buchen Sie den «Chef’s Table»!
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Der moderne Kubus, in dem Suiten untergebracht sind, wurde von den BĂźndner Fanzun-Architekten gezeichnet, die AusfĂźhrung in Holz entstammt der familieneigenen Schreinerei.
Aussenbetrachtung Wanderlust
Illustration: TOBY NEILAN
Beim «Earl of Speed» Wenn es egal ist, welcher Fahrer das RENNEN gewinnt, dann befindet man sich an einem GOODWOOD-EVENT für historische Sportwagen in Chichester, West Sussex. Um den MOTORSPORT zu feiern. Unter anderem. Text: SARAH STUTTE
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Wie Ritter in glänzenden Rüstungen sehen sie aus, während sie in ihrem hölzernen Beschlag auf ihren Einsatz warten. Ihre Waffen sitzen dabei unter den Motorhauben, über die sich ihre Besitzer von Zeit zu Zeit prüfend beugen, vielleicht noch etwas schrauben, ausbessern, kurz vor dem Rennen. Dann senkt sich die Fahne zum Start, die Reifen qualmen, und man kann nur noch hoffen, dass sich die Arbeit zuvor auch wirklich gelohnt hat. In den sogenannten paddocks (Koppeln oder Pferche) hört man indes die Motoren der alten Jaguars, Aston Martins, Porsches und Ferraris dröhnen und atmet Benzinluft ein. Man spürt den Geist e iner vergangenen Ära, der für ein Wochenende wieder ganz lebendig ist.
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«In den paddocks hört man die Motoren der alten Jaguars, Aston Martins, Porsches und Ferraris dröhnen und atmet Benzinluft ein»: unsere Korrespondentin über das Goodwood Members' Meeting.
Ich befinde mich am Goodwood Members’ Meeting, einem Motorsport-Event des British Automobile Racing Clubs (BARC), dessen Vorsitzender ein waschechter Lord ist. Ausgeschrieben lautet sein Titel: Charles Gordon-Lennox Earl of March and Kinrara, Sohn des 10. Duke of Richmond, L ennox, Gordon and Aubigny. Die Kurzversion: Lord March oder «Earl of Speed». Ihm gehört das weitläufige, fast 45 000 Quadratmeter g rosse Land in Chichester, West Sussex, zwei Stunden Autofahrt von London entfernt, auf dem jedes Jahr drei Oldtimer-Veranstaltungen
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stattfinden. Das Members’ Meeting im März ist der S aisonauftakt in Goodwood und zieht Tausende von Sammlern und Autoliebhabern aus aller Welt an. Die anderen beiden – das Goodwood Festival of Speed und das G oodwood Revival – zählen im Juli und im September ebenfalls bis zu 180 000 Besucher. Denn Goodwood ist, n eben der Mille Miglia, dem italienischen Strassenrennen, die wichtigste Veranstaltung, wenn es um historische Sportwagen im Renneinsatz geht. Das liegt vor allem an der Vielzahl der Rennkategorien und der Nähe zu den Fahrern, denn
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Wanderlust Aussenbetrachtung
in Goodwood gibt es keine Zutrittsbeschränkungen für Zuschauer. Deshalb bin ich bei der Startaufstellung ganz vorne mit dabei, ebenso beim Boxenstopp. Ich schaue mir die verschiedenen Duelle in guter Sichthöhe an. Einerseits den «Salvadori Cup», an dem Rennwagen teilnehmen, die zwischen 1955 und 1960 in Goodwood gefahren wurden. Andererseits das «Caracciola»- Sportwagenrennen mit Automobilen aus der Meisterschaftsperiode zwischen 1925 und 1935. Ich erkunde das Anwesen, in einem alten Jeep über einen Trampelpfad holpernd, der, so sagt mir mein Begleiter Philipp Smith, früher einmal der normale Fussweg nach London gewesen sei. Am Ende sehe ich Goodwood House im Rückspiegel, wie es herrschaftlich oben
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auf dem Berg thront. Hier lebt der Lord und träumt von Rennautos, nehme ich an. An diesem Wochenende huscht der 63-Jährige mit graumeliertem Haar im hellbraun karierten Tweedmantel und mit rotbrauner Brille immer mal wieder kurz in mein Blickfeld. Stets begleitet von einer Entourage an Filmcrews, die ihm – wann immer möglich – ein Mikrofon unter die Nase halten. «Ja, es ist wirklich etwas anderes dieses Jahr», spricht der Lord gerade in eines. Er bezieht sich dabei auf das Wetter: Ein Schneesturm fegt über die Britischen Inseln und somit auch über die Rennstrecke, es ist bitterkalt, und die Fahrbahn droht in der Nacht von Samstag auf Sonntag zu vereisen. Doch Lord March zuckt mit den Schultern und lächelt, als wolle er sagen: «Das wird schon.»
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Mein persönliches Highlight ist ein Gespräch mit dem ehemaligen Formel-1-Fahrer David Coulthard, der dieses Jahr mitfährt. Er komme schon seit Jahren nach Goodwood, um sich die Autos anzuschauen und die Leidenschaft für Oldtimer zu teilen, die alle hier mitbringen. «Die Wagen sind so laut, dass sich der Boden bewegt, auf dem du stehst. Du fühlst ihr Herz und kommst dir vor, als seist du aus der Zeit gefallen», sagt er. Der schottische Ex-Rennfahrer ist auf Einladung der Schaffhauser Uhrenmarke IWC hier, dem Hauptsponsor der zweitägigen Reise in die Vergangenheit. Oder besser gesagt: ihrer Neuauflage. Denn kurioserweise ist das Members’ Meeting gleichzeitig das jüngste und das älteste der verschiedenen Rennevents in Goodwood. Und das kam so: 1948 baute Lord Marchs Grossvater, selbst ein Autofan, die eigene Flugzeuglandebahn in eine Rennstrecke um, der BARC liess sich daraufhin in Goodwood nieder und veranstaltete an Mitgliedertreffen erste Rennen. 1966 w urde die Strecke vorerst wieder geschlossen. Der Enkel hatte jedoch auch Benzin im Blut, eröffnete das Areal in den 1990er Jahren neu und gründete das Festival of Speed und das Revival. Seit 2013 gibt es, dank Unterstützung von IWC, auch das Members’ Meeting w ieder. Und dieses Jahr sogar mit einem persönlichen Rennauto, einem Mercedes-Benz 300 SL «Gullwing», sowie eigenem Racing-Team. Neben David Coulthard werden auch L ewis Hamilton, Valtteri Bottas, Maro Engel, Jochen Mass und Carmen Jordá künftig abwechselnd mit dem «Gullwing» an den Start gehen. Coulthard, der sich in diesem Jahr als erster hinter das Lenkrad des Flügeltür- Autos setzen darf, stellt am Vortag des Rennens eine treffende Prognose. «Mein Auto ist eines der ältesten in der Runde. Es hat mehr Power, ist aber schwerer. Wir werden vermutlich im Mittelfeld landen.» Am Ende kommt er als Neunter ins Ziel. Doch als erster von insgesamt 24 Teilnehmern ins Ziel zu kommen, sei in Goodwood sowieso nebensächlich. «Wir sind vor allem hier, um den Motorsport zu feiern, nicht um ein Rennen zu gewinnen.»
DIE «NEUE» VON IWC Zum diesjährigen Members’ Meeting hat IWC eine limitierte Uhr vorgestellt, die «Ingenieur Chronograph Sport Edition 76th Members’ Meeting at Goodwood». Deren Rückseite ist im Stil einer Bremsscheibe entworfen.
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Honi soit qui mal y pense. Mode soll Spass machen und, im Idealfall, die Persönlichkeit der Trägerin ausdrücken, ohne Worte. Wer was Böses denkt über Donatella Versaces Garderobe, ist sowieso ein Schuft. Bustier-Kleid von VERSACE, Fr. 1741.–. (bei Mytheresa.com).
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«Es ist ganz schön teuer, so billig auszusehen.» Der Satz ist von einer anderen Blondine, an der fast a lles echt ist – von Dolly Parton. Doch wenn man Donatella Versace ist, gibt es fast nichts, was nicht geht. Mehr ist mehr und Minimalismus etwas für Anfänger oder D esigner ohne Namen. Anderseits, la Versace war nicht immer die stilprägende Modeheldin, die sie g eworden ist. Wie man jüngst in der empfehlenswerten TV-Staffel «Der Mord an Gianni Versace» sehen konnte. April / Mai
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Das wichtigste Wort, um ihren Stil zu beschreiben, ist «zu» – zu eng, zu kurz, zu dünn, zu blond . . . Interessanter als die Frage nach dem Wie, ist aber die nach dem Weshalb: Weshalb macht sich die Frau so zurecht? Weshalb trägt sie, die jedes Kleid haben kann, ohne dafür bezahlen zu müssen, solche Kleider? Aus Unsicherheit, ziemlich sicher. Der Grund, weshalb gemutmasst werden muss: Es ist schwierig, von ihr Antworten zu bekommen. Ich hatte eine Verabredung zu einem Interview in einem M ailänder Nachtklub während der After-Show-Party ihrer Modeschau. Was mir als komischer Ort für ein Gespräch erschien – zu laut, zuviel los – war deshalb gewählt worden. Und schon nach dreissig Sekunden des Aneinandervorbeischreiens war das «Interview» vorüber. Donatella sei müde, hiess es. Arrivederci. In der TV-Serie «American Crime Story» mit dem Untertitel «Der Mord an Gianni Versace» erfährt man viel über die jüngere Schwester des talentierten Bruders. Etwa, dass er sie abwechselnd aufbaute und niedertrampelte. Er liebe sie, sagte er, obschon oder weil sie nichts k önne. Was sie sehr verunsicherte. Das ist dreissig Jahre her, und aus der jungen Frau (gespielt von der blonden Penelope Cruz) ist die Designerin geworden, die längst aus Giannis Schatten getreten ist. Deren Entwürfe stilprägend sind. Deren Unternehmen auch kommerziell erfolgreich ist; unter Gianni machte das Haus Schulden. Es gibt also keinen Grund mehr, unsicher zu sein. Aber v iele Gründe für Donatella Versaces «Zu viel»-Stil. Mark van Huisseling
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