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Doc Esser im Interview
DOC ESSER IST ANDERS, SIEHT ANDERS AUS UND ER REDET WIE EINER VON UNS. ER VERSTECKT SICH WEDER HINTER UNSÄGLICHEN FACHBEGRIFFEN NOCH HINTER SEINEM WEISSEN KITTEL. VIELLEICHT ERKLÄRT DAS EINEN TEIL SEINER BELIEBTHEIT BEIM FERNSEHPUBLIKUM, WENN ER IN ZAHL REICHEN SENDUNGEN IM TV ODER IM RADIO ÜBER DIE GANZ NORMALEN KRANKHEITEN SPRICHT UND ERKLÄRT, WAS WIRKLICH HILFT.
In seinem neuen Buch geht er ausführlich auf die Erkrankungen von Herz, Kreislauf, Atemwegen und Darm ein. Im Interview mit KolibriMAG-Herausgeberin Jutta Echterhoff, spricht er darüber, warum eine Aufklärung über die Krankheiten für die Betroffenen so wichtig ist.
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LIEBER DOC ESSER, WAS SIND DIE GRUNDPRINZIPIEN EINES GESUNDEN LEBENS?
Das ist eigentlich ganz einfach: eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung. Besonders bei der Ernährung gilt, die Nahrungsaufnahme sollte bewusster geschehen und mehr zelebriert werden. Wenn ich beispielsweise Fleisch zu mir nehme, sollte ich mich fragen, woher es stammt und ob das Tier respektvoll behandelt wurde. Und was die Bewegung angeht, ist jeder angehalten, sich zu fordern und auch mal den inneren Schweinehund zu überwinden.
Und wenn man diese beiden Prinzipien beherzigt, stellt sich auch das Dritte ein – das positive Denken. Das haben wir verlernt. Wir wissen unseren Luxus hier in Deutschland gar nicht zu schätzen. Obwohl wir in einer Wohlstandsgesellschaft leben, wird viel gemeckert und gemurrt.
POSITIVES DENKEN IST ALSO GENAUSO WICHTIG WIE ERNÄHRUNG UND BEWEGUNG?
Auf jeden Fall! Positives Denken, Dankbarkeit und Selbstliebe sind ganz wichtige Faktoren für die Gesundheit. Ich selbst bin ein sehr dankbarer Mensch. Jeden morgen freue ich mich, dass ich gesund bin, Herr meiner Sinne bin und meine Aufgabe bewältigen darf, die Gesellschaft jeden Tag ein bisschen besser zu machen. Was für ein schöneres Leben kann es noch geben? Wenn meine Einstellung zum Leben stimmt, schaffe ich es auch kraft meiner positiven Gedanken bewusster zu leben. Um gesund zu bleiben oder zu werden, braucht es im Grunde gar nicht so viel.
WELCHE ERKRANKUNGEN WERDEN DURCH EINEN UNGESUNDEN LEBENSSTIL
Man bezeichnet diese Erkrankungen als das tödliche Quartett: Das sind unsere Zivilisationskrankheiten wie der Blut hochdruck, die Zuckererkrankung, die Übergewichtigkeit und die Fettstoffwechsel störungen. Diese Erkrankungen finden Sie vor allem bei uns in den reichen Industrieländern – daran und an den Folgeerkrankungen sterben wir gerade. Wir sitzen und wir essen uns zu Tode, das ist doch grauenvoll.
Es ist mir ein Anliegen, mit meinem Buch ein medizinisches Grundverständnis für Erkrankungen zu liefern. Der Grundgedanke des Buches ist, den Menschen beizubringen, ihren Körper zu verstehen. Darum habe ich mir als Arzt für Innere Medizin die Zivilisationskrankheiten vorgeknöpft, damit die Menschen diese Krankheiten verstehen und lernen, dass sie „hausgemacht“ sind und was sie selbst dagegen tun können
SIE PLÄDIEREN IN IHREM BUCH ABER AUCH FÜR EINEN ENTSPANNTEN UMGANG MIT DEN ERKRANKUNGEN.
Ja, genau, wenn man ein Verständnis und ein Wissen über die eigene Krankheit entwickelt hat, und weiß, was man selbst aktiv dagegen tun kann, mindert das die empfundene Machtlosigkeit gegenüber der Krankheit, und ich kann Strategien zur Gesundung entwickeln. Denn wenn ich die Symptome verstehe, kann ich erstmal gelassener reagieren und auch richtig handeln. Das ist das Hauptanliegen meines Buches. Innere Gelassenheit gilt übrigens auch für einen gesunden Lebensstil. Die Überzeugung muss von Innen heraus kommen und darf nicht in einen Zwang ausarten, das wäre auch falsch. Lebensqualität und Lebensquantität sollten sich in der Waage halten. Es kommt wie immer auf das richtige Maß an.
AUF WELCHE KRANKHEITEN MÜSSEN WIR UNS IN ANBETRACHT DES WESTLICHEN LEBENS STILS IN ZUKUNFT EINSTELLEN?
Die Generation, die nach uns kommt, wird ein großes Problem mit den Folgeerkrankungen der Fettleibigkeit haben. Dazu gehören neurogenerative Erkrankungen und kardiovaskuläre Erkrankungen, eben das, was ich auch mit dem Wohlstandssyndrom meine. Wir werden mit vielen übergewichtigen Menschen rechnen müssen, mit den Problematiken der Zuckererkrankungen, Bluthochdruck, Nierenfunktionsstörungen, Herzinfarkt, Schlaganfällen und vaskulärer Demenz.
Ich finde es immer wieder dramatisch, wenn ich höre, dass heute schon 60% der Männer und 40 % der Frauen übergewichtig sind. Das unterstützt meine These: wir sitzen und wir essen uns krank.