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I H R E WO C H E N Z E I T U N G F Ü R D I E S TA D T • A U S D E M H A U S E D E R D R E I E I C H - Z E I T U N G Donnerstag, 29. Dezember

Nr. 52 O

Auflage: 47.110

Kalender: Alle Jahre wieder

Stellenmarkt: Unser Sprungbrett für Ihre Karriere

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Gesamtauflage 218.420

Anzeigen: 06106 2839000 / www.dreieich-zeitung.de

Einen guten Start ins neue Jahr und ein gesundes, erfolgreiches 2017 wünscht das Team des Offenbach-Journals

Veranstaltungen: Kunst und Kultur in der Region

Infotag: Studieren in Dieburg

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Billiges Wohnen, gesundes Leben Die Region vor 100 Jahren: Werben für den Flächenfraß Von Jens Hühner Wer mit offenen Augen im Rhein-Main-Gebiet unterwegs ist, der kann die massiven Veränderungen der Kommunen und der Landschaft nicht leugnen. Im Ballungsraum rund um Frankfurt herrscht ebenso wie in der Mainmetropole selbst ein Bauboom, dessen Ausmaß sich auch der optimistischste Investor vor einigen Jahren nicht hätte träumen lassen. Immer neue Gewerbezonen, ausladende Wohngebiete, massive Verdichtungen, „Arrondierungen“ von Ortsrändern, wohin das Auge blickt. Auch im Westen des Kreises Offenbach verändern die Städte und Gemeinden in einem immer schnelleren Pulsschlag ihr Gesicht. Die Zeichen stehen auf Wachstum. Da gibt es kein Vertun. Es gibt wenige oder gar keine Argumente, mit denen sich Kritiker dieser Entwicklung werden besänftigen lassen. Im Grunde bleibt am Ende jeder Betrachtung von Für und Wider nur ein zugegeben schwacher Trost: Auch in der Vergangenheit hat sich die Region im Städtedreieck zwischen Frankfurt, Offenbach und Darmstadt stets schneller gewandelt als andere Gebiete in Hessen. Kritikwürdiger Trend Wie beispielsweise war es vor 100 Jahren um den Status quo bestellt? Antworten auf diese Frage lassen zwar keine Rückschlüsse auf den durchaus kritikwürdigen Trend in der Gegenwart zu. Aber sie werfen doch einen erhellenden Blick auf den Ist-Zustand im Kriegsjahr 1917. Denn in dieses lässt sich eine interessante Druckschrift datieren, die der „Verkehrs-Verband der Strecke Frankfurt a.M.-Darmstadt“ in den Wirren des Ersten Weltkrieges veröffentlichte. Das kleinformatige Heftchen war als „Führer durch die Orte“ entlang des besagten Streckenabschnittes der Main-Neckar-Bahn gedacht, die

noch heute eine wichtige Gleisverbindung auf der Nord-SüdAchse darstellt. Der Verband mit Sitz in NeuIsenburg machte sich mit seiner Werbeschrift unmissverständlich für die Schaffung neuer Wohnungs- und Siedlungsgebiete in allen Orten entlang des Schienenstranges stark – eines Stranges, auf dem vor 100 Jahren täglich zwischen „4 Uhr Morgens bis 12 Uhr nachts“ 60 Züge unterwegs waren. Eine zentrale Frage stand vor 100 Jahren am Anfang der Betrachtung: „Welche Wohnplätze müssen die durch den Krieg schwer

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getroffenen mittleren und unteren Volksschichten, für deren Ansiedlung sich unsere Strecke besonders eignet, bevorzugen?“ Bevor dann in Nord-Süd-Richtung die Städte und Gemeinden Offenbach, Neu-Isenburg, Buchschlag, Sprendlingen, Langen, Egelsbach, Erzhausen, Wixhausen, Ahrheilgen und Darmstadt portraitiert und beworben wurden, lobten die Autoren zunächst einmal die „gesunde“ Lage der Kommunen „inmitten weiter herrlicher Waldungen mit ozonreicher Luft“. Fern der WeltkriegsSchauplätze in Frankreich oder Russland huldigte man dem Geist der Bodenreform-Sozialbewegung: „Unsere Schützengraben-Soldaten, die bei der Bewirtschaftung fremder Erde Verständnis für ein trautes Heim und die Liebe zur Mutter Natur wiedergewonnen haben, gehören bei reicher Kinderzahl mit ihrer Familie in keine Mietskaserne mehr.“ Um potenziellen Käufern von Bauland-Parzellen die Vorzüge einer auf Selbstversorgung setzenden Lebensweise zu verdeutli-

chen, hatte der Verband in NeuIsenburg sogar einen „Musterkleintierhof“ eingerichtet – und zwar in der Bahnhofstraße 200 bei Verbandsschriftführer C.W. Weidmann, der dort die Haltung von Bienen, Enten Gänsen, Hühnern, Kaninchen, Ziegen und Schweinen erläuterte. Preiswertes Bauen, kostengünstiges Wohnen, attraktive Konditionen für Landpächter: Was im Jahr 2017 in immer größere Ferne rückt, waren vor 100 Jahren Pfunde, mit dem Politik und Verwaltungen wuchern konnten. Das galt auch für das 80.000 (heute: 134.000) Einwohner starke Offenbach – die laut Verkehrsverband „bedeutendste Industriestadt Hessens“. Diese biete, so hieß es damals, „unbegrenzte Erwerbsmöglichkeiten, insbesondere auf dem Gebiete der Lederindustrie mit etwa 500 Firmen, des Maschinenbaues, der Metallfabrikation, der chemischen Industrie und verwandter Gewerbe“. Die täglichen Arbeiterzüge sorgten für eine hervorragende Anbindung an das Umland, zudem garantiere der neue Hafen „über das Rheingebiet hinaus Anschluss zum offenen Meer“. Mustergültig sei ebenso wie die „billigen Wohnungsverhältnisse“ die Arbeit der Stadtverwaltung auf dem Gebiet der gesundheitlichen Fürsorge und der Volkswohlfahrtspflege. Neu-Isenburg mit 13.000 (heute: 38.000) Einwohnern sei „von herrlichsten Waldungen“ umgeben, durch welche auch die Waldbahn nach Frankfurt führe. Eine Randnotiz: Vor 100 Jahren wurde der Bau einer Straßenbahn von Offenbach nach Darmstadt in Aussicht gestellt, es blieb aber bei dem kühnen Plan. Die noch junge, großherzogliche Realschule (benannt nach Goethe), eine Badeanstalt „mit modernen zweckentsprechenden Bädern aller Art“ und viele andere öffentliche Einrichtungen machten die Hugenottenstadt zu einem angenehmen Wohnort. „Hervorragend“, auch das wurde dem Leser seinerzeit nicht verschwiegen, „ist der Versand des alt- und allbekannten Neu-Isenburger prima Aepfelweins.“

Als „bewohnte Insel im wogenden Waldesgrün“ wurde Buchschlag beworben, die noch junge Villenkolonie mit gerade einmal 600 (heute: 2.800) Einwohnern. Sie war die jüngste Gemeinde des Großherzogtums Hessen-Darmstadt, das anno 1918 nach der Abdankung des letzten Regenten Ernst Ludwig (1868-1937) dem Volksstaat Hessen weichen sollte. Die von Jakob Latscha 1904 gegründete und vom Jugendstil geprägte Siedlung besaß einen Bahnhof direkt vor der Haustür – laut Werbeschrift optimale Verhältnisse für die in den nahen Großstädten tätigen Beamten und Kaufleute. Ferner galt: „Den (...) Einwohnern gibt die Main-Nekkarbahn, wie auch die von Buchschlag abzweigende Rodgaubahn (heute: Dreieichbahn), Gelegenheit zu Ausflügen in die Wälder der Ungebung, nach der Bergstraße, dem Odenwald und Taunus“. Zuckerwarenund Wurstfabriken Aber auch ins benachbarte Sprendlingen konnte mit dem Zug gereist werden. Noch ohne Stadtrechte versehen, lebte der Ort von und mit seinen Zahn-, Zuckerwaren- und Wurstfabriken. 7.000 (heute: 22.500) Menschen bevölkerten das mit ebenfalls attraktiven Baulandpreisen („2-5 Mark pro qm“) ausgestattete Großdorf, seit 1977 größter Stadtteil von Dreieich. Inmitten großer Obstkulturen war die Stadt Langen zu finden. Den 8.000 (heute: 37.000) Bürgern stand eine umfassende Infrastruktur zur Verfügung. Die Palette reichte vom Amtsgericht über die noch junge evangelische Stadtkirche und eine Synagoge bis hin zum städtischen Volksbrausebad (heute Wallschule) und zum Kaiserlichen Postamt. „Der Steinberg, welcher sich durch seine herrliche Lage und Aussicht nach dem Taunus, Odenwald und zur Rheinebene auszeichnet, eignet sich vortrefflich als Villenkolonie“, aber auch andernorts in Langen würden „fortwährend im Landhausstil gehaltene, praktische Wohnhäuser mit hübschen Hausgärten (...) erbaut und unter günstigen Zahlungsbedingungen verkauft“. „Größere Hausgärten“, „günsti-

Vhs mit neuem Programmheft

Städtisch geprägt: die Frankfurter Straße in Neu-Isenburg (um 1914). Das Foto ist dem Band „Zeitsprünge – Neu-Isenburg“ (Sutton Verlag, 2005) entnommen.

OFFENBACH. Unter dem Titel „Mit der Vhs über den eigenen Tellerrand schauen“ ist das neue Programmheft der Offenbacher Volkshochschule erschienen. Es beleuchtet die für den Zeitraum von Februar bis August 2017 geplanten Veranstaltungen und ist kostenlos an den bekannten Auslagestellen (öffentliche Einrichtungen und einige Geschäfte) erhältlich. Anmeldungen sind bereits via Internet möglich. Nach der Jahreswechsel-Pause ist die VhsGeschäftsstelle ab Montag, 9. Januar, wieder zu den üblichen Öffnungszeiten besetzt. (kö)

Nah an der Natur: der Kohlseeweg in der Villenkolonie Buchschlag (um 1914). Die Aufnahme erschien in dem Buch „Dreieich – Bilder aus fünf Ortsteilen erzählen“ (Sutton Verlag, 2004).

ge Zahlungsbedingungen“? Ach ja, die gute alte Zeit. Mit 3.200 (heute: 11.000) Einwohnern hatte Egelsbach bereits eine recht ordentliche Größe erreicht. „Zur Hälfte Landwirte, zur anderen Hälfte Arbeiter und Beamte“, durfte sich auch hier die Bevölkerung über „gesundes und billiges Wohnen“ freuen. Außerdem galt ebenso wie im benachbarten Erzhausen (damals 1.800, heute 8.000 Einwohner): „Elektrisches Licht zur Ausführung beschlossen.“ Anno 1917 war also noch nicht allen Menschen in der Region ein Licht aufgegangen – nicht im Hinblick auf die erleuchtete Wohnstube und nicht im Hinblick auf die Einsicht, dass die Flächenversiegelung durch Immobilien und Straßen Grenzen haben muss. Und 100 Jahre später? Die Elektrizität immerhin hat es in alle Gebäude geschaft. Der unaufhaltsame Flächenfraß freilich, der dürfte auch in Zukunft ein düsteres Kapitel bleiben. Diese Erkenntnis steht beim Blick auf die gegenwärtig so massiv angewachsene Bauwut im RheinMain-Gebiet am Ende dieser kleinen Zeitreise.

Gewerbesteuer auf Rekordniveau Freier fordert: „Ansiedlungen forcieren“ OFFENBACH. Nachdem bereits 2015 die Gewerbesteuereinnahmen in Offenbach vergleichsweise hoch ausgefallen waren, hat sich der Trend zur Freude von Stadtkämmerer Peter Freier auch im Jahr 2016 fortgesetzt. Die für den kommunalen Haushalt extrem wichtige Einnahmequelle konnte angesichts der allgemein positiven wirtschaftlichen Entwicklung im Bundesgebiet deutlich Fahrt aufnehmen. Am jüngsten Stichtag in Sachen „Zwischenstand“, dem 13. Dezember, verzeichnete die Kämmerei Einnahmen von 82,6 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr war dies gleichbedeutend mit einem Anstieg von

etwa 24 Prozent. Im Vergleich mit den Zahlen von 2014 belief sich das Plus sogar auf satte 44 Prozent. „Damit steuert die Gewerbesteuer auf ein Allzeithoch seit der Jahrtausendwende zu“, betonte Freier. Für die Zukunft gelte es, den günstigen Trend fortzuschreiben. Eine Steigerung der ökonomischen Potenz vor Ort, so der CDU-Politiker, sei freilich nur zu erreichen, wenn die Wirtschaftsförderung in Offenbach weiter ausgebaut werde. „Insbesondere die Unternehmensansiedlungen müssen weiter forciert werden, damit das Ziel stabil hoher Gewerbesteuereinnahmen erreicht werden kann“, bilanzierte Freier. (kö)


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