DRAHTESEL 4/20 - Fahrradsaison ist immer

Page 1

37.  Jahrgang / Ausgabe 4 / 2020

Was jetzt, Wien? Erwartungen an eine rosa-rote Verkehrspolitik Seite 8

Fahrlässige Tötung Wer Unfälle verursacht, wird oft mild bestraft Seite 10

Leo Hillinger Der radelnde Weinpapst im DRAHTESEL-Interview Seite 28

Liegend zum Matterhorn Über Schweizer Pässe mit dem Liege-Trike Seite 40

P.b.b. Verlagspostamt 1040 Wien – Zlgnr.: 02Z033821M

Das österreichische Fahrradmagazin

Fahrradsaison ist immer Wie Radfahrende sicher und warm durch den Winter kommen


bmk.gv.at

Elektro-Fahrrad EUR 350,(für Betriebe)

Elektro-Transportrad EUR 850,(für Private)

Betriebe und Privatpersonen erhalten Förderungen bei der Anschaffung von Elektro-Fahrrädern, Elektro-Transporträdern und Transporträdern, die ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energieträgern betrieben werden. Nähere Informationen dazu finden Sie unter: umweltfoederung.at

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG

Das Rad steht unter Strom. Jetzt Förderung abholen!


Brief des Herausgebers

als ich diese Zeilen schreibe, ist gerade der zweite Lockdown angekündigt worden. Im ersten haben viele Menschen das Radfahren für sich entdeckt, das zeigten die Zahlen der Fahrradzählstellen, ausverkaufte Radgeschäfte und Beobachtungen auf der Straße. Die zunehmende Beliebtheit des Radelns macht es noch wichtiger, die Bedingungen für Radfahrende rasch und wirksam zu verbessern. Am wichtigsten ist dabei eine bessere Radinfrastruktur. Laut Analyse der Radlobby würde eine signifikante Verbesserung jährlich etwa 180 Millionen Euro kosten, 20 Euro je in Österreich lebendem Menschen (siehe Link in der Marginalspalte). Zum Vergleich: Allein für den Ausbau von elf Kilometern der Murtaler Schnellstraße zwischen Judenburg und St. Georgen plant die staatliche Asfinag 370 Millionen Euro ein, also mehr als das Doppelte. Um das Radfahren besonders auf Freilandstraßen sicherer zu machen, muss unsere Rechtslage geändert werden. Das zeigt das milde Urteil zu einem Unfall, von dem wir ab Seite 10 ausführlich berichten. Dass das Landesgericht St. Pölten einen Autolenker, der einen Radfahrer totfuhr, nur zu bedingter Haft und 3.220 Euro Strafe verurteilte – mit der Begründung, Schnellfahren sei eben ein Massenphänomen –, kommt einer Verhöhnung gleich. Der Strafrahmen bei fahrlässiger Tötung beträgt ein Jahr. Würde man wegen des Geständnisses des Autolenkers drei Monate abziehen, blieben neun Monate unbedingte Haft übrig, was eine relevante generalpräventive Wirkung hätte. Sehr wirkungsvoll wären auch Vormerkungen im Führerscheinregister bei Tempodelikten und bei Unfällen, bei denen jemand verletzt wird. Fahrradsaison ist immer Dieses Heft bietet aber auch erfreuliche Nachrichten. Zum Beispiel die, dass Sie Ihr Fahrrad auch bei Regen, Sturm und Schnee nicht im Keller verräumen müssen. Acht Allwetter-Radelnde aus fünf Nationen, von Finnland bis Kanada, haben

uns ihre heißesten Tipps fürs Radeln in der Kälte verraten (Seite 24). Außerdem in diesem Heft: Der Stadtplaner Ulrich Leth analysiert, wie die Wiener Stadtregierung mit der Verkehrspolitik und den Klimazielen umgeht und welche Rolle die Bezirke dabei spielen (Seite 8). Der Promi-Winzer Leo Hillinger erklärt im Interview mit Magdalena Jöchler und Klaus Brixler, wie er aus dem Burgenland ein neues Mallorca machen möchte (Seite 28). Und wir begleiten unseren Gastautor Pedro Shahin Acarbas von Wien zum Matterhorn – Spoiler: Alpenpässe und Liege-Trike gehen nicht optimal zusammen (Seite 40).

Weihnachts­geschenk gesucht? Mit dem DRAHTESEL-JahresAbo erfreuen Sie Ihre Lieben! drahtesel.or.at/abo

Ein Adieu und ein Willkommen Mit dieser Ausgabe müssen wir uns von unserem Chefredakteur Matthias Bernold verabschieden. Nach 20 Jahren im Journalismus wechselt er die Seiten und wird Pressesprecher beim Kinderradhersteller woom. Bernold hatte zusammen mit Art-Direktorin Anna Hazod 2012 den Relaunch des DRAHTESEL konzipiert und das Heft seither geleitet. Wir sagen Danke für die gute Zusammenarbeit, viele wunderschöne Hefte und hitzige Diskussionen, und wünschen alles Gute für die Zukunft. Durch Bernolds Abgang verlieren wir einen engagierten und ideenreichen Mitstreiter, aber mit Ruth Eisenreich haben wir eine würdige Nachfolgerin gefunden. Die ganzjahresradelnde Vollblutjournalistin hat für das aktuelle Heft unter anderem die Cover-Story gestaltet und wird in Zukunft als neue Chefredakteurin die journalistische Qualität des DRAHTESEL garantieren. Das DRAHTESEL-Team wünscht allen Leserinnen und Lesern erholsame und schöne Feiertage, bleiben Sie gesund!

Andrzej Felczak Vorsitzender von Radlobby ARGUS und Radlobby Österreich Die Radlobby fordert ein Radverkehrsbudget von drei Milliarden Euro radlobby.at/3milliarden

Die neue Wiener Koalition ist fix. Manche Vorhaben im rotpinken Regierungsprogramm klingen vielversprechend für das Radfahren. Was sich Radfahrende tatsächlich erwarten können, analysieren wir auf: radlobby.at/wien2020

37. Jahrgang / Ausgabe 4 / 2020

Was jetzt, Wien? Erwartungen an eine rosarote Verkehrspolitik Seite 8

Fahrlässige Tötung Warum Todeslenker oft milde Strafen bekommen Seite 10

Leo Hillinger Der radelnde Weinpapst im Drahtesel-Interview Seite 28

Liegend zum Matterhorn Über Schweizer Pässe mit dem Liege-Trike Seite 40

P.b.b. Verlagspostamt 1040 Wien – Zlgnr.: 02Z033821M

Das österreichische Fahrradmagazin

Fahrradsaison ist immer Wie Radfahrende sicher und warm durch den Winter kommen

Andrzej Felczak

Cover: Jesús Escudero www.jesusescudero.com

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 3

Liebe Leserin, lieber Leser,


Inhalt Politik

8 Nach der Wahl: Verkehrspolitik unter Rosa-Rot

Warum Wien jetzt eine neue Verbindlichkeit braucht

Gerichtsurteile nach Verkehrsunfällen empören Radfahrende

Recht: Kolumnist J. Pepelnik zum Jubiläum einer Forderung

Community

10 Toter Radfahrer, milde Strafe

12 Lasst uns nebeneinander fahren!

16 Radmotorikpark Donauinsel

Importiert aus Dänemark: Spielplatz für kleine Radfahrende

Stark: die Initiative schaffte 57.571 Unterschriften Serviceleistungen für Mitglieder Rechtsschutzversicherung, DRAHTESEL-Abo und vieles mehr

17 Platz für Wien 18

Infrastruktur 19 Halbe Sache am Klopeinersee

Ein neuer Radweg endet auf einer Landstraße mit Tempo-100

Fahrrad-Infrastruktur auf dem Prüfstand

Erfolgreicher Komplettumbau des Radwegs Wagramer Straße

Lebensstil

Fahrradsaison ist immer Auch in den kältesten Ländern der Welt sind Menschen mit dem Fahrrad unterwegs. Wir haben von einigen von ihnen Tipps eingeholt.

20 Plus / Minus

22 Parkspur besser genutzt

28 Leo Hillinger im Interview

32

Der Weinpapst macht alles zu 110 Prozent – auch Rennradeln Bücher Lesestoff für Velophile

Produkte & Technik

34 Jungbrunnen für Fahrrad-Akkus

So werden alte Batterien wieder frisch

Geschenk-Tipps für das Fahrrad-Christkind

36 Schaufenster spezial

Tour & Reise 38 Katschberg: Reise zur Klimaerde

Ein lehrreiches MTB-Wochenende mit viel Schnee 40 Liegend zum Matterhorn Radreise von Wien-Hernals bis in die Schweizer Alpen 44 Getestet: die neue Volt-Runde im Waldviertel Julia Beckel ist die 128-Kilometer-Route mehrfach gefahren

Forum

46 Leserbriefe 47 Termine

Kolumnen Cinemascope Ines Ingerle über den Spielfilm „The Climb“ Seite 23 Technik-Tipp Wolfgang Leitner über die alte Kunst des Schlauchwechselns Seite 33 Orcas Kettenbriefe Clara Felis über Einbahnen und langsame Veränderung Seite 37 Brief aus Hamburg Ruth Eisenreich schreibt sich den Frust aus zweieinhalb Jahren Hamburg von der Seele Seite 45 Reflektor Reinhold Seitl wünscht sich etwas von uns allen Seite 46 Impressum: Seite 37

Illustration: Jesús Escudero

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 4

24 Cover:


Aus aktuellem Anlass Worte zum Abschied

ein ehrenamtliches Lektorat und Dutzende radbegeisterte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Bundesländern sowie außerhalb Österreichs formen den DRAHTESEL mit ihrer Zeit, Kraft und Leidenschaft. Der DRAHTESEL ist kein x-beliebiges Magazin übers Radfahren. Er ist die Summe an Erfahrungen, Wünschen und Bedürfnissen von Menschen, die ihre Mobilität gerne sicher und effizient, umweltfreundlich, aktiv und klimagerecht handhaben wollen. Schweren Herzens trenne ich mich nach acht Jahren von diesem Heft und der Arbeit daran. Aber es freut mich sehr, dass ich die redaktionelle Leitung auch nach dem Jahr 2020 in fähigen Händen weiß: Mit Ruth Eisenreich wird mir eine Kollegin nachfolgen, deren Name für Sorgfalt, höchste journalistische Qualität und eine feine Nase für die „G’schicht“ in jedem Thema bürgt. Danke an alle, die den DRAHTESEL möglich machen. Danke an alle, von denen ich lernen durfte; an alle, die sich auf den Gedankenaustausch und die mitunter heftigen Diskussionen eingelassen haben.

Matthias G. Bernold Chefredakteur

„Der DRAHTESEL ist die Summe an Erfahrungen, Wünschen und Bedürfnissen von Menschen, die sicher und effizient, umweltfreundlich, aktiv und klima­ gerecht mobil sein wollen.“

Danke für die gute Zeit! Mahalo

Fotos: privat, Hans Hochstöger

Hervorzuheben in diesem Heft

Wolfgang Leitner Das Urgestein der Wiener Fahrrad- und Radmechaniker-Szene – er betreibt die IG-Fahrrad-Shops in Wien – steuert diesmal den Reparatur-Tipp bei. Es ist der Klassiker: Schlauch wechseln.

Ulrich Leth Der TU-Verkehrsexperte und DRAHTESEL-Autor befasst sich in seiner Analyse für diese Ausgabe mit den Zukunftsaussichten der Wiener Verkehrs­politik. Er ist vorsichtig optimistisch.

Ruth Eisenreich ist die neue DRAHTESELChefredakteurin. Sie war Redakteurin beim Falter und bei der Zeit und arbeitet heute als freie Journalistin. Für diese Ausgabe schrieb sie über milde Urteile und strenges Wetter.

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 5

Es war ein Workshop im Herbst 2013 in einem zugigen Pfadfinderheim in St. Pölten. Zwei Dutzend aktive Mitglieder aus der Fahrrad-Community hatten sich eingefunden, um über die Erneuerung des DRAHTESEL nachzudenken. Bald war klar: Der neue DRAHTESEL sollte keine Vereins-Postille sein, die über die Geburtstage der Vereinsmitglieder berichtet, sondern ein für ein breites Publikum attraktives Magazin. Eines, das in verkehrspolitischen Angelegenheiten seine Stimme erhebt und aufzeigt, was Menschen zum Radfahren brauchen. In den darauffolgenden Wochen und Monaten haben wir unsere Publikation als ein Community-getriebenes Special-Interest-Magazin für Alltagsradfahrende konzipiert und immer weiter entwickelt. Als Heft, das journalistisch hochwertig ist und unabhängig. Art-Direktorin Anna Hazod war bereits damals mit dabei; das Heft zeigt bis heute ihren unverkennbaren Stil. Der DRAHTESEL will eine Eintrittspforte in die Welt der aktiven Mobilität sein. Er will seine Leser und Leserinnen neugierig machen auf das Radfahren und die Möglichkeiten, die damit einhergehen. Er will die Lust am Radfahren, am Radreisen, am Sporteln und am Bewegen verbreiten und Geschichten von Menschen erzählen, die fürs Radfahren brennen. Ein kleines Redaktionsteam, eine Vielzahl engagierter Autorinnen und Autoren,


Politik Milde Urteile für fahrlässige Tötung Seite 10

Recht: Unsere StVO braucht Verbandsregel Seite 12

Wie ist das mit dem Fahrrad-Boom? lin im April um 56 Prozent, in Barcelona im Juni um 82 Prozent oder in London im Mai um 119 Prozent, jeweils im Vergleich zum Vorjahr.

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 6

In welchen Ländern fiel der Anstieg am stärksten aus? Interessanterweise in Regionen wie Südeuropa, die bisher als Nachzügler galten. Grund für die Entwicklung ist die schnelle und konsequente Weise, mit der in diesen Ländern temporäre Infrastruktur geschaffen wurde. Von den mehr als 2.300 Kilometern fahrradfreundlicher Infrastruktur, die wir in unserer Übersicht zu COVID-19-Maßnahmen erfasst haben, liegen ca. zwei Drittel in Italien, Frankreich und Portugal.

Holger Haubold in der Rue de la Cigogne im Stadtzentrum von Brüssel.

In vielen Medienberichten ist die Rede von einem Fahrrad-Boom, den Covid19 ausgelöst hat. Wir sprechen dazu mit Holger Haubold, Statistik-Experte bei der European Cyclists’ Federation (ECF). DRAHTESEL Herr Haubold, hat die Corona-Pandemie einen Anstieg des Radver­ kehrs ausgelöst und anhand welcher Daten lässt sich das belegen?

Holger Haubold Immer mehr Daten aus verschiedenen Quellen deuten darauf hin. Google Maps etwa zeigt einen globalen Anstieg der Nachfrage nach Radrouten um 69 Prozent zwischen Februar und Juni, wobei in einigen Ländern eine Verdrei- oder Vervierfachung zu verzeichnen ist. Auch Daten der Radsport-App Strava zeigen erhebliche Steigerungen in europäischen Städten: Etwa in Ber-

Wird sich der Fahrrad-Boom fortsetzen, wenn die CoronaPandemie besiegt ist? Das hängt ganz davon ab, ob die zeitweiligen Maßnahmen wie Pop-Up-Radwege in dauerhafte Fahrradinfrastruktur umgewandelt werden und ob europäische, nationale, regionale und lokale Investitionsprogramme den Radverkehr unterstützen. Etwa in Polen, wo Radfahren in den Städten in den letzten Monaten um 50 Prozent zugenommen hat. Dieser Anstieg hat die Regierung dazu veranlasst, Radverkehrsprojekte in die Verkehrsplanung aufzunehmen. Wir hoffen, dass dieses Beispiel in Europa Schule macht und auch andere Länder ihre Radverkehrspolitik ambitioniert gestalten.

Top Rosa-Rot will RadwegeBudget vervierfachen Die NEOS lösen in Wien die Grünen nach zehn Jahren als Regierungspartner der SPÖ ab. Aber auch die neue Stadtregierung bekennt sich zum Klimaschutz. StraßenbahnVerbindungen, vor allem in den Außenbezirken, sollen ausgebaut, das Budget für Radwege vervierfacht werden.

Flop Täter-Opfer-Umkehr Das ÖAMTC-Magazin „Auto Touring“ warnt vor Unfallgefahr bei Regen und Dunkelheit – und erklärt ausführlich die Beleuchtungsvorschriften für Räder. Sogar Zufußgehenden empfiehlt es „Reflektoren am Körper“. Die Pflicht Autofahrender, bei schlechter Sicht langsamer zu fahren? Die erwähnt der ÖAMTC mit keinem Wort.

40

Mio. Euro betrug 2020 das Förderbudget an Bundesmitteln für den Radverkehr. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das fast eine Verzehnfachung. Laut Umweltministerium wird derselbe Betrag auch 2021 zur Verfügung stehen. Insgesamt 58 Projekte wurden 2020 bereits gefördert, darunter insgesamt 67 Kilometer Radwege. 32 weitere Radprojekte wurden von Gemeinden und Betrieben eingereicht. Der Ausbau des Radverkehrs setzt wichtige Impulse für die lokale Wirtschaft: Allein die zwölf Millionen Euro an Förderungen, die in den letzten Monaten bereits abgeholt wurden, hätten 45 Millionen Euro an klimafreundlichen Investitionen ausgelöst, heißt es aus dem Büro von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne).

Foto: Anke Kuijpers

Verkehrspolitik in Wien: Tipps an Rosa-Rot Seite 8


Blick in die Welt D EN HAAG

Tempo-30 in allen Städten

N EW YO R K

Cartoonist Franz Kainz macht sich Gedanken über Neuanfänge in der Wiener Verkehrspolitik

Corona bringt Frauen aufs Rad In vielen amerikanischen Städten ist in den vergangenen Monaten der Gender Gap unter den Radelnden kleiner geworden, berichtet die New York Times. In New York etwa sei im Juli die Zahl der in der App Strava aufgezeichneten Radtrips von Männern um 68 Prozent höher gewesen als ein Jahr zuvor – Frauen hingegen seien um 147 Prozent öfter gefahren. Auch der Anteil der weiblichen Nutzerinnen des Leihradsystems Citi Bike ist demnach in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Drahtesel 4  ⁄  2020 – 7

In den Niederlanden gilt in Zukunft in bebauten Gebieten ein Limit von Tempo-30, berichtet die European Cyclists’ Federation. Das habe das niederländische Repräsentantenhaus im Oktober beschlossen. Ceri Woolsgrove, Policy Officer der ECF, wünscht sich eine solche Regelung für alle europäischen Städte: Eine zu Fuß gehende oder radfahrende Person, die von einem Auto angefahren wird, habe bei Tempo-30 ein fast sieben Mal niedrigeres Risiko, zu sterben, als bei Tempo-50.

Politik

L OND O N

MÜNC HEN

BERLIN

M ILWAU K E E

Unter den Briten und Britinnen gibt es der Zeitung The Guardian zufolge viel Zustimmung für verkehrsberuhigte Zonen. Seit die Regierung im Frühling ein Förderprogramm dafür aufgelegt hat, hätten mindestens 54 Städte und Gemeinden Low Traffic Neighbourhoods (LTNs) geplant oder eingerichtet. In einer landesweiten Umfrage im Auftrag von Greenpeace gaben demnach 26 Prozent der Befragten an, LTNs „sehr“ zu unterstützen, 31 Prozent waren „eher“ dafür, nur 16 Prozent „sehr“ oder „eher“ dagegen.

Die Stadt München hat die Pop-Up-Radwege, die sie im Juni auf fünf vielbefahrenen Straßen verlegen hatte lassen, wieder abgebaut. Die Grünen, stärkste Partei im Stadtrat, wollten die Radspuren über den bis Ende Oktober angesetzten Testzeitraum hinaus beibehalten, ihr Koalitionspartner SPD stimmte mit der CSU für den Abbau und setzte sich durch, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Dabei habe sich die tägliche Zahl der Radelnden auf den betroffenen Straßen teils verdoppelt.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) hat im Zuge seines Projekts „InnoRAD“ Best-Practice-Beispiele aus der internationalen Radverkehrsförderung gesammelt, vom Londoner Mini-HollandsProgramm über die Superblocks in Barcelona bis hin zu sonntags autofreien Straßen in Bogotá. Die Ergebnisse wurden im November bei einem Symposium vorgestellt, Factsheets zu den verschiedenen Projekten können auf der ADFC-Website heruntergeladen werden.

Der amerikanische Motorradhersteller Harley Davidson springt auf den E-Bike-Trend auf: Im Frühling 2021 sollen die ersten vier Modelle der Kultfirma auf den Markt kommen. Der Markenname „Serial 1“ verweist auf das 1903 gebaute erste HarleyMotorrad, an das die Räder auch optisch angelehnt sein sollen. In den USA und in Deutschland kann man die E-Bikes bereits vorbestellen, das billigste kostet Hersteller-Angaben zufolge 3.400 Dollar.

Cartoon: Franz Kainz

Verkehrsberuhigung kommt gut an

Aus für die Pop-Up-Radwege

Die besten RadProgramme der Welt

www.adfc.de/dossier/projekt-innoradinnovative-radverkehrsloesungen-aufdeutschland-uebertragen

Harley Davidson macht jetzt E-Bikes


Wien braucht mehr als schöne Worte Auch im Koalitionspapier der künftigen rosa-roten Stadtregierung findet sich ein Bekenntnis zum Radfahren. Aber es sind neue gesetzliche Grundlagen und eine Kultur der Verbindlichkeit nötig, damit vernünftige Konzepte nicht weiterhin am Widerstand der Bezirke zerschellen. ANALYSE: Ulrich Leth

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 8

Mehr als 57.000 Personen unterschrieben die Forderungen von Platz für Wien

Autoverkehr als Treiber der Klimakrise Der Verkehrssektor ist einer der Treiber dieser Entwicklung. In Österreich sind die Treibhausgasemissionen aus dem Sektor Verkehr seit 1990 um 10,1 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent bzw. 73,3 Prozent gestiegen und haben damit sämtliche Einsparungen in den Sektoren Energie und Industrie, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft wettgemacht. Ca. ein Drittel der Treibhausgasemissionen in Österreich kommt aus dem Verkehrssektor, in Wien sogar 40 Prozent. Die Stadt Wien ist sich des Handlungsbedarfs und der Herausforderung bewusst. In der Smart City Rahmenstrategie hat sie sich durch Gemeinderatsbeschluss zum Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen des Verkehrssektors pro Kopf bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren, was von – an der Berechnung beteiligten – Institutionen wie der stadt-nahen Urban Innovation Vienna (UIV) als wenig ambitioniert bezeichnet wird, weil durch EU-weite Vorga-

ben z.B. in der Antriebstechnologie die Emissionen ohnehin so weit reduziert werden müssen, dass Wien dazu eigentlich gar keinen Beitrag leistet. In der Verkehrsmittelwahl wird im Fachkonzept Mobilität detailliert eine Reduktion der Pkw-Wege von 28 Prozent im Jahr 2013 auf 20 Prozent im Jahr 2025 und auf 15 Prozent im Jahr 2030 angestrebt. Wien scheitert an eigenen Zielen Doch von diesem Ziel ist Wien meilenweit entfernt: zwischen 2012 und 2017 lag der Kfz-Verkehr im Modal Split, dem Verhältnis der verschiedenen Mobilitätsarten, konstant bei 27 bis 28 Prozent, mit unerklärlichen Sprüngen 2018 und 2019. Und das trotz Maßnahmen wie der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung in den Außenbezirken, der Einführung des 365-Euro-Jahrestickets der Wiener Linien 2012, neuen Fußgänger- und Begegnungszonen und einer Ausweitung des Radverkehrsnetzes. Es sind also offensichtlich viel radikalere, oder – anders gesagt – wirksamere Maßnahmen notwendig, damit die Stadt Wien ihre selbst gesetzten und im Gemeinderat beschlossenen Ziele erreicht. Und damit zurück zur Politik. Politik und Zivilgesellschaft Deren mangelnde Konsequenz und Durchsetzungsfähigkeit bei wirksamen Verkehrs- und – letztlich – Klimaschutzmaßnahmen hat in den letzten Jahren zu einer Mobilisierung der Zivilgesellschaft geführt: Greta Thunberg, Fridays for future, System Change not Climate Change, Extinction Rebellion und viele weitere Initiativen verlangen ein Hintanstellen parteipolitischen Hickhacks und eine konsequente Klima- und Verkehrspolitik. Ausgehend vom Volksentscheid Fahrrad in Berlin, der 2015 innerhalb von dreieinhalb Wochen mehr als 100.000 Unterschriften für bessere Radinfrastruktur gesammelt und inzwischen ein Mobilitätsgesetz bewirkt hat, haben sich in Deutschland 40 Radentscheide gegründet. Und diese Welle schwappte 2020 auch nach

Foto: Peter Provaznik

D

as Jahr 2020 wird uns in mehrfacher Hinsicht in Erinnerung bleiben: COVID-19-Pandemie, drohende Rezession, Terroranschlag in Wien, die Abwahl Donald Trumps als US-Präsident. In Wien wird man sich auch die Gemeinderatswahl merken, nach der die SPÖ mit ihrem langjährigen grünen Koalitionspartner Schluss gemacht hat. Bei all der Aufregung dürfen wir aber eines nicht vergessen: dass wir mitten in einer weit größeren – einer existenziellen – Krise stecken, die nicht in ein, zwei Jahren überstanden sein wird: in der Klimakrise. „Our house is on fire!“, hat Greta Thunberg die Welt letztes Jahr beim World Economic Forum in Davos gewarnt und dabei auf Berichte des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) verwiesen. Wenn wir die Erderwärmung nicht auf 1,5 Grad Celsius eindämmen, überschreiten wir globale Kipppunkte, jenseits derer wir die Entwicklungen nicht mehr kontrollieren können, betont auch Österreichs renommierteste Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb regelmäßig.


Politik

57.000 unterschrieben Platz für Wien Zur Erinnerung: Platz für Wien hat für die 18 detaillierten Forderungen, die Verbesserungen für Zufußgehende, Radfahrende, ein sicheres Schulumfeld, bessere Kreuzungen und eine bessere Anbindung des öffentlichen Verkehrs beinhalten, im letzten halben Jahr mehr als 57.000 Unterschriften gesammelt. Das ist die Anzahl, die für ein Volksbegehren auf Stadtebene notwendig wäre. Mehr Menschen haben für Platz für Wien unterschrieben als bei der Wienwahl 2020 die FPÖ oder NEOS gewählt haben. Außerdem gelang es Platz für Wien, die politischen Parteien zu einer Positionierung zu bewegen: Im Wahlkampf unterstützten die Grünen und NEOS auf Stadtebene die Forderungen von Platz für Wien vollinhaltlich. Die SPÖ Wien sorgte für Aufsehen, als sie die fünf Forderungen zum Thema Radverkehr wortgleich in ihr Wahlprogramm übernahm, war sich jedoch uneins, wo der Platz für diese Maßnahmen herkommen sollte. Aber auch weitere Forderungen von Platz für Wien decken

sich mit Ideen der SPÖ (z.B. Supergrätzl, bessere Querungsmöglichkeiten für Zufußgehende, mehr Begegnungszonen). Auf Bezirksebene unterstützten zwölf der 23 Bezirksvorstehungen explizit die Forderungen von Platz für Wien. Menschen, die zu naivem Optimismus neigen, würden sich jetzt zufrieden zurücklehnen und auf die Umsetzung vieler Mobilitätswende-Projekte in der nächsten Legislaturperiode freuen. Doch Skepsis ist angebracht. Seit Jahren existieren nämlich wohlklingende Entwicklungspläne, Rahmenstrategien, Fachkonzepte, Strategiepapiere und Regierungsübereinkommen – auf Stadtebene wohlgemerkt! Doch Papier ist geduldig, und die Umsetzung ist Bezirksangelegenheit. Bezirke verhindern Mobilitätswende Und leider schalten und walten die Bezirkskaiser (seltener: Bezirkskaiserinnen) nach Belieben und oftmals in Opposition zu den Konzepten aus dem Rathaus; manche sehen es als ihre Aufgabe, die (vermeintlichen) Interessen der Bezirksbevölkerung – ihrer Wählerinnen und Wähler – auch gegen die Ziele der Stadt durchzusetzen. Das ist der Grund dafür, dass immer noch Mehrzweckstreifen auf Hauptstraßen errichtet werden, die Richtlinien widersprechen. Das ist der Grund dafür, dass Bezirke Einbahnöffnungen für den

Radverkehr verhindern, für die nicht einmal Parkplätze entfallen würden. Deswegen können Wohnsammelgaragen errichtet werden, ohne dass Oberflächenparkplätze rückgebaut werden; nur so können noch immer zu schmale Gehsteige errichtet werden, obwohl bereits im Masterplan Verkehr 2003 eine durchgehende Mindestgehsteigbreite von zwei Metern festgeschrieben worden war. Eine neue Verbindlichkeit Um die faktische Dominanz und die klimaschädliche Verhinderungskultur mancher Bezirke zu brechen, brauchen wir eine neue Verbindlichkeit, die Ziele auf Stadtebene durch Maßnahmen auf Bezirksebene zu erreichen. Die im Regierungsübereinkommen angekündigte „Nachschärfung derzeitiger Förderinstrumente“ ist sehr schwammig und bedarf einer Konkretisierung. Das von der zukünftigen Regierung angestrebte Klimagesetz muss den Verkehrssektor dekarbonisieren, kann aber frühestens 2022 wirksam werden. Damit dies überhaupt gelingt, braucht es die Zivilgesellschaft: Initiativen wie Platz für Wien, Radlobby Wien, geht-doch.Wien, es braucht uns alle, um die Politik an ihre Wahlversprechen zu erinnern. Die Politik muss unverzüglich Rahmenbedingungen schaffen, in denen es sicher, einfach, schnell und billig ist, sich ohne Auto fortzubewegen.

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 9

Österreich über: Platz für Wien und MoVe iT Graz haben umfangreiche und fundierte Konzepte für die notwendige Verkehrswende vorgelegt, einen Maßnahmenkatalog für eine verkehrssichere, klima- und kindgerechte Stadt mit hoher Lebensqualität.

Anzeige

ICH, MEIN FAHRRAD … UND SONST NICHTS.

Moderne Augenlaserchirurgie – für eine klare Sicht in allen Lebenslagen

Währinger Straße 3 1090 Wien T +43 1 402 00 53 augenlaserzentrum-wien.at


Politik

3.220 Euro für ein Menschenleben Ein Autofahrer fährt einen Radfahrer tot und hält nach dem Zusammenprall nicht einmal an. Die Strafe scheint erstaunlich mild. Der Fall zeigt einmal mehr, dass Rasen in Österreich immer noch als Kavaliersdelikt gilt.

TEXT: Ruth Eisenreich INFOGRAFIK: Anna Hazod

45.140

Personen wurden 2019 im Straßenverkehr in Österreich verletzt

416

Menschen starben auf heimischen Straßen davon

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 10

33

Radfahrende (inkl. E-Bikes und E-Scooter)

187

Verkehrs-Tote gab es (bei vergleichbarer Einwohnerzahl) in der Schweiz, davon

27

Radfahrende (inkl. E-Bikes, ohne E-Scooter)

M

ichael M. wurde nur 34 Jahre alt. Am Abend des 9. Mai 2019 fährt ihn auf einer Landstraße in Blindenmarkt im Bezirk Melk ein damals 26-jähriger Autolenker an: M. stirbt im Straßengraben. Am nächsten Morgen, so berichtet damals der ORF Niederösterreich, entdeckt ein Landwirt in der Wiese vor seinem Stall einen abgetrennten Unterschenkel. Er alarmiert die Polizei, die 80 Meter entfernt den toten Michael M. und dessen Rennrad findet. Der Prozess am Landesgericht St. Pölten ergibt: Der Unfalllenker war übermüdet und bei Dunkelheit und regennasser Fahrbahn zu schnell unterwegs gewesen. Nach dem Zusammenprall hält er nicht an, er leistet keine erste Hilfe und ruft auch nicht die Rettung. Er fährt einfach weiter; am nächsten Morgen, nach einem Medienbericht über den toten Radfahrer, stellt er sich der Polizei. „Ich habe nur einen Tuscher gehört“, zitierte der Kurier die Rechtfertigung des Lenkers in einem Prozessbericht: „Da dachte ich, dass ich ein Reh erwischt habe.“ Unfalllenker war vorbestraft Das – inzwischen rechtskräftige – Urteil, das ein Einzelrichter am 18. September dieses Jahres spricht, löst in der Radcommunity in den sozialen Medien verstörte Reaktionen aus: vier Monate bedingte Haft und eine Geldstrafe von 3.220 Euro wegen fahrlässiger Tötung. Das erscheint vielen als lächerlich milde Strafe dafür, dass immerhin ein Mensch getötet wurde. Wo doch der Strafrahmen für fahrlässige Tötung immerhin ein Jahr beträgt und der Unfalllenker einschlägig vorbestraft war. Im Jahr 2015 war er verurteilt worden, weil er – so erklärt Andrea Humer, die Sprecherin des Landesgerichts – bei einem Verkehrsunfall seinen Beifahrer gefährdet hatte. Gerichtssprecherin Humer weist die Einschätzung zurück, dass das Urteil zu milde sei. Die Strafe sei „durchaus streng“, findet sie: Insgesamt betrage sie fünfeinhalb Monate, nur dass eben ein Teil davon in eine Geldstrafe

umgewandelt und der andere Teil zur Bewährung ausgesetzt worden sei. „Bei einem unbescholtenen Ersttäter wäre die Strafe eher im unteren Drittel des Strafrahmens gelegen“, sagt sie. Die Vorstrafe sei dem Mann natürlich erschwerend ausgelegt worden; mildernd gewertet worden seien jedoch sein Geständnis sowie die Tatsache, dass die Angehörigen bereits Schadensersatz erhalten hatten – vermutlich von der Versicherung des Unfalllenkers. Rasen als Kavaliersdelikt Und dass der Mann nicht einmal anhielt, nachdem er Michael M. gerammt hatte? Die Fahrerflucht habe man ihm nicht nachweisen können, sagt Humer: „Er konnte glaubhaft machen, dass er nicht gemerkt hat, dass er einen Menschen angefahren hat – und am nächsten Morgen hat er sich immerhin gestellt.“ Eine grobe Fahrlässigkeit, für die bis zu zwei Jahre Haft verhängt werden können, sah der Richter nicht gegeben – grob fahrlässig verhält sich, so heißt es im Strafgesetzbuch, „wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt“, so dass der Eintritt des strafbaren Sachverhaltes „als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar“ ist. Der Verteidiger hatte der Austria Presse Agentur zufolge vor Gericht argumentiert, sein Mandant sei zwar zu schnell unterwegs gewesen, das sei aber „ein Massenphänomen“ im österreichischen Straßenverkehr. Freilandstraßen als Todesfallen Genau dieses flächendeckende Schnellfahren sieht Roland Romano, Sprecher der Radlobby Österreich, als das Problem – besonders auf Freilandstraßen, die „wahre Todesfallen“ seien: „Drei Viertel aller Verkehrstoten in Österreich sterben dort, der Großteil davon auf klassischen Tempo-100-Landstraßen.“ In kaum einem Land in Europa seien die Messtoleranzen so groß und die Strafen so niedrig wie in Österreich. „Mit dem Auto 20 km/h zu schnell zu fahren, kostet gleich viel wie ein einziger fehlender Reflektor an einem Rad“, sagt Romano. „Das ist ein


Tote im Straßenverkehr 2019 (in Prozent) ... starben als Lenkende oder Mitfahrende von 2,9

3,1 Sonstige

LKW

Zufußgehende

16,6

48,1 PKW

Fahrrad

21,4

Motorrad/ Moped

... starben auf

... starben bei 7 Autobahnen 1,7 Schnellstraßen

sonst. Straßen

16,6

Dunkelheit

27,2

74,7

66,6

6,3

Landesstraßen

Tageslicht

Dämmerung

Vermutliche Haupt­ursache tödlicher Unfälle auf Freilandstraßen (nach Einschätzung der Polizei) Unachtsamkeit/ Ablenkung

Zu hohes Tempo bei Dunkelheit Dass auch dieser Zusammenstoß bei Dunkelheit geschah, sei kein Zufall, sagt Romano: „Auffällig viele FreilandZusammenstöße passieren bei Dämmerung oder bei Nacht. Das liegt daran, dass die heutigen Abblendlichter für Sichtweiten von 60 bis 80 km/h gebaut sind, damit der Gegenverkehr nicht geblendet wird.“ Wer bei Dunkelheit schneller fahre, breche bereits die Straßenverkehrsordnung – sie besagt, dass die Fahrgeschwindigkeit den Verkehrsund Sichtverhältnissen anzupassen ist – und gefährde damit Menschenleben. Auf Freilandstraßen brauche es eine Infrastruktur, die Radfahrende und Zufußgehende schützt, sagt Romano: „Wir müssen auf Freilandstraßen getrennte Radwege errichten, am besten ein landesweites Netz, wie es in Dänemark und den Niederlanden längst Realität ist.“ Dort, wo keine getrennten Radwege vorhanden sind, brauche es wirksamen Schutz durch maximal Tempo-70.

7,9

26,8

22,5 Andere

4,6 Nichtangepasste Geschwindigkeit

8,2

28,6

Alkohol, Drogen, Medikamente Überholen

9,3 Vorrangverletzung oder Rotlichtmissachtung

Getötete Radfahrende starben auf

Landesstraßen Ortsgebiet

Sonstige Straßen Freiland

15,1 15,1

45,6

24,2

Sonstigen Straßen Ortsgebiet

Landesstraßen Freiland

Quelle: Statistik Austria, Straßenverkehrsunfälle mit Personenschaden 2019, eigene Berechnungen

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 11

grobes Missverhältnis. Die Schweiz ist da strikter und hat bei gleicher Einwohnerzahl nur halb so viele Verkehrstote pro Jahr.“ Es sei ein Problem der autodominierten Gesellschaft, dass Fehlverhalten am Steuer eines Kraftfahrzeugs oft sehr mild bestraft werde, sagt Romano. Man kann sich etwa an den Fall vom August 2019 erinnert fühlen, bei dem ein 60-jähriger Autofahrer auf einer Landesstraße ebenfalls in Niederösterreich von hinten einen Fahrradanhänger rammte. Die Radfahrerin wurde dabei schwer verletzt, ihre zwei Töchter im Alter von vier und zwei Jahren, die im Anhänger saßen, starben. Das Landesgericht Korneuburg verurteilte den Unfalllenker zu 28.000 Euro Geldstrafe, 7.000 davon wurden ihm bedingt nachgelassen – obwohl er sich Medienberichten zufolge vor Gericht völlig uneinsichtig zeigte und sich in der Opferrolle sah. Nach einer Berufung der Staatsanwaltschaft hob das Oberlandesgericht Wien die Strafe im Juli 2020 auf 28.000 Euro unbedingt an, das Urteil ist rechtskräftig, sagt Gerichtssprecher Wolfgang Schuster-Kramer.


Verbandsregel: Grüße zum Nicht-Jubiläum

Politik

Seit (mindestens) zehn Jahren fehlt in Österreich eine Regelung, die es Alltags-Radfahrenden erlaubt, in der Gruppe nebeneinander zu fahren.

E

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 12

Johannes Pepelnik ist Rechtsanwalt in Wien und Vertrauensanwalt der Radlobby

Wem es sich nicht auf Anhieb erschließt, warum Radfahrende besser im Pulk denn als Perlenkette unterwegs sein sollten, dem sei die Lektüre des wunderbaren Kinderbuchs „Swimmy“ von Leo Lionni empfohlen: Dieser Klassiker aus dem Jahr 1963 erzählt die Geschichte des kleinen Fisches „Swimmy“, der sich mit anderen kleinen Fischen zusammenschließt. In Formation, die an einen großen Fisch erinnert, gelingt es ihnen, sich gegen­ über gefräßigen Raubfischen durchzusetzen.

s ist jetzt genau zehn Jahre her, dass ich im damals neu gegründeten Unterausschuss Radverkehr das erste Mal die Forderung einbrachte, auch in Österreich eine Verbandsregel für den Alltagsradverkehr einzuführen. In Deutschland gibt es eine solche Regelung seit vielen Jahren. Hierzulande ist bis heute leider nichts passiert. Worum geht's? Wenn eine Gruppe von Radfahrenden auf einer Straße unterwegs ist, dann müssen sich die Radfahrenden – wie die Perlen an einer Kette – hintereinander reihen (Ausnahme: Radsportlerinnen und -sportler beim Training). So will es die österreichische Straßenverkehrsordnung. „Sicherer und flüssiger“ im Pulk Aus verschiedenen Gründen ist diese Regel ein Unsinn. Viel einfacher, kommunikativer und vor allem „sicherer und flüssiger“, also exakt im Sinn der Straßenverkehrsordnung (StVO), wären Radfahrende unterwegs, wenn sie auf der Straße als Pulk fahren könnten. Anwendungsbeispiele hierfür könnten Schulklassen, Reisegruppen, Ausflügler, Radtouren, Stadtführungen oder Mountainbike-Gruppen sein. Gruppe wird besser wahrgenommen

Radfahrende werden als Gruppe objektiv besser wahrgenommen. Die einzelnen Gruppenmitglieder fühlen sich sicherer. Und für schnellere Verkehrsteilnehmende im Auto oder auf dem Motorrad entsteht der Vorteil, dass der Überholvorgang schneller abgeschlossen ist. Laut § 29 StVO dürfen „geschlossene Züge von Straßenbenützern, insbesondere Kinder- und Schülergruppen

in Begleitung einer Aufsichtsperson, geschlossene Verbände des Bundesheeres oder des Sicherheitsdienstes (einschließlich der dazugehörigen Fahrzeuge), Prozessionen und Leichenzüge nur von Einsatzfahrzeugen (§ 2 Abs. 1 Z 25) und, wenn dies aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs dringend erforderlich ist und keine andere Maßnahme ausreicht, von Organen der Straßenaufsicht unterbrochen oder in ihrer Fortbewegung behindert werden“. Das klingt auf den ersten Blick sehr gut. Nur judiziert der Verwaltungsgerichtshof seit 1991 (VwGH 91/02/0122), dass diese Bestimmung „keine Ausnahme von der Bestimmung des § 68 Abs 2 StVO enthält, die das Nebeneinanderfahren von Radfahrern (ausgenommen auf Radwegen und in Wohnstraßen) verbietet“. Eine Frage des politischen Willens Was in Österreich anscheinend nicht möglich ist, geht in Deutschland übrigens sehr wohl: Mehr als fünfzehn Radfahrende dürfen dort einen geschlossenen Verband bilden. Dann dürfen sie zu zweit nebeneinander auf der Fahrbahn fahren. Die Regel in unserem Nachbarland geht sogar noch weiter: Sind die ersten Teilnehmenden des Verbandes bei Grün in den Kreuzungsbereich eingefahren, darf, ja, muss der Rest folgen und braucht nicht anzuhalten, wenn die Ampel zwischendurch auf Rot umspringt.

Information der Radlobby

Als Radlobby-Mitglied gut versichert unterwegs! Rechtsschutzversicherung europaweit, deckt Anwalts-, Gerichts- und Sachverständigenkosten bis EUR 57.000

Haftpflichtversicherung europaweit, bis EUR 1,5 Mill.

Unfallversicherung weltweit, bis EUR 7.200

Kinder  ⁄  Jugendliche bis zum 19. Lebensjahr automatisch mitversichert

radlobby.at/mtg

Alle Vorteile für Radlobby-Mitglieder Seite 18


HWB ca. 25 kWh/m²a, fGEE ca. 0,7

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 13

228

freifinanzierte Eigentumswohnungen. Provisionsfrei. Döblerhofstrasse 10 1030 Wien

Individuell

wie das Leben. Im Gemeinschaftsgarten findet man direkt vor der Haustüre einen Platz zur Erholung, für Kinder gibt es eigene Spiel- und Bewegungsflächen zum Austoben. Reichlich begrünte „Wilde Plätze“ schmücken den Eingangsbereich des Helio Tower. Der nahe Prater lockt mit weitläufigen Grünflächen und jeder Menge Platz zum Sporteln, Erholen oder Spielen mit den Kindern.

helio.buwog.com


ARGUS Fördernde Mitglieder Fahrradshops 2Rad-Peter Vesecky 2Rad-Fachbetrieb seit 1919 Böcklinstraße 64 1020 Wien Tel.: 01/728 93 11 2rad-pv@gmx.at 2rad-pv.at

Sator Bike Shop Neu- u. Gebrauchträder, Reparaturen Böcklinstraße 104 1020 Wien Tel.: 01/728 91 36 office@sator-bike.at sator-bike.at

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 14

Glanzrad majestic stylish retro bicycles Leopoldsgasse 21 1020 Wien Tel.: 0664/199 02 88 office@glanzrad.com glanzrad.com

das taschenfahrrad Stadt-, Tourenräder &  Fahrrad­taschen Verkauf / Werkstatt Leopoldsgasse 28 1020 Wien Tel.: 0699 / 104 31 886 hans.poellhuber@chello.at dastaschenfahrrad.com

Wien Rad Verkauf und Werkstatt im Nordbahnviertel Krakauer Straße 25 1020 Wien Tel.: 01/212 48 36 office@wienrad.at wienrad.at

Starbike Dein Radspezialist am Praterstern Bruno-Marek-Allee 11 1020 Wien Tel.: 01/219 85 60 office@starbike.at starbike.at

SPORTHAUS RIH Fahrradverkauf und -reparatur Praterstraße 48 1020 Wien Tel.: 01 / 214 51 80 sporthausrih@gmx.at radsport-rih.webnode.at

VELETAGE Salon für Radkultur Praterstraße 13 1020 Wien Tel.: 01/212 49 11 salon@veletage.com veletage.com

huberista / CHHUBER bicycles GmbH Christian Huber Erdbergstraße 22 1030 Wien Tel.: 0676/366 09 00 huberista.com

Radlobby ARGUS Shop Verkauf-WerkstattVersicherungen-Customize Frankenberggasse 11 1040 Wien Tel.: 01/505 09 07 shop@argus.or.at argusshop.org

Stadtradler Dein Hollandrad-Spezialist Karlsgasse 16 1040 Wien Tel.: 0664 / 340 15 68 stadtradler.at

Heavy Pedals Lastenradtransport und -verkauf OG Am Hundsturm 1 1050 Wien Tel.: 01 / 353 0 353 info@heavypedals.at heavypedals.at

Cooperative Fahrrad Fahrradverkauf und -werkstatt Gumpendorfer Straße 111 1060 Wien Tel.: 01 / 596 52 56 fahrrad.co.at

Ciclopia Fahrrad + Werkstatt Stiegengasse 20 1060 Wien Tel.: 01 / 586 76 33 ciclopia.at

Radpunkt-Clemens Plasser von hier aus weiter Schmalzhofgasse 10 1060 Wien Tel.: 0660 / 159 33 99 office@radpunkt.at radpunkt.at

Fahrradwerkstatt Flickschuh Brompton- u. Lastenradspezialist Hetzendorfer Straße 81 1120 Wien Tel.: 0650/484 22 22 fahrradwerkstatt@flickschuh.wien fahrradwerkstatt.flickschuh.wien

CITYBIKER.AT Lerchenfelder Straße 13 1070 Wien Tel.: 01 / 522 19 02 citybiker.at

Hitec-Sports Ges.m.b.H Erfolgreichster Simplon-Händler seit 2003 Rotenberggasse 6 1130 Wien Tel.: 01/ 879 60 06 office@hitec-sports.at hitec-sports.at

IG-Fahrrad Shop Neu- und Gebrauchtradverkauf Werkstätte u. Verleih Westbahnstraße 28 1070 Wien Tel.: 01 / 523 51 13 ig-fahrrad.at

die stadtwerkstatt zertifizierte Fachwerkstatt Skodagasse 1 1080 Wien Tel.: 0676/928 32 00 office@alpenrad.at alpenrad.at

Mistelbiker e.U. Gerhard Döltl Florianigasse 54/7 1080 Wien Tel.: 0680/12 76 183 office@mistelbiker.at mistelbiker.at

Enzovelo Ing. Heinz Wipplinger Spittelauer Lände 11 1090 Wien Tel.: 01 / 310 05 45 enzovelo.at

MOUNTAINBIKER.AT Stadtbahnbögen 145-150 Währinger Gürtel Ecke Sternwartestraße 1090 Wien Tel.: 01 / 470 71 86 mountainbiker.at

Die Radstation Verleih-Reparatur-Parken-Shop Am Hauptbahnhof 1 1100 Wien Tel.: 01/895 99 09-8800 office@dieradstation.cc dieradstation.cc

VERTICAL eMobility GmbH Der E-Bike-Spezialist Beratung, Verkauf, Service, Testfahrten Linzer Straße 233 1140 Wien Tel.: 01 / 929 66 90 team@vertical.world vertical.world

Radlheim-Fünfhaus Fahrrad.Werkstatt.Kollektiv Dingelstedtgasse 2/1 1150 Wien Tel.: 01/929 15 82 radlheim.org

Radshop.at Gabor Magyar e.U. Neubaugürtel 31 1150 Wien Tel.: 01 / 98 222 39 info@radshop.at radshop.at

Mechaniker Brunner sämtliche Reparaturen Degengasse 37 1160 Wien Tel.: 01 / 485 57 32 reparaturnetzwerk.at/wolfgangbrunner

das faltrad Ottakringer Straße 71 1160 Wien Tel.: 0681 / 104 07 744 dasfaltrad.at

Fahrräder TRAPPL Fahrradverkauf und Werkstatt Leystraße 75 1200 Wien Tel.: 01 / 330 06 96 fahrradtrappl.at RAD & TAT Verkauf, Reparatur, Service Fultonstraße 5-11/7/ R1 1210 Wien Tel.: 0699 /10 69 28 61 radundtatwien.at technik@radundtatwien.at

2rad-shop GERHARDT GmbH Langobardenstraße 19 1220 Wien Wiedner Hauptstr. 55 1040 Wien Tel.: 01 / 282 51 44 office@2rad-shop.at 2rad-shop.at

Bike+More Ihr Fahrradstore Verkauf und Service Agavenweg 21 1220 Wien Tel.: 01/734 44 01 office@bikemore.at bikemore.at

2radtreff.at 2radtreff huber e.U. Breitenfurter Straße 270 1230 Wien Tel.: 01 / 869 63 75 www.2radtreff.at

Wienerwaldbiker.at Friedrich Michael Wehrgasse 4 2340 Mödling Tel.: 02236 / 273 07 wienerwaldbiker.at

Bikeshop Kreuzer E-Bikes, Road, Dirt, MTB, Downhill, Trekking Badnerstraße 49 2540 Bad Vöslau Tel.: 02252 / 707 16 bikeshop-kreuzer.at

Brückl Fahrräder und Nähmaschinen Dametzstraße 5 4020 Linz Tel.: 0732 / 777 276 office@brueckl.cc brueckl.cc


BIKEREI e.U. Gerhard Gruber Karl-Wurmb-Straße 8 4600 Wels Tel.: 07242 / 277 444 office@bikerei.eu bikerei.eu

CleverCycling Van Raam Spezialfahrräder Tel.: 0664 / 819 35 48 r.jordan@3rad.cc 3rad.cc vanraam.de

Veeelo Cycles spezielle Fahrräder, E-Bikes und Motor-Kits, Verkauf + Werkstatt Cytastraße 10 6176 Völs Tel.: 0699 / 194 71 966 info@veeelo.eu veeelo.eu

Reiseausrüstung Steppenwolf Alles für unterwegs Kirchengasse 34 1070 Wien Tel.: 01 / 523 40 55 steppenwolf.at

Radabstellanlangen radparkplatz.at Fahrradbügel-Verleih für Events Servitengasse 17 1090 Wien Tel.: 01/319 19 01 office@dieeventcompany.at radparkplatz.at

CONNEXURBAN Fahrradparker / Überdachungen Tel.: 07613 / 8895 connexurban.at

ORION Bausysteme GmbH Waldstraße 2 D-64584 Biebesheim Tel.: +49 6258 / 5552-0 orion-bausysteme.de

ZIEGLER Außenanlagen GmbH Betriebsstraße 13/Top 23 4844 Regau Tel.: 07672/958 95 ziegler-metall.at streetfurniture.at

Rasti GmbH An der Mühle 21 D-49733 Haren Tel.: +49 5934/7035-0 rasti.eu

Die Radstation Verleih-Reparatur-Parken-Shop Am Hauptbahnhof 1 1100 Wien Tel.: 01/895 99 09-8800 office@dieradstation.cc dieradstation.cc

Fahrrad Aschauer Verleih, Verkauf, Reparatur Floridsdorfer Brücke/ Donauinsel (Parkplatz) 1210 Wien Tel.: 01/ 278 86 98 rad-verleih.at

Radverleih Pedal Power Vienna rent a bike / city bike tours Bösendorferstraße 5 1010 Wien Tel.: 01 / 729 72 34 pedalpower.at

Hochschaubahn Reparatur+Garage Prater 113 1020 Wien Tel. / Fax: 01 / 729 58 88 radverleih-hochschaubahn.com

Diverses Die Radstation Verleih-Reparatur-Parken-Shop Am Hauptbahnhof 1 1100 Wien Tel.: 01/895 99 09-8800 office@dieradstation.cc dieradstation.cc

Triebl – Dein Schuhmacher Reparaturspezialist Gersthoferstraße 47 1180 Wien Tel.: 01/478 43 44 office@dein-schuhmacher.at dein-schuhmacher.at Tel.: 01 / 478 43 44 dein-schuhmacher.at

Fahrradbotendienste Hermes Fahrradbotendienst Zirkusgasse 36 1020 Wien Tel.: 01 / 317 68 69 hermes.at

Heavy Pedals LastenradbotInnendienst Am Hundsturm 1 1050 Wien Tel.: 01/353 0 353 DW 11 transport@heavypedals.at heavypedals.at

ADAMAH Der BioHof Sonnenweg 11 2280 Glinzendorf Tel.: 02248/22 24 biohof@adamah.at adamah.at

Innsbrucker Verkehrsbetriebe Gratis Fahrradtransport Bus & Tram Pastorstraße 5 6010 Innsbruck Tel.: 0512 /53 07-0 ivb.at

Impressum

DRAHTESEL – Das österreichische Fahrradmagazin 37. Jahrgang   ⁄  Heft 4 Erscheinungsdatum 25. November 2020 Medieninhaberin (Verlegerin) und Herausgeberin Radlobby ARGUS –  Arbeits­gemeinschaft Umweltfreundlicher Stadtverkehr DVR-Nr.: 0445495 ZVR-Zahl: 265962142 Sitz Frankenberggasse 11 1040 Wien Vorsitz Andrzej Felczak andrzej.felczak@radlobby.at Stv. Vorsitz Heidi Schmitt Chefredaktion Matthias G. Bernold chefredakteur@drahtesel. or.at Ruth Eisenreich chefredakteurin@drahtesel. or.at

Unter Mitarbeit von Stefanie Bermesser Daniela Bernold Walter Bradler Klaus Brixler Andrzej Felczak Hannes Friedrich Willi Grabmayr Wolfgang Graschopf Magdalena Jöchler Jan Killian Paul Kubalek Wolfgang Leitner Valerie Madeja Ernst Miglbauer Margit Palman Peter Provaznik Roland Romano Brigitte Schicho Heidi Schmitt Mario Sedlak Kolumnen Clara „Orca“ Felis Ines Ingerle Johannes Pepelnik Reinhold Seitl Cover Jesús Escudero

Art Direktion Anna Hazod hazodschlagintweit.com Bildbearbeitung Marlies Plank (karenziert) Anna Hazod Anzeigen Hannes Friedrich h.friedrich@argus.or.at Illustrationen Daniela Bernold Miguel Ángel Camprubí miguelangelcamprubi.com (Autorenportraits) Anna Hazod Kontakt ARGUS-Fahrradbüro Frankenberggasse 11 1040 Wien Mo–Fr 14–19 Uhr, Sa 10–14 Uhr Tel.: 01  ⁄  505 09 07 Fax DW: 19 service@argus.or.at radlobby.at ⁄ argus

Radlobby ARGUS   Wien-Büro Lichtenauerg. 4  ⁄  1  ⁄  1 1020 Wien Tel. & Mail siehe ARGUS-Fahrradbüro Mo–Fr 10–13 Uhr Bankverbindung IBAN IBAN AT82 2011 1841 6099 1000 BIC GIBA ATWW XXX Leserbriefe sind herzlich willkommen, allfällige Kürzungen können nicht ausgeschlossen werden. Zur Veröffentlichung ist die Angabe des vollen Namens und der Postleitzahl notwendig. Namentlich ge­ kenn­zeichnete Artikel müssen nicht mit der Meinung der DRAHTESEL-Redaktion übereinstimmen. Der DRAHTESEL ist das Vereinsmagazin der Radlobby ARGUS und wird in Kooperation mit den Vereinen der Radlobby Österreich hergestellt.

Radlobby Österreich ist Mitglied des Europäischen Radfahrverbandes ECF Druck Ferdinand Berger & Söhne GmbH Die gesamte Produktion des DRAHTESEL wird nach dem österreichischen Umwelt­zeichen abgewickelt.

Das Österreichische Umweltzeichen für Druckerzeugnisse, UZ 24, UW 686, Ferdinand Berger & Söhne GmbH

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 15

Rad & Sport Kiesl Gmbh Beratung, Verkauf, Service Freistädter Straße 297 4040 Linz Tel.: 0732 / 750 450 radsport.kiesl@aon.at radsport-kiesl.at


Community Neu: Radmotorikpark in der Donaustadt Seite 16

Geschafft: Platz für Wien mit 57.571 Unterschriften Seite 17

Serviceleistungen für Radlobby-Mitglieder Seite 18

WIEN

Macht die Welle! Der neue Fahrrad-Motorikpark an der Rudolf-Nurejew-Promenade ist ein lang gestrecktes Freizeitgelände nahe der Reichsbrücke. Der bunte Parcours umfasst 17 Stationen: Bodenwellen, Rampen, Slalomsäulen – und einen Pumptrack. Kinder und Jugendliche haben hier Gelegenheit, ihre fahrtechnischen Fähigkeiten zu verbessern. In vielen europäischen Staaten sind in den letzten Jahren auf Initiative von Zivilgesellschaft und Radcommunities Konzepte für Radübungsplätze entstanden. Der Motorikpark Donaustadt orientiert sich an dänischen Vorbildern. Der Wiener Fahrradexperte Alec Hager adaptierte das Konzept für Österreich und wurde dafür 2017 beim Ideenwettbewerb der Wirtschaftsagentur Wien ausgezeichnet. Bezirksvorstehung Donaustadt und die Magistratsabteilung 45 sorgten für die Umsetzung des Projektes. Die Mobilitätsagentur Wien stellt Betreuung durch Radtrainerinnen und Radtrainer zur Verfügung.

Sich austoben und dabei auf spielerische Weise die Fahrtechnik verbesern: Das ist die Idee hinter Fahrrad-Motorikparks

www.wien.gv.at/freizeit/spielplatz/ radmotorikpark.html

WIENER NEUSTADT

Widerstand gegen die Ostumfahrung Gegen die Ostumfahrung Wiener Neustadt – ein 40 Millionen Euro teures Straßenbau-Projekt, das Auwald und Naherholungsgebiet zerschneiden und Radrouten aus dem Umland durchtrennen würde – formiert sich Widerstand: Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, eine Online-Petition gegen die Ostumfahrung zu unterschreiben. Die Umfahrung sei keine Entlastung des enormen Quell-

und Zielverkehrs in Wiener Neustadt, sondern bringe jährlich 1,3 Millionen zusätzliche KfzFahrten, erklärt Martina Feirer von der Bürgerinitiative: „Schadstoffe, Lärm und CO2-Belastung werden steigen, obwohl Wiener Neustadt „Klimabündnis-Gemeinde“ ist.“ 2.578 Menschen (Stand 17. November 2020) haben die Online-Petition unterschrieben, darunter Prominente wie Karin Thiem (die Mutter des

Tennisspielers), Weihbischof Franz Scharl und Dancing-Star Cesar Sampson. Online-Petition: mein.aufstehn.at/petitions/vernunftstatt-ost-umfahrung

WIEN

Verkehrskonzept für die Donaustadt Auf Initiative der Radagenda 22 bekommt die Donaustadt ein Radverkehrskonzept. Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy hat ein Planungsbüro damit beauftragt, selbiges in Zusammenarbeit mit der MA 18 auszuarbeiten. Gerhard Gstöttner von der Radagenda 22 wird zum federführenden Vertreter des Bezirks ernannt. Ziel: fehlende Infrastruktur aufzeigen und konkrete Maßnahmen ausarbeiten.

Fotos: Hanna Schwarz

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 16

Im Radmotorik-Park in der Donaustadt können Kinder spielerisch ihre Fahrtechnik verbessern.


Platz für Wien erreicht Unterschriftenziel 57.571 Menschen haben für die Anliegen der Initiative Platz für Wien unterschrieben. Ein bemerkenswerter Erfolg und ein starkes Zeichen für eine klima-, flächen- und kindergerechte Verkehrspolitik.

E

xakt 57.571 Menschen (Stand: 17. November) haben in den vergangenen Wochen und Monaten ihren Namen unter die Forderungen der Initiative Platz für Wien gesetzt. Das sind so viele Stimmen, wie ein erfolgreiches Volksbegehren gemäß Wiener Stadtverfassung brauchen würde. Es war ein gewünschter Nebeneffekt, dass die 18 detaillierten Forderungen vor der Gemeinderatswahl breit diskutiert wurden. Nicht nur von Seiten der Grünen kam Unterstützung für die Ziele – auch NEOS, SPÖ sowie die neue Partei LINKS erklärten sich solidarisch oder übernahmen Platz für Wien-Forderungen teilweise in ihr Wahlprogramm. Wie geht es jetzt weiter? Wie sind die weiteren Schritte? Geht es nach den Plänen des Organisationsteams, soll die breite Unterstützungsbasis jetzt dafür genutzt werden, weiterhin den Druck hochzuhalten, damit es nicht nur bei leeren Wahlversprechen bleibt. „Wir sehen das rosa-rote Koalitionsabkommen als teilweisen Erfolg“, sagt Platz für Wien-Sprecherin Barbara Laa: „Natürlich sind die Inhalte darin schwammig formuliert und es fehlen konkrete Zahlen. Zumindest als Absichtserkärungen finden sich unsere Forderungen wieder.“ Eines sei klar: „Es wird uns als zivilgesellschaftliche Initiative auch in Zukunft brauchen, damit es in die richtige Richtung geht.“

WIEN-LANDSTRASSE

Fahrradhändler eröffnet neue Fahrradgarage An der Kreuzung Wassergasse / Erdbergstraße in Wien-Landstraße errichtet Christian Huber vom Fahrrad-Shop „Huberista“ derzeit eine neue Fahrradgarage, die sichere, trockene und elektrifizierte Stellplätze für einspurige Fahrräder, eBikes sowie Lastenräder anbietet. Die Garage mit 35 bis 40 Stellplätzen soll im Jänner 2021 eröffnen; das Angebot umfasst ebenerdigen und rund-um-dieUhr Zugang sowie sichere und video-überwachte Parkplätze. www.huberista.com

WIEN

Erfolgreiche Spendenaktion ermöglicht Frauenradkurse Im Sommer 2020 veranstaltete der Flüchtlingsdienst der Diakonie zusammen mit der Radlobby-Radfahrschule „FahrSicherRad“ wieder „Frauen in Fahrt“, den Fahrradkurs für geflüchtete Frauen. Vierzehn Teilnehmerinnen übten einmal wöchentlich am Areal des Diakoniestandortes Zinnergasse in Wien Simmering. Den Abschluss des achtwöchigen Kurses bildete ein gemeinsamer Radausflug mit Picknick. Ein zweiter Frauenkurs fand mit dem Leopoldstädter Verein Piramidops statt, finanziert von der Mobilitätsagentur Wien. „Fahrradfahren ist nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern fördert auch die Mobilität und Unabhängigkeit, und damit die Selbstbestimmtheit von geflüchteten Frauen“, erklärt Alexandra Gröller, Geschäftsführerin des Diakonie Flüchtlingsdienstes.

Fotos: Peter Provaznik

fluechtlingsdienst.diakonie.at

Mehr als 57.000 Unterstützungsstimmen hat Platz für Wien symbolisch zum Rathaus getragen.

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 17

WIEN


Radfahren stärken! Werden Sie Mitglied der Radlobby und nutzen Sie die Vorteile

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 18

Die Radlobby-Vereine vertreten über 8.000 Mitglieder in ganz Österreich. Mitglieder können auf viele Vorteile zählen – vom Versicherungspaket über Einkaufsrabatte bis zum DRAHTESEL-Abo

Versicherungspaket

Radlobby-Rabatt

Interessens­vertretung

Dreifach-Schutz: RechtsschutzVersicherung für Anwaltsund Gerichtskosten; Unfallund Haftpflichtversicherung.

Günstiger einkaufen im ausgesuchten Radhandel in ganz Österreich.

Die Radlobby tritt für die Interessen der Alltags-­ Radfahrenden in ganz ­Österreich ein.

radlobby.at/radhandel

DRAHTESEL-Abo Viermal jährlich kommt der DRAHTESEL, das österreichische Fahrrad­ magazin, zu Ihnen ins Haus!

Jetzt sc ho 2021 za n für h ab sofo len & rt gr dabei s atis ein! *

Mitglied werden zahlt sich aus! Sie können in jedem Bundesland bei einem Radlobby-Verein Mitglied werden! Und zwar bei Radlobby ARGUS  (Tirol, Wien) sowie bei Radlobby Burgenland, Radlobby Kärnten, Radlobby Niederösterreich, Radlobby Oberösterreich, Radlobby ARGUS Steiermark, Radlobby Salzburg und Radlobby Vorarlberg. Bis zu EUR 2,– Ermäßigung bei Einziehungsaufträgen –  gilt für alle Mitgliedsarten Nur für Mitglieder Die optionale kosten­ günstige FahrradDiebstahl-Versicherung radlobby.at/dsv

Einzel-Mitgliedschaft

Studierende

Haushalts-Mitgliedschaft

Alle Mitgliedervorteile um EUR 46,- pro Jahr

Ermäßigte Mitgliedschaft EUR 30,- pro Jahr für Studierende bis 26 sowie für alle unter 19 Jahren

Für Familien, WGs und Lebensgemeinschaften: Pro Jahr EUR 46,- für das Erstmitglied, alle weiteren Haushalts­ mitglieder je EUR 30,-; unter 19 Jahren gratis.

Mitgliedervorteile und -beiträge können je Bundesland geringfügig variieren. Anmeldung und ausführliche Infos zur Mitgliedschaft: radlobby.at/mtg

* Angebot gültig für Neumitglieder


Infrastruktur Gefährliches Ende eines Radwegs Seite 19

Plus / Minus: Infrastruktur im Test Seite 20

Radweg statt Parkspur in der Wagramer Straße Seite 22

Halbe Sache am Klopeiner See Ein neuer Geh- und Radweg endet auf halber Strecke und entlässt die Nutzenden auf eine schnell befahrene Landstraße ohne Schutz. Ein Lehrstück über die strukturellen Schwächen regionaler Radwegeplanung. BERICHT: Andrzej Felczak

Lückenschluss fehlt Leider hat der neue Radweg einen gravierenden Nachteil: Eine Weiterführung zur 600 Meter weit entfernten Nachbarortschaft St. Primus – und damit der Lückenschluss zum Klopeiner See – fehlt. Radfahrende oder Zufußgehende müssen auf die kurvige Landstraße, mit teilweise schlechter Sicht und Tempo-100. Die Strecke ist für den Radtourismus in der Seenregion und als Verbindung zwischen

Foto: Daniel Wuttej

?

Grenze zur Gemeinde St. Kanzian und Radwegende

den überregionalen Radrouten Jauntalradweg (R1D) und Klopeinersee Radweg (R1F) sehr wichtig. Sie wird zudem von der Bevölkerung per Rad oder zu Fuß für Alltagswege genützt. „Wir begrüßen die Errichtung des Teilstücks. Nun gilt es, die Fortsetzung der neuen Verbindung nach St. Primus voranzubringen“, sagt Daniel Wuttej, stellvertretender Obmann der Radlobby Kärn-

ten. Erfreulicherweise findet sich der Lückenschluss inzwischen auf der Prioritätenliste von St. Kanzian. Die Planungen dafür sind bereits angelaufen. Dieses Beispiel (mit hoffentlich bald glücklichem Ende) zeigt ein strukturelles Problem bei der Errichtung von Radinfrastruktur. Zuständig sind in erster Linie die Gemeinden. Ob, wann und in welcher Qualität

Radverbindungen zustandekommen, ist abhängig von der Motivation und den Prioritäten der Gemeindevertretungen. Diese Schwäche kann am besten durch ein klares Bekenntnis zum Radverkehr auf Landesebene und mit mehr Landeskompetenzen, kombiniert mit finanzieller und planerischer Unterstützung der Gemeinden, beseitigt werden.

Was heißt eigentlich?

Benutzungspflicht von Radfahranlagen Wo Radwege, Rad- oder Mehrzweckstreifen, Radfahrerüberfahrten oder gemischte Geh- und Radwege vorhanden sind, müssen Radfahrende diese grundsätzlich benutzen. Es gibt aber Ausnahmen: Für Radwege oder gemischte Wege mit eckigem Schild gilt die Benutzungspflicht ebensowenig wie für Radfahranlagen, die wegen Schnee, Glatteis oder Hindernissen nicht gefahrlos benutzbar sind, oder für als „allge-

meines Fahrverbot ausgenommen Radfahrer“ ausgeschilderte Wege. Wer mit einem Rennrad, einem Fahrrad mit Anhänger, einem Transportrad mit mehr als 1,7 Metern Radstand oder einem mehrspurigen Fahrrad unterwegs ist, ist von der Benutzungspflicht ausgenommen. Ist das Rad oder der Anhänger mehr als einen Meter breit, ist das Befahren von Radfahranlagen sogar verboten.

Daneben gibt es rechtliche Grauzonen: Ob die Benutzungspflicht gilt, wenn der Radweg nicht auf der Straße bleibt, sondern zum Beispiel durch einen benachbarten Park führt, ist noch nicht gerichtlich geklärt. Das selbe gilt für Zweirichtungswege auf der linken Straßenseite, die wegen dichtem Verkehr und fehlender Querungsmöglichkeit nicht erreichbar sind. Mario Sedlak

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 19

E

igentlich ist es großartig: Im heurigen Oktober wird ein 600 Meter langer Geh- und Radweg ab Ortsende Rückersdorf (Gemeinde Sittersdorf) bis zur Grenze der Nachbargemeinde St. Kanzian offiziell eröffnet. Eine Unterschriftensammlung des Jugendfördervereins Rückersdorf und eine großzügige Kostenübernahme durch das Land Kärnten machten es möglich. Die Gemeinde zahlte nur Grundablöse und Material.


PLUS  ⁄  MINUS

Verkehrs-Infrastruktur im Praxistest

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 20

QUALITÄTSKONTROLLE: Andrzej Felczak

Wien

Wien 2., Nordbahnstraße

Wien 6., Neubaugasse

Insgesamt sechs Fahrradstraßen wurden heuer neu geschaffen: In der Castellezgasse-Scherzergasse (2. Bezirk), am Fasanplatz/Joseph-Schmidt-Platz (3.), in der Ettenreichgasse zwischen Dieselgasse und Troststraße (10.), Teilstück der Hofjägerstraße (13., 14.), Teilstück der Bahnstraße (14.) sowie in der Alten Straße. Dazu kommen zwei fahrradfreundliche Straßen in der Mollardgasse zw. Eisvogelgasse und Grabnergasse (6.) und in der Borschkegasse zwischen Währinger Gürtel und Lazarettgasse (9.). Die Einrichtung von derartiger Radinfrastruktur hatte die Radlobby im Jahr 2017 mit ihrer Petition „Fahrradstraßen für jeden Wiener Bezirk“ initiiert und 2.000 Unterschriften gesammelt. In der Folge erstellte ein Planungsbüro den „Masterplan Fahrradstraßen“ und stimmte ihn mit Stadt und Bezirk ab. 90 potenzielle Fahrradstraßen wurden identifiziert. Was momentan davon umgesetzt ist, ist leider mitunter kurz und/oder peripher. Wichtig wären längere und zentrumsnahe Verbindungen.

Im Zuge des Umbaus der Nordbahnstraße wurde auf der Ostseite eine Parkspur umgewidmet und ein neuer, 440 Meter langer, Zweirichtungsradweg zwischen Stadtgutgasse und Am Tabor errichtet. Somit stehen auf beiden Seiten der Nordbahnstraße Zweirichtungsradwege zur Verfügung. Der neue Radweg ist zwei bis zweieinhalb Meter breit und mit einem ein Meter breiten Schutzstreifen bei Ladezonen ausgeführt. Sollte sich dies als neuer Standard etablieren, fänden wir das überaus positiv. Damit ist beim Be- und Entladen mehr Platz verfügbar, und der Radverkehr wird weniger behindert. In der Kreuzung Mühlfeldgasse wurde eine neue Querungsmöglichkeit der Nordbahnstraße für den Radverkehr geschaffen. Ebenfalls hervorzuheben sind die Kreuzungen Mühlfeldgasse und Am Tabor, die sowohl im Uhrzeigersinn als auch in die Gegenrichtung befahrbar sind. Somit können die Grünphasen optimal ausgenützt werden. Unser Wunsch ist natürlich eine Weiterführung des Radweges in derselben Qualität bis zur Winarskystraße (20. Bezirk): so wäre es auch im Hauptradverkehrsnetz vorgesehen.

Nach langwierigen Diskussionen und einem aufwändigen Komplettumbau ist die neue Neubaugasse praktisch fertig. Der 700 Meter lange Abschnitt zwischen Mariahilfer Straße und Burggasse verläuft auf einheitlichem Niveau und ist optisch ansprechend gepflastert. Durch den Umbau ist die Neubaugasse auch für radfahrende Kunden und Gäste erheblich attraktiver geworden. 78 gut verteilte Radabstellplätze machen das Abstellen leicht. Mit Wasserspendern und 31 Bäumen bleibt der Aufenthalt auch im Sommer angenehm. Ein Tempolimit von 20 km/h ermöglicht Radfahrenden ein zügiges Vorwärtskommen und begrenzt die Geschwindigkeit von Kfz auf ein angenehmes Tempo. In der Gasse gibt es für Kfz nur Halte- und Ladezonen, was den Autoverkehr insgesamt eindämmt. Der Nordteil der Neubaugasse bis zur Lerchenfelder Straße soll im Jahr 2021 ebenfalls als Begegnungszone umgebaut und als Einbahn geführt werden. Das Radfahren sollte dann in beiden Richtungen möglich sein.

Sechs neue Fahrradund zwei radfreundliche Straßen für Wiens Bezirke

Zweirichtungsradweg zwischen Stadtgutgasse und Am Tabor

Fotos: Andrzej Felczak(2), Margit Palman, Radlobby ARGUS Steiermark, Gerhard Fischer, Filipe Hauser

So geht Begegnungszone: die neue Neubaugasse nach dem Totalumbau

Einfach online Radbeschwerden abgeben: radkummerkasten.at


Steiermark, Wildon

OÖ, Bahnhof Untergaumberg/Linz

Tirol, Innbrücke bei Wattens

Im Jahr 2013 machte sich der damalige Bürgermeister von Wildon, Gerhard Sommer, gemeinsam mit der Radlobby ARGUS Steiermark sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landes, im Rahmen des „Radchecks Wildon“ ein Bild vom Murradweg (R2). Als Problemstelle wurde die schmale Brücke über die Kainach, einen Nebenfluss der Mur, identifiziert. Sie dient dem Fußund Radverkehr, war aber bisher mit einer Breite von nur 1,4 Meter so schmal, dass keine zwei Fahrräder aneinander vorbeikamen. Im Rahmen des Ausbaus eines Teilstücks des Murradweges wurde die Brücke neu errichtet und auf drei Meter verbreitert, was dem Regelmaß der Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS) entspricht. Zu bemerken ist auch das nach außen gesetzte Geländer, womit die nutzbare Breite sehr kostengünstig vergrößert werden konnte. Weiters wurde unweit der Brücke auf etwa 600 Metern die Fahrbahn des Murradweges saniert.

Bei der ursprünglichen Unterführung unter der Westbahn beim Bahnhof Untergaumberg waren Rampen auf beiden Seiten vorhanden, was Radfahrenden eine komfortable Benützung erlaubte. Im Jahr 2009 begann die Planung für die Erneuerung, aber die verantwortlichen Verkehrspolitiker in Linz und Leonding haben die Bedürfnisse der Radfahrenden nicht berücksichtigt und auf der Nordseite keine Rampe vorgesehen. Trotz intensiver Lobbyingarbeit der Radlobby Oberösterreich konnten Linz, Leonding und ÖBB nicht umgestimmt werden, und jetzt stehen auf der Nordseite nur ein 3,5 Quadratmeter großer Lift und eine sehr steile Schieberampe zur Verfügung. Eine ordentliche Querung für Radfahrende ist an dieser Stelle nicht zuletzt deshalb von größter Wichtigkeit, weil die beiden nächstliegenden Querungsmöglichkeiten der Bahn jeweils 450 Meter entfernt und wegen des starken Kfz-Verkehrs für Radfahrende praktisch unbrauchbar sind. Bei diesem Projekt hat man das Kunststück geschafft, nach zehn Jahren Planungszeit und unter Einsatz von großen finanziellen Mitteln die Qualität für Radfahrende massiv zu verschlechtern.

Nicht einmal zwei Kilometer liegen zwischen der Ortschaft Wattens, wo sich das Unternehmen Swarovski und eine Papierfabrik befinden, und der Ortschaft Fritzens mit dem nächstgelegenen Bahnhof. Somit wäre das Fahrrad das ideale Verkehrsmittel. Das Problem dabei: zwischen den Ortschaften fließt der Inn, und die stark befahrene Innbrücke der Bahnhofsstraße ist die einzige brauchbare Verbindung. (Die nächstliegenden alternativen Querungsmöglichkeiten befinden sich 2,5 bzw. 3,5 Kilometer flussabwärts bzw. flussaufwärts.) Auf der Brücke wurde jetzt ein etwa ein Meter breiter Radfahrstreifen markiert. Das wäre schon bei Tempo 50 deutlich schmäler, als es die Richtlinien und Vorschriften des Straßenverkehrs (RVS) vorschreiben. Auf der Brücke gilt aber sogar Tempo 100 – die einzige Radinfrastruktur, die die RVS unter diesen Bedingungen erlauben, ist ein baulich getrennter Radweg.

Nach „Radcheck“: Murradweg (R2) bekommt neue und bessere Brücke

Zehn Jahre Planung führen zu massiver Verschlechterung

Statt vorschriftsgemäßem Radweg nur ein viel zu schmaler Radfahrstreifen

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 21

Infrastruktur


Infrastruktur

Ein Bild aus besseren Zeiten: Der ebenfalls gut funktionierende Pop-Up-Radweg bei der Kagraner Brücke wurde im November wieder abgebaut

Wer zwischen Wien-Donaustadt und der Innenstadt pendelt, hat seit dem Herbst mehr Platz und weniger Stress

Radweg statt Parkspur Auf der Wagramer Straße kommen Radfahrende jetzt besser voran

W

eniger Parkplätze, dafür mehr Platz für Radfahrende und eine entspanntere Verkehrssituation für alle: Wie das funktionieren kann, zeigt der im Herbst abgeschlossene Komplettumbau des Radwegs Wagramer Straße zwischen Platz der Vereinten Nationen und Arbeiterstrandbadstraße. Der Radweg Wagramer Straße ist Teil der Rad-Langstrecke Nord und dementsprechend stark befahren. Auf dem nun umgebauten Abschnitt verlief der schmale Radweg bisher zwischen der Parkspur und dem ebenfalls schmalen und besonders vor dem Eingang des Hotels Danube City stark frequentierten Gehsteig. Zahlreiche Verkehrszeichen verringerten die nutzbare Radwegbreite, Zufußgehende wichen häufig auf den Radweg aus, und wer aus einem Auto ausstieg, musste den Radweg queren. Die Situation war für alle VerkehrsteilnehmerInnen stressig und unangenehm. Die Angst vor Autotüren ist passé Beim Komplettumbau im Herbst wurde der Radweg dorthin verlegt, wo bis dahin die 750 Meter lange, näher zur Straßenmitte liegende, Parkspur verlief. Das hat Radfahrenden viele Vorteile gebracht: keine Verkehrszeichen auf dem Radweg, keine Furcht vor unachtsam geöffneten Autotüren. Zudem wurde der Konfliktpunkt bei der Reisebus-Haltestelle auf Höhe UNO-City beseitigt, wo ortsunkundige Buspassagiere bisher direkt auf den Radweg

aussteigen mussten. Der neue Radweg ist drei Meter breit, dazu kommt ein 0,6 Meter breiter Schutzstreifen. Das entspricht „guter Langstreckenqualität“ laut den Richtlinien der Stadt Wien und erlaubt ein komfortables und zügiges Fahren und Überholen. Länger grün für den Radverkehr Durch die Verlegung des Radweges änderten sich bei den Kreuzungen Arbeiterstrandbadstraße und Kratochwjlestraße die Relationen zu den Zu- und Abfahrten der Nebenfahrbahnen. Um sie zu entflechten und die Verkehrssicherheit des Radverkehrs zu gewährleisten, wurden Mittelinseln errichtet. Die Ampeln für Radfahrende und Zufußgehende sind jetzt getrennt geschaltet, so konnte die Grünzeit für den Radverkehr maximiert werden. Bei einem Lokalaugenschein der Radlobby Wien schien die neue Strecke von den Radfahrenden sehr gut angenommen zu werden, der Verkehrsfluss funktionierte reibungslos. Die Radlobby Wien spricht sich dafür aus, als nächstes den schmalen und abschüssigen Geh- und Radweg bei der Kagraner Brücke auszubauen. Wie das funktionieren kann, zeigte der dortige – leider im November abgebaute – PopUp-Radweg , wo Fuß- und Radverkehr getrennt geführt wurden. Radfahrende kamen zügig voran, und Zufußgehende konnten entspannt entlang der Alten Donau spazieren.

Foto: Andrzej Felczak

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 22

ANALYSE: Andrzej Felczak


Lebensstil Leo Hillinger: Der Weinpapst am Rennrad Seite 28

Bücher: Lesestoff für Velophile Seite 32

Der Fahrrad-Film The Climb erzählt von Freundschaft und ihren Grenzen, von Abhängigkeit und Autonomie, von Festhalten und Loslassen.

Cinemascope The Climb

Fotos: The Climb

S

o you're really into this?“ – „It's beautiful, you sweat a lot“. Die besten Freunde Kyle und Mike strampeln gemeinsam die Berge Südfrankreichs hinauf. Ersterer, im Alltags-Outfit und am Retro-Rad, sichtlich an der körperlichen Belastbarkeitsgrenze; letzterer, mit schickem Markenhelm und Klickpedalen, souverän gleichmäßig tretend. Kyle heiratet demnächst, und zwar – so erfährt er jetzt, während er auf einer nicht enden wollenden Steigung nach Luft ringt – eine Frau, mit der Mike geschlafen hat. Die Stimmung auf der Radausfahrt ist nach dieser Enthüllung genauso im Eimer wie die Trittfrequenz. Der Spielfilm The Climb erzählt in fließenden, langen Kamerafahrten von Freundschaft und ihren Grenzen, von Abhängigkeit und Autonomie, von Festhalten und Loslassen. Er wirft die Frage auf, wie sehr zwischenmenschliche Beziehungen unser Wesen verändern, wie stark sie uns formen können und dürfen. Bei diversen Festivals nominiert und in Cannes ausgezeichnet, ist The Climb ein Juwel von einem Film. Geistreich, witzig und tiefgründig, unverhofft, komisch und erfrischend. Regis-

seur Michael Angelo Covino und sein Autorenkollege Kyle Marvin, die auch im echten Leben eine Freundschaft verbindet, brillieren selbst in den männlichen Hauptrollen. Kreative Schnitte und Überblendungen, pointierte Dialoge und zahlreiche unvermutete Wendungen sorgen für ein kurzweiliges Kinoerlebnis. The Climb Tragikomödie, USA 2019, 94 Minuten Regie: Michael Angelo Covino Drehbuch: Michael Angelo Covino, Kyle Marvin Kamera: Zach Kuperstein Schnitt: Sara Shaw Musik: Martin Mabz, Jon Natchez Mit: Michael Angelo Covino, Kyle Marvin, Gayle Rankin, Judith Godrèche, Talia Balsam Ab 24.12. als Video on Demand auf verschiedenen Plattformen, ab 14.1. als DVD erhältlich

An dieser Stelle stellt die Film- und Theaterwissenschaftlerin Ines Ingerle Klassiker und Neuheiten aus der Welt des Fahrrad-Films vor.

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 23

Coverstory: Sicher und warm durch den Winter Seite 24

Infrastruktur


Titel

Minus 30 Grad? Ab aufs Rad! Fahrrad-Saison? Bullshit. Das ganze Jahr ist Fahrrad-Saison. Wie man in Kanada, Finnland und Norwegen mit rauem Wind und glatten Straßen klarkommt, zeigen wir hier. ZUSAMMENSTELLUNG: Ruth Eisenreich

Tipps für sicheres Winterradeln

1.

„Ich bereue es nie, mich dann doch aufs Fahrrad gesetzt zu haben“

„Beim Losfahren sollte dir noch kühl sein“

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 24

Tempo reduzieren

2.

Mehr Abstand zu anderen Verkehrsteilnehmenden

3.

Vorsichtig (und nicht in den Kurven) bremsen

4.

Bei Glatteis: Wenig lenken und ausrollen statt bremsen

5.

Reifenluftdruck verringern – das bringt mehr Grip

6.

Sattel etwas absenken für etwas mehr Gleichgewicht – aber nicht zu weit, damit die Knie nicht beleidigt sind

7.

Auf gute Beleuchtung achten, gegebenenfalls reflektierende Kleidung

Krysta Cowling, 30 Moncton, New Brunswick, Kanada „Mein Hirn findet im Winter immer einen Haufen Ausreden, mich nicht aufs Rad zu setzen. Aber wenn ich es dann doch tue, bereue ich es nie. Wenn man sich gut vor dem Wind schützt, ist Radfahren sogar viel wärmer als Gehen! Mein liebstes Ausrüstungsstück nennt sich Helmuff und ist ein Stück Strick- oder Fleecestoff, den man über die Riemen seines Helmes ziehen kann und der die Ohren vor Kälte und Wind schützt.“

Juho Äännevaara, 39 Espoo, Finnland „Im Winter sinkt die Temperatur bei uns manchmal auf minus 30 Grad. Ich setze dann auf das Zwiebelprinzip mit isolierenden und wind- und wasserfesten Schichten. Du weißt, dass du deine Kleidung richtig gewählt hast, wenn dir beim Losgehen ein bisschen kühl ist – denn wenn dir beim Losfahren schon warm ist, wirst du bald zu schwitzen beginnen.“


Illustration: Jesús Escudero, Fotos: privat

Olaf Witte, 42 Breitnau im Schwarzwald, Deutschland „Ich war immer genervt von Regenhosen, die man kaum anund ausziehen kann, ohne die Schuhe ausziehen zu müssen. Als Erstes und am meisten nass wird man ja an den Oberschenkeln – ich wollte mir schon selbst eine Art OberschenkelRegenschutz basteln, den man unkompliziert an- und ablegen kann. Dann habe ich entdeckt, dass es so etwas tatsächlich schon gibt: Rainlegs. Ich bin total begeistert davon, vor allem für kurze Strecken wie den Weg zum Supermarkt sind sie perfekt. Für Räder ohne Schutzbleche sind sie allerdings ungeeignet, weil dann Wasser vom Hinterrad auf die Unterseite der Oberschenkel spritzt.“

„Drei Schichten Kleidung müssen sein“

Alejandro Decap, 33 Oslo, Norwegen Kathy Browning, 51 Lander, Wyoming, USA „Ich empfehle Bar Mitts – Fäustlinge, die am Lenker befestigt werden und die Hände wärmer halten, als normale Handschuhe es je könnten. Meine sind extragroß, so dass ich darin sogar noch ein Taschentuch und Snacks aufbewahren kann. Meine Füße halte ich warm, indem ich Handwärmekissen mit Klebeband an ein Paar leichter Wollsocken klebe. Was mir hilft, den inneren Schweinehund zu überwinden, der lieber zuhause bleiben und Brownies backen würde: Ich verwende immer dieselbe WinterRadfahr-Ausrüstung und bewahre sie am gleichen Platz auf, sodass ich vor dem Losfahren nicht viel darüber nachdenken muss.“

„Ich finde Radfahren im Herbst und Winter angenehm und entspannend, weil du dann die Radwege für dich alleine hast. Man braucht keine teure Kleidung, um in der Kälte zu fahren. Mein Rat ist, drei Schichten zu tragen: Eine enge, am besten aus Wolle, die die Feuchtigkeit vom Körper wegtransportiert; eine aus Wolle oder Fleece, die zwischen der ersten und der dritten isoliert und die man auszieht, wenn einem heiß wird; und eine äußere, die möglichst wind- und wasserfest ist. Wenn es kalt wird, können Straßenmarkierungen sehr rutschig werden, am besten versucht man, ihnen auszuweichen. Für Schnee und Eis gibt es auch Reifen mit Spikes.“

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 25

„Bin total begeistert von den Rainlegs“

„Ich bewahre die Winteraus­rüstung immer am selben Platz auf“


Titel

Catherine Girves, 56 Columbus, Ohio, USA „Ich bewege mich seit 15 Jahren bei jedem Wetter mit dem Rad fort. Besonders wichtig ist mir dabei, dass meine Füße warm und trocken bleiben. Am Anfang habe ich deswegen den Fehler gemacht, mehrere Paar Socken übereinander zu tragen, wodurch meine Schuhe zu eng wurden. Jetzt trage ich ein Paar warmer Wollsocken und ziehe ein Plastiksackerl darüber, bevor ich in meine Schuhe schlüpfe.“

„Ich picke die Luftschlitze meines Helmes mit Klebeband zu“

Benjamin Guettler, 31 Brighton, Michigan, USA Maren Podgorsky, 40 Hamburg, Deutschland „Am liebsten fahre ich in Kleidung aus Wollwalk, die hält trocken und warm, ohne schwitzig zu werden. Und obwohl meine Schuhe recht wasserdicht sind, habe ich für den Notfall immer ein Paar Ersatzsocken in der (wasserdichten) Fahrradtasche.“

„In manchen Wintern fällt die Temperatur hier auf minus 23 Grad. Ich picke dann die Luftschlitze meines Helms mit Klebeband zu, das ist eine tolle und sehr kostengünstige Art, sich da warmzuhalten, wo man sonst am meisten Wärme verliert. Ich fahre meistens früh am Morgen oder spät am Abend, im Dunkeln also, und liebe es, gelegentlich stehenzubleiben, tief die kalte Luft einzuatmen und mich von der Stille der schneebedeckten Landschaft durchdringen zu lassen. Das spült jeglichen Stress, den ich mit mir herumtrage, hinweg.“

Illustration: Jesús Escudero, Fotos: privat

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 26

„Ich ziehe ein Plastiksackerl über die Schuhe“

„Habe für den Notfall immer Ersatzsocken dabei“


Was Länder und Gemeinden tun müssen

Lebensstil

Um die passende Kleidung fürs Winterradeln muss sich Mensch selbst kümmern. Was die Sicherheit betrifft, sind Politik und Behörden gefragt.

KOMMENTAR: Matthias Pintner

N

icht nur die Sorge, zu frieren, hält Menschen davon ab, im Herbst und Winter aufs Fahrrad zu steigen – viele fühlen sich beim Gedanken an nasse, laubbedeckte oder vereiste Radwege schlicht unsicher. Länder und Gemeinden können viel tun, um sicheres Radfahren auch in der kalten Jahreszeit zu ermöglichen und damit ihre Umweltbilanz zu verbessern. Am wichtigsten ist es, Radrouten und Radwege ganzjährig und zu jeder Tageszeit befahrbar zu machen. Dazu müssen die Straßenerhalter diese zügig und regelmäßig von Ausrutsch- und Stolperfallen wie Blättern, Ästen oder Kastanien befreien lassen. Wenn es schneit, müssen Radverkehrsanlagen schnell geräumt werden – noch vor anderen Fahrbahnen. In Städten wie Kopenhagen ist das bereits gelebte Praxis.

Denn von der Rutschgefahr abgesehen, können unter einer Schneedecke Hindernisse wie umgelegte Poller unerkannt bleiben und Radfahrende zu Sturz bringen. Auf Brückenrampen und -spindeln müssen die Straßenerhalter Maßnahmen treffen, um Glatteisbildung zu verhindern. Ist das Angebot da, wird es genutzt Ein oft unterschätzter Aspekt ist das subjektive Sicherheitsempfinden. Niemand radelt gerne auf einem stockdunklen Weg in die oder aus der Arbeit. Nicht nur, aber ganz besonders auf Überland-artigen Strecken in weniger dicht besiedelten Gegenden braucht es daher eine gute Beleuchtung. Die Sorge um die Auswirkungen von Beleuchtung auf die Tierwelt in sensiblen Schutzge-

bieten ist keine gute Ausrede: Die Niederlande etwa haben sich inzwischen kluge Beleuchtungskonzepte überlegt, die sicheres Radfahren ermöglichen, ohne die Tierwelt zu beeinträchtigen – zum Beispiel sensorgesteuerte Laternen, die nur für kurze Zeit angehen, wenn jemand vorbeifährt. Last but not least: Radgaragen und Radboxen besonders an Bahnhöfen müssen im Herbst und Winter verfügbar bleiben, Leihradsysteme ebenso. Das ist zum Beispiel beim Anbieter nextbike in Niederösterreich nicht überall der Fall. Dabei zeigen Erfahrungen mit den Citybikes in Wien und mit nextbike in jenen niederösterreichischen Gemeinden, die bereits einen Winterbetrieb haben: Wo dieses Angebot vorhanden ist, wird es auch genutzt.

Projekt2_bio_drahtesel 28.05.20 15:10 Seite 1

FOTO: Ingimage

Anzeige


Das Burgenland als neues Mallorca Leo Hillinger ist Großwinzer und TV-Promi, in der Start-Up-Show „2 Minuten 2 Millionen“ auf Puls 4 tritt er als Investor auf. Daneben ist der 53-jährige Burgenländer passionierter Radfahrer. Dem DRAHTESEL erzählt er, wie man berufliche Meetings auf dem Rad abhalten kann und was Österreich noch zum Fahrradland fehlt.

INTERVIEW: Klaus Brixler und Magdalena Jöchler

„Zwei, drei Stunden am Mountainbike, dann eine Pause auf einem Weingut unter alten Eichen – was gibt es Schöneres?“

Du hast dieses Jahr laut der TrackingApp Strava schon über 12.000 Kilome­ ter am Rad gemacht. Woher nimmst du bitte die Zeit? Leo Hillinger Ich fange um 4.30 Uhr an zu arbeiten und höre um 22 Uhr auf. Zwischendurch setze ich mich auf das Rad. Ich verbinde den Sport auch oft mit meinem Job – zu Meetings etwa fahre ich mit dem Rad. Ein bisschen Achselschweiß müssen die anderen Teilnehmenden in Kauf nehmen. Viele Meetings mache ich gleich am Rad.

Wie geht das? Ganz normal: ein Gespräch. Nur dass wir dabei alle auf dem Rad sitzen. Wie macht man sich am Rad Notizen? Wir schreiben nicht mit. Die Anderen müssen einen Fragenkatalog mitbringen, den schreiben sie sich in ein paar Stichworten auf den Handrücken – dann können wir alles besprechen. Das geht ganz gut. Du hast an deinem 42. Geburtstag, also relativ spät, deine erste Rennradaus­ fahrt gemacht. Seitdem betreibst du

Foto: Sportograf GmbH

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 28

Mehrmals fuhr Leo Hillinger beim Etappenrennen „Wines2Whales“ in seinem Lieblingsland Südafrika mit


Auf seinem 2004 gebauten Weingut in Jois bietet Hillinger auch Führungen und Seminare an

Im Interview mit Klaus Brixler und Magdalena Jöchler erzählt Hillinger von seinen Plänen für den Radtourismus im Burgenland

den Sport mit einem profiverdächtigen Ehrgeiz. Wie kommt’s? Ich betreibe alles mit Ehrgeiz. Fliegen, Fallschirmspringen, Kitesurfen, Reiten, Tontaubenschießen: Egal was es ist, ich mache immer alles extrem. Zum Radfahren hat mich ein Freund gebracht, der Armin Assinger (der TVModerator und ehemalige Skirennläufer. Anm.). Eigentlich hat er es mir am Anfang richtig vermiest. Er hat eine Ausfahrt auf das Nassfeld für mich geplant. Dass die Runde 125 Kilometer lang ist und 3.500 Höhenmeter hat, hat er mir nicht gesagt. Nach 50 Kilometern habe ich ihn überholt und mir gedacht, es kann jetzt nicht mehr lange dauern. Der Armin hat mich ausgelacht und mir gesagt, wo es wirklich hingeht. Oben angekommen habe ich mich übergeben.

dort verbracht. Die Ehe war nach einem halben Jahr wieder geschieden, danach habe ich das Land länger gemieden, bin aber später zum Kitesurfen und wegen dem Wein wiedergekommen. Durch das Radlfahren habe ich mich ein zweites Mal in dieses Land verliebt. Das ist dort unten das neue Golf-Spielen.

Fotos: Leo Hillinger GmbH, Reich durch Radeln

Und jetzt fährst du Armin Assinger da­ von? Jahrelang bin ich hinter ihm hergefahren. Das ist, wie wenn du einem Autobus hinterherfährst: Ein breiter Hintern, an dem du einfach nicht vorbeikommst. Der Armin ist auch so ein „Dicker“ wie ich – 1,92 Meter groß, 107 Kilo schwer. Das ist übrigens – neben dem Armin – der zweite Grund, weshalb ich mit dem Radfahren angefangen haben. Dein Gewicht? Ja. Wer gerne viel isst und trinkt, muss auch viel radfahren. Ich fahre regelmäßig die 120 Kilometer um den Neusiedlersee. Nach 100 Kilometern mache ich bei meinem Lieblingsheurigen in Purbach Halt. Dort gibt’s dann ein Schmalzbrot, Bratlfettn, Zwiebelbrot, Blunzen und drei Flaschen Wein (lacht). Aber: drei Tage pro Woche trinke ich nichts!

So versnobt? So beliebt bei Urlaubenden. So wie es Golfreisen nach Südafrika gibt, gibt es mittlerweile auch Radreisen. Du fährst mit dem Mountainbike zwei, drei Stunden auf durchgängigen Single Trails und legst danach auf einem Weingut unter alten Eichenbäumen eine Pause mit dem besten Essen und Trinken ein – was gibt es Schöneres? An dieser Verbindung von Kulinarik und Radfahren müssen wir in Österreich noch arbeiten. Hat der Winzer Leo Hillinger da schon konkrete Pläne? Ich versuche im Leithagebirge sanften Tourismus auf die Beine zu stellen. Die Radwege dort sind ein Wahnsinn. Es ist nur mit den Eigentümern ein bisschen schwierig: die Bauern sind sich untereinander nicht einig, was sie wollen. Ich würde gerne Chalets mit Abstellplätzen für das Rad bauen, geführte Touren anbieten, dazu Spinning Rooms, wo man auch bei schlechtem Wetter trainieren kann. Mein Traum wäre es, aus dem Burgenland das Mallorca Österreichs zu machen – nicht was das Saufen betrifft natürlich, sondern das Rennradfahren.

Die Österreich Werbung versucht mit dem Slogan „If you like it, bike it“ Rad­ touristinnen und -touristen ins Land zu holen. Ist Österreich tatsächlich ein Fahrradland? Es könnte eines werden, wenn man In Südafrika gibt es weder Blunzn noch die Voraussetzungen dafür schafft. Bratlfettn, aber dir scheint es dort trotzdem gut zu gefallen, du verbringst Du hättest die richtigen Kontakte in Wirtschaft und Politik, um da etwas zu viel Zeit dort. Südafrika ist meine zweite Heimat. bewegen. Ich versuche es. Ich habe dort gelebt und gearbeitet, meine erste Hochzeitsreise habe ich

Leo Hillinger stieg 1990 in den überschuldeten Weinhandel seines Vaters in Jois ein, kaufte 1997 seine ersten Wein­gärten; heute gehören 90 Hektar Land sowie Shops und Bars zu seinem Imperium.

„Ein bisschen Achselschweiß müssen die anderen Teilnehmenden in Kauf nehmen“ „Die Radwege im Burgenland sind sehr gut – nur werden sie teilweise von Autofahrenden verwendet, die dort nichts verloren haben“

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 29

Lebensstil


„Ich halte das E-Bike für eine der besten Erfindungen der letzten Jahrzehnte“

Hast du das Gefühl, dass die Entschei­ dungsträger die Wichtigkeit des Rad­ fahrens verstanden haben und sich aus­ reichend für Radfahrende einsetzen? Bei uns im Burgenland auf jeden Fall. Gepaart mit Wein und Kulinarik ist Radfahren hier einer der wichtigsten ökonomischen Faktoren. Die Radwege sind hier sehr gut, am Wochenende sind sie voll. Es ist so schön, das zu beobachten! Nur werden sie teilweise von Autofahrenden verwendet, die dort nichts verloren haben – die Polizei müsste da viel härter durchgreifen. Fährst du lieber auf dem Radweg oder auf der Straße? Eher am Radweg. Nur am Wochenende, wenn die Radwege um den Neusiedlersee voll sind, nicht. Wenn ich dort mit meiner Partie mit Tempo-40 oder -45 daherkomme, gefährde ich andere. Ein E-Bike-Fahrer bist du sicher nicht, oder? Doch! Es gibt Leute, die sagen, „Geh bitte, du bist noch nicht im Alter für ein E-Bike“. Warum nicht? Mit dem E-Bike kann ich im Anzug zu einem Termin fahren. Auch um Grundlagenausdauer zu trainieren oder im Gelände ist ein E-Bike sensationell. Damit kann ich

stundenlang durch die Gegend fahren, ohne müde zu werden. Ich halte das EBike für eine der besten Erfindungen der letzten Jahrzehnte. Wie viele Räder hast du eigentlich? Das ist eine schwierige Frage. Ich sage immer: „Wenn du keine Geliebte hast, kannst du dir Räder leisten.“ Allein in meinem Haus in Südafrika habe ich vier Rennräder, zwei E-Bikes und vier Mountainbikes. Hier im Burgenland habe ich nur ein Mountainbike und ein Rennrad – aber bald kommen zwei neue dazu: das neue Tarmac und das neue Epic. Was ist wertvoller: dein Auto – oder dein Radfuhrpark? In Sachen Auto gibt es nicht viel Wert. Natürlich kostet eines meiner Autos mehr als alle Räder zusammen, aber die Autos bekomme ich von Sponsoren zur Verfügung gestellt. Und ich erledige alles mit dem Rad, ich fahre selten Auto. Das ist die gekürzte und bearbeitete Fassung eines Interviews für den Fahrrad-Podcast „Reich durch Radeln“ www.reichdurchradeln.at

Anzeigen

Lesestoff im Lockdown, Träumen von der großen Radreise: Jetzt DRAHTESEL schenken! www.drahtesel.or.at/abo

alles fließt in Mödling Fahrrad sicher parken und laden am Bahnhof Mödling WWW.SAFETYDOCK.COM

Drahtesel_89x134_2_2020.indd 1

22.10.2020 09:53:49


ARGUS Shop

Beratung | Reparatur | Service

Sie haben die Wahl! Von Farbe über

Bremsen bis zu Schaltung, Licht, Feder- oder Starrgabel, und Bereifung – wir stellen Ihr Fahrrad nach Ihren Wünschen zusammen. Kommen Sie einfach vorbei, wir beraten Sie gerne.

e“ Das „einfach ad ARGUS-Fahrr

1x12mit 1x9- bis ng u Gangschalt

SARGU ch Wuns d a Fahrr

Fahrradsocken „Tour de Green”

rWinte ng stu ausrü

10 €

t z e n ab 12 €

Unt

erh

el

ü mm

achts We i h n k s i d e e en gesch

Handschuhe

ab 25 €

Radlobby ARGUS-Shop Frankenberggasse 11, 1040 Wien, Mo–Fr 14–19 Uhr, Sa 10–14 Uhr Für mehr Informationen rund um die Radlobby ARGUS-Mitgliedschaft und Produkte rufen Sie uns an (01/505 09 07) oder besuchen Sie uns in der Frankenberggasse. Wir informieren und beraten Sie gerne! Bestellungen auch telefonisch, im Web oder per Mail. www.argusshop.org, shop@argus.or.at Bildrechte bei den Herstellern. Alle Bilder sind Symbolfotos, Farbabweichungen möglich, alle Angaben zu Produkten und Preisen vorbehaltlich Druck- bzw. Satzfehler, Angebote solange der Vorrat reicht. Alle Preise in Euro inkl. MwSt.


BÜCHER Lebensstil

Tour du Nord wilden Schottland, den einsamen Färöer-Inseln über das unberührte Island und die beeindruckenden Bergketten Grönlands, die russische Taiga in Kamtschatka bis zum Erzgebirge in Sachsen und Böhmen – dorthin führt uns Woggon und hält passende Tourtipps parat. Auch Einheimische kommen zu Wort und stellen ihre Lieblingsrezepte vor – Fernweh vom Feinsten.

Tobias Woggon und Thomas Lambertz (Texte); Philip Ruopp (Cover und Bilder) Tour du Nord: mit dem Mountainbike durch den hohen Norden Berlin: Gestalten Verlag, 2020 ISBN 9 978-3-89955-867-8 195 Seiten 30,80 Euro

Auf den schönsten Trails der ganzen Welt war der deutsche MountainbikeProfi Tobias Woggon in seiner Rennkarriere unterwegs. Doch das Kennenlernen von Land und Leuten kam ihm dabei viel zu kurz. Er kehrte dem Rennzirkus den Rücken, um mit seinem Mountainbike die Welt auch abseits der Trails zu erkunden: Gemeinsam mit Thomas Lambertz und dem Fotografen Philipp Ruopp präsentiert er in diesem imposanten Bildband seine Reisen in die unterschiedlichsten Landschaften der nördlichen Hemisphäre, erzählt von seinen Abenteuern und inspiriert uns zu eigenen (MTB-)Touren: Vom

Radrennsport auf kolumbianisch

Ein Schotte, eine Katze und die Welt

Österreichs schönste Radfernwege

Julius forscht – rund ums Rad

Mit seinem Sieg bei der Tour de France 2019 schrieb der 21-jährige Kolumbianer Egan Bernal Radsportgeschichte. Aus Kolumbien kommen immer wieder erfolgreiche Bergspezialisten. Die Begeisterung für das Radfahren ist groß, allerdings ist das Land von instabilen politischen Verhältnissen und wenig systematischer Sportförderung geprägt. Einfühlsam hat der Autor die Lebensgeschichten der Profis und das Engagement der Personen hinter den berühmten Namen recherchiert.

Mit der Ankunft der Katze Nala in Deans Fahrradkorb in den bosnischen Bergen endet abrupt die Idee einer zügigen Weltreise im Fahrradsattel: Nala wird zu Deans Kompass und Lehrmeisterin. Nalas Welt ist ein Fahrradreisebuch, das erstaunlich wenig von Fahrrädern und Länderbeschreibungen berichtet, dafür umso mehr von einer besonderen Freundschaft. Eine 300-seitige Liebeserklärung ohne Kitsch. Unbedingte Empfehlung für alle zwischen 9 und 99!

Rendell, Matt Colombia Es Pasión! Wie eine Generation kolumbianischer Radrennfahrer die Tour de France eroberte. Bielefeld: Covadonga Verlag, 2020 ISBN 978-3-95726-048-2 349 Seiten; 18,50 Euro

Nicholson, Dean Nalas Welt. Ein Mann, eine Straßenkatze und eine Freundschaft, die alles ändert Köln: Bastei Lübbe, 2020 ISBN: 978-3-404-61711-1 320 Seiten 12,40 Euro

Idyllische Gewässer und BergPanoramen wie auf einer Postkarte, weite Hügel und traumhafte Ausblicke: Österreich aus dem Fahrradsattel zu erleben, ist ein Abenteuer. Doch wohin? Entspannt einen Flusslauf entlangrollen? Seen erkunden? Oder in den Alpen Höhenmeter sammeln? Thorsten Brönner macht in der Neuauflage seines Buches – jetzt auch für E-Biker aktualisiert – Lust auf den Radurlaub: Fotos, Karten und detaillierte Streckenbeschreibungen laden zu Entdeckungsfahrten zwischen Bodensee und Neusiedlersee.

Radfahren macht Spaß, bringt uns schnell zu unseren Freunden – doch welches Rad ist das richtige für dich? Gemeinsam mit dem 10-jährigen Julius machen wir uns in diesem liebevoll gestalteten Kindersachbuch auf eine Entdeckungsreise rund ums Rad. Wie funktioniert die Gangschaltung? Wie heißen die Teile, die so ein Rad hat? Und wie lassen sich kleine Reparaturen durchführen? Julius stellt uns DIY- und Upcycling-Tipps vor, um das Fahrrad zu verschönern und alte Radteile weiter leben zu lassen. Nicht nur für kleine Radfans!

Bronner, Thorsten Österreichs schönste Radfernwege Graz: Styria Verlag, 2019 978-3-222-13640-5 224 Seiten; 25 Euro

König, Michael Julius forscht – rund ums Rad: forschen, entdecken, basteln München: Olivia Verlag 2020 ISBN 978-3-9814566-8-4 96 Seiten; 15,50 Euro

TOUR DU NORD

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 32

Mit dem Mountainbike durch den hohen Norden

Basta Biker

www.1bike1world.com Andrea Siegl

Omo Lisboa

Omo Lisboa

Omo Lisboa


Produkte & Technik Reparaturkolumne: So geht Schlauch wechseln Seite 33

Test: So funktioniert die Frischzellenkur für Akkus Seite 34

Schaufenster-spezial: Geschenke für Velophile Seite 36

REPARATURKOLUMNE

Nie mehr wieder auf dem Schlauch stehen Unser neuer Reparatur-Kolumnist befasst sich in seinem ersten Beitrag mit jener Reparatur, die wahrscheinlich am häufigsten vorkommt: dem Schlauchwechsel

D

ass der Fahrrad-Schlauch im vorletzten Jahrhundert erfunden wurde, zeigt sich nicht zuletzt beim Schlauchwechsel, einer zutiefst haptischen und analogen Angelegenheit. Es gibt mittlerweile viele Youtube-Tutorials dazu und Tipps online, aber auch im Jahr 2020 gibt es noch keine App, die den Schlauchwechsel für uns erledigen würde. Es gilt also, selbst Hand anzulegen. Doch was muss ich bei einer Reparatur beachten? Nachdem die Räder technisch immer hochwertiger werden, reicht es oft nicht, den Schnellspanner zu öffnen, die V-Brake auszuhängen und den Mantel von der Felge zu bekommen.

Foto: privat, Tubolito

Schlauchwechsel in drei Schritten Hier meine Tipps für einen Schlauchwechsel am Hinterrad: 1. Den Gang auf das kleinste Ritzel schalten, Achse lösen. Das Schaltwerk nach hinten ziehen und das Laufrad rausnehmen. 2. Den Reifen von beiden Seiten Richtung Felgenmitte drücken und mit einem Reifenheber über die Felge heben. Mit dem zweiten Reifenheber durch Verschieben entlang der Felge abziehen. In den Reifen greifen und das Ventil aus dem Felgenloch ziehen und Schlauch herausnehmen. Reifeninnenseite prüfen und abtasten, ob ein Fremdkörper drinnen steckt, Felgenband kontrollieren. Anschließend

Ein Schlauch ist nur so gut wie der dazugehörige Reifen. Empfehlenswert: gute Reifen mit Pannenschutz

einen neuen Schlauch nehmen (spart Arbeit und Nerven), der alte Schlauch lässt sich eventuell als Ersatzschlauch verwenden. 3. Reifen auf einer Seite in die Felge einfädeln. Den Schlauch leicht aufpumpen, Ventil ins Ventilloch stecken. Dann packt man den Schlauch zwischen Mantel und Felge. Den Reifen (wenn es geht) ohne Reifenheber in die Felge drücken und den Reifenwulst zur Felgenmitte schieben. Reifen aufpumpen und das Laufrad wieder einbauen. Achse fixieren. Ich empfehle, den Schlauchwechsel an einem verregneten Wochenende zu üben. Schlauchreifen vs. schlauchlose Zu beachten ist, dass ein Schlauch nur so gut ist wie der dazugehörige Reifen. Alle Markenhersteller bieten inzwischen gute Reifen mit Pannenschutz an. Ein klassischer Patschen ist damit

nahezu ausgeschlossen. Schlauchlose Reifen finden hauptsächlich im Sportbereich Verwendung. Dort ergeben sie auch Sinn, weil man sie mit weniger Luftdruck fahren kann, weil sie einen geringeren Rollwiderstand, mehr Grip und eine gute Pannensicherheit haben – durch die sogenannte Dichtmilch, die sich zwischen Felge und Mantel befindet. Eine Umrüstung vom klassischen System auf Schlauchlossystem ist nachträglich möglich, wenn Mantel und Felge ‚Tubeless Ready‘ sind. Pannenspray Die provisorische Lösung bei einer Panne ist ein Pannenspray. Wenn das Loch ein bis drei Millimeter groß ist, lässt sich die Panne schnell beheben, ohne den Schlauch wechseln zu müssen. Den Inhalt der Dose durch das Ventil sprühen, Luft nachpumpen und fertig. Zu beachten ist, dass die Haltbarkeit des so abgedichteten Schlauches bei zwei bis drei Monaten liegt. Fazit: Der beste Pannenschutz ist ein hochwertiger Schlauch, der lange die Luft hält, und ein guter Reifen mit Pannenschutz. Darüber hinaus empfiehlt sich zweimal im Jahr ein Fahrradservice, um mögliche Schäden festzustellen.

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 33

Wolfgang Leitner ist Eigentümer der IG-Fahrrad-Geschäfte in Wien


Frische Energie für die alte Batterie Unsere Autorin lässt den Akku ihres alten E-Bikes revitalisieren.

ERFAHRUNGSBERICHT: Elis Veit

D

ie Vorgeschichte: Ich verwende ein in die Jahre gekommenes E-Bike, ein „Winora 3rd Avenue“, ungeklärten Baujahres. Zugegeben, es ist schwer und eher ein Seniorenmodell – ich habe es vor einigen Jahren von einer alten Dame gekauft. Aber es ist ein solides Vehikel und leistet mir gute Dienste. (Ans Herz gewachsen ist es mir auch.) Es hat einen Akku im Ausmaß von ca. 30 x 13 x 6 Zentimeter, der 1.800 Gramm wiegt. Er ist zum Aufladen herausnehmbar – für den Betrieb schiebt man ihn unter dem Gepäcksträger ein. Ich wohne am Stadtrand von Wien auf einer steilen Anhöhe und arbeite ca. zwölf Kilometer entfernt. Die Fahrt dauert über Radwege fast 90 Minuten. Der Weg nach Hause geht lange

Ersatz für den altersschwachen Akku Die Problematik: Nun war es leider so, dass der Akku nach und nach immer schwächer geworden ist. Irgendwann konnte ich damit nicht einmal mehr die vier Kilometer Steigung vom Einkaufen nach Hause bewältigen. Die Suche nach einem neuen Akku verlief leider vergeblich: Mein E-Bike ist so alt, dass Akkus dafür nicht mehr erhältlich sind.

Fakten zur Akku-Reparatur RECHERCHE: Hannes Friedrich

wird. So ist z. B. der neue PowerTube625 von Bosch so gebaut, dass ein Zellentausch nicht mehr wirtschaftlich durchzuführen ist. Eine grundsätzliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Zellerneuerung bei einem Li-Ion Akku ist, dass die im Akku verbaute Elektronik (BMS) noch funktioniert. Viele Markenhersteller verwenden spezifische sogenannte Battery Management Systeme, die nicht als Ersatzteil verfügbar

— Reparaturmöglichkeit

Bei der Reparatur eines Akkus wird die Elektronik überprüft, gegebenenfalls erneuert und die Zellen werden in den meisten Fällen getauscht. Die Akkuhülle bleibt die Alte. Leider kann nicht jeder Akku repariert werden. Die Reparierbarkeit ist leider kein Entwicklungsziel der Hersteller. Man gewinnt den Eindruck, dass diese sogar bewusst erschwert bzw. unmöglich gemacht

sind. Eine Reparatur dieser Platinen ist meist nicht möglich.

— Reparaturdauer

In etwa ein bis vier Wochen, dazu kommen noch eventuelle Versandzeiten.

— Akkustärke

Ausgehend von unserem Testmodell mit 10 Ah (Amperestunden) werden am

Anzeigen

Jetzt: DRAHTESEL-Abo schenken / Ausgabe 37. Jahrgang

Wien Wahlkompass Parteien für Wie sich die en ren einsetz das Radfah

Heißer Herbst die Endspurt für für Wien Initiative Platz Seite 17

Seite 8

Das öst erreic his ische

Das österreich

3 / 2020

Was jetz gutes Auge Erwartu t, Wien? Starke Beine, raf öt! rtfotog rosarote ngen Tröt-Tr ng,an w Radspo eine ESEL- Fah Kingeli rlässige Verkehrs im Intervie Seite 8 große Stiller DRAHT Tötung poli nWarBengt Der um Tod tik -Glocke 40 mildSeite Test der Fahrrad Leo Hill e Stra eslenker oft fen beko Seite 10 M Seite 30 Der rade inger mmen – Zlgnr.: 02Z033821 mt 1040 Wien im Drah lnde Wein P.b.b. Verlagsposta papst Seite 28 tesel-Intervi ew

gazin Fahrradma

P.b.b. Verlags

37. Jahrga

ng / Ausgab

Liegend zum Mat Über Schw terh mit dem eizer Päss orn Seite 40 Liege-Trike e e 4 / 2020

postam

t 1040

che Fah

rradm

agazin

Fahrr a ist im dsaison mer

Wie Rad sicher fahrende und war den Win m ter kom durch men

Wien –

Zlgnr.:

02Z03

3821M

W IN T ER - S ER VIC E AKT IO N 1. N O V – 28. F EB €55,– GROSSES SERVICE €109,– FAHRRADREINIGUNG €15,– KLEINES SERVICE

statt € 75,– statt € 145,–

drahtesel.or.at/ geschenkabo

Wenn dertzt Kragen pla hr im Straßenverke hat Menschen zu tun Warum sich lanung damit was Stadtp ärgern und

statt € 25,–

Praterstr. 29, 1020 Wien +43 1 26 45 381 www.roadbiker.at

Fotos: Christian Schneider

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 34

Elis Veit betreibt den Original Wiener Praterkasperl

steil bergauf, weshalb ich nach einem anstrengenden Arbeitstag sehr die Unterstützung des E-Bikes schätze. Ich benütze das Fahrrad auch für meine Arbeit und kleine Transporte. Im Schnitt lege ich an einem Arbeitstag 30 Kilometer mit dem E-Bike zurück.


Produkte & Technik

Markt Umrüstungen bis auf 17,5 Ah angeboten. Je mehr Amperestunden ein Akku hat, desto länger ist aber auch seine Ladezeit.

— Kosten

Je nach gewählter Kapazität liegen die Kosten zwischen 250 und 399 Euro.

musste ich einen Monat ohne mein EBike auskommen.

— Versand

— Hinweis

Der Versand von Akkus ist ein großes Problem. Auf Anfragen bei DHL, UPS, TNT und der Post haben wir leider nur Absagen bezüglich einer Versandmöglichkeit für Privatpersonen bekommen. Die Firma „Smakku“ aus Kiel beauftragte schließlich doch DHL mit der Abholung von unserem Shop, wir mussten noch einen Gefahrengutaufkleber anbringen.

Bewährt sich die Revitalisierung? Der Akku ist optisch der Alte. Aber die Leistung hat sich seit der Revitalisierung enorm gesteigert. Eine Akkuladung reicht jetzt für zweimal In-dieArbeit-Fahren und wieder zurück. Fazit: Der Zellentausch hat sich wirklich ausgezahlt. Das E-Bike musste nicht entsorgt werden, der neue Akku ist stärker als der Original-Akku. Eine nachhaltige, noch dazu erschwingliche Investition.

Viele Akkuschäden entstehen durch falsche Handhabung. Ganz wichtig ist etwa, das passende Ladegerät zu verwenden. Sollte der Stecker eines anderen Ladegerätes passen, heißt es noch nicht, dass auch die technischen Daten (Spannung, Ladestrom) die richtigen sind. smakku.de

Anzeigen

REPARIEREN STATT WEGWERFEN Wir reparieren Akkus mit Lithium-Ionen Technik für E-Bikes, Pedelecs, E-Scooter und andere Elektrofahrzeuge. IonCycle e.U. - Ihr gewerblicher Spezialist für Reparaturen von Lithium-Ionen Akkus im Bezirk Tulln (NÖ). Ing. Peter Lengauer, BSc. Termin nach tel. Vereinbarung: 0681 81 43 63 53 www.ioncycle.at

Akku defekt?

Wir helfen Ihnen!

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 35

Eine Revitalisierung älterer E-Bike-Akkus ist möglich, wenn Zellen getauscht werden können.

Mir wurde ständig geraten, doch ein neues E-Bike zu kaufen. Aber es widerstrebt mir sehr, gleich immer alles wegzuwerfen, zumal mein Fahrrad vollkommen in Ordnung und solide ist, sicher noch viele Jahre hervorragend funktionieren wird. Dazu kam, dass ich als Theaterbetreiberin seit der CoronaPandemie kaum mehr ein Einkommen habe und der Kauf eines neuen E-Bikes nicht in Frage kam. Plan B: Es musste also eine Firma her, die den Akku revitalisiert. Mit sachkundiger Unterstützung des ARGUS-Shops stieß ich tatsächlich auf das Unternehmen „Smakku“ aus Kiel, das Akkus erneuert. Es dauerte vom 16. Juli bis 20. August, bis das Unternehmen meinen Akku nach der Frischzellenkur wieder retournierte. Insgesamt


Das DRAHTESEL Schaufenster

A Radtour vor der Haustüre 24 Radtouren in und um Wien finden sich im bikeline Radtourenbuch kompakt „Rund um Wien“. Direkt vor der Wohnungstüre beginnt die Tour: etwa ins Thermenland, in den Nationalpark Donauauen, rund um den Bisamberg oder zur Burg Kreuzenstein. esterbauer.com

Gesehen im Argus Shop Frankenbergg.11 1040 Wien um 8,90 Euro

Thule Paramount Backpack 27L Die Rucksäcke der Thule Paramount Kollektion bestehen aus wetterfesten Materialien und einem robusten Boden und halten allen Anforderungen des täglichen Radwegs in die Arbeit bzw. in die Schule stand. Erhältlich in den Farben Wood Thrush, Olivine und Black. thule.com

Gesehen im Fachhandel um 155,92 Euro

B

E

Kompakt, leicht und hell Von Lezyne kommt dieses kompakte LED-Fahrradlichter-Set. Aufladbar über Micro USB sind die Lichter robust, minimalistisch und wasserabweisend. Beeindruckend die Lichtstärke: bis zu 15 Lumen für die Vorderleuchte, fünf Lumen für das Rücklicht. Die Weitwinkellinse bietet 270 Grad seitliche Sichtbarkeit.

GLUG Edelstahlflasche Der Kinderfahrradhersteller woom aus Klosterneuburg bringt mit der GLUG eine Flasche aus hochwertigem, schadstofffreiem Edelstahl auf den Markt, die speziell für die engen Platzverhältnisse am Kinderrad entwickelt wurde: dank der Side-ClipBauweise kann die Trinkflasche einfach von der Seite eingeschoben werden.

C

B

ig-fahrrad.at

woombikes.com

Gesehen im IG-Fahrrad Shop Westbahnstr. 28 1070 Wien um 39,90 Euro

Gesehen im Fachhandel um 22 Euro

D

F C Wetterschutz für kleine Passagiere Der taiwanesische Hersteller Tern entwickelt spezielle Mobilitätslösungen für den Alltag. Ein Beispiel dafür ist das – gerade erst überarbeitete – E-Kompakt-Cargobike GSD. Für ebendieses gibt es ab 2021 ein modulares Zubehörsystem für die wettergeschützte Mitnahme von Kindern und Gepäck: Die Storm Box und das Storm Shield.

Fahrradtasche und Shopper MONTREAL Das Modell MONTREAL ist eine Fahrradtasche für Damen und Herren. Sie besteht aus hochwertigem wasserabweisenden Canvas. Auch der Reißverschluss, der das Hauptfach verschließt, ist wasserabweisend. Der abnehmbare Schultergurt, die Tragegriffe und die Details bestehen aus weichem Echtleder.

F

Gesehen bei zimmer-fahrradtaschen.de um 116,- Euro

ternbicycles.com/de/

Gesehen im Fachhandel ab 2021 um jeweils 219,95 Euro

E

A

Das DRAHTESEL-Schaufenster entsteht in Kooperation mit den Herstellern; Fotos: Hersteller

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 36

D


Orcas Kettenbriefe

Produkte & Technik

Es war einmal eine Einbahn Dies ist eine Einbahnstraße. Die Richtung gibt den Fluss vor. Eine Straßenbreite. Abseits der parkenden Autos wird der restliche Platz markiert. Dahinter, davor und daneben zwischen Seitenspiegel und Häuserwand ein wenig Gehsteig. Fußverkehr in zwei Richtungen ist nicht vorgesehen. Ein aneinander Vorbeiquetschen von Kinder- und Einkaufswägen und den zu spazierenden Hunden. Abstandhalten die Vorgabe. Die Gedanken an das Ziel die Scheuklappen. Aufeinander schauen und achtgeben ein selten gesehenes Bild. Wenig Platz für viele Menschen. Dies ist eine Einbahnstraße, die ich jahrelang gegen die Richtung gefahren bin. Für die Zeitersparnis, für den kürzeren Weg. Mit dem Wissen, gegen die Verkehrsordnung zu pedalieren. Ein Stück mehr Platz für mich und das Rad zu reklamieren. Wachsam bin ich eingebogen, habe kontrolliert, ob es ge-

nügend Platz gibt, ob gerade kein Auto kommt und wenn eines kam, so habe ich mich an die parkenden gedrückt, um dem Grant keine Einladung zu bieten. Manch ein Kopfschütteln habe ich geerntet. Zurechtweisungen erlebt. Beengt wurde ich auch. Dies ist eine Einbahnstraße. Seit neuestem ist sie für Radfahrende geöffnet. Ein Schleichweg weniger, dafür der Öffentlichkeit zugänglich und sichtbar. Die parkenden Autos sind nicht weniger geworden, der Gehsteig nicht breiter. Aber etwas hat sich trotzdem verändert. Dies war eine Einbahnstraße. Zur Spielstraße braucht es noch ein Stück Geduld. Ich pedaliere weiter und freue mich auf weitere Veränderung.

Clara „Orca“ Felis ist Radbotin, Buchhändlerin und schreibt. In ihrer Glosse berichtet sie aus dem Straßendschungel zum Wortmeer

Anzeigen

STEHEN GESUND

SITZEN

& ARBEITEN

ONGO® Spark bringt Bewegung an Ihren Arbeitsplatz. Der Steharbeitstisch ist ganz ohne Strom höhenverstellbar. Eingebaute Rollen und geringes Gewicht machen ihn mobil.

DU BIST RADBEGEISTERT UND SUCHST EINEN JOB?

Ideal für Home Office und als mobiler Schreibtisch.

... dann bewirb dich jetzt unter coop@fahrrad.co.at

Um nur 648 € inkl. Versand. Mehr Infos www.

.at

Wir suchen Verstärkung für Verkauf und Werkstatt!


Tour & Reise Klassisch: Vintage-Tour durch die Wachau Seite 39

Steil: Liegend zum Matterhorn Seite 40

Energetisierend: Die Volt-Waldviertel-Runde Seite 44

— Anreise Mit der Bahn, beispielsweise bis Lienz und dann per E-Taxi — Unterkunft z.B. im Hotel Lärchenhof am Katschberg www.laerchenhof-katschberg.at

— Radverleih z.B. Lärchenhof am Katschberg — weitere Verleiher

— weitere Infos zum Klimaberg www.der-klimaberg.at

Schneeradfahren am Katschberg Unsere Autorin radelt mit dem E-Mountainbike über verschneite Pfade und geht den Begriffen „Klimaerde“ und „CO2-Negativität“ auf die Spur.

Tiefwinterliche Verhältnisse: Machbar mit dem E-Mountainbike

BERICHT: Ines Ingerle

E

s hätte ein gepflegter Wochenendausflug werden sollen: EMountainbikes testen und die Trails am Katschberg erkunden. Das an der Grenze zwischen Kärnten und Salzburg gelegene Urlaubsgebiet will sich als Best Practice-Modell für klimafreundlichen Tourismus positionieren. Es lockt unter anderem mit Radwegen für Genuss-Fahrten im Tal und Mountainbike-Strecken am Berg für die sportliche Herausforderung. „Klimanegativ“: was soll das heißen? Ärgerlich nur, dass ein kurzfristiger Wintereinbruch meine Pläne einigermaßen über den Haufen warf. Zwei Tage zuvor war ich in Wien noch bei sommerlichen Temperaturen kurzärmlig auf dem Rad gesessen, nun erwartete mich am Katschberg ein hal-

ber Meter Neuschnee. Immerhin blieb so mehr Gelegenheit, herauszufinden, was die Region Katschberg meint, wenn sie verspricht, bis 2030 nicht nur klimaneutral, sondern sogar „CO2negativ“ zu werden. Ich lerne: CO2-Negativität schafft man, indem man der Atmosphäre CO2 entzieht. Katschberg möchte das mithilfe von „Klimaerde“ schaffen, die CO2 speichert und behält. Vereinfacht gesagt ist „Klimaerde“ Erde, in die Holzkohle eingestreut wird. Die wiederum entsteht, indem man Holz sozusagen röstet, anstatt es zu verbrennen: So können Wasser und Gase zur Wärme und Energiegewinnung genutzt werden – während das CO2, das der verarbeitete Baum aus der Atmosphäre gespeichert hat, nicht wieder freigesetzt wird, sondern als Holzkohle zurück bleibt. Diese kann man wieder in den Boden einarbeiten.

Genau das passiert am Katschberg: In Hochbeeten, auf Flachdächern, Skipisten, in Pferde- und Hühnerställen. Fast alle Betriebe der Region beteiligen sich inzwischen an diesem Projekt. Mountainbiken im Schnee Was das Mountainbiken angeht: Ich habe mich letztlich dann doch auf den Berg gewagt. Mit elektrischer Unterstützung und wenig Luft in den Reifen glitt ich ziemlich flott durch den weichen, weißen Untergrund. Ein gutes Gefühl. Kann man durchaus weiterempfehlen. Offenlegung: Dieser Bericht entstand aus einer organisierten Pressereise. Die Kosten für die Unterkunft unserer Autorin wurden vom Hotel Lärchenhof übernommen.

Foto: Ines Ingerle

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 38

www.katschberg.at/de/ radfahren-ebike.html


Vintage ohne Francesco Wolle statt Polyester, Plaudern statt Leistungsdruck: Die Vintage Tour Wachau war eine der wenigen Rennrad-Veranstaltungen, die 2020 in Österreich stattfinden konnten. BERICHT: Georg Moehrke

Asphalt und Schotter

Fotos: Tobias Jungmeier, Stephan Verena und AMI-Promarketing

Die Radtour führte zu einem großen Teil über verkehrsberuhigte Asphaltstraßen und Schotterpassagen durch das UNESCO-Weltkulturerbe Wachau bzw. die Rieden des Weinbaugebietes Traisental. Vorbei an Weingärten zur Wetterkreuzkirche auf dem Schiffberg, nach Maria Ellend mit Aussicht auf Stift Göttweig. In St. Lorenz, dem westlichsten Punkt der Tour, passier-

ten die Teilnehmenden die historische Kirche, aber auch eine aufsehenerregende Skulptur, die „Wachauer Nase“. Als der Star der Veranstaltung hatte sich ursprünglich die italienische Radsportlegende Francesco Moser angekündigt. Nach dessen kurzfristiger Absage sprang für ihn der ehemalige deutsche Rad-Profi Dietrich „Didi“ Thurau ein. Während Thurau (Jahrgang 1954) und zahlreiche weitere Radsportlegenden an der Spitze ihre hohe Fitness unter Beweis stellten, ging es weiter hinten im Feld entspannter zu. Selbst beim Bergauffahren hatte ich keine Probleme, das eine oder andere Gespräch zu führen.

vintage-tour.at inveloveritas.at

Edle Stahlrösser Wie bei anderen Retro-Veranstaltungen gibt es auch bei der Vintage-Tour Vorgaben, was das Alter und die Ausstattung der Fahrräder betrifft. Für die Wachau sind Räder bis Baujahr 1990 erlaubt, Stahlrahmen sowie Aluminium- & Carbonrahmen sind zugelassen. Schalthebel müssen am Rahmen angebracht sein und Bremsseile frei am Lenker verlaufen. Nicht zugelassen sind Clickpedale und Laufräder mit Hochprofil. Bei fast 30 Grad machte die Labestation im schattigen Dunkelsteiner Wald mit Marillensaft, Mineralwasser und Bananen ihrem Namen alle Ehre. Für alle erfolgreichen Tour-Bezwinger lockten in Mautern dann Marillenknödel.

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 39

F

ür Freunde klassischer Stahlfahrräder und gepflegter RennAtmosphäre ohne übertriebenen Leistungsdruck haben sich auch in Österreich in den letzten Jahren immer mehr Veranstaltungen etabliert. Eine davon ist die Vintage Tour Wachau, die heuer am 13. September stattfand. Insgesamt 61 Kilometer und 654 Höhenmeter mussten die 200 Teilnehmenden bewältigen. Zeitmessung gab es keine, dafür einen ausgeprägten Fokus auf die kulinarischen Spezialitäten der Region. An einem strahlenden Spätsommermorgen ging es in der ehemaligen Römergarnison Mautern los: Ein entspanntes Aufeinandertreffen von Fahrradbegeisterten ohne allzu übertriebenes Konkurrenzdenken (es sei denn, es ging um die wertvolleren und schöneren Details am Oldtimerbike!), dafür mit jeder Menge guter Laune, trotz der dezent, aber dennoch wirkungsvoll gesetzten Covid-Maßnahmen des Veranstalters.

Blick über das Donautal, Start in Mautern


Tour & Reise

Besser mit dem geschlossenen Dach Unser Autor radelt 1.012 Kilometer von Wien-Hernals bis zum Matterhorn. Mit dem Liegerad

REISEBERICHT: Pedro Shahin Acarbas

Gesamtkilometeranzahl

1.012

Gefahrene Höhenmeter

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 40

5.339

Liegerad der Marke „Performer“ Gesamtgewicht samt Gepäck und Dach

38 kg

Ausstattung VELTOP Wind- und Regenschutz, Airzound Hupe, Hornit db140 Hupe, Scheibenbremsen vorne, Rahmentasche, 3 Radtaschen, 4 Stück Scheinwerfer vorne, 3 Stück Hinterrücklichter, Liegeradsitzpolster, Fahrradcam Packliste Zelt, Schlafsack, 2 auf­blasbare Polster, Schnellkochplatte, Kaffeemühle, Espressokocher, eine Packung Anzünder, genügend Regenschutz, 3 Fahrradhosen, Bergschuhe, Flip-Flops, FiveFingers, Laptop, 2 Bücher, eine kleine Werkzeugtasche, 3 Ersatzmäntel, 2 Schläuche (alle musste ich verwenden), Sonnencreme, Vitamin B12 Nahrungsersatzmittel, Toilettenpapier

A

ls gebürtiger Tiroler habe ich seit meiner Kindheit den überwiegenden Teil meiner Freizeit in den Bergen verbracht. Zurzeit arbeite ich als leidenschaftlicher Schulpädagoge in einer Wiener Integrativschule. Und nach wie vor zieht es mich ins Gebirge: mal mit, mal ohne Fahrrad. Auch in diesem Jahr war die Sehnsucht wieder groß. Als mich meine Schülerinnen und Schüler nach meinen Plänen für den Sommerurlaub fragten, musste ich dann auch nicht lange überlegen: ich würde – sagte ich ihnen – mit dem Fahrrad in die Schweiz fahren. Kurz nach Schulschluss machte ich mich auf den Weg.

sonnigen Himmel, streckte sich entlang der bunten Ackerlandschaft, die breiten Fahrradwege und die verschiedensten Insekten machten meine Reise ebenso interessant wie unterhaltsam. Wieder bewährte sich mein Verdeck: nämlich als Schutz vor dem Insektenansturm. Das Wetter spielte mit, den ersten Regentag auf meiner Reise genoss ich im wunderschönen Allgäu im Kurort Isny. Dort besuchte ich auf einem Bauernhof ein befreundetes Paar, das gerade ein Baby bekommen hatte. Zwei Tage durfte ich mit ihnen dort verbringen. Stufen und enge Unterführungen

Vehikel der Wahl: ein Liege-Trike Als Fortbewegungsmittel wählte ich mein Liege-Trike samt 38 kg schweren Fahrradtaschen mit Camping- und Kochausrüstung und Verdeck gegen Wind und Regen. Schon am Donauradweg, dem ersten Teilstück meiner Reise, bemerkte ich, dass es eine kluge Entscheidung gewesen war, das Verdeck mitzunehmen. Mit geschlossenem Dach ging es um bis zu 25 km/h schneller voran. Trotz der Empfehlungen, einen E-Motor anzuschließen, hatte ich mich für die reine Muskelkraft entschieden. Auch ohne Zusatzmotor schaffte ich auf dem Liege-Trike am ersten Tag meiner Reise 145 Kilometer. Die Strecke begann in Wien-Hernals, ging nach Passau, über West- und Ostbayern, das Allgäu und weiter ins Ländle. Die Route über Deutschland wählte ich auch deswegen, weil auf dieser Strecke die wenigsten Höhenmeter anfallen. Wie kann man eigentlich den Donauradweg bis nach Linz beschreiben? Der Abschnitt bis Passau war fürs Liegerad weit und breit genug, im Gegensatz zum deutschen Teil bis Vilshofen. Die blaue Donau, begleitet durch den

Zwischen Passau und Vilsbiburg wurde die Radinfrastruktur leider im Großen und Ganzen vernachlässigt, wiederum musste ich oft auf Bundesstraßen und teilweise auch auf Schnellstraßen meine Reise fortsetzen. Außerdem traf ich am Donauradweg nach Vilshofen auf drei Fahrradunterführungen mit ca. je zehn Stufen. Die Breite dieser Unterführungen reichte leider nicht für mein Liegerad aus. Nicht nur fahrradunfreundliche Wege, sondern auch die Lkw-Kolonnen störten mich enorm, vor allem wenn ein paar LkwFahrende zu hupen begannen. Im Liegerad fühlt sich so ein Lkw, der knapp hinter dir fährt, noch bedrohlicher an. Gefährliche Lkw Die Bedrohung ist dabei sehr real, wie sich bald zeigen sollte: Als mich einmal ein Lkw überholen wollte, machte der Fahrer plötzlich direkt neben mir eine Vollbremsung und ordnete sich dann wieder hinten ein, weil im selben Moment das Auto hinter dem Lkw zum Überholen angesetzt hatte. Bei Kempten zeigte sich dann auch die große Schwäche des schwer bepack-


1

3

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 41

2

4

1

4

Campingplatz Passau Zelt bei Regen an der Ilz

Linz Voest-Alpine-Romantik, leider mit hohem CO2-Anteil

2 Schlögen Hier die Donau zu betrachten, wird niemals langweilig 3 Fiesch Keine leichte Entscheidung: Velo- oder Wanderweg?

Fotos: Pedro Shahin Acarbas

5

6

5 Isny Erstbesteigung in Isny bei 35 Grad 6 Weißhorn/Zermatt Am Berg braucht man die Ruhe und einen Schluck Matetee


Passau Linz Haberskirchen

DE UTSC H LAN D

Tour & Reise

München Lindau (Bodensee)

SC H W E I Z

START

Ybbs an der Donau

Wien Hernals

Isny im Allgäu

Vaduz (LI) Chur

I TALI E N

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 42

Zermatt

ten Liegerades: Steigungen. Je stärker der Anstieg, desto niedriger wird die Geschwindigkeit, bis man irgendwann schieben muss. Ich begann zu ahnen, dass die große Herausforderung auf mich erst nach Vorarlberg und Liechtenstein wartete. In Lustenau kam ich auf den RheinRadweg. Von dort ging es dann Richtung Schweiz. Bevor mir die erste Passstraße begegnete, machte ich zufällig in Maienfeld, dem Heimatort von Heidi und ihrem Großvater Almöhi, eine Kaffeepause und konnte dort zum ersten Mal ein wenig Rätoromanisch hören. Die wunderschöne Rheinschlucht begleitete mich mehrere Stunden lang. Für ca. drei Kilometer Passstraße brauchte ich mehr als drei Stunden. Auf der Passstraße von Bonaduz war ich nach ein paar Kurven völlig erschöpft. Ich musste oft aussteigen und das Rad stundenlang hinaufschieben. Die Wetterbedingungen machten alles noch schwieriger, sodass ich nicht nur einmal aufgeben und umdrehen wollte. Mit Wölfen durch die Nacht Der Name des Kantons Uri kommt vom lateinischen Wort „Urs“ und bedeutet Bär auf Rätoromanisch. Hier lebten bis vor ein paar Jahren tatsächlich Bären, allerdings ist die Landschaft mittlerweile ein perfekter Platz für Wölfe. Ich radelte auch im Dunkeln und ich muss ehrlich gestehen, dass mir das einen besonderen Nervenkitzel bescherte. Einmal, während einer schnellen Abfahrt, war ich mir fast sicher, dass ich das rötlich leuchtende Augenpaar eines Wolfes im Unterholz neben der Straße gesehen hatte. Auf der Oberalpseepassstraße musste ich nach drei Serpentinen die Fahrt abbrechen, denn es war mir konditionell und psychisch aufgrund des dichten Verkehrs unerträglich, die Steigung zu bewältigen. Ich fand in der nächstgelegenen Ortschaft einen Bahnhof auf 2.044 Meter Seehöhe. Als ich am Bahnhof in erschöpftem Zustand

mit meinem Gefährt ankam, muss ich das Mitgefühl der Schalterbeamtin geweckt haben: Nachdem das Liege-Trike in keinen normalen Zug gepasst hätte, bot sie mir an, mit dem Autoreisezug mitzufahren. Kostenlos! So legte ich die Passstraße zwischen den Kantonen Uri und Wallis – der Furkapass ist berühmt als Schauplatz für einige Szenen aus dem James-BondFilm „Goldfinger“ – mit dem Zug zurück. Die Qualität der Schweizer Bahn muss man an dieser Stelle loben: ihr Service ist so viel besser als bei den Bahnen in anderen Ländern. Der Jungfrau-Aletsch-Gletscher In der Ortschaft Fiesch besuchte ich den Jungfrau-Aletsch-Gletscher, den größten Gletscher der Alpen. Einfach atemberaubend! In Visp angekommen, musste ich mit Entsetzen feststellen, dass sich meine finale Etappe über 38 Kilometer mit einer Steigung von durchschnittlich zwölf Prozent hinziehen würde. Als noch dazu starker Regen einsetzte, musste ich eine Stunde lang pausieren – übrigens gleich neben der verlassenen Bergliftstation Hannigalp. Insgesamt benötigte ich für die Strecke dann fünf Stunden. Meine Freude bei der Ankunft war unbeschreiblich groß. Nach elf Tagen und sieben Stunden, nach 1.095 Kilometern und insgesamt 6.824 Höhenmetern (davon gefahren: 5.339 Höhenmeter), erreichte ich die Ortschaft Zermatt. Für mich bedeutete es, einen Kindheitstraum verwirklicht zu haben: das mächtige Matterhorn aus der Nähe zu betrachten (und nicht bloß auf einer Toblerone-Verpackung).


Lesen Sie jetzt um nur € 29,–

Dazu erhalten Sie als Geschenk die Kaffeeselektion Schwarze Magie* für genussvolle Lesestunden.

Sie lesen 5 Ausgaben von DATUM zum Sonderpreis von EUR 29 ,–. Zusätzlich erhalten Sie als Geschenk die Kaffeeselektion Schwarze Magie. Wenn Sie nach der vierten Ausgabe nicht kündigen, erhalten Sie DATUM weiterhin zum regulären Jahresabopreis. Eine kurze schriftliche Mitteilung an ab0@datum.at reicht aus. *Die Schwarze Magie ist die exklusive Kaffeeselektion des neuen kraus café-bar gleich neben der DATUM-Redaktion im zweiten Wiener Bezirk, benannt nach dem österreichischen Schriftsteller, Publizisten und Satiriker Karl Kraus. Mehr dazu unter www.daskraus.at.

Jetzt bestellen unter :

datum.at / abo oder 01/ 361 70 70 - 588 Oder schreiben Sie uns einfach ein E-Mail an: abo @ datum.at

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 43

Tour & Reise


Schön und energieaufwändig: die „Volt“-Radrunde

Tour & Reise

Die 128 Kilometer lange und sehr hügelige „Volt“-Radrunde durch das Waldviertel ist etwas für Konditionsstarke und E-Biker.

BERICHT: Julia Beckel

W

Neupölla Stausee Ottenstein Krumau am Kamp Rastenfeld

Tautendorf Gföhl

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 44

Großreinprechts

Julia Beckel arbeitet für den Arbeitskreis Radtourismus der Radlobby Österreich

www.radtourismus.at www.kampseen.at https://www.waldviertel.at/akampseen-volt-radrunde

oher der Name „Volt-Radrunde“ kommt, ist nicht restlos geklärt. Kann sein, dass das Kraftwerk beim Ottensteiner Stausee die Inspiration geliefert hat. „Volt“ gibt allerdings auch einen Hinweis darauf, dass man zum Bewältigen der ebenso schönen wie hügeligen Strecke ganz schön viel Energie benötigt. Die Route ist auf ihrer Hauptstrecke 128 Kilometer lang, wobei mindestens 1.740 Höhenmeter zu bewältigen sind. Der offizielle Start der als Runde konzipierten Radroute ist in Rastenfeld, natürlich kann man aber überall entlang der Strecke einsteigen. Die „Volt“-Runde führt durch die abwechslungsreiche hügelige Landschaft des Waldviertels mit Wäldern, Feldern, Streuobstwiesen und durch Dörfer und Siedlungen. Nicht zu vergessen vorbei an den Kampseen Ottensteiner-, Dobra- und Thurnbergsee. Darüber hinaus laden Schlösser, Museen und sonstige kulturelle Besonderheiten – etwa der Karikaturengarten in Brunn an der Wild – zur Besichtigung. Schwung mitnehmen Wie schon angesprochen ist die Strecke sehr hügelig. Wer weniger Ausdauer mitbringt, sollte für die Strecke ein Mountainbike oder E-Bike wählen. E-Bike-Ladestationen wurden bei der Konzeption der Radroute mitgedacht; es könnten allerdings mehr sein. Ebenso ist es möglich, Räder auszuleihen. Offizielle Befahrung Zweimal durften wir (das sind unser Befahrer Alex Kubik und ich, in Zusammenarbeit mit Christian Schrefel) die Radrunde befahren: einmal gemeinsam mit Mitarbeitern der verschiedenen Gemeinden für die Planung der Beschilderung. Da wir diese Art der Befahrung aus Radfahrendensicht machen, ist uns wichtig, dabei auch auf etwaige Gefahrenstellen aufmerksam zu

machen und Tipps für eine Verlegung oder Entschärfung (z.B. durch Warnhinweise) zu geben. Eine besonders gefährliche Querung über die breite Bundesstraße wurde auf unseren Rat hin verlegt, es wurde eine schöne Alternative über eine kleine Brücke gefunden, die nur wenige hundert Meter Umweg bedeutet. Was die Belagsbeschaffenheit angeht, zeigte sich, dass die Radroute, so wie die meisten Radrouten im Waldviertel, auf gut befahrbarem Asphalt von Straßen mit wenig Verkehr führt. Mit Ausnahme einiger weniger Kilometer, die ausbesserungsbedürftig waren. Störender waren die Verschmutzung durch Rollsplitt oder Landwirtschaft auf vielen Teilen der Strecke. Besonders, wenn es dauernd bergab und bergauf geht, wie bei dieser Runde, erhöht das die Rutsch- und Sturz-Gefahr. Es ist also wichtig, dass die Gemeinden regelmäßig darauf achten, dass die Strecke gesäubert wird. Wetter im Waldviertel Bei unseren Befahrungen lernten wir die extremen Witterungsbedingungen des Waldviertels kennen: einmal Frost und dichten Nebel, sodass wir ohne die Mitfahrenden aus der Region die Route nicht gefunden hätten, und einmal die sengende Hitze im Sommer. Auch wenn es immer wieder Gastronomie gibt, war es gut, viel Wasser dabei zu haben. Da die Route ziemlich neu ist, gab es zum Zeitpunkt der Befahrung noch kaum Rastplätze. Mittlerweile gibt es einige davon. Anreise mit der Bahn Möchte man mit der Bahn anreisen, geht das über Gars am Kamp oder Thunau am Kamp, von Wien oder St. Pölten. Die Runde ist von allen diesen Bahnstationen gut erreichbar.


Die hügelige Strecke macht es erforderlich, sich in einer der Waldviertler Gaststätten zu laben.

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 45

Zumeist verläuft die Route auf Asphaltstraßen mit wenig Verkehr.

Briefe aus der Ferne

Fotos: Julia Beckel, Ruth Eisenreich

Dieses Mal: Hamburg

Warum hat eigentlich noch niemand ein flugtüchtiges Mountainbike mit Flutlicht-Scheinwerfern erfunden? Es wäre das perfekte Fahrrad für Hamburger Radwege. Entlang der Holstenstraße zum Beispiel, einer Hauptverkehrsachse, die von der Reeperbahn aus den Stadtteil Altona durchquert: Dort könnte man damit nicht nur den ersten Teil der Strecke sicher bewältigen, wo das, was hier Radweg heißt, sich vor allem durch Schlaglöcher, Baumwurzeln, fehlende Bodenplatten und völlige Dunkelheit auszeichnet; sondern auch die Teilstrecke weiter nördlich, wo ein schöner, breiter Radweg meist von illegal parkenden Autos in Beschlag genommen wird. Radwegparken ist ohnehin mindestens so sehr Teil des Hamburger Kulturerbes wie Franzbrötchen, Astra und der Hafen. Und so kaputt wie der Bodenbelag der Radwege ist auch das Miteinander im Verkehr: Radfahrende, die Autofahrenden gegenüber nicht das Recht des Stärkeren gelten lassen, müssen sich auf Beschimpfungen der

derbsten Art gefasst machen. Viele weichen auf Gehwege aus, nicht immer rücksichtsvoll. Originell ist, wie vielerorts Radwege gekennzeichnet werden – gar nicht nämlich, jedenfalls nicht mit Piktogrammen. Als Neuling in der Stadt kann es dauern, bis man versteht: Der Teil des Gehsteigs mit dem roten, extra rauen Bodenbelag, das ist der für Radfahrende vorgesehene Platz. Immerhin: Wo Radwege und -streifen neu gebaut werden, sind sie oft breit, klar markiert und durch genoppte Markierungen von Gehweg oder Fahrbahn getrennt. Im Jahr 2015 erklärte die rot-grüne Stadtregierung in ihrem Koalitionsvertrag, sie wolle Hamburg zur „Fahrradstadt“ machen, unter anderem durch den (Aus-)Bau von 180 Kilometern Velorouten bis Ende 2020. Ende 2019 waren dem Radlobbyverein ADFC zufolge gerade einmal 34 Kilometer davon fertiggestellt. Könnte also noch dauern, bis Radfahren in Hamburg auch ohne Flugrad Spaß macht. Ruth Eisenreich

Hamburger Radwege wie hier in der Holstenstraße werden oft als illegale Parkplätze missbraucht


Forum Briefe von Lesern und Leserinnen Seite 46

Reflektor: Reinhold Seitl bittet um Aufmerksamkeit Seite 46

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 46

#Klingel-Test #DE20/3 Ich lese den DRAHTESEL mit dem größten Vergnügen und freute mich über den Klingel-Beitrag. Meine Kinder fahren mit allen möglichen Gefährten, fast alle haben Klingeln. Mittlerweile habe ich einige abmontiert, weil mich selbst das Klingeln nervt. Aber dank der unverkennbaren Klingel haben wir unser gestohlenes Rutsch-Fahrzeug beim Spazierengehen in einer anderen Wohnsiedlung wiedererkannt und prompt wieder mitgenommen. Ich selbst habe nur auf meinem Stadt- und Alltagsrad eine Klingel und verwende sie selten. Rennrad und Mountainbike haben keine. Bei Bedarf rufe ich laut„Achtung!“, so klingle ich zumindest niemanden aus dem Weg. Im Artikel vermisste ich bei den Testpunkten die Kategorie „Stabilität“. Meine Kinder haben schon unzählige

Fahrrad-Termine: Was tun im Winter? Seite 47

Klingeln auseinandergeschraubt, bzw. leiern die Federn durch die Bedienung von Kinderhänden schnell mal aus.

Jetz

tD R ww AHTE w.d raht S E L a b ese l.or. onnie at/a r bo en!

Klara Oberhumer, 4040 Linz

Weil meine Original-Mini-Klingel viel zu leise Töne von sich gab, habe ich eine lautere montiert. Als Fußgänger erlebe ich häufig, wie viele österreichi­ sche Radfahrende solche Miniklingeln verwenden und damit kaum hörbar sind. Da Zufußgehende nicht selten hö­ heren Alters und mitunter schwerhörig sind, halte ich hörbare Klingeln für die bessere Alternative. Eine freundliche Ansprache findet sich immer noch – vorausgesetzt, der radfahrende Mensch hat sein Tempo reduziert.

meine Arbeit in das Zentrum von Linz. Ich verstehe nicht, weshalb die Politik Werbung für mehr Radfahren auch in die Arbeit macht, wenn das fast Selbst­ mord ist. Es ist eine tägliche Katastro­ phe auf der Unionstraße! Ingrid, 4060 Leonding

Jörg L. Neumann, 8010 Graz

#Arbeitsweg Ich wohne in Leonding und pendle für

Die Redaktion freut sich über Diskussionsbeiträge und Leserbriefe. Bitte senden Sie uns Ihren Text unter Bekanntgabe Ihres Namens und der Postleitzahl an drahtesel@argus.or.at

Der Reflektor Sicherheit

Reinhold Seitl ist Mediendesigner und Journalist in Wien.

Kann schon mal passieren, dass man beim Abbiegen auf das Handzeichen vergisst, oder? Man hat ja ohnehin zuvor über die Schulter geblickt, ob sich von hinten jemand nähert, den man gefährden könnte. Naja, vielleicht auch nicht, man war halt in Gedanken und hat erst im letzten Moment daran gedacht, dass man hier nach links muss. Wer zu zweit unterwegs ist, will sich auch unterhalten. Entspannt Schulter an Schulter pedalieren, dabei ein bisschen plaudern, das ist viel vergnüglicher als hintereinander herzufahren. Allein unterwegs will man die Fahrtzeit effizient nutzen, also bespricht man am Telefon den Dienstplan oder das Geburtstagsgeschenk für die Oma. Wer gut fahren kann, für den ist diese Art Multitasking ja kein Problem. Manchmal trifft man bei der Radausfahrt Bekannte – wie schön ist es dann, ein paar Worte auszutauschen. Ist doch alles kein Problem, oder? Doch. Denn der oder die Nachkommende kann nicht ahnen, dass man genau hier links abbiegen will, und setzt womög-

lich gerade in diesem Moment zum Überholen an. Wer auf einem schmalen Radweg gemütlich plaudernd nebeneinander fährt, behindert oft nachfolgende und entgegenkommende Radfahrende. Telefonierende blenden den Verkehr um sie herum weitgehend aus. Und eine Gruppe, die ihren Plausch ausgerechnet auf einer Radverkehrsfläche abhält, verhält sich rücksichtslos. Aufmerksamkeit, Respekt, Rücksicht: Wer diese Tugenden für unnötig hält, hat kein Problem – solange die anderen doppelt aufmerksam fahren und die eigene Rücksichtslosigkeit ausgleichen. Gefährlich wird es, wenn es beiden Seiten an Rücksicht mangelt. In der Corona-Epidemie sind viele Menschen von Bim und Bus aufs Fahrrad umgestiegen, jetzt teilen sich noch mehr Radfahrende die (zu) knappen Verkehrsflächen. Manche der Neulinge sind überfordert vom Verkehrsgeschehen, einigen mangelt es auch an Fahrkönnen. Mehr noch als sonst stören Träumende und Rücksichtslose in dieser Situation den Verkehrsfluss und gefährden sich und andere.


wien@radlobby.at radlobby.at/wien

Zehn Jahre Tee, Keks und Kettenöl Do., 10. Dezember, 17 bis 18:30 Uhr Opernring/Operngasse, 1010 Wien Bereits zum zehnten Mal kommt am 10. Dezember ab 17 Uhr die Weihnachtsaktion der Radlobby Wien mit „Tee, Keks und Kettenöl“ direkt zu den Radfahrenden. Virtueller weihnachtlicher Jahresrückblick Di., 15. Dezember, 19 Uhr 2020 ist alles anders: Anstatt der traditionellen Weihnachtsfeier blickt die ARGUS Steiermark diesmal virtuell auf das zu Ende gehende Jahr zurück. Bitte um Anmeldung unter

Neujahrsradeln Fr., 1. Jänner 2021 Das Fahrrad hat als bestes urbanes Verkehrsmittel immer Saison - auch wenn sich das Gerücht, die Radsaison würde erst um Ostern herum anfangen, hartnäckig hält. Daher läutet die Radlobby pünktlich zum Jahresbeginn in vielen österreichischen Städten die neue Radsaison ein! Alle Infos und Abfahrzeiten: radlobby.at/neujahrsradeln2021

ARGUS Bike Festival 2021 & RADpaRADe Sa., 10. bis So., 11. April 2021 Rathausplatz, 1010 Wien Wir sehen uns wieder am Rathauspatz: Beim schon legendären Dirt Battle Vienna und auch bei den BMXFlatlandern wird es wieder zur Sache gehen. Ein Jubiläum gibt es bei der RADpaRADe: Zum 10. Mal wird am 11. April durch die Stadt geradelt. Velo-City 2021 Do., 1. bis So., 4. Juni 2021 Die weltweit größte internationale Fahrrad-Konferenz soll 2021 Anfang Juni in Lissabon stattfinden. Schwerpunkte der Konferenz in diesem Jahr werden „Bicycle Diversity“ (also die Vielfalt an Fahrrädern für die unterschiedlichsten Zwecke), Radtourismus, Community-Building, Stadtund Verkehrsplanung sowie „Klima-Resilienz“ sein.

Drahtesel 4  ⁄  2020 – 47

Radlobby Wien Jour Fixe Do., 3. Dezember & 7. Jänner, 19 Uhr Amerlingbeisl, EG-Saal, Stiftgasse 8, 1070 Wien oder online Jeweils am ersten Donnerstag des Monats treffen Wiener Radaktive einander zum Gedankenaustausch. Beim Jour-Fixe werden Projekte und Aktionen geplant sowie Erfahrungen zum Thema Radverkehrspolitik und Infrastruktur geteilt. Aufgrund der aktuellen Situation wird der Jour fixe voraussichtlich nur online stattfinden können – bitte um Anmeldung unter

Anzeige

Termine

Für Pendler

www.velo-city2021.com

argus.steiermark@radlobby.at

Critical Mass Fr., 18. Dezember, 16.30 Uhr Schwarzenbergplatz, 1030 Wien Die Critical Mass, die Radausfahrt für eine gerechtere Verteilung des öffentlichen Raums, findet in Wien jeden dritten Freitag im Monat statt. Auch in Graz, Innsbruck, Linz, Klagenfurt und Salzburg wird geradelt – alle Termine österreichweit auf criticalmass.at

Thule Paramount Kollektion Entwickelt aus robusten und wetterbeständigen Materialien um den harten Anforderungen des Alltags gerecht zu werden.

Termine vorbehaltlich ev. Änderungen aufgrund der aktuellen COVID-19 Situation.


gofuture.wien

Bezahlte Anzeige

IT’S COLD

IT’S FUN Fahrradfahren ist immer eine gute Idee. Für den Klimaschutz und deine Gesundheit. Ganz egal ob es regnet oder schneit. Weitere Infos findest du unter fahrradwien.at


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.