DRAHTESEL 1/22 - Im Einklang mit der Natur

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39. Jahrgang / Ausgabe 1 / 2022

Rechtsabbiegen bei Rot Österreich hinkt anderen Ländern hinterher Seite 14

Vom Rad ins Büro Bequeme Kleidung kann auch elegant sein Seite 50

Urlaub mit Familie Mit drei kleinen Kindern bis nach Istrien Seite 58

2. & 3. April P.b.b. Verlagspostamt 1040 Wien – Zlgnr.: 02Z033821M

Das österreichische Fahrradmagazin

Im Einklang mit der Natur Mountainbiken kann Böden, Pflanzen und Tieren schaden – aber es geht auch anders


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Einen Gang höher schalten! Erfahren Sie alles über neue Ideen im Radverkehr aus dem In- und Ausland und diskutieren mit internationalen Expert:innen die Zukunft der Mobilität. Und zwar von 3. bis 5. April 2022 auf der größten Radverkehr-Konferenz Österreichs im Wiener Rathaus.


Liebe Leserin, lieber Leser! Editorial

es besser geht. Ingerle hat sich mit dem Mountainbiken im Allgemeinen beschäftigt, Killian einen ganz besonderen Trailpark in Slowenien besucht. In unserem dichtgepackten Politikressort geht es unter anderem um die Geschlechterverhältnisse beim Radfahren, die Fahrradpolitik der Städte Salzburg und Wien und die Frage, warum Radelnde in Österreich eigentlich nicht bei Rot rechts abbiegen dürfen. Im Infrastruktur-Ressort erfahren Sie, was hinter dem sperrigen Begriff „Modale Filter“ steckt, und im Ressort Produkte & Technik, in welchen Situationen E-Bikes für Kinder Sinn ergeben können (ja, ich war auch skeptisch). Hinten im Heft wird es dann nochmal richtig eskapistisch: Da nehmen wir Sie mit auf eine mehrtägige Radreise nach Südböhmen sowie auf eine mehrwöchige nach Istrien. Und der hustende Baum? Den finden Sie auf Seite 7.

Ruth Eisenreich Chefredakteurin

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 3

Die Woche vor dem Druck einer neuen DRAHTESEL-Ausgabe verbringe ich immer in einem Tunnel. Das Telefon läutet, der Maileingang plingt, meine Nachrichten an Autor*innen und Art Director werden kürzer, wann kommt die Filmrezension? Diese Zahl kann nicht stimmen. Haben wir Thema XY im Heft? Istrien ist fertig! Bitte den Titel der Grafik ändern. Die Bikeparks bitte noch ein bisschen kürzen. Hast du das Foto nicht in besserer Auflösung? Hm ... vielleicht ein hustender Baum? Selten war ich über diesen Tunnel so froh wie dieses Mal. Wenn in Österreich die Corona-Zahlen mal wieder in Rekordhöhen klettern und zugleich kaum 1.000 Kilometer entfernt ein Angriffskrieg geführt wird und Menschen sich in Luftschutzkellern verstecken müssen, dann ist, gerade für eine Journalistin, der Stress der DRAHTESEL-Produktion eine fast schon wohltuende Ablenkung. Vor allem, wenn man dabei so schöne Texte lesen kann wie die unseres Cover-Schwerpunkts. Die Autor*innen Ines Ingerle und Jan Killian, beide selbst gern auf dem Mountainbike unterwegs, beschreiben darin nicht nur die Schäden, die manche Mountainbike-Kolleg*innen in den Wäldern anrichten, sondern erklären auch, wie

Viel Freude beim Lesen und gute Fahrt!

Fotos: Paul Kubalek, privat

Autor*innen in diesem Heft

Jan Killian Als Jan Killian uns im August vom Trailpark Jamnica erzählte, da dachte er an eine nette kleine Geschichte. Daraus wurde nichts – aus dem Vorschlag wurde ein ganzer Cover-Schwerpunkt. Den lesen Sie ab S. 38, Killians Reportage ab S. 40.

Hildegard Suntinger schreibt als Fachjournalistin schon lang über Technologie, Design und alle Aspekte der Modeproduktion. In ihrem ersten Text für den DRAHTESEL erklärt sie, wie Kleidung funktioniert, mit der man sich am Rad und im Büro wohlfühlt (S. 50).

Michael Hempt und seine Frau Johanna lieben Reisen, haben drei kleine Kinder und wenig Lust auf ein Wohnmobil. Also packten sie die Kids in den Anhänger und aufs Tandem und radelten mit ihnen nach Istrien. Wie das gelaufen ist, erzählt Hempt ab S. 58.


Inhalt Politik 8 14 15 16 19 20

Von den Suffragetten zur FLINTA-Werkstatt Wie gleichberechtigt ist das Radfahren? Rechtsabbiegen bei Rot In anderen Ländern möglich, in Österreich noch lange nicht Bürokratische Hürden Warum das AMS keine Fahrradtickets erstattet Neue Radwege in Wien Hält die rot-pinke Regierung, was sie versprochen hat? Salzburg Ein Garagenausbau als Sinnbild für die Fehler der Stadtpolitik Interview Ein Forschungsprojekt hat Pendelnde aufs Rad gebracht

Community 24 Besuch in Tansania Warum eine NGO gebrauchte Räder nach Afrika verschifft

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 4

Infrastruktur 27 Lanzendorf

38 Cover: Im Einklang mit der Natur Welchen Schaden unachtsame Mountainbiker*innen anrichten können und warum Fahrspaß und Umweltschutz sich trotzdem nicht ausschließen.

Eine neue Unterführung ist nicht so gut, wie sie sein könnte

28 Verkehrsfilter

Wie man mit Pollern und Blumentöpfen gute Radrouten schafft

31 Plus / Minus

Fahrrad-Infrastruktur auf dem Prüfstand

Lebensstil 44 Bücher Lesestoff für Velophile

45 Der Radschlag

Expert*innen beantworten Fragen aus dem Fahrrad-Alltag

Produkte & Technik 50 Bürotaugliche Fahrradkleidung Moderne Materialien und spezielle Schnitte machen es möglich

52 E-Mountainbikes für Kinder

Was sie können und wo sie Sinn ergeben

Tour & Reise 55 Mähren und Südböhmen Fünf Tage zwischen Teichen und Hügeln

58 Radurlaub mit Kindern

Mit Zelt und Anhänger bis nach Istrien und zurück

Forum 64 Leserbriefe 65 Termine

Kolumnen Cinemascope Ines Ingerle über die Dokumentation „The Soul of a Cyclist“ Seite 37 Brief aus Adelaide Michael Noske über Topographie und Minderheiten Seite 37 Technik-Tipp Petra Moser über die schwierige Wartung von Scheibenbremsen Seite 49 Reflektor Reinhold Seitl über geschicktes Marketing Seite 64 Impressum: Seite 47 Cover Illustration: Minii hallominii.de


Die eine Hand reißt ein, was die andere aufbaut Leitartikel

In Schönbrunn wurde, um noch mehr Platz zum Abstellen von Autos zu schaffen, erst vor zwei Jahren eine große Fläche mit Asphalt versiegelt, obwohl Expert*innen warnten, dass sie mitten in der Frischluftschneise aus dem Wienerwald liege und die kühle Luft, die sonst von dort in die Stadt komme, erwärmen werde. Offene Fragen, sinnlose Großprojekte Ob die Stadt den vielen Straßenraum, der durch die Ausweitung des Parkpickerls auf alle Bezirke am 1. März frei wurde, klimafreundlich nutzen wird – also für Radinfrastruktur, Grünraum oder neue Bäume – ist noch völlig unklar. Und in der Lobau hält Wien immer noch am Bau der Stadtstraße fest, obwohl das Umweltministerium die Pläne für den Lobautunnel gekippt hat; obwohl dafür Bäume gefällt und Flächen versiegelt werden müssen; obwohl der Kfz-Verkehr derzeit (wohl wegen des Trends zum Homeoffice) zurückgeht; obwohl es massive Proteste aus der Zivilbevölkerung gab und gibt; und obwohl Expert*innen sagen, dass mehr Straßen zu mehr Kfz-Verkehr führen und dass auch der Straßenbau selbst und die Herstellung der Materialien dafür (vor allem Beton) einmalig einen enormen CO2-Ausstoß verursachen. Da müht sich die Stadt ab, hier und dort kleine Maßnahmen zu setzen, um ihre Klimaziele zu erreichen, den lokalen Temperaturanstieg zu begrenzen und zur Eindämmung der Erderwärmung beizutragen – und dann macht sie den Effekt dieser Errungenschaften mit ihrer kurzsichtigen Verkehrspolitik in einem Handstreich wieder zunichte.

Andrzej Felczak Vorsitzender von Radlobby ARGUS und Radlobby Österreich

Anzahl Kfz an der Zählstelle Praterbrücke, pro Tag, Mo.–Fr.

195.700

2019

169.600 174.200

2020

2021

Online-Generalversammlung der Radlobby ARGUS 3. Juni, 18.30 Uhr radlobby.at/argus/gv2022

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Die mittlere Temperatur im Alpenraum ist in den letzten hundert Jahren um zwei Grad gestiegen und steigt immer weiter. Das Wissenschaftsmagazin „Urban Climate Journal“ prognostiziert, dass Wien eine jener Städte in der EU sein wird, die sich am stärksten erhitzen. Neben der globalen Erwärmung trägt dazu auch die lokale Flächenversiegelung maßgeblich bei. Wien stellt sich gerne als Klimamusterstadt dar. Die Stadt bemüht sich um eine Verringerung ihres CO2-Ausstoßes, indem sie die Stadtwerke effizienter zu machen versucht, Biogas aus Küchenabfällen erzeugt, erneuerbare Energiegewinnung etwa aus Wind und Sonne fördert und Ladestationen für Elektroautos bauen lässt. Zur lokalen Eindämmung der Temperatur lässt die Stadt Bäume pflanzen und Grünflächen anlegen. Dass sie – noch nicht in ausreichendem Umfang, aber immerhin da und dort – Baumscheiben auf Parkplätzen errichten lässt oder statt Asphalt helle Pflastersteine einsetzt, die die Sonneneinstrahlung reflektieren, ist ebenfalls positiv. Wenn es um die Platzverteilung im Stadtverkehr geht, ist es allerdings plötzlich nicht mehr allzu weit her mit den Bemühungen um Klimaneutralität. Seit Jahren erklärt die Radlobby, wie essenziell die Förderung des Radverkehrs ist, wenn die Stadt klimaneutral werden will. Langsam dringt sie damit offenbar auch bei den Zuständigen durch – darauf deuten etwa die aktuellen Pläne für einen Radweg in der Pötzleinsdorfer Straße in Währing hin oder das für 2022/23 angekündigte Radinfrastruktur-Ausbauprogramm in der Donaustadt mit seinen hochqualitativen Radverbindungen entlang von Hauptstraßen. Anderswo aber, zum Beispiel in der Krottenbachstraße in Döbling oder der Brünner Straße in Floridsdorf, geht immer noch viel zu wenig voran bei der Verbesserung der Radinfrastruktur.


Politik „Wer unbedingt Auto fahren will, soll das tun“

Top Radweg statt Autospur Die Stadt Wien will einen sieben Kilometer langen „Radhighway“ vom Zentrum in die Donaustadt errichten. Unter anderem soll die Praterstraße einen über vier Meter breiten Zwei-Richtungs-Radweg bekommen, ein Kfz-Fahrstreifen soll dafür wegfallen. Der Umbau soll im Herbst 2022 beginnen und zwei Jahre dauern. Erstmals angekündigt wurde der Radhighway schon im Jahr 2014 – ob er diesmal wirklich kommt?

Die Autorin Katja Diehl setzt sich für die Verkehrswende ein.

Jede*r sollte das Recht auf ein Leben ohne eigenes Auto haben: Dieses Motto stellt die Kommunikationsberaterin und Mobilitätsexpertin Katja Diehl ihrem neuen Buch „Autokorrektur“ voran. Sie zitiert darin viele Menschen, die Auto fahren, obwohl sie lieber anders unterwegs wären. DRAHTESEL Frau Diehl, wie groß ist die Gruppe der „unfreiwilligen“ Autofahrenden im Vergleich zu denen, die gern Auto fahren? Katja Diehl Ich habe versucht, Hardcore-Autofahrer*innen zu finden, aber es haben sich keine gemeldet. Ich glaube, viele Autofahrende haben über diesen Unterschied noch nie nachgedacht – meine Interviewpartner*innen haben auf die Frage danach oft total erstaunt reagiert. Die sind einfach froh, dass ihr Leben funktioniert dank der Automobilität. Meine zweite Frage, „Kann ein Mensch ohne Führerschein dein Le-

ben führen?“, mussten viele verneinen. Neben Menschen am Land nennen sie als unfreiwillige Autofahrende auch Gruppen, an die man nicht so schnell denkt: Menschen mit Behinderungen, People of Colour, trans Personen. Was bringt sie zum Auto, und wie könnte man das ändern? Schon in der zweitprivilegiertesten Gruppe der Gesellschaft – weiße, gesunde Frauen – fühlen sich viele an Bushaltestellen oder in der U-Bahn nicht sicher. Menschen of colour oder trans Personen fahren oft Auto, um sexistischen oder rassistischen Übergriffen aus dem Weg zu gehen. Lösungen dafür gibt es eher auf der menschlichen als auf der technischen Ebene. Eine trans Frau hat gesagt, ihr würde es schon helfen, wenn nachts in einem Waggon pro U-Bahn ein*e Mitarbeiter*in mitfahren würde, bei der sie im Notfall Hilfe suchen könnte.

Oft heißt es, wenn man das Autofahren teurer macht, erschwere man ärmeren Menschen das Leben. Sie argumentieren, Subventionen für das Autofahren kämen vor allem Reichen zugute. Deutschland subventioniert neue E-Autos mit bis zu 9.000 Euro. Wem nützt das? Menschen Mitte 50, gutsituiert, männlich. Alle anderen können sich sowieso keinen Neuwagen leisten, denen kommt also auch die Kaufprämie nicht zugute. Menschen, die in Armut leben, wünschen sich eher Alternativen zum Auto. In Teilen der Gesellschaft gilt ein Auto immer noch als Statussymbol. Wie kommen wir da raus? Menschen, die das Auto brauchen, um sich selbst aufzuwerten, können wir nicht ändern. Wer unbedingt Auto fahren will, soll das tun. Mir geht es darum, dass die, die es nicht wollen, andere Möglichkeiten bekommen.

Parkplätze statt Radweg? In den Presseaussendungen zum „Radhighway“ präsentiert sich der Bezirksvorsteher der Leopoldstadt, Alexander Nikolai (SPÖ), als Kämpfer für Klima und Radverkehr. Wenige hundert Meter entfernt in der Straße Am Tabor will er zugleich ein wegweisendes Stück Infrastruktur zurückbauen lassen: Die gerade mal ein Jahr alte erste Protected Bike Lane der Stadt. „Ich habe in Auftrag gegeben, einige Parkbuchten zurückzugewinnen“, wird er in einem Artikel des Wiener Bezirksblatts zitiert, demzufolge unter den Anrainern „blankes Entsetzen“ über den neuen Radweg herrscht.

11.044

Radfahrer*innen sind laut Stadt Wien am 20. Juni 2021, einem Sonntag, an den automatischen Zählstellen auf der Lassallestraße vorbeigefahren – der höchste Tageswert aller Zeiten für eine Straße in der Hauptstadt. Insgesamt haben Radfahrende im vergangenen Jahr 9,33 Millionen Mal Zählstellen der Stadt passiert, ein Plus von einem Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Jahr 2019 waren es 8,23 Millionen. Den größten Zuwachs gab es in der Argentinierstraße, Rückgänge am Margaritensteg und am Donaukanal.

Foto: Amac Garbe

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Flop


Blick in die Welt PA R IS

B RÜ S S E L

„Legen Sie kurze Strecken lieber zu Fuß oder mit dem Rad zurück“, „Erwägen Sie Carsharing“, „Nehmen Sie im Alltag den öffentichen Verkehr“: Einer dieser Hinweise muss in Frankreich jetzt sieben Prozent jeder Autowerbung einnehmen. Das verlangt ein seit März gültiges Gesetz. Die Inserate und Werbespots müssen außerdem Angaben zu den CO2-Emissionen des Autos beinhalten und mit dem Slogan „Sich bewegen, weniger verschmutzen“ enden. Missachtet ein Hersteller das Gesetz, droht ihm ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro pro Inserat oder Spot.

Seit Jänner 2021 gilt in Brüssel Tempo 30. Seither hat sich dort die Zahl der Verkehrstoten halbiert: Im Jahr 2020 habe es auf Brüssels Straßen elf Verkehrstote gegeben, 2021 nur noch fünf, zitiert der öffentlich-rechtliche RTBF eine Sprecherin der Stadt. Die Lärmbelastung ist laut RTBF ebenfalls zurückgegangen. Überraschenderweise sei zugleich auch die Zahl der Geschwindigkeitsübertretungen gesunken, während die durchschnittlichen Fahrtzeiten der Menschen unverändert geblieben seien. Ab August soll ein großer Teil der Brüsseler Innenstadt verkehrsberuhigt werden.

50 Prozent weniger Verkehrstote

KA R L S RUH E

LOND ON

SA A R B RÜ C K E N

H A N N OV E R

Ein unerwartetes Ergebnis hat ein Pilotprojekt in der deutschen Stadt Karlsruhe gebracht. Seit Oktober haben dort an zwei Ampeln der Fuß- und der Radverkehr dauerhaft Grün; nur, wenn sich ein Auto nähert, bekommen sie Rot. Doch ersten Auswertungen zufolge müssen nun nicht nur der Auto-, sondern auch der Fuß- und der Radverkehr länger warten als zuvor. Die Erklärung des Karlsruher Verkehrsplanungs-Professors Jan Riel, der das Projekt wissenschaftlich begleitet: Die beiden für das Projekt ausgewählten Ampeln waren früher meistens ausgeschaltet, Fußgänger*innen und Radfahrende konnten bei wenig Verkehr einfach so queren. Die Auswertung „deutet darauf hin, dass der bestmögliche Effekt von Anlagen mit ‚Dauergrün‘ stark von den jeweils vorhandenen Verkehrsmengen abhängt“, heißt es von Seiten der Stadt dazu.

Der Bürgermeister von London, Sadiq Khan, will seine Stadt bis 2030 klimaneutral machen und zu diesem Zweck den Autoverkehr um mindestens 27 Prozent reduzieren. Wie mehrere Medien berichten, hat er die Londoner Verkehrsbehörde beauftragt, zu diesem Zweck eine Straßennutzungsgebühr für die ganze Stadt zu entwickeln. Für die Zeit, bis ein solches System zur Verfügung steht, soll die Behörde andere Maßnahmen prüfen. Bereits seit 2003 hat London eine CityMaut, seit 2019 außerdem eine Umweltzone. Beide seien aber „ziemlich stumpfe Instrumente“, zitiert der Spiegel den Bürgermeister. Khan ist Vorsitzender der Initiative C40, in der sich Städte weltweit zum Kampf gegen die Klimakrise zusammengeschlossen haben.

Die deutsche Stadt Saarbrücken will flächendeckend Tempo 30 in ihrer Innenstadt einführen. Man wolle dadurch „die Verkehrssicherheit erhöhen, die Lärmbelastung verringern und die Aufenthaltsqualität merklich steigern“, sagte Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) dem Saarländischen Rundfunk. Saarbrücken ist Teil der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“, der sich inzwischen rund 80 deutsche Städte – großteils von CDU/CSU-, SPD- oder parteilosen Bürgermeister*innen regiert – angeschlossen haben. Die Initiative fordert, dass deutsche Kommunen nach eigenem Ermessen Tempo-30-Zonen festlegen können. Bisher müssen sie dafür eine konkrete Gefährdung etwa von Radfahrenden nachweisen und die Zustimmung des Verkehrsministeriums einholen.

Das lief nicht so, wie der Kläger es sich vorgestellt hat: Wie deutsche Medien berichten, hat in einem teuren Wohnviertel der deutschen Stadt Hannover ein Anwohner gegen die Einrichtung einer Fahrradstraße geklagt. Das Gericht gab ihm Recht: Verkehrsschilder alleine machen aus einer Straße mit Parkspuren auf beiden Seiten noch keine Fahrradstraße, urteilte es. Eine Fahrradstraße, in der Radfahrende de facto keine Vorteile gegenüber einer normalen Straße haben, sei nicht rechtens. Die Stadt akzeptierte das Urteil, zog daraus aber andere Konsequenzen, als der Kläger wohl erwartet hatte: Statt die Fahrradstraße wieder umzuwidmen, strich sie die Parkplätze, die Radelnden das Nebeneinanderfahren verunmöglicht hatten.

Missglücktes Dauergrün

Bürgermeister will neue Maut

Flächendeckend Tempo 30

Klage geht nach hinten los

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Autowerbung mit Warnhinweis

Illustration: Markus Schuster

Politik


Die Freiheitsmaschine Die Emanzipation der Frau war eng mit dem Fahrrad verbunden. Wie gleichberechtigt ist das Radfahren heute?

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 8

Ana (Mitte) und ihre Kolleg*innen haben eine Werkstatt gegründet, die nicht von Männern dominiert ist.

TEXT: Clara Felis, Ruth Eisenreich MITARBEIT: Valerie Madeja

5,9 %

Anteil der Radfahrten an allen zurückgelegten Wegen Quelle: Österreichweite Mobilitätserhebung 2013/14

zipation? Und ist die Infrastruktur unserer Städte so geschlechtsneutral, wie wir denken? Teil 1: Damals und heute Mit dem Übergang vom Hochrad zum heutigen Fahrrad Ende des 19. Jahrhunderts bekamen zunächst bürgerliche Frauen, ab den 1920erJahren auch Arbeiterinnen die Möglichkeit, sich flexibel und unabhängig über weitere Strecken fortzubewegen. Die englischen Suffragetten sollen das Fahrrad zum Flyer verteilen oder auch als Fluchtfahrzeug genutzt haben. Nicht alle Männer konnten sich mit dieser Entwicklung anfreunden. Radfahrende Frauen galten als unzüchtig, ihnen wurde unterstellt, den Sattel zum Masturbieren zu benützen. Pseudowissenschaftliche Texte behaupteten, das Radfahren mache Frauen unfruchtbar. Aber die Frauen setzten sich durch. Schon 1868 fand in Bordeaux das erste Frauen-Radrennen der Welt statt. 1890 wurde der Berliner Damenradclub gegründet, 1893 der Grazer Damen-Bicyc-

Foto: Bianca Kämpf

7,4 %

Das Radfahren hat für die Emanzipation der Frau mehr getan als irgendetwas anderes auf der Welt“, sagte die US-amerikanische Frauenrechtlerin Susan B. Anthony 1896 in einem Interview. Das Radfahren gebe Frauen ein Gefühl von Freiheit und Selbständigkeit, fuhr sie fort; die Frau auf dem Fahrrad sei „das Sinnbild einer freien, ungehinderten Weiblichkeit“. Anthony war nicht allein mit dieser Einschätzung, ein ähnliches Zitat ist etwa auch von der österreichischen Frauenrechtlerin Rosa Mayreder überliefert. Doch obwohl das Radfahren und die Emanzipation der Frau so eng verbunden sind, sind Frauen bis heute in vielen Bereichen des Fahrradalltags unterrepräsentiert. Offensichtlich ist das etwa beim Blick in viele Radwerkstätten – aber auch auf Österreichs Straßen sind weniger Frauen als Männer mit dem Rad unterwegs (siehe Grafiken). Die Unterschiede sind nicht riesig, aber sie sind da. Woran liegt das? Ist das Radfahren auch heute noch ein Mittel der Eman-


Teil 2: Beim Schrauben

Fotos: Landesbibliothek Steiermark, Stefanie Wacht

So wie im Radsport sind Frauen auch in den meisten Fahrradberufen eine Minderheit. Jenen, die sich in die männerdominierte Branche vorwagen, wird das nicht immer leicht gemacht. „Oft gab es Situationen, wo ein

1893 wurde in Graz der „Damen-Bicycle-Club“ gegründet, ...

Mann mir einfach das Werkzeug aus der Hand genommen hat, statt mir zu erklären, wie etwas geht“, sagt die Fahrradmechanikerin Marianne Eberl. Sie hält heute Workshops für Frauen ab, um diesen einen niederschwelligen Zugang zum Schrauben zu geben. Gern würde Eberl auch einmal einen Workshop exklusiv für Männer halten, sagt sie – nämlich einen, der sie für ihren Umgang mit Frauen in ihrem Berufsalltag sensibilisiert. Auch in offenen Selbsthilfe-Werkstätten bekommt man oft den Eindruck, dass die Männer mehr wissen, als tatsächlich der Fall ist. In einem geschützten Rahmen ist für viele Frauen die Hemmschwelle, Fragen zu stellen und einfach mal auszuprobieren, um einiges niedriger. Die Bikekitchen, eine Wiener Selbsthilfewerkstatt, hat daher einige Zeit lang eigene Workshops nur für FLINTA-Personen (Frauen, Lesben, inter, nichtbinäre, trans und agender Personen) angeboten. Seit Dezember 2021 gibt es in Wien auch eine FLINTA-Werkstatt mitsamt Fahrradladen: die Velo Peaches im 9. Bezirk. Die Männerdominanz in vielen Radgeschäften und -werkstätten könne ziemlich unangenehm sein, sagt Ana, eine der drei Gründer*innen. „Am Anfang dachte ich, das ist halt so, dass du dich eingeschüchtert fühlst“, sagt sie. „Ich habe es als normal empfunden, dass männliche Personen mehr vom Reparieren wissen und sich einfach mein Werkzeug und meinen Raum genommen haben.“ Mit der Zeit habe sie realisiert, dass dahinter sexistische Strukturen steckten – dass etwa Männer mehr Möglichkeiten bekommen,

Politik

Fahrradbesitz in Österreich Quelle: Radverkehrsergebnisse der Mobilitätserhebung 2013/14

68 %

62 %

Wiener*innen, die mehrmals pro Woche radfahren Quelle: Fahrrad Report Wien 2016

65 %

60 %

... 122 Jahre später in Wien der „Mitzi and Friends Women's Cycling Club“.

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le-Club. 1894/95 radelte Annie Londonderry als erste Frau um die ganze Welt. Das Fahrrad trug auch zu Änderungen in der Damenmode bei: Trotz der Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten Rahmenform mit tiefem Einstieg, die bis heute mit dem Etikett „Damenrad“ einhergeht, war das Radfahren mit Röcken schwierig; nach und nach fanden Pluderhosen für Frauen, nach der Frauenrechtlerin Amelia Bloomer „Bloomers“ genannt, Akzeptanz. Einengende Korsette kamen aus der Mode. Bis heute erfordert es in manchen Ländern der Welt viel Mut, sich als Frau auf ein Fahrrad zu setzen. Aber auch in Europa sind Frauen etwa im Radsport unterrepräsentiert und bekommen niedrigere Preisgelder. Und viele kennen die Erfahrung, dass sie als Frau weniger ernstgenommen werden oder sich in männerdominierten Gruppen nicht so recht wohlfühlen. Wie groß der Bedarf nach einem weiblicheren Umfeld fürs Rennradfahren ist, zeigt etwa die 2013 gegründete Facebook-Gruppe „Mitzi and Friends“. Sie will Rennradfahrerinnen vernetzen, gemeinsame Ausfahrten organisieren und interessierte Neulinge ermutigen – und hat heute 1.900 Mitglieder. Seit 2015 gibt es auch einen gleichnamigen Verein mit derzeit etwa 50 Mitgliedern.


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Politik

sich auszuprobieren und auch mal Fehler zu machen, als Frauen. Dass es auch anders geht, habe sie als Radbotin bei Unternehmen wie den Pink Pedals in Graz oder Hermes Radbot*innen in Wien erlebt. Im Gassenlokal der Velo Peaches, das die Gründer*innen mit vielen Helfer*innen selbst renoviert haben, sind auch Männer als Kunden willkommen. Trotzdem soll die Werkstatt ein Safe Space für FLINTA-Personen sein – ein Raum, in dem diese als Mechaniker*innen sichtbar sind und sich wohlfühlen. Bald soll es hier auch Reparatur-Workshops für FLINTA-Personen geben. Auch in anderen Fahrradbranchen vernetzen sich Frauen, um sich auszutauschen und ihre Sichtbarkeit und ihren Einfluss im jeweiligen Feld zu stärken: Frauen aus der Fahrradindustrie haben Women in Cycling gegründet, Transportlogistikerinnen den Damen Logistik Club und Women in Mobility, Radbot*innen den Verein Star Bike Messenger Association.

Foto: pikselstock - stock.adobe.com

Teil 3: In der Stadt In der Minderheit sind Frauen auch in der Verkehrsplanung – und dieses Ungleichgewicht hat fürs Radfahren im Alltag besonders große Folgen. Denn Verkehrsinfrastruktur ist nicht so neutral, wie man denken könnte. Frauen sind anspruchsvoller, so scheint es zumindest auf den ersten Blick. In Städten, wo die Radinfrastruktur gut und das Radfahren generell attraktiv ist, radeln sie gleich oft oder öfter als Männer; je schlechter die Infrastruktur, desto größer der Gender Gap zugunsten der Männer, sagt Barbara Laa vom Institut für Verkehrsplanung der TU Wien (wo sie bis vor eineinhalb Jahren die einzige Frau unter rund einem dutzend wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen war).

Studien zeigen, dass Frauen existierende Infrastruktur als weniger sicher wahrnehmen als Männer und sich von unsicheren Verhältnissen auch eher vom Radfahren abhalten lassen. Der Gender Gap beim Radfahren hat aber nicht nur mit dem persönlichen Sicherheitsgefühl und dem erlernten Risikoverhalten zu tun, sondern auch damit, dass Frauen in unserer Gesellschaft tendenziell andere Arten von Wegen zurücklegen. Wer nur in die Arbeit und zurück fährt, hat zwei oft relativ lange Wege zu bewältigen. Wer Teilzeit arbeitet, aber fürs Einkaufen zuständig ist und die Kinder in den Kindergarten, zum Arzt oder zum Sport bringt, legt komplexe Wegeketten aus vielen kurzen Strecken zurück. Unsere Städte aber sind auf die erste Art von Wegen ausgelegt, darauf, dass man schnell und effizient von A nach B, vor allem vom Stadtrand ins Zentrum kommt. Das gilt nicht nur für die Verkehrsmittelwahl (Autos bevorzugt), sondern auch für die Infrastruktur für einzelne Verkehrsmittel. Eines der Erfolgsrezepte der Fahrradstadt Delft, schreiben die Mobilitätsexpert*innen Melissa und Chris Bruntlett in ihrem Buch „Curbing Traffic“, sei, dass es dort nicht nur ein grobes Netz von schnellen Fahrradrouten gebe, sondern drei unterschiedlich enge Netze für verschiedene Arten von Wegen. „Solange keine feinkörnigeren Routen gebaut werden, die Schulen, Supermärkte und Arztpraxen verbinden“, schreiben sie, „werden Frauen in der Minderheit bleiben, egal wie sicher das Radfahren gemacht wird“. Auch die Qualität der Infrastruktur wird wichtiger, wenn man nicht alleine unterwegs ist: Wer ein Kind dabeihat, ob im Anhänger, im Lastenrad oder im Kindersitz, für den sind schmale Radwege, scharfe Kurven, Kopfsteinpflaster und Radstreifen mitten im Kfz-

Das Rad als Hauptverkehrsmittel nach Wegzweck Quelle: Österreichweite Mobilitätserhebung 2013/14

zur Arbeit

6,6 %

Einkauf

6,9 %

private Erledigung

5,6 %

sonstige Freizeit

8,7 %

Bringen/Holen/ Begleitung von Personen

2%

100 %

5,3 %

9,2 %

Anteil der Bring- und Holwege an allen Wegen Quelle: Österreichweite Mobilitätserhebung 2013/14

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 11

Frauen legen in Österreich wesentlich mehr Wege zum Holen, Bringen und Begleiten zurück als Männer.


velopeaches.com mitziandfriends.at cyclingindustries.com/wic damenlogistikclub.com womeninmobility.org starbma.com

Kategorie des Gender Equality Index, in der es um die mit Haushaltstätigkeiten verbrachte Zeit geht. Wo die CareArbeit gleichmäßiger verteilt ist, ist auch das Radfahrverhalten ähnlicher. Im Jahr 2020 forderten zwei (männliche) Berliner Verkehrsplanungs-Professoren eine diversere Zusammensetzung des Gremiums, das in Deutschland die Richtlinien für die Verkehrsplanung erstellt. „Die beteiligten Personen (weitgehend männlichen Geschlechts) verfügen über hohen technischen Sachverstand“, schrieben sie. Bei technischen Fragen sei das auch sinnvoll. Dass „verschiedene gesellschaftliche Nutzer*innengruppen, z. B. Kinder, Seniorinnen und Senioren, Nichtregierungsorganisationen oder Vertreter anderer Perspektiven“ nur selten eingebunden würden, bringe aber bei Fragen, bei denen es um gesellschaftliche Abwägungen und Prioritätensetzungen gehe, das Risiko mit sich, „dass sich ausschließlich technische und technokratische Sichtweisen durchsetzen“ und der Status quo sich kaum verändere. Die aktuelle, 2014 veröffentlichte Fassung der österreichischen Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS) zum Thema Radverkehr wurde in einem Ausschuss erarbeitet, in dem 32 Menschen saßen. Darunter waren zwei Helmuts, zwei Alexanders, zwei Bernds, drei Martins, vier Michaels – und eine einzige Frau.

Neue Bücher zum Thema In ihrem ansprechend illustrierten Buch lässt Louise Roussel 18 radbegeisterte Frauen aller Altersgruppen und sozialen, kulturellen und geografischen Hintergründe ihre ganz persönlichen Radgeschichten erzählen. Von der Rahmenbauerin über die Seniorin auf dem Hollandrad bis hin zur Rennradfahrerin aus Kabul, bei allen spürt man die Begeisterung für das Radfahren und die Möglichkeiten, die es ihnen eröffnet hat – Mobilität, Freiheit, Flucht aus dem Alltag, Kontaktaufnahme mit anderen. Die Rahmenerzählung bildet Roussels eigene Fahrradgeschichte, dazu gibt es hilfreiche Tipps zu Reparaturen, Reisen und Technik sowie Lifehacks und Tourenvorschläge.

Roussel, Louise Freiheit im Fahrtwind. Der Fahrradguide für Frauen München: Knesebeck Verlag, 2022 ISBN 978-3-95728-624-6 203 Seiten 22,70 Euro

Das Fahrrad als Maschine zur Freiheit: In „Revolutions“ erzählt Hannah Ross die Geschichte des Radfahrens aus weiblicher Sicht. Im 19. Jahrhundert mussten sich Frauen ihr Recht auf die Fortbewegung am Fahrrad hart erkämpfen. Die Geschichten von mehr als 100 Rad-Pionierinnen, Feministinnen, Abenteurerinnen und Spitzensportlerinnen zeigen, wie sie ihre Zeitgenossinnen inspirierten und warum die selbstbestimmte Position der Frau von Beginn an mit dem Radfahren verknüpft war. Eine packende Reise in die weibliche Fahrradgeschichte – von den Anfängen bis heute.

Ross, Hannah Revolutions – Wie Frauen auf dem Fahrrad die Welt veränderten Hamburg: mairisch Verlag, 2022 ISBN 978-3-948722-14-2 319 Seiten 24,70 Euro

Foto: Scottie - stock.adobe.com

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 12

Mit Kindern hintendrauf wird die Qualität der Infrastruktur noch wichtiger.

Verkehr ein noch größeres Problem als für andere Menschen. Wie viel die Faktoren Wegeketten und Kinderbetreuung ausmachen, darauf deutet die aktuellste österreichische Mobilitätserhebung 2013/14 hin. Die Art von Wegen, für die die Befragten – unabhängig vom Geschlecht – am seltensten das Rad nahmen, waren die Begleitwege, also Wege zum Bringen oder Abholen anderer Personen. Zugleich lag der Anteil der Bring- und Holwege an allen zurückgelegten Wegen bei Frauen deutlich höher als bei Männern. Mit biologischen Unterschieden zwischen den Geschlechtern hat all das wenig zu tun. „Unsere Städte sind für Männer gebaut“, heißt es oft in Texten zum Thema – korrekter ist eigentlich: Unsere Städte sind für Menschen gebaut, die viel erwerbsarbeiten und keine Kinder betreuen. Der italienische Psychologe Gabriele Prati verglich 2018 den Gender Equality Index verschiedener EU-Staaten mit den jeweiligen Geschlechterunterschieden beim Radfahren. In wenig gleichberechtigten Staaten gaben wesentlich mehr Frauen als Männer an, nie radzufahren; in gleichberechtigteren Ländern gab es kaum Geschlechterunterschiede. Zum Teil hat das wohl mit Rollenbildern zu tun: Wo traditionelle Geschlechterrollen stark sind, werden Buben eher als Mädchen zum Radfahren ermutigt. Besonders stark war aber der Zusammenhang mit jener


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Politik

Vieles spricht dafür, Radfahrenden das Rechtsabbiegen bei Rot zu erlauben. In halb Westeuropa gibt es solche Regelungen schon, in Österreich sind nicht einmal sinnvolle Pilotversuche möglich.

PLÄDOYER: Veronika Wirth

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W

Hier ist Rechtsabbiegen bei Rot schon erlaubt 1990 Niederlande 2012 Frankreich 2012 Belgien 2016 Dänemark 2020 Deutschland 2021 Schweiz

er kennt es nicht? Man kommt mit seinem Rad zu einer roten Ampel, will nach rechts abbiegen. Die Kreuzung ist gut einsehbar. Kein*e Fußgänger*in, kein Auto weit und breit. Man könnte einfach die Kurve nehmen und weiterradeln. Doch in Österreich verbietet Paragraph 38 der StVO das Fahren bei Rot. Ein Zuwiderhandeln kann eine Geldstrafe bis zu 726 Euro nach sich ziehen – auch wenn keinerlei Gefährdung ersichtlich ist. Dürften Radfahrende bei Rot rechts abbiegen oder zum Beispiel an T-Kreuzungen geradeaus fahren, solange sie dabei keine Fußgänger*innen behindern, könnten unnötige, lange Wartezeiten vermieden werden. Viele Radfahrer*innen wünschen sich daher eine Reform; im Nationalrat setzte sich im Jahr 2019 Stephanie Cox von der Liste „Jetzt“ dafür ein, ohne Erfolg. Weniger Unfälle, weniger Konflikte Eine Erlaubnis zum Abbiegen würde das Radfahren erstens attraktiver, zweitens gesünder machen: Weniger Stopps ermöglichen eine flottere, kräftesparende Fahrt, weniger Wartezeiten bedeuten weniger eingeatmete Abgase. Und sie würde, so paradox es erscheinen mag, drittens mehr Sicherheit für Radfahrer*innen mit sich bringen. Denn beim Warten auf Grün stehen Radfahrende meist eingequetscht zwischen Kfz und Gehsteig und befinden sich häufig im toten Winkel der Autofahrer*innen. Viele schwere Unfälle passieren, weil Auto- oder LKW-Lenker*innen beim Abbiegen Radfahrende übersehen. Dürften Radfahrer*innen bei Rot abbiegen, wären sie bereits weg, wenn die Ampel für die Kfz auf Grün schaltet, sagt Roland Romano, Sprecher der Radlobby. Die Entzerrung des Verkehrsflusses, die eine solche Regelung mit sich bringen würde, würde auch das Konfliktpotential zwischen Radler*innen und Autofahrer*innen reduzieren und hätte somit auch für Autofahrende Vorteile. Würde aber nicht zugleich das Risiko steigen, dass Radfahrende Fuß-

gänger*innen anfahren? Nein, sagt der Verkehrswissenschaftler Ulrich Leth von der TU Wien: „Pilotversuche haben gezeigt, dass das unter bestimmten Voraussetzungen gefahrlos möglich ist, weil Radfahrende die Kreuzung unmittelbar einsehen können, schnell abbremsen können und dank ihrer geringen Masse auch ein geringes Gefährdungspotenzial besitzen." Ampeln wurden wegen Autos nötig Was heute, wo Ampeln in den Städten ein alltäglicher Anblick sind, leicht in Vergessenheit gerät: Ein Großteil von ihnen existiert für und wegen Autos. Erst mit dem Siegeszug des Autoverkehrs wurden sie nötig, um bei hohen Geschwindigkeiten und dichtem Verkehr Unfälle zu vermeiden. Radfahrer*innen und Fußgänger*innen hingegen können sich untereinander über Blicke und Worte verständigen. Dass in unseren heutigen Städten die für den Autoverkehr nötigen „harten“ Maßnahmen auf Radfahrende und Fußgänger*innen übertragen werden, sei eine Überreglementierung, sagt Ulrich Leth. In vielen europäischen Ländern ist das Abbiegen, mancherorts sogar das Geradeausfahren, bei Rot für Radfahrende an gekennzeichneten Kreuzungen bereits legal. Die derzeitige Gesetzeslage in Österreich würde es zwar erlauben, entsprechende Pilotprojekte mit wissenschaftlicher Begleitung durchzuführen. Allerdings würden diese Pilotprojekte dann automatisch für alle Fahrzeuge außer großen LKWs und Bussen gelten. Radlobby-Sprecher Romano lehnt sie deshalb ab. Es scheint, dass auch die aktuelle Reform der StVO in dieser Hinsicht keine Neuerung bringen wird. Warum findet eine kostengünstige, einfache Möglichkeit, das Radfahren attraktiver und sicherer zu machen, in Österreich keinen Anklang? „Die Kultur der Bevorzugung aktiver Mobilität hat sich hier leider noch nicht durchgesetzt“, sagt Roland Romano. Hierzulande heißt es für Radfahrende also weiterhin: Bitte warten.


Autos sind Menschen, Fahrräder nicht

Politik

Das AMS lehnt die Erstattung eines Fahrradtickets ab – mit einer eigenwilligen Begründung.

A

uf den ersten Blick geht es bei Robert Spoulas Streit mit dem Arbeitsmarktservice (AMS) nur um 3,60 Euro. Auf den zweiten um viel mehr: um die Steine, die der Staat Menschen in den Weg legt, die umwelt- und klimafreundlich leben wollen. Spoula ist Sommelier, lebt in Wien und hat, so erzählt er, 2020 coronabedingt den Job verloren. Er war damals 55, ein Alter, in dem die Arbeitssuche nicht mehr ganz einfach ist. Anfang 2022 wird er zu einem Vorstellungsgespräch in einer kleinen, 70 Kilometer entfernten Gemeinde eingeladen. Spoula hat kein Auto, mit öffentli-

chen Verkehrsmitteln allein ist der Ort kaum erreichbar, mit Zug und Fahrrad schon. Spoula beantragt beim AMS die Vorstellungsbeihilfe, mit der Arbeitssuchende Fahrtkosten zu Bewerbungsgesprächen ersetzt bekommen können. Eine Kostenübernahme für das Zugticket sei möglich, antwortet das AMS – „ohne Rad“. Die Begründung auf Nachfrage: das AMS könne „nur Menschen fördern, keine Fahrräder“. Unverständlich, findet Spoula: Das AMS übernehme ja nicht nur Tickets für Bahn und Bus, sondern auch die Fahrtkosten mit einem Pkw. Für ihn widerspricht die Vorgangsweise des AMS erstens

Österreichs Umwelt- und Klimazielen und erschwert zweitens die Arbeitssuche. Ein doppeltes Happy End Spoulas Geschichte zeigt aber nicht nur, wie sehr die Behörden mit dem Verkehrsmittel Fahrrad fremdeln – sondern auch, dass es etwas bringen kann, auf Missstände aufmerksam zu machen. Als er sich direkt beim AMSVorstand beschwert und diverse Interessensvertretungen in Kopie setzt, antwortet das AMS, man nehme sein Schreiben „gerne zum Anlass, bei nächster Gelegenheit dem Verwaltungsrat eine Anpassung der Bun-

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desrichtlinie vorzuschlagen, damit das AMS künftig auch die Kosten für die Beförderung des Fahrrades übernehmen kann." Auf DRAHTESEL-Anfrage erklärt ein AMS-Sprecher, die Richtlinien zur Vorstellungs- und zur Entfernungsbeihilfe (einer Förderung für Arbeitssuchende, die weit entfernte Stellen annehmen) sähen „aktuell keine explizite Regelung in Sachen Fahrrad vor“, und es habe dazu „seit Jahrzehnten weder Fragen noch Beschwerden“ gegeben. Man werde das Thema jetzt aber aufgreifen. Den Job, für den er sich beworben hat, hat Spoula übrigens bekommen.

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 15

TEXT: Ruth Eisenreich


Gut versteckte Kilometer

Politik

23 Kilometer an neuer Rad-Infrastruktur seien in ihrem ersten Jahr im Amt entstanden, brüstet sich die rot-pinke Wiener Stadtregierung. Die Radlobby Wien hat nachgerechnet.

ANALYSE: Andrzej Felczak

Auf Hochtouren“ laufe der Ausbau des Radverkehrsnetzes, verkündete die Presseabteilung der Stadt Wien zum Jahresende stolz. Über 23 Kilometer an Infrastruktur fürs Radfahren seien im Jahr 2021 entstanden. Das hat die Radlobby Wien überrascht – aufgefallen waren die 23 Kilometer niemandem. Eine Nachfrage, um welche Strecken es sich handelt, beantwortete die Presseabteilung bis zum Redaktionsschluss nicht. Die Radlobby Wien hat daher selbst nachgerechnet und die gefundenen Strecken evaluiert.

Gelungen: Der neue Radweg in der Altmannsdorfer Straße

sich auch stark verkehrsberuhigte Straßenzüge im niederrangigen Straßennetz, etwa Fahrradstraßen oder fahrradfreundliche Straßen. Hier fand die Radlobby neue Strecken in einer Gesamtlänge von 1,4 Kilometern. Gut ausgeführte Beispiele sind etwa die Canovagasse, die Boltzmanngasse und Am Kanal. Macht insgesamt 6,2 Kilometer an neuen hochqualitativen Routen, nach Rechnung der Radlobby Wien acht Prozent mehr als im Jahr 2020 – nicht besonders ambitioniert.

Fahrradstraßen

497 m

1.467 m

Das Rückgrat jedes hochqualitativen Radverkehrsnetzes ist sichere, komfortable und geradlinige Radinfrastruktur mit Vorrang, vor allem in Zentrumsnähe. Dazu gehören zum Beispiel breite baulich getrennte Radwege entlang von Hauptverkehrsachsen. 2021 wurden nach Recherchen der Radlobby rund 4,8 Kilometer davon errichtet, beispielsweise in der Inneren Favoritenstraße, der Adolf-Blamauer-Gasse, auf Teilen der Altmannsdorfer Straße, in der Franz-Grill-Straße, der Linken Wienzeile und der Eibesbrunnergasse. Als Hauptradverbindungen eignen

Eine sinnvolle Maßnahme ist auch das Radfahren gegen die Einbahn. Für 2021 hat die Radlobby 10,6 Kilometer an neu geöffneten Einbahnen in Wien berechnet, 92 Prozent davon entfielen auf die Bezirke 10, 12, 13, 14, 16, 17 und 18. Ein Beispiel für eine gelungene Kombination verschiedener Infrastruktur-Arten ist die Radverbindung in der Altmannsdorfer Straße zwischen Dr.Boehringer-Straße und Breitenfurter Straße. Sie wird teilweise als drei Meter breiter Radweg geführt, teilweise als Radfahren gegen die Einbahn in einer Nebenfahrbahn, die 4,75 Meter breit ist und dem Autoverkehr nur als Zu- und Abfahrt für die Parkspur dient.

Fahrradfreundliche Straßen

6.202 m

Wahlversprechen und Realität 5.632 m

angekündigt Radwege auf Hauptstraßen notwendig pro Jahr

4,8 km Fahrradstraßen

gebaut 2021

300 km 2025

0,9 km 50 km 2025 Summe

Einbahnen öffnen

10,6 km

375 km

Radschnellverbindungen/Langstrecken*

0,2 km

2030

110 km 2030

* Im Wahlprogramm wurde der Begriff Radschnellverbindung

verwendet, aktuell sprechen die Behörden von Langstrecken.

Fotos: Andrzej Felczak, Veronika Wirth

Radwege

897 m

2021

2.065 m

2.100 m

4.808 m

Neue hochwertige Radinfrastruktur

2020

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 16

Öffnung von Einbahnen Hochwertige neue Strecken


Leider sind lang nicht alle neuen Strecken so gut durchdacht. Die medienwirksam unter dem Slogan „Bequem von Penzing nach Währing“ präsentierte neue Route durch die Heigerleinstraße und die Weinheimergasse ist ein Autoschleichweg mit starkem Durchzugsverkehr, das Radeln dort entsprechend unangenehm. Besonders problematisch ist die Kurve in der Weinheimergasse zwischen Arnethgasse und Ottakringer Straße. Hier haben Radfahrende nur einen schmalen Streifen gegen die Einbahn in der Dooringzone zur Verfügung, jede Begegnung mit entgegenkommenden Kfz ist eine knappe Angelegenheit. Routinierte Radfahrende können sich hier mit zusammengebissenen Zähnen durchmanövrieren; auf Kinder, Senior*innen und Radfahrneulinge wirkt eine solche Infrastruktur eher abschreckend. Das Beispiel zeigt, dass Tempo 30, ein paar Kreuzungsplateaus und große Fahrradpiktogramme nicht immer ausreichen, um das Radfahren attraktiv zu machen. Wo zu viele Kraftfahrzeuge durchfahren, sind Verkehrsfilter, also Durchfahrtsperren für Kfz (siehe S. 28) erforderlich.

#RIDESAFE

Gesamtbeurteilung Rechnet man, unabhängig von der Qualität der konkreten Ausgestaltung, baulich getrennte Anlagen, Fahrradstraßen, Fahrradfreundliche Straßen, Radfahren gegen die Einbahn, Rad- und Mehrzweckstreifen und für Radfahrende freigegebene Fußgängerzonen zusammen, kommt die Radlobby auf insgesamt 17,9 Kilometer neue Infrastruktur. Wo sich die restlichen 5,1 vom Verkehrsressort angegebenen Kilometer verstecken, bleibt mangels Antwort auf unsere Anfrage unklar. Bei den Gemeinderatswahlen 2020 hat die SPÖ die Forderungen der Initiative „Platz für Wien“ in ihr Wahlprogramm übernommen, auch die NEOS haben sie unterstützt. Damit haben beide Parteien bei der Radlobby große Hoffnungen erweckt. Im ersten Jahr im Amt blieb die rot-pinke Stadtregierung beim Ausbautempo aber weit hinter ihren Wahlversprechen zurück. Von den für Pendler*innen so wichtigen angekündigten Langstrecken etwa wurden gerade mal 160 Meter errichtet. So wird Wien Jahrzehnte brauchen, um zur Fahrradstadt zu werden.

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Radfahren stärken! Werden Sie Mitglied der Radlobby und nutzen Sie die Vorteile

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 18

Die Radlobby-Vereine vertreten über 9.000 Mitglieder in ganz Österreich. Mitglieder können auf viele Vorteile zählen – vom Versicherungspaket über Einkaufsrabatte bis zum DRAHTESEL-Abo

Versicherungspaket

Radlobby-Rabatt

Interessens­vertretung

Dreifach-Schutz: RechtsschutzVersicherung für Anwaltsund Gerichtskosten; Unfallund Haftpflichtversicherung.

Günstiger einkaufen im ausgesuchten Radhandel in ganz Österreich.

Die Radlobby tritt für die Interessen der Alltags-­ Radfahrenden in ganz ­Österreich ein.

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DRAHTESEL-Abo Viermal jährlich kommt der DRAHTESEL, das österreichische Fahrrad­ magazin, zu Ihnen ins Haus!

Mitglied werden zahlt sich aus! Sie können in jedem Bundesland bei einem Radlobby-Verein Mitglied werden! Und zwar bei Radlobby ARGUS (Tirol, Wien) sowie bei Radlobby Burgenland, Radlobby Kärnten, Radlobby Niederösterreich, Radlobby Oberösterreich, Radlobby ARGUS Steiermark, Radlobby Salzburg und Radlobby Vorarlberg. Erteilen Sie uns einen Einziehungsauftrag und erhalten Sie bis zu EUR 2,- Ermäßigung!

Einzel-Mitgliedschaft

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Haushalts-Mitgliedschaft

Alle Mitgliedervorteile um EUR 46,- pro Jahr

Ermäßigte Mitgliedschaft EUR 30,- pro Jahr für Studierende bis 26 sowie für alle unter 19 Jahren

Für Familien, WGs und Lebensgemeinschaften: Pro Jahr EUR 46,- für das Erstmitglied, alle weiteren Haushalts­ mitglieder je EUR 30,-; Kinder unter 19 Jahren sind kostenlos bei der Rechtsschutzversicherung mitversichert.

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Mitgliedervorteile und -beiträge können je Bundesland geringfügig variieren. Anmeldung und ausführliche Infos zur Mitgliedschaft: radlobby.at/mtg


Autostellplätze über alles

Politik

Für den Ausbau einer Garage nimmt die Salzburger Stadtregierung Schäden an der Natur und enorme Kosten in Kauf – und das ist nur das prominenteste Beispiel für ihr autozentriertes Weltbild.

Die Garage unter dem Salzburger Mönchsberg soll um 40 Millionen Euro vergrößert werden.

Fotos: Bernhard Kreuzer, Leonhard Niederwimmer

6

0.861 Euro: so viel kostet nach Angaben von Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) der Stellplatz für ein einziges Auto im Ausbaubereich der Salzburger Mönchsberggarage. Um 650 Plätze will die Stadtregierung die unterirdische Parkfläche für bisher 1.300 Autos vergrößern. Gesamtkosten: rund 40 Millionen Euro, weit mehr als ursprünglich veranschlagt. Aber das ist nicht das einzige Problem am Ausbau: Da die Haupteinfahrt der Garage zu klein für die Baufahrzeuge ist, muss ein Baustollen von der Rückseite her gegraben werden. Der Ausgang wird am Krauthügel liegen – in einem Landschaftsschutz- und beliebten Naherholungsgebiet. Zwar sind Schutz- und Renaturierungsmaßnahmen vorgesehen, dennoch befürchten Kritiker*innen nachhaltige Schäden. Die Causa Mönchsberg ist aber nur der (vorläufige) Höhepunkt im Zerwürfnis zwischen Radcommunity und Salzburger Stadtpolitik, nur das prominenteste Beispiel für das autozentrierte Weltbild der Regierung unter dem ehemaligen Fahrschulbesitzer Preuner. Da ist zum Beispiel die Gesamtverkehrsstrategie, die der Gemeinderat Anfang 2022 vorlegte. Sie ist dünner als die Radverkehrsstrategie der roten Vorgängerregierung, wurde ohne wissenschaftliche Begleitung erstellt und definiert Auto-, Rad‑, Fuß- und Öffentlichen Verkehr als gleichberechtigte Säulen. Im Wesentlichen beschränkt sie sich darauf, bereits geplante Maßnahmen aufzuzählen und auf die alte Radverkehrsstrategie und den Masterplan Gehen zu verweisen.

Dabei hätte man auf einem aktuelleren Papier aufbauen können: Die Mobilitätsstrategie, die die Grünen unter Mitwirkung der TU Wien im April 2021 veröffentlicht haben, nennt 22 konkrete Maßnahmen, die zu einer Reduktion des Autoverkehrs von 44 auf 30 Prozent des gesamten Verkehrs führen sollen. Zähes Ringen um Fahrradstrecken Dann ist da das Amt des Radverkehrskoordinators. In der Radverkehrsstrategie war noch von einer personellen Aufwertung der Radverkehrskoordination die Rede, in der Realität soll nun nach der Pensionierung des Amtsinhabers Peter Weiss 2024 nicht einmal seine Stelle nachbesetzt werden. Der Bürgermeister sieht keine Notwendigkeit dafür, er argumentiert, Weiss habe in seinen gut 30 Amtsjahren wenig vorangebracht. Das dürfte allerdings auch am starken Gegenwind von Seiten der Politik gelegen haben. Den Ausbau der Mönchsberggarage verteidigt die Stadt-ÖVP mit dem Argument, die Innenstadt (noch) autofreier machen zu wollen. Doch ein Blick in die Vergangenheit, zum Beispiel auf das zähe Ringen um die Anbindung des Hauptbahnhofs an das Hauptradroutennetz, weckt Zweifel. Die von der Radlobby Salzburg vorgeschlagene Streckenführung – lehrbuchmäßig neben der Bahnstrecke und damit kreuzungsarm – lehnte die ÖVP ab, weil dadurch einige wenige Stellplätze für Autos weggefallen wären. Die stattdessen beschlossene Lösung bringt für Radfahrende keine Erleichterungen.

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 19

TEXT: Bernhard Kreuzer


„Die meisten würden am liebsten mit dem Rad pendeln“

Politik

Was passiert, wenn man Pendler*innen für ein paar Monate ein E-Bike zur Verfügung stellt? Das hat das Projekt „PendlerRatD“ unter Leitung der Ökonomin Jana Heimel untersucht.

Mit welchem Verkehrsmittel würden Sie am liebsten regelmäßig pendeln wollen?

Ich werde weiterhin mit dem Rad zur Arbeit fahren

Online-Befragung 2019, n=2.483, gewichtet

Nach Ende der Pilotphase 2020, n=117

0%

100 %

91 %

Radfahrer*innen

ÖV-Nutzer*innen

49 %

13 %

25 %

9% trifft voll zu

Autofahrer*innen

51 %

10 % 15 % 16 %

64 %

22 %

trifft sehr zu

8% trifft teilweise zu

Kombination

52 %

trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu

7 % 19 % 7 %

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 20

sonstiges

INTERVIEW: Ruth Eisenreich

Aus dem Forschungsprojekt ist ein Leitfaden für Unternehmen entstanden: pendlerratd.com/arbeitgeberpendlerratd-mitgliedschaft

Was hat die Teilnehmenden zuvor vom Pendeln per Rad abgehalten? Die häufigsten Punkte waren: Komfort, Wetter, dauert zu lang. Dass das Pendeln per Rad in Relation zur Distanz oft kaum länger dauert als mit dem Auto, war vielen Autofahrenden nicht bewusst. Für manche ist das Auto auch für ihren Beruf wichtig, oder sie nutzen die Bus- und Bahnfahrt, um zu arbeiten. Die Teilnehmenden haben auch Schlösser und Fahrradtaschen bekommen, Ihr Team hat für jede*n die optimale Route für den Arbeitsweg erstellt, bei der ersten Fahrt wurden sie von „Pat*innen“ begleitet, es gab Boni von den Arbeitgebern. Welche dieser Faktoren waren entscheidend für den Erfolg?

Vermutlich die Kombination aus allem, aber insbesondere die kostenlos bereitgestellten E-Bikes. Auch wenn ein E-Bike nur einen Bruchteil eines Autos kostet, sind die meisten Menschen nicht bereit, dieses Geld zu investieren, wenn sie nicht wissen, ob sie das Rad nachher wirklich nutzen werden. Wenn sie es eine Zeit lang gratis testen können, macht das einen Unterschied. Die Kampagne und die Tatsache, dass wir den Testradler*innen die optimale Wegstrecke berechnet haben, hat wahrscheinlich auch etwas ausgemacht. War entscheidend, dass es E-Bikes waren? Unsere Gegend ist sehr hügelig, hier hätte es mit normalen Rädern sicher nicht funktioniert. In flacheren Regionen vermutlich schon. Was können Politik und Unternehmen aus Ihren Ergebnissen lernen? Dass man auch mit anderen Stellhebeln als der Rad-Infrastruktur zum Umstieg motivieren kann. Die Infrastruktur ist wichtig, aber da mahlen die Mühlen eben oft langsam. Man kann auch am Mindset der Menschen ansetzen, mit Anreizen, das Pendeln mit dem Rad einfach mal auszuprobieren. Das geht schneller, ist kostengünstig und führt ebenfalls dazu, dass weniger Autos unterwegs sind und die Straßen leerer und sicherer werden.

Foto: privat

Jana Heimel ist Professorin für International Business an der Hochschule Heilbronn.

Frau Heimel, welches Ergebnis Ihrer Studie hat Sie am meisten überrascht? Jana Heimel Zum einen: In zwei Online-Umfragen zu Beginn des Projekts haben wir insgesamt rund 3.400 Pendler*innen unter anderem gefragt, mit welchem Verkehrsmittel sie am liebsten pendeln würden, wenn die Rahmenbedingungen dafür gegeben wären. Da hat sogar unter den Autofahrer*innen eine Mehrheit das Fahrrad genannt. Zum zweiten: Von den 123 Pendler*innen, denen wir 2020 für sieben Monate ein E-Bike zur Verfügung gestellt haben, sagten 86 Prozent am Ende, dass sie weiter mit dem Rad pendeln wollen.


klimaaktivmobil.at bmk.gv.at

Förderung abholen und losradeln! Die E-Mobilitätsoffensive des Klimaschutzministeriums

Online-Einreichung und Förderdetails unter

unterstützt auch 2022 die Anschaffung von E-Fahr-

umweltfoerderung.at/elektrofahrrad

rädern und (E-)Transporträdern. Weiter Information zur Radverkehrsförderung und 400 Euro pro E-Fahrrad für Betriebe, Gemeinden und

kostenfreie Beratung unter

Vereine bei einer Mindestanzahl von 5 E-Fahrräder.

klimaaktivmobil.at/betriebe klimaaktivmobil.at/gemeinden

900 Euro pro (E-)Transportrad für Betriebe, Gemeinden, Vereine und Privatpersonen.

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG

Foto: BMLRT/Alexander Haiden


Community MÖRBISCH AM NEUSIEDLERSEE

Rennradeln, aber richtig Bei einem neuen Camp können Einsteiger*innen das sichere Fahren lernen.

machurlaubfahrrennrad.com/ rookie-rennradcamp/

VORARLBERG

WIEN

NIEDERÖSTERREICH

LJUBLJANA

Ein E-Cargobike einfach per App mieten, wann immer man es braucht: Das ist die Idee des Projekts Fairvelo, das im Laufe des Frühlings in Bregenz, Dornbirn und Feldkirch starten soll. Mithilfe von Sponsor*innen und einer Crowdfunding-Kampagne hat das Team hinter dem Projekt die ersten fünf Räder dafür angeschafft, weitere sollen folgen. Die Ausleihstationen sollen von Firmen und Organisationen betreut werden – diese sollen einen gut sichtbaren Standort zur Verfügung stellen, sich um das Aufladen der Akkus kümmern und Fragen von Nutzer*innen beantworten, dafür können sie die Räder kostenfrei nutzen.

Von 3. bis 5. April findet im Wiener Rathaus der 13. Radgipfel statt, Österreichs größte Fahrradkonferenz. Fachleute aus Wissenschaft und Verwaltung, Politiker*innen und Vertreter*innen von NGOs diskutieren und erarbeiten Lösungen für mehr Radverkehr. Auf den Podien geht es unter anderem um Bikesharing und Fahrradparken, den Wirtschaftsfaktor Radfahren und den Lehrberuf Fahrradmechatronik, um radfreundliche Stadtviertel, Kinder auf dem Fahrrad und um verschiedene Infrastrukturprojekte in Österreich. Die Teilnahme kostet 49 Euro pro Tag, für Radlobby-Mitglieder ist sie gratis.

Was vor einem Jahr noch undenkbar war in Klosterneuburg, ist jetzt Realität: Am 7. und 8. Mai veranstalten Radlobby und Gemeinde gemeinsam ein Radfest. Auf dem Programm am sonst zugeparkten Rathausplatz stehen unter anderem Informationsveranstaltungen, eine BMX-Rampe, ein EinradWorkshop, Livemusik und ein E-Bike-Test mitsamt Verlosung. An der Klosterneuburger Radparade, die zum dritten Mal stattfindet, will erstmals auch Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager (ÖVP) teilnehmen. Andere gemeinsame Aktionen von Gemeinde und Radlobby sollen folgen.

Die internationale Fahrradkonferenz VeloCity findet dieses Jahr in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana statt. Unter dem Motto „Cycling the change“ treffen sich dort von 14. bis 17. Juni Fahrradaktivist*innen, Verkehrsplaner*innen und Entscheidungsträger*innen aus mehr als 60 Ländern. Die Keynote wird der dänische Architekt und Stadtplaner Jan Gehl halten, der sich seit Jahrzehnten für Verkehrsberuhigung und lebenswertere Städte einsetzt. Zu den fünf Subthemen der Konferenz gehören „Den städtischen Raum neu denken“, „Grüner Tourismus, grüne Wirtschaft“ und „Innovationen in der städtischen Mobilität“.

fairvelo.org

radgipfel2022.at

radfest-klosterneuburg.at

velo-city2022.com

E-Lastenräder zum Ausleihen

Radgipfel im Rathaus

Premiere für Klosterneuburg

Internationale Fahrradkonferenz

Foto: Cristian Gemmato

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 22

Aller Anfang ist schwer, auch beim Rennradfahren. Deshalb bietet der Rennrad-Guide und -Übungsleiter Cristian Gemmato Ende April zum ersten Mal ein „Rookie Rennradcamp“ an. Einsteiger*innen sollen bei dem viertägigen Camp in einem Hotel am Ufer des Neusiedlersees das Wichtigste über Fahrradtechnik, Radreparaturen, effizientes Training und Energiezufuhr lernen – und natürlich das sichere Fahren alleine und in der Gruppe üben, inklusive Fahrtechniktrainings.


Ist das noch ein Fahrrad? Ja, sagt ein Grazer Gericht und gibt dem Besitzer recht, den die Stadt geklagt hat. Jetzt ist das Urteil rechtskräftig und die Urteilsbegründung da.

André Lintschnig (links) hat seinen Prozess gegen die Stadt Graz gewonnen.

Sein Lastenrad sei juristisch kein Fahrrad, das Abstellen in einer Parkzone sei somit eine „verkehrsfremde Nutzung“: Mit diesem Argument brachte die Stadt Graz im Juni 2021 eine Unterlassungsklage gegen André Lintschnig ein. Das Bezirksgericht Graz-West wies die Klage ab. Anders als von der Stadt argumentiert, sei auch ein ungewöhnlich aussehendes Lastenrad, das zu breit für Fahr-

radwege ist und sich, ähnlich einem Motorrad, mit zwei Ständern aufbocken lässt, ein Fahrrad, schreibt das Gericht in der Urteilsbegründung. „Der Umstand, dass der Beklagte auf der Ladefläche des Fahrzeugs gelegentlich sitzt und auch konsumiert“, stelle ebenfalls „keine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung dar“. Die Stadt muss nun Lintschnigs Prozesskosten übernehmen.

Ich habe ein Rennrad und ein Mountainbike, mit denen ich mehrmals pro Woche 20 bis 50 Kilometer fahre. Und seit kurzem ein E-Mountainbike. Damit will ich Berge erklimmen, die ich sonst nicht mehr schaffe, und auch einkaufen fahren – wir wohnen am Land, für die fünf Kilometer zum Supermarkt habe ich bisher meistens das Auto genommen.

Mich nervt, wenn Radwege im Nirwana enden. Mein schönster Rad-Moment ist immer das Überqueren von Pässen. Wenn man sich hochquält bis zum Schild und sich dann mit dem Runterfahren belohnt.

Jede Menge Flohmärkte

Fotos: Heidi Schmitt, WUK Fahrrad-Selbsthilfe-Werkstatt

Diesmal: Dieter, 69, Pensionist aus St. Kanzian

Ich liebe am Radfahren, dass man die Landschaft mit all ihren Gerüchen und Geräuschen erlebt, ganz anders als abgeschottet im Auto.

ÖSTERREICH

Für alle, die auf der Suche nach einem neuen, günstigen Fahrrad sind, ist ein Flohmarkt eine praktische Anlaufstelle. Für alle, die sich aus Platzgründen von einem Rad trennen müssen, auch – denn das Verkaufen übernehmen die Organisator*innen. In Wolkersdorf findet am 26. März beim Flohmarkt der Stadtgemeinde auch ein Radbazar statt. Bei Schlechtwetter wird er auf den 2. April verschoben. Ab 8 Uhr werden Fahrräder angenommen, von 9 bis 12 Uhr läuft der Verkauf. In Krems gibt es beim Altstadtflohmarkt eine Radbörse: am 2. April, 7. Mai und 4. Juni, Annahme von 7.30 Uhr bis 8.30 Uhr, Verkauf von 8 bis 12 Uhr.

Neu dabei

Meine beste Investition war meine Radhose.

In Wien können Radfans am 2. und 3. April beim Falter-Flohmarkt am ARGUS Bike Festival fündig werden, oder an jedem ersten Mittwoch im Monat beim WUK Fahrradflohmarkt. In Graz findet am 14. Mai die AK Radbörse statt, Annahme ist am Vortag.

wolkersdorf.radlobby.at krems.radlobby.at bikefestival.at radflohmarkt.wuk.at radlobby.at/steiermark/ ak-radboerse-in-graz radflohmarkt.at

Einmal habe ich ein Tandem besessen. Mit dem habe ich meine Kinder von der Schule abgeholt – sie haben ihre Füße auf die Stange gestellt, und wir hatten alle einen Riesenspaß. Bis leider ein Polizist bemerkt hat, dass die StVO das nicht erlaubt: Die hintere Person muss die Pedale erreichen können. Ich bin der Radlobby beigetreten, weil mich ihre Raddemo am Klopeiner See im August so beeindruckt hat, dass ich auch helfen wollte.

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 23

GRAZ


Ein Baiskeli kann viel bewirken

Community

Die Schweizer Organisation Velafrica exportiert gebrauchte Fahrräder nach Afrika, wo sie Mobilität und Bildungschancen verbessern sollen. Zu Besuch bei einem Partnerhändler in Tansania.

275.000

Fahrräder hat Velafrica bisher aus den Alpen nach Afrika verschifft

54

Schiffscontainer mit

27.600

Rädern waren es allein 2021

Gründer Hans Harrison Lyombe will noch viele weitere ABCs in Ostafrika etablieren.

REPORTAGE: Alec Hager

E

s ist ruhig hier in einem Vorort von Arusha, der turbulenten Metropole nahe dem Kilimanjaro im Nordosten Tansanias. Nur Werkstattgeräusche und vereinzelte Autos auf der Staubstraße sind zu hören. Auf einem weitläufigen Gelände steht im Schatten von Akazien eine Ansammlung von Schiffscontainern, die mit einem Flugdach aus Blech zu einem Werkstattgebäude verbunden wurden. Hier, in der Arusha Bicycle Company (ABC), lagern hunderte gebrauchte Fahrräder, acht Mitarbeiter*innen und Lehrlinge schrauben an ihnen und bereiten fertige Räder für den Verkauf vor. Der Unternehmer Hans Harrison Lyombe hat die ABC im Jahr 2015 gegründet. Starthilfe bekam er dabei von der Schweizer

Hilfsorganisation Velafrica, die zur Zeit neben ihm noch acht andere Partnerhändler in Afrika unterstützt. Velafrica verbindet seit dem Jahr 1993 soziale Arbeit in der Schweiz mit Entwicklungszusammenarbeit. In rund 400 Schweizer Sammelstellen nimmt die NGO ausgediente Fahrräder entgegen, lässt sie in Werkstätten sozialer Einrichtungen reparieren und exportiert sie zu den Partnerhändlern in Tansania, Burkina Faso, Madagaskar, Südafrika, Ghana, Gambia und der Elfenbeinküste. Das Fahrradprojekt soll den Regionen viele positive Auswirkungen bringen: Kürzere Schulwege, fair entlohnte Arbeit, bessere medizinische Versorgung durch schnellere Erreichbarkeit von Krankenstationen. Warum eigentlich Räder aus zweiter Hand? Ein Taxifahrer, der unter dem Blechdach der ABC gerade ein schmuckes französisches Mountainbike um 350.000 tansanische Schilling (umgerechnet 135 Euro) begutachtet, erklärt: „Unsere Perspektive ist, dass Gebrauchtgüter aus Europa sehr gut sind, weil Weiße nur sehr gute Produkte verwenden. Daher vertrauen wir euren Rädern mehr als Neuem von anderswo.“ Es gehört zum Grundgedanken von Velafrica, dass die Fahrräder nicht kostenlos sind. Die lokalen Partnerhändler wie Lyombe kaufen die Räder günstig bei Velafrica, montieren sie fertig und

Fotos: Alec Hager (2), Sophie Stieger

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 24

Für die Menschen in der Massai-Ebene ist ein Fahrrad eine willkommene Erleichterung des Alltags.


Community

verkaufen sie zum ortsüblichen Preis weiter. So finanzieren die Fahrräder die Ausbildung und den Lohn der Mechaniker*innen und sonstigen Mitarbeiter*innen. Drei der acht Leute hier bei der ABC sind junge Frauen. Mädchen den Schulweg erleichtern 1.850 Fahrräder pro Jahr vergibt Velafrica über die ABC und andere Partnerhändler stark vergünstigt im Rahmen des Programms „Bike to School for Girls“, das Mädchen den oft stundenlangen Fußweg zur Schule erleichtern und sicherer machen soll. Dank kürzerem Schulweg sollen sie konzentrierter im Unterricht mitarbeiten können und mehr Zeit zum Lernen und für die Unterstützung ihrer Familien haben. 100 Millionen Kinder und Jugendliche in Subsahara-Afrika haben laut UNESCO keinen Zugang zu Bildung – ein Baiskeli, wie Fahrrad auf Kiswahili heißt, kann manchen diesen Zugang verschaffen.

In einer Velafrica-Werkstatt in Bern werden Spendenräder aufbereitet.

Kontakt velafricasupport@radvokaten.at, velafrica.ch Spendenkonto: Verein IG Fahrrad, IBAN AT57 4300 0414 0008 9003, BIC VBWIATW1, Kennwort Velafrica

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 25

Partner in Österreich gesucht Weil der Bedarf an gebrauchten Fahrrädern zu groß ist, um ihn weiterhin nur aus der Schweiz zu speisen, sucht Velafrica Kooperationspartner in Österreich: Werkstätten, die sich zutrauen, als Teil des Velafrica-Systems mit Arbeitssuchenden oder Auszubildenden mindestens 800 Gebrauchträder pro Jahr zu reparieren. Velafrica bietet eine Basisabgeltung für die fertigen Räder, die weitere Finanzierung müsste über Arbeitsmarkt- oder Integrationsmaßnahmen gesichert werden. Der Wiener Verein „IGF – Die Radvokaten“ unterstützt die Initiative bei der Expansion und freut sich über Mithilfe beim Aufbau der Strukturen, der Finanzierung von Werkstätten und der Organisation von Fahrradsammlungen. Er bittet darum, vorerst noch keine einzelnen Gebrauchträder anzubieten.

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Fahrrad & Recht mit Johannes Pepelnik

Ohne Licht – 1/3 Mitverschulden Die StVO schreibt vor1, dass man Fahrzeuge beleuchten muss. Die Fahrrad-VO2 schreibt bei Dunkelheit ein weißes ruhendes Vorderlicht und ein rotes Rücklicht, welches blinken darf, vor, die mit dem Rad fest verbunden sein müssen. In dem Fall 2 Ob 120/21t3 aus St. Johann in Tirol hatten die fehlenden Lichter und Reflektoren eine dramatische Folge: Verhandelt wurde die Frage, wieviel Mitverschulden der tödlich verunglückte MTB-Fahrer aufgrund der fehlenden Beleuchtungseinrichtungen zu verantworten hatte.

Johannes Pepelnik ist Rechtsanwalt in Wien und Vertrauensanwalt der Radlobby

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Passiert war am 10.8.2015 folgendes: In einer langgezogenen Linkskurve auf der Loferer Bundesstraße B 178, wo auch ein Linksabbiegestreifen beginnt, waren hintereinander der MTB-Fahrer und drei Autos unterwegs. Das erste Auto blinkte links und begann den Radfahrer zu überholen. Das Gericht stellte fest: die beiden hinter diesem Auto fahrenden Autos (Audi und BMW) hielten einen zu geringen Abstand, waren zu schnell und bemerkten den Radfahrer im Lichtschein des ersten Autos nicht. Das zweite Auto (Audi) deutete das Linksblinken des ersten falsch als Abbiegewunsch und überholte rechts. Als die Front des Audi auf Höhe der Beifahrertür war, lenkte das erste Auto nach rechts, der Audi lenkte auch nach rechts und streifte den Fahrradlenker mit dem Rückspiegel, wodurch der Radfahrer das Gleichgewicht verlor. Das dritte Auto (BMW) kollidierte mit dem Radfahrer, der wenige Tage später im Krankenhaus verstarb. Die erste und zweite Instanz gaben den Audi- und BMW-Fahrern die alleinige Schuld, weil der Radfahrer kurz im Lichtkegel des ersten Autos zu sehen war, sie zu schnell, zu unaufmerksam (Verstoß gegen das Gebot des Fahrens auf Sicht) und mit zu knappem Abstand unterwegs waren. Auch wenn das Rad ordnungsgemäß mit einem Rücklicht ausgerüstet gewesen wäre, hätte dies zur gleichen Sichtbarkeit des Radfahrers geführt, wie die, die durch das Abblendlicht des ersten Autos gegeben war. Der OGH hob diese Urteile auf und gab dem Radfahrer ein Mitverschulden von 1/3 mit der Begründung, dass Beleuchtungseinrichtungen fehlten. Dies sei eine Schutzgesetzverletzung. Mit den Beleuchtungseinrichtungen hätten die Autofahrer den Radfahrer bereits aus 100 Metern Entfernung gesehen und nicht erst aus 40 Metern und sie hätten daher einen Einfluss auf den Unfall. Der OGH setzte sich auch mit den Verschuldensquoten bei früheren Fällen unbeleuchteter Radfahrer-Unfälle auseinander und kam zu dem Ergebnis, dass 1/3 Mitverschulden angemessen ist, da er bei Dunkelheit mit einem gänzlich unbeleuchteten MTB auf einer Bundesstraße unterwegs war und den Beleuchtungsregeln besondere Bedeutung für die Verkehrssicherheit zukommt. Die grell gelbe Weste half dem Verunglückten nichts.

1 § 60 Abs. 3 StVO https:// www.ris.bka.gv.at/Norm Dokument.wxe?Abfrage= Bundesnormen&Gesetzesnummer=10011336& Artikel=&Paragraf=60& Anlage=&Uebergangsrecht= 2 § 1 Abs. 4 FahrradVO https://www.ris.bka.gv.at/ GeltendeFassung.wxe? Abfrage=Bundesnormen& Gesetzesnummer= 20001272 3 entschieden vom Obersten Gerichtshof am 21.10.2021 zur Geschäftszahl 2 Ob 120/21t - https://www.ris. bka.gv.at/Dokument.wxe? Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20211021_ OGH0002_0020OB00120_ 21T0000_000

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Alle Vorteile für Radlobby-Mitglieder Seite 18


Infrastruktur Weniger warten, mehr queren Das niederösterreichische Lanzendorf bleibt bei einer neuen Unterführung hinter den Möglichkeiten zurück. BERICHT: Andrzej Felczak

Foto: Andrzej Felczak

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Der Autoverkehr darf geradeaus fahren, die Radstrecke (rechts) kommt mit einem scharfen Schwenk.

bahn gerade verläuft. Für sich allein betrachtet, hat die Rad-Unterführung dennoch eine akzeptable Qualität. Die Gesamtlösung mit der Auto-Unterführung auf der Süd- und Rad-Unterführung auf der Nordseite bedeutet jedoch, dass Radfahrende, die Richtung Osten fahren, gleich zwei Mal die Auto-Fahrbahn queren

müssen. Auf der Ostseite der Bahnlinie wurde eine Verkehrsinsel als Querungshilfe errichtet, auf der Westseite müssen Radfahrende und Fußgänger*innen die Straßenseite ungeschützt wechseln. Zweckmäßig wäre es gewesen, zusätzlich einen Gehund Radweg auf der Südseite der Auto-Unterführung zu

errichten. Das hätte zugleich zukünftige Adaptierungen und Verbesserungen der Radinfrastruktur leicht möglich gemacht und wäre bei einem 14,5-Millionen-EuroProjekt finanziell vertretbar gewesen. Mit der jetzigen Lösung aber ist die Unterordnung des Fuß- und Radverkehrs an dieser Stelle für Jahrzehnte einbetoniert.

WAS HEISST EIGENTLICH?

Felgenmörder

Es ist ja an sich immer erfreulich, wenn neue Fahrradabstellanlagen errichtet werden. Leider werden auch heute noch oft billige Modelle neu installiert, bei denen nur das Vorder- oder Hinterrad gehalten wird. Praxistauglich sind solche einfachen Radhalter schon deshalb nicht, weil bei ihnen ein diebstahlsicheres Absperren von Rad und Rahmen kaum möglich ist. Mit zu breiten Reifen können diese Anlagen außer-

dem oft überhaupt nicht genutzt werden. Dazu kommt, dass moderne Felgen nicht dafür ausgelegt sind, seitliche Kräfte aufzunehmen. Bei starkem Wind oder wenn das abgestellte Fahrrad umkippt, kann das eingeklemmte Rad verbogen werden. Selbst wenn nicht sofort ein Schaden sichtbar ist, wird womöglich das Material geschwächt. Sowohl Felgen als auch Speichen können überdehnt werden und später reißen.

Solche Anlagen werden daher von vielen Radfahrenden abschätzig als „Felgenmörder“ bezeichnet. In weniger umgangssprachlichen Zusammenhängen laufen sie meist unter „Felgenklemme“ oder „Vorderradhalter“. Die Radlobby rät vom Bau solcher Abstellanlagen – auch in Form von Spiralbügeln – ausdrücklich ab und empfiehlt stattdessen Anlehnbügel. Mario Sedlak

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S

eit Mitte 2021 hat die Gemeinde Lanzendorf südlich von Wien zwei neue Unterführungen. Wer auf der Unteren Hauptstraße unterwegs war, musste bis dahin die Trasse der Ostbahn gleich neben dem Bahnhof ebenerdig queren. Die neuen Unterführungen – eine für Autofahrende, eine für Radfahrende und Fußgänger*innen – sollen die Unfallgefahr auf der Eisenbahnkreuzung bannen und allen Verkehrsteilnehmer*innen das Warten bei den Bahnschranken ersparen. Die vier Meter breite Unterführung für Radfahrende und Zufußgehende stellt zugleich den Zugang zu den Bahnsteigen dar. Unmittelbar neben den Zugängen sind überdachte Doppelstock-Fahrradparker aufgestellt. Nicht nachvollziehbar ist, warum die Unterführung in Form einer scharfen S-Kurve mit entsprechend ungünstigen Sichtverhältnissen angelegt wurde, während die parallel gelegene Auto-Fahr-


Infrastruktur

Verkehrsplanung mit Blumentöpfen

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Immer mehr Städte setzen auf modale Filter. Was sperrig klingt, ist ein einfaches und günstiges Instrument, um Stadtviertel attraktiver zu machen und komfortable Radrouten zu schaffen.

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Auch Bushaltestellen oder kleine Parks können als Verkehrsfilter angelegt werden

uf einer gut gestalteten Fahrradstraße entlangzurollen, ist für die meisten Radfahrenden ein angenehmes Gefühl. So wurden in einer deutschen Umfrage von 2019 zum Routenwahlverhalten von Radfahrenden mit rund 4.400 Teilnehmer*innen Fahrradstraßen am positivsten bewertet, sogar besser als baulich getrennte Radwege. Was Fahrradstraßen so attraktiv macht, ist, dass dort kein KfzDurchfahrtsverkehr erlaubt ist. In der Praxis sichergestellt wird das meist durch etwas, was Stadt- und Verkehrsplaner*innen in ihrer Fachsprache „Modale Filter“ nennen und was viele Verkehrsteilnehmer*innen aus dem Alltag zum Beispiel als Poller oder Blumenkübel kennen. Die werden so aufgestellt, dass eine Straße oder ein Platz zwar für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen sowie Menschen mit Rollatoren, Kinderwägen oder Rollstühlen passierbar bleibt, Autofahrer*innen aber nicht durchkommen – dass also die verschiedenen Verkehrsarten („Modi“) gefiltert werden. Modale Filter bieten Stadtverwaltungen eine einfache und kostengünstige Möglichkeit, um den Verkehr zu lenken. Wohnviertel lassen sich so einfach verkehrsberuhigen, zugleich entstehen komfortable Radrouten. Die verstärkte Nutzung von Echtzeitnavigationssystemen hat modale

Filter in den letzten Jahren noch wichtiger gemacht. Denn Navigationsgeräte berücksichtigen beispielsweise im Falle von Staus keine Straßenhierarchie und führen so Kfz-Schleichverkehre durch Wohngebiete. Die herkömmliche Straßensystematik, die Straßen auf Stadtplänen und idealerweise auch durch die Raumgestaltung als Haupt- oder Nebenstraßen erkennbar macht, eignet sich somit heute nicht mehr als einziges Steuerungselement. Wie also funktionieren modale Filter, und wie und an welchen Orten können sie bestmöglich eingesetzt werden? Modale Filter lassen sich in drei Grundformen einteilen: Verkehrszeichen, bauliche Sperren und Flächenumwidmungen. Einbahnen und Schulstraßen Filter durch Verkehrszeichen eignen sich besonders dann, wenn das Durchfahren mit Kfz unterbunden, der notwendige Kfz-Erschließungsverkehr aber ermöglicht werden soll. Hierzu zählen etwa Einbahnen, Sackgassen oder Fahrverbotszonen mit Ausnahmen für den Liefer- und Radverkehr, den öffentlichen Verkehr oder Kommunalfahrzeuge. Solche Filter können auch helfen, kleinräumige Fußgängerzonen mit Radfahrerlaubnis anzulegen, etwa vor

Fotos: Margit Palman, Philipp Schober, Illustrationen: ADFC/Timm Schwendy

TEXT: Philipp Schober


Poller und Sitzbänke Noch effektiver funktioniert die Kfz-Verkehrsberuhigung durch Filter in dauerhafter physischer Form. Die einfachste Variante davon sind reflektierende Poller. Sie sind rasch aufgestellt und preiswert, und bei Bedarf können Mitarbeiter*innen von Müllabfuhr, Stadtreinigung und Einsatzfahrzeugen sie mit entsprechenden Schlüsseln umlegen und durchfahren. In manchen Städten kommen auch elektronisch versenkbare Poller zum Einsatz. Mit ihrer Hilfe können etwa gewisse Zeitfenster für Lieferant*innen oder Zufahrtsrechte für Anrainer*innen definiert werden. Werden die Poller diagonal über eine Kreuzung gesetzt, spricht man von einem Diagonalfilter. Der erste Kfz-Diagonalfilter in Wien wurde 2018 im Zuge der Verkehrsberuhigung eines Viertels im 15. Bezirk errichtet. Die Kreuzung der „fahrradfreundlichen“ Goldschlagstraße mit der Hackengasse können Radfahrer*innen nun weiterhin in alle Richtungen überqueren; zweispurige Kraftfahrzeuge werden durch den Diagonalfilter zu einer Hauptstraße zurückgeleitet. Statt Pollern können auch Betonleitwände als bauliche Filter genutzt werden; teurere, aber dafür auch ästhetisch ansprechendere Varianten sind flexible Straßenmöbel oder Begrünungselemente. Sie können auch in Kombination mit Fahrbahnverengungen eingesetzt werden. Um auch Menschen auf Transporträdern und Fahrrädern mit Anhängern eine komfortable Durchfahrt zu ermöglichen, ist bei allen baulichen Filtern auf ausreichend Abstand zwischen den einzelnen Elementen zu achten. Grünflächen und Fußgängerzonen Wenn Stadtverwaltungen den Straßenraum neu und gerechter verteilen wollen, können sie einzelne Straßenabschnitte oder Plätze zu Geh- und Radwegen oder zu Fußgängerzonen

mit Radfahr-Erlaubnis umfunktionieren. Besonders gut eignet sich dieses Modell auch für Begrünungsmaßnahmen in dicht verbauten Stadtgebieten. In der Wiener Goldschlagstraße wurde es auf Höhe des ehemaligen ElisabethSpitals umgesetzt.

Infrastruktur

Groningen, London – und Wien? In Städten wie Freiburg, Münster und Groningen ist die „gefilterte Durchlässigkeit“ bereits seit Jahren ein Kernelement der Verkehrsplanung. Ein Comeback feiern modale Filter derzeit auch in den „low-traffic neighbourhoods“ (auch „Mini-Hollands“ genannt) in London, die sich an den planerischen Ansätzen der niederländischen „Woonerfs“ der 1970er-Jahre orientieren. Werden Verkehrsfilter in größerem Maßstab einsetzt, entsteht ein sogenannter „Superblock“. Mit diesem aus Barcelona stammenden Konzept wird der Kfz-Verkehr aus einer größeren Zone oder gar aus einem ganzen Viertel weitestgehend verbannt. Ein Forschungsprojekt des Deutschen Instituts für Urbanistik untersucht die Potenziale des Superblock-Konzepts für andere europäische Städte gerade in Berlin und Wien auf ihre Praxistauglichkeit. Die flächendeckende Implementierung von modalen Filtern in Nebenstraßen könnte auch in Österreich vielen Menschen entspanntes und komfortables Radfahren ermöglichen, sei es in Fahrradstraßen, in Begegnungszonen oder im untergeordneten Straßennetz. Neben Radfahrenden würden auch die Anwohner*innen profitieren: durch geringere Fahrgeschwindigkeiten, weniger Lärm, bessere Luft- und Aufenthaltsqualität sowie mehr Platz für Kinder.

Beispiele für gelungene modale Filter: Die Otto-Bauer-Gasse (links) und die Goldschlagstraße in Wien

Quellen Deutsches Zentrum für Luftund Raumfahrt e. V. 2019: Attraktive Radinfrastruktur. Routenpräferenzen von Radfahrenden. ADFC 2020: Modale Filter. 'InnoRAD-Factsheet 2/6. Deutsches Umweltbundesamt 2020: Quartiersmobilität gestalten. Verkehrsbelastungen reduzieren und Flächen gewinnen. Deutsches Institut für Urbanistik 2021: Stadtquartiere im menschlichen Maßstab umgestalten.

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Die Spezialisten in Wien

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Schulen oder an anderen belebten Orten. Wo dauerhafte autofreie Schulvorplätze nicht möglich sind, können mit Fahrverbotstafeln sogenannte Schulstraßen verordnet werden. Für je 30 Minuten vor Unterrichtsbeginn und nach Schulschluss werden sie für den Autoverkehr gesperrt, zum Beispiel mit mobilen Scherengittern; das Radfahren ist weiterhin erlaubt. Der Eltern-Bringverkehr wird dadurch reduziert, die Kinder sind im Schulumfeld sicherer unterwegs. Im Südtiroler Bozen gibt es ein solches Modell schon seit mehr als 15 Jahren, in Salzburg und Vorarlberg seit 2017, in Wien seit 2018.



PLUS  ⁄  MINUS

Verkehrs-Infrastruktur im Praxistest

Infrastruktur

Wien 11., Am Kanal

Wien 3., Adolf-Blamauer-Gasse

NÖ, Gänserndorf

Die Radroute Am Kanal/Schemmerlstraße verläuft neben der Bahnstrecke Richtung Flughafen und hat zwischen Speditionsstraße und Landstraßer Hauptstraße auf einer Länge von 4,2 Kilometern keine einzige Ampel. Der größte Teil der Route besteht aus (Geh- und) Radwegen. Jetzt wurden auf den restlichen drei Abschnitten, insgesamt 660 Meter lang, Fahrradstraßen eingerichtet. An mehreren Querstraßen gibt es neue Fahrbahnanhebungen, die den Verkehr entschleunigen und so sicherer machen. Das Queren der Geiselbergstraße mit ihren Straßenbahngleisen war bisher herausfordernd. Hier wurde anstelle von acht Auto-Stellplätzen eine sehr gute Querungsmöglichkeit eingerichtet, wo Radfahrende im Schutz von Verkehrsinseln auf das Vorbeifahren der Straßenbahn oder des Kfz-Verkehrs warten können. Bei der Radwegausfahrt Zehetbauergasse sorgt eine neue Verkehrsinsel für gute Sichtverhältnisse. Die Änderungen haben die Strecke für Radfahrende wesentlich komfortabler und sicherer gemacht.

Der neue, 490 Meter lange Zwei-Richtungs-Radweg zwischen Aspangstraße und Landstraßer Gürtel schließt eine Lücke im Hauptradverkehrsnetz und stellt die einzige baulich getrennte Radverbindung zwischen der rechten Bahngasse und der Ghegastraße und weiter Richtung Hauptbahnhof auf Höhe Fasanviertel dar. Er ist zwischen 2,5 und 3,6 Meter breit, nur beim Brückenpfeiler des Khunngassenstegs sind es lediglich zwei Meter. Die Hauptradroute Otto-PremingerStraße erreicht man über eine mit einer Verkehrsinsel geschützte Querungsstelle, weiter geht es über eine für den Radverkehr geöffnete Sackgasse. Über die Otto-Preminger-Straße lässt sich auch der Haupteingang des Bildungscampus Aron Menczer mitsamt Radabstellanlage erreichen. Ein Schwachpunkt ist die fehlende Querungsmöglichkeit auf der Höhe der Feuerwehrzufahrt, wo ein Seiteneingang des Bildungscampus und ein Radständer vorhanden sind. Auch fehlt Radinfrastruktur in der Ghegastraße.

Durch Gänserndorf verläuft entlang der Durchfahrtstraße Protteser Straße eine Radverbindung. Ende 2021 wurde auf 220 Metern zwischen Brunnengasse und Am Bergl ein schmaler Gehsteig verbreitert und als Geh- und Radweg deklariert. Radfahrende können jetzt den ganzen Ort abseits der Hauptstraße durchqueren. Der neue Weg ist jedoch nur 2,5 Meter breit. Angesichts des starken Gefälles, der vielen Hauseingänge, Garagenausfahrten und schlecht einsehbaren Seitengassen ist das sehr unsicher. Entschärfen ließe es sich, indem bergab die Radwegebenützungspflicht aufgehoben wird – durch das starke Gefälle können Radfahrende gut das Tempo des Kfz-Verkehrs erreichen, und auch das Konfliktpotenzial zwischen Radfahrenden und Fußgänger*innen würde sinken. Ein Pluspunkt sind die Fahrbahnanhebung und die Radfahrerüberfahrt bei der Querstraße Lessinggasse. Das Radweg-Ende-Schild vor der Radfahrerüberfahrt, das einen exakten inhaltlichen Gegensatz zu dieser darstellt, sollte allerdings rasch entfernt werden.

Neue Fahrradstraßen, bequemes Queren

Fotos: Andrzej Felczak (4), Helmut Kirchner, Ernst Reischauer

Lückenschluss im Hauptradverkehrsnetz

Steiler Geh- und Radweg mit Widersprüchen

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QUALITÄTSKONTROLLE: Andrzej Felczak


PLUS  ⁄  MINUS

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Infrastruktur

Wien 4., Irene-Harand-Platz

Wien 12., 15., Lobkowitzbrücke

NÖ, Traismauer, Donaustraße

Geöffnete Einbahn dank Einsatz der Radlobby

Denkmal verdeckt Sicht auf Fußgänger*innen

Die Rad-Langstrecke West verläuft entlang der Lobkowitzbrücke. Die Qualität der Rad-Infrastruktur war hier bisher niedrig. Jetzt wurde der Radweg von 2,2 auf drei Meter verbreitert, was einer guten Qualität im Sinne der Langstreckenkriterien entspricht. Bei der Querung der Fabriksbrücke wurde die rechtwinkelige Radwegeführung begradigt. Zudem wurde eine direkte Verbindung von der Lobkowitzbrücke zum Radweg Meidlinger Hauptstraße geschaffen. Die Vergrößerung der Flächen für den Fußverkehr bei der Kreuzung Linke Wienzeile/Ullmannstraße beugt auch Konflikten mit Radfahrenden vor. Ein großes Minus verdient die für Radfahrende ungünstige Ampelorganisation. Bei der Kreuzung Schönbrunner Straße/Meidlinger Hauptstraße entlang des Wienflusses ist die Ampelphase für Radfahrende gleich lang wie für Zufußgehende, obwohl es getrennte Ampeln gibt. Bei der Fabriksbrücke bekommen die Radfahrenden nur 20 Sekunden lang Grün, der Kfz-Verkehr aus derselben Richtung 70 Sekunden.

Die drei Kilometer lange, wenig befahrene Donaustraße ist die einzige Verbindung zwischen dem nordöstlichen Teil von Traismauer und dem fahrradfreundlichen Ortszentrum samt Bahnhof und Schulen. Südlich der Pizzeria Caramellini gilt durchgängig Tempo 30. Im Herbst 2021 wurde im Abschnitt zwischen Pizzeria und B43 eine Einbahn Richtung Norden verordnet. Richtung Süden mussten also sowohl Auto- als auch Radfahrende einen Umweg einlegen, der über Straßen mit Tempo 50 verläuft. Die Radlobby Traismauer hat sich bei der Stadt für eine Öffnung der Einbahn eingesetzt – mit Erfolg. Ein Stück südöstlich, bei der Berghäusergasse, wird derzeit eine große Siedlung gebaut. Sie ist nur 800 Meter vom Ortszentrum entfernt, eine Distanz, die Schulkinder gut mit dem Fahrrad zurücklegen können. Ein neuer Radweg entlang der stark befahrenen Landesstraße würde es den Kindern, die bald dort wohnen sollen, erlauben, sicher und komfortabel in die Schule zu radeln.

Vor kurzem wurde der Radweg entlang der Favoritenstraße verbessert (DRAHTESEL 4/21). Allerdings blockiert ein im Zuge des Umbaus versetztes Denkmal jetzt Radfahrenden und Fußgänger*innen die Sicht aufeinander. Da die Straße für Autos eine Einbahn ist, schauen vom Irene-HarandPlatz kommende Fußgänger*innen, die den Zebrastreifen passieren wollen, vor allem nach rechts – das Denkmal erschwert es ihnen zusätzlich, sich von links nähernde Radfahrer*innen wahrzunehmen. Diese wiederum können Fußgänger*innen, die vor dem Queren der Straße nahe dem Denkmal stehengeblieben sind oder von der oberen Favoritenstraße kommen, nicht sehen. Diese Situation ist nicht nur gefährlich, sondern widerspricht auch den Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen. Die Radlobby hat das Problem den zuständigen Stellen gemeldet. Die Reaktion: Der Schutzweg wurde zur Verbesserung der Sichtverhältnisse verschmälert, Radfahrende „sollen ihr Tempo anpassen“.

Schwachstelle entschärft, Ampelzeiten viel zu kurz

Einfach online Radbeschwerden abgeben: radkummerkasten.at


2. 3. APRIL

EINTRITT FREI

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willkommen auf europas größtem fahrrad festival!

Ein Frühling wie damals! Endlich wieder ein Argus Bike Festival auf dem Wiener Rathausplatz! Nach 2 Jahren Pause sehen wir uns endlich wieder auf dem Wiener Rathausplatz! Das Argus Bike Festival findet statt am Wochenende 2./3. April 2022. Und wir werden mit vollem Programm auffahren – mit all den Highlights, die wir nun so lange vermisst haben: Dirt Battle Vienna, Senad’s School2Rock, Pumptrack-Sessions, Fahrrad-Kinder-Welt, E-Bike-Test, großer Fahrrad-Messe und Falter-Fahrrad-Flohmarkt.


highlights 2022

Dirt-Battle Vienna

Senad’s School2Rock

Pumptrack-Contest

Fahrrad-Frühlingsputz

Das spektakulärste Highlight mit einem Highjump und Best-Trick-Contest.

Das coolste Klassenzimmer Österreichs, Nachwuchsförderung vom Feinsten!

Das Trailcenter Wien bringt Mountainbike-Flair auf den Rathausplatz.

Gleich 3 Waschanlagen für Fahrräder gibt es dieses Jahr am Rathausplatz!

Fahrrad-Kinderwelt

Grosse Fahrradmesse

E-Bike-Testparcours

Fahrrad Wien

Alles was Kindern Spaß macht & Eltern interessiert, wenn es um die Mobilität der Kleinen geht.

Das Herzstück der Veranstaltung, mit über 100 Marken und allen relevanten Herstellern.

Der größte E-Bike-Test Österreichs mit allen wichtigen Herstellern und den neuen Trends.

Alle Infos zu aktuellen FahrradThemen am Fahrrad-WienStand und Gratis-Radkarte 2022

Transport mit dem Fahrrad

Falter Fahrrad Flohmarkt

Histo Corner

Reisetrend E-Bike-Camping

Die umfassende Übersicht über Lastenräder, KinderTransporträder, Anhänger und followMe-Systeme.

Die ideale Möglichkeit unkompliziert sein Rad zu verkaufen oder ein günstiges Bike zu erwerben.

Hier finden sie alle zusammen: Die Sammler und die Sammlerstücke.

Verbindet zwei Trends zu einem ganz neuen Reise-Erlebnis.

Schmucke Sache(n)

RadsportlerInnen 2021

Transportrad-Förderungen

In Velo Veritas

Jede Menge Schmuck aus alten Fahrradteilen wird es heuer geben.

Die große Ehrung von Anna

Alles zu den aktuellen Förderungen am Argusund Fahrrad-Wien-Stand

Treffpunkt der RetroCommunity am In Velo Veritas-Infostand

Kiesenhofer und Patrick Konrad samt Autogrammstunde


marken 2022 2 rad-shop GERHARDT — ABUS — add-e — Alpina sports — Ampler Bikes — ARGUS — Assos — AUVA — Bakfiets — Bergspezl Best Bike — Bikepacking.at — Blacksheep eyewear — BMM Sports GmbH — Bosch eBike Systems — Briko — Brompton Böttcher — Bullitt — Butchers & Bicycles — Burgenland Tourismus — Cannondale — Cargobikes.AT — Caritas reStart — Castelli Chike — Christiania Bikes — Citybiker.at — Club Wien — Cooperative Fahrrad — Cube — Cycling people — cycleWASH CzechTourism — Dirt Love — Douze Bikes — Eleven — Elite Tours — evil eye – true sport eyewear — Fahrrad Wien — Finn Fischer E-Bike — Flachau — FlexiModal — Forstinger Österreich — Foschl — freytag & berndt — Geero E-Bike — Gentle Tent GLEAM Multi Use Bikes — Gloryfy unbreakable eyewear — Gore Bike Wear — Heavy Pedals — Hervis — Hohe Wand Wiese Iconic — Intersport Winninger — In Velo Veritas — Iron Curtain Trail SK-AT — Isaac — Isadore — Johnny Loco — Kalkhoff Bikes Kärnten Tourismus — Kemper Filibus — Kitzbüheler Alpen — Kona — KTM Bike Industries — Larry vs. Harry — INES Magazine Lipno am Moldaustausee — Lungau — MA 31- Wiener Wasser — Malaguti E-Bikes — MCS Trucks — Mittelburgenland-Rosalia Mostviertel — Movebloc/Maba — MTB-Destination Kärnten — My Esel — Neusiedlersee Tourismusverband Niederösterreich Rad- & Mountainbike-Land — Nihola — Nockbike — Nora Pure Sports — nu-cycl –new & upcycled stuff Oberösterreich Tourismus — Olomouc Region — Ostmähren – die Region Zlín — Patria — Peugeot — Pinarello — Polen — Puky QIO — QWIC E-Bikes — Radkutsche — Radland Kärnten — Radlobby ARGUS — Radlobby Österreich — Radregion Südmähren Radstadt — Raise your Bike — Rennradregion Salzburger Land — Riese & Müller — Salzbike — Salzburger Land — Scott sea chefs Human Resources Services — Simplon Fahrrad GmbH — SKS — Slovenia Outdoor — Specialized — spusu E-Bikes Stadt Wien-Wiener Wasser — Strida — Südburgenland Tourismusverband — Südmährische Tourismuszentrale — Swapfiets Taxi 40100 — Tern — Thule — toolfox.shop — Trailcenter Wien — Trek — Tschechische Zentrale für Tourismus Urban Arrow — Uvex — UYN — VAUDE — Veleon — VFS Fahrradmanufaktur — Visit Hotspots — W. König KG Wagrain-Kleinarl — Weinviertel Tourismus — Weissensee — Wexl Trails St. Corona am Wechsel — Wheelylift Wiener Alpen in Niederösterreich — WienMobil Rad — Wintersteiger — Winther — Wienerwaldtrails — WorkCycles Wienerwald Tourismus — WOOM — Xtracycle — Yuba — Zillertal Tourismus

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Lebensstil

Infrastruktur

Cinemascope

The Soul of a Cyclist

Wir folgen ihnen in ihre Werkstätten, Radgeschäfte, Häuser und Gärten, begleiten sie zu Ausfahrten, Picknicks und Vintage-Radevents auf der ganzen Welt und erfahren von den persönlichen Geschichten und Beziehungen hinter dem Lebensstil. Als erfrischende Antithese zur Social-Media-Fake-Welt geht es hier um real geteilte Momente, echten Austausch und Geselligkeit. Dieser Film ist eine in wunderschönen, ruhigen Bildern erzählte Hommage an das Fahrrad und die Menschlichkeit, die uns daran erinnert, das Wesentliche im Blick zu behalten.

An dieser Stelle stellt die Film- und Theaterwissenschaftlerin Ines Ingerle Klassiker und Neuheiten aus der Welt des Fahrrad-Films vor.

The Soul of a Cyclist Dokumentation, Portugal 2020, 73 Minuten, Drehbuch & Regie: Nuno Tavares. almadeciclista.com

Briefe aus der Ferne

Fotos: Michael Noske, Filmstill

Dieses Mal: Adelaide

Was Klima und Topographie betrifft, ist meine Heimatstadt Adelaide ideal zum Radfahren. Die zentralen Stadtteile sind so flach, dass man problemlos zehn Kilometer radeln kann, ohne zu schwitzen. Trotzdem ist die Stadt sehr autodominiert. Bei der Straßenplanung und im Verkehrsverhalten nimmt man auf Radfahrende wenig Rücksicht, oft werden sie als Hindernis für einen effizienten Verkehrsfluss gesehen statt als wesentlicher Teil davon. In meinen mehr als 30 Jahren als Radfahrer wurde die Infrastruktur ein bisschen verbessert, mit neuen Radstreifen, vorgezogenen Haltelinien und Abstellanlagen, aber es gibt noch viel zu tun. Manche Radfahranlagen sind gut gemacht, andere wurden vermutlich von Menschen entworfen, die noch nie Rad gefahren sind. Sie haben scharfe Kurven und Rampen, gelten nur während der Hauptverkehrszei-

ten, sind unzusammenhängend oder verschwinden plötzlich im Nichts. Am besten Rad fahren lässt es sich oft auf den „fahrradfreundlichen“ Routen in den Außenbezirken, die Radfahrende zur Durchfahrt nutzen können, Autofahrer*innen aber nicht. Viele Menschen hier fahren nicht Rad, weil sie es „zu gefährlich“ finden. Die niedrige Zahl an Radfahrenden wiederum spornt die Verantwortlichen nicht zu Verbesserungen an. Radfahren gilt als Aktivität einer fitten, mutigen und engagierten Minderheit, nicht als eine, durch die sich alle Menschen schnell und sicher fortbewegen können. Ich genieße das Radfahren in Adelaide, aber ich wünschte, es gäbe mehr Aufmerksamkeit und eine bessere Infrastruktur dafür, so dass alle von der Fitness und der Freiheit profitieren könnten, die es mir gebracht hat. Michael Noske

In den letzten Jahrzehnten wurde die Rad-Infrastruktur in Adelaide verbessert, aber noch immer gilt Radfahren als Aktivität einer mutigen Minderheit.

Drahtesel 1  ⁄  2022 – 37

Authentizität, Ökologie, Minimalismus – diese Prämissen für ein einfaches, freudvolles Leben werden in unserer Gesellschaft von Oberflächlichkeit, Isolation und Verschwendung abgelöst. Fake-Realitäten werden zur Norm, Neues kaufen liegt im Trend, und Räder werden optimiert, damit wir mit ihnen noch höher, schneller und weiter kommen. Nur: Macht uns das glücklich? „The Soul of a Cyclist“ folgt radfahrenden Menschen, die die klassischen Werte hochhalten und daraus Lebensfreude schöpfen. Sie bevorzugen das Alte gegenüber dem Neuen, das Restaurieren gegenüber dem Austausch. Ihre Liebe zum klassischen Fahrrad und dem daraus resultierenden Lebensstil verbindet die Protagonist*innen. Neue Räder seien zu industriell, sie hätten keine Seele, erklärt einer von ihnen. Das Fahrrad ist für sie alle beinahe ein eigenes Lebewesen, ein treuer Begleiter, mit dem sie Anstrengung, Schmerz und Freude teilen. Dank ihm haben sie ihre Horizonte erweitert, es transportiert sie – äußerlich wie innerlich.


Titel

Im Einklang mit der Natur

TEXT: Ines Ingerle

M

ehr und mehr Menschen wollen die Natur radelnd erkunden und entdecken das Mountainbiken für sich. Die Pandemie hat diesem Trend besonderen Rückenwind verschafft, durch E-Mountainbikes hat sich die Nutzergruppe zudem erheblich vergrößert. Eine erfreuliche und zugleich problematische Entwicklung. Denn wer sich einfach auf sein Rad schwingt und den nächstbesten Berg hinunterbrettert, kann viel Schaden anrichten im sensiblen Ökosystem Wald, kann Pflanzen und Böden kaputtmachen, Bäume beschädigen und sogar den Tod von Tieren verursachen. Aber Mountainbiken im Einklang mit der Natur ist durchaus möglich. Es braucht dafür neben verantwortungsvollen Radler*innen (siehe Kasten rechts) eine gut durchdachte Streckenplanung, an der Expert*innen aus allen Bereichen mitarbeiten. Förster*innen, Jäger*innen, lokale Naturschutzorganisation oder der Naturschutzbund können viele Plätze aufzählen, die unbedingt umfahren werden müssen: hochsensible Stellen wie beispielsweise Trockenwiesen, auf denen Orchideen wachsen. Sümpfe, in denen Kröten, Frösche oder Molche zuhause sind. Wildruhezonen, die Gämsen, Murmeltieren, Salamandern oder Steinböcken ungestörten Lebens-

raum bieten sollen. Brutstätten und Futterstellen, aus denen die Tiere nicht vertrieben werden dürfen. Sogenannte Bannwälder dürfen aufgrund ihrer Funktion – etwa weil sie eine Gemeinde am Fuße eines steilen Hanges vor Steinschlag und Lawinen schützen – nicht angetastet werden. Kaputte Bäume, erschöpfte Tiere Auch an weniger sensiblen Orten kann Mountainbiken dem Wald schaden. Denn Benutzung führt unweigerlich zu Abnutzung. Sowohl durchs Wandern als auch durchs Radfahren können sich Wege verbreitern und verzweigen: Sammelt sich Wasser und Schlamm in der Mitte des Weges, weicht man an die Ränder aus oder kürzt ab und schafft neue Pfade, wo vorher keine waren. Typische Schäden, die Mountainbiker*innen zu verantworten haben, sind darüber hinaus Bremswellen und Bremsrillen. Bremswellen, auch bekannt als Waschrumpeln, entstehen an Stellen, wo häufig gebremst wird. Längsrillen entstehen durch blockierende Räder beim Bremsen und machen den Wegen am meisten zu schaffen: Regenwasser sammelt sich in den Rillen und fließt rasch entlang des Gefälles ab. Dadurch kommt es zu Erosion und Auswaschung, Wur-

Foto: Uroš Grabner/Trailpark Jamnica, Illustration: Jasmin Erler

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Immer mehr Menschen entdecken das Mountainbiken für sich. Das kann Böden, Pflanzen und Tiere gefährden. Aber Expert*innen wissen, wie nachhaltiges und umweltfreundliches Mountainbiken funktionieren kann.


In einem Punkt sind sich alle einig Wie also kann ein harmonisches Miteinander von Natur, Mensch und Tier funktionieren? „Es braucht Routen, die attraktiv sind und gleichzeitig Flora und Fauna möglichst wenig stören“ erklärt Julia Beckel. Die Geografin arbeitet im Arbeitskreis Radtourismus der Radlobby mit dem Umweltbundesamt an einem Projekt, das bundesweite Empfehlungen für nachhaltige Mountainbike-Regionen abgeben wird. Legal befahrbare Strecken müssen so attraktiv gemacht werden, dass Mountainbiker*innen sie gerne nutzen und nicht auf andere Bereiche ausweichen, sagt auch Alex Pinter: „Wenn ich gezielt Routen freigebe, habe ich eine gewisse Lenkung.“ Die Instandhaltung von Strecken ist zeit- und personalaufwendig. Gerade gegen Ende der Saison oder nach Regenperioden sind beliebte legale Strecken oft so ausgefahren, dass sie gesperrt werden müssen. Studien zufolge sind die allermeisten Mountainbiker sehr naturverbunden – aber wenn die vorhandene Infrastruktur nicht ausreicht, weichen viele trotzdem wieder auf (nicht freigegebene) Alternativen aus. Auch der Österreichische Alpenverein kam daher bei einer 2020 durchgeführten Umfrage zu dem Schluss, dass es „in Regionen mit hoher Nutzerdichte unabkömmlich ist, Lenkungsmaßnahmen mit attraktiven und vor allem ausreichend Streckenangeboten zu schaffen“. Wie und wo neue Strecken am besten gebaut werden können, dazu gibt es viele mögliche Lösungen (siehe S. 40). Was aber alle Konzepte gemeinsam haben und worin alle Expert*innen

übereinstimmen, das ist die Erkenntnis, dass nur mehr Angebote den Druck aus dem System nehmen können. „Im Wienerwald bräuchten wir doppelt so viele Trails, um einen langfristigen Lenkungseffekt zu erzielen und Übernutzung vorzubeugen“, diagnostiziert der Forstwissenschaftler und Trailpark-Entwickler Alexander Arpaci. Damit mehr Strecken entstehen können, braucht es auch rechtliche Rahmenbedingungen, die Grundstückseigentümer*innen die Angst nehmen, für eventuelle Unfälle auf ihrem Grund haften zu müssen: „Es gibt eine gewisse Grundangst bei den Eigentümer*innen, dass sie verklagt werden könnten“, erklärt Alex Pinter, der die Probleme gut kennt, die entstehen, wenn verschiedene Waldbenutzer*innen aufeinander treffen. Wenn mehr und mehr Menschen die Natur radelnd erkunden wollen, dann braucht es ein dichteres Netz legaler, gut geplanter und nachhaltig angelegter Möglichkeiten dafür. Gelingt es, ein solches zur Verfügung zu stellen, dann profitieren Waldbesitzer*innen, Mountainbiker*innen und die Natur.

Lebensstil

Die Rechtslage Mountainbiken ist in Österreich auf Forststraßen und Wanderwegen grundsätzlich verboten, nur auf freigegebenen und ausgewiesenen MountainbikeStrecken ist es legal.

Mountainbike-Etikette* So können Mountainbiker*innen die Natur schonen 1. Trails wählen, die man beherrscht 2. An- und Abreise mit Zug und Rad, nicht mit dem Auto 3. Zwischen zwei Touren das Bike mit biologisch abbaubarem Reinigungsmittel waschen – im Dreck stecken Pflanzensamen, die nicht in andere Wälder gelangen sollten 4. Sich vorab über gesperrte Trails informieren, Absperrbänder beachten 5. Bei matschigen Verhältnissen zuhause bleiben oder gebaute Trails mit aufgearbeitetem Boden wählen – durchs Biken auf nassen Böden wird der Humus weggeschabt 6. Steile Trails meiden – je steiler ein Trail, desto mehr Erosion 7. Auf Abkürzungen durchs Gelände verzichten 8. Vorausschauend fahren, behutsam und langsam vor der Kurve bremsen, keinesfalls vor, in oder nach Kurven die Bremsen blockieren 9. Knifflige Stellen und Pfützen nicht umfahren, sondern entweder durchfahren oder absteigen und durchschieben 10. Spitzkehren nicht im Drift fahren, sondern ausfahren, Hinterrad umsetzen oder absteigen

*Quellen: bikehotels.it/de/magazin/news/249-die-6-gebote-fuer-trailschonendes-biken.html alpenverein.de/Natur/Naturvertraeglicher-Bergsport/Natuerlich-biken/

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zeln werden frei gelegt. „Wenn die Wurzeln dann beschädigt werden, können Feuchtigkeit und Pilze in den Baum eindringen“, erklärt Alex Pinter, staatlich geprüfter Mountainbike-Instruktor und Eigentümer eines Forstguts, in dem sich auch ein Mountainbike-Trail befindet. Speziell das Radfahren in der Dämmerung ist auch für viele Tiere gefährlich. Sie treten in dieser Zeit aus ihrer Deckung aus, wollen fressen und haben einen reduzierten Stoffwechsel. Wird etwa ein Hirschrudel in dieser sogenannten Notzeit aufgescheucht, bricht es kilometerweit aus und verbraucht dabei viel Energie. Um seine Energiereserven wieder aufzufüllen, verbeißt das Wild den Wald, und es kommt zu massiven Schälschäden. Für manche Tiere kann ein Aufscheuchen im Winter sogar ein Todesurteil sein, etwa für das Schneehuhn, das sich einschneien lässt und einen gut kalkulierten Kalorienverbrauch hat.


Lebensstil

Alles handgemacht Bikeparks sind designte Erlebnisräume voller künstlich aufgebauter Steilkurven und Rampen? Nicht unbedingt – sie können so angelegt werden, dass sie die Natur nicht schädigen.

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Diese Holzbrücke über ein Bachbett ist die größte künstliche Struktur im Trailpark Jamnica

J

Ausführliches Interview mit Dixi Strucl in der aktuellen Folge des Podcasts „Reich durch Radeln“: drahtesel.or.at/reich-durch-radeln

amnica, Slowenien, fünf Kilometer Luftline von der Grenze zu Kärnten. Voralpenland würde man bei uns sagen. Die Hügel hier sind wie Termitenbauten durchzogen von den Stollen, die 350 Jahre Blei- und Zinkbergbau hinterlassen haben. Auf einer der Hügelkuppen sitzt an einem sonnigen Tag im August 2021 Dusan Strucl in kurzen Hosen und Shirt mit Bikepark-Logo auf den Holzstufen seines Ökohotels „Koros“ und erzählt, wie er es geschafft hat, hier einen nachhaltigen Bikepark aufzubauen. Nach dem Studium der Geographie und Soziologie zog es den naturverbundenen Strucl, den alle nur „Dixi“ nennen, Mitte der 90er zurück in seinen Heimatort. Dort waren mit dem Bergbau auch die Jobs verschwunden, der Tourismus sollte das Problem lösen. Strucl erwirbt einen alten Bauernhof, restauriert ihn behutsam, stellt ihn auf Bio um und richtet darin ein Hotel ein. Beim Umbau setzt er auf einheimische Mitarbeitende und Materialien, aus dem Schweinestall wird eine Mountainbike-Garage, die Heizung stellt er auf Hackschnitzel um. Im Speisezimmer kommt, genauso kompromisslos autark und lokal, nur auf den Tisch, was rund um das Hotel geerntet oder geschlachtet wurde.

In der Zeit, als Strucl nach Jamnica zurückkehrte, wurde auch das Mountainbiken populär, und Strucl war einer der ersten, der – damals noch illegal – in den Wäldern unterwegs war und auch Downhill-Rennen organisierte. 2008, da ist er bereits jenseits der 50, beginnt er seinen eigenen Trailpark zu bauen. Das Wort Bikepark vermeidet Strucl: Es suggeriere künstlich aufgebaute Steilkurven, Sprünge und Holzrampen, und die findet man in seinem Park nicht. Gemeinsam mit seinem Sohn und einigen Freunden adaptiert Strucl stattdessen historisch gewachsene Hirten- und Holzarbeiterpfade und macht daraus ein Netzwerk von 24 Kilometern Länge. Ohne Förderung, ohne Maschinen, in der Freizeit. Wie man Trails nachhaltig baut, lernt Strucl nach und nach. Zu Beginn wollte er die Trails „sauberer“ und sichtbarer machen und entfernte daher mit dem Laubbläser die Fichtennadeln. Dann kam der Regen und wusch wegen der fehlenden Schutzschicht den Boden aus. Jetzt verwendet Strucl stattdessen Sand, den die Unwetter der letzten Jahre ins Tal gespült haben, um auf den Trails die freigelegten Wurzeln abzudecken. Die Trails sind also „bio“, natürlich geformt, eng und rau im dichten Wald, rasant auf laubgefüllten

Fotos: Jan Killian, Tomo Jesenicnik/Trailpark Jamnica

REPORTAGE: Jan Killian


Radeln, wo der Wald schon kaputt ist Ein Sprung zurück über die Grenze nach Österreich und 15 bis 20 Jahre in die Vergangenheit. Damals beschränkte sich das Angebot an legalen Strecken hauptsächlich auf Forststraßen. Moderate Anstiege, unspektakuläre Abfahrten, motorisierter Gegenverkehr. Viele Mountainbiker*innen suchten das technisch anspruchsvollere und erlebnisintensive Fahren und errichteten in Eigeninitiative, oft illegal, Schanzen und Trails in den Wäldern. Einige Eigentümer*innen und Förster*innen zeigten sich dialogbereit – so konnten die ersten legalen Trailparks in Österreich entstehen. Ein Beispiel für einen solchen „Community Park“ findet man nahe Klosterneuburg im Wienerwald. Im Trailpark Weidlingbach wurden Trails, Schanzen und Anlieger geschickt in den Wald integriert. Sie wirken zwar trotzdem wie Fremdkörper – aber der Biosphärenpark Wienerwald ist nicht nur ein Naturschutzgebiet, sondern wird auf drei Vierteln seiner Fläche wirtschaftlich genutzt, und wo mit

Harvestern Holz „gemacht“ wird, kann man mit Krampen und Schaufel auch Trails anlegen, ohne dem Wald weiter zu schaden. In einer solchen forstwirtschaftlich genutzten Zone steht der Trailpark. Weitere Trailparks nach dem selben Konzept entstanden in Folge am Mödlinger Hausberg Anninger und am Göttweiger Berg in der Wachau.

Lebensstil

Flowige Routen statt Gravity Trails In den letzten Jahren hat sich in alpinen Tourismusgemeinden ein weiteres Modell etabliert: Bikeparks in Skigebieten. Sie haben den Vorteil, dass die Natur durch den intensiven Wintertourismus sowieso schon stark beeinträchtigt ist und Biker*innen nicht mehr viel kaputtmachen können. Den Transport von Rad und Radler*in auf den Berg übernehmen die für die Skifahrer*innen gebauten Seilbahnen – auch hier ist der Schaden also schon angerichtet. Problematisch ist allerdings, wie auch bei vielen anderen Trails, die Anreise: Die wenigsten Trails sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar, die Anreise aus den Ballungsgebieten erfolgt hauptsächlich mit dem Auto. Und wie schon das Beispiel Jamnica gezeigt hat, ist es nicht nur wich-

Auch auf alten Wegen kann man scharfe Radien fahren.

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Hohlwegen. Nie hat man hier das Gefühl, in einem designten Erlebnisraum zu biken. Wichtig ist dem studierten Soziologen Strucl auch die Zusammenarbeit mit lokalen Bauernfamilien und Förster*innen. „Wenn sie sagen: Dixi, wir müssen diese oder jene Arbeiten im Wald durchführen, dann sperren wir die Trails“, sagt er. Und natürlich gibt es keine Seilbahn, die Biker*innen müssen sich die Abfahrt „verdienen“. „Wer mit Muskelkraft hinauffährt, kann nicht so oft hinunterfahren“, sagt Strucl, „so werden die Trails weniger abgenützt.“ Auch ein Shuttleservice lehnt er ab: „Das zieht eine andere Sorte Biker*innen an, die vielleicht nicht die Natur und meine Nachbar*innen respektieren.“ Gästen, die bei Dunkelheit mit Halogenlicht auf den Trail wollen, erklärt Strucl freundlich, aber bestimmt, dass der Wald ab der Dämmerung einzig den Tieren gehört.


Lebensstil

Geringere Gefälle bedeuten weniger Erosion und langlebigere Trails.

tig, wo ein Bikepark gebaut wird, sondern auch wie. Viele Bikepark-Projekte wurden vom Enthusiasmus der Downhiller und Endurobikerinnen befeuert, sagt Alexander Arpaci, Forstwissenschaftler, Gründungsmitglied von Wienerwald Trails und jetzt beim Unternehmen Schneestern verantwortlich für die europaweite Konzeption von Mountainbike-Angeboten. Gravity Trails in Falllinie fördern spektakuläre Bilder, Extremsportvideos und Wettkämpfe bringen Imagegewinn für den Tourismus. Doch für Arpaci verstärken solche Konzepte die negativen Effekte des Mountainbikens und gehen gleichzeitig am Wunsch der breiten Masse der Mountainbiker*innen vorbei.

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Weniger Downhill, mehr Fahrspaß

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80 Prozent der Mountainbikenden seien Einsteiger*innen oder moderat Fortgeschrittene mit weniger als zehn Jahren Erfahrung, sagt Arpaci. Sie würden sich keine extremen Sprünge wünschen, sondern markierte Routen in leichten und mittleren Schwierigkeitsgraden. Ein unübersichtliches Design und steile Passagen und Sprünge führten dazu, dass ungeübte Fahrer*innen spät und hart bremsen, sagt Arpaci. Das

führe nicht nur zu Frust und erhöhter Unfallgefahr, sondern auch zu Erosion. Die wiederum sorgt für steigende Wartungskosten – und natürlich für Schäden an der Natur. Arpacis Antworten auf diese Probleme: naturnahe Trails, horizontal entlang der Hangneigung gebaut – sie bremsen die Geschwindigkeit des abfließenden Wassers und bieten Biker*innen hohen Fahrspaß auch bei geringerer Geschwindigkeit. Verstärkte Wegedecken, für die die oberste (Humus-)schicht abgetragen und mit verdichtetem Mineralmaterial neu aufgebaut wird, reduzieren den Instandhaltungsaufwand und schonen die Wurzelzone; in Großbritannien sind sie schon üblich. Und Connector Trails, die Uphill- und Downhillstrecken einer Region verbinden, sodass man sie im Rahmen einer größeren Tour fahren kann. Gerade E-Biker*innen werden durch Uphill Trails unabhängig von Seilbahnen und Shuttle-Bussen. Über der Grenze, in Slowenien, baut Dixi Strucl seinen Trailpark immer weiter aus. Weitere 100 Kilometer legaler Trails plant er, bis hinüber nach Österreich. Aber nicht, um mehr Gäste für sein Hotel anzulocken, sagt er – sondern damit sich die Biker*innen besser verteilen. Anzeige

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Und in Österreich? Diese österreichischen Bikeparks bemühen sich um Nachhaltigkeit – ein bisschen zumindest.

Lebensstil

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Steiermark: Bikepark Schladming Auf den ersten Blick wirken die bombastischen Bauwerke wenig nachhaltig. Aber es handelt sich um fürs Skifahren gebaute Infrastruktur, durch das Mountainbiken hier werden also wenig neue Gebiete beeinträchtigt. Ein Shuttlebus erleichtert die Anreise ohne Auto, und die Bikepark-Regeln schreiben umweltfreundliche Reinigungsmittel für die Fahrräder vor.

Tirol: Bike Republik Sölden im Ötztal Hier werden neuerdings die Trails und Wege mit viel Handarbeit und mit kleinen Baggern statt mit großem Gerät gebaut, im Bemühen, möglichst wenig in die Natur einzugreifen. Es gibt Shuttlebusse; auch die Anreise in den mit Anhängern versehenen Linienbussen der Ötztallinie ist möglich, die Radmitnahme ist dort kostenlos. Salzburg: Saalbach Hinterglemm/Leogang Die Tourismusregion, in der es viele Mountainbike-Strecken in allen Variationen gibt, bemüht sich insgesamt um ökologische Verträglichkeit und Klimaneutralität. Sie setzt auf nachhaltigen und naturbelassenen Trailbau und betreibt ihre Seilbahnen zum Teil mit Photovoltaik – bisher ist der Anteil klein, er soll aber ausgebaut werden. Vorarlberg: Bikepark Muttersberg Ein kleiner feiner Bikepark nahe Bludenz – Anreise per Rad, rauf mit der Gondel, wenig Eingriff in die Landschaft.

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Oberösterreich: Feuerkogel Die Anreise zu dieser Downhillstrecke bei Ebensee – dem ersten legalen Trail im Salzkammergut, wo es sonst nur Forststraßen gibt – ist mit dem Zug möglich, der Trail ist großteils naturbelassen. Wien: Hohe-Wand-Wiese Zur Hohe-Wand-Wiese können Stadtbewohner*innen öffentlich oder direkt mit dem Rad anreisen; sie ist Teil der Initiative Wiener Wald Trails (siehe S. 41). Niederösterreich: Wexl Trails Immerhin am Wochenende kann man mit extra aufeinander abgestimmten Zügen und Linienbussen ohne Auto in den Bikepark zwischen Graz und Wien gelangen. Burgenland: Bikepark Ironracing Der Bikepark Ironracing liegt ganz in der Nähe von Eisenstadt, ist von dort aus leicht mit dem Rad erreichbar und erspart Bewohner*innen von Österreichs flachstem Bundesland so die (Auto-)Fahrt in die Alpen.

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Kärnten: Bike World Nassfeld Die Trails der Bike World, die sich vom Nassfeld über den Pressegger See bis zum Weissensee erstreckt, sind laut Website Naturtrails oder wurden auf ehemaligen Schmugglerpfaden und Wanderwegen angelegt. Die Bikeregion ist mit Zug und Shuttlebus, zum Teil auch per Schiff, erreichbar. Und, eine in Österreich seltene Möglichkeit: Man kann ein Mountainbike an einem Ort mieten und an einem anderen zurückgeben. Das erleichtert all jenen das Leben, denen die Radmitnahme im Zug zu mühsam ist.


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Von einer winterlichen Fahrradreise durch Nordsibirien bis zum Arktischen Ozean erzählt der deutsche Abenteurer Richard Löwenherz – ja, er heißt wirklich so – in diesem Buch. Ganz allein mit seinem Fatbike und einem Zelt trotzt er tagelang kalten Temperaturen und gefährlichen Situationen wie Schneestürmen oder Einbrüchen im Eis. Seine Reise führt ihn über zugefrorene Flüsse und durch die beeindruckende Natur der Arktis, der das Buch auf vielen Fotos den gebührenden Platz bietet. Doch am meisten sticht Löwenherz' Optimismus heraus – die Freude, die er trotz aller Schwierigkeiten am Radfahren findet, ist inspirierend.

Nanetti, Monica Mit dem Fahrrad durch Europa. Die besten 50 Mehrtages-Touren für jedes Fitness-Level Bielefeld: Delius Klasing Verlag, 2022 ISBN 978-3-667-12282-7 224 Seiten 30,80 Euro

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Löwenherz, Richard Eis, Abenteuer, Einsamkeit. Mit dem Fahrrad in die sibirische Arktis Bielefeld: Delius Klasing Verlag, 2021 ISBN 978-3-667-12223-0 158 Seiten 25,60 Euro

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Der Radschlag Sie fragen – unsere Expert*innen antworten

Haben auch Sie eine Frage an unsere Expert*innen? Schreiben Sie an radschlag@drahtesel.or.at

„Was kann ich gegen zugeparkte Radinfrastruktur tun? Polizei und Parkraumüberwachung scheinen sich darum nicht zu kümmern.“ Manuel Deuerling, 1190 Wien

Fotos: privat

Die Verkehrspsychologin

Der Radlobbyist

Lisa Lederer ist Rechtsanwaltsanwärterin bei Alix Frank Rechtsanwälte

Christine Chaloupka ist Verkehrspsychologin und Mitautorin eines Lehrbuchs

Roland Romano ist Sprecher der Radlobby Österreich

Fahrzeuge müssen laut StVO so halten oder parken, dass kein*e Verkehrsteilnehmer*in am Vorbeifahren oder Wegfahren gehindert wird. Das Halten und Parken auf Radfahranlagen ist – sofern sich nicht aus Verkehrszeichen und Bodenmarkierungen etwas anderes ergibt – ausdrücklich verboten. Taxis und Krankenwagen dürfen in gewissen Ausnahmefällen auf Mehrzweckstreifen kurz halten, um jemanden ein- oder aussteigen zu lassen. Wird durch ein stehendes Fahrzeug der Verkehr beeinträchtigt, hat die zuständige Behörde seine Entfernung zu veranlassen. Das Gesetz nennt explizit die Behinderung von Radfahrenden auf Radfahrstreifen oder Radfahrerüberfahrten. Für die Überwachung und die Meldung an die Behörde ist die Verkehrspolizei verantwortlich. Auch Mitarbeiter*innen von Straßenaufsicht, Straßenerhalter, Feuerwehr und öffentlichem Verkehr können in dringenden Fällen Fahrzeuge entfernen (lassen). Trifft man vor Ort weder Polizei noch Parkraumüberwachung an, kann man den Falschparker einer Polizeidienststelle melden – anonym telefonisch oder über Websites wie falschparker.at. Dort muss man seine Kontaktdaten bekanntgeben, laut Website werden diese aber nicht an die falsch parkende Person weitergeleitet.

Ist der Lenker oder die Lenkerin anwesend, sprechen Sie ihn oder sie an – und zwar am besten ohne Vorwürfe, denn diese rufen meist Reaktanz hervor, also eine Art Trotzreaktion. Weisen Sie lieber darauf hin, welche Umstände oder Schwierigkeiten Ihnen durch den blockierten Weg entstehen. Ist der oder die Fahrer*in des Autos nirgends zu sehen, können sie ein wohlformuliertes Kärtchen an die Windschutzscheibe stecken. Weil man in der Situation selbst nicht immer Papier und Stift bei der Hand hat und es manchmal auch schwerfällt, kühl und rational zu bleiben, ist es eine gute Idee, solche Kärtchen daheim vorzubereiten – damit sie auffallen, vielleicht in gelber Farbe auf Karton – und sie zum Beispiel in der Geldbörse immer mit dabei zu haben. Der Text darauf sollte auf keinen Fall untergriffig sein, sonst verdeckt die Form den Inhalt. Ratsam ist Humor – etwa der Text „Was habe ich da wohl falsch gemacht?“ neben einem Smiley und einem Radfahrer*innenIcon. Bleiben Sie jedenfalls höflich, aber nie unterwürfig. Bedanken Sie sich nicht überschwenglich, sondern höchstens mit einem knappen „Danke“. Denn eigentlich muss man sich für etwas, was einem zusteht, nicht bedanken – aber der Ton macht eben die Musik.

Verparken kann die schönsten Radwege zunichtemachen. Manchmal löst die freundliche Kontaktaufnahme das Problem. Der rechtliche Weg einer Anzeige mit Beweisen ist teils umständlich und der Vorwurf wird oft fallen gelassen. Zusätzlich wird dadurch die Radfahranlage nicht zeitnah wieder frei. Wenn man an der Benützung einer Radfahranlage gehindert ist, sollte man die Behörde über den Missstand informieren, z. B. per Telefon bei der nächsten Polizeidienststelle oder via 133. Die Behörde hat in solchen Fällen gemäß § 89a StVO nämlich die Pflicht, „das Hindernis ohne weiteres Verfahren zu entfernen.“ – also abzuschleppen o. ä., damit die Anlage sofort wieder nutzbar wird. Häufen sich Verparkungen an einer Örtlichkeit, lohnt sich oft eine systematische Lösung. Durch Poller gesicherte Sperrflächen, Haltezonen, geringere Fahrbahnbreiten etc. machen schon viele Straßen in Österreich sicherer.

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Die Juristin


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Impressum

DRAHTESEL – Das österreichische Fahrradmagazin 39. Jahrgang ⁄ Heft 1 Erscheinungsdatum 17. März 2022 Medieninhaberin (Verlegerin) und Herausgeberin Radlobby ARGUS   DVR-Nr.: 0445495 ZVR-Zahl: 265962142 Sitz Frankenberggasse 11 1040 Wien Vorsitz Andrzej Felczak andrzej.felczak@radlobby.at Chefredaktion Ruth Eisenreich chefredakteurin@drahtesel. or.at

Unter Mitarbeit von Stefanie Bermesser Daniela Bernold Walter Bradler Klaus Brixler Andrzej Felczak Hannes Friedrich Wolfgang Graschopf Magdalena Jöchler Jan Killian Paul Kubalek Valerie Madeja Margit Palman Peter Provaznik Roland Romano Brigitte Schicho Heidi Schmitt Mario Sedlak Andrea Siegl

Art Direktion Anna Hazod (karenziert) hazodschlagintweit.com Markus Schuster schusterjunge.at

Kolumnen Clara „Orca“ Felis Ines Ingerle Reinhold Seitl

Kontakt ARGUS-Fahrradbüro Frankenberggasse 11 1040 Wien Mo–Fr 14–19 Uhr, Sa 10–14 Uhr Tel.: 01  ⁄  505 09 07 Fax DW: 19 service@argus.or.at radlobby.at⁄argus

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Radlobby ARGUS   Wien – Büro Lichtenauerg. 4  ⁄  1  ⁄  1 1020 Wien Tel. & Mail siehe ARGUS-Fahrradbüro Mo–Fr 10–13 Uhr Bankverbindung IBAN AT82 2011 1841 6099 1000 BIC GIBA ATWW XXX Leserbriefe sind herzlich willkommen, allfällige Kürzungen können nicht ausgeschlossen werden. Zur Veröffentlichung ist die Angabe des vollen Namens und der Postleitzahl notwendig. Namentlich ge­ kenn­zeichnete Artikel müssen nicht mit der Meinung der DRAHTESEL-Redaktion übereinstimmen. Der DRAHTESEL ist das Vereinsmagazin der Radlobby ARGUS und wird in Kooperation mit den Vereinen der Radlobby Österreich hergestellt.

Radlobby Österreich ist Mitglied des Europäischen Radfahrverbandes ECF. Druck Ferdinand Berger & Söhne GmbH Die gesamte Produktion des DRAHTESEL wird nach dem österreichischen Umwelt­zeichen abgewickelt.

Das Österreichische Umweltzeichen für Druckerzeugnisse, UZ 24, UW 686, Ferdinand Berger & Söhne GmbH

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Rad & Sport Kiesl Gmbh Beratung, Verkauf, Service Freistädter Straße 297 4040 Linz Tel.: 0732 / 750 450 radsport.kiesl@aon.at radsport-kiesl.at


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Produkte & Technik TECHNIK-TIPP

Heiße Scheiben Scheibenbremsen, besonders hydraulische, haben viele Vorteile. Ihr größter Nachteil: Die Wartung ist aufwändiger als bei älteren Bremsentypen. Trotzdem kann man einiges selbst erledigen.

Petra Moser ist Fahrradmechanikerin in der Werkstatt Radhaus in Wien-Margareten

Sicherungssplint

Anfänger*innen Sind Bremsbeläge bis auf einen Millimeter Dicke abgefahren, sollten sie getauscht werden. Baue dazu zuerst das Laufrad aus. Löse den Sicherungssplint mit einer Zange oder bei Bedarf mit einem Torx oder Inbus. Wenn du einen Kolbenspreizer zur Hand hast, fahre damit vorsichtig zwischen die alten Beläge, um die Bremskolben komplett zurückzudrücken, und ziehe dann die alten Beläge heraus. Ansonsten ziehe zuerst die alten Beläge heraus und drücke dann die Kolben vorsichtig mit einem Reifenheber oder ähnlichem zurück. Baue die neuen Beläge und das Laufrad nun ein und drücke ein paar Mal am Bremshebel, bis die Bremse „reagiert“ und sich wieder normal anfühlt. Wenn du danach das erste Mal wieder fährst, bremse gern abrupt und etwas härter ab. So kannst du die Bremse noch effizienter machen.

Foto: privat, Illustration: Markus Schuster

Fortgeschrittene Wenn deine Scheibe schleift, liegt das meist an einer verbogenen Bremsscheibe oder an einem falsch ausgerichteten Bremssattel. Kleine Verbiegungen an der Scheibe kannst du mit einem BremsscheibenRichtwerkzeug beheben. Drehe dazu das Laufrad, bis du die Stelle lokalisieren kannst, wo die Scheibe an die Beläge schlägt. Biege die Scheibe dort vorsichtig gerade. Drücke den Bremshebel ordentlich und drehe das Rad erneut.

Bremsbeläge Kolben des Bremssattels

Wiederhole den Vorgang, bis die Scheibe die Beläge nirgends mehr berührt. Ist das Schleifgeräusch kontinuierlich, muss der Bremssattel neu ausgerichtet werden. Lockere dazu die beiden Schrauben (meist 5er-Inbus) des Bremssattels. Betätige den Bremshebel und fixiere ihn mit einem Band. Rüttle ein wenig am Laufrad und drehe die Schrauben am Sattel wieder fest. Wenn du jetzt den Bremshebel löst und das Laufrad drehst, sollte nichts mehr schleifen.

Profis Jede Scheibenbremse muss einmal entlüftet werden. Leider funktioniert das bei jeder Bremse anders. Bei hydraulischen Shimano-Modellen können sich geübte Bastler*innen schon mal drübertrauen. Du brauchst dafür ein ShimanoEntlüftungsset mit Spritze, Trichter, Öl und Abstandhalter. Baue Laufrad und Beläge aus und setze den Abstand-

Bremssattel

halter (Bleedblock) in den Bremssattel. Richte den Bremshebel parallel zum Boden aus. Entferne die Entlüftungsschraube am Bremshebel mit einem 2er-Inbus, achte dabei darauf, die Gummidichtung (O-Ring) nicht zu verlieren. Drehe den Trichter in die Öffnung ein und fülle ca. einen Zentimeter hoch Mineralöl ein. Nun widme dich dem Bremssattel. Auch dort gibt es eine Entlüftungsschraube, meist hat sie eine Gummikappe. Fülle die Spritze mit Öl, drücke ihren Schlauch fest auf die Schraube am Bremssattel und öffne diese um ca. eine viertel Drehung (dafür brauchst du meist einen 7er-Maulschlüssel). Drücke das Öl durch die Spritze – so lange, bis im Trichter am Hebel keine Bläschen mehr zu sehen sind. Schließe nun die Schraube am Bremssattel wieder und entferne die Spritze. Stöpsle den Trichter zu, entferne ihn und setze die Schraube am Hebel (mit O-Ring!) wieder ein. Falls der Druckpunkt noch nicht passt, wiederhole den Vorgang.

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Entlüftungsschraube


Produkte & Technik

Runter vom Rad, rein ins Büro Kleidung, mit der man bequem Rad fahren kann, aber auch am Arbeitsplatz nicht auffällt? Gibt es – dank moderner Materialien und spezieller Schnitte.

TEXT: Hildegard Suntinger

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Kein Frieren am Rücken

Der Trenchcoat von Agogic aus recyceltem Meeresplastik hält auch heftigen Regengüssen stand.

Wirklich funktionelle Radfahrkleidung gleicht die sitzende Position am Fahrrad aus und gibt Bewegungsfreiheit. Beides kann von entsprechenden Schnitten und Details geleistet werden. So brauchen zum Beispiel Jacken mehr Weite im Schulter- und Armbereich, längere Ärmel und ein längeres Rückenteil. Bei Hosen ist ein elastischer oder verstellbarer Hosenbund nötig, der hinten etwas höher geschnitten ist. Im Zusammenspiel stellen Hose und Jacke so sicher, dass der Rücken stets bedeckt ist. Um ein Reißen der Schrittnaht zu verhindern, brauchen Hosen außerdem ausreichend Weite im Hüftbereich oder einen Zwickel im Schritt.

Last but not least können Reflektoren die Sichtbarkeit im Dunkeln verbessern. Bei Hosen können diese im inneren Saum angebracht werden, sodass sie erst durch Umschlagen des Hosensaums in Erscheinung treten. Fasermischungen und Materialzonen Das größte Angebot an bürotauglicher Fahrradkleidung gibt es im Hosenbereich, der sich auf Jeans und Chinos konzentriert. Wichtig für die Funktion ist hier die Materialmischung. Baumwolle vermittelt ein angenehmes Tragegefühl, hat aber eine hohe Wasseraufnahmefähigkeit und trocknet langsam. Ein Nachteil, den Hersteller durch Fasermischungen und Beschichtungen ausgleichen wollen. Das kanadische Label DU/ER zum Beispiel mischt Baumwolldenim 30 Prozent technisches Polyester bei, das keine Feuchtigkeit aufnimmt. Ein Laminat an der Innenseite der Jeans schützt vor Wind und Regen. Im Vergleich zu Baumwolle sind Kunstfasern von vornherein wasserabweisend und trocknen relativ schnell. Meist auf Polyamid basierend, können ihnen durch technische Behandlungen noch weitere Funktionen hinzugefügt werden. Ein Beispiel dafür ist das Material Softshell, das über WWA hinaus auch noch wärmt und über ein breites Temperaturspektrum getragen werden kann. Der Hersteller Vaude hat es etwa bei Damenhosen eingesetzt und zusätzlich noch unterschiedliche Materialzonen eingearbeitet. Dadurch ist das Vorderteil der Hose winddicht und das Rückenteil wärmend und klimaregulierend. Bei Hemden und Blusen steht die Temperaturregulierung im Vordergrund. Die Firma Katusha Sports hat etwa eine Fasertechnologie entwickelt, die auf 72 Prozent Baumwolle basiert und eine konstante Körpertemperatur von 37,5 Grad verspricht. So wird die Energieleistung des Körpers nicht zur Kühlung benötigt, sondern kann voll in die Aktivität fließen.

Fotos: Agogic, Amity, Leonhard Hilzensauer/Nouw

A

uch wenn der Dresscode heute schon viel lockerer ist als früher und Anzug mit Krawatte oder Kostüm mit Pumps nur noch in wenigen Berufen nötig sind: Im neongrünen Radtrikot oder im pinkfarbenen Fleecepullover im Büro sitzen, das wollen die meisten nun doch nicht. Wer mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, hat also oft ein Garderobeproblem. Deshalb nehmen sich die einen Umziehsachen mit und die anderen nehmen lieber gleich den öffentlichen Verkehr. Beides muss aber nicht sein. Denn es gibt sie schon – Kleidung, die bürotauglich und fahrradgerecht ist. Noch nicht an jeder Ecke, aber wer online sucht, wird schnell fündig. In den letzten Jahren haben viele Sportmarken ihre Sortimente in Richtung funktionelle Kleidung für den Alltag erweitert. Damit erschließt sich eine neue Quelle für Kleidung, die Bewegungsfreiheit bietet und wind- und wasserabweisend sowie atmungsaktiv (WWA) ist. Letzteres verhindert, dass man durchfroren oder von Regen oder Schweiß durchnässt im Büro ankommt. Ein Blick in die Sortimente kann sich lohnen – aber spezifische Probleme von Radfahrenden werden darin nicht gelöst. Eine entsprechende Kompetenz findet man bei den Spezialisten.


Die Sakkos von Amity schützen dank Hochklapp-Kragen vor dem Fahrtwind, versteckte Schlitze im Rücken gewähren Bewegungsfreiheit.

Produkte & Technik

Die Softshell-Jacke des Wiener Labels Nouw ist mit Merino gefüttert – so kommt man auch im Winter mit zwei statt drei Lagen aus.

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© Markus Fruehmann

Herstellertipps Einen guten Überblick bietet der deutsche Onlineshop Paul Prediger. Hosen: Alberto, DU/ER, Jürgen Brand, Outlier, POC, Sigr, Vaude (Damen), Zimtstern Hemden: Pure, Jürgen Brand, Katusha Sports, Vaude Blusen: Pure, Vaude Sakkos, Blazer: Amity, Jürgen Brand Merinoteile und Unterwäsche: Icebreaker, Outlier, Super Natural Trenchcoats/Regenmäntel: Agogic, Amity, Basil, Nouw

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Um Jacken WWA-Funktionen zu verleihen, greifen umweltbewusste Hersteller oft auf EtaProof zurück, ein gewachstes Baumwollgewebe, das schon vor 80 Jahren für Militäruniformen verwendet wurde und weitgehend natürlich temperaturregulierend ist. Der wasserabweisende Effekt entsteht durch die dicht gewebten Fasern, die bei Feuchtigkeit aufquellen und sich dabei noch stärker verdichten. Das deutsche Label Amity näht aus EtaProof formelle, aber fahrradtaugliche Sakkos und Blazer.

Ein Beispiel ist das „Shooting Jacket“, das mit einem per Knopf zu schließenden Revers den Fahrtwind abhält. Zwei per Zipp zu öffnende Bewegungsschlitze im oberen Rücken ermöglichen es, Bewegungsfreiheit und einen guten Sitz zu vereinbaren. Aufgrund neuer Materialtechnologien kann man auch im Winter mit zwei statt den klassischen drei Lagen auskommen: Das Wiener Label Nouw hat zum Beispiel eine Softshell-Jacke entwickelt, bei der die wärmenden Eigenschaften mit Merinofutter verstärkt werden. Dadurch kann diese auch bei kalten Temperaturen direkt über dem Hemd getragen werden. Einen eleganten Regenschutz mit geringem Packvolumen hat das italienische Label Agogic entwickelt: Mit einer Wassersäule von 8.000 mm und geklebten Nähten hält der moderne Trenchcoat selbst bei heftigeren Niederschlägen auf dem Weg zur Arbeit trocken. Er ist aus recyceltem Meeresplastik hergestellt und durch seine Widerstandsfähigkeit sehr langlebig.


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Produkte & Technik

Die Kinder sind elektrisiert E-Bikes boomen, neuerdings kommen auch Modelle für Kinder auf den Markt. Ist das sinnvoll?

ERKUNDUNG: Martin Blum

Cosmo, 10 Jahre Woom 6 Up „Es war eine coole Erfahrung, auf einen Hügel zu fahren, ohne mich anstrengen zu müssen, und ich fand auch das Design des Fahrrads cool. Motor und Akku sind versteckt. Es war sehr leicht für ein E-Bike und hat sich für mich super gefahren. Gut fand ich auch, dass ich den Motor an der oberen Stange statt am Lenker einstellen konnte.“ Laufradgröße: 26 Zoll Gewicht: 16,6 kg Unterstützung bis: 20 km/h Preis: 2.990 € woom.com

verleihe Kinder-E-Mountainbikes im Sortiment, sie kosten meistens rund 30 Euro pro Tag. Was bringen also die Kinder-ElektroBikes, wann und für wen können sie sinnvoll sein? Zeit für einen Test. Mulmige Gefühle Wir, meine zehn- und zwölfjährigen Söhne und ich, laden zwei Kinder-EBikes und mein herkömmliches Fahrrad in den Regionalexpress von Wien in die tschechische Kleinstadt Znojmo. Am dortigen Eisernen-Vorhang-Radweg, dem EuroVelo 13 nach Retz, gibt es steile und ziemlich steinige Abschnitte. Der Untergrund ist für normale Fahrräder an der Grenze der Befahrbarkeit – ideal für die Probe. Tatsächlich meistern meine Kinder die Fahrt, auf der sie sich mit ihren eigenen Fahrrädern ohne E-Unterstützung wohl des öfteren beschwert hätten, mit einem Lächeln im Gesicht – und fragen bald, warum sie nicht auch in Wien mit Motor fahren können. Als die Kids dann auf einem schottrigen, leicht aufwärts führenden Weg vor mir davonziehen, kommen mir allerdings Zweifel. Denn: Wer Rad fährt, hat sich schon einmal in seinem Leben das Knie, die Hände, die Ellbogen oder alles zusammen aufgeschürft. Stürze gehören zum Erlernen des Radfahrens dazu, starkes Bremsen mit der

Fotos: Martin Blum

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er heute auf einem Ausflugsradweg am Land unterwegs ist, sieht oft mehr Radfahrerinnen und Radfahrer, die mit Elektroantrieb unterwegs sind, als solche ohne. Die Verkaufszahlen von E-Bikes haben sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verfünffacht, mehr als 40 Prozent der verkauften Fahrräder in Österreich haben heute Elektroantrieb. Elektrofahrräder für Kinder gab es jedoch bis vor kurzem praktisch nicht im Handel. Aus guten Gründen: Kinder haben meist genug Kraft und Energie, um sich ohne Elektro-Unterstützung fortbewegen zu können, und müssen üblicherweise weder sperrige Gegenstände noch andere Kinder transportieren. Viele klassische Anwendungsfelder für E-Bikes fallen damit weg. Außerdem wachsen Kinder und benötigen daher alle paar Jahre neue Fahrräder, die mit E-Unterstützung deutlich teurer sind als ohne. Nun bringen namhafte Hersteller trotzdem verstärkt E-Bikes für Kinder auf den Markt. Die sportlichen Mountainbikes kosten um die 3.000 Euro und sind für die Freizeit und zum Radfahren am Berg vorgesehen. Die Hersteller haben wohl vor allem Eltern im Fokus, die Radausflüge oder Mountainbike-Touren mit ihren Kindern unternehmen wollen. In Österreichs Bergregionen haben auch viele Rad-


Produkte & Technik

Auf dem EuroVelo 13 von Znojmo nach Retz probieren die Kinder des Autors das Fahren mit Elektroantrieb aus.

Über die Hügel in die Schule Zurück in der Stadt, wird mir auf einer kleinen Rundfahrt erneut mulmig. Die Kinder radeln mir davon und fahren im Hochgefühl des elektrischen Rückenwindes schnell auf Kreuzungen zu, ich komme nur mit Mühe hinterher. Obwohl die beiden den Fahrradausweis haben und oft mitten in Wien selbstständig zur Schule radeln, wird mir schnell klar: Für Alltagsfahrten in der Stadt würde ich ihnen kein E-Bike geben. Die limitierende Wirkung der Muskelkraft erscheint mir hier wichtig, zu stark wäre auf einem E-Bike die Ver-

suchung, im dichten Stadtverkehr zu schnell zu fahren. Ganz abzuschreiben ist das E-Bike für Kinder allerdings auch für Alltagsfahrten nicht. Als ich einmal meine Schwiegereltern im oberösterreichischen Mühlviertel besuchte, wo es recht hügelig ist, sah ich den 13-jährigen Nachbarsburschen mit seinem E-Bike auf der Straße vor dem Haus stehen und sprach ihn darauf an. Er fährt regelmäßig damit zur Schule in der zwei Kilometer entfernten, nur über stärkere Anstiege erreichbaren Bezirkshauptstadt. Für ihn bedeutet das mehr Selbständigkeit, und seine Eltern ersparen sich Hol- und Bringwege mit dem Auto. Das ist der Beitrag, den das E-Bike für Erwachsene, aber eben auch das Kinder-E-Bike, zur Verkehrswende leisten kann. Bei Steigungen, häufigem Gegenwind und längeren Strecken macht es das Radfahren attraktiver und wird eher zum Verkehrsmittel der Wahl als ein klassisches Rad. Und Anstiege, die vom täglichen Radfahren abhalten, gibt es in vielen Orten Österreichs. Wenn die Elektrounterstützung Kindern und Jugendlichen dabei hilft, im Alltag oder in der Freizeit mehr zu radeln, dann ist sie ein Gewinn.

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R O F D . E PA C K E R U T N E V D A OURI BIK E T

NG

Miro, 12 Jahre KTM Macina Mini Me „Am KTM hat mir das wuchtige Fahrgefühl gefallen. Es war fast wie auf einem kleinen Motorrad. Auch die Beschleunigung und die Power waren sehr gut. Ich konnte aus dem Stand ohne Probleme eine steile Steigung rauffahren. Gefallen hat mir auch das Display am Lenker, das mir auch meine Maximalgeschwindigkeit angezeigt hat. Weniger gut hat mir das Design des Fahrrades gefallen.“ Laufradgröße: 26 Zoll Gewicht: 20,9 kg Unterstützung bis: 25 km/h Preis: 3.099 € ktm-bikes.at

Der Autor ist Radverkehrsbeauftragter der Stadt Wien.

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Vorderbremse auf Schotter ist wie die Hand auf der heißen Herdplatte: Man macht es einmal und nie wieder. Die Sicherheit beim Radfahren entwickelt sich aber nicht von heute auf morgen, sondern schrittweise. Je geringer die Geschwindigkeit, desto weniger wahrscheinlich und desto glimpflicher sind Stürze. Um ein E-Bike mit seinen motorbedingt viel höheren Geschwindigkeiten sicher fahren zu können, braucht ein Kind mehr Konzentration und mehr Radfahrkönnen als bei einem klassischen Fahrrad.


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KLEINE ABENTEUER. GROSSE MOMENTE.


Tour & Reise

In manchen Gewässern auf dem Weg darf man auch baden, die meisten sind den Fischen vorbehalten

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Zwischen den Hügeln glitzern die Teiche Gleich ums Eck und trotzdem ganz anders: Unser Autor erkundet Mähren und Südböhmen mit dem Fahrrad und findet mediterran wirkende Altstädte, ein Biosphärenreservat und ein Restchen der ČSSR.

REISEBERICHT: Peter März

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Fotos: Peter März

ie letzten spätsommerlichen Tage locken zu einer Mehrtagestour. Bei einem Blick auf die Landkarte stechen Orte hervor, die ich zuletzt vor mehr als 30 Jahren mit meinen Eltern besucht habe: Znojmo, Telč, Třeboň, Jindřichův Hradec. Alle gut an das weitverzweigte, dichte und bestens ausgeschilderte Radwegnetz Tschechiens angebunden. Auf der rund 300 Kilometer langen, hügeligen Route, die ich auf fünf Tage verteilt zurücklege, liegen zahlreiche sehenswerte Städte, die Weizenfelder, Teiche und Wälder dazwischen erstrahlen im Sonnenglanz. Tag 1: Von Znojmo nach Telč (75 km, 1.000 Höhenmeter)

Aus Zeitgründen lege ich die erste Etappe von Wien nach Znojmo mit dem Zug zurück. In Znojmo leitet mich

der Radweg direkt vom Bahnhof durch die Stadt Richtung Westen, nur einmal muss ich kurz auf die Bundesstraße ausweichen. Die gelben Wegweiser sind gut positioniert, allerdings häufig nicht mit Ortsnamen, sondern lediglich mit vierstelligen Nummern beschriftet. Zur sicheren Orientierung benötigt man also eine gute Landkarte oder eine Touren-App. Ich verwende das kostenlose Portal Naviki und komme auf den ruhigen, durchwegs asphaltierten Nebenstraßen gut und rasch voran. Die Ortschaften in der von Wäldern und Feldern beherrschten Landschaft sind kompakt, Zersiedelung wie in Österreich scheint es kaum zu geben, auf beinahe jedem Dorfplatz gibt es ein Wirtshaus und ein Lebensmittelgeschäft oder eine Greißlerei. Die bei uns ab den 1950ern abgeholzten Alleen haben hier überlebt, ebenso die zahlrei-

Das Strandbad in Třeboň bietet neben Abkühlung auch eine kleine Zeitreise.


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Unsere Radreisen beginnen mit dem ersten Tritt aufs Pedal... Geführte Mehrtagestouren in diesem Jahr...

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Tag 2: Von Telč nach Třeboň (70 km, 700 Hm) Der nächste Tag führt zunächst nach Praskoley zu einem Baumdenkmal, einer uralten, hohlen Linde am Dorfplatz, und dann weiter nach Jindřichův Hradec. Hier, auf halber Strecke der Tagesetappe, hat man den Großteil der Steigungen hinter sich, kann sich mit einer Mittagspause belohnen und das Schloss besuchen, neben dem Prager Hradschin und jenem in Český Krumlov das drittgrößte Tschechiens. Weiter geht es auf wenig befahrenen, asphaltierten und hervorragend beschilderten Nebenstraßen durch dichte Nadelwälder, abgeerntete Felder und eine weite Ebene. Das einstige Sumpfgebiet wurde ab dem 14. Jahrhundert urbar gemacht, im Verlauf von Jahrhunderten legten Arbeiter*innen und Bäuer*innen tausende Teiche für die Karpfenzucht an, die sich so harmonisch in die Landschaft einfügen, als wären sie schon immer da gewesen. Heute ist die Gegend ein UNESCO-Biosphärenreservat. Die von Bürgerhäusern im Renaissance- und Barockstil geprägte, bei Tourist*innen beliebte Kleinstadt Třeboň liegt, von Dämmen gut geschützt, zwischen zwei der größten Teiche. Zahlreiche Gastgärten am Masarykovo námesti verlocken dazu, den Tag bei einem Bier Revue passieren zu lassen. Tag 3: Rund um die Böhmische Teichplatte (60 km, 200 Hm) Am darauffolgenden Tag erkunde ich die Böhmische Teichplatte. Entlang mehrerer stiller Teiche radle ich auf gut ausgeschilderten Wegen bis zu Tschechiens einziger Sanddüne bei Vlkov – kein Highlight, aber beeindruckend. Bei der Rückfahrt gelange ich unfreiwillig ins Waldviertel und auf den sehr holprigen Wanderweg, der entlang der Lainsitzquelle bei Karlstift bis zur Mündung der Lužnice in die Moldau führt. Gut durchgerüttelt komme ich zurück

nach Třeboň und gönne mir eine Abkühlung im aus der Zeit gefallenen Strandbad „Ostende“. Die an Katamarane erinnernden Tretboote und die abgenutzten Spielgeräte dort stammen vermutlich noch aus der ČSSR, auf dem ruhigen, glitzernden Wasser dreht ein kleiner Ausflugsdampfer gemächlich seine Runden. Der Wirt des Strandcafés bastelt in jeder freien Minute seelenruhig an einem seiner US-Oldtimer und lässt ab und zu den Motor losdröhnen; die wenigen Gäste wenden nicht einmal den Kopf.

Tour & Reise

An- und Abreise Die Direktzüge von Wien nach Znojmo nehmen keine Fahrräder mit. Daher die langsamere Umsteigeverbindung über Breclav wählen oder direkt von Wien losradeln (90 km, 600 Hm). Von Linz nach Wien im Railjet frühzeitig reservieren (oder auf dem Donauradweg zurückradeln).

Tag 4: Von Třeboň nach Rožmberk nad Vltavou (65 km, 900 Hm) Richtung Westen muss ich, um weite Umwege zu vermeiden, zunächst wenige Kilometer auf einer mäßig befahrenen Bundesstraße radeln. Danach führt die Strecke durch Wälder, die letzten 15 Kilometer auf einer geschotterten Forststraße. Die Landschaft ist unspektakulär, dafür ist man hier fast alleine unterwegs. Nach einer Pause in der kleinen Industriestadt Kaplice lassen mich Internet und GPS im Stich, dank meiner Oldschool-Papier-Landkarten und der Beschilderung kann ich mich trotzdem orientieren. Der steilste und längste Anstieg wartet beinahe am Schluss der Etappe. Ich quäle mich die letzten Meter hoch und erreiche zu Mittag Rožmberk nad Vltavou. Hoch über dem malerischen Ort thront, auf einem von der Moldau umspülten Felsen sitzend, ein uraltes Schloss, das bei einer Führung besichtigt werden kann. Ich setze mich mit einem Bier ans Ufer und beobachte die Paddler*innen. Tag 5: Von Rožmberk nad Vltavou nach Linz (60 km, 850 Hm) An der österreichischen Grenze enden die Fahrradwegweiser. Naviki und Google Maps schlagen mir mehrere Routen vor, die alle etwa 60 Kilometer und 900 Höhenmeter aufweisen. Ich wähle jene über Horný Dvořiště, Český Heršlák, Schenkenfelden und Reichenau. Erst ab Altenberg geht es auf der mäßig frequentierten Landstraße kontinuierlich bergab. Nach rund vier Stunden gelangen meine müden Beine und ich nach Linz, wo meine Tour endet. Meine Bilanz: Kaum überquert man die Grenze zu Tschechien, ändert sich die Landschaft markant. Die gewählte Tour quer durch das Land steht bekannteren Routen wie dem Iron Curtain Trail oder dem Elberadweg in Sachen Attraktivität nichts nach. Abseits ausgetretener Pfade kann man sich hier noch treiben lassen und gelangt dennoch am Ende jeder Etappe an ein lohnendes Ziel.

Unterkünfte Zahlreich, in Pandemie-Zeiten viele freie Zimmer, in der Hochsaison empfiehlt sich eine Reservierung. Empfehlungen: Telč: www.kamenne-slunce.cz Třeboň: www.apartmany21.cz Rožmberk nad Vltavou: www. hotelrozmberk.cz Varianten Wer genügend Zeit hat, kann die Tour fast beliebig verlängern, z. B. nach Třebič, Jihlava, České Budějovice oder Český Krumlov oder in den Narodni Park Podyjí/Nationalpark Thayatal.

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Linz

Italienische Architekten haben den dreieckigen Marktplatz von Telč geprägt.

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chen Nebenbahnen. Die Lautsprecher für Notfalldurchsagen prägen die Ortsbilder. Entlang der Wege stehen noch mehr Kreuze als in Niederösterreich. Nach sechs Stunden und vielen leichten, dafür langgezogenen Steigungen erreiche ich mein erstes Etappenziel, die Weltkulturerbestadt Telč mit ihrem aus dem 13. Jahrhundert stammenden Schloss. Die RenaissanceHäuser mit ihren Arkadengängen, von italienischen Architekten entworfen, verleihen dem an einem großen Karpfenteich gelegenen Marktplatz ein mediterranes Flair.


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Neulengbach

Eine mehrwöchige Tour nach Istrien mit einem Zwei-, einer Dreiund einem Sechsjährigen ? Geht, macht Spaß – und erweist sich nach den ersten harten Tagen als unkomplizierter als gedacht.

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Triest

Rovinj Premantura

Mit kleinen Kindern auf großer Reise

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REISEBERICHT: Michael Hempt

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ber eine kleine Schotterstraße rollen wir den Berg hinunter. Vor uns liegt Rovinj mit seiner unverkennbaren Altstadt, dahinter das blaue Meer. Erst kurz vor der Stadt tauchen wir in den quirligen Verkehr ein, fahren vorbei an überfüllten Parkplätzen und sind rasch mitten im Zentrum. Langsam radeln wir durch die Stadt und lassen die Eindrücke auf uns wirken. Plötzlich Geschrei im Anhänger: Unsere dreijährige Tochter Frida wurde Opfer einer zielsicher ausgeführten Möwenatt(k)acke. Rasch findet sich jemand, der uns einen Gartenschlauch zur Verfügung stellt. Sauber, frisch eingekleidet und mit einer kleinen Stärkung als Trost legen wir die letzten Meter zum Campingplatz zurück. Bald haben wir unter Pinien unser Zelt aufgebaut und sitzen mit Kaffee und Eis am Strand.

Eine lange Radtour mit drei kleinen Kindern zwischen zwei und sechs Jahren? Als wir begonnen haben, darüber nachzudenken, hat uns unser Umfeld für verrückt erklärt. Auch wir hatten großen Respekt vor unserem Vorhaben, aber die Abenteuerlust war noch größer. Gewissenhaft haben wir die passende Ausrüstung zusammengestellt und eine möglichst verkehrsarme Route über die Berge ans Meer gesucht. Unser Ziel: Istrien. Die Idee, mit dem Rad hin- und mit dem Zug zurückzufahren, mussten wir verwerfen: Die ÖBB nehmen im Nachtzug aus Split zwar Autos, aber keine Fahrräder mit. Ende Juni 2021 radeln wir von unserem Heimatort Neulengbach (NÖ) los. Erst auf Nebenstraßen und Feldwegen Richtung Westen, dann die Donau entlang nach Ybbs. Der Start unserer Reise

Fotos: Michael Hempt

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1 Kurz vor Rovinj Allein auf weiter Flur in der Nähe des Limski Fjord 2

3 Zwischen Celje und Vitanje Eine von vielen Bergetappen in Slowenien 4 Waidhofen an der Ybbs Die Familie findet in den Reisemodus 5 Vor Monfalcone Ein Gitter quer über den Radweg – zum Glück findet sich eine alternative Route 6 Istrien Aus dem Schlafen unter dem freien Himmel wird wegen leichtem Regen nichts – schön ist der einsame Platz am Meer trotzdem

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Ennstalradweg Mit dem Stufentandem von Schladming nach Radstadt


Tour & Reise

ist hart: Es ist heiß, die Kinder schlafen im Zelt schlecht ein, uns fehlt die Routine, und der Donauradweg macht besonders bei starkem Gegenwind keinen Spaß. Am dritten Morgen sind wir am Ende, überlegen, nach Hause zu fahren. Vielleicht wollten wir zu viel? Etwas verzagt geben wir der Sache noch eine letzte Chance und werden im Ybbstal umgehend verzaubert. Der Radweg verläuft anfangs auf Nebenstraßen, ab Waidhofen auf einer aufgelassenen Bahntrasse – eine der schönsten Etappen der gesamten Reise. Bei Opponitz schlafen wir, jetzt glücklich, auf einer einsamen Wiese direkt am Fluss.

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Der Lagerkoller bleibt aus Vom Ybbstal geht es an Tag 4 hinüber zur Enns, die Bundesstraße durch das Gesäuse meiden wir dabei und nehmen stattdessen bei Reichraming eine wunderbare Strecke, die auf einer alten Bahntrasse nach Süden in den Nationalpark Kalkalpen führt. Beim Anstieg auf die Mooshöhe haben wir unseren ersten Patschen. Wir laden die Taschen in den Anhänger und gehen die letzten Meter zur Hütte zu Fuß. Von den Wirtsleuten werden wir herzlich empfangen, die Kinder bekommen Schokolade, wir ein Bier. Rasch ist der Schlauch geklebt,

und wir dürfen auch noch unser Zelt im Garten aufschlagen. Die weitere Route führt uns am siebenten Tag über Windischgarsten wieder ins Ennstal, von dort folgen wir dem Ennstalradweg bis Eben. Die erkämpften Höhenmeter sausen wir auf der Bundesstraße nach Bischofshofen wieder hinunter. Von dort geht es in den folgenden Tagen auf dem Alpe-Adria-Radweg über Gastein und Villach weiter bis Tarvis. Gestärkt durch (endlich) italienischen Kaffee beschließen wir, nach Slowenien abzubiegen, und fahren über bestens ausgebaute Radwege nach Kranjska Gora und Jesenice. Mit dem Zug geht es am 20. Reisetag ins Soča-Tal und von dort weiter Richtung Süden. Wir haben geplant, immer wieder ein Hotel zu nehmen, wenn das Wetter anhaltend schlecht ist oder der Zelt-Lagerkoller ausbricht. Zu unserer eigenen Überraschung schlafen wir letztendlich nur einmal im Hotel. Meist wissen wir am Morgen nicht, wo wir am Abend unser Zelt aufschlagen werden – wir genießen die Freiheit, die mit der Gewissheit kommt, dass wir unser Zuhause und alles, was wir brauchen, stets dabeihaben. Wenn vorhanden, nutzen wir Campingplätze; wo es keine gibt, fragen wir nach einem Platz für unser Zelt und Anzeigen

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werden kein einziges Mal abgewiesen. Die Begegnungen sind freundlich und ermutigend. Wir lernen, dass es wichtig ist, schon früh einen Platz für die Nacht zu suchen, solange alle ausreichend bei Kräften sind. Besser noch eine Runde spazieren oder baden gehen als am Abend Stress zu haben. Rasch entwickeln sich Routinen – meist baut Johanna unser Zelt auf, während ich mit den Kindern die Umgebung erkunde. Im Zelt hat alles seinen Platz, und bereits nach wenigen Tagen finden wir uns gut zurecht. Rasch merken wir aber, dass wir trotz sorgfältiger Vorbereitung mehr mitgenommen haben, als wir brauchen. Schon von Radstadt aus schicken wir einen Teil unserer Ausrüstung nach Hause, von Triest nochmal einen vollen Sack Kleidung.

Tour & Reise

Herausforderung am Bahnhof Jesenice – glücklicherweise packt eine hilfsbereite Schaffnerin mit an.

Für die Routenplanung orientieren wir uns am Radfernwegenetz und kombinieren dieses mit lokalen Radwegen, die wir über „Open Cycle Maps“ finden. Hauptsächlich fahren wir auf Radwegen oder wenig befahrenen Straßen, großteils asphaltiert. Nur vereinzelt, beispielsweise zwischen Monfalcone und Triest, gibt es Passagen mit ho-

In der aufgeweichten Erde Kroatiens streiken die Räder des Tandems. Ein Wasserschlauch und ein Spielplatz am Campingplatz werden den Tag retten.

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Schlafen am Strand


© Amazon of Europe Projekt

AMAZON OF EUROPE BIKE TRAIL 1.250 KM BIKEERLEBNIS, 27 ETAPPEN, 3 FLÜSSE UND DER WELTWEIT ERSTE UNESCO 5-LÄNDER BIOSPHÄRENPARK. Das alles erwartet Dich auf dem neuen, buchbaren Fernradweg, welcher im Herbst 2021 eröffnet wurde. Sei einer der ersten RadlerInnen, welche diesen neuen Stern am Fernradweghimmel erkundet und erlebe ihn von seiner schönsten Seite – unberührt, grenzenlos, vielfältig und authentisch. Entdecke die weiten Flusslandschaften des weltweit ersten UNESCO 5-Länder-Biosphärenparks Mur-Drau-Donau gemütlich auf Deinem Fahrrad und tue dabei gleichzeitig etwas Gutes für die Natur mit dem Naturschutzprogramm „Cycle for Nature“. Durch das „Cycle for Nature“-Programm gelangt automatisch ein Teilbetrag Deiner Buchung an ausgewählte Naturschutzprogramme in der Amazon of Europe Region. Der Amazon of Europe Bike Trail ist auf zwei Routen aufgeteilt - die Süd- und die Nordroute. Obwohl so unterschiedlich, haben beide jedoch eines gemeinsam. Den Start- und Zielpunkt des Amazon of Europe Bike Trails. Von Mureck (AUT) angefangen, geht es bei Beiden entlang der Flüsse Mur, Drau und Donau, durch insgesamt fünf Länder und unterschiedliche Kulturen und finden ihr Ziel in Mohacs (HUN). Freue Dich auf viele spektakuläre Radkilometer, facettenreiche Naturschauspiele, inspirierende Begegnungen mit Menschen der Region und spannende Kulturen, traditionelle Köstlichkeiten, unterschiedlichste Landschaften und besondere Orte. Kein Zufall, dass die Region rund um den Amazon of Europe, wegen ihrer Naturbesonderheiten von der UNESCO zum weltweit erstes 5-Länder Biosphärenpark Mur-Drau-Donau ausgezeichnet wurde.

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Tour & Reise

Ausrüstung Unsere Kinder Frida (3) und Jan (2) sitzen bei mir im Thule Chariot Anhänger, Paul (6) fährt mit Johanna auf einem Hase Pino Stufentandem. Die MountainbikeKassette am Tourenrad erweist sich in den Bergen als sinnvolle Investition.

Simple Therm-A-Rest-Faltmatten dienen uns nachts als Isomatten, untertags als Picknickdecken. Unkaputtbar, leicht, aber sperrig. Ein Tangria-Kocher mit Gaseinsatz leistet uns gute Dienste. Dazu zwei Töpfe, eine Pfanne, drei Becher zum Essen und Trinken, fünf Löffel. Die Hamam-Handtücher von LeStoff sind angenehm, auch als Leintücher auf den Isomatten, und relativ kompakt zu verstauen. Ein kleiner Klappstuhl von Helinox sowie eine dünne Merino-Seidendecke erhöhen den Komfort. Das Regengewand lassen wir oft in der Tasche, wenn es warm genug ist – so haben wir nach der Ankunft trockene Sachen.

3 1 Soca-Tal Auf einem steilen Wegstück hilft die ganze Familie zusammen 2 Gleinkersee Ausruhen am Campingplatz nach 250 Höhenmetern 3 Haus im Ennstal Aufbruch Richtung Radstadt – der Regen wird schon irgendwann aufhören

hem Verkehrsaufkommen. In Italien sind die Autofahrenden rasant, aber wachsam unterwegs, selbst im dichten Stadtverkehr von Triest fühlen wir uns sicher. In Kroatien erscheint uns der Verkehr leider weniger kontrolliert. Unsere zur Abstandsnudel umfunktionierte Schwimmnudel leistet uns gute Dienste dabei, gestresste Auto-Urlauber*innen auf Distanz zu halten. Im Auto wäre das zu anstrengend

Ein kleines Solarpanel versorgt uns mit Strom für die beiden Handys. Das Laden während der Fahrt funktioniert allerdings nicht gut. Werkzeug, Öl, ein paar Ersatzteile sowie ein gutes Erste-Hilfe-Set mit Reiseapotheke (Wundnahtstreifen!) sind immer dabei. Wir haben eine Handvoll kleine Kinderbücher und als Musikinstrument ein Xaphoon mit. Steine und Stöcke sind Spielzeug genug (und werden immer wieder heimlich in den Anhänger geladen).

Istrien erleben wir dann bis auf wenige Unterbrechungen als FahrradParadies. Fast die gesamte Küste lässt sich auf kleinen Wegen und Nebenstraßen ohne nennenswerten Autoverkehr erkunden. Teilweise fahren wir auf Mountainbike-Routen, ich wünschte, ich hätte dickere Reifen mit etwas mehr Profil. Nach einem Regen bleiben wir einmal im Gatsch stecken – gut, dass wir flexibel sind, was unsere Tagesziele betrifft. Wir entdecken einsame und wilde Plätze, schlafen in einem verfallenen Gebäude und direkt am Strand. Wenig später fahren wir am Wohnmobilstau vor einem großen Campingplatz vorbei und sind dankbar, dass die Geschmäcker verschieden sind. Glücklich kommen wir nach 29 Tagen in Premantura an und machen einige Tage Pause, bevor es zurück nach Hause geht. Der Zeltnachbar aus

Ungarn erzählt uns vom Stau während seiner 14-stündigen Autofahrt hierher – also uns wäre das zu anstrengend. Bei der Heimreise folgen wir auf fast der gesamten Strecke dem (anfangs nicht ausgeschilderten) Eurovelo 9. Er führt uns quer durch das wundervolle Slowenien, der Streckenverlauf ist landschaftlich abwechslungsreich und bis auf den Anstieg direkt nach Izola weitgehend verkehrsarm. Es sind einige Höhenmeter zu überwinden, auf kleinen Bergstraßen in den slowenischen Wäldern sind sie aber auch für schwer beladene Tourenräder meist gut fahrbar. In Österreich führt die Route dann entlang des Murradwegs nach Bad Radkersburg und von dort durch beste Weingegenden gemächlich Richtung Norden. Bis auf den Wechsel gibt es auf diesem Abschnitt keine nennenswerte Berge, und auch dieser ist – anfangs auf dem Pannenstreifen der Bundesstraße, später auf Begleitwegen – gut zu bewältigen. Nach 50 Tagen und fast 2.000 gefahrenen Kilometern kommen wir zu Hause an. Dankbar blicken wir auf eine sehr besondere Zeit zurück und staunen ein wenig: Alles in allem war die Reise wesentlich unkomplizierter als gedacht. Allen Familien, die kein Problem damit haben, gelegentlich zu schwitzen, können wir derartige Vorhaben nur empfehlen.

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Ein gutes, leichtes Zelt für fünf Personen? Schwierig. Es wurde das Lofoten Trek Camp 5 von Helsport.


Forum Jetz

Zu: Sprachfehler, DE 4/21

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Im Zusammenhang mit „Sprache formt unsere Realität“ ist auch auffällig, dass in der Medienberichterstattung Staus nie von Autofahrern verursacht werden. Schuld sind etwa Baustellen, Demos, Schnee und Eis, Gegenstände auf der Fahrbahn etc., aber nie die Kfz-Lenker, die tatsächlich die Straße und den Verkehr blockieren. Seltsam! Andererseits aber auch gut so, denn sonst könnten Menschen ja tatsächlich ganz unverschämt einfordern, dass die Staukosten den Autofahrern angelastet werden …

Zu: Wie werde ich 20 Millionen Euro los?, DE 4/21 Im Bericht scheint mehrmals der Begriff „Ein-Richtungs-Radweg“ auf. Vielen Dank für das Bekenntnis der Radlobby zu dieser vielfach empfohlenen Form der Radverkehrsführung und insbesondere die Forderung nach beidseitigen Radwegen auf Lasallestraße und Brünner Straße (Entfall der zeitraubenden Hauptstraßenquerung bei Venediger Au bzw. Gerasdorfer Straße). Friedrich Dobretsberger, 3400 Klosterneuburg

Roland Zisser, 2700 Wiener Neustadt

Zu: Gesund geradelt, DE 4/21

Wie stark das Auto uns in der Alltagssprache noch immer prägt, zeigt sich zum Beispiel nach einem Restaurantbesuch. Es folgt nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit am Gehsteig die Frage „Wo stehst Du?“. Gemeint ist immer das Auto und nicht die Person an sich; auch nicht das Fahrrad oder die Straßenbahn. Dies sagt mehr aus als sämtliche Studien zum Mobilitätsverhalten.

Ich bin seit Jahren zufriedener Abonnent und möchte euch großes Lob für das Magazin aussprechen. Besonders Anregungen über Radtouren, die Radinfrastruktur-Kolumne und die neue Reparaturkolumne finde ich toll. Beim Artikel über köperliche Probleme beim Radfahren haben Sie beim Thema Lunge/ Feinstaub einen wesentlichen Feinstaubemittenten v. a. im Winter in Wohngebieten nicht angeführt: Hausbrand mit

Christian Hlavac, 1190 Wien

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Scheitholz- und Pelletsheizungen (Kamine, etc.). Die naheliegende Empfehlung ist, sich für ein anderes Heizsystem zu entscheiden, wenn möglich. Ewald Peiszer, 1160 Wien

Die Redaktion freut sich über Diskussionsbeiträge und Leserbriefe. Bitte senden Sie uns Ihren Text unter Bekanntgabe Ihres Namens und der Postleitzahl an leserbrief@drahtesel.or.at Allfällige Kürzungen können nicht ausgeschlossen werden.

Der Reflektor

Auf der Suche nach dem Traumrad

Reinhold Seitl ist Mediendesigner und Journalist in Wien.

Liebhaber*innen von Fahrrädern begleitet stets die Sehnsucht nach dem idealen Drahtesel: Interessierte Blicke folgen unwillkürlich passierenden Zweirädern, in Bikezeitschriften werden Bilder und Texte aufgesaugt, das Internet liefert laufend Kaufanreize. Erlaubt der Kontostand mehr als nur Träumen, werden Feature-Listen aufgestellt, Daten verglichen und Fotos sehnsuchtsvoll beäugt. Doch ganz ist die Vernunft noch nicht besiegt, und so mancher Verkaufspreis verringert die Begeisterung auf ein gesundes kritisches Niveau. Distanziert betrachtet fällt nun auf, dass viele Fotos in verschiedenen Medien sich gleichen und etliche Textpassagen gleich lauten oder dasselbe zum Ausdruck bringen. Nein – eine kritische Auseinandersetzung sieht anders aus. Text und Bilder stammen vielfach aus den Marketingabteilungen, die das Profil potenzieller Käufer*innen genau kennen und ihre Sehnsüchte geschickt

zu bedienen wissen. Dieses Content Marketing ist für die Industrie unverzichtbar geworden. Nicht selten publizieren Journalist*innen die Inhalte, die ihnen von PR und Werbung vorgekaut wurden, allzu unkritisch. Schlechter werdende Arbeitsverhältnisse und wirtschaftliche Abhängigkeiten, manchmal wohl auch Bequemlichkeit, knabbern an der journalistischen Berufsethik. Für Konsument*innen ist das nicht immer offensichtlich. Woran erkennt man nun eine vertrauenswürdige Darstellung? Ich habe nach langem Suchen mein Traumrad gefunden. Jubelmeldungen und Anhäufungen von Superlativen konnte ich in den Blogs, Fachartikeln und Testberichten, denen ich dabei vertraut habe, nicht finden. Die Facts waren glaubwürdig und hielten Recherchen stand. Dennoch: Dass die Kaufentscheidung nur aus Vernunft getroffen wurde, bezweifeln alle, die meine Begeisterung für Fahrräder kennen.


Schlosspark Laxenburg

Ringvorlesung Aktive Sportlich – Radfahren und Mobilität Gehen in der Stadt Mi., 2. März – 29. Juni, 18 Uhr Autofrei TU Wien, Hörsaal AE U1 - 1 BI, Karlsplatz 13, 1040 Wien Zu ihrem Zehn-Jahres-JubiBodenbelag läum steht die TU-Ringvorlesung heuer unter dem Motto „Women in active mobility“, sie Landschaft findet für externe Interessierte auch online statt:

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fvv.tuwien.ac.at/lehre/ ringvorlesungen/230030-aktivewww.wienerwald.info/a-weingartenmobilitaet-radfahren-und-gehenradweg in-der-stadt-2022

Radeln for Future Fr., 1. April, 17 Uhr Votivpark, 1090 Wien Anzeigen Immer am ersten Freitag im Monat, für sichere Radwege in Wien als Beitrag zu Verkehrswende und Klimaschutz. radelnforfuture.wordpress.com

ARGUS Bike Festival 2022 & RADpaRADe Sa.–So., 2.–3. April Rathausplatz Wien, 1010 Wien Ein ganzes Wochenende im Zeichen des Fahrrads: Bei der Fahrradmesse ARGUS Bike Festival am Wiener Rathausplatz gibt es viel Action, jede Menge Stationen zum Mitmachen und Testen, alle wesentlichen Marken und Trends. Am 3. April wird wieder gemeinsam geradelt bei der RADpaRADe.

GESUND OPTIMAL

3. Kremser Radparade Sa., 23. April, 14.45 Uhr Dreifaltigkeitsplatz, 3500 Krems Die Kremser Radparade, organisiert von Radlobby Krems und Fridays for Future Krems, geht in die dritte Runde. krems.radlobby.at

Gassen von Sooß, Baden und GumKellergassenradtour poldskirchen bieten sich zum Flanieren Region Wolkersdorf an. Und dann sind da, sofern Corona Sa., 30. April, 14 Uhr es erlaubt, noch die vielen Heurigen Start beim Rathaus, 2120 auf dem Weg. Der Weg ist eher flach – Wolkersdorf vor allem zwischen Bad Vöslau und BaRund 30 km weit geht es diesden – und relativ familienfreundlich, mal durch die Kellergassen von führt allerdings nicht nur über GüterSchleinbach, Münichsthal und wege, sondern auch auf Nebenstraßen Großebersdorf. Die Radlobby und durch Siedlungen mit Autoverkehr. Wolkersdorf veranstaltet die Tour gemeinsam mit dem Verieser Weg bietet das, was sein An- und Abreise von Wien ein „Köllamauna & -weiba“. wolkersdorf.radlobby.at Name verspricht. Am Rand der Mit dem Zug nach Bad Vöslau oder Weinberge radelt man entlang der Ausläufer der Wiener Alpen, mit Blick Baden und zurück von Guntramsdorf Kidical Mass Sa., 14. Mai auf die dichtbesiedelte Ebene auf einer oder Mödling. Wem die 20 Kilometer Seite und auf wunderschöne bewaldete von Bad Vöslau nach Mödling zu wenig Mit bunten Fahrraddemos Hügel und Weinrieden auf der anderen. sind, der oder die kann auch eine Runde macht die Kidical Mass auf die Aufeinem der Strecke Forderung nach siche- liegt Thallern, das größ- machen und über den Thermenradweg zum Ausgangsbahnhof fahren. te Weingut Österreichs;Der die Podcast hübschenderzurück ren Verkehrsumfeld für Kinder velophilen Erfolgsgeschichten aufmerksam. Orte und Termine:

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Radlobby ARGUS Generalversammlung Fr., 3. Juni, 18.30–20.30 Uhr Die diesjährige Radlobby-ARGUS-Generalversammlung findet online statt. Alle Infos:

Radlobby ARGUS Fahrrad-Diebstahlversicherung

radlobby.at/argus/gv2022

In Velo Veritas Sa.–So., 11.–12. Juni, 2120 Wolkersdorf Die klassische Radrundfahrt im Weinviertel feiert ihr zehntes Jubiläum. Je nach Lust und Laune geht es über 70, 140 oder epische 210 Kilometer.

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Ab nur 9% Jahresprämie europaweiter Versicherungsschutz gilt rund um die Uhr kein Selbstbehalt Teilediebstahl ab 20 Euro gedeckt

inveloveritas.at

&

SITZEN ARBEITEN

Vom Piz zum Spitz – mehr Platz fürs Rad! bikefestival.at, radparade.at Sa., 11. Juni, 10–16 Uhr Bei ihrer Sternfahrt von Critical Mass Partenen, Rohrspitz, HohenFr., 15. April, 17 Uhr Der Kniestuhl Variable bringt neuen Schwung in die weiler und Schoppernau nach Schwarzenbergplatz, 1030 Arbeit. Dornbirn weist die Radlobby Wien Vorarlberg hin, dass die Die Critical Mass, die RadIhre Wirbelsäule wird entlastet unddarauf Verspannungen Radwege im Land nicht für ausfahrt für eine gerechtere im Nacken- und Schulterbereich vorgebeugt. mehr Radverkehr geeignet sind. Verteilung des öffentlichen Raums, findet inbalans Wien jeden radlobby.at/vorarlberg Sitzen für Variable fördert unbeschwertes dritten Freitag im Monat statt. viele Stunden. Auch in Graz, Innsbruck, Linz, Klagenfurt und Salzburg wird geradelt. Alle Termine österTermine vorbehaltlich eventueller reichweit auf Mehr Infos www. Änderungen aufgrund der Covid- .at criticalmass.at

reichdurchradeln.at

www.kidicalmass.at

19-Situation – bitte online abklären.

Für mehr Infos rufen Sie uns an (01/5050907) oder besuchen Sie uns in der Frankenberggasse (Mo-Fr 14-19, Sa 10-14 Uhr). Alle Infos rund um die ARGUS Diebstahlversicherung finden Sie auf unserer Website: radlobby.at/dsv

Foto: Julia Beckel

Guntramsdorf Radlobby Jour Fixes & Helenental Arbeitstreffen Traiskirchen Viele lokale Radlobby-Gruppen START Arbeitstreffen laden zu offenen ein und freuen sich über neue Bad VöslauTrefRad-Aktive. Das nächste fen in Wien findet am 7. April im Amerlinghaus statt. Alle Termine: Bequem erreichbar radlobby.at

Für Heurigen-Fans Der Weingartenradweg

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A Fluss-Radwege Oberösterreich Entlang der Flüsse Oberösterreichs gibt es wunderbare Radwege, die zu Naturschauspielen, Sehenswürdigkeiten und idyllischen Plätzchen führen. Das bikeline-Radtourenbuch beinhaltet für jede Radtour Karten im Maßstab 1:50.000, Stadtpläne, viele wichtige Informationen und GPS-Tracks zum Download.

Das DRAHTESEL Schaufenster

D Multicharger 750 Das Multicharger 750 von Riese & Müller fährt sich wie ein normales E-Bike, ist aber ein Midtail-Bike. Sein Herzstück ist der extragroße Gepäckträger mit 65 Kilo Maximallast und zahlreichen Upgrade-Kits für fast jedes Nutzungsverhalten. Unterstützung kommt von einem Bosch-85-Nm-Motor mit einem 750-Wh-Akku. Gesehen im Fachhandel je nach Ausstattung ab 5.299 Euro

Gesehen im Argus Shop Frankenbergg. 11 1040 Wien um 14,90 Euro

r-m.de

esterbauer.com

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Casco Cuda2 Durch ein Netz soll dieser Helm besonders komfortabel sein: Helm und Kopf haben keinen direkten Kontakt, das soll Druckstellen verhindern.

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Gesehen im Fachhandel um 130 Euro casco-helme.de

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Gesehen im Fachhandel um 19,99 Euro (WR) und 39,99 Euro (WL)

Pelago Radtaschen Die neuen Taschen des Herstellers – im Bild das Modell „Rackbag Large“ – sind für den Alltag sowie für Reisen geeignet und passen mit den Frontgepäckträgern von Pelago zusammen. Erhältlich in schwarz oder grün/schwarz, aus wasserabweisendem 600D-Polyester.

D

sigmasport.com

C Paper Bag Nur 141 Gramm wiegt dieser praktische, robuste und strapazierfähige Rucksack. Er wird in Zusammenarbeit mit einer österreichischen NGO handgefertigt. Gesehen bei paper-bag.at um 120 Euro

Gesehen im Fachhandel und online um 89 Euro

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pelagobicycles.com

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Das DRAHTESEL-Schaufenster entsteht in Kooperation mit den Herstellern; Fotos: Hersteller

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B Radcomputer BC 5.0 Der Sigma-Radcomputer bietet sowohl in der kabelgebundenen (WR) als auch in der kabellosen (WL) Variante fünf wichtige Funktionen auf kleinstem Raum. Trotz des handlichen Formats verfügt er über ein großes und damit übersichtliches Display. Die unterschiedlichen Funktionen werden in Form von Symbolen angezeigt. Dank der großen Taste lässt sich der Computer selbst während der Fahrt schnell und einfach bedienen.

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WIEN

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So, 3. April 2022 E R U T U F R O F S T IS L C Y C d Prat Lange Strecke mit Hauptallee un

mit Unterstützung von

erstern

Burgtheater 11.00 Uhr Treffpunkt vor dem t durch Wien 12.00 Uhr Abfahrt zur Rundfahr Wir setzen (uns) aufs Rad!

radparade.at


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