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I H R E WO C H E N Z E I T U N G F Ü R D I E S TA D T • A U S D E M H A U S E D E R D R E I E I C H - Z E I T U N G Donnerstag, 1. Dezember 2016

Nr. 48 O

Kickers: Duell der Nervenbündel in Pirmasens Seite 2

Auflage: 47.110

Gesamtauflage 218.420

Anzeigen: 06106 2839000 / www.dreieich-zeitung.de

Ausgehtipps: Wohin am Wochenende?

Sonderthema: Schöner leben und wohnen

Stellenmarkt: Unser Sprungbrett für Ihre Karriere

Varieté: „Die Sterne“ funkeln wieder

Veranstaltungen: Kunst und Kultur in der Region

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Seiten 6/7

Beilagen in Teilausgaben:

„Nicht die Herkunft zählt, sondern die Haltung“ Bundespräsident Joachim Gauck in Offenbach: Die Stadt am Main und das Thema „Integration“ OFFENBACH. Das mehr oder weniger selbstverständliche Miteinander der vielen Kulturen in Hessens kleinster Großstadt stand beim Besuch von Bundespräsident Joachim Gauck im Vordergrund. Erklärtes Ziel der Stippvisite war es, die großen Leistungen Offenbachs – der Stadt mit dem höchsten Anteil an Menschen mit Migrationshintergründen in ganz Deutschland – auf dem Feld der Integration zu würdigen. Am vergangenen Dienstag besuchte der gebürtige Rostocker Gauck in Begleitung seiner Lebensgefährtin, der aus Hanau stammenden Daniela Schadt, die Offenbacher TheodorHeuss-Schule an der Buchhügelallee. Nach einem halbstündigen Gespräch mit Schülerinnen und Schülern hielt der Bundespräsident eine Rede zum Thema „Zusammenleben von Einheimischen und Zugewanderten“. Treffender konnte es der Abschlussredner des Tages, Hes-

sens Sozialminister Stefan Grüttner (CDU), wohl kaum formulieren: „Bundespräsidenten sind für das Gelingen da.“ Die mitunter auch fordernden Worte des Staatsoberhauptes machten Mut, so der Minister: „Es hat eine hohe Symbolwirkung, wenn Bundespräsident Joachim Gauck nach Offenbach kommt, um mit den Jugendlichen hier zu diskutieren, was getan werden muss, damit Integration gelingen kann, welche Konflikte es gibt und welche Chancen die Vielfalt der Nationalitätengruppen bietet.“

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Wurde von der „Generation Smartphone“ wie ein Pop-Star empfangen: Bundespräsident Joachim Gauck bei seiner Ankunft in Offenbach. (Fotos: Schmidt)

A 3-Arbeiten bis Mitte Dezember „Hessen Mobil“ plant ohne Regen und Kälte OBERTSHAUSEN. Voraussichtlich Mitte Dezember wird die grundhafte Erneuerung der A 3 im Abschnitt zwischen der Anschlussstelle Obertshausen und dem Offenbacher Kreuz in Fahrtrichtung Köln fertiggestellt, teilt „Hessen Mobil“ mit. Allerdings könnten „Regenphasen sowie Temperaturen unter 2 Grad Celsius“ (dabei kann kein Gussasphalt eingebaut werden) dem neuen Zeitplan noch einen Strich durch die Rechnung machen. „Danach sieht es aber nicht aus“, so die Behörde. Ursprünglich sollten die Arbeiten bereits Ende November abgeschlossen sein. „Notwendige Mehrleistungen, so musste etwa eine Betongleitwand abgerissen werden, führ-

So sah es auch der im kommenden Jahr aus dem Amt scheidende Theologe, der mit Blick auf Offenbach (Ausländeranteil: nahezu 40 Prozent) konstatierte: „Es gibt wohl kaum eine Stadt, in der es passender wäre, über das Zusammenleben von Einheimischen und Zugewanderten zu sprechen.“ Nach einer begeisternden Begrüßung, für die rund 400 zumeist junge Menschen sorgten, begab sich Gauck nach einem kurzen „Abklatschen“ in eine Runde von Schülerinnen und Schülern der Bach-, der Albert Schweitzer- und der Theodor Heuss-Schule. In einer kurzen Vorstellungsrunde, die Offenbach-typisch eine Vielzahl an Nationalitäten vorzuweisen hatte, stellten die Mädchen und Jungen die Integrationsbemühungen sowie entsprechende Projekte ihrer jeweiligen Schule vor.

ten jedoch zu einer Verzögerung.“ Aufgrund erheblicher Schäden in Form von Flickstellen, Rissen, Spurrinnen und Durchbrüchen ist die grundhafte Erneuerung des Streckenabschnittes erforderlich. Auch eine neue Frostschutzschicht mit Zementverfestigung wird hergestellt. Zudem gibt es zwei neue Nothaltebuchten, die PannenFahrzeuge bei temporärer Seitenstreifenfreigabe ansteuern können. Veraltete Schutzplanken werden ausgetauscht und im Mittelstreifen die Betonschutzwand sowie Teilbereiche der Mittelstreifenentwässerung erneuert. An der Anschlussstelle Obertshausen werden zudem die Beschleunigungs- und Verzögerungsstreifen saniert. (mi)

Trotz mehrerer, mitunter auch kritischer Nachfragen Gaucks und seiner Lebensgefährtin wussten die Schüler vornehmlich Positives zu berichten. „Was mich so beeindruckt, ist, dass es hier gar keine Chaoten und Störenfriede gibt. Die muss es doch auch geben“, bemerkte der Bundespräsident, um prompt die selbstbewusste und zufriedenstellende Antwort eines vietnamesischstämmigen Schülers zu bekommen: „Natürlich gibt es die auch, aber die gibt es immer. An unserer Schule ist es sehr wichtig, dass – gleich welcher nationalen oder religiösen Herkunft – alle im gemeinsamen Ethik-Unterricht zusammen kommen. Das verhindert dann die Cliquenbildung.“ Auch die nicht zu unterschätzende Rolle der Sportvereine und deren integrative Leistung kam zur Sprache. Eine Schülerin berichtete, dass die Herkunft der Mitglieder ihres Volleyballvereins keine Rolle spiele und sie es sehr genieße, die unterschiedlichsten, interkulturellen Bekanntschaften dort zu schließen.

Bei dem, was fehle, waren sich die Youngster einig. Sowohl innerhalb als auch außerhalb der Schulen benötige man dringend Aufenthaltsräume für junge Menschen. Frage nach den Kickers Stichwort Sport: Der Bundespräsident kam nicht umhin, sich nach dem derzeitigen Stand der Offenbacher Kickers zu erkundigen – er als Rostocker sei da leidgeprüft und fühle mit den Fans. Nicht zuletzt mit dieser Frage und der lockeren, sympathischen Art konnten Gauck und seine Begleiterin Sympathien erwerben. Die von der aus Offenbach stammenden Radio FFH-Moderatorin Evren Gezer geleitete Gesprächsrunde beschloss der hohe Gast mit den Worten: „Mich überrascht, wie gut ihr drauf seid. Ich bin stolz auf euch.“ Nachdem Gauck vornehmlich zugehört hatte, war es dann an der Zeit, einen Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Offenbach vorzunehmen und im Anschluss vor geladenen Gästen eine Rede zu halten, die nicht nur die Sonnenseite von geleisteter Integrationsarbeit beleuchtete. Er sprach auch die Herausforderungen an. „Selbst die beste Integrationspolitik kann Reibungen zwischen Einheimischen und Zuwanderern nicht gänzlich beseitigen. Denn der Mensch fremdelt mit dem Fremden. Gruppenegoismus und Fremdenhass sind anthropologische Konstanten“, stellte der Bundespräsident fest. Seine Bestandsaufnahme: „Fremd ist bereits der Bayer, der eine Stelle in Hamburg findet. Fremd ist immer derjenige, der nicht dazugehört, weil er die Geschichte der Mehrheit nicht teilt, nicht ihre historischen und kulturellen Prägungen, nicht ihre emotionale Vertrautheit, nicht ihre Normen, Werte, Gesetze, Vorlieben, Interessen, häufig auch nicht ihre Sprache. Fremd ist immer der Außenseiter, der sich Etablierten gegenüber sieht.“

Im Dialog mit jungen Menschen: Das Staatsoberhaupt und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt (links) hörten zu und hakten kritisch nach.

Sich der derzeitigen Stimmungslage bewusst, sprach Gauck die Gefühlswelten von Menschen mit unterschiedlichsten politischen Haltungen im Hinblick auf die viel diskutierten Problematiken an, die Migration mit sich bringt. „Bereicherung und Belastung, Gewinn und Verlust“: Das waren seine Stichworte. Seinem Ruf und seinem Selbstverständnis als „unermüdlicher Kämpfer für Freiheit und Demokratie“ wurde Gauck auch an diesem Tage gerecht. Er formulierte folgenden Appell: „Werben wir also für dieses demokratische System, das vielen der Hinzugekommenen zwar nicht vertraut war – und ist –, das den meisten aber größere Freiheiten und mehr Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung bietet, als sie es in ihren alten Heimatländern erwarten konnten. Statten wir Sozialarbeiter, Lehrerinnen, Kindergärtnerinnen und Ausbilder mit Argumentationshilfen und Regeln aus, um Kinder und Jugendliche zu Demokraten zu erziehen. Dulden wir nicht, auch nicht, um tolerant zu erscheinen, dass sich Leitbilder halten, die unseren Grundsätzen zuwider laufen. Vertreten und vertei-

Kaiserstraße 33 63065 Offenbach Telefon 069 9824920 www.achilles.jobs digen wir das Recht auf freie Entfaltung des Individuums, die Meinungsfreiheit, die Gleichberechtigung von Frau und Mann, die sexuelle Selbstbestimmung und den säkularen Staat. Und lernen wir zu unterscheiden, was sofortigen Widerspruch und Grenzziehung erfordert, und was vielleicht fremd sein mag, aber in einer offenen Gesellschaft doch toleriert werden soll.“ Aufruf: „Mischen Sie sich ein“ Mit einem Aufruf an alle Zugewanderten und ihre Nachfahren beschloss der Bundespräsident seine etwa 30-minütige Ansprache: „Wenn Ihre Zukunft und die Zukunft Ihrer Kinder hier in Deutschland liegt, dann

mischen Sie sich bitte hier ein und gestalten Sie dieses Land mit – zu unserem gemeinsamen Besten.“ Und das Fazit nach der Stippvisite? Im Ergebnis ist der Besuch des Bundespräsidenten am Buchhügel als Balsam für die Offenbacher Seele zu sehen. Als Erkenntnis steht unterm Strich: Es bleibt kompliziert. Integration wird ein Dauerthema sein in einer Stadt wie dieser. Plumpe Vereinfachungen führen in das eine oder andere Extrem und bringen ernsthafte Gefahren mit sich. Die letzten Worte Gaucks auf Offenbacher Grund könnte man auch so in Stein meißeln: „Vergessen wir nie: Nicht die Herkunft zählt, sondern die Haltung. So stelle ich mir das Deutschland der Zukunft vor. Deutsche mit und ohne Zuwanderungsgeschichte, gemeinsam in der Bekämpfung von Extremismus, Nationalismus und Terrorismus, gemeinsam im Engagement für soziale Gerechtigkeit und Solidarität, gemeinsam in der Verteidigung von Demokratie und Menschenrechten, gegen innere und äußere Feinde. Gemeinsam als Bürger in unserem Land, gemeinsam für unser Land.“ (ks)


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